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    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1976
    • sind für dieses Werk aufgewandt worden. Um das Interesse zu mehren, sind über eine Million Rückbesuche gemacht worden. Mit welchem Ergebnis? Nun, allein in den letzten 25 Jahren haben sich über 1 180 Personen Gott hingegeben und haben dies durch die Wassertaufe symbolisiert. Im Mai 1975 berichtete eine Höchstzahl von 1 131 Verkündigern über ihre Tätigkeit. Doch es fühlen sich noch viele weitere Menschen zu Jehovas Organisation hingezogen, denn am 27. März 1975 waren 2 041 Personen bei der Feier des Abendmahls des Herrn zugegen.

      Wenn man sieht, wie die einfachen, abgelegen lebenden Menschen hier erreicht worden sind und wie sie wiederum anderen gepredigt haben, kann man deutlich Jehovas lenkende Hand erkennen. (Vergleiche Apostelgeschichte 11:19-21.) Die gute Botschaft ist bis in entfernte Gegenden verbreitet worden. Es ist begeisternd zu sehen, daß es unserem Gott immer noch wohlgefällt, die Brüder auf Neufundland in seinem großartigen Werk der Verkündigung des Königreiches zu gebrauchen. Und sie wiederum sind glücklich, Empfänger dieser wunderbaren Gunst zu sein!

  • Südafrika und benachbarte Staaten (Teil 1)
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1976
    • Südafrika und benachbarte Staaten (Teil 1)

      Komm mit uns in ein Land erstaunlicher Gegensätze — in ein Land mit geschäftigen Städten und abgelegenen Siedlungen im Busch, mit modernen Wohnhäusern und einfachen afrikanischen Hütten. Mische dich unter die Angehörigen der vielen verschiedenen Rassen. Höre einmal zu, und du wirst Millionen Menschen Englisch oder Afrikaans (das sich aus niederländischen Dialekten entwickelt hat) sprechen hören. Andere der 26 000 000 Einwohner dieses Landes sprechen Xosa oder Zulu.

      Das ist Südafrika. Es nimmt 1 221 000 Quadratkilometer ein und ist die Heimat interessanter, oft liebenswerter Menschen. Viele von ihnen sehnen sich nach guten Dingen geistiger Art, und dieses Verlangen wird durch die biblische Wahrheit, die Jehovas christliche Zeugen verkündigen, erfüllt.

      Zunächst ein wenig Geschichte: Im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert war Südafrika der Schauplatz vieler Kämpfe. Während sich die schwarze Bevölkerungswelle aus Zentralafrika in Richtung Süden bewegte und sich die weiße Bevölkerungswelle von Kapland aus nordwärts ausbreitete, kam es zu blutigen Zusammenstößen und schrecklichen Kriegen. Der schlimmste Krieg war der Burenkrieg von 1899—1902 zwischen den Engländern und den Buren, den holländischen Farmern. Das Ergebnis war, daß die vier Kolonien, Natal, Oranjefreistaat, Transvaal und Kapland, unter britische Herrschaft kamen. Im Jahre 1910 wurden sie zu einer einzigen Nation zusammengeschlossen. Ein halbes Jahrhundert später, 1961, wurde das Land die Republik Südafrika. Dazu kam es durch einen Mehrheitsentscheid der Weißen. Die Schwarzen haben kein Stimmrecht außer in einigen ihrer „Bantustans“. Das sind große Territorien, die den einzelnen afrikanischen Stämmen zugeteilt worden sind.

      EINE KURZE REISE

      Unternehmen wir eine schnelle Reise durch Südafrika. Wir beginnen in Kapstadt, das in der Nähe der südlichsten Spitze des Kontinents liegt. Kapstadt ist der Sitz der Legislative; es ist die älteste Stadt des Landes. Über 800 Kilometer nordöstlich davon liegt Bloemfontein, die Hauptstadt des Oranjefreistaates, und diese Stadt ist der Sitz der Jurisdiktion. Pretoria, noch weiter im Nordosten, ist die Hauptstadt von Transvaal, der Sitz der Exekutive, die Regierungshauptstadt der Republik.

      Eine auffallende topographische Besonderheit Südafrikas ist das Binnenhochland. Von einer Küstenebene im Osten steigt das Land steil an und bildet massive Bergketten, die 1 500—3 300 Meter hoch aufragen. Nach Westen hin fällt das Binnenhochland stufenförmig ab. Es gab einmal eine Zeit, in der dies größtenteils hügeliges Weideland war, in dem große Herden Impalas, Zebras, Springböcke und andere schöne Tiere umherzogen. Heute ist ein großer Teil des Landesinneren Farmland, und die meisten wilden Tiere sind nur noch in Wildreservaten zu finden, wie zum Beispiel in dem weltbekannten Krüger-Nationalpark. Aber im Norden, weiter im Innern, ist das Land trockener und geht in die Kalaharisteppe über. Im Nordosten findet man das Bosveld, das reich ist an Sträuchern und Büschen.

      Kimberley im Oranjefreistaat ist ein weltberühmtes Zentrum des Diamantenbergbaus. In Transvaal findet man Johannesburg, die größte Stadt des Landes. Sie ist als „Königin“ des „Reefs“ bekannt, einer Kette von Bergbau- und Industriestädten. Das Reef (Witwatersrand) entstand, als man im Jahre 1886 in dieser Gegend Gold fand. Etwas mehr als 480 Kilometer südöstlich von Johannesburg, am Gestade des Indischen Ozeans, liegt Durban, und hier sieht man viele Inderinnen in ihren farbenprächtigen Saris.

      Zwölfeinhalb Millionen Afrikaner, die zu mindestens neun Stämmen gehören, leben in Südafrika. Die größten Stämme — die Xosa und die Zulu — zählen je über drei Millionen. Darauf folgen die Basuto, dann die Tschwana, Tsonga, Swasi, Ndebele, Venda und andere. Etwas über die Hälfte der afrikanischen Bevölkerung lebt in den afrikanischen „Bantustans“, den großen Gebieten, die den einzelnen afrikanischen Stämmen zugeteilt worden sind. Gewöhnlich ist das Leben in diesen „Bantustans“ und in den Reservaten recht primitiv; die meisten Menschen wohnen in grasgedeckten Lehmhütten. Der Rest der afrikanischen Bevölkerung lebt in afrikanischen Townships, wie zum Beispiel in Soweto mit seinen kleinen Häusern aus Beton und Ziegeln. Diese Townships befinden sich ein paar Kilometer außerhalb der europäischen Städte und Dörfer. Die Politik der Regierung ist, daß sich jede rassische Gruppe getrennt und unabhängig voneinander entwickelt. Wegen dieser Politik der Apartheid oder Rassentrennung ist Südafrika zur Zielscheibe heftiger Kritik geworden.

      Abgesehen von den großen Sekten der Christenheit, haben die Afrikaner ihre eigenen Religionen. Nicht nur die größeren Glaubensrichtungen der Christenheit sind unter ihnen vertreten, sondern so mancher afrikanische Prediger hat seine eigene kleine Sekte gegründet. Folglich hat Südafrika die größte Anzahl von Sekten in der ganzen Welt: mindestens 2 000! Die meisten Afrikaner gehören nicht nur einer der Kirchen der Christenheit an, sondern sie halten immer noch am Ahnenkult fest und leben in der Furcht vor den Toten. Das trifft nicht nur auf die „Bantustans“ zu. So mancher moderne Afrikaner, der das neueste Automodell fährt, opfert gelegentlich eine Ziege, um die Geister seiner verstorbenen Ahnen zu besänftigen.

      ZURÜCK ZUR JAHRHUNDERTWENDE

      Um die Jahrhundertwende war die Bevölkerung Südafrikas kleiner, und das Leben verlief langsamer und war viel einfacher. Das Land erholte sich gerade vom Burenkrieg, als die Zeit reif war, die gute Botschaft in dieses faszinierende Gebiet zu tragen.

      Im Jahre 1902 wurde ein gewisser Geistlicher der Niederländischen Reformierten Kirche aus den Niederlanden nach Klerksdorp, einer Stadt in Transvaal, gesandt. Er nahm eine große Kiste antiquarischer religiöser Literatur mit, darunter die Schriftstudien, ein Exemplar von Zions Wacht-Turm in Englisch und die Broschüre Was sagt die Heilige Schrift über die Hölle? Frans Ebersohn und Stoffel Fourie trafen diesen Geistlichen in Klerksdorp. Er erlaubte ihnen, sich seine Bücherei anzusehen, und sie fanden diese Schriften sehr interessant. Sie durften sie aus seiner Sammlung mitnehmen. Diese Männer waren von den Wahrheiten, die diese Schriften enthielten, so tief beeindruckt, daß sie beschlossen, eine neue Versammlung zu gründen. Sie nannten sie „Volheid van Christus“ (Fülle des Christus). Hiermit faßte die Königreichsbotschaft zum erstenmal Fuß in Südafrika.

      Diese beiden Männer begannen Zusammenkünfte abzuhalten und von Haus zu Haus zu arbeiten, um die gute Botschaft auszubreiten. Im Jahre 1903 schrieb Frans Ebersohn an den ersten Präsidenten der Watch Tower Bible & Tract Society, C. T. Russell, und bat ihn, einen „Pilgerbruder“, einen besonderen Beauftragten der Gesellschaft, nach Südafrika zu schicken. Bruder Russell antwortete, daß die Umstände dies gegenwärtig nicht erlaubten, aber sobald es möglich sei, würde er es einrichten.

      Im Jahre 1906 predigten einige Schwestern, die aus Glasgow (Schottland) nach Durban ausgewandert waren, begeistert die gute Botschaft. Es dauerte nicht lange, und auch andere fanden in jener Stadt Interesse an der Wahrheit, und gegen Ende des Jahres 1906 gab es in Südafrika 40 Abonnenten der Zeitschrift Zions Wacht-Turm.

      Im Jahre 1907 tauchte ein gewisser „Reverend“ Joseph Booth in Südafrika auf der Bühne des Königreichsdramas auf. Er war in England geboren und war im Alter von 29 Jahren nach Neuseeland gezogen, um Schafe zu züchten. Später arbeitete er in Australien. Er schloß sich den Baptisten an und fühlte sich nach einiger Zeit berufen, als Missionar nach Afrika zu gehen. Im Jahre 1892 traf er in Njassaland (jetzt Malawi) als unabhängiger Missionar ein. Booth begeisterte sich für den Gedanken der Gleichheit für die Afrikaner und predigte die Parole „Afrika den Afrikanern“. Er gründete verschiedene „Industriemissionen“.

      Bis zum Jahre 1900 hatte Booth die meisten seiner Missionen aufgegeben und hatte einige Reisen nach Amerika unternommen, wo er zu dem Glauben der Baptisten des Siebenten Tages bekehrt wurde. Bald danach kehrte er nach Njassaland zurück, um eine Mission für diese Sabbatarierorganisation zu errichten. Es dauerte nicht lange, und er bekam Schwierigkeiten mit den Baptisten des Siebenten Tages. Nun schloß er sich den Adventisten des Siebenten Tages an und gründete eine Mission für sie. Er machte sich auch bei der Obrigkeit unbeliebt, da sie seine Pläne für eine soziale Änderung in Afrika sehr mißbilligte. Es scheint, daß sich Booth im Jahre 1906 für die „Kirchen Christi“ interessierte, und obwohl er von den „Britischen Kirchen Christi“ abgewiesen wurde, fand er bei dem Kapstädter Zweig der „Südafrikanischen Kirchen Christi“ Aufnahme. Booth half ihnen, eine Mission in Njassaland zu gründen. Gemäß der Zeitschrift Independent Africa ging Booth von einer Gemeinschaft zur anderen wie ein „religiöser Anhalter“.

      Gegen Ende 1906 las Booth, der sich gerade in Schottland aufhielt, einige Bücher von Bruder Russell. Bald war er unterwegs nach den Vereinigten Staaten. Booth traf mit Bruder Russell zusammen, und es ergab sich eine sehr interessante und entscheidende Unterhaltung. Bruder Russell wußte sehr wenig über Booths Vergangenheit und über sein Hauptziel, Afrika den Afrikanern wiederzugeben. Er konnte auch nicht wissen, daß Booth von den Behörden und den Weißen in Njassaland als unerwünscht betrachtet wurde und daß er bereits einige Religionsgemeinschaften gebraucht hatte, um seine eigenen Pläne zu verfolgen. Außerdem war Bruder Russell daran gelegen, jemand zu finden, der ein neues weites Feld erschließen würde. Daher gebrauchte die Gesellschaft Booth eine Zeitlang als Missionar für die Menschen, die er kannte.

      Bruder Russell ahnte nicht, daß dies viele Schwierigkeiten zur Folge haben und viel Schmach auf den Namen der Gesellschaft bringen würde. Jedenfalls war Joseph Booth Anfang 1907 wieder in Afrika und begann in Kapstadt und in anderen Teilen des Landes zu arbeiten. Da er in Njassaland als „Persona non grata“ galt, kehrte er anscheinend eine ganze Zeit lang nicht dorthin zurück, obwohl er durch Briefe und Boten mit Njassaland eng in Berührung blieb und einen großen Einfluß auf dieses Gebiet ausübte.

      In Zions Wacht-Turm vom 1. Juni 1908 (engl.) erschien ein Brief, der von einem L. de Beer an Bruder Russell geschrieben worden war und der etwas Licht auf die Entwicklungen warf. Es hieß darin auszugsweise: „Ich bin an Ihren sechs Büchern sehr interessiert, und ich habe zwei Brüder, die ebenfalls interessiert sind; einer von ihnen ist ein Geistlicher der Niederländischen Kirche; nicht nur ein Leser, sondern ein Denker. Er ist im Ruhestand; er wohnt in Pretoria (Transvaal) und gibt eine Zeitung der Niederländischen Kirche heraus und hält auch Predigten, wenn er darum gebeten wird. ...

      Dann ist da ein gemeinsamer Freund von Bruder Booth und mir, Rev. J. H. Orr, Prediger der Independent Congregational Church in Wynberg (einem unserer Vororte), und er predigt bereits einige der neuen Wahrheiten aus Ihren Büchern.

      Wie Sie gehört haben werden, versammelte sich eine nette kleine Gruppe, zu der ich gehörte, die alle an der Millenniumsbotschaft interessiert sind, in Bruder Orrs Kirche, um das Passah zu feiern; 5 Europäer und 29 Eingeborene waren anwesend, und die Feier fand in drei Sprachen statt. Es war eine bedeutungsvolle und eindrucksvolle Stunde und der Beginn einer neuen Ära in unserem Leben.“

      Mehr Auskunft über das Werk in Südafrika findet man im englischen Wacht-Turm vom 15. Januar 1909. In dem Bericht heißt es: „Drei schwarze Brüder predigen die Wahrheit den Eingeborenen. Einer von ihnen ist 3 600 Kilometer nördlich, in sein Heimatgebiet, gereist, um die Botschaft dorthin zu bringen. Dieser Bruder spricht, obwohl er noch so jung ist, mehrere Eingeborenensprachen und schreibt die englische Sprache recht fließend. Der letzte Bericht ist sehr ermutigend. Die Eingeborenen scheinen offene Ohren für die gute Botschaft großer Freude, die Botschaft der Wiederherstellung, zu haben.“

      Der junge Afrikaner, der 3 600 Kilometer nördlich, in sein Heimatgebiet, reiste, war Elliott Kamwana. Kamwana war ein Stammesangehöriger der Tonga und war in Bandawe, das am Westufer des Njassasees liegt, von der Livingstonia-Mission (schottisch-presbyterianisch) erzogen worden. Doch im Jahre 1900 hatte er Booth in Blantyre (Njassaland) getroffen, und zwei Jahre danach war er in einer der „Seventh Day Missions“, die Booth gegründet hatte, getauft worden. Später war er nach Südafrika gekommen, hatte eine Zeitlang in den Minen gearbeitet und dann Booth in der Kapprovinz wiedergetroffen. Anscheinend blieb Kamwana einige Monate mit Booth zusammen, um Anweisungen zu empfangen, und ging dann in sein Heimatland, Njassaland, zurück. Im Wacht-Turm vom 1. Juli 1909 (engl.) beschreibt Booth die Verbreitung von Traktaten in Johannesburg und Pretoria unter den Afrikanern, und es heißt dann:

      „Sie sind überglücklich, hier die gleiche Botschaft zu hören, die ihnen in ihrem Heimatland, Njassaland, von Bruder Elliott Kamwana gepredigt wurde.

      Jemand, der erst seit drei Monaten hier ist, berichtet, daß er Elliott an einem Tag 300 Personen habe taufen sehen; ein anderer berichtet, daß es an einem Ort 700 Anhänger gäbe. Ich habe weiter erfahren, daß etwa 3 000 in jenem Land an 30 verschiedenen Orten den göttlichen Plan dem Presbyterianismus und der anglikanischen Kirche vorgezogen haben. Bruder Elliott selbst berichtet, daß ungefähr 9 000 etwas interessiert sind, wenn auch nicht alle in dem gleichen Maße wie die Obenerwähnten.“

      Gegen Ende dieses Berichts fügte Bruder Russell die neue Nachricht von der Verhaftung Elliott Kamwanas ein, die von den calvinisch-schottischen Missionaren in Bandawe (Njassasee) veranlaßt worden war. Bruder Russell schließt den Bericht mit der kurzen Erklärung ab: „Bruder Kamwana hat im vergangenen Jahr 9 126 Personen getauft.“

      Dieser phantastischen Zahl wird kein Kommentar hinzugefügt. In dieser Zeit wurden im gesamten Gebiet der Vereinigten Staaten viel weniger Personen getauft. Aber wie ging Kamwana vor? Welche Methoden wandte er an?

      „WATCHTOWER-BEWEGUNGEN“ BEGINNEN

      In Wirklichkeit hatten weder Booth noch Kamwana Babylon die Große, die falsche Religion, wirklich verlassen, sie wurden nie Bibelforscher oder christliche Zeugen Jehovas. Ihre Beziehungen zur Watch Tower Society waren von kurzer Dauer und nur oberflächlich. Mrs. Marjorie Holliday, deren Erinnerungen an die Wahrheit bis in die ersten Jahre dieses Jahrhunderts zurückreichen, beschreibt, wie Joseph Booth sich häufig bemühte, die Zusammenkünfte der Brüder in Durban zu sabotieren. Unsere christliche Schwester Holliday erzählt: „Zum Beispiel: Wenn wir das Lied sangen ,Frei vom Gesetz‘, stellte er sich draußen hin und antwortete mit: ,Nicht frei vom Gesetz.‘ “

      Daher ist es nicht überraschend, daß Elliott Kamwana, Booths geistiger Schüler, eine recht entstellte Vorstellung von den Wahrheiten hatte, die in den Schriften der Gesellschaft erklärt wurden. Doch was er genau predigte, als er nach Njassaland zurückkehrte, kann man heute unmöglich sagen. Offensichtlich stimmt es, daß ein besonderes Merkmal seiner Feldzüge dramatische Taufen im Freien waren. Doch diese Taufen, die Kamwana durchführte, hatten nichts mit der wahren christlichen Taufe der Diener Jehovas zu tun. Was Kamwana auch gesagt und welche Methoden er auch benutzt haben mag, sein Feldzug war nur von kurzer Dauer, schätzungsweise vom September 1908 bis Juni 1909, als die Regierung einschritt und ihn ins Gefängnis steckte und ihn später nach den Seychellen deportierte. Erst 1937 wurde ihm wieder erlaubt, nach Njassaland zurückzukehren, wo er weiterhin als Führer einer der falschen „Watchtower-Bewegungen“ tätig war.

      Leider entstand zufolge der Tätigkeit Kamwanas eine Situation in Zentralafrika, die lange Zeit schreckliche Verwirrung verursachte. Es kamen Bewegungen auf, die sich zu einem kleinen Teil der Bücher Bruder Russells bedienten. Diese Bewegungen vermischten etwas Wahrheit mit vielen ihrer eigenen Vorstellungen und Methoden. Auf diese Weise wurden viele Menschen irregeführt. Nicht alle diese Bewegungen verwandten den Namen „Watchtower“ oder „Watchtower Society“; tatsächlich nahm die Bewegung, die Kamwana führte, im Laufe der Zeit den Namen „The Watchman Mission“ (Die Wächter-Mission) an.

      Viele Jahre später, im Jahre 1947, schrieben die Brüder, die für das Königreichspredigtwerk in Njassaland verantwortlich waren, einen Brief an Kamwana, da diese falschen Watchtower-Sekten immer noch Verwirrung verursachten. In einer Antwort, die Kamwana schrieb und unterzeichnete, heißt es: „Die Watchman Mission (Mlonda Mission) hat es nicht nötig, ihre Zeit mit Gerüchten zu verschwenden, denn die Schwarzen und die Europäer in Njassaland wissen, daß die Watchman Mission nichts mit der Watch Tower Bible and Tract Society der Europäer zu tun hat.“

      Die Tatsachen zeigen daher deutlich, daß Kamwana nie ein wahrer, ergebener Diener Jehovas war, und es scheint, daß er die Bildung der verschiedenen falschen „Watchtower-Bewegungen“ in Gang gesetzt oder verursacht hat. Es scheint, daß alles mit seiner „feurigen“ Kampagne im Jahre 1909 begann. Bruder Nguluh, ein afrikanischer Bruder in Johannesburg, der zu jener Zeit in Njassaland lebte, verglich Kamwanas Kampagne mit einem „Lauffeuer, das sich durch das Gras fraß“. In jenen Tagen wanderten viele Eingeborene aus Njassaland aus, weil sie nach Arbeit und besserer Bezahlung suchten. Auf diese Weise breiteten sich die „Watchtower-Bewegungen“ offensichtlich in ganz Rhodesien, im Kongo und bis nach Südafrika hinab aus.

      DURBAN HÖRT DIE BOTSCHAFT

      Kehren wir nun nach Durban ins Jahr 1906 zurück. Marjorie Holliday und ihre Mutter wohnten neben einer Mrs. Morton. Schwester Arnott aus Glasgow (Schottland) schickte ständig Traktate und Flugblätter an ihre leibliche Schwester, Mrs. Morton. Mrs. Morton wiederum gab diese Traktate an Marjorie Hollidays Mutter, Mrs. Agnes Barrett, weiter, und schließlich nahmen beide die Wahrheit an. Zu dieser Zeit wohnte dort auch eine Schwester Taylor aus Schottland. Ein wenig später beschlossen Schwester Arnott und ihre Familie, Glasgow zu verlassen und nach Durban zu ziehen. Wie Schwester Holliday erzählt, waren es also Schwester Arnott, Schwester Taylor, Schwester Morton und Schwester Barrett, die das Werk in Durban wirklich in Gang setzten. Eine ihrer hauptsächlichen Methoden, die Wahrheit zu verbreiten, bestand darin, daß sie den Menschen an den Stränden Traktate und Flugblätter überreichten.

      Marjorie Holliday selbst bezog im Alter von zehn Jahren Stellung, indem sie brieflich ihren Austritt aus der presbyterianischen Kirche erklärte und damit ihre Gemeinschaft mit Babylon der Großen aufgab. Sie sagt auch, ein amerikanischer Neger, Bruder Whiteus, habe sich im Jahre 1910 der kleinen Gruppe in Durban angeschlossen. Schwester Holliday erzählt uns, daß er großen Erfolg in Durban gehabt habe. Dann erwähnt sie einen erstaunlichen Vorfall. Anscheinend wurde Bruder Whiteus nach Amerika zurückgerufen, möglicherweise von Bruder Russell. Doch kurz bevor das Schiff aus Durban abfuhr, wurde er von Booth entführt und in einem Zimmer eingeschlossen. (Warum Booth dies tat, ist nicht klar.) Jedenfalls fanden die Schwestern heraus, wo Bruder Whiteus eingeschlossen war, und Schwester Barrett gelang es, ihn zu befreien. Darauf begleiteten sie ihn zum Hafen, so daß er sein Schiff noch erreichen konnte.

      Bis zum Jahre 1910 war guter Same gesät worden, doch ereigneten sich seltsame Dinge in Südafrika. Die Situation in Njassaland war nicht gut, und Booth machte in Durban Schwierigkeiten. Es war dringend nötig, daß eine reife und zuverlässige Person die Aufsicht über das Königreichswerk in diesem riesigen Gebiet übernahm.

      EIN WENDEPUNKT

      Im Jahre 1910 wurde ein neues Kapitel über das Königreichswerk in Südafrika geschrieben. Zu dieser Zeit war es mit Booth aus, soweit es die Gesellschaft betrifft. Mitte jenes Jahres schickte Bruder Russell William W. Johnston, der wahrscheinlich Anfang Dreißig war. Er war ein Schotte aus Glasgow, ein besonnener, gewissenhafter und zuverlässiger Mann, im Gegensatz zu dem unbeständigen, unsteten Booth. Bruder Johnston war in Glasgow mehrere Jahre Ältester gewesen, und er war ein eifriger Erforscher des Wortes Gottes sowie ein ausgezeichneter Redner. Er war eine der „Gaben in Form von Menschen“, die im afrikanischen Gebiet, das durch Booths Tätigkeit schwer erschüttert worden war, so dringend benötigt wurden (Eph. 4:8). Johnston hatte hauptsächlich den Auftrag, nach Njassaland zu gehen, um die Lage dort zu untersuchen und den Brüdern zu helfen.

      Als erster Weißer hatte der berühmte Forscher und Missionar David Livingstone im Jahre 1859 den Njassasee entdeckt. Danach dienten Missionare der schottisch-presbyterianischen Kirche und der römisch-katholischen Kirche als Wegbereiter für die Besiedlung durch Weiße. Das Land wurde im Jahre 1891 britisches Protektorat und ein Teil Britisch-Zentralafrikas. Als Bruder Johnston dorthin reiste, gab es in Njassaland etwa eine Million Menschen, darunter nur sehr wenige weiße Bürger.

      Bruder Johnston blieb vier Monate in Njassaland und berichtete, daß es nahezu einhundert Kirchen in ebenso vielen Dörfern gäbe sowie Tausende von Eingeborenen, die der „gegenwärtigen Wahrheit“ ihre Treue schulden würden (2. Petr. 1:12, Elberfelder Bibel). Er stellte fest, daß einige „die Wahrheit recht gut begriffen“ hatten. Aber er war über den allgemeinen Geist sehr enttäuscht.

      „Einige von ihnen schienen auch zu denken, ich sei mit einer Tasche voll Geld gekommen, um all die Pastoren und Lehrer zu bezahlen und ihnen bei der Gesellschaft lukrative Posten zu geben“, sagte Bruder Johnston. „Ich mußte sie eines Besseren belehren. ... Ich bedaure, sagen zu müssen, daß fast in jedem Fall, in dem ich mit Geschwistern zu tun hatte, das Gespräch mit einer Bitte um finanzielle Unterstützung in irgendeiner Form endete.“ Er stellte auch fest, daß Booths Einfluß auf das Werk in Njassaland „deutlich zu spüren“ war. Einige hielten am siebenten Tag Sabbat. „Ich tat, was mir möglich war, um die Wahrheit in dieser Frage darzulegen“, bemerkte Bruder Johnston, „und es gelang mir durch Gottes Gnade, wenigstens einige von ihnen aus der Knechtschaft zu befreien.“

      Bruder Johnston bemühte sich, alles etwas zu organisieren, und er wählte mehrere Eingeborene als Lehrer aus, nachdem er ihnen die Sabbatfrage erklärt hatte. Er war auch erfreut, festzustellen, daß anscheinend viele „von dem starken Wunsch erfüllt waren, Gottes Wort noch besser kennenzulernen“. Nachdem er nach Südafrika zurückgekehrt war, erhielt er eine Zeitlang von diesen Menschen in Njassaland Berichte, aber nach ein paar Jahren war nur noch sehr wenig Kontakt vorhanden. Fünfzehn Jahre lang blieb die Bewegung, die Booth und Kamwana in Gang gesetzt hatten, größtenteils sich selbst überlassen. Es ist daher nicht überraschend, daß eine solche Situation die Bildung der falschen einheimischen „Watchtower Bewegungen“ begünstigte.

      EIN KLEINES ZWEIGBÜRO MIT EINEM RIESIGEN GEBIET

      Bald nachdem Bruder Johnston im Jahre 1910 nach Durban zurückgekehrt war, erhielt er die Anweisung von Bruder Russell, dort ein Zweigbüro der Watch Tower Society zu eröffnen. Dieses neue Ein-Mann-Zweigbüro war lediglich ein kleines Zimmer in der School Lane (Durban). Es diente als Büro und manchmal auch als Zusammenkunftsstätte. Aber das Gebiet, für das es zuständig war, war ungeheuer groß. Grob gesagt, gehörte ganz Afrika südlich des Äquators zu seinem Gebiet. Ja, einige Gebiete, für die dieses Zweigbüro zuständig war, wie zum Beispiel der Kongo, Uganda und Kenia, erstreckten sich bis weit nördlich des Äquators. Dazu gehörten auch die Insel Mauritius, die im Indischen Ozean liegt, die große Insel Madagaskar (Madagassische Republik) vor der Küste von Moçambique, St. Helena, Hunderte von Kilometern draußen im Atlantik, und die Insel São Tomé im Golf von Guinea. Doch es ist so, wie der Prophet Sacharja schrieb: „Wer hat den Tag kleiner Dinge verachtet?“ (Sach. 4:10).

      FRUCHTBARE ANSTRENGUNGEN

      Es wäre nicht gut, die Tätigkeit einfacher Menschen wie die von Bruder Whiteus geringzuschätzen. Er sprach einmal in einer Wohnung in Durban vor und gab einen ganzen Satz Schriftstudien ab. Die Frau, die die Bücher entgegennahm, las sie nicht selbst, aber kurz darauf nahm ihre Tochter Mrs. Thompson, die Bücher mit auf eine Schiffsreise nach Glasgow und las sie auf der Fahrt. Während ihres Aufenthalts in Glasgow sprach jemand an ihrer Tür vor und ließ einen Handzettel zurück, auf dem ein Vortrag von Charles T. Russell angekündigt wurde. Mrs. Thompson ging dorthin, aber der Saal war so überfüllt, daß sie nicht hineinkam. In diesem Augenblick beschlossen die Brüder jedoch, den Orchesterraum zu öffnen, und so erhielt Mrs. Thompson einen guten Platz für den öffentlichen Vortrag. Der Vortrag gefiel ihr sehr gut. Eine der dort ansässigen Schwestern notierte sich ihre Adresse in Südafrika, und eines Tages machte Bruder W. Johnston einen Rückbesuch. Mrs. Thompson nahm die Wahrheit an und wurde bald danach getauft. Sie selbst war viele Jahre ein treuer und ergebener Verkündiger, bis sie im Jahre 1965 im Alter von 98 Jahren verstarb. Ihre Tochter und zwei Enkelinnen wurden ebenfalls eifrige Zeugen. Der Besuch, den Bruder Whiteus gemacht hatte, erwies sich somit als sehr fruchtbar.

      Unterdessen hielt Bruder Johnston in Durban regelmäßig jeden Sonntagabend biblische Vorträge im Freimaurersaal, Smith Street. Die Zuhörerschaft war noch recht klein, aber einer darunter war ein Norweger namens Myrdal. Seine Frau war eine fromme Adventistin des Siebenten Tages. Die beiden diskutierten jede Nacht über Glaubenslehren. Mr. Myrdal gewann die Diskussionen jedoch, und es dauerte nicht lange, und er und seine Frau und sein Sohn Henry besuchten regelmäßig Bruder Johnstons Vorträge. Sie fingen auch an, Zusammenkünfte am Sonntagmorgen zu besuchen, die „offene Bibelstudien“ genannt wurden.

      Vom Jahre 1911 an ist auch echtes Interesse unter den Afrikanern in Südafrika zu verzeichnen. Jeremiah Khuluse aus Ndwedwe, einem kleinen Eingeborenendorf, etwa 50 Kilometer von Durban entfernt, erinnert sich noch daran, daß ein Mann namens Johannes Tshange aus Kapstadt dorthin kam. Tshange hatte die Wahrheit in Kapstadt kennengelernt und war nun eifrig bemüht, sie in seinem Heimatort Ndwedwe zu verkündigen. Jeremiah Khuluses Vater bekundete großes Interesse, besonders an der neuen Lehre über die Hölle. So wurden Bibelstudien eingerichtet und jeden Abend durchgeführt. Viele schlossen sich dieser kleinen Gruppe an. Sie benutzten die Schriftstudien für ihr Bibelstudium, und nach wenigen Monaten, als sie bereits anderen Kirchenmitgliedern predigten, begann sich die dort ansässige Geistlichkeit Sorgen zu machen. So kam es, daß Mitglieder der Wesleyan Methodist Church zusammenkamen, um das Problem zu besprechen. Nach langem Hin und Her wurden diese Neuinteressierten aus der Kirche ausgeschlossen. Sie bildeten wahrscheinlich die erste afrikanische Versammlung wahrer Anbeter, die in Südafrika gegründet wurde.

      Bruder Johnston war im Jahre 1911 sehr eifrig tätig. Er unternahm eine besondere Reise nach Johannesburg in Transvaal und nach Parys im Oranjefreistaat. In Johannesburg machte er viele Besuche, und er konnte schließlich „Bibelklassen“-Zusammenkünfte einrichten. Eine sehr schöne Zusammenkunft fand im Rathaus von Parys statt, wo der Bürgermeister den Redner einführte, der stellvertretende Bürgermeister seine Erklärungen ins Holländische übersetzte und etwa 250 Menschen zuhörten. Es ist verständlich, daß sich Bruder Johnston an dem Klassen-Ausdehnungswerk beteiligte, das Gottes Volk zu jener Zeit weltweit durchführte. Bald wurden auch in Pretoria, Balfour, Port Elizabeth und in Ndwedwe Zusammenkünfte abgehalten.

      Obwohl Jehovas Diener nur wenige an Zahl waren, bemühten sie sich doch sehr, die wichtige Botschaft der Bibel auszubreiten. In einem Bericht über das Werk in Südafrika für das Jahr 1912 zeigt der Wacht-Turm vom 1. Februar 1913 (engl.), daß sie 28 808 Traktate, betitelt Volkskanzel, in Englisch verbreitet hatten, 30 000 Traktate, betitelt Jedermanns Blatt, in Englisch und 3 000 Exemplare der Volkskanzel in Holländisch. Interessant ist auch eine kurze Notiz im Wacht-Turm vom 15. November 1913 (engl.), aus der hervorgeht, daß damals Literatur in Zulu erhältlich war. Die gute Botschaft erreichte viele Menschen in diesem Land.

      Zu dieser Zeit wurden auch Bruder Russells Predigten regelmäßig in den Zeitungen veröffentlicht. Aus dem Wacht-Turm vom 15. Dezember 1913 (engl.) geht hervor, daß etwa 600 Zeitungen in Großbritannien, Südafrika und Australien wöchentlich seine Artikel druckten. Weltweit waren es schätzungsweise 2 000 Zeitungen. Bruder Johnston hatte einen Verlag für die Predigten in Südafrika gegründet, und gegen Ende 1913 veröffentlichten elf Zeitungen im Land diese Predigten in vier Sprachen.

      1914 IST DA!

      Die Monate vergingen, und schließlich kam das Jahr 1914. Auf der ganzen Welt müssen sich die Brüder damals gefragt haben, was das Jahr wohl bringen werde. Die Brüder in Südafrika waren sich des Datums wohlbewußt. Darunter waren Myrdals in Durban. Henry Myrdal sagt: „Ich erinnere mich noch gut an den 4. August 1914, als meine Mutter, die gerade die Zeitung las, uns, der Familie, sagte: ,Hier ist es! Der Krieg ist ausgebrochen, so, wie Pastor Russell es in seinen Büchern vorausgesagt hat.‘ “

      Drüben in England verfolgten viele mit Interesse die Weltereignisse und erkannten das „Zeichen“. Einer von ihnen war ein junger Bruder namens George Phillips, damals ein sechzehnjähriger Bursche, der in Barrow (Furness, England) als Kolporteur tätig war. George ahnte damals noch nicht, daß er eine wichtige Rolle in der Entwicklung des Königreichswerkes in Südafrika spielen sollte.

      In Njassaland sahen ebenfalls viele Afrikaner, die aufrichtig an der Wahrheit interessiert waren, dem Datum mit Spannung entgegen. Die Deutschen waren damals auf der anderen Seite der Grenze, in Tanganjika (ehemals Deutsch-Ostafrika), und britische Truppen bereiteten sich darauf vor, die Grenze zu verteidigen. Einige waren sich dessen bewußt, daß eine biblische Prophezeiung in Erfüllung ging.

      In dem Buch Independent African kann man auf Seite 230 lesen: „Die Afrikaner ließen auf ihre Weise erkennen, welche Unruhe der Krieg für sie mit sich brachte. Vielen schien es tatsächlich, daß die Watch-Tower-Prophezeiung, die Welt werde im Oktober 1914 enden, kurz vor ihrer Erfüllung stehe.“ Das wird durch einen Brief bestätigt, den ein Bruder Achirwa aus Njassaland an Bruder Russell geschrieben hatte (der im Wacht-Turm vom 1. September 1914 [engl.] veröffentlicht wurde). Unter anderem heißt es darin: „Gewiß leben wir gemäß der Heiligen Schrift in der Zeit des Endes. ... Aber wir lesen in der Bibel, daß der Befreier kommen wird und daß das Königreich Gottes kommen wird und daß alle Nationen den Weg unseres Gottes kennen werden; aber die Bösen wird er vernichten.“ Als nächstes werden ihre Zusammenkünfte beschrieben, die bei besonderen Gelegenheiten von Hunderten auf einmal besucht wurden.

      „ERSTER SÜDAFRIKANISCHER KONGRESS“

      Unter dieser Überschrift veröffentlichte der Wacht-Turm vom 15. August 1914 (engl.) einen Brief von Bruder Johnston. Er schrieb:

      „Der erste südafrikanische Kongreß der Internationalen Bibelforscher-Vereinigung ist jetzt in die Geschichte eingegangen, und diejenigen, die das Vorrecht hatten, diesen Kongreß zu besuchen, haben wunderbare Erinnerungen mitgenommen, die als ein Ansporn und als Inspiration dienen werden, bis wir zur größten aller Zusammenkünfte, zu der jenseits des Vorhangs [im Himmel], versammelt werden.“

      Johnston berichtete dann, daß dieser Kongreß am 10. April in Durban stattfand. Aus allen Teilen des Subkontinents waren Menschen herbeigekommen. Besonders erwähnte er „eine liebe Schwester, die fast 1 600 Kilometer weit gereist war“. Johnston schrieb auch: „Wir waren in der Tat eine sehr ,kleine Herde‘. Die größte Anwesendenzahl betrug 34.“ Bruder Johnston meinte damit 34 Bibelforscher, aber zum öffentlichen Vortrag kamen etwa 50 Personen. Verglichen mit der Anwesendenzahl, war die Zahl der Getauften sehr hoch, insgesamt 16 Personen. Am gleichen Wochenende fand die Feier zum Gedächtnis an den Tod Christi statt, und daran nahmen 32 Personen teil. Diese Brüder ahnten damals noch nicht, daß es etwa 57 Jahre später (1971) einen Kongreß in Johannesburg mit fast 50 000 Anwesenden geben würde. Das erinnert uns an die Prophezeiung: „Der Kleine selbst wird zu einem Tausend werden“ (Jes. 60:22).

      UNBEGRÜNDETE BESCHULDIGUNGEN

      In den ersten Wochen des Jahres 1915 sah es für Njassaland sehr böse aus. Zu dieser Zeit lieferten sich die Engländer und die Deutschen an der Grenze heftige Gefechte, und schließlich errangen die Engländer den Sieg. In diesem Kampf wurden viele Afrikaner getötet oder verwundet, aber es sollte noch schlimmer kommen. Am 23. Januar kam es unter den Afrikanern zu einem bedeutenden Aufstand, der von John Chilembwe, einem gebildeten Führer einer afrikanischen Sekte, angeführt wurde. Er tötete einige Europäer und versuchte, einen allgemeinen Aufstand anzuzetteln. Der Aufstand wurde jedoch schnell von afrikanischen Truppen, europäischen Offizieren and Freiwilligen niedergeschlagen.

      Später wurde die Beschuldigung erhoben, die Watch Tower Society habe etwas mit dieser Revolte zu tun gehabt. Ja, in dem Buch History of the Great War wird Chilembwe als ein „religiöser Fanatiker ... der sogenannten ,Watch-Tower‘-Sekte“ bezeichnet. Sorgfältige Nachforschungen ergaben inzwischen, daß diejenigen in Njassaland, die an der Wahrheit interessiert waren, und sogar die Anhänger der Bewegung Kamwanas, einer falschen „Watchtower-Bewegung“, als solche nicht direkt mit dem Aufstand zu tun hatten und nicht dafür verantwortlich waren. In dem Buch Independent African wird das Beweismaterial sehr gründlich untersucht, und auf Seite 324 kommt man zu dem Schluß: „Chilembwe selbst hatte offensichtlich keine Verbindung zu der amerikanischen Watch-Tower-Bewegung, und Versuche, seine aufrührerischen Pläne mit dieser Organisation in den Vereinigten Staaten in Verbindung zu bringen, scheinen irregeleitet gewesen zu sein.“ Da Chilembwe einmal einer von Booths Bekehrten gewesen war und Booth einmal mit der Gesellschaft in Verbindung stand, gebrauchten Feinde der Wahrheit diese Tatsache natürlich, um Anschuldigungen zu erheben und die Gesellschaft als Sündenbock hinzustellen. In Wirklichkeit waren Chilembwe und seine Gefolgsleute Mitglieder der hochgeachteten orthodoxen Missionen. Diese wurden von der Regierung ebenfalls heftig kritisiert.

      Das Buch Independent African enthält auf Seite 232 auch folgenden interessanten Kommentar zu der falschen Beschuldigung, die Schriften der Watch Tower Society hätten einige Afrikaner beeinflußt, an den Aufständen teilzunehmen: „Aber es muß auch erwähnt werden, daß nirgendwo in Russells Büchern [Kursivschrift von uns] angeregt wurde, die Anhänger seiner Lehren sollten aktive Schritte unternehmen, um den Umsturz dieser Einrichtungen zur Vorbereitung des Millenniumzeitalters zu beschleunigen: Vielmehr wurde ihnen geraten, geduldig auf Gottes Eingreifen zu warten.“

      DAS WACHSTUM GEHT WEITER

      Ein paar Monate später hatten die Brüder in Durban einen weiteren sehr schönen Kongreß. Wieder wurde er mit der Gedächtnismahlfeier verbunden, und 47 Personen nahmen von den Symbolen. In der Zulu-Klasse in Ndwedwe waren 38 Personen anwesend, außerdem 15 in Johannesburg, 8 in Kapstadt, 6 in Douglas und 2 in Balfour.

      Das Jahr 1914 war gekommen und vorbeigegangen. Obwohl die Weltereignisse die Prophezeiungen auf eine bemerkenswerte Weise erfüllten, war das Werk doch noch nicht vorbei, und es hatte den Anschein, als wäre noch viel zu tun. Bruder Johnston schrieb in einem Brief an Bruder Russell: „Das vergangene Jahr ist ein Jahr ständiger Prüfungen und Erprobungen gewesen, sowohl für den einzelnen als auch für die Klassen [Versammlungen].“ Aus dem Bericht über die Tätigkeit in Südafrika für das Jahr 1915 geht jedoch hervor, daß über 4 700 Bücher verbreitet, 75 131 kostenlose Schriften in Umlauf gesetzt und 312 Zusammenkünfte abgehalten worden waren. Das Werk war keinesfalls zum Stillstand gekommen.

      DAS PHOTO-DRAMA DER SCHÖPFUNG

      Im Jahre 1916 traf das Photo-Drama der Schöpfung in Südafrika ein. Diese Kombination aus Lichtbildern, Filmen und Schallplatten gab einen Überblick über Gottes Vorsatz hinsichtlich der Erde und des Menschen. Offensichtlich gab es in der Kapprovinz Schwierigkeiten, und die Behörden verboten das Drama, da es wahrscheinlich „die religiösen Gefühle der Öffentlichkeit verletzen“ würde.

      Einen Hinweis darauf, welche Ausmaße das Photo-Drama-Werk Anfang 1918 angenommen hatte, finden wir in einer Angabe Bruder Johnstons, der ausgerechnet hatte, daß er in achtzehn Monaten über 16 000 Kilometer weit gereist war, um es in vielen Teilen des Landes zu zeigen. Überall zog das Drama viele Menschen an. Zwar war es in der Kapprovinz nicht zugelassen worden, aber er hatte es in Durban, Johannesburg, Pretoria und in verschiedenen anderen Teilen Transvaals, im Oranjefreistaat und in Natal gezeigt. Die Vorführung des Dramas hatte keine große Einsammlung zur Folge, aber es war dadurch ein ausgedehntes und gutes Zeugnis gegeben worden.

      ERSTE NACHRICHTEN AUS RHODESIEN UND TRANSVAAL

      Im Jahre 1916 hören wir zum erstenmal etwas über die Königreichstätigkeit in Rhodesien. William W. Johnston schrieb in einem Brief an Bruder Russell: „Deine Mitteilung betreffs des Werkes in Rhodesien an Mr. Nodehouse ist richtig eingegangen. Ich habe diesem Herrn geschrieben und nach Einzelheiten gefragt, und ich erwarte seine Antwort.“

      Das Zeugniswerk in Südafrika war zu jener Zeit keineswegs auf die Städte beschränkt. In dem kleinen Ort Koster, im Westen Transvaals, lebte ein Mann namens Japie Theron, der eifrig die Wahrheit studierte. Theron, ein fähiger Rechtsanwalt, hatte erkannt, daß die Religionsgemeinschaften der Welt nicht die Wahrheit lehrten. Eines Tages las er in der Zeitung etwas über eine besondere Prophezeiung hinsichtlich des Jahres 1914, die die Watch Tower Society vor einigen Jahrzehnten veröffentlicht hatte. Theron bestellte daher Literatur, und er erhielt die Bücher Schriftstudien. Sehr bald erkannte er die Wahrheit, und er spürte ein brennendes Verlangen, anderen zu helfen. Oft führte er Debatten mit der Geistlichkeit, die er herausforderte, ihre falschen Lehren, wie zum Beispiel die Lehre vom buchstäblichen Höllenfeuer, zu beweisen.

      Bruder Theron hatte bestimmt viel Initiative. Eine Zeitlang gab er regelmäßig in dem kleinen Zug Zeugnis, der jeden Tag durch seine Stadt fuhr. Er stieg im Bahnhof in den Zug ein, fing dann bei der Lok an und arbeitete sich nach hinten durch und bot dabei allen Fahrgästen die Schriften an, während der Zug langsam die steile Steigung hinauffuhr. Er richtete es so ein, daß er sein „Gebiet auf Rädern“ fertig bearbeitet hatte, wenn der Zug am Ende der Steigung angelangt war, und dann sprang er ab. Bruder Theron wurde überall im Westen Transvaals und im Oranjefreistaat gut bekannt, und er half vielen Menschen, die Wahrheit anzunehmen.

      Im Norden Transvaals schien das Licht der Wahrheit nun schon über ein großes Gebiet, und viel Literatur wurde per Post von einer Person zur anderen versandt. Eines Tages gelangten Schriften in die Hände von zwei jungen Burschen, die in der kleinen Stadt Nylstroom, im Norden Transvaals, zur Schule gingen. Wie einer dieser Jugendlichen, Paul Smit, erzählt, sprach besonders die Broschüre Was sagt die Heilige Schrift über die Hölle? sein Herz an und feuerte ihn zur Tätigkeit an. Um Bruder Smits eigene Worte zu gebrauchen: „Glaubt mir, Nylstroom wurde in einen wahren Aufruhr versetzt, als sei es von einem Zyklon heimgesucht worden, als wir beiden Schuljungen bekanntmachten, und zwar nicht gerade zimperlich, daß die Lehren der Kirchen falsch seien. Wir gingen völlig furchtlos vor. Zu dieser Zeit hatten nur die drei Niederländischen Reformierten Kirchen und die anglikanische Kirche die ,Freiheit der Stadt‘, ihren Aufgaben ungestört nachzugehen. Stellt euch daher nur einmal den Rauch der Qual vor, der aufstieg, als der ,Wasserstrahl auf die Hölle gerichtet wurde‘! Innerhalb kurzer Zeit war diese neue Religion in der Stadt und im ganzen Bezirk Tagesgespräch. Die Geistlichkeit spielte als Werkzeug der Finsternis natürlich ihre wohlbekannte Rolle der Falschdarstellung und Verfolgung. Monate-, ja sogar jahrelang drehten sich ihre wöchentlichen Predigten hauptsächlich um diese ,falsche Religion‘.“

      GEISTIGE WOHLFAHRT TROTZ SCHWIERIGKEITEN

      Die Zusammenkünfte wurden damals von „Ältesten“ geleitet, die von der Versammlung durch Handerheben gewählt worden waren. Es wurden auch Stimmen für Diakone abgegeben, deren Aufgabe darin bestand, die Fenster zu öffnen, die Stühle ordentlich hinzustellen, Liederbücher auszugeben und allgemeine Hilfe zu leisten. Das war die Versammlungseinrichtung jener Zeit.

      Am 31. Oktober 1916 starb C. T. Russell, der erste Präsident der Watch Tower Society, der bis zum Ende aktiv und treu war. Diese Nachricht löste unter Jehovas Dienern Trauer und Bestürzung aus. Die Brüder in Durban fragten sich: „Was werden wir jetzt tun?“ Nach der anfänglichen Trauer setzte eine Zeit der Prüfungen ein. Bruder Russells Persönlichkeit und Tätigkeit hatte das Königreichswerk bis zu jener Zeit so sehr beeinflußt und viele waren mit ihm persönlich so eng verbunden, daß sie sehr ärgerlich über die Änderungen waren, die nach seinem Tode kommen mußten. Bruder Myrdal erinnert sich, daß es in Durban immer wieder zu Streitigkeiten in den Zusammenkünften kam und daß sich eine Gruppe herausschälte, die gegen die Gesellschaft war und eine Menge Unruhe verursachte. Die Spaltungen und Schwierigkeiten waren nicht leicht aus der Welt zu schaffen. Dennoch ging das Werk voran, und Gottes Segen war deutlich zu verspüren.

      Irgendwann im Jahre 1917 wurde das Zweigbüro der Gesellschaft in Südafrika von Durban nach Kapstadt verlegt, und es befand sich nun fast im Schatten des gewaltigen Felsmassivs des Tafelberges. Diese Umstellung sollte den Versand erleichtern, und die kleinen Räumlichkeiten in Kapstadt, Plein Street 123 wurden für die nächsten sechs Jahre das Zweigbüro.

      Die Zahl der Brüder in Südafrika stieg ständig. Bruder Johnston berichtete, daß die Zahl der weißen „Geschwister“ auf 200 bis 300 geschätzt wurde. Die meisten davon waren auf die vier hauptsächlichen Gruppen oder Versammlungen verteilt — Durban, Johannesburg, Pretoria und Kapstadt —, und viele andere waren verstreut. In Ndwedwe gab es eine blühende Versammlung von etwa 80 Zulus. Außerdem traf sich eine kleine Gruppe von Basutos in Bank, und einige Xosas trafen sich in East London.

      In einem Bericht machte Bruder Johnston folgende interessante Bemerkung über die afrikanischen Brüder:

      „Trotz der Tatsache, daß wir keine Literatur in den Eingeborenensprachen haben, haben diese einheimischen Geschwister ein ausgezeichnetes Verständnis der gegenwärtigen Wahrheit. Wir können nur sagen: ,Von Jehova ist dies geschehen; wunderbar ist es in unseren Augen.‘ Da sie wie alle anderen eine tiefe Achtung vor der Bibel als dem Wort Gottes haben, haben sie begierig der Wahrheit zugehört, die ihnen einheimische Lehrer vermittelt haben, die die Bücher in Englisch lesen und sie in die Landessprache übersetzen können. Da sie praktisch nicht umlernen müssen, haben sie bereitwillig die Botschaft des Herrn angenommen. Daß sie ihre Weihung [Hingabe] verstanden haben und es aufrichtig damit meinen, wird durch ihre Leiden um des Gewissens willen bezeugt. Nahezu alle diese lieben eingeborenen Geschwister sind feierlich und öffentlich von Babylon exkommuniziert worden und aus den Missionsreservaten, in denen sie geboren sind, ausgewiesen und in ihren Wohngebieten [den afrikanischen Townships], die ihre Welt sind, als gefährliche Personen gebrandmarkt worden. Doch sie haben sich durch nichts erschüttern lassen; und sie erachten es als eine Freude, um Christi willen leiden zu dürfen.“

      Das Werk in Njassaland hatte bereits den Widerstand der Regierung ausgelöst, aufgehetzt durch eifersüchtige Missionare, deren Schulen sich leerten und deren Kirchen leer blieben. „So kam es“, schrieb Johnston, „daß mehrere der leitenden Geschwister deportiert wurden und jetzt auf Mauritius interniert worden sind.“

      EIN NEUES FELD TUT SICH AUF

      Seit dem siebzehnten Jahrhundert ist Stellenbosch ein Zentrum der Erziehung, besonders zur Ausbildung von Geistlichen der Niederländischen Reformierten Kirche. Im Jahre 1917 studierte dort Piet de Jager an der Universität, und später wurde er zur Mission der Niederländischen Reformierten Kirche in Nigeria gesandt. Es scheint, daß einer seiner Mitstudenten bereits die Wahrheit angenommen hatte und die Schriften der Gesellschaft studierte. Das beunruhigte natürlich die Kirchenbehörden, und daher beauftragten sie Piet de Jager, mit seinem Mitstudenten zu sprechen und ihn einzuladen, das wöchentliche Bibelstudium zu besuchen, das von der Christlichen Studentenvereinigung organisiert worden war. Was war das Ergebnis? Piet de Jager nahm selbst die Wahrheit an. Man stelle sich nur die Bestürzung vor, die dadurch in kirchlichen Kreisen ausgelöst wurde! Bald danach hatte Piet de Jager so manche heiße Debatte mit den Professoren über die Seele, die Hölle und andere Lehrpunkte, und kurz darauf verließ er das Seminar.

      Später wurde eine öffentliche Debatte vereinbart, die zwischen Bruder Piet de Jager und Dwight Snyman, einem Doktor der Theologie, der der Niederländischen Reformierten Kirche angehörte, ausgetragen werden sollte. 1 500 Studenten waren dabei anwesend. Bruder A. Smit beschreibt dieses Ereignis wie folgt: „Piet nagelte diesen Gelehrten auf jeden Punkt fest, und er bewies aus der Bibel, daß die Kirche unbiblische Lehren vertritt. Einer der Studenten faßte das Ergebnis in wenigen Worten zusammen: ,Wüßte ich nicht, daß Piet de Jager im Unrecht ist, dann würde ich schwören, er habe recht, denn er bewies alles mit Zitaten aus der Bibel.‘ “

      In Kapstadt arbeitete Bruder Johnston nicht nur im Büro, sondern er verbrachte auch viel Zeit im Predigtdienst. Eines Tages besuchte er die kleine Stadt Franschhoek, die in der Nähe von Stellenbosch liegt. Das ist eine der älteren Städte Südafrikas. Sie wurde im Jahre 1688 von Hugenottenflüchtlingen gegründet.

      Hier gab es auch eine farbige Bevölkerung (Nachkommen aus Mischehen zwischen Schwarzen und Weißen), und die Zeit war jetzt reif dafür, daß der Königreichssame dort auf guten Boden fiel. Einige Jahre zuvor hatten sich ein paar Leute unter der Führung Adam van Diemens, eines farbigen Schullehrers und eines Mannes mit scharfem Sinn und hohen Grundsätzen, von der Niederländischen Reformierten Kirche gelöst und eine eigene Religionsgemeinschaft gegründet. Bruder Johnston muß Ende 1917 oder Anfang 1918 mit van Diemen gesprochen und ihm Literatur gegeben haben. Mr. van Diemen erhielt nicht nur Literatur für sich selbst, sondern er nahm eine ganze Menge Bücher, um sie an seine Freunde weiterzugeben. Darunter war ein Mann namens Daniels, und auf diese Weise gelangte ein Exemplar des Göttlichen Planes in die Hände seines Sohnes, des siebzehnjährigen G. Daniels. Für den jungen Daniels war das der Anfang eines Lebens im Dienste Jehovas. Van Diemen nahm ebenfalls die Wahrheit an und wurde ein sehr eifriger Verkündiger der Botschaft. Er besuchte auch andere Orte in der Umgebung von Kapstadt, wie zum Beispiel Wellington, Paarl, Bellville, Parow, Elsie’s River, Wynberg und Retreat. Diese eifrige Tätigkeit führte dazu, daß er seine Stellung als Lehrer aufgeben mußte, und er wurde ein Vollzeitprediger der guten Botschaft. Die Königreichsbotschaft hatte nun in dieser Gegend einen guten Start erhalten.

      Im Jahre 1918 erhielt William W. Johnston, der Zweigaufseher, eine neue Zuteilung. Die Gesellschaft war zu dem Entschluß gekommen, daß in Australien und Neuseeland ein guter, geistig starker Bruder benötigt wurde, der die Aufsicht dort übernehmen konnte, und daher bat sie Bruder Johnston, dorthin zu gehen. Sein Nachfolger als Zweigaufseher war Henry Ancketill, der die Wahrheit in Pietermaritzburg kennengelernt hatte und der zuvor ein Mitglied der gesetzgebenden Versammlung von Natal gewesen war. Er war irischer Abstammung, und zu jener Zeit war er schon im Ruhestand und vorgerückt an Jahren. Auch war er von kleiner Statur, hatte weißes Haar, trug einen Bart und hatte ein freundliches Wesen. Aufgrund seines Alters empfand er die Last des Werkes als etwas schwer. Dennoch kam Bruder Ancketill seiner neuen Verantwortung in den nächsten sechs Jahren treu und erfolgreich nach.

      IN PRÜFUNGSREICHEN ZEITEN GLAUBEN BEWIESEN

      Der neue Zweigaufseher, Henry Ancketill, übernahm seine Pflichten zu einer schwierigen Zeit. In Amerika befanden sich die Beamten der Gesellschaft im Gefängnis, das Zeugniswerk war abgeflaut, und es wurden einige Untreue offenbar. Das war besonders in Durban der Fall. Die Streitigkeiten und Schwierigkeiten, die kurz nach dem Tode Pastor Russells begonnen hatten, hatten die ganze Zeit über zugenommen und erreichten nun unter der Führung eines Mannes namens Jackson, der sehr hoch von sich und seinen Fähigkeiten dachte, einen Höhepunkt. Er und zwei andere, Pitt und Stubbs, waren anscheinend die Rädelsführer des Widerstandes.

      Im Jahre 1919 entstand eine Spaltung, und eine große Gruppe, ja die Mehrheit derer, die die Zusammenkünfte besuchten, widersetzten sich und beschlossen, ihre eigenen Zusammenkünfte getrennt abzuhalten. Sie nannten sich „Associated Bible Students“ (Vereinte Bibelforscher) und gründeten eine eigene Organisation. Dadurch blieb nur eine Gruppe von zwölf Personen zurück, die meisten davon waren Schwestern. Henry Myrdal befand sich damals in einer schwierigen Lage, da sich sein Vater der Opposition anschloß, während seine Mutter der Watch Tower Society treu blieb. Er dachte jedoch sorgfältig darüber nach und betete und kam zu dem weisen Schluß, die Gesellschaft müsse das vom Herrn gesegnete Werkzeug sein, und daher folgte er seiner Mutter.

      Immer mehr Afrikaans sprechende Menschen kamen zu einer Erkenntnis der Wahrheit. Willem Fourie ist einer von ihnen. Er war ein Neffe von Stoffel Fourie, der zusammen mit Frans Ebersohn die Wahrheit in Klerksdorp kennengelernt hatte. Ja, sein Vater hatte um das Jahr 1906 ein Exemplar des Buches Der göttliche Plan der Zeitalter in Niederländisch erhalten und hatte erkannt, daß die Religionen der Welt falsch sind. Willem Fourie erfuhr, daß Japie Theron, der Rechtsanwalt aus Koster, mit der Geistlichkeit debattiert und sie auf eine besondere Weise herausgefordert hatte: Er würde ihnen 1 000 £ (2 800 $) zahlen, wenn sie aus der Bibel beweisen könnten, daß die Seele unsterblich sei. Damals war Fourie noch ein Mitglied der Niederländischen Reformierten Kirche, und da sie dringend Geld brauchten, um eine neue Kirche zu bauen, wurde ihr predikant („Prediger“) gefragt, ob er nicht diese Herausforderung annehmen wolle. Doch er weigerte sich, und das enttäuschte Fourie, der später die Kirche verließ. Um das Jahr 1919 erhielt er Watch-Tower-Schriften, studierte sie sorgfältig und erkannte, daß sie die Wahrheit enthielten. Es dauerte nicht lange, und auch er beteiligte sich am Predigtdienst.

      Erinnerst du dich noch an die beiden Schuljungen in Nylstroom, die eine große Sensation verursachten, als sie jedem erzählten, die Kirchenlehre über die Hölle sei falsch? Sowohl Paul Smit als auch der andere Junge erlebten, daß ihnen ihre besten Freunde die „kalte Schulter“ zeigten. Einige Zeit später erhielt Pauls Freund eine Stelle durch das Schulamt, und er wurde sehr unter Druck gesetzt, seine Religion aufzugeben. Er erlag der Versuchung. Paul vergoß viele Tränen über den Verlust seines Gefährten, aber er betete unablässig zu Jehova, und durch seine unverdiente Güte geriet er hinsichtlich der Wahrheit nie ins Wanken. Er predigte beharrlich, indem er Gelegenheitszeugnis gab und Schriften an andere auslieh. Er war so isoliert, daß er gar nicht erkannte, daß es eine Organisation gab, und er mußte sich völlig auf Jehova verlassen, um Hilfe und Leitung zu erhalten. Ein wenig später wurde er von Bruder Piet de Jager und anderen Kolporteuren besucht. Welch eine wunderbare Hilfe müssen diese persönlichen Besuche in diesen Tagen für ihn doch gewesen sein!

      Obwohl Paul Smit ganz neu und noch jung war, wurde er von Jehova in Form von „Empfehlungsbriefen“ gesegnet (2. Kor. 3:1-3). Sein erster „Empfehlungsbrief“ war der Sohn eines benachbarten Farmers, der die Wahrheit annahm. Im Jahre 1922 richtete Paul bei einer Familie namens Vorster ein Bibelstudium mit Hilfe des Buches Die Harfe Gottes ein, das gerade veröffentlicht worden war. Die Vorsters waren eine siebenköpfige Familie, und sie lebten sechs Kilometer von den Smits entfernt. Paul ging diese Strecke über die Felder zu ihrer Farm jede Woche zu Fuß. Im Laufe der Zeit wurden die Eltern und einer der Söhne Zeugen Jehovas. Bis 1924 war es Paul gelungen, eine ansehnliche Gruppe von 13 Personen in Nylstroom zu organisieren, und das war die erste Klasse oder Gruppe im Norden Transvaals.

      Doch was tat sich in Zentralafrika, in Njassaland? M. Nguluh lebte zu jener Zeit in Njassaland, und er war ein Prediger der presbyterianischen Kirche. Doch wie er erzählt, predigten nach dem Ersten Weltkrieg Interessierte in Njassaland eifrig die Wahrheit, und ungefähr zu jener Zeit, im Jahre 1920, erhielt er das Buch Millionen jetzt Lebender werden nie sterben! Er sagt: „Das erschütterte mich als Prediger in meinem Verständnis der Bibel.“

      Ein anderer Mann, der etwa zur gleichen Zeit in Njassaland die Wahrheit kennenlernte, war ein junger Afrikaner namens Junior Phiri. Seine Taufe mußte jedoch geheimgehalten werden, da es die Furcht und der Argwohn der Menschen gegenüber unorthodoxen Sekten, ausgelöst durch den Aufstand John Chilembwes im Jahre 1915, immer noch erschwerten, gewisse religiöse Tätigkeiten fortzusetzen. Nachdem Junior getauft worden war, schüttelte einer der Brüder seine Hand, warnte ihn, daß er von nun an in Gefahr sei, und sagte ihm, daß er aber weiterhin im Namen Jesu wandeln müsse.

      Bruder Phiri stieß auf heftigen Widerstand von seiten der dort ansässigen Baptistengeistlichen, die den Häuptling dazu bewogen, ihn zu verhaften und vor den Friedensrichter bringen zu lassen, wo er angeklagt wurde, der verbotenen Sekte John Chilembwes anzugehören. Als ihn der Friedensrichter fragte, warum er die Baptistenreligion aufgegeben habe, erklärte er, er sei nicht mit der Lehre über die Toten einverstanden, und er fragte den Friedensrichter, wie er über diese Lehre denke. Der Friedensrichter sagte: „Soweit ich sehe, sind die Toten in den Gräbern.“ Junior stimmte ihm zu und zitierte Johannes 3:13, und das machte einen guten Eindruck auf den Friedensrichter, der den Text in seiner eigenen Bibel nachlas. Junior versicherte dem Friedensrichter, er sei kein Anhänger der Sekte John Chilembwes, sondern er gehöre zu der Religion, die „International Bible Students Association“ genannt werde. Zur großen Überraschung und Enttäuschung der Baptistenführer wurde er freigelassen.

      Reisen wir nun von Njassaland aus 3 500 Kilometer nach Süden, in die Kapprovinz von Südafrika, um zu sehen, wie es der farbigen Gruppe in Franschhoek erging. Zu dieser Zeit wurde die dortige Niederländische Reformierte Kirche auf die neue und eifrige Gruppe aufmerksam und begann Schritte gegen sie zu unternehmen. Ein Schulkamerad des jungen Bruders Daniels namens van Niekerk, ein verheißungsvoller Bibelforscher, wurde ein fähiger Schullehrer und erhielt ein gutes Stellenangebot unter der Bedingung, daß er und seine Familie wieder der Niederländischen Reformierten Kirche beitreten würden. Sie gaben diesem Druck nach und kehrten in die „geistige Gefangenschaft“ zurück. Als später van Niekerk von dort fortzog, wurde Daniels das gleiche Angebot gemacht, aber er lehnte ab. Von da an setzte Verfolgung ein, und sie wurde so heftig, daß die Familie schließlich fortziehen mußte. Die Gegner ließen sie jedoch nicht in Ruhe. Eines Nachts kamen sie zum Haus der Familie Daniels und erklärten, wenn sie nicht parieren würden, würde man Hexerei anwenden, um die ganze Familie auszurotten. Als Antwort zitierte Daniels eine Hymne, die sich auf Psalm 23 stützte, und sagte, er vertraue auf Jehovas Schutz.

      Danach nahmen Haß und Widerstand zu, und die Brüder konnten abends nicht mehr allein aus dem Haus gehen. Ihnen wurden alle möglichen Namen angehängt wie „Russelliten“, „van Diemens Seelenlose“, „falsche Propheten“ und dergleichen. Aber die Brüder blieben standhaft. Sie erlebten die Erfüllung dessen, was Jesus hinsichtlich seiner wahren Diener gesagt hatte, nämlich: „Ihr werdet um meines Namens willen Gegenstand des Hasses aller Menschen sein“ (Luk. 21:17).

      NEUES ZWEIGBÜRO

      In dieser Zeit (1923) wurde das Zweigbüro in die Lelie Street 6 verlegt, wo es nur einen einzigen großen Raum im Erdgeschoß gab. Die Versammlung Kapstadt nahm etwa 95 Prozent des Raumes für ihre Zusammenkünfte in Anspruch, und Bruder Ancketill benutzte eine kleine abgetrennte Ecke hinten im Zimmer als Büro. Im folgenden Jahr, 1924, zog die Versammlung in größere Räumlichkeiten um. Nun wurde in der Nähe der Eingangstür ein Büro abgeteilt, und der Versand, das Lager und die Druckerei befanden sich im hinteren Teil des Raumes. Es wurden Regale aufgestellt, und so wurde Platz für die Druckmaschine geschaffen, die später eintraf.

      ENTWICKLUNGEN IN JOHANNESBURG

      Wir wollen nun sehen, wie es in Johannesburg weiterging, wo Bruder Johnston einige Jahre zuvor die erste Klasse gegründet hatte. Schwester Iris Tutty aus Johannesburg war fünf Jahre alt, als sie sich zum erstenmal an der Verbreitung von Traktaten beteiligte, die sie unter die Haustüren steckte. Sie erinnert sich auch daran, daß sie stundenlang am Schreibtisch ihrer Mutter stand und zusah, wie ihre Mutter bei Todesfällen, Geburten, Hochzeiten und anderen besonderen Anlässen Briefe und Karten an die verschiedenen „Geschwister“ schrieb. Schwester Tuttys Mutter tat dies, da sie die Sekretärin der „Philadelphia League“ war, die Bruder Russell eingerichtet hatte, damit die Brüder und Schwestern in ihren Freuden und Sorgen durch das Band brüderlicher Liebe miteinander verbunden blieben.

      In gesellschaftlicher Hinsicht gab es zwischen den Weißen und den Schwarzen nur sehr wenig Kontakt, obwohl damals die strengeren Gesetze in bezug auf Apartheid noch nicht erlassen worden waren. Aber dadurch wurde das Zeugniswerk nicht behindert. 1921 half Schwester Tuttys Mutter einem afrikanischen Bruder, Enoch Mwale, die Wahrheit kennenzulernen, und im Jahr darauf beteiligte er sich am Predigtdienst. Bruder Mwale studierte eine Zeitlang mit den europäischen Brüdern, und später gründeten die afrikanischen Brüder ihre eigene Gruppe, nachdem sie Die Harfe Gottes erhalten hatten.

      DER „MILLIONEN“-FELDZUG

      Im Jahre 1921 setzte die Gesellschaft einen groß angelegten Vortragsfeldzug in Gang, der sich über mehrere Jahre erstreckte. Der berühmte Vortrag „Millionen jetzt Lebender werden nie sterben!“, den Bruder Rutherford als erster im Februar 1918 gehalten hatte, wurde nun überall in Südafrika gehalten. Bruder Ancketill, der Zweigaufseher, besuchte zusammen mit Bruder Piet de Jager, der damals im Vollzeitdienst war, und einem englisch sprechenden Bruder namens Parry Williams alle größeren Städte Südafrikas, und sie hielten diesen Vortrag in Englisch und in Afrikaans. Sie erzielten ausgezeichnete Ergebnisse. Beim ersten Vortrag, der im Kapstädter Opernhaus stattfand, waren 2 000 Personen anwesend. Es wurde eine beträchtliche Menge Literatur abgegeben, und viele bekundeten Interesse. Diese Vorträge fanden in Niederländisch und Englisch statt, und das Millionen-Buch wurde in Englisch, Deutsch und Afrikaans verbreitet. Auf dieser ausgedehnten Vortragsreise im Jahre 1921 besuchten die Brüder Bulawayo und Salisbury in Südrhodesien (jetzt Rhodesien).

      Große und kleine Zuhörermengen hörten den Vortrag. „Wir reisten Hunderte von Kilometern, um in Städten zu sprechen, in denen schließlich nur etwa achtzig die englischen und etwa genauso viele die niederländischen Vorträge besuchten“, schrieb Bruder Parry Williams. Gemäß einem Bericht vom 31. August 1923 hielten Bruder P. J. de Jager und William Dawson — der eine wurde als Vortragsredner und der andere als Kolporteur aufgeführt — im Laufe des Jahres 70 Vorträge. Das war ein Durchschnitt von fast 6 Vorträgen pro Monat, und insgesamt hatte man 9 376 Zuhörer gezählt. Außer dem berühmten Vortrag „Millionen jetzt Lebender werden nie sterben!“ wurden eine Anzahl anderer Vorträge gehalten mit solch aufrüttelnden Themen wie „Die Auferstehung steht bevor“, „Die neue Welt ist da“ und „Alle Nationen marschieren nach Harmagedon“. Mit Hilfe der Anschriften, die nach jedem Vortrag abgegeben wurden, machten sie 2 483 Hausbesuche und ließen Tausende von Schriften zurück.

      Die Kirchen der Christenheit begannen die direkte Hitze der Botschaft zu verspüren. „In der Tat“, heißt es im Jahresbericht für 1923, „in einer Stadt mußte aufgrund der durchdringenden Wirkung unserer Botschaft eine ganze apostolische Kirchengemeinde geschlossen werden, und das erfreute das Herz aller mit dem Werk Verbundenen. Ein Schreiber des ,Kerkbode‘, einer niederländischen Kirchenzeitung, machte der I.B.S.A. [Internationale Bibelforscher-Vereinigung] neulich ein Kompliment, indem er erklärte, er stimme zwar nicht mit unseren Lehren überein, doch müsse er gegenüber den Anhängern der Niederländischen Reformierten Kirche den Eifer der Nachfolger der I.B.S.A. loben.“

      KOLPORTEURWERK

      Das Pionierwerk oder Kolporteurwerk, wie es damals genannt wurde, nahm ebenfalls Formen an. Im Jahre 1923 waren sechs Personen als Vollzeitprediger tätig, und sie hatten den größten Anteil am Zeugniswerk im Land, denn die anderen Brüder und die interessierten Personen gaben hauptsächlich Gelegenheitszeugnis. Einer dieser Vollzeitarbeiter war Bruder Edwin Scott, der beauftragt wurde, gedruckte Exemplare der Resolution zu verbreiten, die im September 1922 auf dem internationalen Kongreß in Cedar Point (Ohio) angenommen worden war. 35 000 000 Exemplare des Traktats wurden in der ganzen Christenheit verbreitet. Dieser treue Bruder trug einen Sack voller Traktate in Englisch und Afrikaans auf seinem Rücken und hielt einen Stock in der Hand, um sich vor wilden Hunden zu schützen. Er besuchte 64 Städte in den 4 Provinzen Südafrikas und verbreitete in 6 Monaten 50 000 Exemplare. Darüber hinaus wurde das Traktat an Geistliche jeder Glaubensgemeinschaft in Südafrika und Rhodesien versandt. „Verkündet, verkündet, verkündet den König und sein Königreich!“ — das war der Kampfruf, den Bruder Rutherford bei jenem berühmten Kongreß im Jahre 1922 erschallen ließ, und die Handvoll Brüder in Südafrika waren entschlossen, genau das zu tun.

      Anfang 1923 nahmen zwei junge Schwestern, die seit einiger Zeit der Ekklesia (Versammlung) Johannesburg angehörten, den Vollzeitdienst auf. Es waren Lenie Theron (die leibliche Schwester von Bruder Theron, dem Rechtsanwalt aus Koster) und Elizabeth Adshade. Sie gaben ihren Beruf als Lehrerinnen auf und arbeiteten zusammen als Kolporteure. Auf einer dreimonatigen Reise durch den Norden Natals und durch Transvaal gaben diese beiden Schwestern 3 188 Bücher ab, jede etwa 500 Bücher pro Monat! In dem Brief einer der Schwestern, der im englischen Wacht-Turm vom 1. Januar 1924 veröffentlicht wurde, hieß es auszugsweise:

      „Ich scheine immer mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs gewesen zu sein und habe alle möglichen Züge genommen. ... Oft bin ich spät in der Nacht an einer einsamen Station eingetroffen, da der Zug sich verspätet hatte; doch wie der Herr verheißen hat, läßt er einen nie im Stich. Bei jeder Gelegenheit hat er es jemandem ins Herz gegeben, mir zu helfen. Seine treue Fürsorge zu verspüren stärkt den Glauben und vertieft die Liebe.

      Eines Tages, nachdem ich nochmals den begeisternden Artikel ,Dienst nötig‘ gelesen hatte, war ich so aufgeregt, daß ich nicht einschlafen konnte. Schließlich stand ich auf, breitete die Landkarte aus und entdeckte, daß wir Barberton und einige andere Orte ausgelassen hatten, die etwas abseits unserer Route lagen. Sogleich beschloß ich, daß wir sie nicht übergehen dürften. Ich sagte dies meiner Begleiterin und wir beschlossen, daß sie dorthin gehen sollte, während ich mein Gebiet fertig bearbeiten würde. Als nächstes besuchte ich einen sehr kleinen Ort; ich sprach nur bei 18 Personen vor, konnte aber 49 Bände [der Schriftstudien], 16 Millionen-Bücher und 18 große Harfen-Bücher abgeben. Ich hatte in der Nacht davor sehr wenig geschlafen, nur drei Stunden, denn ich hatte mich mit einigen sehr interessierten Personen bis 23.30 Uhr unterhalten und dann bis 2 Uhr früh gepackt und war dann bald wieder auf den Beinen, um gegen 5.30 Uhr den Zug zu erreichen. Ich würde Euch gern all die kleinen Erfahrungen erzählen, die wir machen, und wie uns unser Heiland offensichtlich führt; aber ich habe einfach nicht die Zeit dazu.“ Ist das nicht ein wunderbares Beispiel für uns heute?

      WICHTIGE ÄNDERUNGEN IN KAPSTADT

      Überall und in vieler Hinsicht machte das Werk Fortschritte. Aber für Bruder Ancketill in Kapstadt, der an Jahren schon weit vorgerückt war, war die Last des Werkes sehr schwer. Daher beschloß der Präsident der Gesellschaft, Bruder Rutherford, einen neuen Zweigaufseher nach Südafrika zu schicken. Bruder Ancketill hatte gute Arbeit geleistet und während einer schwierigen Zeit der Entwicklung des Werkes die Stellung gehalten. Doch jetzt zogen weitere dunkle Wolken über die Gebiete Südafrikas herauf. Bruder Ancketills Nachfolger sollte mit dieser Situation fertig werden.

      Im Jahre 1924 gab es einige wichtige Änderungen in Kapstadt. Die Gesellschaft hatte eine neue Druckmaschine und die dazugehörige Ausrüstung dorthin geschickt. Es trafen weitere Brüder aus England ein. Einer von ihnen war Thomas Walder, der eine Zeitlang stellvertretender Zweigaufseher im britischen Zweig gewesen war. Er war ein junger Mann von etwa dreißig Jahren, blond und stämmig, und er war geschickt worden, um Bruder Henry Ancketill als Zweigaufseher von Südafrika zu ersetzen. Sein Begleiter, George Phillips, der ein paar Jahre jünger war, war ein großer, blonder Schotte aus Glasgow.

      Als Bruder Rutherford im Mai 1924 einen Kongreß in Glasgow besuchte, war George Phillips am Sonntagmorgen sein Vorsitzender. Während sie zusammen dasaßen und die Zeit abwarteten, auf die Bühne zu gehen, sagte Bruder Rutherford zu George: „Du hast gehört, daß ich gestern abend angekündigt habe, ich werde Bruder Walder nach Südafrika schicken. Würdest du gern mit ihm gehen?“ Die Antwort war: „Hier bin ich, sende mich.“ So erhielt George zwei Wochen Zeit, seine Koffer zu packen, seinen Angehörigen und den Brüdern in Glasgow auf Wiedersehen zu sagen und sich auf die Reise vorzubereiten. Bruder Rutherford sagte ihm auch: „Es kann für ein Jahr sein, vielleicht auch ein bißchen länger. Denke daran, George, in einem Kriegszug gibt es keinen Urlaub. Du wirst nur die Hinfahrt buchen.“

      Als diese beiden neuzugeteilten Brüder in Südafrika eintrafen, gab es nur 6 Vollzeitprediger dort, und knapp 40 beteiligten sich ein wenig am Predigtdienst. Das Gebiet aber war überwältigend groß. Es umfaßte Südafrika, Basutoland, Betschuanaland, Swasiland, Südwestafrika, Nord- und Südrhodesien, Njassaland, Moçambique, Tanganjika, Kenia, Uganda, Angola und verschiedene Inseln im Indischen und Atlantischen Ozean, wie zum Beispiel St. Helena, Madagaskar und Mauritius.

      Bald traf aus Brooklyn eine kleine Tiegeldruckpresse mit Handanlage ein. Unter der Anleitung eines Bruders aus Kapstadt, der Drucker war, machten Bruder Walder und Bruder Phillips eine auf fünf Monate verkürzte Lehre mit, die sonst fünf Jahre dauert. Schon nach kurzer Zeit stellte die kleine Presse Tausende von Handzetteln, Traktaten und Dienstformularen her. Außerdem wurden Schriften in Afrikaans und in verschiedenen afrikanischen Sprachen vorbereitet. Als ein Bruder im Oranjefreistaat, ein Farmer namens Izak Botha, hörte, daß das Buch Die Harfe Gottes in Afrikaans übersetzt werde, spendete er sogleich 500 £ (1 400 $) für das Drucken des Buches.

      SCHWIERIGKEITEN KOMMEN AUF

      Mit das erste, was Bruder Walder, der neue Zweigaufseher, tat, war, daß er sich um das Werk in Rhodesien (Nord- und Südrhodesien) und auch in Njassaland kümmerte. In diese Gebiete war bereits Literatur der Gesellschaft gelangt, obwohl die Lage in jenem Teil Afrikas unsicher war.

      Es ist heute schwierig, sich ein genaues Bild davon zu machen, was Anfang der zwanziger Jahre wirklich in Rhodesien vor sich ging. Jedenfalls war die Geistlichkeit der Christenheit ziemlich beunruhigt. In der Zeitung The Rhodesia Herald vom 6. Juni 1924 erschien ein ausführlicher Bericht über eine Missionarkonferenz in Südrhodesien, auf der die „Watchtower-Bewegung“ und die Watch Tower Bible and Tract Society diskutiert wurden. Wie der Zauberer Elymas, der ‘die rechten Wege Jehovas verdrehte’, um die christliche Tätigkeit des Apostels Paulus zu behindern, erhob die Geistlichkeit der Christenheit falsche Anklagen gegen Jehovas neuzeitliche christliche Zeugen (Apg. 13:6-12). Ein Geistlicher, C. E. Greenfield, beschuldigte die Watch Tower Society, einen „kirchlichen Bolschewismus“ zu propagieren. Er sagte, diese Propaganda käme aus Rußland, und fragte, ob sie in Afrika geduldet werden solle. Er legte daher folgende Resolution vor: „... daß nach der Meinung dieser Konferenz der Missionare Rhodesiens die Lehre der Watch Tower Bible and Tract Society die wahre Religion der Kirche und das Gesetz des Staates untergräbt und als solche unter den Eingeborenen dieses Landes eine besondere Gefahr darstellt; daß die Regierung daher aufgefordert wird, die Tätigkeit dieser Gesellschaft zu überwachen und in Schranken zu halten.“

      Andere sprachen sich für die Annahme dieser Resolution aus. Der Direktor der Kohlengrube von Wankie (in Südrhodesien), Mr. Thomson, beschrieb, wie Gruppen von 20 oder 30 Personen in einem Teich getauft worden wären. Versuche, die Bewegung zu überwachen, hätten zu einer großen Zunahme an Bekehrten geführt, die damals etwa 1 500 gezählt haben sollen. Greenfield sagte, die Propaganda verheiße den Umsturz der Macht des weißen Mannes. Die Konferenz nahm die Resolution fast einstimmig an.

      Damals war es ein beliebter Trick der Missionare und Geistlichen, mit dem Schreckgespenst des Kommunismus zu drohen. Obwohl wir die Verweise auf Rußland und den Bolschewismus mit Vorbehalt aufnehmen, ist es jedoch unsicher, ob diese 1 500 Anhänger in Wankie, die behaupteten, zum Watch Tower zu gehören, unsere Brüder waren oder Mitglieder einer der falschen „Watchtower-Bewegungen“. Der Bericht zeigt jedoch, daß der Name „Watchtower“ im Jahre 1924 in Rhodesien gut bekannt war und daß die Sache der Klärung bedurfte.

      Daher reiste Bruder Walder gegen Ende des Jahres 1924 nach Rhodesien und sprach bei Regierungsbeamten in Nord- und auch in Südrhodesien vor, um herauszufinden, was unter dem Namen „Watchtower“ alles vor sich ging. Er erfuhr von den Beamten genug, um erkennen zu können, daß sofort etwas unternommen werden mußte, um diejenigen, die aufrichtig an unserem Werk interessiert waren, von denen zu trennen, die den einheimischen Bewegungen angehörten. Im folgenden Jahr, 1925, wurde William Dawson, ein europäischer Bruder, aus Südafrika dorthin geschickt. Er besuchte alle verantwortlichen Stellen in Süd- und Nordrhodesien, die behaupteten, etwas mit der Watch Tower Society zu tun zu haben.

      Aus dem Bericht dieses Bruders geht hervor, daß die große Mehrheit dieser Menschen kein richtiges Verständnis der Wahrheit hatte, wie sie in den Schriften der Gesellschaft dargelegt wurde. Andererseits waren einige aufrichtig interessiert, und diese benötigten guten Beistand und Anleitung. Sogleich erklärte Bruder Walder in Kapstadt, daß die einheimischen Bewegungen, die den Namen der Gesellschaft mißbrauchen würden, nicht anerkannt werden könnten, und die betreffenden Regierungen wurden davon unterrichtet. Er schickte Briefe an die verantwortlichen Behörden in Rhodesien und Njassaland, in denen er deutlich erklärte, die Gesellschaft übernehme keine Verantwortung für die falschen Bewegungen, die religiöse Elemente mit der Gesellschaft in Verbindung brächten.

      Etwa zu der Zeit, in der Bruder Dawson Rhodesien besuchte, versetzte ein Mann namens Mwana Lesa die Afrikaner in Nordrhodesien in Furcht und Schrecken. Mwana Lesa (was „Sohn Gottes“ bedeutet) war ein Afrikaner aus Njassaland; sein eigentlicher Name war Tom Nyirenda, und er war über den Kongo nach Nordrhodesien gekommen. In Berichten wird er als ein Anhänger einer der einheimischen „Watchtower-Bewegungen“ bezeichnet, der sich selbst zum Propheten gemacht habe. Gemäß einem Bericht von Scott Lindberg in der Sunday Times vom 1. Juli 1934 bekam er eines Tages Foxes Book of Martyrs in die Hand. Aus diesem Buch erfuhr er, wie die Weißen in alter Zeit „Hexen“ auf einem Tauchstuhl festbanden und sie ertränkten. Das machte offensichtlich großen Eindruck auf ihn. Er reiste von Dorf zu Dorf, predigte und erzählte den Eingeborenen, „daß Afrika den Afrikanern gehört und daß der weiße Mann hinausgejagt werden muß“.

      Nyirenda tat sich dann mit Chiwila zusammen, einem Häuptling aus Lala (dem südöstlichen Teil des heutigen Kupfergürtels). Die beiden machten aus, daß Nyirenda Chiwilas politische Feinde aus dem Weg schaffen sollte, indem er sie als „Hexen“ bezeichnen und sie bei der Taufe ertränken würde, damit Chiwila die Wahl zum König gewinnen könnte. Mr. Lindberg schreibt: „Tom wurden darauf die Namen aller Feinde Chiwilas mitgeteilt. Er rief die Häuptlinge zusammen und erzählte ihnen, er sei von Gott gesandt worden, um den Stamm von der Hexerei zu reinigen, und daher müsse jeder Mann, jede Frau und jedes Kind im Fluß getauft werden.

      Die abergläubischen Eingeborenen wurden an einen Platz gelockt, wo sich ein schnell fließender Fluß seinen Weg zwischen den Hügeln durch eine gewundene Schlucht bahnte, und dort, auf einem Felsblock mitten im Fluß, stand Tom, mit einem langen weißen Gewand bekleidet.

      Er erzählte den Leuten, Gott habe ihn gesandt, um die Schafe von den Böcken zu trennen. Er taufte dann jeden durch Untertauchen im Fluß, und das mit der Hilfe der Anhänger Chiwilas, die ihre Feinde mit dem Kopf stromaufwärts unter Wasser tauchten, bis sie ertränkt waren.

      Die Leute sangen Hymnen, während sie auf jedes leblose Opfer starrten, und die ganze Nacht widerhallte der Wald von den wahnsinnigen Reden Mwana Lesas.

      Nachdem in jener Nacht 22 Eingeborene ertränkt worden waren, beschloß Tom, die Grenze zu überqueren und sich in Belgisch-Kongo in der Provinz Katanga niederzulassen, wo ihn die rhodesischen Behörden nicht fassen konnten.“

      KLÄRUNG UND HILFE NÖTIG

      Im Kongo beging Tom Nyirenda weitere Grausamkeiten, bevor er von der nordrhodesischen Polizei verhaftet, verhört, verurteilt und auf dem Gefängnisplatz von Broken Hill vor den Augen der Eingeborenenhäuptlinge gehängt wurde. Diese teuflischen Taten wurden mit dem Namen „Watch Tower“ in Verbindung gebracht. Aber Mwana Lesa stand in keiner Hinsicht irgendwie mit der Watch Tower Bible and Tract Society oder den Bibelforschern, wie Jehovas Zeugen damals genannt wurden, in Verbindung. Im Gegenteil! Mr. Lindberg berichtete, daß Tom Nyirenda „in die römisch-katholische Kirche aufgenommen worden war und im Gefängnis die Absolution erhalten hatte“, bevor er hingerichtet wurde. Trotzdem taten die Feinde des Königreiches Gottes, die Geistlichen der Glaubensgemeinschaften der Christenheit, ihr Bestes, um die Schuld dafür der echten Watch Tower Bible and Tract Society anzuhängen und bei den Behörden und der Öffentlichkeit gegen uns ein Vorurteil zu erwecken, damit die Zeugen aus dem Land ferngehalten würden. Wir können uns daher vorstellen, welche riesigen Hindernisse überwunden werden mußten, bis das Königreichswerk in Nordrhodesien fest Fuß fassen konnte.

      Auch in Njassaland mußte unsere Position klargestellt und den Interessierten mußte geholfen werden. Im Wacht-Turm vom 15. Februar 1924 lesen wir folgenden Bericht von dem Vertreter der Gesellschaft: „Ich empfing kürzlich einen Besuch von Major ..., oberster Polizeikommissär. Er ist ein trefflicher Mann, ein moderner Gamaliel. Er hat unser Werk in Nyassaland eingehend geprüft. Er empfindet nichts als Ekel über die erstaunlich böswilligen Lügen, die über uns von der Geistlichkeit verbreitet und ihm von der Geistlichkeit erzählt wurden. Er erklärte, daß er sich verkleidet habe und so zu unseren Versammlungen unter den Eingeborenen gekommen sei. Er ist mit allen Führern der Eingeborenen persönlich bekannt. Er sagte mir, daß die Wahrheit sich wie ein Lauffeuer unter den Eingeborenen verbreitet.“

      Jedenfalls war es gut, daß die Gesellschaft John Hudson und seine Frau im Jahre 1925 nach Njassaland sandte, um die Lage zu überprüfen und einiges zu organisieren. Sein Besuch war sehr nützlich. John Hudson berichtet, daß er in den 15 Monaten seines Aufenthalts in Njassaland durch viele Teile des Landes gereist sei und an vielen Orten Vorträge gehalten habe. Er stellte fest, daß die meisten Brüder nur sehr wenig Kenntnis oder Verständnis der Wahrheit hatten. In seinen Vorträgen bemühte er sich, ihnen die Wichtigkeit vor Augen zu führen, mit der Gesellschaft in Verbindung zu bleiben und ihre Leitung und Führung anzuerkennen.

      Bruder Junior Phiri sagt auch, daß ihm Bruder Hudson den Rat gegeben habe, daß Ehemänner in den Zusammenkünften bei ihren Frauen sitzen sollten. Im afrikanischen Stammesleben ißt der Ehemann nämlich nicht mit seiner Frau zusammen, und wenn die Familie in die Kirche oder zu religiösen Zusammenkünften geht, sitzen die Männer auf der einen Seite des Mittelganges und die Frauen auf der anderen; Bruder Hudson scheint den Interessierten in Njassaland in dieser Hinsicht also guten Rat gegeben zu haben.

      Doch wie Bruder M. Nguluh erzählt, sagten sich einige Gruppen: „Wir lassen uns nicht von Leuten aus Kapstadt belehren, sondern wir werden das tun, was wir für richtig halten.“ Bruder Hudsons Besuch muß daher eine Spaltung verursacht haben zwischen denen, die bereit waren, der Leitung der Gesellschaft zu folgen, und denen, die nicht dazu bereit waren. Unglücklicherweise bestanden diejenigen, die nicht bereit waren, der Leitung der Gesellschaft zu folgen, immer noch darauf, den Namen „Watch Tower“ zu gebrauchen, und offensichtlich war einer der Hauptführer ein Mr. Willie Kavala. Eines der besonderen Merkmale dieser Bewegung war, daß ihre Anhänger nicht an die Auferstehung der Toten glaubten. Bruder Nguluh sagt, diese falschen Elemente hätten sich geweigert, Steuern zu zahlen, und hätten behauptet, sie seien die Herrscher des Königreiches Gottes.

      Nachdem Bruder Hudson einen Bericht über seinen Besuch eingesandt hatte, schickte das Büro der Watch Tower Society in Kapstadt einen Brief an die Regierungsbehörden in Njassaland. Auszugsweise hieß es darin:

      „Im Namen der obengenannten Gesellschaft möchte ich Ihnen mitteilen, daß wir unsere Beauftragten aus Njassaland zurückberufen haben ... Der Grund, warum wir Mr. und Mrs. Hudson nach Njassaland geschickt hatten, waren die Aktivitäten gewisser einheimischer ,Watch-Tower‘-Kirchen von eigenen Gnaden. Diese Bewegung können wir nicht gutheißen. Sie verdreht völlig die Lehren der Gesellschaft, und im allgemeinen zeigen ihre Anhänger keine Bereitschaft, sich irgendeiner Anleitung von uns zu unterwerfen. Wir sagen uns daher vollständig von ihnen los.“

      Eine Zeitlang mußten sich nun diejenigen, die aufrichtig an der Wahrheit interessiert waren, ohne die Anleitung eines Vertreters der Gesellschaft in Njassaland selbst durchkämpfen. Welche Fortschritte machte unterdessen die Wahrheit in Südafrika, wo sich die Brüder ungehindert der Leitung der Organisation erfreuten?

      HILFE FÜR AFRIKANER IN SÜDAFRIKA

      In Johannesburg kamen weitere Afrikaner zu einer Erkenntnis der Wahrheit, und die gute Botschaft breitete sich zu denjenigen aus, die in den Siedlungen und in den Bergwerkslagern (Wohnheime für Afrikaner) lebten. Einer von ihnen war Yotham Mulenga. Er erinnert sich, wie ein weißer Bruder mit dem Photo-Drama der Schöpfung in das Lager kam, in dem er wohnte. Dieser Besuch hinterließ einen tiefen Eindruck bei Bruder Mulenga, der den ersten Band der Schriftstudien kaufte und bald danach Zusammenkünfte in Johannesburg besuchte, wo er andere afrikanische Brüder traf.

      Damals halfen einige der dort ansässigen europäischen Brüder den Afrikanern. Einer von ihnen war Bruder V. Futcher, der damals stellvertretender Leiter des Lagers war. Er half vielen Afrikanern, die Wahrheit anzunehmen. Darunter war Albino Mhelembe aus dem Süden Moçambiques. Er kam im Jahre 1925 durch die Predigttätigkeit von Bruder Futcher mit der Wahrheit in Berührung. Vor dem Ende des Jahres 1925 kehrte Mhelembe nach Lourenço Marques zurück, der Hauptstadt von Moçambique, und reiste dann weiter in seine Heimatstadt Vila Luisa. Dort predigte er Mitgliedern der Schweizer Missionskirche in Marracuene die Wahrheit. Mhelembe hatte guten Erfolg, und schon nach kurzer Zeit hatte die Wahrheit in Moçambique festen Fuß gefaßt. Bis zu 40 Personen besuchten die Zusammenkünfte, und einige von ihnen legten dabei oft 30 Kilometer zurück. Ja, das Königreichswerk hatte in einem weiteren Gebiet Wurzeln geschlagen.

      UNERSCHÜTTERT TROTZ VERFOLGUNG

      Die Hauptvertreter Groß-Babylons in Südafrika sind die Führer der Niederländischen Reformierten Kirche. Bei vielen Gelegenheiten haben sie erbittert die verfolgt, die für die Wahrheit einstanden, und sie haben sie an einem Ort nach dem anderen belästigt, geradeso wie es ungläubige Juden im ersten Jahrhundert mit den Aposteln Paulus und Barnabas taten (Apg. 14:2, 5-7, 19). Ein interessantes Beispiel dafür finden wir im Oranjefreistaat. Mitte der 1920er Jahre besuchten ein bekannter Rechtsanwalt und seine Frau einen Vortrag, den Bruder de Jager in der Stadt Boshof hielt. Beim öffentlichen Vortrag waren viele örtliche Würdenträger anwesend, und einige von ihnen begaben sich danach mit dem Redner in eine Teestube, um biblische Fragen zu stellen. Der Rechtsanwalt, Mr. Theo Denyssen, und seine Frau waren tief beeindruckt und nahmen Schriften entgegen. Im Laufe der Zeit gelangten sie zu der Überzeugung, daß dies die Wahrheit sei. Bald begannen sie Freunden und Verwandten Zeugnis zu geben, und dies löste sofort Widerstand von seiten des niederländisch-reformierten Ortsgeistlichen aus. Kurz darauf traten Bruder Denyssen und seine Frau aus der Kirche aus; gegen Ende des Jahres 1925 taten 3 ihrer Verwandten und 11 ihrer Freunde das gleiche, und ihre Austrittserklärungen wurden von der Kanzel aus vorgelesen.

      Bruder Denyssen war in diesem Teil des Oranjefreistaates sehr bekannt, und daher war sein Eintreten für die Wahrheit eine wahre Sensation. Auf diese Weise wurde ein großes Zeugnis gegeben. Im Jahre 1927 verschickten er und seine kleine Gruppe in Boshof etwa 10 000 Broschüren und andere Druckschriften mit der Post in weite Teile der Provinz, darunter die Resolution „Ein Zeugnis an die Herrscher der Welt“. Im April 1927 besuchte die gesamte Versammlung den nationalen Kongreß in Johannesburg, und nicht weniger als 13 von ihnen, darunter Bruder und Schwester T. C. Denyssen, wurden getauft. Um mit den Brüdern auf der ganzen Welt, die gerade anfingen, Sonntag morgens von Haus zu Haus zu gehen, Schritt zu halten, begann die kleine Gruppe, sich ebenfalls an diesem Dienstzweig zu beteiligen. Die Geistlichen der falschen Religion, die offenbar sehr besorgt waren, hielten in ihren Kirchen eine Serie von Predigten gegen den „Russellismus“. Später fand eine öffentliche Debatte zwischen einigen Brüdern und 3 Geistlichen statt; die Folge war, daß ein Polizeiwachtmeister unter den Zuhörern die Wahrheit erkannte und dafür eintrat. Er blieb bis zum Tode treu.

      Erzürnt über den Erfolg der Zeugen, wies der Ortsgeistliche in Boshof seine Diakone und Ältesten an, alle Kirchenmitglieder zu besuchen und ihnen zu befehlen, Bruder Denyssen ihre Unterstützung zu entziehen und seine Rechtsanwaltspraxis zu boykottieren. Gegen Ende des Jahres 1927 mußte die Familie Denyssen wegziehen, und sie zog nach Wellington, nicht weit von Kapstadt. Aber auch dort zettelte der Ortsgeistliche eine Verfolgungskampagne an, und so waren die Denyssens im folgenden Jahr gezwungen, nach Kapstadt zu ziehen.

      Was tat sich nun inzwischen in den nördlichen Territorien, wo die Situation unter den Afrikanern Anlaß zu großer Sorge gab? Im Jahre 1926 wurde George Phillips, der in Kapstadt im Zweigbüro arbeitete, zusammen mit Henry Myrdal nach Südrhodesien geschickt, um dort eine Rundreise zu machen. Sie wurden an der Grenze aufgehalten, und man teilte ihnen mit, sie dürften das Land nur betreten, wenn sie nicht unter den Afrikanern arbeiten würden. Es schien, daß die Behörden die bereits erwähnte Resolution der Missionarkonferenz angenommen und in Kraft gesetzt hatten.

      Bruder Phillips und Bruder Myrdal gingen auf dieser Reise folgendermaßen vor: Sie fuhren jeweils in ein Dorf oder in eine Stadt, mieteten einen Saal, druckten Einladungszettel mit ihrem eigenen kleinen Stempeldruckgerät und luden dann die Menschen ein zu kommen. Nach der Zusammenkunft notierten sie Namen und Adresse interessierter Personen und leisteten dann Nacharbeit mit den Schriftstudien und dem Buch Die Harfe Gottes. Fahrräder waren das einzige Transportmittel, das ihnen für diese Besuche zur Verfügung stand. Aber um von einer Stadt in die nächste zu kommen, fuhren sie mit dem Zug. Sobald sie an einem neuen Ort ankamen, trafen sie unweigerlich mit einem „Empfangskomitee“ der Polizei zusammen. Die Kriminalpolizei achtete sorgfältig auf diese beiden europäischen Beauftragten der Watch Tower Society. Sie besuchten Bulawayo, Que Que, Gatooma, Gwelo, Salisbury und Umtali. In Umtali nahmen Mr. und Mrs. Gunn die Wahrheit an. Die beiden Brüder machten auch einen Abstecher nach Wankie, dem Zentrum des Kohlenbergbaus. Während ihres Aufenthaltes dort kamen sie auch zu den in der Nähe gelegenen wunderschönen Victoriafällen, die zu den großartigsten Sehenswürdigkeiten der Erde gehören. Außerdem machten sie eine Führung durch ein Kohlenbergwerk. Doch sie hielten sich an die Einschränkungen, die ihnen die Polizei auferlegt hatte, und unternahmen keine Anstrengungen, mit den „Watchtower“-Afrikanern in Verbindung zu treten, die im Bergwerk arbeiteten. Nachdem sie mehrere Monate unterwegs gewesen waren, über 4 200 Schriften abgegeben und an verschiedenen Orten Interesse geweckt hatten, kehrten sie rechtzeitig nach Südafrika zurück, um gegen Ende Dezember des Jahres 1926 den jährlichen Kongreß in Kapstadt zu besuchen.

      EINE WEITERE ÄNDERUNG IN KAPSTADT

      In dem kleinen Zweigbüro unten in Kapstadt ging nicht alles so gut. Bruder Walder, der Zweigaufseher, hatte früher im britischen Zweigbüro gearbeitet und war daran gewöhnt, das verhältnismäßig große britische Gebiet zu beaufsichtigen und große Zusammenkünfte im alten Londoner „Tabernacle“ abzuhalten. Von dem Augenblick an, da er in Kapstadt eintraf, schien ihm alles völlig anders und so viel kleiner zu sein. In der kurzen Zeit, in der er in Südafrika Zweigaufseher war, gab es einige Fortschritte, aber für ihn waren sie zu langsam, und die Tatsache, daß alles so klein war, war eine Prüfung für ihn. Er verließ das Land gegen Ende 1927, nachdem er dreieinhalb Jahre dort gewesen war.

      Bruder Rutherford setzte unverzüglich dessen Gehilfen, George Phillips, als Nachfolger im Zweigbüro ein, und die Arbeit wurde fortgesetzt. Bruder Phillips war auf seine neue Verantwortung gut vorbereitet. Im Jahre 1927 war er bereits 13 Jahre im Vollzeitdienst tätig, und er hatte im Predigtdienst und im Büro viel Erfahrung gesammelt. Er besaß eine tiefe Wertschätzung für Jehovas Organisation, ein starkes Loyalitätsempfinden gegenüber der Gesellschaft, einen klaren Verstand und echten Kampfgeist — alles Eigenschaften, die ihm in der schwierigen Zeit, die bevorstand, gut zustatten kommen sollten.

      Das Werk in Südafrika wuchs bald beachtlich. Bruder Phillips hatte selbst in jungen Jahren den Vollzeitdienst aufgenommen, und sein ganzes Leben lang hat er andere ermuntert, die Freuden zu schmecken, Jehova als Pionier zu dienen. Es überrascht daher nicht, daß die Reihen der Kolporteure bald größer wurden.

      Wenn man liest, welche Arbeit sie leisteten, welche Ausdauer sie trotz Widerstandes zeigten und wie sie sich unermüdlich anstrengten, in neues Gebiet vorzudringen, muß man unweigerlich an die ähnlichen Erfahrungen der Apostel Jesu Christi denken, die im Bibelbuch Apostelgeschichte aufgezeichnet sind.

      ES KOMMT ZU GEWALTTÄTIGKEIT

      Unter den vielen Vollzeitdienern jener Tage waren Piet de Jager und Henry Myrdal, die sich inzwischen zusammengetan hatten und die gemeinsam durch das Land reisten, Vorträge hielten und dann auch die Interessierten wieder besuchten. Obwohl die Geistlichkeit an vielen Orten zum Widerstand aufhetzte und das Werk von der Kanzel aus oder durch die Presse angriff, kam es nur selten zu Gewalttätigkeit. Als jedoch Bruder de Jager und Bruder Myrdal in Dewetsdorp, einer kleinen Stadt im Oranjefreistaat, eintrafen, kam es zu gewalttätigem Widerstand. Wie üblich mieteten sie einen Saal, bereiteten mit ihrem kleinen Stempeldruckgerät die Handzettel vor und kündigten den Vortrag an. Sie hatten das Theater des Ortes gemietet, aber am Morgen des Tages, an dem der Vortrag gehalten werden sollte, teilte der Besitzer den Brüdern mit, er mache den Mietvertrag rückgängig. Der niederländisch-reformierte Geistliche hatte ihm angedroht, die Gemeinde werde das Theater boykottieren, wenn er zuließe, daß der Vortrag dort stattfinde.

      Das brachte die Brüder in eine schwierige Lage. Sie wandten sich jedoch an das Gemeindeamt und erhielten die Erlaubnis, auf dem Marktplatz einen öffentlichen Vortrag zu halten. Sogleich druckten sie neue Handzettel, verteilten sie, so schnell sie konnten, und der Vortrag fand noch am gleichen Abend statt. Etwa 75 Personen waren anwesend.

      Bald nach Beginn des Vortrages begann die Menschenmenge, auf den Redner einzudringen und ihn durch Zwischenfragen zu belästigen. Die Zwischenrufe nahmen zu. Plötzlich spürte Bruder Myrdal, der neben dem Redner stand, einen schweren Schlag an seinem Kopf, der ihn fast bewußtlos machte. Glücklicherweise war ein Polizist in Zivil anwesend und sah, was vor sich ging. Hinten in der Menschenmenge stand der niederländisch-reformierte Geistliche, hetzte seine Leute auf und verursachte absichtlich diese Gewalttat. Einige Personen wurden verhaftet, am nächsten Tag vor Gericht gestellt und bestraft. Unverzagt setzten die beiden Brüder ihre Vortragsreise fort.

      Im Jahre 1928 nahmen die Besucher des Kongresses in Detroit (Michigan) begeistert die bedeutungsvolle Resolution an: „Öffentliche Erklärung gegen Satan und für Jehova“. Auf dem gleichen Kongreß in Detroit wurde Bruder Rutherfords aufrüttelnder Vortrag „Ein Herrscher für das Volk“ über ein Rundfunknetz von 107 Radiostationen ausgestrahlt. In dem weit entfernten Kapstadt hörte eine kleine Gruppe diesen Vortrag über einen Kurzwellenempfänger. Doch zusätzlich zu der Rundfunkübertragung aus Amerika wurden Vorträge von der African Broadcasting Company, der einzigen Rundfunkgesellschaft Südafrikas, ausgestrahlt. Die Rundfunkgesellschaft erteilte der Gesellschaft die Erlaubnis, während des Jahres 1928 7 Vorträge von den 3 Studios in Kapstadt, Johannesburg und Durban auszustrahlen. Auf diese Weise erreichte die gute Botschaft entfernte und abgelegene Orte, und viele hörten die Königreichsbotschaft zum erstenmal.

      Ende der 1920er Jahre wurde auch im ganzen Land eine Postkampagne von den Brüdern durchgeführt, um den Menschen Zeugnis zu geben, die im Haus-zu-Haus-Dienst nicht erreicht werden konnten. Frank Smith, einer der Brüder aus Kapstadt, bezahlte die Kosten für den Versand von 50 000 Broschüren an alle Farmer, Leuchtturmwärter, Förster und andere, die abseits der ausgebauten Wege lebten. Das Verpacken und Adressieren übernahmen Glieder der Kapstädter Ekklesia. Die Folge war, daß viele Bestellungen für Publikationen zusammen mit ermutigenden Briefen eingingen, aus denen hervorging, daß die gute Botschaft, die auf diese ungewöhnliche Weise ausgesandt worden war, abgelegen lebenden Menschen Trost und Freude brachte. Die Anhänger der orthodoxen Religionen reagierten natürlich wie üblich, und im ganzen Land wurden in Kirchenzeitschriften zahlreiche wütende Angriffe gegen uns veröffentlicht.

      SÜDWESTAFRIKA HÖRT DIE GUTE BOTSCHAFT

      Durch dieses Versandwerk erreichte die Königreichsbotschaft auch das Gebiet von Südwestafrika, das heißt den größeren Teil dieses 824 000 Quadratkilometer großen Landes, das größtenteils aus Wüste und Halbwüste besteht. Entlang der Westküste und etwa 145 Kilometer ins Landesinnere erstreckt sich die große Wüste Namib. Die spärlich verteilt lebenden 610 000 Einwohner, von denen 60 000 Weiße sind, bestehen auf europäischer Seite aus Südafrikanern, Deutschen und Engländern und auf afrikanischer Seite aus Hereros, Ovambos, Narnas oder Hottentotten, Damaras und Buschmännern. Dazu kommt eine Gruppe, die sich stolz „Baster“ (buchstäblich „Hybriden“) nennt, die aus einer Vermischung der ersten weißen Siedler mit den Hottentotten hervorging.

      Im Jahre 1928 war dieses Land immer noch absolut unberührt, soweit es das Zeugniswerk betrifft. Aber in jenem Jahr, als der Postfeldzug organisiert wurde, beschaffte man sich ein neues Adreßbuch dieses Landes, und jedem, dessen Name darin verzeichnet war, wurde ein Exemplar der Broschüre Des Volkes Freund geschickt. Eines dieser Königreichssamenkörner fiel auf eine ungewöhnliche Weise auf guten Boden.

      Ein Mann namens Bernhard Baade, der zu jener Zeit in einer Kohlengrube arbeitete, kaufte seine Eier gewöhnlich bei einem Farmer aus der Nähe. Eines Tages waren die Eier in einige der ersten Seiten der Broschüre Des Volkes Freund eingewickelt. Er begann zu lesen, und während er las, wuchs sein Interesse. Aber er mußte auf weitere Lieferungen von Eiern warten, die in die übrigen Seiten der Broschüre eingewickelt waren, um weiterlesen zu können. Er bestellte Literatur, und bald danach bezog er für die Wahrheit Stellung.

      Im folgenden Jahr, 1929, wurde Schwester Lenie Theron aus Südafrika nach Windhuk (Südwestafrika) geschickt. Von dort aus bereiste sie mit der Eisenbahn und mit dem Postbus alle größeren Städte des Landes und legte dabei insgesamt über 8 000 Kilometer zurück. Viele Menschen hatten die Broschüre erhalten, die im Vorjahr versandt worden war, und sprachen mit Wertschätzung darüber. Sie selbst gab eine unglaubliche Zahl von Schriften ab. In 4 Monaten verbreitete sie 6 388 Bücher und Broschüren in Englisch, Afrikaans und Deutsch.

      Während Schwester Theron in Südwestafrika tätig war, wurde ihre Partnerin, Elizabeth Adshade, nach Südrhodesien gesandt. Obwohl sie mit ziemlich viel Widerstand von seiten der Polizei und der Polizeirichter in den verschiedenen Städten zu kämpfen hatte, hielt sie sich tapfer und bearbeitete die Zentren der europäischen Bevölkerung.

      Im Jahre 1929 hatte die Königreichsbotschaft einen großen Teil des gewaltigen Gebietes des südafrikanischen Zweiges erreicht. Im Jahrbuch für 1930 heißt es diesbezüglich: „Außerdem haben wir Postbestellungen auf Literatur bis aus Kenya Colony im fernen Norden, aus Britisch-Ost-Afrika, aus Tanganjika und Njassaland, aus Britisch-Zentralafrika und dem belgischen Kongo erhalten.“

      PROBLEME HALTEN DEN FORTSCHRITT NICHT AUF

      Bruder Paul Smit, unser früherer Schuljunge aus Nylstroom, war gegen Ende der 1920er Jahre in Pretoria. Er erinnert sich, daß die Gruppe in Pretoria eine Krise durchmachte. Unter anderem sagt er: „Es gab keinen Fortschritt in der Gruppe, und als sie zum Predigtdienst organisiert wurde, gingen 2 weg. Zu jener Zeit schrieb einer der Ältesten (Bruder Möller) eifrig an einem Buch, und obwohl die Gesellschaft ihre Mißbilligung zum Ausdruck brachte und ich ihn dringend darum bat, das Unterfangen aufzugeben, beharrte er auf seinem verkehrten Weg. Eines Sonntag morgens, nach der Veröffentlichung des Buches, brachte er einige Bücher mit in den Saal und verlangte, daß die Klasse bei der Verbreitung mithelfe. Ich war darüber schockiert, stand auf und erklärte mutig, die Gesellschaft mißbillige das Buch, und wer auch immer den Richtlinien der Gesellschaft widerstehe, dem würde ich widerstehen.“ Das rüttelte die Ältesten auf, und mit ihren Anhängern verließen sie den Saal. Die einzigen, die übrigblieben, waren eine alte gehbehinderte Schwester und Bruder und Schwester Smit.

      Kurz darauf zogen Bruder und Schwester Steynberg in die Umgebung von Pretoria. Das war eine große Ermutigung für die zusammengeschrumpfte Gruppe dort, und es wirkte sich auch gut auf die Steynbergs aus. Die Gruppe in Pretoria hatte eine schwierige Zeit der Säuberung durchgemacht, aber von da an machte sie ständig gute, echte Fortschritte.

      Soviel, was die europäische Gruppe in Pretoria betrifft. Was ist nun über die Afrikaner dort zu sagen? Bruder Hamilton Kaphwitt zog im Jahre 1927 von Bulawayo nach Pretoria; doch da es damals keine afrikanischen Zusammenkünfte gab, besuchte er gewöhnlich die Zusammenkünfte der Afrikaner in Johannesburg. Dann, im Jahre 1931, kam ein Bruder namens Mulauzi aus Njassaland herab und schloß sich Kaphwitt an. Die beiden fingen an, gemeinsam Die Harfe Gottes zu studieren. Eine ganze Zeit lang fanden die Zusammenkünfte für die afrikanischen Brüder in Pretoria in der Wohnung Hamilton Kaphwitts statt. Selbst heute noch kommen viele der afrikanischen Versammlungen in den Townships, die in der Nähe der europäischen Städte liegen, in Privatwohnungen zusammen. Bis heute erlauben die Regierung und die Stadtbehörden nicht, daß Königreichssäle für die Afrikaner gebaut werden.

      Im Jahre 1930 heiratete Bruder Phillips, und seine Frau wurde Mitarbeiter im Zweigbüro. Weitere Verstärkung für das Büro traf noch im gleichen Jahr ein: Llewelyn Phillips und George Spence. Llewelyn Phillips kam aus Wales; er war nicht mit George Phillips verwandt, aber er hatte ebenfalls gute Erfahrung im Pionierdienst, und er hatte mehrere Jahre im Londoner Bethel gedient.

      Anfang der 1930er Jahre begann das Zweigbüro in Kapstadt auch Broschüren in den Landessprachen zu drucken, z. B. in Xosa, Zulu und Sesotho. Die Harfe Gottes kam im Xosa und die Broschüre Das Königreich — die Hoffnung der Welt in Zulu heraus.

      VORSTOSS NACH OSTAFRIKA

      Von 1931 an öffnete sich ein weiteres riesiges Tätigkeitsfeld in Afrika — Britisch-Ostafrika. Heute umfaßt dieses Gebiet drei Länder, und zwar Kenia, Uganda und Tansania (bestehend aus Tanganjika und der Insel Sansibar). Diese Länder standen Anfang der 1930er Jahre unter britischer Herrschaft. Im Zuge der Unabhängigkeitsbestrebungen in Afrika erlangte ein Land nach dem anderen die Unabhängigkeit von Großbritannien. Tanganjika wurde 1962 die unabhängige Republik Tansania und Mitglied des britischen Commonwealth. Im selben Jahr wurde auch Uganda selbständig und Kenia im Jahre 1963. Da die Bevölkerung in diesem Teil Afrikas vielen verschiedenen Völkern und Stämmen angehört, bereiten die vielen Sprachen Probleme, doch mit Suaheli kann man sich in ganz Ostafrika verständigen.

      In religiöser Beziehung kann man wirklich vom „Schwarzen Afrika“ sprechen. Die meisten Eingeborenen gehören heidnischen Religionen an. Die Missionsgesellschaften der Christenheit, sowohl katholische wie protestantische, sind hier schon seit vielen Jahren tätig, doch wie auch anderswo in Afrika haben sie keine Christen hervorgebracht, die „mit Geist und Wahrheit anbeten“ (Joh. 4:24). Wann aber begannen die ersten Strahlen des wahren Lichts in diesem geistig schwarzen Gebiet zu scheinen?

      Anfang der 1930er Jahre stand in Kapstadt ein neuer Bruder namens Gray Smith im Hilfskolporteurdienst. Sein älterer Bruder Frank lernte die Wahrheit als erster kennen, doch 1928 fing auch Gray ernsthaft zu studieren an. Er wurde 1929 getauft und beteiligte sich fast ohne Verzug am Hilfskolporteurwerk. Später unternahm er mit Frank eine ganz außergewöhnliche Reise nach Ostafrika.

      Im Jahre 1931 wurden sie nach Kenia gesandt, um festzustellen, was für die Verbreitung der guten Botschaft in Ostafrika getan werden konnte. Kenia war damals britisches Protektorat mit einer Bevölkerung von etwa 4 000 000, davon ungefähr 25 000 Europäer. Sie bauten sich ein Auto zum Wohnwagen um und schifften sich auf der „Saxon Castle“ nach Mombasa, dem größten Hafen Kenias, ein. Von dort fuhren sie mit ihrem Wohnwagen die 650 Kilometer zur Hauptstadt Nairobi, wohin sie 40 Kartons mit Büchern geschickt hatten. Wegen der schlechten Straßen brauchten sie für diese Fahrt 8 Tage. Sie bearbeiteten Nairobi und gaben alle Bücher in etwa einem Monat ab, viele davon bei Indern, die aus Goa stammten. Doch die katholischen Priester sammelten die meisten der Veröffentlichungen wieder ein und verbrannten sie.

      Auf der Rückreise nach Südafrika erkrankten beide Brüder an Malaria. In jenen Tagen war dies sehr gefährlich. Sie erhielten Plätze auf einem Schiff in Daressalam, wurden aber so krank, daß sie wegen fortgesetzter Fieberanfälle in Durban an Land gesetzt und in ein Krankenhaus gebracht werden mußten. Frank Smith erlangte das Bewußtsein nicht wieder und starb. Gray Smith überlebte mit knapper Not und mußte 4 Monate im Krankenhaus bleiben. Gegen Ende 1931 traf er aber wieder in Kapstadt ein.

      In England hatte um diese Zeit ein junger Mann mit Namen Robert Nisbet gerade einen guten Arbeitsplatz in einem pharmazeutischen Labor in London aufgegeben und wollte den Pionierdienst aufnehmen. Bruder Rutherford, der zu dieser Zeit in London war, ließ ihn zu sich kommen und sagte ihm: „Wir suchen jemand, der nach Kapstadt geht. Würdest du gehen?“ Robert erklärte sich einverstanden und begann sofort mit seinen Vorbereitungen.

      Als Bruder Nisbet im Büro in Kapstadt eintraf, zeigte man ihm eine weitere Literaturlieferung, die zum Versand nach Ostafrika bereitstand. Diesmal waren es 200 Kartons! Man erzählte ihm von der Reise, die die Brüder Smith unternommen hatten, und von dem Unglück, das Frank getroffen hatte. Dennoch war er sofort bereit, seine Zuteilung in Ostafrika anzunehmen. David Norman schloß sich ihm an, und sie reisten in ihr Gebiet. Sie sollten ganz Kenia, Uganda, Tanganjika und Sansibar bearbeiten — wirklich ein riesiges Gebiet!

      Sie schützten sich vor Malaria dadurch, daß sie unter Moskitonetzen schliefen und täglich eine große Dosis Chinin einnahmen, das an allen Postämtern in Ostafrika zum Selbstkostenpreis erhältlich war; außerdem trugen sie tagsüber einen Tropenhelm. So ausgerüstet, begannen sie am 31. August 1931 ihren Verkündigungsfeldzug in Daressalam, der Hauptstadt Tanganjikas. Wie man aus Bruder Nisbets Bericht ersehen kann, war dies keine einfache Zuteilung: „In den weißgepflasterten Straßen blendete uns das grelle Sonnenlicht, es herrschte eine drückend schwüle Hitze, und wir waren bei unseren Besuchen mit Literatur schwer beladen. Dies waren nur einige der Schwierigkeiten, denen wir uns gegenübersahen. Doch wir waren jung und kräftig und taten es gern.“

      Diese tatkräftigen Pioniere gaben in 14 Tagen fast 1 000 Bücher und Broschüren ab, oft ganze Sätze dieser bunten Bücher. Das erregte den Zorn der Geistlichen. An der Informationstafel der katholischen Kirche wurde eine Bekanntmachung angeschlagen, die alle Gemeindemitglieder daran erinnerte, daß es Katholiken nach Kanon 1399 des Kirchenrechts verboten sei, derartige Literatur auch nur im Hause zu haben. Die meisten Bücher waren bei Indern abgegeben worden. Weil den Brüdern keine Literatur in Suaheli zur Verfügung stand und die Afrikaner fast keine Bildung hatten, konnten sie unter ihnen nicht tätig sein.

      Von Daressalam ging es weiter nach Sansibar, das 30 Kilometer von der Küste entfernt liegt und einst Zentrum des Sklavenhandels war. Die gleichnamige Hauptstadt dieser Insel mit ihren verwinkelten Gassen, in denen ein Fremder sich schnell verirren konnte, war ständig mit dem Aroma von Gewürznelken erfüllt, denn Sansibar versorgt praktisch die ganze Welt mit Gewürznelken. Die Insel hatte eine Bevölkerung von einer viertel Million; davon waren etwa 300 Europäer, die zu jener Zeit die Herrschaft innehatten. Den größten Anteil stellten die Suahelis; außerdem gab es etwa 45 000 Inder und Araber. Bei den Indern wurden viele Bücher abgegeben, einige bei den Arabern, doch wiederum wurde der größte Teil der Bevölkerung, der Suaheli sprach, nicht mit der Königreichsbotschaft erreicht.

      Nachdem sie 10 Tage in Sansibar geblieben waren, bestiegen sie ein Schiff nach Mombasa, um von dort weiter ins Hochland von Kenia zu reisen, das ein gemäßigtes Klima hat und sehr fruchtbar ist. Sie fuhren mit dem Zug und bearbeiteten die Ortschaften entlang der Eisenbahnlinie bis hin zum Victoriasee. Sie überquerten dieses Binnenmeer, das 400 Kilometer lang und 240 Kilometer breit ist, um nach Kampala, der Hauptstadt Ugandas, zu gelangen. Dort gaben sie sehr viele Bücher ab und nahmen Abonnements auf Das Goldene Zeitalter auf. Achtzig Kilometer außerhalb der Stadt, im Dschungel, sah ein Mann, wie einer seiner Freunde begeistert in dem Buch Regierung las. Er kam nach Kampala, um die jungen Männer zu finden, die diese Literatur verbreiteten. Er kaufte ein Exemplar von allen Büchern und abonnierte Das Goldene Zeitalter.

      Bevor sie sich mit dem Wagen auf die Rückreise machten, besuchten sie eine andere Stadt, 40 Kilometer weiter im Landesinneren, und waren von großer Freude erfüllt, daß die Königreichsbotschaft in gedruckter Form durch sie zum erstenmal so weit ins Innere Afrikas gelangte. Sie fuhren auf einem anderen Weg zurück und besichtigten dabei die Ripon-Fälle, an denen der Nil beginnt. Auf ihrem Rückweg nach Mombasa bearbeiteten sie noch einige Ortschaften an der Eisenbahnlinie. Nachdem sie in Mombasa bei unbeschreiblicher Hitze gepredigt hatten, wobei sie viel Literatur abgeben und zwei gutbesuchte Vorträge veranstalten konnten, bearbeiteten sie noch eine weitere Ortschaft an der Küste und fuhren dann an Bord der „Llandovery Castle“ die knapp 5 000 Kilometer nach Kapstadt zurück.

      Auf diesen beiden ersten Reisen nach Ostafrika wurden über 7 000 Bücher und Broschüren verbreitet und viele Abonnements auf Das Goldene Zeitalter aufgenommen. Einige der Samenkörner fielen zweifellos auf guten Boden, denn ein Mann, der mehrere Broschüren genommen hatte, schrieb an das Büro in Kapstadt und bestellte einen ganzen Satz der Bücher und Broschüren Richter Rutherfords. Der Mann war Geschäftsführer einer Goldmine im bundu, einem abgelegenen Gebiet in Tanganjika. So gelangte die Botschaft unter großem Aufwand an Geld, Mühen und sogar unter Einsatz des Lebens der hingebungsvollen, tüchtigen Pioniere nach Britisch-Ostafrika. Das Königreichswerk machte Fortschritte.

      Die wenigen Treuen in Südafrika waren 1931 wirklich in einem riesigen Gebiet tätig. In jenem Jahr wurden insgesamt 68 280 Bücher im ganzen Gebiet abgegeben, und acht Diensthauptversammlungen wurden abgehalten, um die Brüder im Glauben zu stärken. Und wie viele waren tätig, um diese ganze Arbeit in einem solch großen Gebiet durchzuführen? Im ganzen Süden Afrikas gab es nur etwa 100 Verkündiger!

      VORWÄRTS UNTER DEM NAMEN „JEHOVAS ZEUGEN“!

      Als krönender Abschluß des Jahres 1931 traf die begeisternde Nachricht vom Kongreß in Columbus (Ohio, USA) ein, daß der Name „Jehovas Zeugen“ angenommen worden war. Diese Nachricht brachte Jehovas Volk überall auf der Erde große Freude, auch der kleinen, doch tatkräftigen Schar in Südafrika. Viele Brüder schreckten vor dem Gedanken zurück, den erhabenen Namen Gottes zu gebrauchen. Doch dadurch wurde ihnen ihr Vorrecht, den Namen Jehovas im gesamten Süden Afrikas zu verkündigen, noch stärker bewußt. Der Fortschritt des Königreichswerkes im Süden Afrikas hatte einen weiteren Anstoß bekommen.

      Angeregt durch den biblischen Namen „Jehovas Zeugen“, setzten die Brüder im Süden Afrikas ihre Tätigkeit Anfang der 1930er Jahre mit größerem Eifer und größerer Entschlossenheit fort. Sie wurden mit immer neuen geistigen Waffen und theokratischen Hilfsmitteln versorgt. Das wirkungsvollste dieser Hilfsmittel im Jahre 1932 war sicher die besondere Broschüre Das Königreich — die Hoffnung der Welt. Jehovas Zeugen waren in allen Ländern vollauf damit beschäftigt, diese Broschüre zu verbreiten und an einem Feldzug teilzunehmen, in dem jeder Geistliche, Politiker und leitende Geschäftsmann ihres Gebietes besucht wurde. Viele von ihnen hatte man zuvor nie persönlich angesprochen, doch jetzt erhielten auch sie eine Gelegenheit.

      Es ist natürlich nicht so einfach, hohe Regierungsbeamte und Parlamentsmitglieder anzutreffen. Darum machten sich die Brüder die Tatsache zunutze, daß die Parlamentsabgeordneten zu bestimmten Zeiten im Jahr von Kapstadt, dem Sitz der Legislative, nach Pretoria, dem Regierungssitz des Landes, umziehen. Gerade im richtigen Augenblick — als die Abgeordneten im Bahnhof von Kapstadt auf ihren Zug warteten — sprachen die Brüder sie an und überreichten ihnen ein Exemplar dieser besonderen Broschüre. Da eine Reise von etwa 1 500 Kilometern vor ihnen lag, hatten sie eine gute Gelegenheit, mit dem Inhalt vertraut zu werden und darüber nachzudenken.

      Während des Jahres 1933 begann man mit dem Gebrauch eines neuen Hilfsmittels: mit aufgezeichneten Vorträgen Bruder Rutherfords. Die Rundfunkgesellschaft African Broadcasting Corporation erklärte sich einverstanden, die kraftvolle Botschaft dieser Schallplatten monatlich einmal von ihren 3 Hauptsendern in Kapstadt, Johannesburg und Durban auszustrahlen. Auf diese Weise gelangte die Botschaft in viele Häuser — und sicher auch in viele Herzen — in Südafrika, Südrhodesien und selbst bis nach Nordrhodesien, über 3 000 Kilometer weit in den afrikanischen Kontinent hinein. Viele Menschen waren nun eher bereit, Literatur anzunehmen, nachdem sie die Ansprachen gehört hatten. Nach einem Jahr jedoch wurde ein beratender Ausschuß für religiöse Rundfunksendungen gebildet, der sich aus Geistlichen der Kirchen der Christenheit zusammensetzte. Der Ausschuß sorgte dafür, daß die Verbreitung der Königreichsbotschaft durch das Radio eingestellt wurde.

      Die eifrigen Verkündiger jener Tage konnte man aber nicht zum Einstellen ihrer Arbeit bewegen. In den kleinen Ortschaften, in denen das Gebäude der Niederländischen Reformierten Kirche in einem Umkreis von vielen Kilometern das größte Gebäude war, war es üblich, daß sich die Bauern an den Sonntagen, an denen die Kommunion ausgeteilt wurde, auf dem Platz vor der Kirche versammelten. (In Afrikaans heißt das Wort für Kommunion nagmaal, was in Wirklichkeit „Abendmahlzeit“ bedeutet.) Dort schlugen sie ihr Zelt neben ihrem Ochsenkarren auf. Die Brüder mischten sich oft unter sie, was zu vielen Gesprächen führte. Besonders die afrikaans sprechenden Brüder liebten es sehr, geistige Kämpfe mit den Waffen der Wahrheit auszufechten. Später erzählten sie ihre Erlebnisse mit großer Wonne während der Zeugnisversammlungen.

      Nachdem Fred Ludick eine kurze Zeit im Norden Transvaals als Pionier tätig gewesen war, hatte er einen schweren Malariaanfall. Einige Afrikaner nahmen sich seiner an und bereiteten ihm einen Trank aus einer wilden Frucht, der ihn genesen ließ. Doch als einige Zeit später Bruder Ludicks Partner, Sidney McLuckie, an Typhus erkrankte, nahm es keinen so guten Ausgang. Fred erzählt: „Er war ein kräftiger Kerl und wog etwa 150 Pfund. Doch innerhalb von nur ein paar Wochen ging sein Gewicht auf 80 Pfund herunter, und er starb. Wir begruben ihn am Fuß der Berge bei Cala in der Transkei [Kapprovinz].“ Damit hatte ein weiterer treuer Diener Jehovas bei der Ausbreitung der Verkündigung des Königreiches im Süden Afrikas sein Leben gelassen.

      Bruder Ludick diente eine Zeitlang im Bosveld, das im Norden Transvaals liegt, und arbeitete dort mit einer alleinstehenden Gruppe zusammen, zu der Bruder Muller und seine Familie gehörten. Anfang der 1930er Jahre leistete Bruder Muller Gewaltiges im gesamten nördlichen Transvaal, selbst bis in den Norden der Kapprovinz hinein, und verhalf dadurch vielen zu einer Erkenntnis der Wahrheit.

      Auch hier ging die Arbeit nicht ohne Schwierigkeiten vonstatten. Einmal sprach Fred Ludick bei einer katholischen Missionsstation vor. Er traf den Priester an und begann, den Grund seines Vorsprechens zu erklären, bemerkte aber, daß dieser immer stärker rot anlief. Plötzlich rannte er ins Haus zurück, kam mit einem Gewehr heraus und richtete es auf Bruder Ludick. Doch Fred blieb ruhig, drehte sich einfach herum und ging zum Auto zurück, allerdings mit einem seltsamen Gefühl im Rücken.

      Inzwischen hatte es Bruder Ludick geschafft, von seinem Fahrrad auf ein Auto „umzusteigen“, einen Fiat aus dem Jahre 1928 mit hölzernen Speichen. Mit diesem Auto bearbeiteten er und Bruder Muller weite Teile des Bosvelds, einer mit Büschen bewachsenen Hochebene. Oft mußten sie draußen unter einem Baum übernachten, wo man das Gebrüll der Löwen hören konnte. Doch nach einem harten Tag im Predigtdienst waren ihnen die Löwen egal — sie schliefen wie die Murmeltiere! Den ganzen Tag mußten sie über äußerst holprige Straßen fahren und die Reifen flicken, da sie ständig Pannen hatten. Überdies hatten sie noch Ärger mit den Bremsen. Einmal, als sie die gefährliche Paßhöhe in den Soutpansbergen überquerten, mußten sie, als es steil bergab ging, einen Lederstrick an den Speichen der Vorderräder festbinden und mit voller Kraft daran ziehen, so daß man das verbrannte Gummi riechen konnte. Es war wirklich ein halsbrecherisches Abenteuer! Nach einem solchen Erlebnis waren die beiden Brüder froh, wenn sie wieder auf dem Hof von Bruder Muller waren. Dort wurden sie von Schwester Muller und den Kindern herzlich in Empfang genommen. Die Kinder erhielten bereits zu Hause eine gute Schulung, und einige wurden später Vollzeitprediger. Noch heute dienen zwei von ihnen im Zweigbüro in Südafrika; einer davon, Frans Muller, ist zur Zeit Zweigaufseher.

      ST. HELENA ERHÄLT EIN ZEUGNIS

      Während sich diese aufregenden Ereignisse in Transvaal abspielten, bereiteten sich Pioniere auf eine Reise zu der Insel St. Helena vor, einem winzigen Punkt im Atlantischen Ozean, fast 2 000 Kilometer von der Westküste Afrikas entfernt. Die Insel hat nur eine Fläche von 122 Quadratkilometern. Weniger als 5 000 Menschen leben darauf, die meisten von ihnen sind Mischlinge und sehr arm. Man dachte, diese abgelegene Insel sei ein sicherer Ort für Napoleon, der dort von 1815 bis 1821 im Exil lebte. Damals stand sie schon unter englischer Herrschaft.

      Gray Smith, mittlerweile von seiner schweren Krankheit genesen, die er sich nach seiner Reise nach Ostafrika zugezogen hatte, war zu neuen Pioniertaten bereit und hatte sich für einen Besuch auf St. Helena vorbereitet. Diesmal war Hal Ancketill sein Partner, der Sohn des früheren Zweigaufsehers Henry Ancketill. Sie nahmen genügend Literatur mit und bearbeiteten die ganze Insel gründlich, wobei sie fast 1 000 Bücher und Broschüren abgaben.

      Als Ergebnis dieses Besuches nahm ein Polizist, Thomas Scipio, die Wahrheit an und begann, die Königreichsbotschaft zu predigen. Als Bruder Scipio im Alter von 60 Jahren pensioniert wurde und aus dem Polizeidienst ausschied, wurde er Pionier und verdiente sich seinen Lebensunterhalt mit dem Anbau von Gemüse. Sein Sohn, George Scipio, wurde der erste vorsitzführende Aufseher der Versammlung, die später auf der Insel gegründet wurde.

      Bruder Scipio senior verstand seine Verantwortung, die gute Botschaft vom Königreich anderen mitzuteilen, gleich von Anfang an. Er gab seinen Verwandten und den anderen Inselbewohnern ein freimütiges und ausgedehntes Zeugnis. Nach einem Jahr hatten sich ihm einige in der Predigttätigkeit angeschlossen, und sobald es Grammophone und Schallplatten mit biblischen Vorträgen gab, schaffte er sie sich an. Über Jahre hinweg war der Gebrauch dieser Ausrüstung die wirkungsvollste Methode, denen Zeugnis zu geben, die bereit waren zu hören.

      Im Jahre 1935 wurde eine kleine Gruppe von 6 Verkündigern in Jamestown, der einzigen Stadt auf der Insel, gegründet. Die treue Arbeit dieser kleinen Verkündigergruppe zeitigte Ergebnisse, und sie wuchs an. Einer der neuen Brüder, dem ein Café gehörte, kaufte sich auch ein Grammophon und ließ keine Gelegenheit aus, die Platten seinen Gästen vorzuspielen. Im Jahre 1939 gab es bereits zwei Gruppen, eine in Jamestown und die andere, wenige Kilometer davon entfernt, in Longwood, wo Napoleon in Gefangenschaft gehalten worden war.

      RÜCKKEHR NACH SÜDWESTAFRIKA

      Im Anschluß an seine sehr erfolgreiche Reise nach St. Helena entschloß sich Bruder Smith 1935, nach Südwestafrika zu gehen. Auf diese Reise nahm er seine Frau und einen seiner Söhne mit. Sie hatten einen Lieferwagen und nahmen eine der neuen „Sprechmaschinen“ und einige Schallplatten mit.

      Die Arbeit machte ihnen sicherlich sehr viel Freude. Innerhalb von nur fünf Monaten gaben sie nicht weniger als 13 000 Bücher und. Broschüren ab und nahmen 70 Abonnements auf Das Goldene Zeitalter auf. Die Geistlichkeit, vor allem die der evangelischen, katholischen und der Niederländischen Reformierten Kirche, war darüber ganz und gar nicht erfreut. An einem Ort zeigte der Geistliche der Niederländischen Reformierten Kirche Bruder Smith an, er verkaufe Bücher ohne Genehmigung, doch der verantwortliche Beamte lachte nur und nahm selbst Literatur.

      Auch hier fielen wieder einige Samenkörner der Wahrheit auf den richtigen Boden. Abraham de Klerk, der im Süden lebte, nahm etwas Literatur entgegen, las sie und war sofort überzeugt, daß dies die Wahrheit sei. Er hielt an seinem neuen Glauben fest und belehrte seine Familie, so gut er konnte. Jehova segnete seine Anstrengungen, denn seine Frau und einige seiner Kinder nahmen die Wahrheit an. Und „Oom“ (Onkel) Abraham selbst, einer der ersten Zeugen von Südwestafrika, blieb treu im Dienste Jehovas, bis er Ende der 1960er Jahre starb.

      SWASILAND IN DEN 1930ER JAHREN

      Durchqueren wir jetzt den Kontinent, und begeben wir uns in den Osten Südafrikas, um Swasiland, ein weiteres interessantes Land, zu besuchen. Auf drei Seiten wird es von Transvaal eingeschlossen und hat im Osten eine gemeinsame Grenze mit Moçambique. Das Land umfaßt ein Gebiet von etwa 17 400 Quadratkilometern und hat eine Bevölkerung von über 420 000, von denen nur ein paar Tausend Europäer sind.

      Anfang der 1930er Jahre statteten Pioniere Swasiland einen Besuch ab und gaben ein hervorragendes Zeugnis. Sie sprachen bei den Europäern vor, die in den Städten lebten, und besuchten darüber hinaus den obersten Herrscher von Swasiland, König Sobhuza II., der den Zeugen gegenüber äußerst entgegenkommend war und sie in seinem Kraal mit allen Ehren empfing. Er versammelte seine Leibgarde von 100 Kriegern, um einem Musikprogramm und einem aufgezeichneten Vortrag des Präsidenten der Watch Tower Society, J. F. Rutherford, zuzuhören. Bruder F. Ludick, der anwesend war, sagt, es sei ein besonderes Erlebnis gewesen, dem König Zeugnis zu geben, während er von über 50 seiner Frauen umgeben gewesen sei.

      Später gaben auch Robert und George Nisbet dem König Zeugnis. Nachdem er mehrere Vorträge Bruder Rutherfords gehört hatte, war er so begeistert, daß er das Gerät, die Schallplatten und den Lautsprecher kaufen wollte. Die Pioniere waren wirklich in einer Zwickmühle! Schließlich konnten sie den König zufriedenstellen, indem sie ihm größere Mengen Literatur daließen.

      MAURITIUS UND MADAGASKAR WERDEN ERREICHT

      Im Zweigbüro von Südafrika wurde 1933 beschlossen, zwei erfahrene Pioniere nach Mauritius und Madagaskar zu entsenden. Robert Nisbet und Bert McLuckie erhielten die besondere Zuteilung, zu diesen beiden Inseln zu reisen, die vor der Ostküste Afrikas liegen. Zuerst gingen sie nach Mauritius.

      Die Pioniere dachten, Französisch sei die Hauptsprache auf Mauritius, und so brachten sie einige Zeit damit zu, die Sprache zu studieren, bevor sie von Durban aus die Reise begannen. Als sie an ihrem Bestimmungsort eintrafen, fanden sie jedoch heraus, daß die meisten der Einwohner Kreolisch sprachen, eine Art Dialekt oder Umgangssprache des Französischen. Darum konnten die Pioniere die Leute nicht verstehen, und die Leute konnten die Pioniere nicht verstehen. Für Bruder Nisbet war das Problem sogar noch größer, da er einen ausgeprägten schottischen Akzent hatte. Einmal sagte ihm ein Wohnungsinhaber: „Reden Sie bitte Englisch mit mir. Was Sie da sagen, verstehe ich nicht!“

      Da die katholische Kirche auf der Insel eine Vormachtstellung innehatte, war zu erwarten, daß die beiden Brüder bald Schwierigkeiten haben würden. Die Priester veranlaßten, daß die Menschen sich bei der Polizei beschwerten, die sich ihrerseits telegrafisch aus Südafrika bestätigen ließ, wer die Brüder seien. Die Polizei trat für das Recht der Brüder zu predigen ein, wies aber warnend darauf hin, daß es nicht gestattet sei, ohne Genehmigung Zusammenkünfte abzuhalten, und daß in ihrem Fall keine Genehmigung erteilt werden würde. Darüber hinaus brachte die dort erscheinende Zeitung La Vie Catholique (Katholisches Leben) eine Warnung über diese zwei „falschen Propheten“. Zwar gaben sie danach nicht mehr soviel Literatur ab, doch ihre Freude und ihre Entschlossenheit, voraussichtliche „Schafe“ zu suchen, wurden dadurch nicht vermindert.

      Zur selben Zeit, als die Pioniere auf Mauritius waren, stattete auch der römisch-katholische Kardinal Hinsley aus England der Insel einen Besuch ab, um einen Priester zum neuen Bischof der Insel ins Amt einzusetzen. Es wimmelte von katholischen Würdenträgern und Priestern, die zu diesem besonderen Anlaß angereist waren. Dadurch hatten die Pioniere eine ausgezeichnete Gelegenheit, die Broschüre Das Königreich — die Hoffnung der Welt anzubieten. Bruder Nisbet bot sie Kardinal Hinsley selbst an, und er nahm sie ohne besonderes Aufheben an. Bert McLuckie versuchte es bei dem neueingesetzten Bischof, James Leen, der die Broschüre ganz ruhig nahm, sie in kleine Stücke zerriß und diese in den Abfallkorb warf.

      Damals bezahlte man für das Reisen auf der Insel Mauritius nur sehr wenig, vielleicht weniger als irgendwo sonst auf der Erde. Man konnte zum Beispiel die ganze Insel umfahren, indem man zuerst mit dem Zug fuhr, dann mit dem Bus und wieder mit dem Zug, und dies für nur eine halbe Krone (0.35 US-$). So konnten die Pioniere die gesamte Insel bearbeiten. Sie gaben Literatur in Französisch ab, doch auch Broschüren in Chinesisch und in mehreren indischen Sprachen, zum Beispiel in Tamil, Urdu und Hindi. Der Herausgeber einer indischen Zeitung fand viel Freude an einem längeren Artikel im Goldenen Zeitalter, in dem die Untaten der römisch-katholischen Hierarchie freimütig bloßgestellt wurden. Er druckte diesen Artikel in Fortsetzungen ab. Es dauerte aber nicht lange, bis die Polizei einschritt und den Herausgeber vor möglichen Konsequenzen warnte, was ihn veranlaßte, die Veröffentlichung der Artikel einzustellen. Trotz des starken Widerstandes der Priester führten die beiden Pioniere ihre Tätigkeit aber bis zum Schluß durch.

      Durch ihren Besuch auf Mauritius wurde ein großes Zeugnis gegeben. Sie ließen eine kleine Gruppe zurück, die weiterhin Zeugnis gab, wenn sich dazu Gelegenheit bot. Wie glücklich müssen Bruder Nisbet und Bruder McLuckie gewesen sein, die Früchte ihrer Arbeit zu sehen! Doch wie sah es mit ihrem Besuch auf Madagaskar aus?

      Madagaskar ist die viertgrößte Insel der Welt. Sie liegt vor der Südostküste Afrikas und ist 1 650 Kilometer lang. Die Ostseite bekommt die volle Wucht der Monsunwinde zu spüren und erhält sehr große Niederschlagsmengen. Die anderen Teile der Insel sind dagegen viel trockener, so daß die Pflanzenwelt des Landes von Wüstenvegetation bis zu üppiger tropischer Vegetation reicht.

      Auf Madagaskar leben etwa 6 Millionen Menschen sehr unterschiedlicher Abstammung. Offenbar richteten die Araber und die Hindus vor sehr langer Zeit Handelsstationen auf Madagaskar ein. Sodann bemühten sich die Portugiesen, die Franzosen und die Engländer um die Kolonisierung der Insel. Die Franzosen nahmen sie schließlich in Besitz und machten sie 1896 zu einer ihrer Kolonien. Von da an übten die französische Kultur und Sprache einen großen Einfluß auf die Insel und ihre Bewohner aus. So kam es, daß die katholische Religion vorherrschend war, als in den 1930er Jahren Jehovas Zeugen zum erstenmal die Königreichsbotschaft dort verkündigten.

      Robert Nisbet und Bert McLuckie trafen 1933 mit dem Schiff auf Madagaskar ein. Sie begannen mit ihrer Predigttätigkeit im Haupthafen der Insel, Tamatave, wo sie an Land gegangen waren. Sie gingen vorsichtig zu Werke und bearbeiteten das Gebiet in kurzer Zeit, wobei sie viel Literatur abgaben. Dann begaben sie sich nach Tananarivo, der weiter im Landesinneren gelegenen Hauptstadt.

      Kurz nach ihrer Ankunft in Tananarivo trafen sie einen Griechen, der einen Laden besaß und einige Schriften der Gesellschaft in seiner Sprache hatte, die ihm Verwandte aus Brooklyn (New York) geschickt hatten. Dies stärkte die Brüder sehr, und sie freuten sich, als der gastfreundliche Grieche ihnen eine kostenlose Unterkunft in einem Zimmer über seinem Laden gab.

      Bruder Nisbet und Bruder McLuckie konnten bei diesem Besuch keine Gruppe oder Versammlung gründen. Ihnen bereitete die Sprache sehr große Schwierigkeiten; nur sehr wenige Leute konnten Englisch. Sie blieben aber in Tananarivo, bis sie alle ihre Literatur verbreitet hatten. Dann kehrten sie nach Südafrika zurück. Es wurde viel Samen der Wahrheit auf der Insel gesät.

      DIE ANFÄNGE DER TÄTIGKEIT IN MOÇAMBIQUE

      Ein weiteres riesiges Gebiet, in dem bis dahin wenig getan worden war, war das portugiesische Besitztum Moçambique. Dieses Gebiet umfaßt etwa 785 000 Quadratkilometer und ist zum größten Teil niedrig gelegenes Flachland. Es leben dort heute etwa 9 Millionen Menschen, von denen nur ein geringer Prozentsatz Weiße sind. Die Hauptstadt heißt Lourenço Marques und ist eine wichtige Hafenstadt. Sie liegt ganz im Süden, in der Nähe der Grenze nach Südafrika. Die andere wichtige Stadt — ebenfalls mit einem Hafen — ist Beira, einige hundert Kilometer nördlich gelegen.

      Obwohl es dort angeblich Religionsfreiheit gibt, ist die katholische Kirche auf religiösem Gebiet seit Jahrhunderten vorherrschend; darüber hinaus gibt es in den Städten eine ganze Anzahl kleiner protestantischer Sekten. Auf den Landgütern war Zwangsarbeit üblich, für die die afrikanischen Arbeiter nur eine sehr geringe Entschädigung bekamen. Afrikaner wurden auch mit großer Strenge bestraft. Etwas positiver zu werten ist die Tatsache, daß es in Portugiesisch-Ostafrika keine offizielle Rassenschranke gibt. Man sieht keine Schilder mit der Aufschrift „Nur für Europäer“, keine Trennung in den öffentlichen Transportmitteln, den Banken, den Geschäften oder sonst irgendwo. Allerdings unterscheidet man bei den Afrikanern zwischen „ungebildeten“ und „gebildeten“ Afrikanern, Assimilados genannt. Jeder Afrikaner kann aus dem Stand eines „Ungebildeten“ zum „Gebildeten“ aufsteigen, indem er sich einem durch Gesetz vorgeschriebenen Verfahren unterzieht. Wenn er bestimmte Prüfungen besteht, wird er, ungeachtet seiner Hautfarbe, sozusagen ein „Weißer“ und wird nicht mehr als ein „Schwarzer“ angesehen. Wenn ein Afrikaner dies tun will, stellt er bei seinem örtlichen Gericht einen Antrag und muß dann nachweisen, daß er Portugiesisch lesen und schreiben kann, dem christlichen (katholischen) Glauben angehört, über ein bestimmtes Vermögen verfügt und willens ist, wie ein Europäer zu leben. Es kommt vor allem darauf an, daß er in der Lage ist, die Lebensweise der Weißen zu übernehmen. Er hat dann das Recht auf einen Paß, seine Kinder haben das Recht auf kostenlosen Unterricht, und er hat das Wahlrecht, wird aber kriegsdienstpflichtig und muß eine hohe Einkommenssteuer zahlen. Nur ein sehr geringer Prozentsatz der Afrikaner erfüllt diese Bedingungen.

      Im Jahre 1925 fand der Königreichssame bei den Afrikanern in diesem Teil der Erde guten Boden, und ein paar Jahre lang wuchs das Werk unaufhaltsam. Ende der 1930er Jahre begannen die Behörden aber, die Abonnenten des Wachtturms genauer zu überprüfen; eine ganze Anzahl wurde verhaftet. Diejenigen, die im Süden Moçambiques verhaftet wurden, trafen im Gefängnis andere Brüder, die aus Njassaland stammten, so daß eine ganz schöne Gruppe zusammenkam. Erst nach zwei bis drei Jahren bekamen sie schließlich eine Verhandlung. Darauf wurden einige für 12 Jahre in die Strafkolonie São Tomé deportiert, während andere für 10 Jahre nach Nordmoçambique in Arbeitslager geschickt wurden. Im Gerichtsurteil hieß es, sie sollten nicht zusammenbleiben, sonst werde die Gegend „durch ihre Lehre vergiftet, da dies sehr starkes Zeug ist“.

      Unter den Verurteilten war ein Bruder mit Namen Mahlanguana. Er erinnert sich, in Nordmoçambique unter anderem auf einer großen Kokosnußplantage in der Nähe der kleinen Hafenstadt António Enes gearbeitet zu haben. Eines Tages tauchte der Polizeichef bei ihm auf, um ihn zu kontrollieren, und traf ihn gerade beim Vorbereiten einer Predigt an. Der Polizist meldete dies dem Leiter der Strafkolonie, doch dieser antwortete, dadurch werde kein Schaden gestiftet. Dennoch ließ der Polizist Bruder Mahlanguana Schläge verabreichen und steckte ihn 4 Monate ins Gefängnis. Nachdem Bruder Mahlanguana Jahre später seine Strafe abgebüßt hatte, kehrte er nach Vila Luiza zurück. Dort war die Königreichsbotschaft nicht mehr gepredigt worden, doch seine Rückkehr half den Interessierten am Ort, wieder von vorn anzufangen, und das Werk nahm einen guten Aufschwung.

      So ging das Werk unter den Afrikanern im Süden Moçambiques gut voran. Wie stand es aber mit den Europäern?

      Der erste Europäer traf 1929 in Lourenço Marques ein und predigte etwas unter den weißen Portugiesen. Es war Henry Myrdal, der den Pionierdienst aufgegeben hatte und Edith Thompson heiratete. Sie waren bei ihrer Tätigkeit ganz auf sich allein gestellt, so daß es für sie oft nicht einfach war. Im Jahre 1933 sandte die Gesellschaft jedoch Piet de Jager nach Moçambique, der inzwischen die eifrige Kolporteurschwester Lenie Theron geheiratet hatte. Sie sollten ebenfalls den Europäern predigen. Bruder und Schwester de Jager bearbeiteten das gesamte Gebiet unter den Europäern und gaben viel Literatur in Englisch und Portugiesisch ab.

      Zwei weitere Pioniere besuchten Lourenço Marques im Jahre 1935, doch sie blieben nur sehr kurze Zeit. Sie hießen Fred Ludick und David Norman. Ihre Unterkunft befand sich im Hause der Familie Myrdal. Sie berichten: „Am fünften Tag unseres Dienstes saßen wir wie zwei wohlanständige Besucher auf dem Marktplatz und tranken Tee, als Bruder Norman zu mir sagte: ,Fred, sieh nicht rüber, dort drüben links sind zwei Männer, die uns seit fast einer halben Stunde beobachten.‘ ... Als wir an diesem Tag nach Hause kamen, sagte Schwester Edith Myrdal zu uns: ,Die Geheimpolizei war schon mehrmals hier und hat nach euch gesucht.‘ Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, kam schon der Wagen kreischend um die Ecke gefahren, und wir wurden direkt in die grüne Minna gesteckt [der Wagen, mit dem Verbrecher transportiert werden].“

      Die beiden Brüder wurden Senhor Teixeira, einem hohen Regierungsbeamten, vorgeführt, dem David Norman freimütig sagte, er wisse, daß der Bischof hinter der ganzen Verschwörung stecke. Damit hatte er einen wunden Punkt berührt. Teixeira sprang auf und brüllte: „Wenn Sie meiner Verfügungsgewalt unterständen, würde ich Sie auf der Stelle auf die Insel Madeira in die Verbannung schicken. Weil Sie aber Bürger Südafrikas sind, werde ich Sie unverzüglich ausweisen lassen.“ Noch am selben Tag verließen die Brüder Lourenço Marques in Richtung auf die Grenze Südafrikas. Je ein Polizeiwagen, vollbeladen mit Polizisten, die mit Gewehren und Schwertern bis an die Zähne bewaffnet waren, fuhr vor ihnen und hinter ihnen her. An der Grenze angekommen, gaben die Brüder den Wachen Zeugnis, gaben Literatur ab, die sie noch bei sich hatten, schüttelten allen die Hand und verabschiedeten sich.

      Im Jahre 1937 wurde der Bischof von Moçambique wiederum aktiv. Bruder Myrdal mußte vor dem Leiter der Polizeibehörde erscheinen, der ihm sagte, er habe eine Beschwerde vom Bischof erhalten. Darin habe es geheißen, die Menschen würden durch die Literatur der Gesellschaft, die im Lande verbreitet werde, zu bewaffneten Aufständen und einer Revolution angestiftet. Bruder Myrdal versuchte, die Angelegenheit zu erklären, doch der Beamte wollte sich auf nichts einlassen und teilte ihm mit, er werde sofort des Landes verwiesen, wenn er weiterhin Literatur verbreite.

      Doch Bruder Myrdal wehrte sich. Er ließ ein Gespräch mit dem Generalgouverneur vereinbaren, um gegen die Entscheidung der Polizeibehörde Berufung einzulegen. Der Gouverneur war zwar freundlich, übergab die Sache aber seinem Vertreter, Senhor Mano. Es stellte sich heraus, daß Mano ein sehr zugänglicher Mann war. Er war offiziell zwar katholisch, stimmte aber mit vielen Lehren der Kirche nicht überein. Er las die Literatur der Gesellschaft sorgfältig und kam zu dem Schluß, der Vorwurf, sie stifte zur Revolution an, sei falsch. Senhor Mano zeigte sich von den Büchern sehr beeindruckt und sagte, er werde nichts unternehmen. Damit war das Vorhaben des Bischofs, Jehovas Zeugen zu vertreiben, vereitelt.

      Inzwischen war die Firma, bei der Bruder Myrdal arbeitete, darüber beunruhigt, daß er ausgewiesen werden könnte. Dies bewog Bruder Myrdal, ein Gesuch um Entlassung einzureichen. Anstatt es anzunehmen, beschloß die Firmenleitung aber, ihn in ihr Johannesburger Geschäft zu versetzen, was im Jahre 1939 auch geschah.

      Doch 1938 wurde ein weiterer Versuch unternommen, weiße Pioniere nach Lourenço Marques zu senden. David Norman war wieder dabei, doch diesmal mit einem neuen Partner, Bruder Frank Taylor, der erst kurz zuvor aus England eingetroffen war. Aber nur wenige Tage nach ihrem Eintreffen trat die Polizei wieder in Aktion. Sie wies die Pioniere an, ihre Arbeit sofort einzustellen, andernfalls würden sie ausgewiesen. Das Zweigbüro in Kapstadt riet ihnen, nach Südafrika zurückzukehren, doch ihr großes Lager an portugiesischer Literatur bei den Myrdals zu lassen.

      Inzwischen wurde der Generalgouverneur, der dem Werk freundlich und wohlwollend gegenüberstand und beim Volk beliebt war, von der portugiesischen Regierung abgesetzt und in die kleine portugiesische Kolonie Goa in Indien versetzt. Seinen alten Posten übernahm ein fanatischer Katholik.

      Da man erkannte, daß Myrdals nicht mehr lange in Moçambique bleiben würden, schlug die Gesellschaft vor, jedem Regierungsbeamten im ganzen Land mehrere Exemplare der Literatur mit der Post zuzusenden. Bruder und Schwester Myrdal machten Hunderte von Päckchen mit portugiesischer Literatur fertig und warfen sie in verschiedene Briefkästen.

      Obwohl es unter den Europäern in Moçambique keine greifbaren Erfolge gab, schritt das Werk unter den Afrikanern trotz der Verfolgung ständig voran. Im Jahre 1940 gab es in Moçambique eine Höchstzahl von 38 afrikanischen Verkündigern, die an vier verschiedenen Orten Zusammenkünfte abhielten.

      IN NJASSALAND WIRD DAS WERK ORGANISIERT

      Die wenigen, die nach Bruder Hudsons Besuch in Njassaland im Jahre 1925 noch die Leitung der Gesellschaft anerkannten, blieben mit dem Büro in Kapstadt in Verbindung. Schließlich wurde 1933 offensichtlich, daß es eine Kerngruppe wirklich Interessierter gab, die Hilfe brauchten. So stellte man einen Antrag, einen weißen Vertreter nach Njassaland zu senden. Der Gouverneur erteilte die Genehmigung. Hierauf wurde im Mai 1934 in Zomba ein Literaturlager eröffnet, das der Aufsicht des südafrikanischen Zweiges unterstand. Soweit man vom Büro in Kapstadt aus feststellen konnte, gab es damals in Njassaland etwa 100 wirklich interessierte Menschen. Bert McLuckie wurde von Südafrika dorthin geschickt, um das Werk zu organisieren.

      Zuerst suchte er das Haus von Richard Kalinde auf, bei dem er etwa einen Monat blieb. Dieser afrikanische Bruder sollte sein enger Gefährte während seines Aufenthaltes in Njassaland werden. Kaum hatte Bruder McLuckie mit seiner Arbeit begonnen, erlitt er einen schweren Malariaanfall, weswegen er zwei Wochen ins Krankenhaus mußte. Nachdem er sich wieder erholt hatte, mietete er zwei Zimmer, die als Literaturlager der Gesellschaft in Njassaland dienen sollten. Den einen Raum gebrauchte er als Büro, und in dem anderen schlief er.

      Seine Hauptaufgabe bestand zunächst darin, Ordnung in die chaotischen Zustände zu bringen, die durch die sogenannten „Watchtower-Bewegungen“ hervorgerufen wurden. Dies erwies sich als weniger schwierig, als er erwartet hatte. Dazu trug bei, daß der Polizeichef von Njassaland klar erkannte, daß die falschen afrikanischen Bewegungen nichts mit der Watch Tower Bible and Tract Society zu tun hatten. Zudem hatte das Zweigbüro in Kapstadt Bruder Bert McLuckie klare Anweisungen mitgegeben, wie er die Sache anfassen sollte. Er besuchte alle Gruppen, die in ganz Njassaland verstreut waren. Nachdem er eine Ansprache gehalten hatte, bei der Bruder Kalinde als Übersetzer diente, las er überall einfach die Resolution vor, die in der Broschüre Das Königreich — die Hoffnung der Welt stand. Die Resolution drehte sich um den biblischen Namen „Jehovas Zeugen“. Alle, die der Resolution zustimmten, wurden gebeten, dies durch Handerheben zu zeigen. Die meisten hoben die Hand, doch wie sich später herausstellte, waren viele dabei nicht aufrichtig.

      Bruder McLuckie besuchte die Versammlungen von Zeit zu Zeit und half dadurch vielen, sich von den falschen „Watchtower-Bewegungen“ und ihren Führern abzuwenden. Er machte bei dieser Arbeit viele interessante Erfahrungen, da einige Versammlungen bereits merklich vom Wege abgewichen waren. Manchmal legten die Brüder kilometerlange Straßen durch den Urwald an, damit er mit seinem Auto zu ihrer Zusammenkunftsstätte fahren konnte. Eine sehr abgelegene Gruppe war nur mit dem Kanu zu erreichen. Die Reise dorthin führte Dutzende von Kilometern durch krokodilverseuchte Flüsse. Bruder McLuckie saß auf einem Stuhl in der Mitte des Kanus, wobei er aufpassen mußte, daß er das Boot nicht zum Kentern brachte, und die Afrikaner wechselten sich beim Paddeln ab. Er war sehr dankbar, daß die Brüder ihm Unterkunft und Nahrung gaben und Wertschätzung für geistige Dinge zeigten.

      Bruder McLuckie predigte auch den Europäern in Njassaland. Einmal besuchte er einen Ort namens Karonga. Um dorthin zu gelangen, mußte er das Livingstone-Gebirge überqueren. Auf der Abfahrt hatte die Straße so scharfe Haarnadelkurven, daß er, um herumzukommen, den Wagen anhalten und erst langsam zurücksetzen mußte, ehe er wieder weiterfahren konnte. Er besuchte unter anderem zwei griechische Händler, die Literatur in ihrer Sprache entgegennahmen. Einer von ihnen wurde später getauft.

      Im November 1934 unternahmen zwei Pioniere aus Südafrika eine Reise durch Portugiesisch-Ostafrika und nach Njassaland. Sie konnten der an Zahl geringen europäischen Bevölkerung von Zomba, Blantyre, Limbe und von anderen Orten predigen. Aus den Berichten geht hervor, daß sie auf dieser Reise 700 Bücher und Broschüren absetzten. Dies war anscheinend das erstemal, daß den Europäern dort systematisch gepredigt wurde.

      So wurde schließlich nach langer Zeit eine stabile theokratische Organisation in Njassaland aufgebaut. Es wurden auch Predigtdienstberichte eingesammelt, und 1934 betrug die Zahl der Verkündiger durchschnittlich 28. Kurz darauf wurde Bruder McLuckie ins Zweigbüro nach Kapstadt zurückgerufen, um dort mitzuarbeiten. Sein Bruder, Bill McLuckie, übernahm das Literaturlager in Njassaland am 17. März 1935 und diente dort viele Jahre.

      Während die theokratische Organisation unter den vielen Interessierten in Njassaland an Boden gewann, stieg die Zahl derer, die am Predigtdienst teilnahmen und darüber berichteten, sehr schnell an — von 28 Verkündigern im Jahre 1934 auf 340 im Jahre 1935! Unterdessen verstärkte sich die Verfolgung; einige Missionare der Christenheit wirkten auf Regierungsbeamte ein, sie sollten der Tätigkeit der Brüder Einhalt gebieten. Sie erreichten, daß im November 1934 eine Broschüre und die Zeitschrift Das Goldene Zeitalter im Land verboten wurden. Das Wachstum ließ aber nicht nach; 1937 gab es 48 Versammlungen und eine Höchstzahl von 1 319 Verkündigern.

      Bald darauf zeichnete man Ansprachen in Njandscha auf, die die afrikanischen Brüder sehr schätzten. Viele Versammlungen taten sich zusammen, um die Übertragungsgeräte zu kaufen. Manche davon führten gemeinsame Fischereifahrten auf dem Njassasee durch, verkauften den Fang auf dem Markt und führten den Erlös der „Grammophonkasse“ zu. In einigen Gegenden im Norden kauften sie einen großen Baum, fällten ihn und brachten ihn auf dem Wasserweg ins Dorf. Dort gingen sie daran, den Stamm auszuhöhlen und ihn zu einem Kanu zurechtzuhauen. Dieses wurde später verkauft, und mit dem Geld konnten sie sich ein Grammophon kaufen. Für die Verkündiger bedeutete das monatelang harte Arbeit, doch auf diese Weise konnten sie sich ein Grammophon kaufen und das Königreich wirkungsvoller bekanntmachen. Im gleichen Jahr (1938) wurde das Buch Reichtum in Njandscha herausgegeben, wodurch die Versammlung mit wunderbarer geistiger Speise versorgt wurde. Darum konnte der für das Depot verantwortliche Bruder berichten, es habe nie zuvor eine derartige Einheit unter den Brüdern gegeben.

      ERNEUTE ANSTRENGUNGEN IN BRITISCH-OSTAFRIKA

      Wie schon berichtet, besuchten im Jahre 1931 Gray und Frank Smith sowie etwas später Robert Nisbet und David Norman Britisch-Ostafrika. Auf ihren Fahrten wurde viel Literatur abgegeben und ein ausgedehntes Zeugnis gegeben. Doch es war Zeit für einen weiteren Besuch.

      Der dritte Feldzug in Ostafrika fand 1935 statt. Vier Pioniere aus Südafrika beteiligten sich daran — Gray Smith und seine Frau sowie Robert und George Nisbet. Diesmal waren sie gut ausgerüstet. Sie hatten zwei Dreivierteltonner, die zu Wohnwagen umgebaut worden waren und über Betten, Küchenausrüstung, Wasser- und Benzinkanister sowie Moskitonetze verfügten. Da sie beweglich waren, konnten sie Gegenden erreichen, in denen vorher noch nicht gepredigt worden war, obwohl sie manchmal über Straßen fahren mußten, die mit bis zu drei Meter hohem Gras überwachsen waren. Oft übernachteten sie draußen in der Wildnis und konnten das erregende Tierleben Afrikas unmittelbar miterleben. Sie hörten nachts die Löwen brüllen, beobachteten friedlich grasende Zebras und Giraffen und spürten die unheimliche Gegenwart von Rhinozerossen und Elefanten.

      Sobald sie Tanganjika erreichten, teilten sie sich auf. Bruder Smith und seine Frau blieben eine Zeitlang in Tanganjika, wogegen die Brüder Nisbet nach Nairobi (Kenia) weiterreisten, wo Bruder und Schwester Smith sie später wieder treffen sollten. Das Ehepaar wurde während seiner Tätigkeit in Tanganjika verhaftet und erhielt die Anweisung, nach Südafrika zurückzukehren. Bruder Smith beschloß indes, nach Nairobi weiterzureisen, da er einen südafrikanischen Paß besaß, in dem stand, er sei „britischer Staatsbürger durch Geburt“. Nach ihrer Ankunft in Nairobi gingen sie sofort zur Polizei und erhielten eine Aufenthaltserlaubnis, nachdem sie 100 Pfund hinterlegt hatten, die ihnen bei ihrer Ausreise wieder ausgehändigt wurden.

      Sie fuhren weiter nach Uganda. In Kampala nahm man sie sehr feindselig auf und ließ sie ständig von der Polizei beschatten. Dennoch konnten sie viel Literatur abgeben, bevor sie vom Gouverneur des Landes verwiesen wurden. So fuhren sie nach Nairobi zurück, wo sie sich wieder mit den Brüdern Nisbet trafen.

      Robert Nisbet erkrankte während des Feldzuges an Typhus und wurde von den anderen im Krankenhaus in Nairobi zurückgelassen. Bruder Smith und George Nisbet bemühten sich, nach Sansibar zu kommen, erhielten aber keine Genehmigung dazu. So kehrten sie nach Südafrika zurück. Robert Nisbet wurde wieder gesund, und im Jahre 1955 wurde er der erste Zweigaufseher auf Mauritius. Sein Bruder George wurde, nachdem er eine Zeitlang als Missionar auf Mauritius gedient hatte, nach Südafrika zurückgesandt und dient dort seit 1958 im Zweigbüro.

      Die Pioniere, die anderen den Weg ins „Schwarze Afrika“ bahnten, brauchten wirklich großen Glauben, um allen damit verbundenen Schwierigkeiten und Gefahren mutig entgegentreten zu können. Von den sechs Pionieren mußten vier wegen Malaria, Schwarzwasserfiebers (einer gefährlichen Komplikation der Malaria) und Typhus längere Zeit im Krankenhaus bleiben. Dank ihrer Arbeit wurde eine gewaltige Menge Literatur verbreitet, womit die Grundlage für das geistige Bauen gelegt wurde, das die Absolventen der Gileadschule in den 1950er Jahren beginnen sollten.

      WEITERE FORTSCHRITTE IN SÜDRHODESIEN

      Den letzten Besuch in Südrhodesien (jetzt Rhodesien) hatte 1929 eine alleinstehende Pionierschwester, Schwester Adshade, gemacht, die große Schwierigkeiten mit den Behörden gehabt hatte. Die nächste Reise dorthin, die Pioniere aus Südafrika unternahmen, fand im Mai 1932 statt. Die Gruppe bestand aus vier Pionieren, Bruder Piet de Jager und seine Frau sowie Bruder Robert Nisbet und Bruder Ronald Snashall, und sie hatten 2 Autos. Sie erreichten die Grenze an einem Samstagnachmittag, als die Beamten gerade Tennis spielten. Die Brüder gaben an, sie seien Vertreter der Internationalen Bibelforscher-Vereinigung, und die Beamten stellten keine weiteren Fragen; vielleicht waren sie nur darum besorgt weiterzuspielen. Deshalb merkten sie nicht, daß sie Vertretern der wahren Watch Tower Society die Einreise gestatteten. Doch schon bald ging es rund. Nach nur wenigen Tagen der Tätigkeit in Bulawayo wurden die Pioniere bei der Zentrale der Kriminalpolizei vorgeladen und mußten lange schriftliche Erklärungen abgeben.

      Einige Tage später ordnete der Gouverneur an, die Brüder müßten das Land innerhalb 48 Stunden verlassen; ein Einspruch wurde nicht zugelassen. Sie wandten sich an einen freundlichgesinnten Mann, der in Rechtsangelegenheiten Erfahrung hatte. Seinem Rat folgend, bestanden sie darauf, Einspruch einzulegen, und weigerten sich, das Land zu verlassen, bevor eine Entscheidung getroffen wäre. Sie reichten ihren Einspruch beim Leiter der Kriminalpolizeibehörde ein, damit er ihn an den Gouverneur weiterleite. Bereits am nächsten Tag berichteten die Zeitungen in England und Südafrika über diesen Vorfall. In der Cape Times vom 30. Mai 1932 hieß es: „BULAWAYO, Samstag. Vier europäische Besucher aus der Union [Südafrika], die vor drei Wochen im Lande eintrafen, um als Missionare tätig zu sein, wurden angewiesen, die Kolonie bis zum kommenden Montag zu verlassen, da sie von den Behörden als ,unerwünschte Einwohner oder Besucher‘ angesehen werden.

      Die Behörden sollen den Lehren, die die Missionare ihrer Meinung nach verbreiten wollen, ablehnend gegenüberstehen.“

      Unterdessen hatten die Brüder mit dem Zweigbüro in London Kontakt aufgenommen, und die Gesellschaft sandte von dort aus ein Telegramm an den Hochkommissar für Südrhodesien. Daraufhin wurde die Entscheidung geändert. Den Pionieren wurde gestattet, 6 Monate lang zu bleiben, vorausgesetzt, sie predigten nicht unter den Afrikanern. Dies war nun das dritte Mal, daß die Europäer in Südrhodesien ein gutes Zeugnis erhielten. Wenn auch nicht berichtet wird, daß damals besonderes Interesse geweckt wurde, so erhielten doch so gut wie alle Herrscher im Land ein persönliches Zeugnis und das Buch Rechtfertigung mit der Broschüre Das Königreich — die Hoffnung der Welt.

      Während seines Aufenthaltes stattete Bruder P. de Jager dem Premierminister von Rhodesien, Moffat, einen besonderen Besuch auf seinem Gut ab. Sie führten anscheinend ein sehr angenehmes Gespräch. Daraufhin schrieb Bruder de Jager Briefe an die Behörden, in denen er eine Genehmigung beantragte, europäische Vertreter ins Land zu senden, damit das Werk der Watch Tower Society unter den Afrikanern in geeigneter Weise beaufsichtigt werden könnte. Dies tat er im Oktober 1932. Unter dem Datum vom 14. September 1932 hatte das Zweigbüro in Kapstadt bereits einen Brief an den Minister für Kolonialfragen der Regierung von Südrhodesien gesandt, der denselben Zweck hatte. Doch die gemeinsamen Bemühungen des Zweiges in Kapstadt und Bruder de Jagers waren erfolglos. Es sah so aus, als hätte die Regierung von Rhodesien, angetrieben von der Geistlichkeit, das Land für Jehovas Zeugen geschlossen.

      Im Zweigbüro in Kapstadt nahm man dies nicht so einfach hin, sondern man schrieb im Oktober 1932 einen weiteren langen Brief an das Ministerium für Kolonialfragen in Rhodesien, in dem der Fall in sehr deutlicher Sprache dargelegt wurde. Die Antwort kam sehr schnell. Sie war kurz und bündig: „Die Regierung sieht sich außerstande, die Ihnen bereits übermittelte Entscheidung zu überprüfen, nach der Vertretern Ihrer Gesellschaft die Einreise in diese Kolonie verwehrt wurde.“ Ein Jahr später, im November 1933, wurde ein Brief an den Innenminister von Rhodesien geschickt, der ebenso beantwortet wurde.

      Das Zweigbüro in Kapstadt gab den Kampf nicht auf. Mehrere Jahre nacheinander schrieb man von dort aus in jedem Jahr einen langen Brief an die Behörden in Salisbury, in dem um die Genehmigung gebeten wurde, Sondervertreter der Gesellschaft ins Land zu schicken, die das Königreichswerk organisieren und leiten sollten. Die Regierung reagierte darauf regelmäßig mit einer Ablehnung. Als die Behörden in Njassaland 1934 eine Genehmigung erteilten, in ihrem Land ein Literaturlager zu eröffnen, und einem europäischen Bruder gestatteten, das Werk dort zu organisieren, und als 1936 eine ähnliche Vereinbarung mit Nordrhodesien getroffen wurde, hatte das Zweigbüro in Kapstadt eine neue Handhabe in seinen Bemühungen. Im Jahre 1938 wurden anscheinend zwei Anträge gestellt. Den zweiten Antrag beantwortete der Minister für Eingeborenenfragen mit einem Brief, datiert vom 16. November 1938: „Ich habe Anweisung, Ihnen mitzuteilen, daß die Regierung nicht bereit ist, die Gesellschaft anzuerkennen, ehe sie nicht genügend Zeit gehabt hat, die Auswirkungen der Anerkennung in Nordrhodesien und Njassaland zu beobachten. Des weiteren teile ich Ihnen mit, daß es unwahrscheinlich ist, daß die Regierung der Gesellschaft die gesetzliche Anerkennung gewähren wird, solange Ihre Literatur nicht für die Eingeborenen dieser Kolonie geeigneter ist.“

      Die Bemühungen, das Königreichswerk in Südrhodesien voranzutreiben, nahmen jedoch auch noch andere Formen an als nur die des einfachen Briefwechsels zwischen dem Zweigbüro in Kapstadt und der Regierung von Südrhodesien. Am 25. Oktober 1935 wurde im Amtsblatt der Regierung von Südrhodesien (Southern Rhodesia Government Gazette) der Text von zwei Gesetzentwürfen zur Überwachung des Predigens veröffentlicht. Der eine wurde als „Gesetz über die Prediger unter den Eingeborenen (1936)“ bezeichnet und sollte die religiösen Bewegungen unter den Eingeborenen durch die Erteilung von Bescheinigungen an eingeborene Prediger und Lehrer überwachen. Nach vielem Diskutieren und Debattieren wurde die Vorlage nicht verabschiedet. Ein anderer Entwurf, der als „Gesetz gegen aufwieglerische Agitation“ (1936) bezeichnet wurde, sollte aufwieglerische Äußerungen, Zeitungen, Bücher, Bilder und Grammophonplatten verbieten. In den Diskussionen und Debatten wurde ganz deutlich, daß diese Gesetzesvorlage sich ganz speziell gegen die Tätigkeit der Gesellschaft richtete. Bevor diese Vorlage über aufwieglerische Agitation Gesetz wurde, unternahm man vom Büro der Gesellschaft in Brooklyn etwas dagegen, da man deutlich sah, daß dies eine neue Waffe gegen das Königreichswerk war. Präsident Rutherford selbst schrieb einen Brief an den Premierminister von Südrhodesien und an alle Mitglieder der gesetzgebenden Versammlung, in dem er sie vor dem gefährlichen Kurs warnte, auf dem sie sich befanden. Das Zweigbüro in Kapstadt druckte 25 000 Exemplare dieses Briefes und sandte sie an jeden Europäer, dessen Name im Adreßbuch von Südrhodesien erschien.

      Doch trotz allem wurde die Vorlage über aufwieglerische Agitation Gesetz, und sehr bald darauf wurden 14 Veröffentlichungen der Gesellschaft als aufwieglerisch erklärt (7 gebundene Bücher und 7 Broschüren). Um die Probe aufs Exempel zu machen, schickte man einige dieser Bücher an Bruder Kabungo, einen Afrikaner, der die Versammlungen in Südrhodesien zu jener Zeit besuchte. Als die Lieferung in Bulawayo eintraf, wurde sie von der Zollbehörde beschlagnahmt. Die Gesellschaft reagierte darauf, indem sie die Rückgabe beantragte. Der Fall wurde im Mai 1937 vor dem Hohen Gerichtshof von Südrhodesien verhandelt. Der Anwalt der Gesellschaft, Mr. Beadle (der später oberster Richter in Rhodesien wurde), hatte die Literatur gewissenhaft studiert. Während seiner Unterhaltungen, die er zwei Tage lang vor der Verhandlung mit Bruder George Phillips, dem Zweigaufseher von Südafrika, führte, ließ er erkennen, daß er ihren Inhalt sehr gut kannte. Mehrere Tage lang wurden die wesentlichen Punkte aus den Büchern vor Gericht ausführlich besprochen. Für Bruder Phillips, der aus Kapstadt gekommen war, war es ein ungewöhnliches und denkwürdiges Erlebnis, neben seinem Rechtsbeistand zu sitzen und ihm beim Auffinden der maßgeblichen Schriftstellen zu helfen sowie Erklärungen über Auszüge aus den zur Diskussion stehenden Veröffentlichungen abzugeben. Nach der Beweisaufnahme ließ Richter J. Hudson verlauten, er würde die Bücher lesen, bevor er eine Entscheidung fälle. Die Entscheidung wurde am 23. September 1937 bekanntgegeben. Der Richter besprach die starken und die schwachen Seiten der Argumente der Verteidigung und faßte seine Entscheidungsgründe folgendermaßen zusammen: „Alle diese Publikationen sind im guten Glauben mit der Absicht geschrieben worden, auf die Notwendigkeit der Beseitigung der grundlegenden Schwäche im Aufbau und in der Verwaltung aller Regierungen der Erde hinzuweisen. ... Meine Entscheidung lautet daher, daß keine dieser Publikationen aufwieglerischer Natur ist.“

      Dies war ein bedeutender Sieg für die Gesellschaft. Doch die Regierung legte Berufung ein. Der Fall wurde am 15. März 1938 vor der Berufungskammer des Obersten Gerichtshofes von Südafrika verhandelt. Richter N. J. de Wet fällte seinen Spruch am 22. März 1938. Darin bestätigte er die Entscheidung des Gerichts von Südrhodesien. In den Zeitungen von Rhodesien und Südafrika wurde darüber viel berichtet. Die in Bulawayo erscheinende Zeitung Chronicle druckte das Urteil sogar im vollen Wortlaut ab. Dadurch wurde ein hervorragendes Zeugnis gegeben, und schließlich wurden die Veröffentlichungen der Gesellschaft freigegeben.

      Die Arbeit der Brüder machte weiter gute Fortschritte. Die Zahl der Königreichsverkündiger stieg 1938 auf 321 an. Man benutzte 20 Grammophone im Predigtdienst. Die Zahl der Gruppenorganisationen oder Versammlungen betrug 34.

      Anfang 1938 beantragte die Gesellschaft wiederum eine Genehmigung, zwei europäische Vertreter zu entsenden, die unter den Europäern arbeiten und die Brüder dort stärken sollten. Die Genehmigung wurde erteilt „unter der Voraussetzung, daß jeder von ihnen entweder vor oder bei seinem Eintreffen schriftlich das Versprechen abgibt, unter den Eingeborenen von Südrhodesien weder Literatur zu verbreiten noch öffentliche Zusammenkünfte abzuhalten, noch propagandistisch zu wirken“. Obwohl sich das Blatt langsam zugunsten der Gesellschaft wendete, war der Kampf noch keineswegs vorüber.

      Die beiden Pioniere, die die Gesellschaft 1938 ins Land sandte, hießen Robert Nisbet und Jim Kennedy, ein Südafrikaner, der erst verhältnismäßig kurze Zeit im Pionierdienst stand. An der Grenzstation Beitbridge hielt man sie an, verhörte sie und ließ sie schließlich für 6 Monate ins Land einreisen. Sie konnten ein sehr gutes Werk unter den Europäern verrichten und ließen überall viel Literatur zurück. In einer Goldgräberstadt gaben sie an einem Tag fast 200 gebundene Bücher ab. Wie zu erwarten war, behielt die Polizei sie ständig im Auge. Sie mußten sich regelmäßig auf der örtlichen Polizeistation melden. Die Menschen schienen fast überall von ihnen gehört zu haben und erwarteten ihren Besuch. Die Bauern waren im allgemeinen freundlich und gastfrei, doch manchmal war der Name „Watchtower“ wie ein rotes Tuch für sie.

      In Bulawayo trafen sie Bruder McGregor, der in Schottland in die Wahrheit gekommen war, dessen Liebe aber erkaltet war. Die Pioniere ermunterten ihn sehr, und nach einiger Zeit begann er wieder von neuem im Werke des Herrn. Auch die Familie Gunn wurde gefunden, die über 12 Jahre zuvor von George Phillips und Henry Myrdal besucht worden war. Sie waren ebenfalls untätig, wurden aber durch die beiden Pioniere geistig wiederbelebt. So konnten sie 1938 in Bulawayo eine Gruppe organisieren, die erste Studiengruppe unter den Weißen Südrhodesiens. Etwa 17 Personen zeigten Interesse. Nach einiger Zeit war Bruder McGregor als der Vertreter der Gesellschaft in Rhodesien tätig und leistete sehr nützliche Arbeit, indem er die Berichte einsammelte und sich der Königreichsinteressen im Land annahm.

      SCHWIERIGKEITEN IN NORDRHODESIEN

      In Südrhodesien gewannen die Zeugen den Kampf. Doch wie erging es ihnen im Nachbarland Nordrhodesien (Sambia), wo im Jahre 1925 Mwana Lesa solche Schwierigkeiten gemacht hatte?

      Die Jahre nach dem Fall Mwana Lesa waren schwierige Zeiten. In fast allen größeren Zentren entlang der Eisenbahnlinie gab es Gruppen von Interessierten. Man hatte die Eisenbahnlinie von Livingstone (heute Maramba) bis in das Kupferminengebiet (Copperbelt) und bis an die daran angrenzende kongolesische Grenze gebaut. Diese Gruppen wurden aus Menschen gebildet, die brieflich mit der Gesellschaft in Brooklyn (New York) oder in Kapstadt Kontakt aufgenommen hatten. Die Verbindung beschränkte sich auf Literaturbestellungen und Spendenüberweisungen. Derjenige, der den Schriftwechsel führte, wurde sowohl von der Gesellschaft als auch von den anderen Gliedern der Gruppe als ihr Führer anerkannt.

      Da es ständig Schwierigkeiten mit der weltlichen Obrigkeit gab und keine organisatorische Anleitung vorhanden war, fanden die Zusammenkünfte nur in kleinem Rahmen in Privathäusern statt. Dennoch gab es aufrichtige, Gott hingegebene Christen, die Gottes Wort anhand des im begrenzten Maße vorhandenen Lesestoffs ernsthaft studierten.

      Thomson Kangalē war ein junger Mann, der Anleitung suchte. Als im Jahre 1931 die Kupfermine von Bwana Mkumwa wegen der Weltwirtschaftskrise geschlossen wurde, suchte Thomson, der Anfang Zwanzig war, eine Beschäftigung. Er fand sie in der Nkana-Kupfermine in Kitwe. Nach kurzer Zeit erhielt er die Aufgabe, zwei Fußballmannschaften von Minenarbeitern zu trainieren. Er hatte eine Unterkunft zusammen mit einem Jugendlichen, der Torwart war. Eines Sonntags stieß der Junge durch Zufall auf eine Zusammenkunft der Zeugen Jehovas und kam mit einer Taschenausgabe eines Bandes der Schriftstudien nach Hause. Angeregt durch die Entschlossenheit dieses Jungen, den Inhalt des Buches zu verstehen, beschloß Thomson, die Zusammenkünfte zu besuchen und selbst nachzuforschen. Bei der Zusammenkunft, die er besuchte, wurde besonders betont, man solle das Buch Die Harfe Gottes benutzen, und Thomson erwarb ein Exemplar. Er berichtet, er habe sein neues Buch regelrecht verschlungen, und sagt, er habe sich bald darauf „von ganzem Herzen dem Tun des Werkes Gottes hingegeben“. Im selben Jahr erfüllte er die Bedingungen für die Wassertaufe. Am 13. Oktober 1937 trat Bruder Thomson Kangalē in den Pionierdienst ein. Er diente als Diener für die Brüder und als Bezirksdiener (Kreis- und Bezirksaufseher) und brachte die gute Botschaft nach Tanganjika und Uganda, wohin ihn das Zweigbüro von Nordrhodesien entsandt hatte.

      Nur wenige Jahre bevor Bruder Kangalē in die Wahrheit kam, wurde dem Predigtwerk in Nordrhodesien sehr großer Widerstand entgegengebracht. Alle Bemühungen der Gesellschaft von 1927 bis 1934, weiße Vertreter nach Nordrhodesien zu entsenden, die dort ständig die Tätigkeit überwachen könnten, wurden entweder abgelehnt oder gar nicht beachtet. Die beiden letzten Anträge hatte man am 12. Oktober 1932 und am 20. September 1934 gestellt. Der letzte wurde zwar bestätigt, doch es traf nie ein Bescheid ein. Aus den darauf folgenden Ereignissen geht hervor, daß man plante, das Werk ganz zu verbieten.

      Mittlerweile hatte man einen Teil der Literatur der Gesellschaft wie das Buch Die Harfe Gottes und mehrere Broschüren in Njandscha übersetzt und veröffentlicht. Das Buch Die Harfe Gottes wurde von interessierten Afrikanern bei ihren Bibelstudien als Lehrbuch verwendet. Ein unvollständiger Bericht im Jahrbuch 1935 der Zeugen Jehovas zeigt an, daß während des Jahres 1934 in Nord- und Südrhodesien von einer Handvoll Verkündigern 11 759 Bücher und Broschüren verbreitet wurden. Diese Tätigkeit erregte den Zorn der Geistlichkeit der falschen Religion und verschiedener Politiker, die die Glaubenssätze und Verbrechen von Mitgliedern von Eingeborenen-Bewegungen den Vertretern der Gesellschaft zuschrieben und ihnen durch ein Gesetz Schaden zufügen wollten (Ps. 94:20).

      ‘DURCH VERORDNUNG UNHEIL GESCHMIEDET’

      Dieser Schaden sollte durch einen Zusatz zum Strafgesetzbuch von Nordrhodesien angerichtet werden, den der Staatsanwalt Fitzgerald, ein leidenschaftlicher Katholik, am 3. Mai 1935 im gesetzgebenden Rat durchbrachte. Dieses Gesetz wurde als Ordinance 10 of 1935 (Verordnung Nr. 10 des Jahres 1935) bekannt. Es war offensichtlich, daß es gegen die Literatur der Watch Tower Society gerichtet war. Fitzgerald sagte: „Das Gesetz macht den Verkauf oder die Verbreitung aufwieglerischer Zeitungen strafbar, außerdem gibt es bestimmten Beamten das Recht, Postsendungen zu öffnen, um festzustellen, ob sie aufwieglerische Drucksachen enthalten; und schließlich — was die Hauptsache ist — ermächtigt es den Gouverneur, die Einfuhr von Zeitungen, Büchern und Dokumenten durch eine Bekanntmachung zu verbieten.“ Er gab auch zu, daß man aufgrund des Rates anderer gehandelt habe, zweifellos auf Anraten einer Konferenz von Missionaren, die in Victoria Falls stattgefunden hatte. Einige der freiheitlich denkenden Ratsmitglieder stimmten gegen den Gesetzentwurf, doch er wurde dennoch verabschiedet und erwies sich als eine günstige Handhabe für die Feinde. Als 1935 im Kupferminengebiet plötzlich Unruhen ausbrachen, hatten sie genau das, worauf sie gewartet hatten, um gegen Jehovas Zeugen vorzugehen.

      Von Anfang an stand fest, daß die Feinde fest entschlossen waren, Jehovas Zeugen zum „Sündenbock“ zu machen. Zur Zeit der Unruhen gab es in Nord- und Südrhodesien nur 350 Zeugen Jehovas. Vom 10. bis 12. Mai 1935 hielten die afrikanischen Zeugen in Lusaka einen inoffiziellen Kongreß ab, um das Werk in Nordrhodesien mit dem in anderen Ländern in Übereinstimmung zu bringen. Sie besprachen das Predigtwerk und die Notwendigkeit, daß Christen ein reines Leben führen. Die Kriminalpolizei war zweifellos der Meinung, daß diese Zusammenkunft in Lusaka mit den Unruhen im Kupferminengebiet Ende Mai im Zusammenhang stand, und führte in ganz Nord- und Südrhodesien Razzien gegen Jehovas Zeugen durch. Am 5. Juni wurden in Luanshya 6 Zeugen Jehovas verhaftet und 3 Tage gefangengehalten. Darauf entließ man sie, ohne Anklage gegen sie zu erheben. In Ndola verlor ein Krankenpfleger im staatlichen Krankenhaus seinen Arbeitsplatz, weil er ein Zeuge Jehovas war. Die gleiche Behandlung erfuhren Jehovas Zeugen auf Veranlassung von Regierungsbeamten im ganzen Land. Am 1. Juli 1935 schrieb der Zweigaufseher in Kapstadt einen Brief an die Regierung von Nordrhodesien, in dem er Jehovas Zeugen vor all diesen Anklagen in Schutz nahm und die Regierung bat, die nötigen Schritte zu unternehmen, um der Verfolgung der Zeugen Jehovas Einhalt zu gebieten.

      Die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses, der eingesetzt wurde, um den Unruhen auf den Grund zu gehen, und dessen Ergebnisse in 2 Bänden veröffentlicht wurden, stellte klar, daß nicht ein einziger Zeuge Jehovas an dem Aufstand beteiligt war. J. L. Keith, Bezirkskommissar von Ndola, sagte aus: „Jehovas Zeugen selbst und der Wacht-Turm als eine Organisation hatten keinen Anteil an dem Streik.“

      Aus den Beweisen ging eindeutig hervor, daß die Awemba, die zum größten Teil Katholiken waren und Jehovas Zeugen sehr feindselig gegenüberstanden, die Unruhen anzettelten und daß der Anlaß dafür vor allem die Erhöhung der Kopfsteuer war und die Art und Weise, wie diese Erhöhung eingeführt wurde. Der Geschäftsführer der Roan-Antelope-Kupfermine (Luanshya) sagte darüber: „Es hatte den Anschein als ob jeder, den wir nach der Ursache der Unruhen fragten, diese immer wieder auf die Steuererhöhung zurückführte.“

      Unmittelbar bevor die Anhörung durch den Untersuchungsausschuß am 8. Juli 1935 begann, erhielt das Zweigbüro der Watch Tower Society in Kapstadt eine Antwort auf seine ständigen Bitten um die Genehmigung, einen weißen Vertreter nach Nordrhodesien zu entsenden. In einem Brief der Regierung von Nordrhodesien vom 24. Juni 1935 hieß es: „Die Regierung ... wird nunmehr keine Einwände gegen irgendeine Maßnahme erheben, die für die bessere Aufsicht und Überwachung Ihrer Anhänger in diesem Lande förderlich sein kann.“ Es wurde beschlossen, Piet de Jager zu entsenden, doch die Regierung von Nordrhodesien erhob Einspruch dagegen und teilte mit, man wolle „ein älteres und erfahreneres Mitglied des Mitarbeiterstabes der Gesellschaft“. Als man die Versicherung gab, daß er nur entsandt werde, um Untersuchungen anzustellen und einen Bericht vorzulegen, und daß zur gegebenen Zeit dann ein Mann britischer Abstammung eingesetzt würde, stimmte die Regierung zu. Doch da man die Watch Tower Society und Jehovas Zeugen vor dem Untersuchungsausschuß durch Falschanklage ins Gerede gebracht und weil die Regierung eine Anzahl besonders ausgewählter „Auszüge“ aus einigen unserer Veröffentlichungen vorgelegt hatte, um deren „aufrührerischen Charakter“ zu bezeugen, war beschlossen worden, Bruder de Jager rechtzeitig zu entsenden, um Aussagen im Namen der Gesellschaft zu machen. Er klärte das Gericht über die sogenannten aufrührerischen „Auszüge“ auf, von denen selbst J. L. Keith, ein Regierungsbeamter, zugab, sie seien nicht aufrührerischer als Auszüge aus der Bibel, und dadurch wurde ein ausgezeichnetes Zeugnis gegeben.

      Der Befund des Ausschusses wurde am 2. Oktober 1935 veröffentlicht. Zusammenfassend hieß es darin: „Der Ausschuß stellt fest, daß die unmittelbare Ursache der Unruhen in Mufulira die plötzliche laute Bekanntgabe der Minenpolizei am Abend war, daß die Steuer auf 15 Shilling erhöht worden sei; außerdem, daß die fälschliche Bekanntmachung über den Erfolg des Streiks in Mufulira zusammen mit der Herausforderung an die Eingeborenen, sie sollten zeigen, daß sie keine alten Weiber seien, die unmittelbare Ursache für die Unruhen in Nkana und Luanshya war.“ Doch die Feinde der Zeugen Jehovas weideten sich an der folgenden Feststellung über die Watch Tower Society: „Der Ausschuß stellt fest, daß die Lehre und die Literatur des Wacht-Turms die Autorität des Staates und der Kirchen und besonders die der Eingeborenenführer verunglimpfen; ferner, daß es sich hierbei um eine gefährliche, aufrührerische Bewegung handelt und daß sie in bedeutendem Maße dazu beigetragen hat, günstige Vorbedingungen für die jüngsten Ausschreitungen zu schaffen.“

      Dies war genau das, was die Feinde wollten. Daher nutzte der Gouverneur, Hubert Young, am 4. Oktober 1935 die Ermächtigung aus, die ihm durch die Ordinance 10 of 1935 (Verordnung Nr. 10 des Jahres 1935) gegeben worden war, und verbot eine ganze Liste unserer Bücher, darunter Die Harfe Gottes, das einzige Buch in Njandscha, das unter den Eingeborenen weit verbreitet war, und eine weitere Veröffentlichung, die schon 10 Jahre vergriffen war. Nach und nach wurden alle Broschüren J. F. Rutherfords bis auf zwei verboten.

      Der Bericht des Untersuchungsausschusses und das darauf folgende Verbot unserer Literatur wurden in den Zeitungen ausführlich behandelt. Die meisten Berichte enthielten Vorurteile und waren gegen uns gerichtet, doch das Zweigbüro in Kapstadt trat stets für die Wahrheit ein. Ein hervorragendes Zeugnis wurde durch eine Sonderausgabe der in Ndola erscheinenden Zeitung Northern Rhodesia Advertiser vom 16. Oktober 1935 gegeben, in der die Aussagen der Gesellschaft vor dem Untersuchungsausschuß, die schriftlichen Erklärungen und der Schriftwechsel in vollem Wortlaut abgedruckt waren. In dieser Nummer lud der Herausgeber die Leute ein, sich die verbotenen Bücher in seinem Büro anzusehen: „Ich habe die ganze Sammlung zum Nachschlagen in meinem Büro. Jeder, der darin nachschlagen will, kann sie sich hier ansehen. ... Haben Sie keine Angst. Kommen Sie und sehen Sie, wovon das ganze Gerede handelt, und bilden Sie sich Ihre eigene Meinung.“ Unmittelbar nach der Veröffentlichung des Berichts des Untersuchungsausschusses erhielt jeder Weiße in Nordrhodesien die Broschüren Regierung und Intoleranz zusammen mit einem Begleitbrief.

      EIN GEWISSER ERFOLG

      Im Northern Rhodesia Advertiser wurde mit folgenden Worten auf eine Inkonsequenz in der Ausübung der Verwaltung Nordrhodesiens hingewiesen: „Ob wir nun mit Jehovas Zeugen übereinstimmen oder nicht, dennoch steht fest, daß in der Ausübung der Verwaltung dieses Landes etwas grundfalsch ist, wenn der Gouverneur von Njassaland diese Bewegung im Jahre 1933 freundlich aufnimmt, wogegen er (derselbe Mann) sie als Gouverneur von Nordrhodesien erst nach langem Zögern einläßt und nach zwei Monaten von diesen Leuten verlangt, das Land ohne jeglichen triftigen Grund zu verlassen, und all das angesichts der Tatsache, daß die Untaten der Angehörigen der sogenannten ‚eingeborenen Watch-Tower-Bewegung‘ darauf zurückzuführen waren, daß die Regierung die Zeugen Jehovas nicht eher in das Land einließ.“

      Der Herausgeber der Zeitung bezog sich darauf, daß die Gesellschaft von der Regierung Nordrhodesiens aufgefordert worden war, Bruder de Jager nach zwei Monaten wieder zurückzurufen, „da europäische Bewohner von Ndola offiziell gegen seine Anwesenheit protestiert haben und seine Tätigkeit Unruhe hervorzurufen scheint“. Das Zweigbüro in Kapstadt wies in seiner Antwort darauf hin, daß die Regierung Nordrhodesiens die Genehmigung, einen Europäer zu entsenden, „nach reiflicher Überlegung“ gewährt habe und daß Bruder de Jagers Tätigkeit in Nordrhodesien lediglich der Vorbereitung einer dauernden Überwachung des Werkes dort diene. Dann folgte der Vorschlag, die Gesellschaft könne Llewelyn Phillips als Europäer entsenden, der die dauernde Überwachung des Werkes übernehmen und unverzüglich in Lusaka, das inzwischen die neue Hauptstadt von Nordrhodesien geworden war, ein Literaturdepot eröffnen sollte. Darauf erhielt die Gesellschaft einen Brief, in dem es hieß, „daß die Angelegenheit erwogen wird und Ihnen zu gegebener Zeit eine Entscheidung mitgeteilt werden wird“. Der Zweigaufseher brachte die Angelegenheit noch einmal in einem Brief vom 25. November 1935 zur Sprache, den er an den Außenminister von Nordrhodesien sandte, „um anzufragen, ob ich meine Vorbereitungen, Mr. L. V. Phillips als unseren Vertreter zu entsenden, zum Abschluß bringen kann“. Die Antwort hieß: „Es ist nicht wahrscheinlich, daß Sie innerhalb der nächsten Zeit einen abschließenden Bescheid erhalten werden.“

      Unterdessen blieb Bruder de Jager, der ein furchtloser Kämpfer für die Wahrheit war, in Ndola und bot am 21. Oktober 1935 dem Herausgeber der Zeitung des Ortes zwei der verbotenen Bücher an, um herauszufinden, ob das Gesetz über das Verbot unserer Literatur noch Gültigkeit habe. Darauf wurde er der Übertretung der Verordnung angeklagt und vom Friedensrichter von Ndola schuldig befunden und zu 2 Pfund Geldstrafe verurteilt. Er legte beim Hohen Gerichtshof von Nordrhodesien Berufung ein.

      Während sein Berufungsverfahren noch in der Schwebe war, wurde die Frage bezüglich der Zeugen Jehovas und der Wachtturm-Gesellschaft im Unterhaus in England aufgeworfen, als Mr. Thurtle die Regierung aufforderte, „zuzusichern, daß Jehovas Zeugen und die Anhänger der Watch-Tower-Bewegung in Nordrhodesien eine gerechte Behandlung erfahren werden“. Der Kolonialminister, J. H. Thomas, „gab bekannt, er berate sich mit dem Gouverneur von Nordrhodesien darüber, welcher Strategie zu folgen sei“.

      Das Zweigbüro in Kapstadt reagierte darauf unverzüglich, indem es folgendes Telegramm an den Kolonialminister sandte: „Erbitten höflichst Gelegenheit zur Vorlage von Darstellung über unser Werk in Nordrhodesien, bevor Entscheidung über künftige Linie getroffen wird. Schreiben per Luftpost.“ Am selben Tag ging ein langer Brief an ihn ab, der genaue Einzelheiten der Verschwörung enthielt, die sich die Unterdrückung unseres Werkes in Nordrhodesien zum Ziel gesetzt hatte, angefangen mit den Konferenzen der Missionare wegen der Vorfälle um Mwana Lesa und der Unruhen im Kupferminengebiet bis zu einer Schilderung des Kampfes, einen europäischen Vertreter zu senden, der das Werk leiten und aufrichtigen Afrikanern helfen könnte. Es war auch von der Verfolgung die Rede, die afrikanische Zeugen über sich ergehen lassen mußten. Dann kam folgender Appell: „Sir, ich appelliere an Sie, Schritte zur Beendigung der ungerechten Diskriminierung der Zeugen Jehovas in Nordrhodesien zu unternehmen, das Verbot der Literatur aufzuheben und dafür zu sorgen, daß unseren wahren Anhängern gestattet wird, ihr von Gott gegebenes Recht auszuüben, Jehova Gott gemäß ihrem Gewissen ohne Beeinträchtigung anzubeten.“

      Dies erzielte die gewünschten Ergebnisse, denn der Zweigaufseher in Kapstadt erhielt im März 1936 einen Brief der Regierung von Nordrhodesien, in dem es hieß: „Ich bin angewiesen, ... Sie freundlich dazu aufzufordern, L. V. Phillips als Ihren Vertreter anstelle von P. J. de Jager zu entsenden, um in Lusaka ein Depot einzurichten. ... Des weiteren beziehe ich mich auf Ihren Brief vom 11. Dezember an den Kolonialminister und teile Ihnen mit, daß der Minister die darin angesprochenen Fragen sorgfältig geprüft hat. Seine Exzellenz der Gouverneur hat bereits befohlen, einen europäischen Vertreter in Nordrhodesien zuzulassen, und der Minister hat diesen Vorschlag nunmehr gebilligt.“ Welch ein Sieg nach einem langen Kampf!

      EIN ANDERER KAMPF WIRD FORTGESETZT

      Doch der Kampf um Religionsfreiheit war bei weitem noch nicht vorbei, denn unsere Literatur war immer noch verboten, und das Berufungsverfahren war noch in der Schwebe. Am 20. Mai 1936 wurde der Fall vor dem Hohen Gerichtshof verhandelt, und am 18. Juni wurde das Urteil verkündet. Die Berufung wurde zurückgewiesen. Bruder de Jager bat unverzüglich um Genehmigung, beim Staatsrat in London (der höchsten Berufungsinstanz für das britische Weltreich) Berufung einzulegen. Diese Genehmigung wurde ihm am 15. September 1936 vom Hohen Gerichtshof von Rhodesien verweigert. Die Gesellschaft aber ließ nichts unversucht in diesem Kampf um Religionsfreiheit. Man bemühte einen Rechtsanwalt in London, der mit dem Rechtsanwalt der Gesellschaft in Nordrhodesien zusammenarbeiten und versuchen sollte, den Fall vor den Staatsrat zu bringen. Das Richterkomitee des Staatsrats in London weigerte sich aber, den Fall anzuhören.

      Im Januar 1936 wurde ein besonderer Brief des Präsidenten der Gesellschaft, J. F. Rutherford, der an die Mitglieder der gesetzgebenden Versammlung Südrhodesiens gerichtet war, auch an die Mitglieder des gesetzgebenden Rates, den Gouverneur und die Zeitungen Nordrhodesiens versandt.

      Im Jahre 1936 waren Jehovas Zeugen in der Republik Südafrika mit der Verbreitung von 50 000 Exemplaren des Goldenen Zeitalters Nr. 425 sehr beschäftigt. In Nord- und Südrhodesien wurden 20 000 Exemplare einer besonderen Veröffentlichung desselben Inhalts verbreitet. Darin wurden Tatsachen unterbreitet, die die Unschuld der Zeugen Jehovas in Nordrhodesien bewiesen. Darunter war auch ein Brief des Präsidenten der Gesellschaft, in dem er drastische Worte an Alison Russell, den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, richtete, nachdem der Bericht des Ausschusses veröffentlicht worden war. Die Öffentlichkeit wurde also vollständig über das informiert, was die Feinde zur Unterdrückung der Wahrheit unternommen hatten.

      EIN WEITERES WERK WIRD IN ANGRIFF GENOMMEN

      Endlich waren die Bemühungen der Gesellschaft, in Nordrhodesien ein Literaturlager einzurichten, mit Erfolg gekrönt! Am 16. Juli 1936 wurde das Depot in Lusaka genau gegenüber der Polizeiwache eröffnet; Bruder Llewelyn Phillips wurde zum Depotdiener ernannt. Doch es war noch ein gewaltiges Werk zu tun. Die Organisation mußte von unerwünschten Elementen rein gehalten werden, die es wegen des Einflusses der eingeborenen „Watchtower-Bewegungen“ und wegen des Mangels an Aufsicht gab; außerdem mußten diejenigen, die aufrichtig waren, in gesunder biblischer Lehre unterwiesen und das Werk mußte auf einer geeigneten Grundlage organisiert werden.

      Als erstes besuchte Bruder Llewelyn Phillips viele der Hauptzentren. Dort traf er sich nach Absprache mit Regierungsbeamten mit vielen derjenigen, die mit der Watch Tower Society in Verbindung zu stehen behaupteten. Wie war die Lage? Er erzählt: „Es wurde ganz deutlich, daß die allermeisten wie die Menschen in Ninive zur Zeit Jonas waren, ‘die nicht einmal den Unterschied zwischen ihrer Rechten und ihrer Linken kannten’. Viele waren aufrichtig; einige der stolzeren hatten das Gefühl, die Gesellschaft biete ein Maß an Selbständigkeit, das von keiner anderen religiösen Organisation erreicht werde. Andere waren, wie Judas es ausdrückte, ‘gottlose Menschen, die die unverdiente Güte unseres Herrn zu einer Entschuldigung für Zügellosigkeit verkehrten’ (einige hatten Gemeinschaftsfrauen, was sie ,die Feuertaufe‘ nannten!).“

      Außer der Verwirrung, die durch die „Watchtower-Bewegungen“ der Eingeborenen hervorgerufen wurde, bestand noch das Problem, daß es wegen des Verbotes keine Literatur gab; zudem konnten die meisten Brüder nicht lesen und schreiben. Es herrschten noch viele unbiblische Stammessitten vor. Die Frauen saßen beispielsweise während der Zusammenkünfte getrennt von den Männern. Ein Afrikaner sieht seine Frau als die Mutter seiner Kinder, als Köchin, Gärtnerin, Lastenträgerin und Miterbauerin seines Hauses an. Selten wird sie, wenn überhaupt, als wirklicher Gefährte oder als „sein Gegenstück“ angesehen (1. Mose 2:18).

      Darüber hinaus hatten die meisten Brüder Schwierigkeiten, die Wahrheiten, die sie lernten, mit dem praktischen Leben in Verbindung zu bringen. Die Brüder hatten unsere Literatur gelesen und wußten, daß das Königreich im Jahre 1914 in den Himmeln aufgerichtet worden war. Wenn man sie aber fragte, wie lange das her sei, hatten sie keine Ahnung. Viele wußten, daß die weltlichen Regierungen unter der Herrschaft Satans stehen, doch sie verstanden nicht, wie sie sich diesen Regierungen gegenüber richtig verhalten sollten. Da sie in kleinen, abgelegenen Urwalddörfern wohnten und wenig oder gar keinen Umgang mit Menschen außerhalb hatten, gingen viele Dinge, von denen in den Veröffentlichungen der Gesellschaft die Rede war, über ihr Begriffsvermögen. Der einzige Kontakt, den viele Dorfbewohner beispielsweise mit der Regierung hatten, war der mit dem örtlichen Bezirkskommissar und ihrem Eingeborenenrichter. Der einzige Kontakt, den sie mit der Religion gehabt haben mögen, war vielleicht der durch die Missionsschule am Ort, und alles, was sie außer ihrem eigenen Tauschhandel vom Geschäftsleben kannten, war der Krämerladen im Dorf. Wenn also in den Veröffentlichungen der Gesellschaft von Religion, Politik und Handel gesagt wurde, sie seien mächtige Kräfte in der Welt, kamen diesen Brüdern die Missionsschule, der Bezirkskommissar und der Krämerladen in den Sinn.

      Die Zahl derjenigen, die wirklich Verkündiger des Königreiches waren, mußte neu festgestellt werden, da viele zwar sehr willig waren, aber wegen ihres mangelnden Verständnisses und ihrer Lebensweise nicht den biblischen Anforderungen für die Teilnahme am Werk entsprachen. Gemäß dem ersten Bericht über ein volles Dienstjahr nach Errichtung des Literaturdepots waren 1937 jeden Monat durchschnittlich 756 Verkündiger tätig. Die Höchstzahl war 1 081. Die Brüder wurden von Pionieren besucht, die als Bezirksdiener tätig waren und zuerst am Ort des Literaturlagers eine Schulung in Lehrpunkten, sittlichen und organisatorischen Angelegenheiten erhalten hatten.

      Die Brüder, die diese Besuche durchführten, mußten eine starke Liebe zu Jehova haben, wenn sie in ihrer Zuteilung bleiben wollten, denn sie mußten viele Entbehrungen auf sich nehmen. Einige Dörfer waren über 1 500 Kilometer von der Eisenbahnlinie entfernt; es gab nur eine einzige Eisenbahnlinie quer durch das Land, und außer dem Abzweig in das Kupferminengebiet existierte keine weitere Seitenlinie. Die Brüder mußten meistens mit dem Fahrrad reisen oder Hunderte von Kilometern durch ausgetrocknete, heiße und gefährliche Gegenden zu Fuß gehen, um die verstreuten Gruppen von Interessierten zu erreichen. Darüber hinaus brauchten sie sehr viel Geduld und Liebe, um neue Versammlungen in Gang zu bringen. Bisweilen mußten sie wenigstens zwei Monate bei einer neuen Versammlung bleiben, bevor die Organisation auch nur einigermaßen funktionierte. Sie mußten gegen die Neigung einiger Verkündiger ankämpfen, die „Häuptling“ im Werke des Herrn sein wollten und die Vorkehrung der Gesellschaft nur widerwillig annahmen. Doch die harte Arbeit der Brüder wurde gesegnet, denn 1939 war die durchschnittliche Zahl der Verkündiger auf 1 191 und die der Pioniere auf 7 gestiegen. Im Jahre 1940 wurde eine Höchstzahl von 2 378 erreicht, und 88 Versammlungen waren funktionsfähig.

      EINE STÄRKERE ORGANISATION IN SÜDAFRIKA

      Während sich der Kampf im Norden abspielte, gewannen die afrikanischen Brüder in Johannesburg den in viel kleinerem Ausmaß geführten Kampf gegen den dortigen schlechten Einfluß der „Watchtower-Bewegung“.

      Auch im Zweigbüro in Kapstadt hatte es Änderungen gegeben. Im März 1933 sorgte die Gesellschaft dafür, daß das Zweigbüro für Südafrika in größere Räumlichkeiten in Kapstadt umziehen konnte. Es waren zwei Büroräume im 5. Obergeschoß eines großen Bürogebäudes, Boston House 623, und der Lagerraum im Keller eines Hauses in der Nachbarschaft, Progress Chambers an der Progress Lane, den man für die kleine Druckpresse sowie als Literaturlager und als Versandabteilung verwendete. Die wenigen Druckereiarbeiten, die damals verrichtet werden mußten, erledigte Bruder Phillips zusammen mit einem Bruder in Kapstadt. Die neuen Räumlichkeiten lagen zentraler und waren geräumiger; für beinahe 20 Jahre sollten sie der Mittelpunkt der theokratischen Organisation im südlichen Afrika sein.

      Zwei Jahre darauf, im Jahre 1935, sandte Bruder Rutherford einen im Drucken erfahrenen Bruder ins Zweigbüro in Kapstadt, damit er beim Drucken behilflich sei. Es war Andrew Jack, der nicht nur ein guter Drucker war, sondern auch in den Ostseestaaten Litauen, Lettland und Estland im Vollzeitdienst gestanden hatte. Als das Werk dort verboten wurde, wies man ihn aus, und er kehrte in sein Heimatland Schottland zurück. Kurz nach seiner Ankunft in Südafrika ließ Andrew Jack mehr Lettern und noch andere Ausrüstung zum Drucken kaufen, und innerhalb kurzer Zeit lief ihre kleine Einmannfabrik mit einer Maschine auf vollen Touren. Die erste automatische Druckpresse wurde 1937 aufgestellt. Sie hat während der letzten 33 Jahre Millionen Handzettel und Formulare gedruckt und läuft heute noch immer gut im Zweigbüro in Elandsfontein.

      ERFOLGREICHER TONDIENST

      Die Grammophone mit Bruder Rutherfords kraftvollen Ansprachen leisteten im Predigtdienst Erstaunliches. Sie wurden entweder von der Versammlung eingesetzt oder in Tonwagen der Gesellschaft. Die Versammlung Pretoria zum Beispiel hatte sich die Genehmigung eingeholt, die Ansprachen jeden Sonntagabend auf dem Kirchplatz, genau im Zentrum der Stadt, zu übertragen. Nach einiger Zeit gingen Beschwerden beim Stadtrat ein, und die Brüder mußten das Grammophon vom Platz entfernen. Das Problem war aber bald gelöst. Bruder Smit hatte einen Freund, der in einer Wohnung mit Fenstern zum Platz wohnte, und aus einem offenen Fenster seiner Wohnung wurde das Sonntagabend-Programm ohne Behinderung fortgesetzt.

      Mitte der 1930er Jahre fuhr Robert Nisbet einen der Tonwagen der Gesellschaft. Er setzte ihn hauptsächlich bei den Afrikanern im nahe gelegenen Zululand ein, einem großen Gebiet im Norden Natals, das schon seit vielen Jahren die Heimat des Zuluvolkes ist. Besonders in den Zuckermühlen und den Kohlenbergwerken von Nord-Natal versammelten sich die Afrikaner in großer Zahl, um die Musik und die Ansprachen zu hören, die im Tonwagen abgespielt wurden. Auf diese Weise konnten große Mengen Literatur abgegeben werden. Als später das Buch Reichtum angeboten wurde, nannte man Bruder Nisbets Wohnwagen sogar „Imoto Yobucebi“ („Der Reichtum-Wagen“).

      Im Jahre 1935 waren die Brüder in allen Ländern begeistert von dem neuen Licht über die „große Volksmenge“ aus Offenbarung 7, und diejenigen, die nicht zu den Gesalbten gehörten, waren außer sich vor Freude über die Aussieht, ewig in Glück auf Erden leben zu können. Da man von dieser Zeit an ein besseres Verständnis über die Klasse der „anderen Schafe“ hatte und der „großen Volksmenge“ größere Aufmerksamkeit schenkte, nahm diese Gruppe an Zahl bald zu (Joh. 10:16; Offb. 7:9).

      Die Pionierschwester Iris Tutty hatte das Vorrecht, in Verbindung mit einem der Tonwagen zu dienen, als sie in dem als Reef bekannten Bergwerksgebiet tätig war. Sie beschreibt den Tonwagen folgendermaßen: „Er sah sehr schön aus, war schwarz und auf Hochglanz poliert, und oben auf dem Dach befand sich ein Lautsprecher. An beiden Seiten konnte man die Worte lesen: ,Die Botschaft vom Königreich — diene Gott und dem König Jesus Christus‘, und auf der Hecktür war ein Plakat zur Ankündigung der neuesten Ansprache von J. F. Rutherford angebracht. In ganz Johannesburg und im Reef-Gebiet wurde das Auto allgemein als der ,Bibelwagen‘ bekannt.“ Eine Anzahl Versammlungen im Reef-Gebiet hatte einen Zeitplan für den Einsatz dieses Tonwagens ausgearbeitet. An den Wochenenden war dieser Zeitplan sehr ausgefüllt, da man einen großen Bereich mit dem Tonwagen bediente, wobei Aufnahmen von Vorträgen an vielen verschiedenen Orten abgespielt wurden, u. a. in Jugendheimen, Krankenhäusern, auf Marktplätzen und auf den Stufen des Rathauses von Johannesburg.

      Unmittelbar vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, als die politischen Spannungen zunahmen, wurde am Rathaus einmal der Vortrag „Faschismus oder Freiheit“ abgespielt. An jenem Abend war die Zuhörerschaft besonders groß. Im Laufe des Vortrages kam es zu Rufen und Schreien. Die Verkündiger wurden mit Flaschen und Tomaten beworfen. Die wütende Menge wollte gerade die Übertragungsausrüstung zerstören, als plötzlich die Polizei eintraf. Mit Schlagstöcken räumte sie das ganze Gebiet, bildete eine Absperrkette um die Brüder und half ihnen dann, einzupacken und aus der Gefahrenzone herauszukommen. Die Brüder waren Jehova für seinen Schutz sehr dankbar.

      Es besteht kein Zweifel darüber, daß die Tonwagen in jenen Tagen eine ausgezeichnete Arbeit leisteten. Sie gelangten in alle Teile des Landes und erreichten mit den starken Lautsprechern viele Menschen. Im Jahre 1937 waren 5 Tonwagen ständig unterwegs; in jedem Wagen fuhren 2 Pioniere. Darüber hinaus waren 12 große Lautsprecheranlagen in verschiedenen Teilen des Landes in Betrieb. Im selben Jahr begann man nach einem besonderen Aufruf Bruder Rutherfords, tragbare Grammophone in größerem Umfang einzusetzen. Das Zweigbüro in Kapstadt hatte viel Arbeit mit dem Aufzeichnen von Vorträgen in Afrikaans, Njandscha, Sesotho, Xosa und Zulu.

      Im Jahre 1938 hatte die Gesellschaft bereits Literatur in 30 Sprachen auf Lager; in 80 Orten waren Versammlungen. In den hauptsächlichen Veröffentlichungen jener Zeit, wie dem Buch Reichtum, der Broschüre Aufgedeckt und anderen, wurde offen gegen die katholische Hierarchie gesprochen, und diese religiösen Führer machten sich langsam Sorgen. In ihren Zeitungen warnten sie die Menschen vor den Flugschriften und Broschüren Richter Rutherfords, die das Land überschwemmten. In der katholischen Presse wurde vorgeschlagen, man solle Jehovas Zeugen keine Säle mehr zur Verfügung stellen, damit sie keine öffentlichen Zusammenkünfte mehr abhalten könnten.

      DIE PIONIERE HALTEN DURCH

      Im Jahre 1938 gab es in Südafrika insgesamt 30 Pioniere, unter denen, wie bereits erwähnt, Iris Tutty aus Johannesburg war. Einmal mußte sie eine lange Treppe hinaufsteigen, um an einer Tür vorzusprechen. Als sie oben anlangte, riß eine Frau die Tür auf. Ihr Gesicht war rot vor Wut; sie beschimpfte die Schwester lauthals und stieß sie die Treppe hinunter, worauf sie die Tür zuschlug. Während Schwester Tutty sich vom Boden erhob und ihre verstreut umherliegenden Sachen aufhob, wollte sie am liebsten weinen, kam aber zu dem Schluß, es sei besser zu beten. Es traf sich, daß das Ehepaar an der nächsten Tür die Freundlichkeit in Person war. Sie setzten Schwester Tutty eine Tasse Tee vor und sagten, sie seien tief erschüttert über das, was im Nachbarhaus vorgefallen sei, besonders weil dies die Frau des Geistlichen gewesen sei. Es wurde ein sehr erfolgreicher Besuch, und im Laufe der Zeit ließ sich dieses Ehepaar taufen.

      Die Pioniere und die anderen Verkündiger stellten fest, daß die Bergwerke im Reef ein sehr ergiebiges Gebiet zum Abgeben von Literatur waren. Regelmäßig standen sie an den Schachtausgängen und boten die Literatur an, wenn die Bergleute — Weiße und Schwarze — nach der Schicht hochkamen. Die Grubenlampen an den Helmen der Männer brannten noch, und der nasse Schlamm der unterirdischen Stollen klebte noch an ihrer Kleidung. Die afrikanischen Bergleute waren sehr daran interessiert, Literatur in ihrer Sprache zu erhalten, und manchmal wartete eine ganze Schlange von Männern, bis sie an der Reihe waren, ihre Literatur von den Pionieren zu erhalten. Sie waren sehr an Bibeln und Büchern interessiert, die sie ihrer Familie nach Hause schickten. Jahre später hatte Schwester Tutty ein freudiges Erlebnis, als sie in Johannesburg eine kleine Gruppe Afrikaner traf, die sie wiedererkannten. Einer sagte mit einem breiten Lächeln: „Du mich kennen? Ich kaufen Bibel, und jetzt ich gehen in Bibelversammlung.“

      KONFRONTATION MIT DEN GEISTLICHEN

      Ende der 1930er Jahre faßte die Königreichsbotschaft in einer sehr konservativen Gemeinde im Osten der Kapprovinz Fuß, und zwar in der Nähe von King William’s Town, 60 Kilometer nordwestlich von East London. Die meisten Bauern und Ortsbewohner in dieser Gegend waren Deutschstämmige, die sich dort um die Mitte des 19. Jahrhunderts herum niedergelassen hatten. Darum waren die meisten in jener Gegend evangelisch. Ein gewisser Mister Kieck, der gerade am Haus eines evangelischen Geistlichen Arbeiten verrichtete, nahm Literatur von einem Königreichsverkündiger entgegen. Mr. Kieck gefielen die Bücher, und er bestellte weitere; bald darauf verbreitete er die Botschaft unter seinen Verwandten und Bekannten. Fast alle dachten, er sei verrückt geworden. Doch nach einer Weile zeigten sich einige seiner Verwandten interessiert. Im Jahre 1938 verabredeten diese eine öffentliche Debatte zwischen dreien ihrer evangelischen Geistlichen und Mr. Kieck, bei der einige hundert Kirchenmitglieder anwesend waren. Während der Diskussion zog Mr. Kieck eine deutsche Bibel hervor, die unter dem Hitlerregime verwendet wurde, in der einige Psalmen und mehrere andere Verse fehlten. Dadurch wurden die Geistlichen in eine recht peinliche Lage gebracht; doch das war nichts im Vergleich zu ihren Wutausbrüchen, als ihnen kraftvolle Worte aus der Bibel vorgelesen wurden. Einmal warf einer der Geistlichen die Bücher der Gesellschaft regelrecht auf den Tisch und sagte: „Diese verdammten Bücher!“ Das Ergebnis war, daß sechs Kirchenmitglieder, die bereits interessiert waren, davon überzeugt wurden, daß dies die Wahrheit war, und sich auf die Seite Jehovas stellten.

      Dazu gab es ein sehr interessantes Nachspiel. Im Jahre 1938 verbot der Innenminister der Republik Südafrika die Einfuhr des Buches Reichtum sowie mehrerer Broschüren mit der Begründung, sie seien „anstößig“, und dies, obwohl im März 1938 das höchste Gericht Südafrikas in Bloemfontein entschieden hatte, die Literatur der Gesellschaft sei nicht aufrührerisch und offenbare keine umstürzlerischen Absichten. Dabei muß man im Sinn behalten, daß das Buch Reichtum und andere Veröffentlichungen deutlich die stillschweigende Übereinstimmung der Faschisten, der Nazis und der katholischen Kirche zeigten. Später stellte sich heraus, daß einige evangelische Geistliche für das Verbot der Literatur durch die Regierung gesorgt hatten. Doch kurz darauf wurden diese Geistlichen in Gefangenenlager gebracht, da deutlich geworden war, daß sie während des Zweiten Weltkrieges den Nationalsozialismus im Lande verbreitet hatten.

      Die Gesellschaft wandte sich an den Innenminister und protestierte gegen das Verbot der Veröffentlichungen; er aber machte die Entscheidung nicht rückgängig, noch gab er irgendeine Erklärung dazu oder ließ eine Berufung vor Gericht zu. Darum veröffentlichte das Zweigbüro in Kapstadt ein großes vierseitiges Faltblatt mit dem Titel „Ein Protest“. Die fettgedruckten Überschriften hießen: „Religiöse Intoleranz in Südafrika — Bibelstudienhilfsmittel ,Reichtum‘ verboten“. Das Flugblatt enthielt überzeugende Beweise, daß deutschstämmige evangelische Geistliche aus dem Osten der Kapprovinz das Verbot herbeigeführt hatten und daß das Buch Reichtum im Juni 1938 auf der Liste der wegen Obszönität und Brutalität verbotenen Veröffentlichungen stand. Das Flugblatt wurde in englischer Sprache und in Afrikaans veröffentlicht und im ganzen Land verbreitet. Viele Bestellungen auf das Buch Reichtum gingen daraufhin ein.

      EINFÜHRUNG DES ZONENDIENSTES

      Im selben Jahr — 1938 — wurde der Zonendienst organisiert. Das bedeutete, daß reisende Vertreter der Gesellschaft die Versammlungen und alleinstehende Verkündiger besuchten, sie unterwiesen und ermunterten.

      Einer der ersten Zonendiener in Südafrika war Frank Taylor, dessen Frau Christine gerade aus England eingetroffen war. Christine empfand die Tätigkeit unter den Afrikanern fremdartig, aber interessant. Ihr Ehemann erzählt, er werde den Ausdruck auf ihrem Gesicht nie vergessen, als sie bei einer Zulufrau, die nur Perlen und einen Rock angehabt habe, ihre erste Broschüre abgegeben habe. Den Beitrag für die Broschüre, ein Dreipennystück, habe die Frau aus ihrem wolligen Haar gezogen.

      Frank und Christine Taylor kamen kurz nach der Einführung des Zonendienstes nach East London, wo sie die schöne Aufgabe hatten, die kleine Gruppe interessierter Familien, zu denen die Kiecks, die Horrmanns und die Schanknechts gehörten, zu organisieren. Diese hatten sich von der deutschen evangelischen Kirche in King William’s Town abgewendet. Im Laufe der Zeit wurde aus diesen Neuen die aus Weißen bestehende Versammlung East London gegründet. Die meisten sind heute noch am Leben und tätige Verkündiger.

      DAS KÖNIGREICHSWERK GEWINNT AN STOSSKRAFT

      Im Januar 1939 machte das Zweigbüro in Südafrika einen weiteren Schritt vorwärts, denn die Zeitschrift Trost wurde zum erstenmal in Afrikaans veröffentlicht. Piet de Jager, der bis dahin die Bücher der Gesellschaft nebenher im Pionierdienst in Afrikaans übersetzt hatte, wurde nun ins Bethel gerufen, um als Vollzeitübersetzer für Afrikaans zu dienen.

      Das bedeutete für Andrew Jack in seiner kleinen Druckerei im Zweigbüro mehr Arbeit, denn der Text mußte von Hand gesetzt werden. Dies war die erste Zeitschrift, die die Gesellschaft in Südafrika druckte. Bis zu dieser Zeit gab es noch keine Zeitschriften in den Sprachen der afrikanischen Eingeborenen.

      Das Königreichswerk im Süden Afrikas machte jetzt wirklich schnelle Fortschritte. In der Republik Südafrika gab es 1939 eine neue Höchstzahl von 555 Verkündigern. Hervorzuheben ist, daß von diesen lediglich 180 Mischlinge oder Afrikaner waren. Durchschnittlich waren in Südafrika 439 Verkündiger tätig, in Südrhodesien 473, in Nordrhodesien 1 198, in Njassaland 1 041, in Portugiesisch-Ostafrika 17 und auf St. Helena 11. Insgesamt gab es 3 179 Verkündiger in dem Gebiet, das dem Zweigbüro in Kapstadt unterstand, und in jenem Jahr widmeten sie dem Predigtwerk 1 042 078 Stunden. Das zeigt deutlich, daß von 1935 an, als man das Verständnis über die „große Volksmenge“ erhielt, die Zunahme viel stärker war.

      KRIEG SPORNT KÖNIGREICHSVERKÜNDIGER ZUR TÄTIGKEIT AN

      Als Hitler im September 1939 seinen Blitzkrieg gegen Polen begann, wurde die Welt wie nie zuvor in eine Zeit der Gewalttat und des Leidens gestürzt. Während der Krieg der Nationalsozialisten und Faschisten Land um Land verzehrte, erlitt das Königreichswerk in Europa schwere Rückschläge. Unter dem neuen Premierminister Jan Smuts nahm Südafrika an den Kämpfen gegen Deutschland teil; viele Südafrikaner waren am Kriegsgeschehen in Nordafrika und in Italien beteiligt.

      Südafrika war weit vom Hauptgeschehen des Krieges entfernt und litt daher nicht soviel unter dem Krieg wie andere Länder. Nach einiger Zeit waren manche Lebensmittel knapp, und es gab andere Einschränkungen, doch das Königreichswerk im Süden Afrikas trat 1940 in eine Zeit des Wachstums und der Ausdehnung ein, wie es sie nie zuvor gegeben hatte. Die Selbstgefälligkeit vieler Leute wurde durch die schrecklichen Kriegsereignisse erschüttert, und viele dachten über die Erfüllung biblischer Prophetie nach.

      Inzwischen hatte die Zeitschrift Trost in Afrikaans großen Erfolg. Darum beschloß das Zweigbüro der Watch Tower Society in Kapstadt, es sei an der Zeit, die Zeitschrift Der Wachtturm in Afrikaans herauszugeben. Im Januar 1940 wurde im Informator (später Königreichsdienst genannt) eine neue Tätigkeit mit den Zeitschriften beschrieben: auf der Straße, von Haus zu Haus und bei Zeitschriftenrouten. Daß eine größere Anzahl Zeitschriften gebraucht wurde, stand fest. Man installierte eine Linotype-Setzmaschine und eine Papierfalzmaschine. Außerdem rief man einen Bruder aus Durban, der Drucker war, ins Bethel, damit er Bruder Jack in der kleinen Druckereiabteilung helfen sollte. Demzufolge wurde Die Wagtoring (Der Wachtturm in Afrikaans) vom 1. Juni 1940 an im Zweigbüro in Kapstadt hergestellt.

      Die erste Ausgabe kam genau zur richtigen Zeit, was offensichtlich Jehovas Leitung zeigte. In den ersten Monaten des Jahres 1940 tat sich auf dem Kriegsschauplatz in Europa sehr wenig, doch dann begannen plötzlich die Panzerdivisionen Hitlers ihren Angriff auf Westeuropa. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die afrikaans sprechenden Brüder in Südafrika auf die holländische Ausgabe des Wachtturms aus den Niederlanden angewiesen. Doch im Mai mußte das Zweigbüro der Gesellschaft dort plötzlich geschlossen werden, und die Lieferungen hörten auf. Die Brüder in Kapstadt wußten nicht, daß es dazu kommen würde; doch genau in dem Augenblick, als die holländischen Exemplare des Wachtturms nicht mehr eintrafen, füllte der neue Wachtturm in Afrikaans die Lücke.

      Die Brüder begannen freudig und begeistert, die Zeitschriften zu verbreiten, so daß pro Monat bald 17 000 Zeitschriften abgegeben wurden. Genau wie in anderen Ländern, in denen das Werk nicht im Untergrund durchgeführt werden mußte, sah man bald Zeitschriftentaschen auf den Straßen und hörte Verkündiger, die einzelne Artikel ausriefen.

      Am Schluß des Dienstjahres 1940 konnte Bruder Phillips vom Büro in Kapstadt Bruder Rutherford von einer außergewöhnlichen Zunahme an Verkündigern berichten. Die neue Höchstzahl für Südafrika hieß 881 Verkündiger bei einem Durchschnitt von 656 — eine Zunahme von 50 Prozent gegenüber dem Durchschnitt des Vorjahres. Der Krieg hatte die Königreichsverkündiger in Südafrika wirklich zur Arbeit angespornt.

      KATHOLISCHER HASS FÜHRT ZUM VERBOT

      Die wichtigste Veröffentlichung der katholischen Kirche in Südafrika, Southern Cross, enthielt in ihrer Ausgabe vom 2. Oktober 1940 einen Leitartikel, in dem auf die Ereignisse in Kanada hingewiesen wurde (wo im Juli 1940 das Königreichswerk vollständig verboten worden war), und dann wurde folgende böswillige Äußerung gemacht: „Die Tätigkeit der Zeugen Jehovas, die die Loyalität gegenüber der Autorität des Staates sowie der Kirche verwerfen, ist in einem Land wie Südafrika mit seiner riesigen Eingeborenenbevölkerung sogar noch gefährlicher. Die Regierung sollte der Verbreitung ihrer Propaganda auf der Stelle ein Ende bereiten.“ Unmittelbar darauf wurden die Abonnementsexemplare der Zeitschriften Der Wachtturm und Trost von der Zensur beschlagnahmt. Als das Zweigbüro in einem Brief anfragte, weshalb, weigerte sich die Behörde, irgendwelche Begründungen zu geben.

      Da bekannt war, daß die katholische Kirche hinter alldem stand, verfaßte man als Antwort auf den Angriff in der katholischen Zeitung Southern Cross eine besondere Ausgabe der Königreichs-Nachrichten und verbreitete 200 000 Exemplare davon innerhalb kurzer Zeit in ganz Südafrika. Darauf wurde eine Erklärung verfaßt, in der Angaben über Jehovas Zeugen und ihre Tätigkeit gemacht wurden. Exemplare dieser Erklärung wurden an alle Parlamentsabgeordneten, an alle Richter sowie an die Presse versandt. Den Briefen an die Abgeordneten und an die Richter wurden auch Exemplare eines Artikels des Wachtturms (engl.) vom 1. November 1939 über die christliche Neutralität beigefügt. Einige Zeit darauf erhielt die Polizei Anweisung, alle Exemplare dieses Wachtturm-Artikels zu beschlagnahmen. Man legte beim Premierminister Berufung ein und erhielt eine Antwort vom Leiter der Zensurbehörde, in der es u. a. hieß: „Wenn Sie auch mit den besten Absichten gehandelt haben mögen und noch handeln, kann doch nicht zugelassen werden, daß Sie die Maßnahmen der Regierung für die erfolgreiche Kriegführung vereiteln. Wenn die Gesellschaft in ihren Bemühungen jeden in diesem Lande zu dieser Ansicht zu bekehren, Erfolg hätte, würde dem Feind kein aktiver Widerstand mehr entgegengebracht werden. Es ist daher schwer einzusehen, wie Sie von der Regierung erwarten können, daß sie ruhig zusieht und nichts gegen Sie unternimmt.“

      Als nächstes arbeitete das Zweigbüro eine Petition aus, die an die Regierung gerichtet war. Darin wurde Einspruch gegen die Beschlagnahme der Veröffentlichungen der Gesellschaft erhoben und die Regierung respektvoll gebeten, diese christliche Literatur freizugeben und damit die Religionsfreiheit im Lande wiederherzustellen. In der kurzen Zeit von 10 Tagen sammelte man 50 000 Unterschriften von Weißen aus dem ganzen Land. Um dieselbe Zeit herum wurde offiziell bekanntgegeben, Der Wachtturm und Trost seien von der Regierung verboten worden.

      Daraufhin beschlagnahmte die Regierung ganze Sendungen von Zeitschriften, sobald sie eintrafen. Schon bald wurde deutlich, daß ein generelles Verbot der Einfuhr der Literatur der Watch Tower Society erlassen worden war. Die erste Broschüre, die beschlagnahmt wurde, hatte den Titel Theokratie. Kurz nacheinander wurden 6 oder 7 Literaturlieferungen ebenso beschlagnahmt. Als Begründung wurde angegeben, die Veröffentlichungen würden als „anstößig“ betrachtet.

      All dies war auf den Einfluß der katholischen Kirche und auf die besondere Situation während des Krieges zurückzuführen, denn viele der verbotenen Veröffentlichungen durften jahrelang ohne jede Schwierigkeit ins Land eingeführt werden. Das Zweigbüro unternahm Schritte, um die beschlagnahmte Literatur wiederzubekommen, und dies führte zu einer Gerichtsverhandlung. Der Fall wurde vor dem Obersten Gerichtshof in Kapstadt verhandelt. Die Umstände schienen eindeutig gegen die Watch Tower Society zu sprechen, doch die Brüder, die der Verhandlung beiwohnten, waren begeistert zu sehen, daß der Richter eine unparteiische Haltung einnahm und entschied, der für das Verbot verantwortliche Minister solle Gründe für seine Handlungsweise angeben und auch der Gesellschaft Gelegenheit einräumen, in einem persönlichen Gespräch ihren Standpunkt darzulegen.

      Der Rechtskampf zog sich einige Zeit hin. Erst nach einem vollen Jahr, im April 1942, lagen die Gründe vor, nach denen die Veröffentlichungen anstößig sein sollten. Das Zweigbüro erhielt 14 Tage Zeit, um auf die Punkte zu antworten, was auch geschah. Sogleich drückte Bruder Phillips den Wunsch aus, in Übereinstimmung mit dem Gerichtsentscheid die Sachlage persönlich darzulegen. Das Gericht hatte jedoch keinen Zeitraum angegeben, in dessen Verlauf diese Darlegungen beim Gericht vorliegen müßten, und so verstrichen die Monate. Bis zur Klärung dauerte es 2 Jahre.

      Im August 1941 beschlagnahmte die Zensur sämtliche Post, die das Zweigbüro in Kapstadt absandte. Erst einige Wochen später, als die Brüder im Land Anfragen an das Zweigbüro richteten, wurde man dort dessen gewahr und protestierte dagegen. Der Eingang des Protests wurde bestätigt, doch es wurden keine Erklärungen abgegeben. Der Verdacht der Behörde, die Gesellschaft versende Briefe, in denen etwas über die Kriegführung gesagt werde, stellte sich als vollständig ungerechtfertigt heraus.

      Im September 1941 erließ der Innenminister im Rahmen der Notstandsgesetze einen Erlaß, wonach sämtliche Veröffentlichungen der Gesellschaft in Südafrika zu beschlagnahmen seien. Aufregende Vorgänge im Zweigbüro waren die Folge. Um 10 Uhr vormittags traf die Kriminalpolizei ein, um den Erlaß auszuführen. Sie kam mit Lastwagen, um das Literaturlager der Gesellschaft zu räumen. Der Zweigaufseher war aber auf der Hut. Er prüfte den Befehl nach und stellte fest, daß er nicht mit den Vorschriften übereinstimmte. Er handelte dann sofort und ließ die Kripobeamten im Büro der Gesellschaft warten, während er persönlich beim Obersten Gerichtshof einen dringenden Antrag auf eine Verfügung stellte, die dem Innenminister die Beschlagnahme der Literatur untersagen sollte. Sein Antrag kam durch. Um 12 Uhr hatte er die Verfügung in Händen, und die Polizisten mußten wieder in ihre leeren Lastwagen klettern und davonfahren. Fünf Tage darauf zog der Minister den Erlaß zurück, nachdem er der Gesellschaft die Kosten erstattet hatte. Man kann sich vorstellen, wie sehr sich die Bethelfamilie in Kapstadt über diesen wichtigen Sieg freute.

      DER KAMPF GEHT WEITER

      Unser Kampf war noch nicht zu Ende. Die Zeitschrift Trost in Afrikaans war durch das neue Gesetz, das die Einfuhr regelte, verboten worden. Da die Zeitschrift in Südafrika gedruckt und herausgegeben wurde, war dies offensichtlich ein Versehen. Dennoch wurde in Kroonstad ein Pionier wegen Verbreitung dieser Zeitschrift verurteilt. Es wurde Berufung eingelegt, und der Oberste Gerichtshof hob das Urteil auf. Im offiziellen Mitteilungsblatt Government Gazette hieß es später — am 12. September 1941 —, das Verbot sei aufgehoben worden. Die Theokratie hatte einen weiteren Sieg errungen.

      Zum großen Teil wurden diese aufregenden Ereignisse ausführlich in den Zeitungen berichtet, und die Königreichsbotschaft und das Werk der Zeugen Jehovas wurden dadurch weit und breit bekanntgemacht. Da man erkannte, daß die Öffentlichkeit im allgemeinen auf diesem Gebiet Aufklärung benötigte, veröffentlichte das Zweigbüro zwei besondere Broschüren: Why Suppress the Kingdom Message? (Warum wird die Königreichsbotschaft unterdrückt?) und Jehovah’s Witnesses: Who Are They? What Is Their Work? (Jehovas Zeugen: Wer sind sie? Was tun sie?). Während des Monats Oktober 1941 wurden diese beiden Broschüren in großer Zahl sowohl in Englisch als auch in Afrikaans verbreitet.

      Dieser großangelegte Aufklärungsfeldzug über das Werk der Zeugen Jehovas war dringend nötig, da in vielen Zeitungen entstellende Berichte erschienen und da Gerüchte umgingen, die Jehovas Zeugen bezichtigten, sie gehörten der „fünften Kolonne“ an und seien Nazis. Eine führende Tageszeitung, die in East London erscheinende Daily Dispatch, brachte einen Artikel mit verleumderischen Anklagen gegen J. F. Rutherford, den Präsidenten der Gesellschaft. Da sich der Herausgeber weigerte, einen Brief zu veröffentlichen, der die Sache klarstellte, wurde er vor Gericht der Verleumdung angeklagt, und von seiner Zeitung wurden 5 000 Pfund Schadenersatz gefordert. Als der Herausgeber erkannte, daß die Brüder zu allem entschlossen waren, lenkte er schnell ein, bat öffentlich um Entschuldigung und übernahm alle Kosten.

      REAKTION AUF DAS VERBOT

      Die Brüder reagierten auf das Verbot eines Teils der Literatur, indem sie diese in ihren Häusern versteckten. Sie waren „vorsichtig wie Schlangen“ (Matth. 10:16). In Johannesburg führte die Polizei verschiedentlich Hausdurchsuchungen bei Verkündigern durch, doch gewöhnlich hatten sie bereits von einem Interessierten, der als Detektiv beschäftigt war, einen Hinweis bekommen. In Pretoria schleppte Frans Muller, der noch zur Schule ging, unter Anleitung seiner Eltern einen Karton Literatur nach dem andern in enge Zwischenräume unter dem Holzfußboden ihres Hauses. Sie wußten, dort würden die wertvollen Bücher verhältnismäßig sicher sein. Dies bedeutete, daß die Verkündiger im Predigtdienst weniger Literatur zur Verfügung hatten, doch man verwendete zum großen Teil Veröffentlichungen, die im Lande gedruckt wurden, wie das Buch Kinder. Ein Bruder aus Kapstadt, der ein Mischling ist, erzählt: „Die Vorräte waren knapp, doch das Werk wurde dadurch nicht verlangsamt. Uns wurde gesagt, die Bücher an die Leute auszuleihen und Studien mit ihnen zu beginnen. Das taten wir auch, und es war erstaunlich, wie die Zahl unserer Bibelstudien emporschnellte. Während dieser Zeit kamen viele in die Wahrheit.“

      Die Verkündiger-Höchstzahl stieg auf 1 253 an; alle arbeiteten hart. Die Zahl der Anwesenden auf dem Kongreß in Johannesburg in jenem Jahr stieg auf etwa 800; es wurden 186 getauft. Viele neue Versammlungen wurden gegründet. Ihre Zahl stieg von 127 im Jahre 1940 auf 172 im Jahre 1941.

      Obwohl der englische Wachtturm aus den USA verboten war, sorgte Jehova liebevoll für geistige Speise. Die Brüder in Kapstadt hatten stets genügend Material, das sie auf ihren Druckpressen drucken und unter dem Namen „Food Convenient“ (Speise zur rechten Zeit) verschicken konnten. Zu denen, die während des Krieges jedes einzelne Exemplar ihres Abonnements auf den Wachtturm erhielten und es stets an das Büro in Kapstadt sandten, nachdem sie es selbst gelesen hatten, gehörte ein Bruder J. J. van Zyl, denn seine Zeitschriften waren adressiert an „Sergeant J. J. van Zyl, Südafrikanische Polizei, Kranskop, Natal“.

      ENDLICH DER SIEG!

      Der Kampf gegen Gott und das Werk zur Verbreitung seines Königreiches in Südafrika war ganz klar fehlgeschlagen. Von 1941 an ging der Kampf um die Aufhebung des Verbots und die Freigabe von Literatur ohne Unterlaß weiter. Gegen Ende 1943 war das Literaturlager im Zweigbüro sehr zusammengeschrumpft, und die Brüder beteten inständig darum, daß die beschlagnahmte Literatur freigegeben werde. Mit einem Mal geschah etwas. Ein neuer Innenminister wurde ernannt. Der Zweigaufseher schrieb einen weiteren Brief an den Leiter der Zensurbehörde und forderte die Aufhebung des Verbots. Eine Abschrift dieses Briefes ging an den neuen Minister zusammen mit der Bitte um ein persönliches Gespräch, dem der vorhergehende Minister zugestimmt hatte, das aber nie gewährt worden war.

      Das Gespräch fand im Januar 1944 statt. Der Minister erklärte sich einverstanden, die beschlagnahmten Lieferungen wieder auszuhändigen, das Verbot der Zeitschriften aufzuheben und die anderen beschlagnahmten Veröffentlichungen freizugeben. Er sicherte außerdem zu, er werde den Erlaß rückgängig machen, der im Rahmen der Notstandsgesetze erlassen und durch den sämtliche Literatur als umstürzlerisch deklariert worden war. Eine Woche später traf die schriftliche Bestätigung dafür im Zweigbüro ein, und wenige Tage darauf wurde das riesige Literaturlager (ungefähr 1 800 Kartons) im Zweigbüro angeliefert. Die drei Jahre Lagerung waren den Büchern nicht anzusehen. Wie glücklich die Brüder im Zweigbüro und im Land darüber doch waren! Ihre Gebete waren mit einem wunderbaren Sieg beantwortet worden.

      VERBOT DER BÜCHER IN ANDEREN LÄNDERN

      In der ersten Zeit des Zweiten Weltkrieges ging durch große Teile des britischen Weltreiches und durch andere Länder eine regelrechte Bücherverbotswelle. Es war genauso, wie Jehova es vor langer Zeit durch den Propheten Daniel hatte voraussagen lassen: Das ‘kleine Horn’ (zu dem das britische Commonwealth gehörte) ‘tat groß’, „warf die Wahrheit fortgesetzt zur Erde“ und beging „Übertretung“ gegen Gottes heilige Dinge (Dan. 8:8-12). Dies wirkte sich auch auf die drei britischen Protektorate im Süden Afrikas, Basutoland, Betschuanaland und Swasiland, aus. Im Februar 1941 wurde die Literatur der Gesellschaft von Amts wegen verboten. Das Verbot blieb trotz aller Bemühungen, es rückgängig machen zu lassen, bis 1960 in Kraft. Sogar die King-James-Bibel war verboten, wenn sie zufällig von der Watch Tower Society gedruckt worden war. Dies geschah, obwohl es 1941 in diesen drei Ländern nicht einen einzigen Zeugen Jehovas gab.

      ERFOLGREICHE JAHRE IN SÜDWESTAFRIKA

      Mit dem ereignisreichen Jahr 1939 begann ein neues Kapitel in der Geschichte des Werkes in Südwestafrika. Bis dahin gab es in diesem Land noch keine Verkündigergruppen; das ganze große Gebiet stand noch zur Bearbeitung offen. Ein Pionierehepaar — Barry Prinsloo und seine Frau Joan — fühlte sich gedrängt, dorthin zu gehen und den Menschen in diesem Gebiet zu predigen.

      Bruder Prinsloo kaufte sich einen Lastwagen und baute ihn in einen Wohnwagen um, in den er einen Holzgasgenerator einbaute, da er richtig voraussah, daß Benzin während des Krieges knapp werden würde. Um von Johannesburg nach Südwestafrika zu gelangen, mußten sie die Kalaharisteppe durchqueren. Dort gab es so gut wie keine Straßen, sie mußten den Spuren folgen, die andere Wagen oder Eselskarren vor ihnen hinterlassen hatten, und selbst diese waren bisweilen vollständig verwischt.

      Schließlich kamen sie in Windhuk an. Von dort arbeiteten sie sich nach Norden durch, wobei sie predigten und Literatur verbreiteten. Eine Zeitlang folgte ihnen die Polizei und sammelte die Literatur ein, die sie abgaben. Schließlich wurden sie verhaftet und angeklagt, sie hätten ohne Gewerbeschein Waren verkauft. Sie folgten dem Rat der Gesellschaft, den Fall vertagen zu lassen, um den Ausgang ähnlicher Fälle in Südafrika abzuwarten. Ein paar Wochen später erschien Bruder Prinsloo vor Gericht, und er wurde freigesprochen.

      Sie hörten davon, daß in Johannesburg ein Kongreß abgehalten würde, und entschlossen sich, dorthin zu gehen, obwohl dies für sie eine beschwerliche Reise von über 1 500 Kilometern bedeutete. Doch es kam zu einem tragischen Unglück. Die meisten Flüsse in Südwestafrika sind nichts weiter als trockene, sandige Schluchten, in denen nur nach außerordentlich starken Regenfällen Wasser fließt. Bei dem Versuch, einen dieser Flüsse zu überqueren, blieben sie mit ihrem Wagen stecken. Über Nacht wurde der Fluß zu einem reißenden Strom, der den Wohnwagen mehrere hundert Meter flußabwärts riß. Dort fanden sie ihn am nächsten Morgen wieder. Er war in zwei Teile gebrochen, und das Fahrgestell steckte tief im Sand. Sie retteten, was noch zu retten war, und teilten der Gesellschaft mit, welches Unglück ihnen zugestoßen sei und daß es ihnen leid tue, den Kongreß nicht besuchen zu können. Der Zweigaufseher schickte ihnen aber umgehend eine Überweisung und ein Telegramm, in dem stand, das Geld sei für „einen kleinen Urlaub“ gedacht.

      Nach dem Kongreß kehrten sie zurück und zelteten in der Nähe ihres kaputten Wohnwagens, um ihn zu reparieren. Zugleich predigten sie den Ovambos, die auf den Bauernhöfen arbeiteten, wobei ihnen Johannes übersetzte. Johannes war ein Buschmann, den sie sich gemietet hatten, damit er sie auf ihren Reisen durch das Land begleite, und es ist gut möglich, daß er der erste Buschmann war, der die Wahrheit annahm.

      Die Buschmänner sind ein Nomadenvolk, das in Wüsten- und Steppengebieten wohnt und sich hauptsächlich durch die Jagd mit Pfeil und Bogen ernährt. Ihre Lebensgewohnheiten sind äußerst primitiv. Sie sind unter allen Afrikanern im Süden Afrikas der Stamm mit dem kleinsten Wuchs, vergleichbar mit den Pygmäen Zentralafrikas. Der Kontakt mit ihnen ist sehr schwer, nicht nur, weil sie an so abgelegenen Orten leben, sondern auch, weil ihre Sprache eine begrenzte Zahl Wörter und unermeßlich viele Schnalzlaute enthält. Doch einige Angehörige dieses Volkes werden Landarbeiter. Nach einiger Zeit berief die Gesellschaft das Ehepaar Prinsloo wegen des Verbots der Literatur und wegen der allgemeinen Lage nach Südafrika zurück.

      Obwohl also in den Jahren 1929, 1935 und 1942 Pioniere in Südwestafrika arbeiteten und viel Literatur verbreiteten, wurde das Feld nicht richtig bearbeitet, so daß die Resultate spärlich waren. Doch das Jahr 1950 stellte einen Wendepunkt in der Geschichte des Werkes in Südafrika dar. In diesem Jahr sandte die Gesellschaft 4 Missionare, Absolventen der Gileadschule, dorthin, und zwar George Koett, Fred Hayhurst, Gus Eriksson und Roy Stephens. Anfang 1950 wurde in Windhuk ein Missionarheim eröffnet.

      Zwar sollten die Brüder nicht das Abgeben von Literatur zu ihrem Hauptziel machen, sondern das Auffinden und Weiden der „anderen Schafe“ des Herrn, doch konnten sie trotzdem sehr viel Literatur verbreiten (Joh. 10:16). Zugleich konnten sie mit 5 afrikanischen Brüdern Verbindung aufnehmen, die aus der Südafrikanischen Union in das nahe gelegene Eingeborenenviertel gezogen waren und die nun zu einer Gruppe (Versammlung) organisiert wurden. Einer der Missionare begann nicht weniger als 25 Studien in diesem afrikanischen Wohnviertel. Allem Anschein nach hatte das Werk in diesem Gebiet, insbesondere unter den Afrikanern, einen ausgezeichneten Anfang genommen, und es bestanden gute Aussichten auf Zunahme.

      [Karte auf Seite 77]

      (Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

      SÜDAFRIKA

      ZAIRE (Belgisch-Kongo)

      UGANDA

      KENIA

      TANSANIA (Tanganjika)

      ANGOLA

      SAMBIA (Nordrhodesien)

      MALAWI (Njassaland)

      MOÇAMBIQUE

      RHODESIEN (Südrhodesien)

      SÜD-WEST-AFRIKA

      BOTSWANA (Betschuanaland)

      SWASILAND

      REPUBLIK SÜDAFRIKA

      Johannesburg

      Durban

      Kapstadt

      LESOTHO (Basutoland)

      [Bild auf Seite 93]

      George Phillips in der Handsetzerei des Büros in Kapstadt

      [Bild auf Seite 98]

      Zuluhaus

  • Südafrika und benachbarte Staaten (Teil 2)
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1976
    • Südafrika und benachbarte Staaten (Teil 2)

      REIBUNGSLOSER ÜBERGANG

      Bruder Rutherford, der als Präsident der Gesellschaft 25 Jahre lang treu und unermüdlich gedient hatte, war Ende 1941 bereits sehr krank. Er war nun 72 Jahre alt und hatte sich viele Jahre lang im Dienst Jehovas verausgabt. Am 8. Januar 1942 beendete er seinen Dienst für das Königreich auf der Erde. Wenige Tage darauf trat der Vorstand der Gesellschaft im Bethel in Brooklyn zusammen und wählte Nathan H. Knorr zum neuen Präsidenten. Die Reaktion der Brüder auf den Tod Bruder Rutherfords unterschied sich sehr von ihrer Reaktion auf den Tod Bruder Russells. Diesmal jammerte niemand: „Was sollen wir jetzt machen?“ Die Feinde der Wahrheit freuten sich natürlich sehr über den Tod Bruder Rutherfords und sagten: „Nachdem nun ihr Führer und Sprachrohr nicht mehr ist, wird ihr Werk bald in sich zusammenfallen.“ Sie wurden aber darüber sehr bald eines Besseren belehrt.

      Kurz vor seinem Tode, im August 1941, hatte Bruder Rutherford den Kongreß in St. Louis im US-Staat Missouri besucht. Einer der Höhepunkte dieses Kongresses war der „Tag der Kinder“, an dem das neue Buch Kinder freigegeben wurde. In kleinerem Maßstab wiederholte sich dieser besondere Kongreß im April 1942 in Johannesburg. Diesmal waren gleich 1 700 Anwesende zugegen, darunter 340 Kinder, die das neue Buch freudestrahlend in Empfang nahmen. Auf dem Kongreß symbolisierten 400 Personen ihre Hingabe an Gott, um seinen Willen zu tun — über das Doppelte der vorhergehenden Höchstzahl. Zur Kongreßorganisation gehörte zum erstenmal eine Cafeteria, die 6 000 Mahlzeiten ausgab und sehr gut funktionierte; die Teilnehmer hatten dadurch mehr Zeit zu angeregten Gesprächen. Alle Brüder wurden sehr gestärkt und ermuntert und kehrten voller Freude nach Hause zurück.

      Eine Anzahl junger Pioniere, die gerade erst mit dem Dienst begonnen hatte, wurde durch diesen Kongreß besonders ermuntert. Die Zahl der Pioniere kletterte 1942 in Südafrika auf 65. Unter ihnen war Bruder Piet Wentzel, der in dem kleinen Ort Bonnievale in der Kapprovinz in die Wahrheit gekommen war. Im Dezember 1941 nahm er in Kimberley den Pionierdienst auf. Im Jahre 1945 schloß sich ihm Frans Muller an, der im Alter von 16 Jahren gerade mit der Schule fertig geworden war und in der Versammlung Pretoria bereits gute Schulung erhalten und Erfahrung im Predigtwerk gesammelt hatte. Die beiden jungen Brüder wurden der Stadt Vereeniging zugeteilt, etwa 50 Kilometer südlich von Johannesburg. Sie strengten sich sehr an; einer der beiden erreichte in jenem Jahr durchschnittlich 210 Stunden pro Monat.

      Trotz der düsteren Voraussagen der Gegner gab es nach dem Tode Bruder Rutherfords im Jahre 1942 kein Nachlassen im Königreichswerk. Statt dessen schritt es schneller voran, so daß George Phillips am Ende des Dienstjahres über eine neue Verkündiger-Höchstzahl von 1 582 berichten konnte, was eine 26prozentige Zunahme gegenüber der Höchstzahl des Vorjahres bedeutete. Welch ein gewaltiger Unterschied zu der winzigen Gruppe von etwa 100 Personen im Jahre 1931!

      DIENER FÜR DIE BRÜDER

      Unter der Leitung von Bruder Knorr, dem neuen Präsidenten der Gesellschaft, gehörte die Aussendung von Dienern für die Brüder zu den ersten neuen Entwicklungen. Dieses Werk begann in Südafrika im Februar 1943. (Der Zonendienst war 1942 eingestellt worden.) Diener für die Brüder mußten ledig sein, eine robuste Gesundheit und viel Energie haben, um ihren ausgefüllten Zeitplan einhalten zu können. Kleinere Gruppen wurden anfangs nur einen Tag lang besucht, größere Versammlungen zwei oder drei Tage. Das bedeutete, daß diese Diener sehr viel reisen mußten, und dies unter schwierigen Bedingungen. Zu den ungünstigsten Tages- und Nachtzeiten mußten sie um Zug- und Busanschlüsse besorgt sein. Ihre Aufgabe bestand nicht nur darin, die Aufzeichnungen der Versammlungen sorgfältig zu prüfen, sondern sie sollten vor allem viel Zeit mit den Brüdern im Predigtdienst verbringen und sie darin schulen.

      Einer der 1943 ernannten neuen Diener für die Brüder war Bruder Gert Nel, der 1934 als Lehrer im Norden Transvaals in die Wahrheit gekommen war und als Königreichsverkündiger sehr eifrig war. Als Zonendiener und als Diener für die Brüder hatte Bruder Nel das Vorrecht, sehr vielen Verkündigern beizustehen, sowohl Afrikanern als auch Europäern, und viele Brüder erinnern sich immer noch seines treuen und loyalen Dienstes. Er wurde 1946 als Übersetzer für die Veröffentlichungen in Afrikaans ins Bethel gerufen.

      Thomas M’kele war ein afrikanischer Bruder, der Diener für die Brüder wurde. Durch den alten Bruder Mulenga, einen der ersten afrikanischen Pioniere in Südafrika, hatte er die Wahrheit kennengelernt. An einem Sonntagmorgen stand Bruder Mulenga im Predigtdienst, als er eine Gruppe Männer traf, die auf dem Erdboden schlief. Auf seine Frage, was los sei, antworteten sie, sie hätten die letzte Nacht nicht geschlafen, da sie die ganze Nacht in der Kirche gebetet hätten. Darauf fragte der Geistliche, damals noch „Reverend“ Thomas M’kele, Bruder Mulenga, was er in seiner Tasche habe. Er nahm die Broschüre Wo sind die Toten? an. In der folgenden Woche kaufte er mehrere Bücher, und eine Woche später besuchte er einen Kongreß. Innerhalb kurzer Zeit trat er aus der Kirche aus, wurde getauft, und noch im selben Jahr stand er mit Bruder Mulenga im Pionierdienst. Wie bereits erwähnt, wurde er später einer der Diener für die Brüder. Ende 1945 starb er in Treue.

      EINE NEUE SCHULE HAT DURCHSCHLAGENDE WIRKUNG

      Eine der Einrichtungen, die unter der Präsidentschaft von N. H. Knorr neu eingeführt wurden und die sich auf den Predigtdienst sehr auswirkten, ist die wöchentliche Theokratische Predigtdienstschule. Durch diese hervorragende Einrichtung war es möglich, in kurzer Zeit aus vielen Brüdern, die nie gedacht hätten, daß sie je wirkungsvoll öffentlich sprechen könnten, gute Redner zu machen, die auch wirkungsvolleren Predigtdienst durchführten. In ganz Südafrika hießen die Brüder diese neue Vorkehrung Jehovas willkommen und setzten sie begeistert in die Tat um, und zwar nicht nur die weißen Verkündiger, sondern auch die afrikanischen Brüder, obwohl sie wegen der Sprache und der mangelnden Bildung große Schwierigkeiten hatten.

      Zu denen, die 1943 Schulaufseher wurden, gehörte Bruder Samuel Mase. Im Jahre 1938 war er noch Mitglied der kommunistischen Partei gewesen. Um diese Zeit herum kaufte er sich das Buch Reichtum, da er hoffte, er würde dadurch mit dem Geschäftsleben vertraut werden. Er hatte auch Schwierigkeiten mit bösen Geistern und machte schreckliche Nächte durch. Mehrere Besuche bei Medizinmännern halfen ihm nicht. Doch sobald er das Wachtturm-Studium besuchte, änderte er sich völlig. Mehr als alles andere beeindruckte ihn die Liebe der Brüder, die den verschiedensten Stämmen angehörten. Unter ihnen fand er eine wunderbare Einheit vor, wie er sie bei seinen Bekannten in der Politik nie erlebt hatte. Er wurde in einer afrikanischen Versammlung im Reef-Gebiet Schulaufseher, begann später mit dem Pionierdienst und wurde als Kreisaufseher eingesetzt.

      Die Theokratische Predigtdienstschule trug dazu bei, daß das Werk unter den Afrikanern schneller voranschritt. Die kleine Gruppe, die Hamilton Kaphwitt in Pretoria gegründet hatte, hatte sich bis 1945 zu einer großen Versammlung mit 181 Gliedern entwickelt. Etwa um diese Zeit begann die Regierung, die Eingeborenenviertel aus der Stadt Pretoria selbst zu verlagern. Die Versammlung der Afrikaner war bereits fast doppelt so groß wie die der Weißen. Daran läßt sich der großartige Fortschritt unter den Afrikanern während des Zweiten Weltkrieges ablesen. Zu Beginn des Krieges kamen auf jeden afrikanischen Verkündiger zwei weiße Verkündiger, doch mit Kriegsende verschob sich das Verhältnis, und an vielen Orten gab es mehr afrikanische Brüder als weiße.

      Im Jahre 1945 gab es in Johannesburg eine Versammlung von Weißen mit 113 Verkündigern und 4 afrikanische Versammlungen, zu denen über 500 afrikanische Brüder gehörten.

      Auch in Kapstadt war Wachstum zu verzeichnen. Als es insgesamt 135 weiße Brüder gab, waren in der Kapstädter Versammlung Salt River, die sich aus Mischlingen zusammensetzte, 138 Verkündiger. Die Versammlung wurde kurz darauf geteilt, und 4 neue Versammlungen wurden gegründet.

      Etwa um diese Zeit kam Nicholson Makhetha in die Wahrheit, ein Negeralbino. Er wurde 1944 auf einem Kongreß getauft. Im Jahre 1940 wurde Bruder Makhetha Pionier, und später wirkte er mehrere Jahre lang als Kreisaufseher. Da er die englische Sprache gut beherrschte, übersetzte er auf großen Kongressen oft vom Englischen in die Sesotho-Sprache. Er hatte auch das Vorrecht, in seinem Heimatland Lesotho die Veröffentlichungen der Gesellschaft in diese Sprache zu übersetzen.

      FORTSCHRITT IN NJASSALAND

      Bis zum Jahre 1940 war die Zahl der christlichen Versammlungen in Njassaland auf 60 angestiegen. Der Widerstand der Kirche gegen das Predigen des Königreiches hatte zugenommen. Katholische Priester sagten den Leuten, unser Werk wäre schon längst verboten worden, wenn das Land unter der Herrschaft Roms stände. Auf jeden Fall, so sagten sie, würde der Papst das Werk der Gesellschaft bald zerstören und „Rutherford und alle Zeugen Jehovas draußen im Meer versenken“.

      Ein Vorfall veranschaulicht die hinterhältigen Methoden der Lehrer der falschen Religion: Fünf römisch-katholische Lehrer, Afrikaner, regten sich darüber auf, daß eine Schallplatte in Njandscha abgespielt worden war. Darauf sandten sie einen Bericht an den Bezirkskommissar, in dem sie sich beschwerten, jemand ginge mit einem Grammophon durch die Dörfer und erzähle den Leuten, Harmagedon sei da und alle Weißen würden vernichtet werden. Natürlich taten sie dies vorsätzlich, um die Besorgtheit und die Feindschaft der weißen Beamten zu wecken, doch die Untersuchungen der Behörden zeigten, daß der Bericht falsch war, und so wurde die Sache fallengelassen.

      Der Aberglaube spielt im Leben der Afrikaner gewöhnlich eine große Rolle, doch die Wahrheit macht sie von dieser geistigen Fessel frei. Diejenigen, die dem Aberglauben versklavt sind, gebrauchen daraufhin ihre besonderen Waffen gegen Jehovas Diener. Als beispielsweise eine Versammlung der Zeugen Jehovas von Dorf zu Dorf predigte, folgte ein Löwe ihrem Weg und zerriß mehrere Dorfbewohner. Dies veranlaßte abergläubische Menschen, Jehovas Zeugen die Schuld dafür zuzuschreiben, daß der Löwe auf sie aufmerksam geworden war. Die katholischen Lehrer schlugen daraus natürlich Kapital.

      Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges mehrten sich die Schwierigkeiten für das Königreichswerk in Njassaland, doch die Regierung zeigte weiterhin eine faire Haltung. Das geht aus einer Äußerung des Gouverneurs, Sir H. C. D. Mackenzie-Kennedy, hervor, der sagte: „Ich kenne die Leute vom Wachtturm seit 25 Jahren. Mir ist bekannt, daß sie in manchen Ländern verfolgt und nicht anerkannt werden. In diesem Land werde ich sie an ihrer Tätigkeit nicht hindern, solange sie sich an das Gesetz halten.“ Auch einige afrikanische Beamte trugen dazu bei, daß die Möglichkeit zur Ausbreitung der Königreichsbotschaft erhalten blieb.

      Bis zum Jahre 1943 hatte das Werk so gute Fortschritte gemacht, daß es monatlich nunmehr durchschnittlich 2 464 Verkündiger in 144 Versammlungen gab. Doch in jenem Jahr wurde ein neuer Gouverneur ernannt und auch ein neuer Polizeikommissar. Die Regierung hielt eine große Lieferung des Buches Reichtum in Njandscha zurück. Im Juni 1943 wurde durch die Regierungsbekanntmachung Nr. 77 bekanntgegeben, daß jegliche Einfuhr von Literatur der Gesellschaft verboten sei. Dies wirkte sich aber auf die Tätigkeit im Lande nicht sehr aus, da bereits große Vorräte in Njassaland waren.

      Die „Watchtower-Bewegungen“ hatten noch einen großen Einfluß. Sie waren immer noch tätig und brachten Schmach auf den Namen der Gesellschaft. Elliott Kamwana wurde 1937 aus der Verbannung auf den Seychellen freigelassen und kehrte als Führer einer dieser Bewegungen zurück. Auch Willie Kavala, der fälschlich behauptete, der Führung Richter Rutherfords zu folgen, machte seine eigene kleine Gruppe auf. Unter diesen Umständen war es gut, daß die Gesellschaft besondere Ausweiskarten an die Verkündiger ausgab und der Regierung die Namen derjenigen mitteilte, denen sie Ausweise ausstellte. So wurde deutlich zwischen Jehovas Zeugen, die unter der Leitung der Watch Tower Bible and Tract Society tätig waren, und heidnischen Bewegungen mit ähnlichem Namen unterschieden.

      Während des Jahres 1944 wurde der Ausdruck „die neue Welt Jehovas“ von der Bevölkerung Njassalands mit großer Begeisterung aufgenommen. In einem Vortrag über die neue Welt erklärte ein Bruder: „Als Adam sündigte, waren ihm im Garten keine Kinder geboren worden; alle wurden im ,Urwald‘ geboren, und wir befinden uns immer noch im ,Urwald‘, meine Freunde, wir sind noch nicht in den Garten zurückgekehrt. Doch die Zeit ist jetzt nahe, daß wir diese ,matekenya‘-(Sandfloh-)Welt verlassen und in die von Jehova errichtete neue Welt eintreten.“ In einer Gegend folgten die Interessierten den Zeugen Jehovas von Ort zu Ort, um sich an den Verheißungen des Wortes Gottes zu sättigen.

      Im Jahr darauf hatte die kraftvolle Botschaft der Bibel begonnen, der falschen Religion das Wasser abzugraben. Mehrere afrikanische Geistliche gingen, nachdem sie einen Vortrag über die neue Welt gehört hatten, geschlossen zu einem weißen Missionar und sagten: „Warum haben Sie uns das nie erzählt? Heute gehen kleine Jungen und Mädchen zu den Leuten und erzählen ihnen die wunderbarsten Dinge, die sie je gehört haben. Und Sie lassen uns Lehren predigen, die sich jetzt als falsch herausstellen! Und wenn wir uns vor die Menschen stellen, um zu predigen, stehen wir dumm da und haben überhaupt keine Grundlage für das, was wir sagen!“

      SCHWIERIGKEITEN IN SÜDRHODESIEN WERDEN ÜBERWUNDEN

      Im Jahre 1939 gab es in Südrhodesien etwa 15 weiße Verkündiger, hingegen etwa 460 afrikanische. Eine sehr große Hilfe für die afrikanischen Brüder war die erste Broschüre in Chishona, der hauptsächlichen afrikanischen Sprache im Land.

      Inzwischen unterwies Jack McLuckie, der alleinstehende Verkündiger mit seiner eigenen Goldmine, seine Familie in der Wahrheit. Er wohnte in einem sehr einfachen Haus aus geflochtenen Zweigen und Lehm, und der Boden war aus senga — mit Wasser angerührter Kuhmist, der nach dem Trocknen hart wird. Wenn der Boden hart ist, riecht man nichts, und man kann ihn täglich fegen. Bruder McLuckie erzog seine Kinder gewissenhaft in der Wahrheit. Unter anderem las er ihnen einige Verse aus der Bibel vor und stellte ihnen dann Fragen, um zu sehen, wieviel sie verstanden hatten. Ian, der Jüngste, war damals noch sehr klein, doch er erinnert sich an diese Bibelstudien. Die frühe Erziehung kam ihm gut zustatten, als er später Pionier wurde, die Gileadschule absolvierte und in den Missionardienst eintrat.

      Im Jahre 1939 kam auch eine andere Familie McLuckie nach Südrhodesien — Bert McLuckie und seine Frau Carmen, ihr gerade geborener Sohn Peter und zwei Kinder aus seiner ersten Ehe. Bert McLuckie kam mit der Wahrheit 1927 das erstemal in Berührung und half vielen seiner Verwandten, sie anzunehmen. Der „Stamm“ der McLuckies ist im Zentrum und im Süden Afrikas sehr bekannt.

      Kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Jahre 1939 sahen sich die beiden Familien McLuckie und die anderen Verkündiger in Südrhodesien vor Schwierigkeiten. Am 15. November 1940 verbot die Regierung die Einfuhr und Verbreitung der Literatur der Gesellschaft; selbst die Emphatic Diaglott, eine englische Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften, wurde verboten. Als Grund für das Verbot gab man vor, die Literatur würde zum Widerstand gegen die Kriegsanstrengungen aufrufen. Das Büro in Kapstadt reichte unverzüglich bei dem König von England, dem Premierminister von Großbritannien, dem Kolonialminister, dem Gouverneur von Südrhodesien und allen Parlamentsabgeordneten eine Klage ein. Dieser Brief wurde offiziell nicht bestätigt. Einige Tage darauf sprach ein Kriminalpolizist im Auftrag der Regierung von Südrhodesien bei George Phillips in Kapstadt vor. Man wollte unbedingt etwas über die Person des Schreibers wissen.

      Bert McLuckie erzählt, daß es einige Brüder gegeben habe, die zur Zeit dieses Verbots der Literatur aus Furcht zurückgewichen seien; doch die meisten fuhren mit größerer Begeisterung fort. Sie waren entschlossen, durch Verbreitung von Literatur herauszufinden, wie streng das Gesetz eingehalten würde. Das Ergebnis waren Verhaftungen, Anklagen, und die Verurteilung war unausweichlich. Bücher, Bibeln, Grammophone und Schallplatten wurden beschlagnahmt und später auf Anordnung des Gerichts verbrannt. Einige Fälle kamen vor den Hohen Gerichtshof von Südrhodesien, doch in der Aufregung und unter dem Druck des Krieges lautete die Entscheidung gegen die Gesellschaft.

      Nach den Worten Jack McLuckies gab es zu jener Zeit etwa 16 weiße Zeugen, von denen die meisten irgendwann einmal wegen Verbreitung der verbotenen Literatur im Gefängnis waren, einige zwei- oder dreimal. Zu jener Zeit kamen auch viele Brüder ins Gefängnis, weil sie sich im Krieg neutral verhielten. Sie nutzten die Zeit im Gefängnis aus, ein gutes Zeugnis zu geben, und nachdem die Brüder freigelassen worden waren, studierten einige der Beamten die Bibel mit den Zeugen.

      Einmal wurde auch Bert McLuckies Frau Carmen verhaftet und zu der üblichen Strafe von 25 Pfund oder 3 Monaten Gefängnis verurteilt. Sie war damals gerade schwanger. Ein erfolgloses Berufungsverfahren verzögerte die Angelegenheit, und unterdessen brachte Schwester McLuckie ein kleines Mädchen zur Welt. Nach einiger Zeit kam eine Polizistin, um Schwester McLuckie zu verhaften, und ihr Mann mußte zusehen, wie seine Frau und sein Kind nach Gwelo ins Gefängnis gebracht wurden. Das Kind hätte zwar zu Hause bleiben können, doch sie meinten, es sei für Mutter und Kind das beste zusammenzubleiben. Während der Zeit, in der die kleine Estrella mit ihrer Mutter im Gefängnis war, war eine Mörderin Kindermädchen. Als Mutter und Kind nach 3 Monaten freigelassen wurden, vergoß sie bittere Tränen.

      Bruder Bert McLuckie selbst war mehrere Male im Gefängnis. Dort war er mit Leuten zusammen, die wegen schmutziger und bösartiger Verbrechen verurteilt worden waren. Er sagte, er habe weder vorher noch nachher eine solch schmutzige Sprache gehört. Dennoch hatten zwei der Insassen ein hörendes Ohr für die Königreichsbotschaft. So kam es, daß Bruder Bert McLuckie zwei Häftlinge im Gefängnis taufte, während die anderen alle zum Sport im Hof waren.

      Im Jahre 1942 veröffentlichten die weißen Brüder in Südrhodesien die Broschüre Jehovah’s Witnesses: Who Are They? What Is Their Work? Sie schickten sie an den Gouverneur und andere Regierungsbeamte und verbreiteten sie in der Öffentlichkeit. Bruder Bert McLuckie kann sich daran sehr gut erinnern. Seine Frau wurde während dieser Tätigkeit sogar wieder einmal verhaftet, doch ihr Fall wurde nicht aufgegriffen, und sie wurde nicht angeklagt.

      Im Jahre 1943 war die durchschnittliche Zahl der Verkündiger auf 1 090 gestiegen, und sie stieg in Südrhodesien weiterhin schnell an. Im Jahr darauf wurden für die afrikanischen Brüder Kongresse abgehalten. Auf dem Kongreß in Bulawayo waren 1 028 Besucher, und in Mrewa hörten 347 den öffentlichen Vortrag. Auf beiden Kongressen wurden 50 Neue getauft. Der Kongreß für die weißen Brüder fand ebenfalls in Bulawayo statt und hatte eine Besucher-Höchstzahl von 73. Die Brüder wurden dadurch ermutigt, im Werke fortzufahren. Sie blickten der Zeit entgegen, in der die Gesellschaft die Genehmigung erhalten wurde, ein Literaturlager zu eröffnen und einen offiziellen Vertreter ins Land zu senden.

      EIFRIG TROTZ VERFOLGUNG

      Während des Jahres 1940 kam es in Nordrhodesien im Gebiet des Kupfergürtels zu weiteren Unruhen, und an einem Ort wurden mehrere Afrikaner getötet. Dieses Mal machten die Feinde Jehovas Zeugen nicht zum „Sündenbock“. Die Anführer waren alle römisch-katholisch, doch davon erwähnte die Regierung nichts. In der Zwischenzeit waren Jehovas Zeugen im Gebiet des Kupfergürtels viel stärker und eifriger als je zuvor.

      Im Dezember 1940 kam eine Bekanntmachung der Regierung heraus, in der die Einfuhr und Verbreitung sämtlicher Literatur der Gesellschaft verboten wurde. Man durchsuchte die Häuser der Brüder. Einige wurden ins Gefängnis gesteckt, weil sie Literatur besaßen. In einem Fall wurden die beiden Brüder Gibson Chembe und Lamond Kandama mehrere Male schwer geschlagen, weil sie sich weigerten, ihre Bücher vor den Augen vieler Menschen, darunter einige Häuptlinge, zu verbrennen. Dies geschah mit Wissen des Leiters der Polizei und der Verwaltung am Ort. Der Bericht, der darüber an das Büro in Kapstadt geschickt wurde, wurde von der Zensur festgehalten, und man ließ Llewelyn Phillips zum Leiter der Sicherheitsabteilung kommen. Nach Darlegung der Sachlage versprach dieser eine Untersuchung. Bei der Regierung in Lusaka und beim Kolonialamt in London wurde ein Protest eingereicht. Die Regierung setzte daraufhin einen Untersuchungsausschuß ein, der den Leiter der Verwaltung und der Polizei zurechtwies, und danach kam es zu keinen weiteren Bücherverbrennungen mehr.

      Als nächstes gab die Regierung im März 1941 bekannt, alle Weißen und Afrikaner sollten sämtliche Literatur der Watch Tower Society innerhalb von zwei Monaten beim nächstgelegenen Boma (Gericht) abliefern, andernfalls mache man sich strafbar. Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, daß alle, die wirklich Zeugen für Jehova waren, sich weigerten, dies zu tun, was weitere Verhaftungen zur Folge hatte. Das Literaturdepot der Gesellschaft wurde durchsucht. Der Depotdiener, Llewelyn Phillips, trat mutig und standhaft auf und weigerte sich, die in seinem Besitz befindliche Literatur abzuliefern. Er wurde zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Anfang desselben Jahres war er einen Monat im Gefängnis gewesen, weil er den Kriegsdienst abgelehnt hatte.

      Während des folgenden Jahres trat keine Erleichterung ein. Llewelyn Phillips wurde wegen des Kriegsdienstes noch einmal verhaftet, legte aber Berufung ein. Er verbrachte 3 Monate im Gefängnis, bevor man seine Berufung verhandelte. Er berichtet über den Ablauf selbst: „Die Berufungsverhandlung, die 3 Monate später stattfand, war eine ganz offizielle Angelegenheit. Der Lordoberrichter saß auf der Richterbank und der Kronanwalt führte die Anklage. Der Richter holte eine Bibel vor, bei der mehrere Papierstreifen aus verschiedenen Seiten herausschauten. Er begann mit der Frage, welches Recht Jehovas Zeugen auf Kriegsdienstverweigerung hätten, wenn doch Moses ein Mann des Krieges gewesen sei. Als er daran erinnert wurde, daß dieser treue Mann des Glaubens wohl kein Christ gewesen sein konnte, da er 1 500 Jahre vor Christus gelebt habe, schwand seine Begeisterung für biblische Fragen, und nach kurzer Zeit legte er die Bibel beiseite. Als der Richter den Hinweis hörte, daß die Apostel — wären sie noch am Leben — wahrscheinlich auch auf der Anklagebank sitzen würden, war er sichtlich ergriffen.“ Die Strafe für Bruder Phillips wurde daraufhin auf die Zeit herabgesetzt, die er bereits im Gefängnis gewesen war, so daß er den Gerichtssaal als freier Mann verlassen konnte. Acht der zwölf Monate des Dienstjahres 1942 hatte er sich im Gefängnis befunden.

      Das Predigtwerk breitete sich weiter aus, trotz der Schwierigkeiten, die es wegen Verfolgung, Nahrungsmittel- und Literaturknappheit gab. Um dem Mangel an Literatur entgegenzuwirken, bereiteten die Brüder Fragen und Antworten aus der Bibel vor, die die Verkündiger bei ihren Bibelstudien verwenden konnten. Durch den Krieg gab es auch wenig Ersatzteile für Fahrräder, was bedeutete, daß die meisten Afrikaner ohne ihr Haupttransportmittel auf den einfachen Urwaldpfaden auskommen mußten. Doch das Werk in Nordrhodesien machte trotzdem wunderbare Fortschritte. Die durchschnittliche Zahl der Verkündiger stieg 1944 auf 3 062 an, eine 116prozentige Zunahme seit 1941! Trotz all ihrer Probleme standen die Verkündiger jeden Monat 30 Stunden im Predigtdienst. Mittlerweile war die gute Botschaft auch in das Nachbarland Kongo vorgedrungen.

      Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich noch kein Weißer in Nordrhodesien öffentlich Jehovas Zeugen angeschlossen. Weshalb? Im Jahrbuch (engl.) von 1943 wurde ein möglicher Grund genannt: „Bei den Weißen, die für unsere Botschaft empfänglich sind, herrscht eine große Furcht, da sie glauben, ihre Stellung sei gefährdet, wenn sie dies öffentlich bekanntmachen und dafür eintreten.“ Mehrere Europäer, darunter Regierungsbeamte, waren aber gegenüber den Zeugen sehr freundlich. Ein Distriktkommissar zahlte sogar zwei Zeugen je 5 Shilling als Entschädigung dafür, daß sie von seinem Vorgänger widerrechtlich eingesperrt worden waren. Ein anderer Beamter holte seinen schwarzen Diener (der im Gefängnis gesessen hatte, weil er unsere Literatur besaß) mit seinem Wagen ab, als seine Strafe abgelaufen war, und brachte ihn an die Arbeit zurück. Diese Änderung in der Haltung vieler Weißer war zweifellos auf das gute Zeugnis zurückzuführen, das die Brüder durch ihren Wandel gaben. Im Jahrbuch (engl.) von 1944 hieß es darüber: „Die Anhänger der Gesellschaft genießen überall ... den besten Ruf, und es ist allgemein bekannt, daß Farmer und andere Arbeitgeber ausdrücklich verlangen, daß nur sie eingestellt werden.“

      Im Jahre 1945 zogen Bruder und Schwester Bridger, ein Ehepaar, das die Wahrheit um das Jahr 1916 herum im Oranjefreistaat von Japie Theron gehört hatte, von Johannesburg nach Luanshya, wo Bruder Bridger unter den Weißen Pionierdienst leistete. Er berichtet, daß er eine ganze Stadt bearbeitete und dabei 1 000 Broschüren abgab. Er traf dort eine Familie an, mit der er zuvor in Johannesburg studiert hatte, eine Frau Scheepers und deren Tochter, Frau Joubert. Die ganze Familie kam in die Wahrheit. Heute sind bereits die Urenkel im Dienst Jehovas tätig. Bruder Bridger hörte auch von einigen Leuten, die „nicht an Weihnachten glaubten“. Er konnte Verbindung mit ihnen aufnehmen und fand vier weitere Personen, die mit unserem Werk in Südafrika verbunden gewesen waren. Er begann, mit ihnen zu studieren, und dadurch wurde der Kern der ersten Versammlung von Weißen in Nordrhodesien gebildet. Bruder und Schwester Bridger waren auch unter den Afrikanern tätig, die in Lagern wohnten.

      WEITER NACH BAROTSELAND

      Weitere Verstärkung aus der Südafrikanischen Union kam 1945, als Bruder C. Holliday (der Ehemann der bereits erwähnten Schwester M. Holliday) eintraf. Bruder George Phillips, der Zweigaufseher in Kapstadt, hatte ihn eingeladen, als „reisender Diener und Vertreter von Bruder Llewelyn Phillips“ zu dienen. Während er in Nordrhodesien war, besuchte er Barotseland, ein Gebiet von 735 000 Quadratkilometern, das westlich der Victoriafälle am Oberlauf des Sambesi liegt. Er wurde von einem interessierten Weißen begleitet sowie von einem afrikanischen „Diener für die Brüder“, der als Reiseleiter und Dolmetscher wirkte.

      Die Reise war sehr beschwerlich. Zuerst fuhren sie mit einem privaten Holztransportzug nach Massesse, wo sie haltmachten, sich mit einigen Zeugen Jehovas trafen und die Gründung einer Versammlung vorbereiteten. Den nächsten Abschnitt ihrer Reise legten sie auf einem Schienenwagen zurück, der von einem Vorarbeiter geliehen worden war und von zwei Afrikanern geschoben wurde, bis die Reisenden einen Ort erreichten, an dem sie von einem regierungseigenen Lastwagen mitgenommen werden konnten. Dieser brachte sie nach Katima Molilo. Ein anderer Lastwagen nahm sie nach Ngwesi mit. Dort wurden sie von Brüdern abgeholt, die von Senanga gekommen waren, um sie in Empfang zu nehmen und ihr Gepäck zu tragen. Die restliche Reise nach Senanga legten sie zum größten Teil in drei Kanus zurück. Einmal hatten sie ein haarsträubendes Erlebnis, als zum Entsetzen Bruder Hollidays ein Flußpferd eines der Kanus in die Luft hob. Der Paddler hielt sich aber geschickt im Gleichgewicht und versetzte dem Tier mit seinem Paddel einen Schlag. Dies führte zum gewünschten Erfolg, und zur allseitigen Erleichterung schwamm das Flußpferd davon.

      Bei ihrer Ankunft in Senanga wurden sie von einer riesigen Volksmenge willkommen geheißen, die sich dort eingefunden hatte. Manche waren 8 oder 9 Tage gereist, um dabeizusein. Alle waren äußerst gespannt und neugierig, was sich ihnen bieten würde. Dies war der erste Besuch eines weißen Bruders, und viele hatten noch nie einen Weißen gesehen. Der inoffizielle Kongreß, den sie abhielten, wirkte sich sehr zur Ermunterung aus.

      Während Bruder Holliday die Versammlung in Mufulira besuchte, lernte er den Verwalter des Wohnlagers der afrikanischen Arbeiter, Mr. Ford, kennen, der sich von der guten Arbeit und der Zuverlässigkeit der „Watch Tower boys“ beeindruckt zeigte. Er war einer der Beamten, die in dem Bericht im Jahrbuch 1946 der Zeugen Jehovas erwähnt wurden: „Die offizielle Einstellung läuft immer noch auf Nichtanerkennung hinaus; aber im einzelnen gibt es einige ermutigende Beispiele für eine deutliche Achtung vor der Sauberkeit, Anständigkeit und dem Fleiß der Zeugen Jehovas. Diejenigen, die die direkte Aufsicht über die Afrikaner haben, beginnen stark beeindruckt zu werden von den Massen, die sich uns jetzt in den Bergwerksbezirken anschließen, wo es nichts Ungewöhnliches ist, sich mit 800 Personen zu versammeln. So hat beispielsweise die Stadtverwaltung von Mufulira nach vier Monaten Korrespondierens gratis ein Stück Land für die Errichtung eines Königreichssaales zur Verfügung gestellt. Das ist einigen Beamten zu verdanken, die freimütig zu unsern Gunsten sprachen.“ Dieses Gebäude war das erste seiner Art in Nordrhodesien.

      So brach sich das Werk in Nordrhodesien während der ersten Hälfte der 1940er Jahre trotz der Verfolgung seine Bahn. Dies traf auch auf andere Länder zu, die dem Zweigbüro in Südafrika unterstanden.

      IN BASUTOLAND WIRD TROTZ DES VERBOTS GEPREDIGT

      Anfang der 1940er Jahre statteten Bruder Frank Taylor und seine Frau Basutoland (jetzt Lesotho) einen Besuch ab. Sie fanden so viel Interesse vor, daß die Afrikaner ihnen an vielen Orten nachliefen, um Literatur zu bekommen. Sie wurden aber von der Behörde überwacht, und man drohte ihnen, alle ihre Literatur zu beschlagnahmen, wodurch sie zur Weiterreise gezwungen wurden.

      Im Februar 1941 wurde jegliche Einfuhr unserer Literatur nach Basutoland verboten. Das Verbot wurde, so seltsam es klingen mag, erlassen, bevor es auch nur e i n e n Zeugen Jehovas im Lande gab. Doch während des Verbots nahm das Königreichswerk Formen an und machte sehr gute Fortschritte. Einige Brüder fuhren mit dem Tonwagen der Gesellschaft durch das Land, strahlten die Schallplattenvorträge der Gesellschaft aus und verbreiteten Literatur, doch erst 1942 ging im Zweigbüro ein Bericht von zwei Verkündigern aus Basutoland ein. Einer dieser ersten Verkündiger war Bruder L. Ramosena, der die Wahrheit eigentlich das erstemal gehört hatte, während er in Vereeniging in Transvaal gearbeitet hatte. Bruder Ramosena war von der Botschaft so begeistert und spürte ein so starkes Verlangen, sie in seinem Heimatland zu verbreiten, daß er nach Hause zurückkehrte und emsig predigte, wobei er in einem Ort namens Teyateyaneng begann.

      Bald erhielt Bruder Ramosena die Unterstützung eines anderen Bruders, der die Wahrheit in Johannesburg angenommen hatte, und gemeinsam radelten sie in die Nachbardörfer, um die gute Botschaft zu verbreiten. Sie organisierten kleine Zusammenkünfte, und die Gruppe wuchs. Ein Jahr darauf, im Jahre 1943, waren es vier Verkündiger — eine 100prozentige Zunahme!

      In Lesotho predigt man anders von Haus zu Haus als in den meisten anderen Ländern. Der Verkündiger grüßt laut und deutlich: „Khotso!“, was „Frieden!“ bedeutet, egal, ob der Hausherr im Haus oder draußen ist. Der Wohnungsinhaber sagt darauf ebenfalls: „Khotso!“ Sodann wird der Verkündiger hereingebeten, erhält einen Stuhl, und man erkundigt sich gegenseitig nach der Gesundheit. Nach der traditionellen Begrüßung kann der Verkündiger beginnen, den Zweck seines Besuches zu erklären.

      Obwohl die katholische Kirche und die französische Missionsgesellschaft im Land festen Fuß gefaßt haben und viele Leute zu einer der beiden oder zu beiden Religionsgemeinschaften gehören, halten viele Basutos immer noch an ihren heidnischen Traditionen der Ahnenverehrung fest, und bis vor kurzem wurden auch noch Ritualmorde verübt, bei denen Menschen umgebracht wurden, um bestimmte Körperteile für sogenannte medizinische Zwecke zu bekommen. Doch trotz dieser Hindernisse wuchs die kleine Gruppe der Königreichsverkündiger, und 1948 gab es 9 Verkündiger der guten Botschaft.

      Da viele Häuptlinge katholisch sind, stehen sie dem Königreichswerk oft gegnerisch gegenüber, doch einige haben ein aufrichtiges Herz. Im Jahre 1951 besuchte ein Pionier einen Häuptlingskraal in Leribe. Er wurde zum Essen eingeladen. Zwei Geistliche waren ebenfalls anwesend. Der Pionier gab dem Häuptling Zeugnis und belegte jeden Punkt mit der Bibel. Die beiden Priester wurden wütend und verließen zornig den Kraal, der Häuptling aber freute sich sehr, und man konnte ein Bibelstudium mit ihm beginnen. Nach einiger Zeit spornte er die Bewohner seines Gebietes an, ebenfalls die Bibel zu studieren, worauf so viele ein Bibelstudium wollten, daß der Pionier in der Versammlung sie nicht alle durchführen konnte. Das Jahr entwickelte sich gut, und 1951 bestanden 5 kleine Versammlungen in Basutoland. Im Jahr darauf waren dort durchschnittlich 53 Verkündiger und 10 Pioniere tätig.

      DAS LICHT ERSTRAHLT HELLER IN TANGANJIKA

      Auch weiter im Norden, in Tanganjika, machte das Werk unter den afrikanischen Brüdern Fortschritte. Nach dem Jahr 1936 gingen bei der Gesellschaft in Kapstadt vereinzelt Briefe aus Tanganjika ein, die zeigten, daß das Licht der Wahrheit in diesem Teil Afrikas schien, wenn auch nur schwach. Im Jahre 1942 beteiligten sich 158 Brüder am Werk. Gemäß dem Jahrbuch von 1945 zeigten die Berichte aus Tanganjika an, daß sich der Widerstand verstärkte und die Literatur beschlagnahmt wurde, daß es aber jeden Monat durchschnittlich 75 Verkündiger gab, von denen jeder etwas über 8 Stunden Predigtdienst berichtete. Die Gesellschaft konnte die Brüder nur auf brieflichem Wege ermuntern, was sie auch tat. Im Jahre 1945 gab es nur 144 Verkündiger in 3 Versammlungen, die den fast 6 000 000 Einwohnern des Landes predigten. Sie gaben hauptsächlich mündlich Zeugnis und führten Rückbesuche und Heimbibelstudien durch. Hin und wieder traf Lesestoff bei ihnen ein, was große Freude hervorrief. Es wurde dafür gesorgt, daß möglichst alle daraus Nutzen zogen. Im Jahre 1946 war ihre Zahl auf 227 Verkündiger und 7 Versammlungen angewachsen. Die Brüder waren beträchtlicher Gegnerschaft durch die Organisationen der falschen Religion ausgesetzt und brauchten unbedingt organisierte Leitung und Literatur in Suaheli.

      Im Januar 1948 wurde ein Diener für die Brüder, der Ciwemba sprach, von Nordrhodesien nach Tanganjika gesandt, um die Versammlungen zu besuchen. Er arbeitete mit den 8 Versammlungen im Bezirk Mbeya zusammen und ermunterte und erbaute die Brüder. Die einzige weitere Versammlung, die sich an der Grenze nach Nordrhodesien befand, wurde von einem anderen Diener für die Brüder besucht. Dies zeitigte Ergebnisse, und sogar Häuptlinge zeigten Interesse für die Wahrheit. Nun wurde Tanganjika auch dem neugebildeten Zweig Nordrhodesien unterstellt. Heute wird das Werk in Kenia, Uganda und Tanganjika vom Zweigbüro der Gesellschaft in Kenia aus geleitet. Das Königreichswerk in jenem Gebiet macht schnelle Fortschritte und bringt dem Namen Jehovas viel Ehre.

      EIN NEUER FELDZUG BEGINNT

      Der Feldzug mit Zusammenkünften für die Öffentlichkeit begann in Südafrika im Juni 1945 und wurde von den Brüdern begeistert unterstützt. Durch die Theokratische Predigtdienstschule gab es jetzt viele Redner. Man übersetzte die Redepläne in die hauptsächlichen afrikanischen Sprachen, und die Brüder, die unter jenen Sprachgruppen arbeiteten, organisierten diesen neuen Feldzug ebenfalls.

      Viele Brüder waren schüchtern, und es war natürlich, daß sie Angst hatten, öffentliche Ansprachen zu halten. Zu ihnen gehörten Piet Wentzel und sein Partner Frans Muller, die als Pioniere in Vereeniging dienten. Als der Feldzug im Informator (später Königreichsdienst genannt) behandelt wurde, waren sie sich einig, daß das nichts für sie wäre. Sie hatten nie einen öffentlichen Vortrag gehalten. Doch wiederholte Aufforderungen im Informator machten ihnen Mut, und so suchten sie sich Vorträge aus und begannen mit der Vorbereitung. Zum Üben wählten sie sich eine einsame Stelle am Flußufer, stellten sich in genügender Entfernung voneinander auf und sprachen zu ihrer still dahinfließenden „Zuhörerschaft“ — dem Fluß! Ungefähr einen Monat lang gingen sie in jeder Mittagspause an den Fluß und übten, bis sie einigermaßen Zutrauen gefaßt hatten, zu einer wirklichen Zuhörerschaft zu sprechen. Sie bestellten Handzettel und taten viel, um den Vortrag bekanntzumachen. Als der Tag herannahte, waren 37 Personen zu ihrem öffentlichen Vortrag anwesend. Sie waren für diesen guten Start sehr dankbar.

      DIE ORGANISATION IST STÄRKER GEWORDEN

      Im Vergleich zu vorhergehenden Jahren war 1945 ein verhältnismäßig ruhiges Jahr, was Verfolgung betraf. Es gab allerdings trotzdem einige kleinere Vorfälle, einen davon in Kimberley, das seit dem Beginn der Diamantenfunde in den 1870er Jahren das Zentrum der Diamantenförderung war. Ohne ersichtlichen Grund verabschiedete der Rat der Stadt Kimberley eine Resolution, nach der es Jehovas Zeugen verboten war, in die Siedlungen der Schwarzen zu gehen, um ihren Glauben zu verbreiten. Der Verwalter der Siedlungen wurde angewiesen, jeglicher Tätigkeit der Zeugen Einhalt zu gebieten und ihre Zusammenkunftsstätten zu schließen. In der Zeitung wurde dies unter der Überschrift veröffentlicht: „Russelliten in Afrikanersiedlungen verboten“.

      Der Verwalter der Wohnsiedlungen, ein Mann namens O’Brien, saß nicht untätig herum. In Abwesenheit der Brüder brach er in den Königreichssaal ein, bemächtigte sich der Literatur und des Übertragungsgerätes und zertrümmerte den kleinen Handwagen, mit dem das Gerät transportiert wurde. Hierauf übergab er die Stücke triumphierend den Zuschauern, die sie verfeuern sollten. Auch das Zweigbüro blieb nicht untätig. Der Rat der Stadt erhielt eine Frist von 48 Stunden, in der das beschlagnahmte Eigentum zurückgegeben und der zerstörte Handwagen ersetzt werden sollte; andernfalls würde Anzeige erstattet werden. Daraufhin hatte der Rat der Stadt 10 Pfund weniger in seiner Kasse, und O’Brien mußte klein beigegeben und das beschlagnahmte Eigentum selbst zum Königreichssaal zurückbringen. Zur Krönung des Ganzen brachte die Zeitung eine Meldung, in der es hieß, Jehovas Zeugen hätten einen weiteren Sieg errungen und führten ihr erzieherisches Werk in den Wohnsiedlungen der Schwarzen wie gewohnt durch.

      Im Mai 1945 endete schließlich nach 6 langen, schweren Jahren der Krieg in Europa. Im Fernen Osten dauerten die Kampfhandlungen noch eine Zeitlang an, bis die Atombomben den Widerstand Japans brachen. In Südafrika stieß man allgemein einen Seufzer der Erleichterung aus. Doch wenn die Zeugen auch den Kampf gegen das Verbot ausgefochten und siegreich beendet hatten, so war doch ihr ständiger Kampf gegen den „Samen“ der Schlange noch nicht vorüber.

      Bereits während des Weltkrieges hielt Jehovas Volk an 19 Orten den Kongreß „Vereinte Verkündiger“ ab. Zum erstenmal in der Geschichte des Königreichswerkes in Südafrika konnten sich die Brüder derselben guten Dinge zur selben Zeit erfreuen wie die Brüder in Amerika und anderswo. Das Programm und die Freigaben kamen gerade zur rechten Zeit.

      In Durban war die Zahl der Verkündiger inzwischen auf ungefähr 100 angestiegen, und diese kleine Gruppe führte einen großangelegten Feldzug zur Bekanntmachung des öffentlichen Vortrages durch. Dabei wurden 50 000 Handzettel, 2 000 persönliche Einladungsbriefe, 1 000 Plakate sowie viele große und kleine Spruchbänder eingesetzt. Die ganze Stadt war in Aufregung. Nie zuvor hatte man so etwas gesehen. Beim öffentlichen Vortrag waren 900 Personen anwesend, davon ungefähr 750 Außenstehende. Im ganzen Land wurde bei dieser Kongreßserie eine neue Anwesenden-Höchstzahl von 5 001 erreicht.

      Die Bethelfamilie im Zweigbüro Kapstadt hatte sich nun auf 14 erhöht; jeder wohnte noch privat oder in einer Pension und aß in einem Restaurant. Die kleine Druckerei hatte sehr viel zu tun und stellte 1945 2 562 817 Druckerzeugnisse her — eine bis dahin unerreichte Höchstzahl. Das 1943 veröffentlichte Buch „Die Wahrheit wird euch frei machen“ lag übersetzt in Afrikaans, Zulu und Sesotho vor.

      Die Organisation ging demnach im Süden Afrikas viel stärker und größer aus dem Zweiten Weltkrieg hervor, als sie zu Beginn des Krieges war. Trotz der Bemühungen der Gegner hatte das Werk Fortschritte gemacht und war gewachsen. Literaturverbote, Verunglimpfungen in der Presse und durch religiöse Fanatiker, Gerichtsfälle, Razzien der Polizei und Verhaftungen konnten dies nicht verhindern. Die Zahl der Versammlungen in Südafrika hatte sich mehr als verdoppelt; sie war von 115 auf 244 angestiegen. Im ganzen Süden Afrikas war die durchschnittliche Zahl der Verkündiger von 3 179 (im Jahre 1939) auf 12 289 (im Jahre 1945) angestiegen, was eine Zunahme von 286 Prozent bedeutete. Noch großartiger war der Zuwachs in der Südafrikanischen Union: von 439 Verkündigern im Jahre 1939 auf 2 991 im Jahre 1945 — eine Zunahme von 580 Prozent!

      FÜR DIE ZUKUNFT BAUEN

      Das Königreichswerk in Süd-, Zentral- und Ostafrika mußte angesichts der gewaltigen Zunahme während des Krieges gut organisiert werden, wenn in den kommenden Jahren gute Ergebnisse erzielt werden sollten. Aus den Berichten geht hervor, daß die Zahl der Zeugen von 3 179 im Jahre 1939 auf eine durchschnittliche Zahl von 14 089 im Jahre 1946 angewachsen war. In all den Gebieten, die damals dem südafrikanischen Zweigbüro in Kapstadt unterstanden, wohnten zu jener Zeit ungefähr 25 000 000 Menschen. Von diesen gehörten 90 Prozent den verschiedenen afrikanischen Stämmen in der südlichen Hälfte des Kontinents an. Die Mehrzahl der Weißen hingegen wohnte unmittelbar in der Südafrikanischen Union.

      In den nächsten Jahren sollte es weiteres beachtliches Wachstum geben. Neue Zweigbüros der Watch Tower Society würden in den verschiedenen Ländern eröffnet werden, damit die Interessen der schafähnlichen Menschen besser wahrgenommen werden könnten.

      An einigen Orten bestanden noch viele Mißverständnisse über unsere Tätigkeit. Als einige afrikanische Brüder aus Nordrhodesien im Oktober 1946 nach Johannesburg zu einem Kongreß fahren wollten, wurden sie an der Grenze nicht ins Land gelassen. Einer der Beamten fragte: „Ist der ,Watch Tower‘ nicht an umstürzlerischen Aktionen beteiligt gewesen?“ Man informierte die Beamten über die Tatsachen, doch den Brüdern wurde die Einreise trotzdem verweigert. Als Begründung wurde angegeben, in Johannesburg wo sich in den afrikanischen Satellitenstädten bereits Tausende in Notunterkünften aufhielten, seien nicht genügend Unterkünfte für sie. Die Beamten wollten nicht glauben, daß Jehovas Zeugen selbst für die Unterbringung ihrer anreisenden Brüder sorgen würden.

      Bücher wie „Gott bleibt wahrhaftig“ und „Ausgerüstet für jedes gute Werk“, die 1946 auf dem Kongreß in Cleveland (Ohio, USA) freigegeben worden waren, wurden von den Brüdern in Südafrika zwei bis drei Monate später auf ihrem Kongreß in Johannesburg begeistert entgegengenommen. Diese Bücher trugen viel dazu bei, daß die Diener Jehovas wirklich befähigtere Lehrer des Wortes wurden. Zwar wurde das tragbare Grammophon mit den biblischen Vorträgen auf Schallplatten immer noch eingesetzt, doch nun war es an der Zeit, daß die Königreichsarbeiter, ganz gleich, welcher rassischen Abstammung sie waren, lernten, mehr selbst zu predigen und zu lehren.

      Bruder M. Nguluh, einer der afrikanischen Kreisaufseher jener Tage, berichtet, daß in dieser Zeit eine ganze Anzahl afrikanischer Geistlicher verschiedener Religionen die Wahrheit annahm. Dazu gehörte Bethuel Rikhotso von der Schweizer Missionskirche, mit dem Bruder Nguluh Verbindung aufnahm, während er im Jahre 1946 gerade als Kreisaufseher in Graskop im Nordosten Transvaals war. Dieser Mann nahm die Wahrheit am ersten Abend, an dem er sie hörte, an. Als der Kreisaufseher das nächste Mal kam, hatte er alles so eingerichtet, daß im Kraal des obersten Häuptlings der Schangaan ein besonderer Vortrag gehalten werden konnte. Dadurch wurde ein wirksames Zeugnis gegeben, und in den Jahren darauf entstand in diesem Gebiet eine große Versammlung. Rikhotso selbst wurde im Januar 1947 Pionier.

      KREISDIENST UND KONGRESSE

      In jenen Tagen war die Arbeit der afrikanischen Kreisaufseher manchmal gefährlich. Bruder Nguluh erzählt, daß er zweimal beim Überqueren von Flüssen, die über die Ufer getreten waren, beinahe ertrunken wäre. Selbst heute noch müssen die afrikanischen Kreisaufseher viele Kilometer durch den Urwald gehen, um von einer Versammlung zur anderen zu gelangen, wobei sie mit Gepäck beladen sind und oft noch ihre Frau und ein kleines Kind bei sich haben.

      Im Februar 1947 trat eine neue Kreiseinteilung in Kraft. Südafrika war nun in 14 Kreise eingeteilt.

      In einigen Gebieten zeigten die Afrikaner außergewöhnliches Interesse. Ein afrikanischer Kreisaufseher berichtet, er habe denselben öffentlichen Vortrag an einem Tag dreimal gehalten. Er war in ein bestimmtes Gebiet gesandt worden, um eine neue Versammlung zu organisieren, und an einem Sonntag im August 1947 hielt er einen öffentlichen Vortrag. Er hatte 173 Zuhörer, fast alles Neuinteressierte. Er schreibt: „Nach dem Vortrag gingen die Zuhörer weg, um andere einzuladen, zu kommen und sich die Wahrheit anzuhören. Nachmittags 3 Uhr mußte ich einen zweiten öffentlichen Vortrag halten. Um 5 Uhr nachmittags kam eine weitere große Menge in den Saal und bat mich eindringlich, die Rede zu wiederholen, da sie von der 3-Uhr-Gruppe gehört hätten, daß in diesem Saal die Wahrheit gesagt werde. So hielt ich an jenem Nachmittag von 6 bis 7 Uhr den Vortrag zum dritten Male.“ Ein derartiges Interesse sollte wunderbare Mehrung zur Folge haben.

      Der erste Kreiskongreß in Südafrika wurde im April 1947 in Durban abgehalten. Milton Bartlett, Absolvent der 5. Klasse der Wachtturm-Bibelschule Gilead und erster Missionar dieser Schule in Südafrika, diente auf diesem Kongreß als Bezirksaufseher. Den afrikanischen Brüdern stand ein getünchter Saal in einer städtischen Wohnsiedlung in der Nähe der Stadtmitte zur Verfügung. Die Brüder bildeten eine sehr glückliche Gemeinschaft; sie waren weite Strecken gereist, da die gesamte Provinz Natal zu dem einen Kreis gehörte.

      Bruder Bartlett gibt folgende lebendige Schilderung dieses afrikanischen Kongresses: „Es war etwas Großartiges, die Einstellung der afrikanischen Zeugen zu sehen. Sie waren so sauber, so ruhig und ordentlich, so aufrichtig und lernbegierig und im Predigtdienst äußerst eifrig. Obwohl sie sich in dem Wohnlager befanden, hatten sie ihre dreibeinigen Töpfe mitgebracht, sie schlachteten ein Tier und bereiteten ihre Mahlzeit im Lager zu. Jeder Zeuge hatte seinen eigenen Emailleteller, eine Emailletasse und einen großen Löffel mit. Das war alles, was er brauchte. Doch als es festen Maismehlbrei gab, rollten sie ihn mit den Händen, tauchten einen Brocken in die Suppe und stopften ihn dann in den Mund.“

      Die Brüder hatten viel Freude bei ihren Kreiskongressen. Im Jahresbericht des Zweigbüros ist von afrikanischen Brüdern in Zululand die Rede, die 125 Kilometer weit zu Fuß zum Kreiskongreß gingen. Hin und zurück waren sie 5 Tage unterwegs. Der Zweigaufseher berichtete: „Viele dieser Geschwister entfalten einen wirklich bemerkenswerten Eifer, und es ist herzerfreuend, wie begierig sie sind, zu lernen und sich die empfangenen Unterweisungen zu Herzen zu nehmen.“

      Die Brüder machen sich auch keine Sorgen wegen ihrer Unterkunft. Sie bringen ein Bündel mit, in dem sich eine Decke und einige persönliche Dinge befinden, und eine kleine Holzkiste für ihre Bücher und die Bibel; die Frauen tragen ihr Baby auf dem Rücken. Die Holzkiste wird während des Programms oft als Sitzgelegenheit verwendet. Wenn die Brüder auf der Reise zum Kongreß ein oder zwei Nächte übernachten müssen, finden sie schnell freundliche Afrikaner, die bereit sind, ihnen eine Ecke zum Schlafen zu geben. Müssen sie im Freien schlafen, so haben sie ihre Decken dabei, so daß sie nicht zu frieren brauchen.

      Bisweilen ist kein Saal erhältlich, so daß der Kongreß unter freiem Himmel abgehalten wird. Manchmal wird auch provisorisch aus Pfosten und einer darüber gelegten Plane ein Zelt aufgebaut. Für das körperliche Wohl sorgen appetitliche Mahlzeiten aus Maismehlbrei und Fleisch. Wer seinen eigenen Teller bei sich hat, benutzt ihn; ansonsten wird aus der gemeinsamen Schüssel gegessen. Hat jemand keinen Löffel, so ißt er eben mit den Fingern — sie waren schon vor den Messern und Löffeln da!

      ERBAUUNG DURCH EINEN FREUDIGEN BESUCH

      Der Höhepunkt des Königreichswerkes in Süd-, Zentral- und Ostafrika im Jahre 1948 war der lang erwartete Besuch des Präsidenten der Gesellschaft, N. H. Knorr. Welche Freude dies für alle Brüder im Süden Afrikas war! Während des Besuches wurde in der Nähe von Johannesburg ein Grundstück für das neue Zweigbüro gekauft, auf dem auch eine Fabrik und ein Wohnheim errichtet werden sollten.

      Vom 3. bis 5. Januar 1948 wurde in Johannesburg ein Landeskongreß für Südafrika abgehalten. Wegen der gesetzlichen Bestimmungen mußten sich die weißen Brüder und die Mischlinge an einem Ort und die Afrikaner an einem anderen Ort versammeln. Obwohl die Brüder erst kurz vorher benachrichtigt worden waren, kamen 3 600 zur Programmeröffnung, und 9 246 besuchten die beiden Zusammenkünfte für die Öffentlichkeit. Insgesamt wurden 416 Personen getauft, davon 378 afrikanische Brüder. Bruder Knorr und sein Sekretär, Milton Henschel, verbrachten nach dem Kongreß 3 Tage im Zweigbüro in Kapstadt und gaben den Mitarbeitern im Bethel Rat und ermunterten sie.

      In allen Ländern und Gebieten, die dem Zweigbüro in Kapstadt unterstanden, gab es 1948 eine Höchstzahl von etwas über 27 000 Verkündigern. Aufgrund des Besuches von Bruder Knorr in jenem Jahr wurden im Zentrum Afrikas einige neue Zweigbüros gegründet, die selbständig wirken sollten, statt nur reine Literaturlager zu sein und Berichte an das Büro der Gesellschaft in Kapstadt zu schicken. Hier erscheint es angebracht, den Fortschritt in einigen Ländern Zentralafrikas, die bis dahin dem Zweigbüro in Kapstadt unterstanden, zu untersuchen.

      DAS PREDIGTWERK BLÜHT NACH AUFHEBUNG DER VERBOTE AUF

      In Südrhodesien (jetzt einfach Rhodesien genannt) ging der Kampf gegen die Beschränkungen, denen das Königreichswerk unterlag, weiter. Das Zweigbüro in Kapstadt hatte gewissenhaft die Aufhebung der Beschränkungen beantragt, und im Jahre 1945 wurde zugesichert, daß der Antrag bald in einer Kabinettssitzung besprochen würde. Im Jahr darauf wurden die Beschränkungen schließlich aufgehoben, und die Literatur der Gesellschaft konnte in Rhodesien wieder frei verbreitet werden.

      Die familiären Verhältnisse Bert McLuckies erlaubten es ihm 1947, wieder den Pionierdienst aufzunehmen. Er war überrascht und glücklich, beauftragt zu werden, am 1. Juli 1947 in Bulawayo, das sich im damaligen Südrhodesien befand, ein Literaturdepot zu eröffnen. Der lange, schwere Kampf, der geführt wurde, um das Königreichswerk fest zu gründen und um Vertreter im Land zu haben, war nun siegreich beendet, und dies vor allem mit der Hilfe Jehovas. Ende jenes Jahres überschritt die Verkündiger-Höchstzahl die 3 000er Grenze; es bestanden 82 Versammlungen.

      Das erste Büro war mehr ein Familienbetrieb. Bert McLuckie arbeitete in der Wohnung seines leiblichen Bruders Jack McLuckie. Anfangs erledigte er alle Arbeiten selbst. Dann holte er sich zwei afrikanische Brüder, die Wachtturm-Artikel übersetzen sollten, der eine in Chishona und der andere in Njandscha. Über eine längere Zeit hinweg stellten sie Vervielfältigungen dieser Übersetzungen her, die gesammelt, gefaltet und von Hand geheftet werden mußten. Bruder McLuckie räumt selbst ein, daß die fertige Zeitschrift noch viel zu wünschen übrigließ. Jetzt, im Jahre 1975, werden diese Zeitschriften im Zweigbüro in Elandsfontein in sehr guter Qualität auf einer modernen Rotationspresse hergestellt. Die Ausgabe in Njandscha hat eine Auflage von 25 000, und von der in Chishona werden 13 900 Exemplare gedruckt.

      Die Königreichsverkündiger in Südrhodesien jubelten natürlich über all diese Vorgänge und Verbesserungen. Man kann sich vorstellen, wie begeistert sie gewesen sein müssen, als im Oktober 1947 bekannt wurde, daß Bruder Knorr und Bruder Henschel sie im Januar 1948 besuchen würden. Tausende von Handzetteln, Hunderte von Plakaten und viele Spruchbänder wurden zur Bekanntmachung der Ansprachen eingesetzt, die Bruder Knorr vor Afrikanern und Weißen in Bulawayo und Salisbury halten würde. Etwa um dieselbe Zeit traf auch Eric Cooke, der erste Missionar der Gileadschule in Südrhodesien, in seinem Gebiet ein.

      In Salisbury traten Schwierigkeiten auf, als die Eingeborenenverwaltung die zuvor getroffenen Vereinbarungen zur Benutzung des Saales in der Eingeborenensiedlung Harari für die Zeit des Kongresses, vom 16. bis 18. Januar 1948, rückgängig machte. Ebenfalls gekündigt wurden die Unterkünfte, die für die afrikanischen Brüder bereits vereinbart worden waren. Bruder Cooke hatte daraufhin am 13. Januar ein Gespräch mit dem Leiter der Eingeborenenverwaltung, um den Grund für seine ablehnende Haltung zu erfahren. Er fand heraus, daß er eine falsche Vorstellung von der Gesellschaft hatte, denn er meinte, sie sei „gegen die Regierung“. Bruder Cooke beseitigte diese falsche Vorstellung, indem er einen Abschnitt aus dem Jahrbuch der Zeugen Jehovas vorlas. Der Beamte war davon so beeindruckt, daß er die Genehmigung, den Saal in Harari zu benutzen, wieder erteilte und die Unterkünfte für die erwarteten Tausende von Kongreßteilnehmern freigab. Damit war der Weg für einen erfolgreichen Kongreß der Zeugen Jehovas frei. Die Besucher-Höchstzahl lag über 6 000.

      Bruder Knorr nahm sich während seines kurzen Besuches die Zeit, bei Regierungsvertretern vorstellig zu werden, um mit ihnen über die Einfuhrbeschränkungen für die Literatur der Gesellschaft zu sprechen, zu denen es wegen der Dollarknappheit in Ländern mit Sterlingwährung gekommen war. Bruder Knorr beseitigte diese Schwierigkeiten, indem er sagte, alle Literatur für Südrhodesien werde gratis versandt, wodurch keine Währungsprobleme auftreten würden.

      Während dieses Besuches veranlaßte Bruder Knorr, daß das Literaturlager am 1. September 1948 in ein Zweigbüro umgewandelt wurde. Eric Cooke sollte Zweigaufseher sein. Dies war der Anfang eines neuen Kapitels des Königreichswerks in Südrhodesien. Zu jener Zeit stand die Höchstzahl der Verkündiger bei 4 232.

      NJASSALAND WIRD AUFGERÜTTELT

      Die Geschichte des Werkes in Njassaland (jetzt Malawi) jener Tage zeigt größtenteils dasselbe Bild. Im Jahre 1946 waren Jehovas Zeugen nicht mehr zu übersehen. Die Zahl der Verkündiger lag zum erstenmal bei über 3 000, und die Brüder rüttelten das Land wirklich auf.

      Der Feldzug mit öffentlichen Vorträgen war nun voll im Gange und trug sehr viel zum Wachrütteln der Menschen im ganzen Land bei. Die Anhänger der falschen Religion taten natürlich alles in ihren Kräften Stehende, um Jehovas Zeugen davon abzuhalten, diese Zusammenkünfte in ihren Dörfern durchzuführen. Um einen öffentlichen Vortrag zu halten, mußte man die Genehmigung der Dorfältesten haben. Wenn diese also unter dem Einfluß der Geistlichen des Ortes standen, konnte man keine Zusammenkunft abhalten. In der Gegend von Zomba drohten die Diakone und Ältesten einer bestimmten Kirche einem Dorfältesten, ihm sein Amt zu nehmen, doch er erwiderte lediglich, sie sollten es ruhig tun. Im Gegensatz dazu verprügelte der Dorfälteste eines Nachbardorfes drei Zeugen Jehovas, die bei ihm vorgesprochen hatten, um einen öffentlichen Vortrag in seinem Dorf zu vereinbaren. Er wurde gerichtlich belangt, da er aber Einfluß hatte und Mitglied der Kirche war, sagte der afrikanische Richter am Ort: „In dieser Angelegenheit können wir nichts unternehmen.“ Als jedoch der Bezirkskommissar davon hörte, erteilte er sowohl dem Richter als auch dem gegnerischen Dorfältesten einen scharfen Verweis.

      Darauf sandten viele Häuptlinge Einladungen an Jehovas Zeugen, sie sollten Ansprachen in ihren Dörfern halten. Ein Häuptling, der in einem öffentlichen Vortrag in einem Ort namens Lizulu die Wahrheit über den Zustand der Toten kennengelernt hatte, wohnte kurz darauf einem Beerdigungsgottesdienst bei, den Führer der falschen Religion abhielten. Den Anwesenden wurde gesagt, das Kind, das gestorben sei, sei „nun ein Engel im Himmel“. Der alte Häuptling tat brummend sein Mißfallen kund, erhob sich schwerfällig, wandte sich an den induna (Dorfältesten) neben ihm und bat um eine Prise Schnupftabak. Dann schnupfte er kräftig und entfernte sich mit den Worten: „Pah! In Lizulu haben wir gehört, wo die Toten sind. Das sind hier alles Lügen!“

      Die Botschaft der Zeugen Jehovas war so kraftvoll, daß die Anhänger der falschen Religion unsere Ausdrücke und Methoden nachzuahmen suchten. Es war, als wollten sie sagen: „Wir predigen auch die neue Welt.“ Einige versuchten, bei ihren Mitgliedern Rückbesuche durchzuführen, doch nach wenigen Wochen mußten sie es aufgeben.

      Bei einer Zusammenkunft für die Öffentlichkeit, die auf mündlichem Wege und durch Anheften von Mitteilungen an Baumstämmen bekanntgemacht worden war, versammelten sich über 300 Personen unter schattigen Mangobäumen. Zufällig kam ein Geistlicher auf seinem Fahrrad gerade in dem kritischen Augenblick vorbei, als der Redner aus Micha 3:11 die Worte zitierte: „Seine Priester lehren für Lohn.“ Der Geistliche fühlte sich beleidigt und beschwerte sich beim Dorfältesten, der entschied, Jehovas Zeugen dürften keine Zusammenkünfte für die Öffentlichkeit mehr abhalten. Es war klar, daß die Brüder dies nicht hinnehmen konnten, und so legten sie beim nächsthöheren Eingeborenengericht Berufung ein. Dieses hob die Entscheidung auf und verfügte, daß künftig jeder, der Jehovas Zeugen belästige, mit 5 Pfund Geldstrafe belegt würde. Als sich schließlich alles wieder beruhigt hatte, hatten etwa 50 Interessierte als tätige Verkündiger für das Königreich Stellung bezogen.

      Viele gegnerisch eingestellte Dorfälteste wurden freundlich und gaben zu, von der Geistlichkeit beeinflußt worden zu sein. Als ein Kreisaufseher bei einem katholischen Häuptling vorsprach, um die Genehmigung für einen öffentlichen Vortrag im Dorf zu erlangen, wurde ihm gesagt: „Sie wollen hier eine Zusammenkunft abhalten? In ... haben Sie eine Zusammenkunft abgehalten, und jetzt ist die Kirche dort gestürzt worden; man hat Sie in ... und in ... reden lassen, und beide Male ist dasselbe geschehen. Und jetzt wollen Sie in mein Dorf und wollen die Kirche niederreißen, die wir hier gebaut haben? Nein, niemals!“ Doch am nächsten Morgen marschierten 200 Brüder singend durch das Dorf. Die Katholiken versuchten, durch Rufen und durch Schlagen ihrer Trommeln dagegen anzugehen, doch eine große Menge schloß sich den Brüdern an, und alle gingen gemeinsam an einen Ort unmittelbar außerhalb des Dorfes, wo ein sehr erfolgreicher öffentlicher Vortrag gehalten wurde.

      DER KAMPF GEGEN DAS VERBOT

      Njassaland wurde zum Teil auch dadurch wachgerüttelt, daß während des Dienstjahres 1946 eine Petition in Umlauf gebracht wurde, in der die Freigabe unserer Literatur, die die Regierung zurückgehalten hatte, gefordert wurde. In dieser etwas abgelegenen britischen Kolonie zeigte man sich von dem energischen Vorgehen unserer Brüder beeindruckt. Die Petition wurde von 47 000 Menschen unterschrieben, und dies bereitete den Behörden wirklich Kopfzerbrechen.

      Unter dem Datum vom 5. September 1946 schickte das Zweigbüro in Kapstadt einen langen, eindringlichen Brief an den Kolonialminister in London. In diesem Brief wurde darauf hingewiesen, daß Jehovas Zeugen sich in Njassaland untadelig verhalten würden, daß diejenigen, die für das Verbot der Literatur verantwortlich wären, unter dem starken Einfluß der Jesuiten in Njassaland stünden und daß in anderen Teilen des britischen Commonwealth ähnliche Verbote der Literatur der Gesellschaft bereits aufgehoben worden seien. Die Antwort war ermutigend, denn die Gouverneure der vier britischen Territorien, aus denen sich der ostafrikanische Block zusammensetzte (Nordrhodesien, Njassaland, Kenia und Tanganjika), wurden vom Kolonialamt aufgefordert, eine gemeinsame Empfehlung über die Watch Tower Society und Jehovas Zeugen einzureichen. Dabei sollten die Gouverneure vor allem zweierlei berücksichtigen, nämlich 1. den Grundsatz der Gottesdienstfreiheit für alle und 2. den Umstand, daß Verbotsmaßnahmen ähnlich denen, wie sie jetzt in diesen Ländern noch bestehen, in allen anderen Teilen des Weltreiches aufgehoben worden sind. Doch die Regierung schob die Angelegenheit auf die lange Bank, indem sie sagte, sie wolle die Literatur der Gesellschaft sorgfältig untersuchen.

      EIN BESUCH GIBT DEM WERK AUFSCHWUNG

      Ein ganz besonderes Ereignis für Njassaland fand am 13. Januar 1948 statt. Ein Flugzeug aus Salisbury (Südrhodesien) landete nach einem kurzen Flug mit vier Brüdern an Bord. Es waren Bruder Knorr, Bruder Henschel, Bruder Phillips, der Zweigaufseher aus Kapstadt, und I. Fergusson, ein neuer Gileadabsolvent, der Njassaland zugeteilt worden war. Im Rathaus von Blantyre war eine Zusammenkunft für die Europäer und Inder geplant worden. Wenn man bedenkt, daß damals nur 250 Europäer in Blantyre lebten, kann man mit der Anwesendenzahl von 40 Personen, die zum öffentlichen Vortrag kamen, recht zufrieden sein. Am nächsten Tag besuchte die Gruppe den afrikanischen Kongreß in der Nähe von Limbe, wo Bill McLuckie die Ansprachen der Redner in Njandscha dolmetschte. Zum öffentlichen Vortrag am Nachmittag kamen 6 000 Personen. Da es keine Lautsprecheranlage gab, mußten die Brüder, die am Programm beteiligt waren, mit kräftiger Stimme sprechen, damit alle verstehen konnten. Einmal wurde ein Vortrag von einem heftigen Platzregen unterbrochen, und das allgemeine Publikum suchte unter Bäumen oder in Häusern in der Nähe Schutz. Die Brüder aber blieben, und Bruder Knorr hielt mit einem Regenschirm in der Hand seinen Vortrag zu Ende. Die Tatsache, daß der Präsident der Gesellschaft, ein Weißer, trotz des Regens stehen blieb, um seinen Vortrag zu beenden, zeigte den Afrikanern, daß die Menschen, die mit der Gesellschaft verbunden sind, wirklich an ihrem Wohl interessiert sind, denn die dort ansässigen Europäer hätten so etwas nie getan.

      Während seines Besuches sprach Bruder Knorr mit dem Chefminister der Regierung und mit dem Polizeichef, und es gelang ihm, die Zweifel und Mißverständnisse zu beseitigen, die in Verbindung mit den Schriften der Gesellschaft bestanden. Die Regierungsvertreter versprachen, die ganze Sache noch einmal zu überprüfen, um zu sehen, ob man das über die Literatur verhängte Verbot aufheben könne.

      Der Besuch Bruder Knorrs gab dem Werk in diesem Land einen gewaltigen Aufschwung, und das Jahr 1948 war bestimmt ein denkwürdiges Jahr in der Geschichte des Königreichswerkes in Njassaland. Es gab nun eine Höchstzahl von über 5 000 Verkündigern, und es schlossen sich sehr schnell Neue ihren Reihen an. Im Jahre 1948 nahm die Zahl der Verkündiger in Njassaland an einigen Orten so schnell zu, daß es regelrecht schwierig wurde, genügend Gebiet zum Zeugnisgeben zu finden.

      Am 1. September 1948 wurde in Njassaland ein Zweigbüro eingerichtet, und Bill McLuckie wurde zum Zweigaufseher ernannt. Das war ein weiterer Fortschritt in der Geschichte des Königreichswerkes in Njassaland, und die Brüder wurden dadurch weiter gestärkt. Im nächsten Jahr, 1949, trafen zwei englische Absolventen der Missionarschule Gilead ein, Peter Bridle und Fred Smedley.

      FORTSCHRITTE DER WAHREN ANBETUNG IN NORDRHODESIEN

      Während dieser Zeit blieb Nordrhodesien (jetzt Sambia genannt) durchaus nicht zurück. Ein großer Teil der Mehrung war in dem Gebiet zu verzeichnen, in dem Kupfer gefördert wird. Hier im Kupfergürtel dehnte sich die Organisation sprunghaft aus. Um mit dem großen Zustrom Schritt halten zu können, wurde im Literaturdepot ein zehntägiger Kursus für alle Vollzeitarbeiter und für alle, die sich ihren Reihen anschließen wollten, eingerichtet, damit mehr befähigte Diener für die Brüder zur Verfügung ständen.

      Diese Fortschritte der wahren Anbetung erregten wirklich die Besorgnis der falschen Hirten der Christenheit. Um der Flut Einhalt zu gebieten, richtete es ein Pfarrer ein, daß Mitglieder seiner Gemeinde genau wie Jehovas Zeugen in den Hütten der Menschen vorsprachen und sie zur „Kirche“ einluden. Doch einige stießen auf erstaunte Wohnungsinhaber, die ihnen, nachdem sie ihrer stockenden Rede zugehört hatten, sagten, sie hätten keine Botschaft wie die „Watchtower-Leute“. Nach diesem erfolglosen Unterfangen kehrten die entmutigten Kirchgänger zurück, und ihre Gemeinde war kein bißchen größer.

      In Nordrhodesien nahmen ganze Dörfer die Wahrheit an. Einige Missionare der Christenheit waren demütig wie der europäische Missionar in Mumbwa, der, beeindruckt von dem Eifer der Zeugen Jehovas, anfing, die Bücher der Gesellschaft zu lesen und den vorsitzführenden Aufseher der Versammlung zu besuchen.

      Hier wurden die Zeugen jahrelang von einem Regierungsbeamten belästigt, der die Verkündiger einsperrte, die Zusammenkunftsstätten zerstörte und ihre Zusammenkünfte sprengte. Dieser Friedensrichter wurde wegen seines ungesetzlichen Verhaltens bestraft und durch einen Mann ersetzt, der fair und gerecht war. Der Depotaufseher besuchte diesen Kreis und hatte eine interessante Unterredung mit allen Häuptlingen und Ratgebern bei ihrer vierteljährlichen Zusammenkunft. Das Ergebnis? Es wurde erlaubt, daß im ganzen Bezirk Studienzentren eingerichtet wurden. Innerhalb kurzer Zeit schossen überall in diesem Kreis kleine Strohhütten oder feste Gebäude wie Pilze aus dem Boden, und man konnte beobachten, daß sogar Dorfälteste die Studien regelmäßig besuchten. Vierzehn von ihnen sagten ihren Häuptlingen, sie hätten die Wahrheit angenommen, und sie nahmen an Zahl zu.

      Auch in Barotseland erhielten die Häuptlinge und die königliche Familie ein ausgezeichnetes Zeugnis, als es einem europäischen Beauftragten der Gesellschaft, der dort einen Kreiskongreß von 2 800 Verkündigern besuchen sollte, gestattet wurde, vor der khotla, der obersten Ratsversammlung der Barotse, zu sprechen. So konnte er vom Thron aus, während der oberste Häuptling neben ihm saß, erklären, warum unser Werk anders ist und was für eine Botschaft wir verkündigen. All das ereignete sich in Gegenwart der Häuptlinge, der Verwalter und der königlichen Familie. Danach wurden mit der traditionellen Vitalität die königlichen Trommeln geschlagen.

      Ein betagtes Mitglied des königlichen Hauses, das die Wahrheit angenommen hatte, aber zum Gehen zu alt war, ritt täglich auf einem Esel zu einer Weggabelung und gab dort den vorbeigehenden Leuten Zeugnis. Ein Feind tötete seinen Esel mit einem Speer, und darüber war der Mann wirklich traurig, doch ein Verkündiger gab ihm einen anderen Esel, damit er seine Tätigkeit fortsetzen konnte.

      Eine große Last, die damals die Interessierten tragen mußten, war das Analphabetentum. Viele Verkündiger lernten Bibeltexte und Predigten auswendig. Doch seitdem haben sie in ihrer eigenen Sprache das Lesen und Schreiben gelernt, da die Gesellschaft Lese- und Schreibklassen einrichtete.

      Anfang 1947 stattete der Zweigaufseher von Südafrika, der sich auf seinem Weg von der Gileadschule zurück nach Kapstadt befand, dem britischen Kolonialamt in London einen persönlichen Besuch ab. Er unterbreitete der Regierung eine Petition, die von 40 909 Personen unterzeichnet worden war, welche bedauerten, daß das Werk der Verbreitung biblischer Schriften, von dem sie wußten, daß es ein nützliches christliches Erziehungswerk war, verboten worden war. In Erwiderung auf diese Petition versprach die Regierung von Nordrhodesien, ihren Standpunkt hinsichtlich der Literatur zu überprüfen, und am 19. Juni wurden einige Schriften, unter anderem die Broschüren „Das Königreich Gottes ist nahe“ und Wiedergeburt der Welt, von der Liste der verbotenen Schriften gestrichen. Doch Der Wachtturm, die offizielle Zeitschrift der Gesellschaft, wurde immer noch nicht zur Verbreitung freigegeben. Daher durfte man in dem Bemühen, den Brüdern diese notwendige geistige Speise zukommen zu lassen, nicht nachlassen. Tatsächlich war das Bedürfnis danach jetzt größer denn je, denn Ende 1947 waren 6 114 Prediger der guten Botschaft in 252 Versammlungen tätig.

      Bis zum Jahre 1948 war das einst weglose und von Malaria verseuchte Buschland des Kupfergürtels die Heimat von etwa 25 000 Europäern geworden, die hauptsächlich da waren, um die Bergbauzunft zu verstärken. Sie lebten unter Verhältnissen, die einen Vergleich mit dem Lebensstandard ihrer Heimatländer nicht zu scheuen brauchten. Bis zu jenem Jahr war es kaum möglich, unter dieser englisch sprechenden Bevölkerung öffentlich zu predigen.

      DIE ORGANISATION ERHÄLT UNTERSTÜTZUNG

      Glücklicherweise erhielt die Organisation in Nordrhodesien in diesem Stadium Unterstützung in Form von zwei Gileadmissionaren, Harry Arnott und Ian Fergusson. Bruder Arnott traf kurz vor Bruder Knorr und Bruder Henschel ein, die dieses Land zum erstenmal im Januar 1948 besuchten.

      Bruder Knorr und Bruder Henschel, die von George Phillips begleitet wurden, hielten sich während ihres Besuches ein paar Stunden auf einem viertägigen Kongreß in Lusaka auf. Dieser Kongreß fand auf dem Grundstück einer europäischen Dame statt, die nicht nur ihr Versprechen hielt, das Grundstück benutzen zu lassen, ganz gleich, welchen Druck die Feinde der Zeugen ausüben würden, sondern die den Kongreß auch selbst besuchte. Die Kongreßstätte bot wirklich ein malerisches Bild. Die Brüder hatten Lehm herbeigeholt und daraus eine Rednerbühne gebaut. Dann hatten sie Pfähle in den Boden gerammt und über der Bühne ein Strohdach angebracht. Diesmal saßen die Zuhörer noch getrennt, die Schwestern zur Linken des Redners und die Brüder zur Rechten. Bruder Knorr war von ihrem Gesang so beeindruckt, daß er darum bat, die Lieder auf Band aufzunehmen. Vor einer Zuhörerschaft von 3 103 Personen wurde im Laufe des viertägigen Kongresses die Broschüre „Das Königreich Gottes ist nahe“ in Silozi freigegeben.

      Am 16. Januar 1948 traf Bruder Knorr mit dem Minister für Eingeborenenfragen und dem Generalstaatsanwalt zusammen, um mit ihnen über das Verbot einiger Schriften zu sprechen, die die Gesellschaft nach Nordrhodesien versenden wollte. Die Beamten teilten ihm mit, sie seien sicher, daß das Verbot innerhalb der nächsten dreißig bis sechzig Tage aufgehoben werde und daß dem Werk der Gesellschaft dann keine weiteren Einschränkungen auferlegt würden. Das bildete einen passenden Höhepunkt für den Besuch des Präsidenten der Gesellschaft und seines Sekretärs.

      Mit der zusätzlichen Hilfe der in Gilead ausgebildeten Missionare wurde auch dem europäischen Gebiet mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Mitte 1948 wurde Harry Arnott als Missionar Luanshya zugeteilt und Ian Fergusson, der eine Zeitlang in Njassaland gedient hatte, Chingola. Bald wurde intensiv von Haus zu Haus gepredigt, und das Echo war begeisternd. In diesem unberührten Gebiet wurden beträchtliche Mengen Bibeln und biblische Schriften abgegeben, und es konnten sehr schnell Heimbibelstudien eingerichtet werden. Innerhalb eines Jahres wurden in diesen Städten zwei kleine europäische Versammlungen gegründet und Vorkehrungen getroffen, das Predigtwerk bis nach Mufulira und Kitwe auszudehnen.

      Das Eintreffen von Absolventen der Gileadschule wurde als eine ausgezeichnete Gelegenheit angesehen, den Versammlungen des Volkes Jehovas überall in diesem zentralafrikanischen Gebiet den Nutzen der fortgeschrittenen theokratischen Organisation zukommen zu lassen. Alle ernannten reisenden Vertreter sowie Pioniere, die sich für diesen Dienst eignen mochten, wurden ins Zweigbüro nach Lusaka eingeladen, um an einer „Mini“-Gileadschule teilzunehmen. Diese Schule für Kreisaufseher umfaßte Grundlegendes über Organisation und biblische Lehren, die damals in der Gileadschule gelehrt wurden. Die behandelten Fächer waren: „Biblische Themen“, „Theokratische Aufzeichnungen“, „Theokratischer Dienst“ u. ä. Es gab schriftliche Wiederholungen, und für den Abend wurde Hausarbeit zugeteilt. Es gab sogar eine Abschlußfeier typisch afrikanischer Prägung.

      Im Anschluß an den ersten Besuch des Präsidenten der Gesellschaft in diesem Teil Afrikas wurden die Brüder ermuntert, mehr als die gewöhnliche Aufmerksamkeit darauf zu verwenden, in ihrer Sprache das Lesen und Schreiben zu lernen, um dadurch besser ausgerüstet zu sein, Gottes Wort zu studieren und die gute Botschaft zu predigen. Bald traf das Zweigbüro Vorkehrungen dafür, daß in jeder Versammlung Lese- und Schreibklassen eingerichtet wurden. Anfänglich beschaffte man sich bei den Erziehungsämtern der Regierung Lesehilfen und benutzte diese als Grundlage für die Kurse zur Gruppenunterweisung. Oft fanden die Schulkurse nach einer Zusammenkunft der Versammlung statt, und zum größten Teil bestanden die Lernenden aus Schwestern der Versammlung. „Jeder lehre einen“ wurde ein bekanntes Schlagwort, das man im Feldzug zur Bekämpfung des Analphabetentums gebrauchte. Ehemänner wurden aufgefordert, sich Zeit zu nehmen, ihre Frauen zu lehren, und andere, die bereits lesen konnten, wurden ermuntert, ihre Zeit einzusetzen, um andere in der Versammlung zu lehren.

      EIN NEUES ZWEIGBÜRO

      Am 1. September 1948 wurde ein Zweigbüro eingerichtet und Llewelyn Phillips als Zweigaufseher eingesetzt. Damals gab es in den 232 Versammlungen Nordrhodesiens über 11 600 Verkündiger. Das Verbot der Zeitschrift Der Wachtturm wurde aufgehoben, aber einige der Bücher waren weiterhin verboten.

      Dieses neue Zweigbüro in Nordrhodesien wurde nun für verschiedene Gebiete im Norden und im Osten verantwortlich, darunter für das Gebiet, das damals als Belgisch-Kongo bekannt war und das bis zum 31. August vom südafrikanischen Zweigbüro beaufsichtigt worden war. Welche Fortschritte hatte das Königreichswerk bis dahin in Belgisch-Kongo gemacht?

      CHRISTLICHE FORTSCHRITTE TROTZ VERWIRRUNG

      Belgisch-Kongo (Republik Kongo [Kinshasa], jetzt Zaire genannt) ist ein riesiges Land von über 2 340 000 km2, größer als das nichtkommunistische Europa ohne Skandinavien, mit einer Bevölkerung von über 23 Millionen Menschen. Es liegt nördlich von Sambia und Angola; seine geographische Besonderheit ist das große Kongobecken. Im Südosten des Landes, an der Grenze von Sambia, gibt es reiche Kupfervorkommen, die dem Land hauptsächlich seinen wirtschaftlichen Wohlstand geben. Das Klima ist im allgemeinen heiß und feucht, und ein großer Teil des Landes ist dichter Urwald. Im Jahre 1885 kam das Land unter belgische Herrschaft, und infolgedessen wurde Französisch die offizielle Sprache und die römisch-katholische Kirche die vorherrschende Religionsorganisation.

      Bis zu den 1940er Jahren gab es im Kongo kein organisiertes Königreichswerk. Jedoch breitete sich dort eine falsche „Watchtower-Bewegung“ oder Kitawala aus. In dem Buch Kitawala (in Deutsch erschienen) von Greschat heißt es auf Seite 71: „Man findet dort ganze Dörfer, die sich als Watch Tower bezeichnen, was lediglich bedeutet, daß ihre Einwohner untergetaucht, getauft, worden sind, verschwommene Vorstellungen vom Ende der Welt haben und glauben, daß Gott sie — vorausgesetzt, daß sie eine bestimmte Lebensweise führen — hier auf Erden belohnen wird.“

      Im Kongo und auch anderswo wurde oft der von Eingeborenen geprägte Ausdruck „Kitawala“ benutzt, um die einheimische „Watchtower-Bewegung“ zu bezeichnen. Das Wort „Kitawala“ ist möglicherweise eine Entstellung des Wortes „Tower“, dem die Vorsilbe „ki“ vorausgeht. Einige haben den längeren Ausdruck „Waticitawala“ gebraucht, der offensichtlich von dem Wort „Watchtower“ abgeleitet worden ist. Es ist nicht schwer zu verstehen, daß nichtunterrichtete Personen die beiden Bewegungen miteinander in Verbindung bringen konnten; die Namen „Watch Tower Society“ und „Watchtower“(-Bewegung) oder Kitawala sind sehr ähnlich. Und mit welcher Begeisterung haben doch die Feinde der Wahrheit diese Ähnlichkeit immer wieder dazu benutzt, Regierungsbeamte voreingenommen zu machen und den wahren Dienern Jehovas Schwierigkeiten zu bereiten!

      Aufstände, Rebellionen, Stammeskonflikte, ja jedes aufsehenerregende Vorkommnis unter den Eingeborenen wurde mit der „Watchtower“Bewegung in Verbindung gebracht. Dieser Name war bei den Regierungsbeamten und den Behörden verhaßt. Man kann sich vorstellen, welch eine Schmach dies auf den Namen Jehovas und auf seine wahre Organisation in diesen Gebieten brachte.

      Wie schon früher erklärt, ging diese Verwirrung auf die Tätigkeit von Joseph Booth und seiner Anhänger in Njassaland Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Mr. Booth sowie sein Jünger Elliott Kamwana und andere mißbrauchten frühe Schriften der Watch Tower Bible and Tract Society, und das führte zur Entstehung der falschen „Watchtower-Bewegung“ in Zentralafrika. Von Njassaland aus breitete sich die Lehre anscheinend nach Süden und Westen, nach Rhodesien und nach dem Kongo hin, aus.

      In den folgenden Jahren sandte die Gesellschaft Briefe an die Behörden im Kongo und legte die Tatsachen dar, aber viele Jahre lang brachten die Beamten weiterhin die Tätigkeit dieser einheimischen religiösen Bewegungen, die den Namen „Watchtower“ gebrauchten, mehr oder weniger mit der Watch Tower Bible and Tract Society und dem Werk der Zeugen Jehovas in Verbindung. Der Einfluß der Kirchen und der Druck, den sie ausübten, trugen viel zu dieser Situation bei.

      Die Gesellschaft bemühte sich regelmäßig darum, reife Vertreter ins Land zu schicken, doch erfolglos. Die Interessierten und die Brüder dort brauchten Anleitung und Hilfe, aber Jehovas Organisation erhielt nicht die Erlaubnis, diese so dringend benötigte Hilfe zu schicken, und viele Jahre lang konnten oder wollten die Behörden keinen Unterschied zwischen den wahren Dienern Jehovas und den einheimischen „Watchtower-Bewegungen“ machen.

      Anfang 1948 wurde Llewelyn Phillips, der Depotaufseher in Nordrhodesien, nach Belgisch-Kongo gesandt, um sich für die verfolgten Zeugen dort ins Mittel zu legen und zu versuchen, eine Aufhebung des Verbots des Werkes zu erreichen. Er hatte private Unterredungen mit dem Generalgouverneur und anderen Regierungsbeamten und konnte unser Werk erklären und zeigen, wieweit sich unsere Glaubenslehren und Grundsätze von denen der falschen „Watchtower-Bewegung“, die Kitawala genannt wurde, unterschieden. Den Behörden wurden offizielle Briefe, datiert vom 15. März und 7. April 1948, vorgelegt, um die Sache zu dokumentieren. Während dieser Unterredung fragte ihn der Generalgouverneur nachdenklich: „Und was wird mit mir geschehen, wenn ich Ihnen helfe?“ Eine sehr gute Frage, denn der Kongo befand sich damals völlig unter dem Einfluß der römisch-katholischen Kirche.

      Welch ein Segen war es doch, als das Werk des Volkes Jehovas schließlich anerkannt wurde! Das Zweigbüro begann unter dem offiziellen Namen „Jehovas Zeugen“ zu arbeiten und nicht unter dem Namen „Watch Tower Society“, um weitere Verwirrung zu vermeiden. Jetzt konnten die wahren Zeugen von denen getrennt werden, die sich mit den falschen „Watchtower-Bewegungen“ verbunden hatten. Von dieser Zeit an gab es eine gewaltige Zunahme an Menschen, die die reine Anbetung Jehovas Gottes aufnahmen.

      BEMERKENSWERTE ENTWICKLUNGEN AUF MAURITIUS

      Nach dem erfolgreichen Besuch von Vollzeit-Königreichsverkündigern (Pionieren) im Jahre 1933 vergingen achtzehn Jahre, bis es Sonderbeauftragten der Gesellschaft möglich war, die Insel Mauritius wieder zu besuchen. Erst im Jahre 1952 berichtete das Jahrbuch der Zeugen Jehovas, daß zwei Mauritier während des Zweiten Weltkrieges als Soldaten in Ägypten mit dem Königreichswerk in Verbindung kamen. Der treue Dienst der Verkündiger in Ägypten zeitigte Früchte. Diese beiden Männer interessierten sich sehr für die Wahrheit, obwohl sie in der Armee dienten, und sie schrieben an das Büro der Gesellschaft in Kapstadt und erhielten einen Vorrat an Schriften. Bald hatten sie auch das Interesse einer Anzahl anderer Soldaten geweckt. Nach ihrer Rückkehr nach Mauritius bemühten sie sich, ‘ihr Licht leuchten zu lassen’, und schickten im Jahre 1951 tatsächlich Berichte an das Büro in Kapstadt.

      Im gleichen Jahr (1951) trafen zwei Absolventen der Gileadschule Robert und George Nisbet, auf Mauritius ein, um dem Werk eine dauerhafte Basis zu geben. In den achtzehn Jahren seit dem letzten Besuch Robert Nisbets hatte sich viel geändert. Die Zusammenkünfte waren nicht mehr verboten, das Bildungswesen war wesentlich verbessert worden, die Gefahr der Malaria war zu einem großen Teil ausgemerzt, und die Lebensverhältnisse waren besser. Die Kirche hatte ihre politische Vorherrschaft verloren, übte aber offensichtlich noch einen starken Einfluß aus.

      Diese Absolventen der Gileadschule trafen eine ganze Anzahl Menschen, die sich noch an den Besuch im Jahre 1933 erinnern konnten und sich sehr freuten, wieder mit Jehovas Organisation in Berührung zu kommen. Ein Mann, der von einem Missionar angesprochen wurde, fragte: „Wie geht es denn Richter Rutherford?“ Das zeigte, daß die Einwohner der Insel von der Gesellschaft völlig abgeschnitten und über die Entwicklungen sehr in Unkenntnis waren, denn Bruder Rutherford war damals bereits neun Jahre tot. Der gleiche Mann zeigte ein Exemplar des Goldenen Zeitalters vom 4. Juli 1934 sowie ein abgenutztes und zerlesenes achtzehn Jahre altes Exemplar des Buches La Harpe de Dieu (Die Harfe Gottes). Dieser Mann abonnierte die Zeitschrift wieder, und ein Bibelstudium wurde eingerichtet.

      Bruder Robert Nisbet berichtet, daß unter den ersten Interessierten, zwei leibliche Schwestern waren — Mrs. Sooben und Mrs. Vacher — und ihre Familien, und diese bildeten die Grundlage der ersten Versammlung. In dem weltweiten Bericht für das Jahr 1951 wird daher Mauritius unter Südafrika mit einer Höchstzahl von 8 Verkündigern und einem Durchschnitt von 2 Pionieren angeführt. Im folgenden Jahr stieg die Verkündiger-Höchstzahl auf 13 Personen. Die Priester waren immer noch sehr emsig tätig und sammelten ständig Literatur ein, die bei den Leuten abgegeben worden war, und drohten ihnen mit der Exkommunikation.

      EIN BLICK NACH MOÇAMBIQUE

      Während wir nun zum Festland zurückkehren, wollen wir einen Augenblick innehalten, um zu sehen, welche Fortschritte das Werk in Moçambique machte, das früher als Portugiesisch-Ostafrika bekannt war. Es scheint, daß unter den Europäern, abgesehen von der zuvor erwähnten Tätigkeit, sehr wenig getan worden war. Aber unter den Afrikanern waren Fortschritte zu verzeichnen. Das Werk war ständig gewachsen, besonders im Norden, und im Jahre 1948 stieg die Zahl der Verkündiger auf 398, und 4 Vollzeitarbeiter waren in diesem Gebiet tätig. Unterdessen wurde die Verfolgung ständig heftiger, und einige wurden verhaftet und eingesperrt und in Strafkolonien und Arbeitslager deportiert. Literatursendungen aus Südafrika wurden in Moçambique beschlagnahmt.

      „DER WEG“ IN SWASILAND ANGENOMMEN

      An Moçambique grenzt Swasiland an, ein kleines Land, das an seinen anderen drei Seiten von Transvaal eingeschlossen ist. Der Westen des Landes ist hoch und gebirgig, aber wunderbar grün. Zum Osten hin ist das Land hauptsächlich flach und mit Dorngestrüpp bedeckt. Oft gibt es dort lange Zeiten der Dürre.

      In früheren Jahrzehnten waren Pioniere, die nach Swasiland kamen, von König Sobhuza II. gut aufgenommen worden, aber es gelang ihnen nicht, eine Organisation zu gründen. Im Laufe der Zeit nahm Joshua P. Mhlongo „den Weg“ an (Apg. 9:2). Sein Wunsch, etwas über die Lehre der Zeugen Jehovas zu erfahren, war durch den Leiter der Schule geweckt worden, die er als Schuljunge besuchte. Der Schulleiter führte seinen Klassen ständig vor Augen, daß J. F. Rutherford die Menschen lehre, nicht an die Hölle zu glauben und ihre Ahnen nicht zu verehren. Das weckte in Joshua den Wunsch, mehr über Jehovas Organisation zu erfahren. Aber er war bestürzt, als er erfuhr, daß die Regierung dem Werk der Zeugen Einhalt geboten und ihre Schriften verboten hatte. Joshua kam schließlich durch eine Tante, die eine Verkündigerin in Johannesburg war, in den Besitz verschiedener Bücher. Bald sprachen er und seine Mutter mit anderen über die gute Botschaft. Im Jahre 1943, noch als Schuljunge, symbolisierte er seine Hingabe durch die Wassertaufe. Bruder McCoffie Nguluh erinnert sich noch gut daran, wie er diese abgelegen lebenden Verkündiger besuchte. Joshua Mhlongo brachte seinen Wunsch zum Ausdruck, nach seiner Schulzeit Pionier zu werden, und Bruder Nguluh ermunterte ihn, das zu tun. Und wirklich nahm er später den Pionierdienst auf, und im Laufe der Zeit diente er als der erste Kreisaufseher in dem neugegründeten Kreis in Swasiland.

      Die vier Jahre von 1947 bis 1950 brachten ein unglaubliches Wachstum mit sich. Die Gesamtzahl der Verkündiger stieg von 5 auf 60 Personen.

      Während dieser Zeit herrschte in Swasiland eine seltsame Situation. Das Verbot, das während des Zweiten Weltkrieges über die Literatur der Watch Tower Society verhängt worden war, blieb in Kraft. Es galt als Verstoß, Schriften der Watch Tower Society zu verbreiten. Paradoxerweise war König Sobhuza selbst stolzer Besitzer einer fast vollständigen Sammlung von Schriften der Gesellschaft. Das Verbot der Schriften der Gesellschaft stand der Ausbreitung der guten Botschaft in abgelegene Gebiete im Wege. Wenn die Polizei entdeckte, daß Brüder oder interessierte Personen im Besitz von Schriften der Gesellschaft waren, schlug und mißhandelte sie sie grausam. Bruder M. E. Bartlett, der zu jener Zeit als einziger Bezirksaufseher für Südafrika und die Protektorate diente, machte seine erste Erfahrung mit diesem Gesetz während seines zweiten Besuches in Swasiland im Juli 1951. Er wurde angeklagt, verbotene Literatur eingeführt zu haben. Der Bezirkskommissar und Friedensrichter war sehr freundlich zu Bruder Bartlett und betrachtete das Verbot, das über die Schriften der Gesellschaft verhängt worden war, als einen Anachronismus. Er bat Bruder Bartlett jovial, ihm einige der „am meisten Anstoß erregenden“ Zeitschriften, die er besaß, auszuhändigen. Als der Fall schließlich im September verhandelt wurde, sprach ein anderer Friedensrichter, der dem Werk gegenüber nicht so günstig gesinnt war, Bruder Bartlett schuldig und verurteilte ihn zur Zahlung von 1 £.

      Anläßlich dieses Besuches des Bezirksaufsehers wurde den Brüdern und den interessierten Personen auch deutlich das biblische Erfordernis der Monogamie erklärt. Während die meisten gern ihr Leben mit dem Willen Gottes in Übereinstimmung brachten, weigerte sich ein vorsitzführender Aufseher, Gottes Maßstäbe anzuerkennen, und führte eine kleine Gruppe von den Worten ewigen Lebens weg. Diejenigen jedoch, die Gott liebten und seine Gunst suchten, standen weiterhin fest für gerechte Grundsätze ein.

      DIENST IN BETSCHUANALAND TROTZ VERBOTES

      Wenn wir weiter westwärts reisen, mitten durch Südafrika, kommen wir nach Betschuanaland, das jetzt Botswana heißt. Es umfaßt ein Gebiet von etwa 560 000 km2, besteht hauptsächlich aus Halbwüste und liegt zwischen Südafrika, Südwestafrika und Rhodesien. Fast alle Eingeborenen leben in tiefer Armut. Viehzucht ist ihre Hauptbeschäftigung, aber sie bauen auch u. a. Bohnen und Kafir (Kaffernkorn) an. Zur Ergänzung der Kost wird auch, allerdings in beschränktem Maß, Wild gejagt. Im Jahre 1970 wurde die Bevölkerung auf über 630 000 geschätzt.

      Im Jahre 1884 kam das Gebiet unter britische Verwaltung, aber 1967 erlangte das Land Unabhängigkeit und wurde als Botswana bekannt. Der größte Teil des Gebietes ist in Reservationen aufgeteilt, in denen die Häuptlinge der verschiedenen Stämme für die Einhaltung der Stammesgesetze sorgen und große Macht über ihre Untertanen ausüben. Diese Häuptlinge waren dem Werk der Zeugen Jehovas gegenüber im allgemeinen feindlich gesinnt.

      Es scheint, daß im Jahre 1929 der Same der Wahrheit zum erstenmal in diesem heißen, staubigen Land ausgesät wurde. In jenem Jahr war dort ein Verkündiger tätig, aber nur zwei Monate lang. Dann, gegen Ende 1932, besuchten zwei Pioniere aus Südafrika das Land und erhielten die Erlaubnis, über Religion zu sprechen, nur nicht zu den Afrikanern. Sie gaben 1 676 Schriften bei der europäischen Bevölkerung ab.

      Im Jahre 1941 wurde wegen der Kriegshysterie die Einfuhr der Literatur der Gesellschaft nach Betschuanaland verboten, und das trotz der Tatsache, daß damals keine Zeugen Jehovas dort ansässig waren. Gemäß einem Gesetz, das der alte Häuptling Khama erlassen hatte, waren nur drei religiöse Gruppen berechtigt, in diesem Land Kirchen zu gründen: die London Missionary Society, die Adventisten des Siebenten Tages und die Katholiken.

      Viele Leute hatten Arbeitsverträge mit Südafrika, und so gab es ein ständiges Kommen und Gehen. Personen, die in den größeren Zentren Südafrikas arbeiteten, hörten dort die Wahrheit, gingen später nach Betschuanaland zurück und sprachen dort über die guten Dinge, die sie gehört hatten. Außerdem fanden Brüder aus Rhodesien und aus Njassaland gelegentlich Arbeit in Städten wie Francistown, und dort sprachen sie dann über die Wahrheit. Im Jahre 1946 gab es auf diese Weise durchschnittlich 16 Königreichsverkündiger in Betschuanaland.

      Anfang der 1950er Jahre schickte die Gesellschaft Beauftragte nach Betschuanaland, um unseren Fall den Behörden vorzutragen, doch ohne viel Erfolg.

      Im Jahre 1952 predigten im ganzen Land durchschnittlich 114 Personen. In den nächsten Jahren sollte sich die Zahl der Verkündiger weiter mehren, aber es entstanden auch Probleme. Einige Brüder und Schwestern hatten ihre Ehe bei den Behörden nicht richtig eintragen lassen, und unter vielen Neuen herrschte noch eine lose Moral. Durch Briefe vom Zweigbüro und mit Hilfe von reisenden Aufsehern wurde diese Angelegenheit geklärt. Heute ist die Organisation in geistiger und sittlicher Hinsicht gesund.

      BEACHTLICHE MEHRUNG AUF ST. HELENA

      Draußen im Atlantischen Ozean, weitab von der Küste Südwestafrikas, kommen wir noch einmal zu der einsamen kleinen Insel St. Helena. Von Zeit zu Zeit trafen Berichte von den wenigen Verkündigern auf der Insel ein, und gelegentlich schickte die Gesellschaft Literatur. Aber die Zeugen dort benötigten viel Hilfe und Schulung. Und so wurde im Mai 1951 ein Pionier, J. F. van Staden, vom südafrikanischen Zweigbüro dorthin geschickt, um einige Zeit dort zu bleiben.

      Die Postverbindung zu dieser kleinen Insel ist sehr schlecht, und niemand war dort, um Bruder van Staden in Empfang zu nehmen. Doch schließlich traf er George Scipio, den Sohn von Thomas Scipio, dem pensionierten Polizisten. Bruder van Staden schildert seine Eindrücke von diesem Treffen wie folgt: „Wie erleichtert ich doch war! Er brachte mich gleich zu seinem Vater, den ich ja in Wirklichkeit gesucht hatte. Es war einfach wunderbar zu sehen, wie sie sich über die Hilfe freuten, auf die sie so lange gewartet hatten.“ Bruder van Staden verlor keine Zeit, eine Zusammenkunft mit der kleinen Gruppe von etwa 10 bis 12 Personen zu vereinbaren. Zuerst fiel es ihm recht schwer, sich in Englisch auszudrücken, aber nach ein paar Wochen sprach er schon ziemlich fließend. Er stellte fest, daß die einzigen Zusammenkünfte, die die Brüder abhielten, Gottesdienste im Freien waren, die sie an verschiedenen Stellen der Insel abhielten. Sie hatten ihre eigene kleine Musikkapelle, bestehend aus zwei Violinen und einem Akkordeon. Vor der Zusammenkunft spielten sie Königreichslieder. Wenn sie dann eine Anzahl Zuhörer angelockt hatten, hielten sie Stegreifreden (im allgemeinen persönliche Zeugnisse), und verschiedene Brüder nahmen daran teil.

      Es war klar, daß die Brüder viel Hilfe benötigten, um richtig organisiert zu werden. Bruder van Staden fing daher sogleich an, alle Zusammenkünfte abzuhalten. Die Brüder dort zeigten eine wunderbare Wertschätzung und gaben ihre ganzherzige Unterstützung. Eine ältere Dame in Jamestown bot ein großes Zimmer in ihrem Haus als Königreichssaal an, und eine andere Familie in Levelwood tat das gleiche, so daß sie eine zweite Zusammenkunftsstätte hatten. Die Zusammenkünfte hinterließen bei allen Anwesenden einen tiefen Eindruck, und das Ergebnis war, daß einige von denen, die zum erstenmal kamen, seitdem anscheinend keine Zusammenkunft mehr versäumten. Auf diese Weise lernten sie die Wahrheit kennen, und später wurden sie getauft, ohne daß jemand mit ihnen jemals die Bibel studiert hätte.

      Es war jedoch gar nicht so leicht, zu den Zusammenkünften zu gelangen. George Scipio hatte ein kleines Auto, und damit holte er drei Personen ab, die er dann eine ganze Strecke weiter wieder absetzte. Diese drei gingen dann den Rest des Weges zu Fuß. Unterdessen fuhr George wieder zurück, holte drei weitere ab, fuhr sie eine Strecke weit, setzte sie ab und kehrte nochmals um. Gewöhnlich nahm es den ganzen Vormittag in Anspruch, bis alle zur Zusammenkunft gelangt waren. Nach der Zusammenkunft ging er dann genauso vor, um alle wieder nach Hause zu bringen. Manchmal mußten sie in strömendem Regen laufen, und wenn sie dann spät zu Hause ankamen, waren sie völlig durchnäßt. Und doch empfanden sie tiefe Befriedigung und aufrichtige Freude.

      Bald nahm Bruder van Staden die Brüder mit in den Dienst von Haus zu Haus. Er schulte sie gut und war überrascht zu sehen, wie schnell sie die gute Botschaft wirkungsvoll an den Türen predigten.

      Im August 1951, drei Monate nach seiner Ankunft, veranstaltete Bruder van Staden eine Taufe. Da es schwierig war, einen geeigneten Platz zu finden, beschlossen die Brüder, einen Teich zu graben, ihn auszuzementieren und dann mit Wasser zu füllen. Ihnen blieb jedoch die Mühe erspart, den Teich mit Wasser zu füllen, denn am Abend vor der Taufe regnete es heftig, und am nächsten Morgen war er bis zum Rand gefüllt. Als Bruder van Staden die Taufansprache hielt und die Taufbewerber bat aufzustehen, war er überrascht zu sehen, daß 26 Personen aufstanden, um die Fragen zu beantworten. Er sagt: „Ich war überglücklich, und tief im Herzen war ich Jehova dafür dankbar, daß er mich dorthin gesandt hatte, um solch ein wunderbares Vorrecht wahrzunehmen. Nach der Ansprache taufte ich alle 26 in dem kalten Wasser.“ Bald nach der Taufe wurde eine kleine Versammlung in Jamestown gegründet und ein paar Monate später eine weitere in Levelwood.

      Diese Tätigkeit und der Erfolg der Königreichsverkündiger veranlaßten die Feinde natürlich, etwas zu unternehmen. Der anglikanische Bischof leistete erbitterten Widerstand, und es gelang ihm, einige der Interessierten von der Wahrheit abzubringen. Der Pastor der Adventisten des Siebenten Tages forderte Bruder van Staden zu einer Debatte heraus, aber es tat ihm hinterher wahrscheinlich leid, daß er das getan hatte, denn sogar einige der neuen Verkündiger konnten viele seiner Argumente leicht widerlegen. Die meisten Schwierigkeiten bereitete jedoch der Polizeichef. Dieser Mann drohte Bruder van Staden ständig und sagte, er werde dafür sorgen, daß er die Insel verlassen müsse. Bruder van Staden erzählt: „Er nahm mich regelmäßig einmal im Monat zum Gerichtssaal mit, wo wir dann beide allein waren, und dann verhörte er mich und forderte mich auf, meine Tätigkeit einzustellen.“

      Dieser Widerstand entmutigte Bruder van Staden und die dort ansässigen Verkündiger keineswegs. Die schönen Erfahrungen, die die Brüder erlebten, glichen den Widerstand und alle Schwierigkeiten, die sie mit dem Wetter und dem unwegsamen Gelände hatten, bei weitem wieder aus. Eines Morgens kamen zum Beispiel Bruder van Staden und Bruder George Scipio an eine Tür, und sie hörten, daß ein Mann aus der Bibel vorlas. Sie konnten deutlich hören, wie er Jesaja, Kapitel 2 las. Als er zu Vers 4 kam, klopften sie. Der freundliche alte Mann lud sie ein, und sie knüpften an Jesaja 2:4 an und begannen, ihm die gute Botschaft vom Königreich zu predigen. Sie richteten sofort ein Studium ein. Dieses Studium wurde regelmäßig durchgeführt, und schließlich gab sich der alte Mann Jehova hin.

      Bruder van Staden hatte in den 13 Monaten, die er auf der Insel zubrachte, viel zu tun, besonders als er schließlich 18 Bibelstudien in der Woche durchführte. Er verließ St. Helena im Juni 1952, kehrte nach Südafrika zurück und nahm im Osten der Kapprovinz den Kreisdienst auf. Er hatte gute Arbeit geleistet. In den 13 Monaten, die er auf St. Helena zubrachte, erreichten die beiden Versammlungen, die dort gegründet worden waren, eine Höchstzahl von 41 Verkündigern.

      MEHRUNG DER THEOKRATIE IN SÜDAFRIKA

      Kehren wir in die Südafrikanische Union zurück, um eine Vorstellung von den Verhältnissen und Problemen zu bekommen, mit denen sich die Brüder vor einem Vierteljahrhundert in Südafrika auseinandersetzen mußten. In der Funk & Wagnalls Standard Reference Encyclopedia, Band 24 wird unter dem Stichwort „Union of South Africa“ über die „Group Areas Act“ vom Juni 1950 gesagt, daß sie „die Trennung der vier hauptsächlichen rassischen Gruppen, d. h. der Europäer (Weißen), der Afrikaner (Neger), der Farbigen (Mischlinge) und der Asiaten (einschließlich der Inder), und ihre Aufteilung in bestimmte Gebiete vorsieht, aus denen die anderen Gruppen ausgeschlossen wären“. Einige haben erwartet, daß dieses Gesetz Probleme für die Brüder in bezug auf das Predigtwerk verursachen könnte. Es hat sich jedoch herausgestellt, daß es für die Brüder und Schwestern einfacher ist, unter ihrem eigenen Volk und in ihrer eigenen Sprache zu arbeiten. Zwar verbietet es das Gesetz nicht, daß ein Angehöriger einer Rasse mit einem Angehörigen einer anderen Rasse über Religion spricht. Doch was die liebevolle christliche Gemeinschaft betrifft, von der die Bibel spricht, so pflegen die Brüder hauptsächlich mit Personen ihrer eigenen Rasse Gemeinschaft und gehorchen dadurch dem Grundsatz aus Römer, Kapitel 13. Die gute Botschaft wird gepredigt, und Menschen aller Rassen lernen die Wahrheit kennen und erfreuen sich der so notwendigen christlichen Gemeinschaft.

      Jehovas Zeugen hatten schon einige Jahre lang ihre gemieteten Zusammenkunftsstätten „Königreichssäle“ genannt. Aber im Jahre 1948 erhielt ein Pionier die Zuteilung, in Strand, in der Nähe von Kapstadt, zu arbeiten, und er hatte das Vorrecht, den Bau des ersten Königreichssaales in Südafrika zu organisieren. Das war 1949 und 1950. Eine dort ansässige Verkündigerin, Schwester van der Bijl aus Gordon’s Bay, war eine große Hilfe, indem sie dieses Projekt finanzierte. Aus dem nahe gelegenen Zweigbüro in Kapstadt kamen Bethelbrüder und wirkten am Programm der Bestimmungsübergabe mit. Der Zweigaufseher, Bruder G. R. Phillips, sagte, er wünschte, er könne „den neuen Saal auf Räder stellen und durch das Land fahren, und zwar nicht, um das Gebäude zur Schau zu stellen, sondern um die Brüder zu ermuntern, mehr Königreichssäle zu bauen.“ Seitdem sind von den europäischen und den farbigen Versammlungen im ganzen Land viele Königreichssäle gebaut worden.

      In diesen Jahren wurde den afrikanischen Brüdern und Schwestern immer mehr Hilfe geboten. Der 1. Januar 1949 war ein großer Tag für die Zulu-Brüder. Das war das Datum der ersten Ausgabe des Wachtturms in Zulu. Damals wurde die Zeitschrift auf einem kleinen Vervielfältigungsapparat mit Handbetrieb im Büro der Gesellschaft in Kapstadt hergestellt. Zu der Zeit war die Zeitschrift noch nicht so schön und ansprechend, wie der INqabayokulinda (Der Wachtturm in Zulu) heute ist; doch nichtsdestoweniger versorgte er die Zulu sprechenden Brüder und Schwestern mit der Speise zur rechten Zeit.

      In dieser Zeit wurden auch die ersten Sonderzüge arrangiert, die die Brüder zu Kongressen bringen sollten. Zum Beispiel hatte im Jahre 1949 der „JW Special“, der von Johannesburg zum Kongreß nach Pretoria fahren sollte, Platz für 750 Personen, war aber mit 1 000 Personen vollgepfercht. Dabei handelte es sich um Afrikaner aus etwa einem Dutzend verschiedenen Stämmen, und doch ereignete sich kein Zwischenfall. Die Fahrt muß für die Eisenbahnbehörde ein großes Zeugnis gewesen sein. Wie war es möglich, daß Afrikaner aus diesen verschiedenen Stämmen so gut miteinander auskamen? Ohne die Macht der Wahrheit, die das Denken dieser Menschen umgeformt hatte, wäre es zweifellos zu Streitigkeiten unter den Angehörigen der verschiedenen Stämme gekommen, wie das unter den Afrikanern so üblich ist. Jeder Stamm betrachtet sich als überlegen, und oft kommt es zu Stammeskämpfen.

      Im Jahre 1949 wurde die Organisation durch die Veröffentlichung der Broschüre Rat über Theokratische Organisation weiter gestärkt. Um das Werk weiter voranzutreiben, waren jetzt elf Gileadabsolventen im Land, und nahezu 10 Prozent der Verkündiger beteiligten sich am Vollzeitpredigtwerk.

      Zur Gedächtnismahlfeier in jenem Jahr waren 6 766 Personen anwesend, und 265 nahmen von den Symbolen. Aber die Grundlage war gelegt, und das Werk richtete sich auf größeres Wachstum ein. Die kleine Druckerei in Kapstadt produzierte jährlich mehr als 6 400 000 Schriften. Das war eine neue Höchstzahl, und diese schloß fast 135 000 Zeitschriften und 625 000 Exemplare verschiedener Broschüren in 8 Sprachen ein.

      In den Jahren 1949 und 1950 wurden Lese- und Schreibkurse eingerichtet. Sie fanden an drei oder vier Tagen in der Woche statt. Die Kurse wurden in Zulu, Sesotho, Xosa, Tschwana, Sepedi und Englisch durchgeführt. Etwa 30 Lektionen waren erforderlich, bis die Schüler lesen konnten.

      Die Polygamie, ein weitverbreiteter Brauch unter den Eingeborenenstämmen, ist für viele Brüder in Afrika ein echtes Problem gewesen. Als Bruder Knorr im Jahre 1948 zu Besuch kam, war die Polygamie eines der Hauptthemen, die er mit den afrikanischen Brüdern besprach. Zu Anfang kam es oft vor, daß der Mann die Frau behielt, die er am meisten liebte, gewöhnlich die jüngste, aber später erklärte die Gesellschaft, daß es gemäß der Bibel richtig sei, die erste Frau zu behalten und alle anderen zu entlassen.

      41 Südafrikaner waren in der Lage, im Jahre 1950 den internationalen Kongreß in New York zu besuchen, und 9 wurden eingeladen, die 16. Klasse der Wachtturm-Bibelschule Gilead zu besuchen. Diejenigen, die diesen internationalen Kongreß nicht besuchen konnten, hatten das gleiche geistige Festmahl während ihres fünftägigen nationalen Kongresses „Mehrung der Theokratie“, der im Oktober des gleichen Jahres im Reef-Gebiet stattfand. Aus allen Teilen der Union, der Protektorate und Südwestafrikas kamen über 6 000 Verkündiger zusammen. Ein sichtbarer Beweis für die Mehrung der Theokratie waren die 855 Personen, die sich zur Wassertaufe einfanden. 10 185 besuchten den öffentlichen Vortrag. Eine der neuen Freigaben, die die Brüder wirklich begeisterten, war die Neue-Welt-Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften in Englisch.

      Ein weiterer Beweis für die Mehrung der Theokratie war die Tatsache, daß während des Dienstjahres 1951 über 2 000 Personen ihre Hingabe durch die Wassertaufe symbolisierten. Neue Versammlungen wurden gegründet, und ein zweiter Bezirk wurde organisiert, damit die 43 Kreise mit einer Höchstzahl von 9 586 Verkündigern besser betreut werden konnten.

      DAS ZWEIGBÜRO VERLEGT

      Einer der großen Meilensteine in der Geschichte des Werkes in Südafrika war die Verlegung des Büros der Gesellschaft von Kapstadt nach Elandsfontein (Transvaal) Anfang 1952. Von 1917 an war das Werk von Kapstadt aus geleitet worden, dem südlichsten Punkt des Gebietes. Jetzt fand man es aus verschiedenen Gründen nötig, das Zweigbüro in das Reef-Gebiet (Witwatersrand) zu verlegen. Dort gab es die größte Bevölkerungsanhäufung in Südafrika, und so lebten auch die meisten Brüder im Umkreis von 160 Kilometern von Johannesburg. Da der südafrikanische Zweig auch für andere Zweige im Süden Afrikas druckte, war das Reef-Gebiet zentraler gelegen, und dadurch konnte man erhebliche Frachtkosten einsparen.

      Als Bruder Knorr und Bruder Henschel im Jahre 1948 das Land besuchten, wurde beschlossen, in der neuerbauten Township Germiston, Activia Park, m der Nähe vom Bahnhof und vom Postamt Elandsfontein zwei Grundstücke zu kaufen. Obwohl dieses Gebiet damals noch nicht bebaut war, stellte es sich später heraus, daß diese Entscheidung sehr weise war. Der neue Standort war nur 8 Kilometer vom Zentrum Germistons, des größten Eisenbahnknotenpunktes im Lande, nur 16 Kilometer von Johannesburg, der größten Stadt der Südafrikanischen Union, und nur 8 Kilometer vom Jan Smuts International Airport entfernt. Allerdings verzögerten gewisse technische Schwierigkeiten der Townshipbehörde, von der das Grundstück gekauft worden war, das Bauprogramm, und so konnte das Zweigbüro erst gegen Ende März 1952 verlegt werden.

      Um zu verstehen, welch eine große Änderung dies für die Bethelfamilie war, muß man wissen, welche Verhältnisse vor der Änderung bestanden. Die Brüder, die im Büro und in der Fabrik in Kapstadt zusammen arbeiteten, lebten nicht wirklich als Bethelfamilie zusammen. Ja, der Ausdruck „Bethel“ wurde selten in Verbindung mit dem Zweigbüro in Kapstadt gebraucht. Es wurde gewöhnlich nur „das Büro“ genannt. Bruder und Schwester Phillips wohnten in einer kleinen Mietswohnung, und die anderen Glieder der Familie waren bei verschiedenen Brüdern auf der Kaphalbinsel untergebracht. Einige Brüder mußten täglich 16 Kilometer weit mit dem Zug zur Arbeit fahren, während andere mit dem Bus fuhren oder zu Fuß gingen. Jeder nahm das Frühstück dort ein, wo er wohnte. Falls er in der Nähe des Büros untergebracht war, konnte er zum Mittagessen schnell nach Hause laufen. Diejenigen, die nicht nach Hause gehen konnten, erhielten einen Shilling und sechs Pence zusätzlich für den Tag, um sich etwas in einem Café zu kaufen. Zum Abendessen ging jeder nach Hause. Im Bethel gab es nie ein Familienstudium des Wachtturms.

      Jeden Morgen traf sich die Familie um 7.45 Uhr im Umkleideraum der kleinen Fabrik. Nach einer Besprechung des Tagestextes und nach einem Gebet gingen alle um 8 Uhr an die Arbeit. Um rechtzeitig bei der Besprechung zu sein, mußten einige schon vor 6 Uhr aufstehen und sich bald danach auf den Weg machen.

      Das neue Zweigbüro in Elandsfontein war eines der ersten Gebäude in der Township (Activia Park). Es war ein zweigeschossiges Gebäude mit einer Bodenfläche von 1 960 Quadratmetern. Im Erdgeschoß befanden sich das Büro, die Fabrik, die Versandabteilung, die Wäscherei und der Kesselraum. Die Familie wohnte in 22 gut eingerichteten Zimmern. Außerdem gab es dort eine Küche, einen Speisesaal und eine Bibliothek für die Familie.

      In der neuen Fabrik wurden zusätzliche Maschinen aufgestellt. Eine neue große G.-M.-A.-Flachpresse kam aus Schweden, und diese konnte viermal größere Papierbogen bedrucken als die Druckmaschine, die sie in Kapstadt benutzt hatten. Es wurden auch eine zusätzliche Linotype-Setzmaschine, eine große Papierschneidemaschine und eine Heftmaschine aufgestellt. Jetzt war es möglich, den Wachtturm in afrikanischen Sprachen zu drucken. Wie schon erwähnt, war der Wachtturm in Zulu bisher auf einem Vervielfältigungsapparat hergestellt worden. Als die neue Druckmaschine und die dazugehörige Ausrüstung in Betrieb genommen wurden, wurde Der Wachtturm in 8 Sprachen und Erwachet! in 3 Sprachen gedruckt, außerdem 12 Ausgaben des Königreichsdienstes in 8 Sprachen.

      ABGELEGENES GEBIET WIRD BEARBEITET

      1952 war ein Jahr, in dem die Organisation gefestigt wurde und die Brüder gestärkt wurden. Das Zweigbüro plante auch einen Feldzug zur Bearbeitung von nichtzugeteiltem Gebiet. Die Brüder und Schwestern setzten Tausende von Stunden ein, um die Bewohner von etwa 400 Städten und Dörfern zu besuchen, in denen sonst keine Versammlungen von Zeugen arbeiteten. Aufgrund dieser Tätigkeit wurden über 10 000 Namen von Interessierten an das Zweigbüro geschickt, und diese Personen erhielten darauf von der Gesellschaft einen besonderen Brief zusammen mit Musterzeitschriften.

      Eine Versammlung von etwa 20 Afrikanern hatte Schwierigkeiten, Unterkünfte zu finden, als sie in bis dahin noch nicht zugeteiltem Gebiet eintrafen. Ein Farmer war nicht bereit, sie aufzunehmen, ohne daß sie eine Genehmigung der Polizei vorzeigen konnten. Die Polizeistation war weit entfernt, und es war schon spät. Darauf nahmen einige Angestellte des Farmers die Zeugen zu einem Prediger der First Church of Christ mit, der in der Nähe der Farm wohnte. Er weigerte sich zu helfen und war ausgesprochen unfreundlich. Einer von seiner Herde hatte jedoch Mitleid. Er verurteilte die Einstellung des Predigers und nahm die Zeugen zu einem leerstehenden Haus in der Nähe mit. Kaum hatten sie sich niedergelassen, als die Polizei eintraf. Der europäische Polizist war sehr rücksichtsvoll und ermutigte die Brüder sogar, nachdem sie ihm die Gebietszuteilungskarte gezeigt hatten. Der Geistliche hatte die Polizei gerufen. Am nächsten Morgen zeigte dieser Geistliche jedoch eine völlige Sinneswandlung, entschuldigte sich für sein Verhalten am vergangenen Abend und bot seine Kirche für die öffentliche Zusammenkunft an. Er lud seine „Herde“ zu der Zusammenkunft ein. Das Ergebnis war, daß 80 Personen zusammenkamen; 60 davon waren Fremde. Alle blieben zu dem darauf folgenden Studium der Zeitschrift Der Wachtturm. Und der Geistliche war einer von denen, die an jenem Tag Literatur entgegennahmen. Bei zwei späteren Besuchen stellte der Prediger jedesmal seine Kirche für den öffentlichen Vortrag zur Verfügung. Er besuchte nicht nur den Vortrag, sondern auch das darauf folgende Wachtturm-Studium. Und das Ergebnis: Statt daß nur ein Verkündiger in dieser Gegend tätig war, waren es schließlich sieben.

      EIN NÜTZLICHER BESUCH

      Zum erstenmal in der Geschichte des Werkes in Südafrika waren im Jahre 1952 über 10 000 Verkündiger tätig. Dieses Jahr war für die Entwicklung des Königreichswerkes in Südafrika wirklich bedeutsam. Den krönenden Abschluß des Jahres bildete der Besuch von Bruder Knorr und Bruder Henschel im November. Bruder Knorr war sehr erfreut, das schöne zweigeschossige Zweigbüro, ein Gebäude aus Ziegeln und Stuck, auf dem schönen, günstig gelegenen Grundstück zu sehen. Welch ein Unterschied zu dem kleinen Büro in Kapstadt, in dem es keine Wohnräume gab! Er besichtigte das Gebäude und kam mit allen Gliedern der Familie zusammen.

      Ein paar Tage später begab sich Bruder Knorr zusammen mit Bruder Phillips nach Durban, jener schönen, modernen Stadt am Gestade des Indischen Ozeans. Er mußte seinen Vortrag an drei verschiedenen Orten halten, um die dortigen Bestimmungen hinsichtlich der Rassentrennung einzuhalten. Er war sehr erfreut, bei der Zusammenkunft für die Farbigen 15 Inder zu sehen, und er nahm die Gelegenheit wahr, nach der Zusammenkunft mit einigen von ihnen zu sprechen. In Durban leben sehr viele Inder, und die Königreichsbotschaft begann gerade, zu ihnen durchzudringen.

      Die Zusammenkunft für die Afrikaner in Durban fand in Lamontville statt, einer neuen Township südlich der Stadt. Bruder Knorr war von dem Gesang der Zulu-Brüder bei der Zusammenkunft tief beeindruckt. Diese Zusammenkunft fand am Sonntagnachmittag statt, und am Abend gab es eine Zusammenkunft für die europäischen Brüder, von denen 435 in einem Saal im Stadtzentrum zusammenkamen.

      Kurz nach der Rückkehr nach Johannesburg sprach Bruder Knorr im Büro des britischen Hochkommissars für Basutoland, Betschuanaland und Swasiland vor. Dieser Besuch stand mit dem seit 1941 bestehenden Verbot der Einfuhr von Schriften der Gesellschaft in diese drei Protektorate im Zusammenhang. Da zur Zeit des Besuches von Bruder Knorr über 400 Zeugen die gute Botschaft in diesen Gebieten predigten, bemühte sich die Gesellschaft wiederholt, eine Aufhebung des Verbots zu erreichen. Bruder Knorr gelang es, mit dem Hauptsekretär des Kommissars zu sprechen, all seine Fragen zu beantworten und ein klares Bild über das gute Erziehungswerk zu vermitteln, das Jehovas Zeugen durchführen. Das Verbot blieb jedoch noch mehrere Jahre danach in Kraft.

      Inzwischen war Bruder Henschel eingetroffen, und die europäische Versammlung von Germiston traf Vorkehrungen für eine ermutigende Zusammenkunft in der Stadthalle von Germiston. Viele Brüder aus dem Reef-Gebiet kamen, so daß insgesamt 725 Personen anwesend waren.

      Am 8. Dezember flogen Bruder Knorr und Bruder Phillips nach Windhuk, der Hauptstadt Südwestafrikas. Die drei Missionare dort waren sehr glücklich, sie zu sehen und ihren ersten Kongreß in jenem Land abzuhalten. Bei den regulären Programmpunkten waren etwa 10 Personen anwesend, und zum öffentlichen Vortrag kamen 25.

      Bruder Knorr und Bruder Henschel kehrten dann in das Zweigbüro nach Elandsfontein zurück und wandten ihre Aufmerksamkeit vielen Angelegenheiten zu, die mit der Organisierung des Werkes und mit den Problemen zu tun hatten, die behandelt werden mußten. Die Hilfe, die der Präsident der Gesellschaft in verschiedener Hinsicht bieten konnte, sollte das Werk für die kommenden Jahre beeinflussen. Er traf auch mit den reisenden Dienern zusammen und gab ihnen Rat und Ermunterung.

      Vom 11. bis 14. Dezember fand ein Kongreß statt, und das war der Höhepunkt des Besuches von Bruder Knorr und Bruder Henschel. In Johannesburg war es uns gelungen, die Erlaubnis zu erlangen, alle drei ethnischen Gruppen in einem Stadion zu versammeln. Sie mußten allerdings in verschiedenen Sektoren sitzen. Damit alle afrikanischen Brüder aus allen Teilen Südafrikas und aus den Protektoraten anwesend sein konnten, war eine gewaltige Arbeit nötig gewesen, um die Pässe und Genehmigungen für diejenigen zu erlangen, die über 16 Jahre alt waren. Wegen des Sprachproblems wurden drei Begrüßungsansprachen gehalten: zuerst in Englisch, dann in Afrikaans und schließlich in Zulu. Die europäischen Brüder waren begeistert, die Ansprache in Zulu mit den faszinierenden Schnalzlauten zu hören, und am Ende klatschten sie genauso herzlich Beifall wie die Zulu-Brüder.

      Als Bruder Knorr zu den afrikanischen Brüdern sprach, legte er großen Nachdruck auf die Notwendigkeit, das Lesen und Schreiben zu erlernen, damit sie die Wahrheit besser kennenlernen und anderen wirkungsvoller predigen könnten. Leider regnete es während der vier Tage des Kongresses ziemlich viel. An einem Tag war das Wetter tatsächlich so schlecht, daß der Redner die Bühne verlassen mußte. Trotz allem war der Kongreß ein großer Erfolg, und 339 Personen aller Rassen wurden getauft. Am Samstagabend stieg die Anwesendenzahl auf 5 441, und beim öffentlichen Vortrag betrug sie 7 267. Die südafrikanischen Brüder kehrten alle glücklich und dankbar für den guten Rat nach Hause zurück, entschlossen, noch eifriger im Königreichswerk in Südafrika tätig zu sein.

      Gegen Ende des Jahres 1952 waren in allen Ländern, die einmal dem südafrikanischen Zweigbüro unterstanden hatten oder immer noch unterstanden, durchschnittlich 50 087 Verkündiger tätig. Welch eine gewaltige Mehrung in den 21 Jahren seit 1931, als es nur eine „kleine Schar“ von 100 Verkündigern gab!

      NEUE-WELT-GESELLSCHAFT-KONGRESSE

      Im Anschluß an den Neue-Welt-Gesellschaft-Kongreß im Yankee-Stadion im Jahre 1953 waren neun Kongresse für Südafrika vorgesehen: ein Landeskongreß für Europäer und acht Bezirkskongresse für Afrikaner und Farbige. Auf jedem Kongreß erlebten die Brüder das gleiche Programm, denn die Schlüsselvorträge, die in New York gehalten wurden, wurden auch in Südafrika gehalten. Zum erstenmal wurden hier Kongreßabzeichen verwendet, und seitdem ist dies bei allen Bezirks- und Landeskongressen der Zeugen Jehovas in Südafrika der Fall. Diese Abzeichen erleichtern es den Brüdern, sich gegenseitig kennenzulernen, und sie fördern eine glückliche, freundliche Atmosphäre unter den Brüdern. Alle neun Kongresse waren gut besucht, und insgesamt hörten 11 000 Personen den öffentlichen Vortrag „Nach Harmagedon — Gottes neue Welt“. 634 wurden getauft.

      EIN NEUER FILM ÖFFNET AUGEN

      Als man im Jahre 1955 anfing, den 16-mm-Film der Gesellschaft „Die Neue-Welt-Gesellschaft in Tätigkeit“ zu zeigen, erkannten die Brüder, welch eine gewaltige Arbeit nötig war, um die Publikationen herzustellen, die sie verwendeten. Der Film nahm den Zuschauer auf eine Tour durch das Brooklyner Bethelheim, die Fabrik der Gesellschaft und die Gileadschule mit. Dieser Film hinterließ bei den Brüdern einen gewaltigen Eindruck und vertiefte ihre Wertschätzung für die Organisation. Er ließ sie erkennen, daß auch die Brüder im Bethel Elandsfontein hart arbeiteten, um die Literatur in verschiedenen Sprachen herzustellen, besonders wenn neue Sprachen hinzukamen, wie zum Beispiel im August 1955, als die Zeitschrift Der Wachtturm in Xosa erschien.

      Dieser Film trug viel dazu bei, Vorurteile gegen Jehovas Zeugen abzubauen. In einigen afrikanischen Gebieten, in die europäische Bezirksaufseher gewöhnlich nur schwer Eintritt fanden, wurde bereitwillig die Erlaubnis gegeben, den Film zu zeigen. Die Bezirksaufseher hatten einen Generator bei sich, und dadurch war es ihnen möglich, den Film in vielen abgelegenen Gebieten zu zeigen, wo es keinen elektrischen Strom gab. Für viele Afrikaner war dies der erste Film, den sie je gesehen hatten, und so manches versetzte sie in Erstaunen. Ein kleiner afrikanischer Junge zum Beispiel war tief beeindruckt von einer Szene, in der ein Zug in eine bestimmte Richtung fuhr. Er wunderte sich darüber, und am nächsten Tag fragte er den Farmer, auf dessen Land er wohnte, wann dieser Zug zurückkommen würde.

      Bei einem kleinen Kreiskongreß von farbigen Brüdern kamen 200 Personen in einem Saal zusammen. Es war ein warmer Sommerabend, und der Film sollte in dem großen offenen Hof hinter dem Saal gezeigt werden. Da es noch zu hell war, um den Film zu zeigen, begannen die Brüder Königreichslieder zu singen. Bald wurde die Öffentlichkeit durch den schönen Gesang angelockt, und ehe man sich’s versah, hatten sich 650 Personen im Hof versammelt. Sie nahmen den Film mit großer Wertschätzung auf.

      EIN BESUCHER AUS BROOKLYN KEHRT ZURÜCK

      Im Oktober 1955 besuchte Milton G. Henschel noch einmal Südafrika. Zuerst schien es, als könnte er den Kongreß nicht besuchen, da das Innenministerium das Visum wieder rückgängig machte, nachdem es schon für ihn ausgestellt worden war. Nur einen Tag vor seiner Ankunft wurde das notwendige Visum wieder ausgestellt, aber mit der Einschränkung, er dürfe keine öffentlichen Reden halten. In großer Eile wurden nun mehrere Brüder im Bethel beauftragt, Vorträge vorzubereiten, um nötigenfalls für Bruder Henschel einzuspringen. Als Bruder Henschel eintraf, hatte er eine Unterredung mit dem Innenminister, und darauf erhielt er „grünes Licht“, und alles konnte programmgemäß ablaufen. Diese Entscheidung bereitete allen Brüdern große Freude, und die hart bedrängten Bethelbrüder, die eilig Vorträge ausgearbeitet hatten, um für Bruder Henschel einzuspringen, atmeten erleichtert auf.

      Alle drei Rassen hatten wieder das Vorrecht, wie schon 1952 im Wembley-Stadion zusammenzukommen, und sie beachteten dabei das Gesetz, indem sie in getrennten Gruppen saßen. Wie begeistert waren doch die Brüder, als sie den Schlüsselvortrag von Bruder Henschel hörten, in dem ihnen versichert wurde, daß sie von ihrem König, Jesus Christus, in einem Triumphzug einhergeführt wurden — ein lieblicher Wohlgeruch für Gott und ein stechender Geruch für die Feinde. Insgesamt hörten 10 754 Personen den öffentlichen Vortrag „Weltbesiegung nahe — durch Gottes Königreich“, und 407 symbolisierten ihre Hingabe durch die Taufe. Ein weiterer Höhepunkt des Kongresses war am Sonntag, als die Brüder alle neuen Veröffentlichungen entgegennehmen konnten. Die Literatur war erst spät am Samstagabend in Johannesburg eingetroffen.

      KONGRESSE „GÖTTLICHER WILLE“

      Die Augen aller Zeugen in Südafrika waren auf den internationalen Kongreß der Zeugen Jehovas gerichtet, der vom 27. Juli bis 3. August 1958 unter dem Motto „Göttlicher Wille“ in New York stattfinden sollte. Welch ein begeisterndes Erlebnis war es doch für die 123 Brüder und Schwestern aus Südafrika, gemeinsam nach London und dann weiter nach New York zu fliegen!

      In Südafrika wurde im Anschluß an den internationalen Kongreß in New York eine Serie von 13 Bezirkskongressen abgehalten, ebenfalls unter dem Motto „Göttlicher Wille“, und auf diesen Kongressen wurden neue Publikationen für das südafrikanische Gebiet freigegeben. Eine davon war das Buch Vom verlorenen Paradies zum wiedererlangten Paradies. Es hat sich für die Brüder als eine ausgezeichnete Hilfe erwiesen, wenn sie ihr Familienbibelstudium durchgeführt und ihren Kindern geholfen haben, biblische Erkenntnis zu erlangen.

      Im Oktober 1958 erfuhren die Brüder in Südafrika, daß ihre afrikanischen Brüder in Malawi in Not geraten waren. Ein schreckliches Feuer hatte ein großes Gebäude, das sie gebaut hatten, um für einen Kongreß Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Dabei hatten sie alle Kleidung und ihre ganze Habe verloren. Innerhalb weniger Tage sammelten die südafrikanischen Brüder 1 500 Kilogramm Kleidung und schickten sie an ihre Brüder in Malawi.

      EIN WEITERER BEDEUTUNGSVOLLER BESUCH

      Im folgenden Jahr, 1959, stattete Bruder Knorr Südafrika einen weiteren Besuch ab, und es wurde ein Kongreß für die Zeit seines Besuches geplant. Man bemühte sich, einen Landeskongreß für alle Rassen gemeinsam zu veranstalten, wie es schon in den Jahren 1952 und 1955 der Fall gewesen war. Es wurde jedoch keine Erlaubnis dafür erteilt und das Zweigbüro mußte zwei Kongresse veranstalten, die in verschiedenen Teilen Johannesburgs stattfanden. Aus Natal und Zululand kamen 1 600 Brüder mit Sonderzügen. Aus allen Gebieten der Union und aus den umliegenden Ländern strömten die Brüder nach Johannesburg. Durch die Ankündigung des Kongresses wurde viel Interesse geweckt, und Hunderte von Fremden kamen zu dem öffentlichen Vortrag „Eine paradiesische Erde unter Gottes Königreich“ und zu anderen Programmpunkten. Zum europäischen Kongreß kamen 4 541 Personen ins Wembley-Stadion, während sich 12 648 Afrikaner in der Orlando Communal Hall versammelten, neben der noch zusätzlich sieben große Zelte aufgestellt werden mußten, da der Saal zu klein war. Insgesamt wurden 546 Personen getauft.

      Als das Bethel im Jahre 1952 von Kapstadt nach Elandsfontein verlegt wurde, gab es durchschnittlich 8 580 Verkündiger in Südafrika; im Jahre 1959 war die Zahl auf 14 451 gestiegen. Das Bethel war inzwischen zu klein geworden, und es gab nicht genügend Wohnraum für die Familie. Vor Bruder Knorrs Besuch hatte der Zweigaufseher Pläne für eine Erweiterung des Bethels und der Fabrik nach Brooklyn gesandt, und sie waren vom Präsidenten der Gesellschaft genehmigt worden. Die Bauarbeiten begannen während seines Besuches. Diese Erweiterung war ein hübsches, ansehnliches Gebäude, größer als der ursprüngliche Bau. Es wurden 22 Schlafräume hinzugefügt und darüber hinaus ein Königreichssaal für die Bethelfamilie. Die Fabrik erhielt einen neuen Maschinensaal, und es war nun auch viel Platz für Lagerraum vorhanden. All das wurde wirklich gebraucht, wie die Produktionszahlen es zeigen. Im ersten Jahr nach Aufnahme der Produktion in der neuen Fabrik in Elandsfontein wurden über 740 000 Broschüren und Zeitschriften hergestellt. Aber im Jahre 1959 betrug die Produktionszahl der Zeitschriften allein fast 2 000 000.

      Doch wie ging das Werk während dieser Zeit in den anderen Ländern voran, die unter der Aufsicht des südafrikanischen Zweigbüros standen? Betrachten wir das Werk in den drei britischen Protektoraten Basutoland, Swasiland und Betschuanaland.

      HINDERNISSE IN BASUTOLAND ÜBERWUNDEN

      Afrikanern fällt es im allgemeinen schwer, die Ahnenverehrung und die Zauberei aufzugeben, und das hindert sie auch daran, die Wahrheit anzunehmen. Obwohl viele Leute in Basutoland sagen, sie seien Christen, bringen ihre Geistlichen mit dem Volk Opfer dar, um die „Geister“ toter Häuptlinge und Ahnen zu besänftigen. Geistliche sowie Laien nehmen die Dienste von Medizinmännern in Anspruch.

      Im Jahre 1953 wurde ein ehemaliger Leiter einer Missionsschule der Niederländischen Reformierten Kirche, Joshua Thongoana, als Kreisaufseher nach Basutoland (jetzt Lesotho) geschickt. Er und seine Frau trafen dort zu einer Zeit ein, in der Basutoland noch dafür berüchtigt war, daß Ritualmorde in Verbindung mit der Hexerei begangen wurden, und es ging das Gerücht um, daß Ausländer das Ziel solcher Morde waren. Bruder Thongoana und seine Frau setzten großes Vertrauen in Jehova, der sich ihnen als wirklicher Schutz erwies. Auch wurde ihnen viel Güte und Gastfreundschaft von den Brüdern zuteil.

      In den Malutibergen mußte Bruder Thongoana mit dem Pferd von einer abgelegenen Gruppe zur nächsten reisen. Seine erste Reise zu Pferd, von Mokhotlong bis Bobete, nahm einen ganzen Tag in Anspruch. Als die Brüder an ihrem Bestimmungsort ankamen, waren alle, die das Reiten gewohnt waren, wohlauf und munter, aber er war erschöpft, und sein ganzer Körper schmerzte so sehr, daß er weder sitzen noch liegen konnte. Auf ihrem Rückweg mußten sie den Oranje überqueren, der gerade überschwemmt war. Seine Reisebegleiter sagten ihm, was er zu erwarten habe: Wenn die Strömung für das Pferd zu stark wäre, würde es versuchen, seinen Reiter abzuschütteln, damit es hinüberschwimmen könnte. Das jagte ihm einen Schrecken ein, denn er war kein guter Reiter. Sein Pferd ging ins Wasser, und die Spannung wuchs, doch glücklicherweise überquerten alle Pferde sicher den Fluß.

      In den Malutibergen schneit es oft, und dem Schnee folgen beißende Winde. Als sie eines Morgens erwachten, sahen sie, daß weit und breit alles mit Schnee bedeckt war. Die ganze Landschaft war in ein Winterzauberland verwandelt worden. Während sie in ihr Gebiet gingen, sanken ihre Füße im Schnee ein — ein ganz neues Erlebnis für sie. Sie benötigten dringend Feuer, um sich warm zu halten, aber nirgendwo gab es Holz oder Kohle. Trotzdem wurde für sie gesorgt. Als sie dachten, sie könnten es nicht mehr aushalten, gab ihnen eine interessierte Person freundlicherweise genügend getrockneten Kuhmist, so daß sie ein Feuer machen konnten.

      In den 1950er Jahren waren in Basutoland ständig weitere Fortschritte zu verzeichnen. Im Jahre 1953 gab es durchschnittlich 67 Verkündiger im Land, und 1959 war die Zahl auf 111 gestiegen — eine Zunahme von 81 Prozent.

      VERBOT IN SWASILAND AUFGEHOBEN

      In Swasiland, wo die Häuptlinge den Zeugen allgemein günstig gesinnt waren, war die Situation ähnlich wie in Basutoland. Obwohl die Brüder in Swasiland unter Verbot arbeiten mußten, war der oberste Häuptling dem Werk gegenüber wohlwollend eingestellt, und das ermöglichte es ihnen, Literatur zu verbreiten, wenn sie vorsichtig vorgingen. In jedes Buch, das die Verkündiger den Interessierten abgaben, schrieben sie ihren eigenen Namen als Zeichen dafür, daß sie die Literatur nicht verkauften, sondern lediglich an interessierte Personen verliehen.

      Im Jahre 1958 besuchte Dennis McDonald, ein Bezirksaufseher, die einzige Gott hingegebene Schwester in Goedgegun (jetzt Nhlangano). Das war das erste Mal, daß sie von einem Vertreter der Gesellschaft besucht wurde. Sie mietete das örtliche Gerichtsgebäude für den öffentlichen Vortrag. Bruder McDonald war es nicht ganz wohl bei dem Gedanken, einen öffentlichen Vortrag in einem Gerichtsgebäude zu halten, und das in einem Land, wo die Literatur der Gesellschaft verboten war.

      Der Mann der Schwester, der bei der Regierung beschäftigt war, versicherte ihm, er werde „eine beachtliche Zuhörerschaft“ haben. An jenem Sonntagnachmittag war tatsächlich „eine beachtliche Zuhörerschaft“ da, darunter zwei Geistliche der Niederländischen Reformierten Kirche, ein anglikanischer Geistlicher, der Friedensrichter des Ortes, der Ortspolizist, der Leiter der Kriminalpolizei und einige interessierte Personen. Bruder McDonald war sich darüber im klaren, daß diese Männer zu einem bestimmten Zweck gekommen waren. In dem öffentlichen Vortrag wurde das Versagen des Kommunismus der Hoffnung auf Gottes Königreich gegenübergestellt. Der ganze Vortrag wurde auf Tonband aufgenommen und nach Mbabane, der Hauptstadt, geschickt, wo er begutachtet werden sollte. Einige Zeit danach wurde das Verbot der Schriften der Gesellschaft aufgehoben, und es ist als ziemlich sicher anzunehmen, daß dieser öffentliche Vortrag Einfluß darauf hatte.

      Die Vorführung des Filmes der Gesellschaft „Die Neue-Welt-Gesellschaft in Tätigkeit“ trug ebenfalls dazu bei, Vorurteile zu überwinden. Der europäische Leiter eines großen Wohnlagers wollte zuerst den Film selbst sehen, bevor er die Erlaubnis für die Vorführung geben würde. So wurde ihm der Film privat vorgeführt, und 7 Personen waren anwesend. Der Leiter war sehr beeindruckt. Er erklärte: „Das ist etwas Neues und höchst Interessantes. Sie sind eine sehr große Organisation und sind ausgezeichnet organisiert.“ Es gefiel ihm, daß Jehovas Zeugen für eine reine Anbetung eintreten und daß sie sich nicht in Politik und in weltliche Angelegenheiten einmischen. Er bedankte sich für die Gelegenheit, den Film gesehen zu haben, und sagte dem Bezirksaufseher: „Sie können den Film heute abend im Saal des Lagers zeigen, und ich werde die Jungs von der Polizei bitten, Ihnen zu helfen.“ An jenem Abend sahen sich 903 Personen den Film an.

      In dieser Zeit nahm die Zahl der Verkündiger der guten Botschaft in Swasiland schnell zu. Sie stieg von 126 Verkündigern im Jahre 1953 auf 289 Verkündiger im Jahre 1959 — eine Zunahme von 129 Prozent.

      AUSDAUER IN BETSCHUANALAND BELOHNT

      Im Jahre 1956 wurde Joshua Thongoana als Kreisaufseher nach Betschuanaland geschickt. Einige der einheimischen Brüder waren bereits von Häuptlingen ausgepeitscht worden, weil sie gepredigt hatten. Ein Häuptling warf den Brüdern vor, sie würden eine neue Religion ins Land bringen, während Häuptling Khama nur eine Religion, die London Missionary Society, eingeführt hätte. Ein Pionier wurde zweimal geschlagen, und sein Vieh wurde beschlagnahmt, weil er gepredigt hatte. Doch als der Häuptling sein festes Eintreten für die Wahrheit sah, ließ er ihm sein Vieh zurückgeben.

      Bruder Thongoana wurde zwei Wochen nach seiner Ankunft zusammen mit zwei anderen Brüdern verhaftet. Vor dem kgotla (Gericht) wurden sie angeklagt, eine neue Religion zu lehren. Die Brüder erhielten nicht die Gelegenheit, sich zu verteidigen, und diejenigen, die beim kgotla anwesend waren, forderten, daß sie schuldig gesprochen würden. Nachdem der Häuptling und sein kgotla viele Anschuldigungen gegen sie erhoben hatten, wurde Bruder Thongoana aufgefordert, Betschuanaland am nächsten Tag zu verlassen, während jeder der einheimischen Brüder zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Bruder Thongoana verließ wohl diese Gegend, doch statt das Land zu verlassen, reiste er weiter ins Landesinnere. Später freute er sich zu hören, daß der Häuptling seine Meinung geändert und den Brüdern ihre Strafe erlassen hatte.

      Bei seinem nächsten Besuch wurde Bruder Thongoana wieder verhaftet. In diesem kgotla bekundete man großes Interesse. Der Ortsgeistliche der London Missionary Society war anwesend und wurde vom Häuptling gebeten, das kgotla mit Gebet zu eröffnen. Wieder wurde Bruder Thongoana beschuldigt, eine neue Kirche einzuführen, obwohl sie doch schon eine hätten. Dieses kgotla gestattete Bruder Thongoana, sich zu verteidigen, und er führte viele Bibeltexte an, um zu zeigen, was und warum er predigte. Der Geistliche der London Missionary Society führte überhaupt keine Bibeltexte an; er hatte nicht einmal eine Bibel bei sich. Einige Ratgeber überzeugten den Häuptling, den Bruder freizusprechen, und diesmal endete das kgotla mit einem theokratischen Sieg.

      Bis das Verbot der Literatur der Gesellschaft im Jahre 1959 aufgehoben wurde, wurden noch viele Brüder verhaftet. Doch die Brüder traten fest für die Wahrheit ein. Die 100 Verkündiger, die es im Jahre 1953 gab, wuchsen bis zum Jahre 1959 auf 166 an, und das war gewiß eine ausgezeichnete Mehrung.

      GEISTIGE SEGNUNGEN AUF ST. HELENA

      Nach Bruder van Stadens Besuch hatten die Brüder auf St. Helena nur noch durch die Post und durch die Schriften der Gesellschaft regelmäßig Kontakt mit Jehovas sichtbarer Organisation. Daher war es ein besonderes Ereignis für diese Brüder, als der Kreisaufseher und seine Frau während des Dienstjahres 1955 einen ganzen Monat lang zu Besuch kamen. Der Kreisaufseher verbrachte in jeder der beiden Versammlungen zwölf Tage, und dann wurde die Tätigkeit des Monats mit einem Kreiskongreß abgerundet. Zum öffentlichen Vortrag kamen 105 Personen, und 3 wurden getauft.

      Den Brüdern auf St. Helena kamen noch weitere geistige Segnungen zu. Im Jahre 1956 wurde der Film „Die Neue-Welt-Gesellschaft in Tätigkeit“ achtmal vor insgesamt 1 000 Besuchern gezeigt. Dadurch erhielten diese abgelegen lebenden Brüder einen wunderbaren Einblick in Jehovas weltweite Organisation. Ein Mann erzählte hinterher. „Ich schäme mich nicht zu sagen, daß mir die Tränen übers Gesicht liefen und anderen ging es ebenso.“ Was hatte sie so sehr beeindruckt? „Zu sehen, wie die Brüder in Liebe zusammenarbeiten. Wenn wir doch nur genauso arbeiten könnten!“

      Im Jahre 1958 wurde der Film „Die glückliche Neue-Welt-Gesellschaft“ achtmal vorgeführt, und insgesamt sahen ihn 1 095 Personen. Alle Zuschauer waren erstaunt, die großen Mengen Menschen zu sehen, die zu den Kongressen in allen Teilen der Welt zusammengekommen waren.

      Seitdem im Jahre 1933 der erste Königreichssamen ausgesät worden war, war es jedoch noch keinem Verkündiger von St. Helena möglich gewesen, persönlich einen Kongreß in Übersee zu besuchen. Jetzt reisten zum erstenmal zwei Brüder nach New York, um den internationalen Kongreß „Göttlicher Wille“ (1958) zu besuchen. Wegen der schlechten Verkehrsverbindungen mußten sie schon im Mai abreisen und konnten erst im November zurückkehren. Doch welch ein großartiges Erlebnis, den Kongreß in New York zu besuchen, und welch eine Freude für ihre Brüder, als sie zu Hause all die guten Dinge erzählten, die sie auf dem Kongreß gelernt und erlebt hatten!

      FORTSCHRITTE AUF MAURITIUS

      Im Jahre 1953 machte die Versammlung in Vacoas gute Fortschritte, und eine andere Versammlung entstand gerade in Port Louis. In Übereinstimmung mit dem Gesetz hatten die Missionare die Polizei von ihren Zusammenkünften unterrichtet, und der Polizeichef hatte ihnen geantwortet, es sei nichts dagegen einzuwenden, vorausgesetzt, daß es nicht zu religiösen Streitigkeiten käme, die den Frieden stören könnten. Die Polizei ließ es jedoch nicht darauf ankommen, und so waren die ersten, die zu der Zusammenkunft eintrafen, vier Detektive. Zufällig waren unter den Freunden, die die Zusammenkunft besuchten, ein pensionierter Detektiv und mehrere Verwandte eines anderen Detektivs. So war die erste Zusammenkunft beinahe ein Polizistentreffen. Die Beamten schienen recht zufriedengestellt und überzeugt zu sein, daß Jehovas Zeugen ruhige, gesetzestreue Menschen sind.

      Im Jahre 1955 gab es weitere Fortschritte auf Mauritius, und die Verkündiger erreichten in jenem Jahr eine Höchstzahl von 30. Später im gleichen Jahr kam Bruder Milton Henschel nach Mauritius und richtete dort ein Zweigbüro der Gesellschaft ein, das sich der Königreichsinteressen auf den drei Inseln des Indischen Ozeans, Madagaskar, La Réunion und Mauritius, annehmen sollte.

      ERFOLGREICHE ANSTRENGUNGEN AUF MADAGASKAR

      Nachdem die beiden Pioniere aus Südafrika, Robert Nisbet und Bert McLuckie, Madagaskar im Jahre 1933 besucht hatten, scheinen 22 Jahre vergangen zu sein, in denen nichts in bezug auf das Werk dort unternommen wurde. Im Jahre 1955 besuchten Milton Henschel und Robert Nisbet die Insel, um dort das Werk unter der Leitung des Zweigbüros der Gesellschaft auf Mauritius zu organisieren. Bald wurden aus Frankreich Sonderpioniere dorthin geschickt. Sie arbeiteten hart und waren sehr erfolgreich. Sie leiteten viele Bibelstudien. Es dauerte nicht lange, und die gute Botschaft vom Königreich wurde von einheimischen Verkündigern verbreitet. Im Jahre 1958 wurde die erste Broschüre ins Madagassische übersetzt. Im darauffolgenden Jahr wurde dem Zweigbüro in Frankreich die Aufsicht über das Werk dort übertragen.

      DAS KÖNIGREICHSWERK BEGINNT IN ANGOLA

      Im Jahre 1938 wurde der erste Königreichssamen in Angola ausgesät. Dieses 1 246 700 km2 große Land liegt an der Westküste Afrikas, im Süden begrenzt von Südwestafrika, im Norden von Zaire und im Osten von Sambia

      Zwei Pioniere aus Kapstadt kamen im Jahre 1938 nach Angola und arbeiteten dort unter der weißen Bevölkerung. In drei Monaten gaben sie 8 158 Bibeln, Bücher und Broschüren ab und weckten viel Interesse. Doch im darauffolgenden Jahr brach der Zweite Weltkrieg aus, und es war sehr schwer, mit den interessierten Menschen Verbindung aufrechtzuerhalten.

      Zwölf Jahre später, im Jahre 1950, wurde ein afrikanischer Pionier aus Moçambique nach Angola deportiert. Es hatte keine Gerichtsverhandlung stattgefunden, aber er war auf die kleine portugiesische Insel São Tomé, die am Äquator, vor der Westküste Afrikas, liegt, geschickt worden. Diese Insel gehörte zum Gebiet von Angola. Innerhalb von sechs Monaten beteiligten sich 13 andere mit ihm am Zeugniswerk auf dieser Insel.

      Zwei Jahre später war die kleine Gruppe auf São Tomé auf 21 Verkündiger angewachsen. São Tomé und die Nachbarinsel Principe sind nur 964 km2 groß und haben zusammen 64 000 Einwohner. In Wirklichkeit handelt es sich dabei um eine Strafkolonie für portugiesische Afrikaner, die auf den Kautschuk-, Bananen- und Kaffeeplantagen als Sklaven arbeiten müssen. Die kleine Gruppe von Königreichsverkündigern mußte ihr Werk daher unter Schwierigkeiten durchführen, und keiner war da, der sie besuchte oder ermunterte. Bis dahin gab es in Angola noch keine Verkündiger, und das Königreichswerk war nicht organisiert.

      Während des Jahres 1954 gingen jedoch Briefe im südafrikanischen Zweigbüro von einer kleinen Gruppe Afrikanern aus Baía dos Tigres ein, einer Strafgefangenensiedlung, die im äußersten Süden Angolas am Rande eines Fischerdorfes lag. Der Schreiber, João Mancoca, schrieb in einem seiner Briefe: „Die Gruppe der Zeugen Jehovas in Angola besteht aus 1 000 Mitgliedern. Ihr Führer ist Simão Gonçalves Toco.“ Hinter dieser sensationellen Erklärung verbirgt sich eine sehr interessante Geschichte.

      Im Jahre 1943 war dieser Simão Toco Chorleiter einer Baptistenmission in Léopoldville (Belgisch-Kongo, jetzt Zaire). Er war ein fähiger und erfolgreicher Chorleiter, und seine Gruppe wuchs auf viele hundert Mitglieder an. Zwei Broschüren der Watch Tower Society gelangten in seinen Besitz, und er las sie mit Interesse. Toco schrieb nach Brooklyn, um weitere Publikationen der Gesellschaft zu erhalten. Allmählich verwandte er einige Königreichslehren in seinen Liedern oder Hymnen (die er selbst komponierte), und sie bildeten auch Gesprächsstoff für Unterhaltungen mit seinen engeren Freunden aus dem Chor. Allerdings fanden Anhänger von Simon Kimbangu, die Spiritismus praktizierten, in Tocos Studiengruppen Eingang. Im Jahre 1949 fühlten sich Tocos Anhänger gedrängt, hinauszugehen und mit anderen zu sprechen, und viele von ihnen predigten in Léopoldville. Es dauerte jedoch nicht lange, und Toco sowie ein großer Teil seiner Anhänger wurden verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Im Gefängnis hörte Toco auf, die Publikationen der Gesellschaft und schließlich sogar die Bibel zu benutzen, und da sich seine Gruppe mehr auf Botschaften von Geistermedien stützte, wurde die Wahrheit durch den Spiritismus Kimbangus verdunkelt. Die meisten Anhänger der Gruppe stammten aus Angola. Nachdem sie ein paar Monate im Gefängnis zugebracht hatten, wurden daher diejenigen, die sich standhaft weigerten aufzuhören, Toco nachzufolgen, nach Luanda geschickt. Das waren etwa 1 000 Personen.

      Unter denen, die nach Angola deportiert wurden, befand sich João Mancoca, ein intelligenter und geistiggesinnter Afrikaner. Während der Gerichtsverhandlung wurde ihm vorgeworfen, Anhänger der „Watchtower-Bewegung“ zu sein, die mit dem Kimbanguismus, einer verbotenen afrikanischen Sekte, in Verbindung stehe. Der Richter versuchte, ihn freizulassen, vorausgesetzt, er würde seinen Glauben aufgeben. Obwohl Mancoca einige Auffassungen Tocos nicht teilte und besonders gegen die Ausübung von Spiritismus war, erkannte er, daß in dem, was er durch Toco erhielt, etwas Wahrheit steckte, und er wußte, daß er dies verlieren würde, wenn er aufgeben würde, was er angenommen hatte. Er nahm es daher lieber in Kauf, wieder ins Gefängnis gesteckt zu werden, als das bißchen Wahrheit aufzugeben, das er schon hatte. Die portugiesischen Behörden waren über den tatsächlichen Ursprung der Gruppe im ungewissen; sie wußten nicht, was sie mit ihr tun sollten. Sie befürchteten, daß ihre Anhänger staatsgefährdende Elemente sein könnten, und doch schienen die Mitglieder ganz harmlos und aufrichtig zu sein. Schließlich wurden sie in kleinen Gruppen in verschiedene Teile Angolas verstreut. Toco und viele aus seiner Gruppe wurden in den Norden Angolas geschickt, wo sie auf einer Kaffeeplantage arbeiten mußten. Mancoca blieb mit einer anderen Gruppe in Luanda.

      In Luanda versuchte Mancoca, die dortige Gruppe zu überzeugen, die Bibel zu gebrauchen und den Spiritismus aufzugeben. Zusammen mit Sala Ramos Filemon und Carlos Agostinho Cadi bemühte sich Mancoca, der biblischen Wahrheit das Übergewicht zu geben. Ein Afrikaner, der unsere Bücher „Das Königreich ist herbeigekommen“ und „Die Wahrheit wird euch frei machen“ in Französisch als Schulbücher für seinen Sohn gekauft hatte, fand sie für diesen Zweck ungeeignet und übergab sie Mancoca. Mancoca und seine wenigen Gefährten, die wirklich die Wahrheit schätzten, waren begeistert. Dann wurde Toco in den Süden geschickt, und auf dem Weg dorthin kam er durch Luanda. Zu dieser Zeit war er ein überzeugter Spiritist und verbot seinen Anhängern, die Bibel zu gebrauchen. Offensichtlich hatten die „Kimbangu“-Anhänger, die sich ihm angeschlossen hatten, einen starken Einfluß auf ihn ausgeübt und hatten ihn von Gottes Wort abgebracht. Mancoca und seine Gruppe waren darüber entsetzt, und drei Monate lang beteten sie inständig zu Jehova, ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, mit der Watch Tower Society in Verbindung zu treten.

      Einigen Nachfolgern Tocos gefielen die Wahrheiten, die Mancoca lehrte, nicht. Sie denunzierten diese kleine Gruppe bei den portugiesischen Behörden und klagten sie fälschlich an, die Urheber einer der falschen Lehren Tocos zu sein. Daraufhin wurden Mancoca und seine Freunde 21 Tage lang in eine dunkle Zelle eingesperrt. Eine der Wachen „schmuggelte“ eine Schreibmaschine und einige Kerzen hinein. Auf diese Weise stellten sie insgeheim Abschriften der Broschüren der Gesellschaft in Manuskriptform her. Schließlich wurden sie in die Strafkolonie in Baía dos Tigres deportiert, und sie wurden verurteilt, vier Jahre dort zu bleiben. Die Strafe wurde schließlich auf sechs Jahre verlängert, und all das aufgrund einer falschen Anklage.

      In Baía dos Tigres fanden Mancoca und seine Gefährten einige Tocoisten vor, die sie ermunterten, die Bibel zu studieren, allerdings ohne Erfolg. Daher trennten sie sich von dieser Gruppe. Darauf beschloß Mancoca, einige Kapitel des Buches „Die Wahrheit wird euch frei machen“ (das er in Französisch hatte) in Kikongo, ihre Muttersprache, zu übersetzen. Zu dieser Zeit schrieb ein Tocoist einen Brief an das Büro der Gesellschaft in Salisbury und erhielt eine Antwort auf spanisch, die er nicht lesen konnte. Darauf brachte er den Brief zu Mancoca. Auf diese Weise erhielt Mancoca die Anschrift der Gesellschaft, und daraufhin schrieben er und seine Gefährten in Französisch an das rhodesische Zweigbüro, und dieser Brief wurde an das südafrikanische Zweigbüro weitergeleitet. So korrespondierte die Gruppe in Baía dos Tigres drei Monate lang mit dem Zweigbüro und erhielt auch einige Literatur.

      Als die Nachricht über diese seltsame Gruppe Brooklyn erreichte, trafen die Brüder dort bald Vorkehrungen, daß ein englischer Missionar, John R. Cooke, der bereits mehrere Jahre in Portugal gewesen war und recht fließend Portugiesisch sprach, nach Angola geschickt wurde. Bruder Cooke traf am 21. Januar 1955 in Angola ein. Als erstes setzte er sich mit einem Rechtsanwalt in Luanda in Verbindung, der John den Rat gab, sehr vorsichtig zu sein, da man glaube, Tocos Anhänger seien „Mau-Mau“-Elemente (Terroristen) oder würden von Kommunisten unterstützt.

      Es war ein seltsames Gefühl für Bruder Cooke, durch die Straßen von Städten wie Luanda und Benguela zu gehen und Mitglieder dieser Gruppe mit ihrem Sternabzeichen zu sehen. Er fragte sich, ob es wohl voraussichtliche Brüder oder nur getarnte Kommunisten seien. Er sprach privat mit einigen von ihnen in Lobito und Benguela, aber abgesehen davon, daß er herausfand, daß sie die Bibel hatten, den Namen Jehovas kannten und häufig Zusammenkünfte abhielten, konnte er keinerlei Fortschritte erzielen. Es gab eine große Gruppe in Luanda. Er sprach mit Anhängern dieser Gruppe und hatte Unterredungen mit ihrem Komitee. Aber diese Männer waren Anhänger Tocos und waren nicht wirklich an der Watch Tower Bible and Tract Society interessiert. Eine Ausnahme war ein junger Mann namens Antonio Bizi, der Bruder Cookes Besuche sehr schätzte und anderen half, die Zeitschriften der Gesellschaft zu abonnieren.

      Nachdem Bruder Cooke seine ersten Eindrücke nach Elandsfontein berichtet hatte, erhielt er Anweisung, zu versuchen, mit Mancoca und seinen Freunden in Baía dos Tigres Kontakt aufzunehmen. Doch Baía dos Tigres ist eine kleine Fischereistation an einer sandigen Wüstenküste im äußersten Süden Angolas. Dieser Ort hat nur wenig Verbindung mit der Außenwelt und steht unter strenger Aufsicht der Regierung, da er ja in Wirklichkeit eine Strafkolonie ist. John Cooke erinnert sich, daß er lange Zeit über dieses Problem nachdachte. Er legte die Angelegenheit Jehova im Gebet dar. Schließlich schrieb er einen Brief an den Generalgouverneur in Luanda, erklärte seinen Auftrag und bat um eine Unterredung. Nach drei spannungsreichen Wochen wurde er gebeten, bei Senhor Santana Godinho, dem Hauptassistenten des Gouverneurs im Verwaltungsbereich, vorzusprechen. Während einer langen Unterhaltung stellte dieser Herr Bruder Cooke viele Fragen über das Werk und die Glaubenslehren der Zeugen Jehovas. Schließlich war er damit einverstanden, daß Bruder Cooke nach Baía dos Tigres reiste. Bruder Cooke war sprachlos, als er ihm sagte: „Wir werden Ihnen einen kostenlosen Rückflugschein geben.“ Schließlich handelte es sich um eine Reise von 1 800 Kilometern!

      Ein paar Tage später kreiste ein kleines sechssitziges Flugzeug über der kleinen, sonnengebadeten Siedlung Baía dos Tigres und landete dann auf dem Betonstreifen, der auf dem Sand angelegt worden war. Bruder Cooke stieg mit ein paar weiteren Passagieren aus. Nach einigen Schwierigkeiten traf Bruder Cooke zum erstenmal mit der kleinen Gruppe zusammen. Das war Mancocas großer Tag. Wie viele Jahre hatte er darum gebetet und darauf gewartet! Endlich hatte er persönlichen Kontakt mit der Gesellschaft, die die Wahrheit lehrte! Er zog sich seine beste Kleidung an und las dem Beauftragten der Gesellschaft einen langen Willkommensbrief vor. Wie sehr freute sich Bruder Cooke, schafähnliche Menschen gefunden zu haben, die so begierig waren, etwas über das Königreich zu erfahren! Er verbrachte jeden Abend bei diesen demütigen, aufrichtigen Afrikanern, sprach mit ihnen über Gottes Wort und berichtete ihnen über das Werk. Sie zeigten ihm ein dickes Schreibheft. Es enthielt den Inhalt der Broschüren Das Königreich, die Hoffnung der Welt und Die letzten Tage, die in ihre Sprache, Kikongo, übersetzt worden waren. Dieses Heft war vor vielen Jahren mit der Hand geschrieben und lange Zeit als eines der Hauptlehrbücher verwendet worden. Bruder Cooke war überrascht, festzustellen, daß sie durch das Lesen der Publikationen aus Elandsfontein schon einen recht guten Begriff von der Wahrheit hatten.

      Unterdessen wohnte Bruder Cooke beim Leuchtturmwärter. Dieser war interessiert, abonnierte beide Zeitschriften und bestellte eine Bibel. Dann sagte er: „Senhor Cooke, Sie verbringen Ihre ganze Zeit bei den Afrikanern. Und was ist mit uns Weißen? Warum richten Sie nicht eine Zusammenkunft für uns ein?“ Das tat er dann auch, und an dem Sonntag, an dem Bruder Cooke in einer der übelriechenden Fischmehlfabriken einen öffentlichen Vortrag hielt, waren 80 Zuhörer da — 10 Weiße und 70 Schwarze. Das war die erste öffentliche Zusammenkunft in Angola. Am nächsten Tag flog Bruder Cooke mit sehr herzlichen Eindrücken von der kleinen Gruppe wieder ab. Er hatte einen Brief bei sich, der an Tocos Gruppen adressiert war. Darin wurde erklärt, wer er sei, und die Gruppen wurden ermuntert, ihn als Beauftragten der Gesellschaft aufzunehmen. Damit hoffte er, bessere Aufnahme bei den verschiedenen Gruppen zu finden.

      Bruder Mancoca erzählt folgendes über diesen Besuch von Bruder Cooke: „Ich zweifelte nicht länger daran, daß dies die wahre Organisation ist, die Gottes Unterstützung hat. Ich sagte mir, daß keine andere Religionsgemeinschaft so etwas tun würde: ohne Bezahlung einen Missionar so weit zu schicken, um eine unbedeutende Person zu besuchen, nur weil sie einen Brief geschrieben hatte.“

      Doch in Luanda zeigte sich das örtliche Toco-Komitee nicht sonderlich von Mancocas Brief beeindruckt. „Wer ist er schon, daß er uns sagen könnte, was wir tun sollten? Wenn Toco uns einen solchen Brief geben würde, wäre die Sache natürlich ganz anders.“ Und so beschloß Bruder Cooke, Toco persönlich zu besuchen.

      Er schickte einen Bericht an Senhor Santana Godinho, in dem er kurz erklärte, was ihm auf seiner Reise widerfahren sei und welchen Eindruck er von denen habe, die er getroffen hätte. Bald wurde er zu einer weiteren Unterredung eingeladen. Santana Godinho bedankte sich für den Bericht. Er erklärte, daß er und andere daran zweifelten, daß Tocos Sekte wirklich staatsgefährdend sei, obwohl dies die offizielle Meinung sei. Man war daher froh, jemanden zu haben, der bei ihnen Eingang fand und die Wahrheit herausfinden konnte. Darauf machte er ein zweites überraschendes Angebot. „Nun, wohin möchten Sie noch gehen, Senhor Cooke? Sagen Sie uns nur, was Sie wollen, und wir werden Ihnen kostenlos eine Rückfahrkarte geben.“ John bat darum, Toco besuchen zu dürfen, der in der Nähe von Sá de Bandeira, einer mittelgroßen Stadt im mittleren Süden Angolas, im „Busch“ wohnte. Dies wurde ihm gewährt.

      Kurz darauf hatte Bruder Cooke zwei lange Unterredungen mit Toco in Anwesenheit eines Regierungsbeamten. Toco, ein großer, intelligenter Mann, noch recht jung, sagte, er freue sich, jemand von der Watch Tower Society zu treffen. Er und Bruder Cooke unterhielten sich über biblische Fragen und über die Entstehung der Gruppe, und darauf schrieb auch er einen Brief an all seine Anhänger in Angola und teilte ihnen mit, daß Mr. Cooke die Watch Tower Society vertrete, von der er Literatur erhalte. Nach einigen interessanten Ausflügen als Gast des Gouverneurs kehrte Bruder Cooke nach Luanda zurück in der Hoffnung, daß diese Gruppe von 1 000 Personen die Wahrheit jetzt vielleicht bereitwilliger annähme.

      Doch das Toco-Komitee in Luanda wollte davon nichts wissen. Sie waren hier die Herren, und kein anderer sollte die Leitung übernehmen. Das war zumindest die Einstellung des dortigen Führers, David Dongala, obwohl viele Personen Interesse bekundeten. Die Zeit, die Bruder Cooke in Luanda verbrachte, war jedoch nicht verschwendet. Er gab viel Zeugnis, und es war eine wunderbare Zeit für ihn. An einem Tag allein erlangte er 22 Abonnements, und außerdem hatte er gerade bei ein oder zwei weißen Familien und bei Mitgliedern der Toco-Gruppe Bibelstudien eingerichtet.

      Nach einer ereignislosen Flugzeugreise nach Cela, einer neuen landwirtschaftlichen Kolonie, änderte sich die Lage drastisch. Santana Godinho verlor seine Stellung als Regierungsbeamter. Er war Bruder Cooke bei seiner schwierigen Aufgabe eine wirkliche Hilfe gewesen und hatte sich immer sehr freundlich gezeigt. Jetzt gab es keine kostenlosen Fahrten mehr, und die Bitte, das fünfmonatige Visum zu verlängern, wurde abgelehnt. Bruder Cooke reiste im Juni 1955 ab. Er war Jehova sehr dankbar für seine Hilfe und für das Vorrecht, wichtige Kontakte hergestellt und viel guten Samen in diesem „jungfräulichen“ Gebiet ausgesät zu haben.

      Das Königreichswerk hatte einen Anfang genommen, und obwohl das neue Tätigkeitsfeld durch Widerstand und Verfolgung nahezu erstickt wurde, wuchs es durch Jehovas unverdiente Güte und aufgrund der standhaften Loyalität der neuen Brüder weiter.

      MUTIGE ANSTRENGUNGEN FORTGESETZT

      Im Juni 1956 hatten Mancoca und sieben andere neue Brüder in Baía dos Tigres den Mut und die Initiative, einen Brief an den Gouverneur des Distrikts von Moçâmedes zu schreiben, in dem Baía dos Tigres liegt. Darin hieß es auszugsweise: „Wir bitten Ihre Exzellenz untertänigst um die Gunst, uns als Mitglieder der Gesellschaft der Zeugen Jehovas anzuerkennen.“ Die Brüder baten um mehr Religionsfreiheit, aber die einzige Antwort, die sie erhielten, war mehr Bedrückung. Trotz alledem ließen sich zehn von ihnen im Jahre 1956 taufen.

      Unterdessen hatten auf der Insel São Tomé mehrere Brüder ihre Haftstrafe von sieben Jahren abgebüßt. Unter denen, die freigelassen und nach Moçambique zurückgeschickt wurden, befand sich der ehemalige vorsitzführende Aufseher.

      DAS LICHT WIRD NICHT GEDÄMPFT

      Das Licht der Wahrheit schien weiter in Angola, und trotz vieler Schwierigkeiten sollte es nicht gedämpft werden. Überdies sollte dieses Licht nun auch der weißen Bevölkerung zugute kommen.

      Am 26. Oktober 1956 landeten Mervyn Passlow und seine Frau Aurora in Luanda, um das Werk fortzusetzen, das John Cooke begonnen hatte. Bruder Cooke hatte den Passlows eine Liste der Abonnenten und der Interessierten von Luanda geschickt. Doch als Adressen der Abonnenten waren nur Postfachnummern angegeben, denn an Privatwohnungen wird keine Post ausgeliefert. Daher bemühte er sich eine Zeitlang vergeblich, diese Leute zu finden. Dann traf ein Brief von Bruder Britten, dem Zweigaufseher in Lissabon, ein, aus dem er erfuhr, daß eine sehr interessierte Frau namens Berta Teixeira im Begriff sei, nach Luanda zurückzukehren. Sie war sehr überrascht, als die Passlows kurz nach ihrer Ankunft bei ihr vorsprachen. Sie verloren keine Zeit und richteten bei ihr und ihrer Familie ein Bibelstudium ein. Sie konnte ihnen auch mit den Adressen der Abonnenten weiterhelfen, da einer ihrer Verwandten bei der Post arbeitete. Eine ganze Anzahl Abonnenten wurden sehr lernbereite Schüler. Schon nach wenigen Wochen sprachen sie mit ihren Freunden und Nachbarn. Die Passlows waren jeden Abend und an vielen Nachmittagen bei diesen Menschen eingeladen. Innerhalb von sechs Monaten führten sie bei über 50 Personen Bibelstudien durch.

      Bald nach ihrer Ankunft erhielten die Passlows auch Briefe von afrikanischen Brüdern und Interessierten aus verschiedenen Teilen Angolas. Bruder Mancoca, der sich immer noch in Baía dos Tigres in Haft befand, schrieb den Passlows ermunternde Briefe. Sie wurden auch von dortigen afrikanischen Brüdern besucht, die geistige Hilfe benötigten. Aufgrund der dort herrschenden Situation und da Bruder Passlow ein Ausländer war, ging er nie zu ihren Zusammenkünften. Aber Antonio Bizi, der großes Interesse bekundet hatte, als Bruder Cooke dort war, besuchte die Passlows regelmäßig, um die Bibel zu studieren und geschult zu werden, so daß er schließlich den anderen afrikanischen Brüdern beistehen konnte. Außerdem beschafften sich die Afrikaner viel Literatur, und ein großer Teil davon wurde ins Landesinnere gebracht.

      Ein paar Monate nach ihrer Ankunft begannen die Passlows, in ihrem Zimmer regelmäßig ein Wachtturm-Studium abzuhalten. Doch schon am Ende des ersten Monats war das Zimmer zu klein geworden. Darauf stellte Schwester Teixeira, die eine Sprachschule leitete, einen der inneren Schulräume ihres Colleges zur Verfügung. Da ihre Kurse bis 21 Uhr gingen, mußten alle wöchentlichen Zusammenkünfte nach 21 Uhr beginnen. Auf diese Weise erregten sie weniger Aufmerksamkeit.

      Aus ganz Angola gingen Briefe ein. Die Schreiber waren Afrikaner, die alle behaupteten, Brüder zu sein. Doch zu jener Zeit befand sich Angola im Krieg, und es war nicht möglich, mit diesen Menschen Verbindung aufzunehmen.

      Bald danach wurde bei Senhor Vieira Gonçalves und seiner Frau ein Bibelstudium eingerichtet. Er hatte sechs Jahre studiert, um Priester zu werden, aber er war über die jungen Theologiestudenten und ihr Benehmen so entsetzt, daß er sein Theologiestudium aufgab, bevor er Priester wurde. Er machte schnell Fortschritte, besuchte von Anfang an die Zusammenkünfte und fing bald an, mit seinen Freunden zu sprechen. Nach zwei Monaten studierte er bereits mit einer anderen Familie.

      Nach acht Monaten in Luanda dachte Bruder Passlow, es sei nun an der Zeit, eine Taufe durchzuführen, da mehrere den Wunsch zum Ausdruck gebracht hatten, ihre Hingabe zu symbolisieren. Wie überrascht und erfreut waren sie doch, als an jenem Tag ein Bruder aus Portugal eintraf — Bruder Henrique Vieira, der sich auf dem Weg nach Südafrika befand! Vor der Taufe hielt Bruder Vieira eine Ansprache, erzählte einige Erfahrungen und führte dann die Taufe in der Bucht von Luanda durch.

      Bald darauf versuchte Bruder Passlow, sein Visum zu verlängern, doch es wurde ihm verwehrt. Sofort bat er Bruder Gonçalves, sich der kleinen Gruppe anzunehmen. Dieser treue Bruder, der doch erst ein Kleinkind in der Wahrheit war, als er die Leitung übernahm, nahm seine Pflichten neun Jahre lang wahr, bis auch er verhaftet, ins Gefängnis gesteckt und schließlich nach Portugal deportiert wurde.

      Bruder Passlow hatte genau zur richtigen Zeit gehandelt. Wenige Tage später hielt plötzlich ein Wagen der Geheimpolizei neben den Passlows an, als sie gerade in der Stadt waren, und sechs Polizisten stiegen aus und umzingelten sie, als ob sie gefährliche Verbrecher wären. Darauf wurden sie in ihr Zimmer gebracht, und ein großer Teil ihres Eigentums wurde beschlagnahmt — darunter auch Auroras Kochrezepte, da sie angeblich geheime Botschaften enthielten. Als die Polizei den Vorrat an Bibeln hinaustrug, sagte Bruder Passlow: „Ich hoffe, Sie lesen sie.“ Einer der Männer erwiderte: „Steht da was über Fußball drin?“ Darauf lachten sie alle. Die Polizisten wußten recht gut, daß sie lediglich als Marionetten des Bischofs von Luanda handelten. Später erfuhren die Passlows, daß eine Interessierte dem Bischof von all den guten Dingen berichtet hatte, die sie gelernt hatte.

      Ein Bittgesuch an den britischen Konsul, einen frommen Katholiken, wurde abgelehnt. Darauf bestellte der Polizeikommissar die Passlows in sein Büro. Er teilte ihnen mit, daß sie innerhalb einer Woche das Land verlassen müßten. Aus seinen Bemerkungen ging hervor, daß er die Passlows mit der berüchtigten „Watchtower-Bewegung“ aus Zentralafrika in Verbindung brachte. Es war sinnlos, mit ihm zu argumentieren.

      Am 27. Juni 1957 reisten die Passlows nach Südafrika ab. Wegen der Haltung der Polizei warnten sie die Brüder, besonders die afrikanischen, zu kommen und sie zu verabschieden. Aber das Band der Liebe war zu stark. Polizei hin, Polizei her — die Brüder, darunter viele Afrikaner, waren da, um „Adeus“ zu sagen. Gerade, als sie die Gangway hochgehen wollten, kam einer dieser afrikanischen Brüder, der eben erst aus Baía dos Tigres entlassen worden war, nahe an sie heran, drückte Bruder Passlow einen Umschlag in die Hand und verschwand dann in der Menge. Der Umschlag enthielt als Abschiedsgeschenk etwas Geld zusammen mit der Notiz: „Um etwas Brot zu kaufen.“ Während das Schiff langsam auslief, fühlten die Passlows tiefe Dankbarkeit für die unbeschreibliche Freude, einigen Menschen geholfen zu haben, unseren Gott, Jehova, kennenzulernen.

      Einige Zeit später erfuhren die Passlows, daß am folgenden Tag im Radio verkündet worden war, das Land sei gerade von einer großen Gefahr, nämlich von einem ausländischen Ehepaar, befreit worden, das versucht habe, kommunistische und terroristische Aktivitäten einzuführen. „Doch, Gott sei Dank, ist diese Gefahr jetzt gebannt!“ Monate später, als es wirklich zu heftigen Terroristenkämpfen kam, berichtete die Presse von Angola fälschlich, Wachtturm-Missionare hätten die Afrikaner beeinflußt, sich an terroristischen Umtrieben zu beteiligen. Es wurden sogar Fotos veröffentlicht, die zeigten, wie Missionare angeblich Afrikanern amerikanische Dollars gaben, um sie gegen die weißen Behörden aufzuhetzen.

      Es stimmt, daß Missionare der Christenheit und religiöse Führer sehr viel mit der Tätigkeit der Terroristen in Angola zu tun hatten. Nicht aber Jehovas Zeugen! Dank der unverdienten Güte Jehovas war es Wachtturm-Missionaren möglich geworden, in das Land hineinzugelangen. Trotz vieler Probleme und trotz allen Widerstandes war es möglich gewesen, eine kleine Organisation von 54 Brüdern zu gründen, die entschlossen waren, standhaft zu bleiben und das Licht der Wahrheit in Angola leuchten zu lassen.

      Nach all der Aufregung, die durch die Abreise von Bruder und Schwester Passlow verursacht worden war, setzten die Brüder ihren Dienst ruhig und ungestört fort. Es fehlte ihnen ein reifer Bruder, der sie unterwies, aber die Zusammenkünfte wurden durchgeführt, und das Predigtwerk wurde fortgesetzt, so gut es die Brüder unter den schwierigen Umständen tun konnten.

      Im Jahre 1958 machte Harry Arnott, der Zonenaufseher, einen kurzen Besuch, durch den die Afrikaner und die Europäer sehr ermuntert wurden. 1959 kam er wieder als Zonenaufseher nach Luanda. Bei seiner Ankunft auf dem Flughafen, als er gerade die kleine Gruppe von Brüdern begrüßte, tauchte plötzlich die Polizei auf und verhaftete alle. Bruder Arnott wurde von den anderen getrennt verhört. Seine Aktentasche wurde gründlich durchsucht. Er betete zu Jehova, daß die Liste der Wachtturm-Abonnenten aus Luanda nicht in die Hände der Polizei fallen möge. Diese kostbare Liste befand sich in dem Umschlag von Bruder Arnotts Flugschein. Obwohl sich der Beamte von der Interpol den Flugschein ansah, entdeckte er die Liste nicht. Nach vielen Fragen sagte der Beamte: „Mr. Arnott, eines sollten Sie sich merken: Soweit es Angola betrifft, ist es mit Ihnen vorbei, vorbei, vorbei, und mit der Wachtturm-Organisation ist es ebenfalls vorbei, vorbei, vorbei!“

      Ein wenig später wurde er in ein anderes Gebäude geführt, wo sich die anderen Brüder befanden, darunter Bruder Mancoca. Der Beamte von der Interpol wandte sich an Bruder Mancoca, beschimpfte ihn und sagte: „Wissen Sie, was mit Ihnen geschieht?“ Bruder Mancoca blickte seinem Verfolger gerade in die Augen und erwiderte: „Ich habe schon vieles erduldet. Wenn Sie mir noch mehr antun wollen, müssen Sie mich schon töten. Aber ich werde mich nicht von meinem Glauben abwenden.“ Dann blickte er zu Bruder Arnott und lächelte ihm ermunternd zu. Bruder Arnott sagte später: „Er schien gar nicht an seine eigene mißliche Lage zu denken und war nur darauf bedacht, mir zu helfen, mich durch diese Situation nicht entmutigen zu lassen. Es war sehr erhebend zu sehen, wie dieser afrikanische Bruder nach jahrelanger Haft so fest und mutig auftrat.“

      Bruder Arnott wurde zum Flugzeug zurückgebracht und mußte das Land sofort verlassen. Unterdessen hatte die Polizei herausgefunden, daß die Versammlung in der Wohnung von Schwester Teixeira zusammenkam. Einige Polizisten fuhren daher sofort dorthin. Sie machten eine Hausdurchsuchung, versäumten es aber, eine Tür im Erdgeschoß zu öffnen, hinter der etwa fünfzig Brüder und Interessierte geduldig auf Bruder Arnott warteten.

      Bei dieser Gelegenheit entstand keinem der Brüder, die Bruder Arnott abgeholt hatten, ja noch nicht einmal Mancoca, wirklicher Schaden. Mancoca wurde sieben Stunden lang festgehalten und verhört, und während des Verhörs schrieb der Inspektor tatsächlich einen offiziellen Befehl aus, ihn ins Gefängnis zu stecken. Doch am Ende zerriß der Inspektor den Befehl und sagte zu Bruder Mancoca: „Gehen Sie, Mancoca, und seien Sie vorsichtig! Morgen bringen Sie mir sämtliche Watch-Tower-Schriften, die Sie in Ihrem Haus haben. ... Geben Sie den Watch Tower auf, und sorgen Sie für sich und Ihre Kinder.“

      Dieser Vorfall erforderte es, den Ort der Zusammenkünfte für die kleine Versammlung zu wechseln, und danach begannen die Afrikaner, eigene Zusammenkünfte abzuhalten. Die örtliche Organisation war jedoch immer noch sehr klein. Im Jahre 1960 berichteten nur 17 Verkündiger. Von da an wurde Angola von dem Büro der Gesellschaft in Lissabon (Portugal) aus betreut.

      Im folgenden Jahr, im Jahre 1961, wurden Terroristen in Angola aktiv, und darauf brach eine heftige Verfolgung gegen die Brüder aus. Die darauffolgenden neun Jahre mußte Bruder Mancoca in verschiedenen Gefängnissen und Arbeitslagern zubringen. Er machte viel durch, doch in ruhiger Entschlossenheit und im absoluten Vertrauen auf Jehova hielt er der Verfolgung stand. Überall, wohin er kam, gab er Zeugnis, und er half vielen Afrikanern, die Wahrheit anzunehmen, während er im Gefängnis war.

      Im Jahre 1971 wurde nochmals eine große Anzahl Brüder verhaftet und in Luanda ins Gefängnis gesteckt, darunter wieder einmal unser selbstloser und ergebener Bruder Mancoca. Doch die Bemühungen des Feindes sind unbedeutend im Vergleich zu den unbesiegbaren Vorsätzen und der grenzenlosen Macht Jehovas. Nichts, absolut gar nichts kann verhindern, daß die Botschaft auf der ganzen bewohnten Erde gepredigt wird — auch in Angola.

      BEREIT ZUR AUSDEHNUNG

      Anfang 1960 war im Bethel in Elandsfontein alles auf Ausdehnung eingestellt. Jehova sah die Bedürfnisse voraus, die im darauffolgenden Jahrzehnt dasein würden, und traf entsprechende Vorkehrungen. In der erweiterten Fabrik waren jetzt fünf Linotype-Setzmaschinen in Betrieb statt nur drei, und ein Jahr später wurde eine weitere aufgestellt. Zusätzlich zu der G.-M.-A.-Flachpresse, die bereits in Betrieb war, wurde eine neue Heidelberger Tiegeldruckpresse und eine neue Timson-Rotationsmaschine, die über 37 000 Rand gekostet hat, aufgestellt.

      Im Jahre 1960 fing man in Elandsfontein an, eine Anzahl der Zeitschriften in den Landessprachen halbmonatlich und mehrfarbig zu drucken statt nur monatlich und einfarbig. Eine neue monatliche Zeitschrift kam hinzu, nämlich Der Wachtturm in Tschwana. Seit Mai 1965 wird eine besondere Ausgabe in Ciwemba für den Kongo (Kinshasa) gedruckt. Der vollständige Titel der regulären Ausgabe in Ciwemba lautet Ulupungu lwa kwa Kalinda. Doch wegen des Vorurteils, das im Kongo gegen den Namen „Watchtower“ besteht, lautete der Titel dieser besonderen Ausgabe einfach Kalinda (was „wachend“ oder „wachen“ bedeutet). Im Jahre 1966 kam eine weitere Ausgabe des Wachtturms in einer südafrikanischen Landessprache ins Programm, nämlich in Sepedi. Somit wurden im Jahre 1970 in der Druckerei 24 Ausgaben der Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! in 10 Sprachen und 15 verschiedene Ausgaben des Königreichsdienstes hergestellt. Außerdem waren eine Anzahl Broschüren in den Landessprachen zu drucken sowie ganze Berge von Formularen, Programmen, Handzetteln und Plakaten.

      Im Jahre 1960 wurde in den drei Protektoraten Basutoland, Betschuanaland und Swasiland das Verbot aufgehoben, das über die Schriften der Gesellschaft verhängt worden war. Nun konnte den Brüdern die geistige Speise ungehindert zukommen. Doch wie erging es ihnen in diesen Ländern?

      SEGNUNGEN TROTZ SCHWIERIGKEITEN IN BASUTOLAND

      Die Brüder in Basutoland (jetzt Lesotho) schätzten wirklich den halbmonatlich erscheinenden Molula-Qhooa (den Wachtturm in Sesotho). Das läßt die Anwesendenzahl beim Wachtturm-Studium erkennen. Im Jahre 1960 nahmen sich 135 Verkündiger und 15 Pioniere der geistigen Bedürfnisse der 634 000 Menschen zählenden Bevölkerung in diesem Land an, und sie drängten trotz vieler Schwierigkeiten voran.

      Zu dieser Zeit hatte sich der Wunsch nach Veränderungen auch in diesem kleinen britischen Protektorat bemerkbar gemacht und hatte den Geist des Nationalismus und das Verlangen nach Unabhängigkeit angefacht, und das besonders, nachdem das Land im Jahre 1960 ein gewisses Maß an Autonomie erlangt hatte. Der Staatsdienst wurde „afrikanisiert“, das heißt, Afrikaner übernahmen die Ämter von Europäern. Viele glaubten, daß „Autonomie“ und „Unabhängigkeit“ die Zauberworte wären, die zu Freiheit und Wohlstand führen würden. Doch Jehovas Zeugen wiesen weiterhin auf Gottes Königreich als einzige wahre Hoffnung des Menschen hin.

      Die meisten Einwohner Basutolands leben in den Bergen in verstreut liegenden Dörfern, „Kraale“ genannt. Einige davon liegen so hoch, daß sie nur zu Fuß oder mit dem Pony erreicht werden können. In einigen Fällen braucht der Kreisaufseher fünf bis sechs Tage, um abgelegene Gruppen zu erreichen.

      Die Pioniere haben wunderbare Arbeit geleistet, indem sie die gute Botschaft vom Königreich in die abgelegensten Ecken und Winkel Basutolands verbreitet haben. Ein Sonderpionier-Ehepaar wurde nach Mokhotlong zugeteilt, das auf dem „Dach Südafrikas“, in den Drakensbergen, in einer Höhe von 3 200 Metern liegt. Der Ehemann, Philemon Mafereka, mußte mehrere Berge überqueren, nur um ein Bibelstudium zu leiten. Wenn er um 4 Uhr morgens aufbrach und schnell ging, traf er dort gegen 8.30 Uhr ein. Gewöhnlich kehrte er noch am gleichen, Abend nach Hause zurück und ging dann am nächsten Tag in eine andere Richtung. Seine Bemühungen sowie die seiner Frau wurden reich gesegnet, denn innerhalb zweier Jahre wurden sie von zehn anderen im Königreichswerk unterstützt.

      Ja, in Basutoland gehen die Verkündiger der guten Botschaft oft zwei bis drei Stunden zu Fuß in ihr Gebiet und verbringen dann bis zu sechs Stunden auf einmal im Predigtdienst. Es wäre unpraktisch, auf halbem Wege zum Mittagessen zurückzukehren, und so haben sie sich darauf eingestellt, den ganzen Tag durchzuarbeiten und am frühen Abend zurückzukehren, um dann zu kochen und zu essen. Wegen der Entfernungen zwischen den Dörfern kommt es vor, daß man in sechs Stunden nur sechs Häuser erreicht. Aber auch diese Menschen müssen Gottes Wort hören.

      Die Brüder, die so abgelegen leben, sind sich wirklich der Wichtigkeit von Kongressen bewußt. Doch es erfordert große Anstrengungen, Kongresse zu besuchen, und diese Brüder sind für uns ein wirkliches Beispiel. Ein Sonderpionier ging vier Tage zu Fuß, um einen Kongreß des Volkes Jehovas zu besuchen, und er mußte dabei Berge überqueren und durch Flüsse schwimmen, die Hochwasser führten. Eine Schwester war drei Tage mit dem Pferd unterwegs, und dann fuhr sie einen ganzen Tag lang mit dem Bus, um einen Kongreß besuchen zu können. Und eine andere Schwester, die schon im 7. Monat schwanger war, lief 40 Kilometer durch Gebirge und Schnee, um zu einem Kreiskongreß zu gelangen. Sogar ein Bruder, der sich gerade erst Gott hingegeben hatte, ging zusammen mit dem Sonderpionier, der ihm geholfen hatte, etwa 130 Kilometer weit durch das Gebirge, um zu einem Kongreß zu gelangen, wo er seine Hingabe symbolisieren konnte.

      Einige Neue mußten ihre Eheangelegenheiten in Ordnung bringen, bevor sie sich am Predigtwerk beteiligen konnten und sich für die Taufe eigneten. In einem Fall fuhr der europäische Bezirksaufseher in der Woche vor einem Kongreß in die Berge und brachte einen Mann und dessen „Frau“, die bereits drei Kinder hatten, zum nächsten Bezirkskommissar, damit ihre Ehe eingetragen werden konnte und sie sich somit für die Taufe beim Kreiskongreß eigneten.

      NEUTRALITÄT BEWAHREN

      Im Jahre 1966 wurde Basutoland ein unabhängiger Staat und hieß von da an Lesotho. Damals gab es dort 266 Königreichsverkündiger, und diese hatten wegen ihrer absoluten Neutralität die Achtung vieler Regierungsbeamten gewonnen. Doch während eines Bezirkskongresses in der Hauptstadt Maseru kam plötzlich ein Polizeioffizier mit einer Anzahl Polizisten in den Saal und befahl, die Zusammenkunft abzubrechen. Die verantwortlichen Brüder konnten sich erst am nächsten Morgen mit dem Polizeichef in Verbindung setzen. Dieser kannte Jehovas Zeugen und wies die falsche Beschuldigung, jemand habe von der Bühne gesagt, die Regierung von Lesotho solle vernichtet werden, als unbegründet ab. Der gleiche Beamte, der die Zusammenkunft abbrach, wurde dann angewiesen, für den Kongreß Wachen zu stellen, um die Zeugen zu schützen. Natürlich hatten sie nichts zu tun, und die Brüder nahmen die Gelegenheit wahr, jedem von ihnen gründlich Zeugnis zu geben.

      Die strikte christliche Neutralität der Brüder in Lesotho erwies sich für sie als ein wahrer Schutz während einer Zeit politischer Unruhen und nationalen Notstandes. In dieser Zeit wurde eine große Säuberungsaktion gegen diejenigen in Gang gesetzt, die nicht die Regierung von Premierminister Jonathan unterstützten. Es wurde berichtet, daß bei Nacht die strohgedeckten Hütten von Oppositionsmitgliedern verbarrikadiert und in Brand gesteckt wurden. Ganze Familien fanden dabei den Tod. Doch nicht einer von Jehovas Zeugen erlitt dieses Schicksal.

      Aufgrund ihrer Neutralität kamen aber auch einige Schwierigkeiten über sie. Nach mehreren Jahren der Dürre erlebte Lesotho im Jahre 1970 eine schwere Lebensmittelknappheit. Im gleichen Jahr regnete es dann wieder reichlich, aber man beschloß, nur Unterstützer der Regierung sollten Saatmais erhalten. Da Jehovas Zeugen neutral sind, erhielten sie nichts. Die Brüder in der Republik Südafrika hörten davon und richteten einen Hilfsfonds für ihre Brüder in Lesotho ein. Dies wurde auf den Startversammlungen für die nationalen Kongresse in Johannesburg bekanntgegeben, und es wurde vorgeschlagen, daß alle Spenden, die bei diesen Zusammenkünften eingingen, für den Hilfsfonds verwandt werden sollten. Die Reaktion der Brüder war überwältigend. 1 714 Rand wurden gespendet, und viele weitere Spenden folgten. Ja, das Büro mußte sogar ein Rundschreiben verschicken und den Brüdern mitteilen, daß sie genug gegeben hatten. Innerhalb einer Woche besorgte ein europäischer Bruder im Oranjefreistaat die benötigte Saatmais und brachte sie unseren Brüdern in Lesotho. Alle Bedürftigen wurden auch mit Bargeld versorgt, damit sie sich Lebensmittel kaufen konnten, bis sie wieder selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen konnten. Dadurch erkannten die Brüder in Lesotho mehr denn je, wie sehr ihre europäischen Brüder und andere Brüder in Südafrika für sie sorgten, und fühlten sich noch enger mit ihnen verbunden.

      Eine Schwester aus Lesotho, der diese liebevolle Vorkehrung zunutze kam, erzählte später: „Wir waren so weit, daß wir nichts mehr in unserem Haus hatten, nicht einmal 10 Cent, um etwas Maismehl zu kaufen. Dann traf das Geld für Lebensmittel von unseren weißen Brüdern aus Südafrika ein. Ich konnte nur weinen. Ich brachte kein Wort heraus. Wir, die anderen Zeugen und ich, konnten unsere unmittelbaren Probleme lösen, und so ist es uns durch Jehovas Fürsorge möglich geworden, bei diesem Kongreß anwesend zu sein, um uns auch eines geistigen Festmahls zu erfreuen.“

      BEACHTENSWERTE MEILENSTEINE

      Zu der Zeit, als Jehovas Organisation während der Hungersnot in Lesotho materielle Hilfe bot, sorgte Jehova dafür, daß die Menschen, die nach Wahrheit hungerten, auch wunderbare geistige Speise erhielten. Das geschah durch das Buch Die Wahrheit, die zu ewigem Leben führt in Sesotho, das Mitte 1970 eintraf. Mit diesem wunderbaren Hilfsmittel und dem sechsmonatigen Studienprogramm machte sich Wachstum bemerkbar. Ein Meilenstein in der christlichen Tätigkeit war erreicht worden.

      Das Jahr 1972 stellte einen weiteren bemerkenswerten Meilenstein in der Entwicklung des Werkes in Lesotho dar: Der erste richtige Königreichssaal in diesem Land wurde errichtet. Wie sehr ein Königreichssaal in der Hauptstadt Maseru benötigt wurde, zeigte die Tatsache, daß das Wachtturm-Studium wöchentlich von 170 und manchmal von über 200 Personen besucht wurde. Für die Mauern wurde Sandstein benutzt, der in den nahe gelegenen Bergen reichlich vorhanden ist und den man sich nur zu holen braucht. Von erfahrenen Brüdern wurden dann die Steine in die gewünschte Größe gehauen.

      Jeder half bei den Bauarbeiten. Die Schwestern kochten nicht nur für die Bauleute, sondern trugen auch im traditionellen Stil Krüge mit Wasser auf ihrem Kopf zur Baustelle, manchmal sogar 3 Kilometer weit. Die Kinder halfen mit, indem sie runde Wasserbehälter zur Baustelle rollten. Einige ältere Brüder kamen aus einer Entfernung von bis zu 30 Kilometern herbei, um sich an den Bauarbeiten zu beteiligen. Als der Boden festgestampft werden mußte, damit der Betonfußboden gegossen werden konnte, sangen die Schwestern Königreichslieder und tanzten zum Rhythmus auf dem Boden. Heute sind die Brüder glücklich, daß sie einen Königreichssaal zur Verfügung haben, in dem 250 Personen Platz finden — ein stabiles Gebäude, dessen Errichtung nur 845 Dollar kostete.

      Wie in anderen afrikanischen Entwicklungsländern bereitet manchmal der Nationalismus den Schulkindern und den Brüdern im allgemeinen Schwierigkeiten. Vor einiger Zeit brachen an dem Tag, an dem ein Bezirkskongreß zu Ende ging, Unruhen aus. Als ein neuer Zeuge Jehovas, der früher zu der für den Aufstand verantwortlichen Partei gehörte, nach Hause kam, warteten bereits Soldaten und die Richter des Ortes auf ihn. Sie fragten ihn, was er während des Aufstandes getan habe. Er antwortete, er habe den Kongreß der Zeugen Jehovas besucht. Doch das reichte nicht aus. Man wollte Beweise. Der Bruder erhielt die Erlaubnis, in Begleitung von Soldaten sein Kongreßprogramm zu holen. Nachdem das ganze Kongreßprogramm vorgelesen worden war, sprach der Häuptling den Bruder frei und ermunterte ihn sogar, in seiner Predigttätigkeit fortzufahren. Die Dorfbewohner staunten darüber und sagten: „Der Gott, den du anbetest, ist der lebendige Gott!“ Wie dankbar war dieser Bruder, daß er den Kongreß besucht hatte!

      Die letzte Verkündiger-Höchstzahl in Lesotho betrug 688, und das Werk geht mit dem Segen Jehovas weiter voran. Doch da nur ein Verkündiger auf 1 477 Einwohner kommt, ist offensichtlich noch viel zu tun, und wir beten beständig darum, daß Jehova das Werk zu seiner eigenen Zeit und auf seine eigene Weise beschleunigen möge.

      VERBOT IN BETSCHUANALAND AUFGEHOBEN

      In Betschuanaland (jetzt Botswana) gelangte die Nachricht von der Aufhebung des Verbotes im Jahre 1960 nur langsam in einige Teile dieses riesigen Landes. Einige Häuptlinge bereiteten den Brüdern in ihrem Stammesgebiet immer noch Schwierigkeiten.

      Einer der europäischen Bezirksaufseher aus Südafrika, Dennis McDonald, hatte mit dem obersten Häuptling, Seretsi Khama, eine Unterredung über unser Werk. Dieser Häuptling gab Bruder McDonald vier unterzeichnete Abschriften eines Briefes, in dem er erklärte, unser Werk solle nicht behindert werden. Das trug beträchtlich dazu bei, die Einstellung der Häuptlinge zu ändern und den Brüdern ihre Tätigkeit zu erleichtern.

      Anfang der 1960er Jahre befanden sich die meisten Versammlungen und abgelegenen Gruppen entlang der Eisenbahnlinie. Es war kaum etwas im Landesinneren getan worden, ausgenommen in Shakawe und in Maun, im Nordwesten des Landes. Bruder B. Mchiswe, ein Sonderpionier, arbeitete eine Zeitlang in Maun. Er blieb in seiner Zuteilung, obwohl er nur sehr wenig zu essen hatte, und ein ganzes Jahr lang hatte er nichts anderes als Maisbrei ohne Zucker und Milch. Dieser Bruder machte guten Gebrauch vom Wachtturm in Tschwana, richtete eine Zeitschriftenroute ein und lieferte jede neue Ausgabe aus, sowie sie eintraf. Ein Prediger der London Mission, dem diese Zeitschrift gefiel, hielt sie sogar in der Kirche hoch und ermunterte seine Zuhörer: „Wenn ihr den Mann vom Wachtturm mit dieser Zeitschrift seht, müßt ihr sie nehmen und sie lesen.“ Das veranlaßte einige, den Pionier zu Hause zu besuchen und ihn um Zeitschriften zu bitten, und er begann mit ihnen zu studieren.

      In einer kleinen abgelegenen Gruppe in Shakawe, nordwestlich von Maun, draußen in der Kalaharisteppe, war noch niemand getauft worden, weil es nicht möglich war, einen Kongreß zu besuchen, und weil die dortige Königin dem Kreisaufseher nicht erlaubt hatte, die Gruppe zu besuchen. Daher schlossen sie sich zusammen und bezahlten einem von ihnen die über 1 000 Kilometer weite Reise zu einem Kongreß in Mahalapyje, wo er getauft wurde.

      KREISDIENST

      Kannst du dir vorstellen, was es für einen Kreisaufseher bedeutet, diese abgelegen wohnenden Brüder zu besuchen? Es bedeutet nicht weniger, als eine fast 1 000 Kilometer weite Strecke in einem großen Lastwagen mit Vierradantrieb zu reisen, der sich seinen Weg durch den Sand bahnen kann, und bei Tag und Nacht, in der Hitze des Tages und in der Kälte der Nacht, zu fahren. Manchmal brachte Adam Mahlangu, der im Jahre 1964 Kreisaufseher war, zehn Tage seines Arbeitsmonats in einem Lastwagen zu, damit er diese abgelegen lebenden Brüder besuchen konnte.

      Bruder Mahlangu, der erzählt, wie wild und urwüchsig im Norden noch alles ist, schreibt: „Wenn ich oben in Shakawe einen Vortrag halte, glaubt man immer, ich sei eine Art Häuptling, weil ich Kleidung trage.“ Die Menschen dort tragen fast überhaupt keine Kleidung. Er hatte es ziemlich schwer, eine gut organisierte öffentliche Zusammenkunft durchzuführen, das heißt zuerst die Leute zu versammeln und sie dann dazu zu bringen, während des Vortrages ruhig zu bleiben. Sie waren nicht daran gewöhnt, sich hinzusetzen und jemand anders zuzuhören. Als daher der Vortrag anfing, betrachteten sie es als eine gute Gelegenheit, mit ihren Nachbarn über die Gedanken zu diskutieren, die geäußert wurden. Aber die Besuche in diesen abgelegenen Gebieten führten dazu, daß sich zwei Personen Gott hingaben und sich insgesamt sechs Personen an dem Werk beteiligten.

      Während einer schweren Dürre im Jahre 1965/66 war das Wasser einmal so knapp, daß es unmöglich war, Wasser zu finden, um einige Taufbewerber anläßlich eines Kongresses zu taufen. Bei einem anderen Mal hatten die Brüder in Francistown ebenfalls große Schwierigkeiten. Bruder Piet Wentzel, der damals Bezirksaufseher war, berichtet, daß der erste Teich, an den sie gingen, ausgetrocknet war. Daher fuhr er mit den zwei Taufbewerbern mit seinem Wagen 30 Kilometer weiter zu einem Wasserloch in einem ausgetrockneten Flußbett, aber auch das war trocken. Acht Kilometer weiter kamen sie an einen schlammigen Tümpel, der wegen der Rinder, die darin standen, ganz schwarz war. Doch das schreckte diese jungen Männer nicht ab. Es war Wasser, und so ließen sie sich dort zum Zeichen ihrer Hingabe an Jehova taufen.

      ZEUGNISWERK IN BOTSWANA GEHT VORAN

      Als Betschuanaland seine Unabhängigkeit erlangte, änderte es seinen Namen in Botswana ab. Dieser politische Wechsel änderte die Lebensbedingungen der Menschen nicht wesentlich, wirkte sich aber auf das Predigtwerk aus. Die neue unabhängige Regierung war sehr streng gegen Afrikaner, die keine Bürger Botswanas waren, und eine Anzahl Pioniere aus Südafrika wurden ausgewiesen.

      Wie predigt man in Botswana? Der Landesbrauch verlangt eine einleitende Begrüßung, während deren sich jeder nach der Gesundheit des anderen erkundigt. Darauf werden Bänke gebracht, damit sich alle hinsetzen können. Der Rest der Familie und irgendwelche Besucher werden eingeladen, nicht selten bis zu 20 Personen. Die meisten Familien haben ihre eigene Bibel und sind bereit, sie zur Hand zu nehmen und Bibeltexte nachzulesen.

      In Botswana ist es üblich, daß die Eltern eines Jungen eine Anzahlung von 4 £ plus 1 Decke und 1 Kleid für das Mädchen bezahlen, das ihr Sohn später einmal heiraten soll. Das geschieht, wenn das Mädchen erst 10 Jahre alt ist. Danach wird es von den Eltern des Jungen unterstützt, bis es heiratsfähig ist. Das alles geschieht, ohne das Mädchen zu fragen. Als ein 15jähriges Mädchen die Wahrheit kennenlernte, sagte es seinen Eltern, es wolle nicht in ein ungleiches Joch mit einem Ungläubigen gespannt werden. In Anbetracht des Geldes, das bereits für sie bezahlt worden war, versuchten die Eltern, ihre Tochter zur Heirat zu zwingen, doch als sie ihnen aus der Bibel überzeugend nachwies, daß das verkehrt wäre, ließen sie ihr ihren Willen.

      Da es schwierig ist, geeignete Kongreßstätten zu finden, und es immer viel Geld kostet, für die kurze Zeit des Kongresses ein Gebäude zu errichten, wurden die Brüder ermuntert, einen eigenen Königreichssaal in Mahalapyje zu bauen. Das taten sie. Die Brüder formten und brannten ihre eigenen Ziegel. Es vergingen eine Anzahl Jahre, bis der Königreichssaal fertig war, doch im Jahre 1967 wurde er dann für einen Kongreß gebraucht.

      Hast du dich schon einmal gefragt, wie es mit den Buschmännern Botswanas steht und ob wohl irgendeiner dieser Leute, die noch mit Pfeil und Bogen jagen und für deren Sprache mit ihren Schnalzlauten gerade erst eine Schrift entwickelt wird, ein Glied der Neuen-Welt-Gesellschaft wurde? Nun, die Wahrheit erreichte einen Einheimischen der mit einer Buschmannfrau zusammen lebte. Es wurde ein Bibelstudium eingerichtet, und bald lernten sie, daß sie gesetzlich verheiratet sein müßten. Würde dieser Mann die Buschmannfrau heiraten? Ja, er tat es tatsächlich, und beide wurden anläßlich eines Kreiskongresses getauft. Innerhalb eines Jahres lernten sie Lesen und Schreiben und begannen, in ihrer ganzen Umgebung Zeugnis zu geben und weitere Jünger zu machen.

      Im Jahre 1972 hörten einige befähigte europäische Brüder aus Südafrika zusammen mit ihren Familien auf einen Aufruf, nach Botswana zu ziehen, um den Brüdern dort beizustehen. Das bedeutete natürlich, daß die Brüder einige Opfer bringen mußten. Für einige bedeutete es sogar, den Pionierdienst aufzugeben, da sie nur dann für längere Zeit ins Land einreisen durften, wenn sie dort eine weltliche Arbeit ausübten. Doch welch vortreffliche Arbeit haben sie und einige Brüder aus England geleistet, um die Brüder dort zu erbauen! Einige von ihnen sind sogar in entfernte Teile des Landes gezogen. Ihre Anwesenheit wurde und wird von den Brüdern sehr geschätzt, und das Werk macht gute Fortschritte.

      GESETZLICHE ANERKENNUNG DES WERKES AUFGEHOBEN, DANN WIEDERERLANGT

      Dann kam ein plötzlicher Schlag. Die Regierung weigerte sich, Jehovas Zeugen gemäß den Artikeln eines neuen Gesetzes als eine anerkannte Organisation einzutragen, und das führte dazu, daß die Organisation am 20. Juli 1973 für illegal erklärt wurde. Schon allein die Mitgliedschaft in einer solchen „illegalen“ Organisation bedeutete eine Haftstrafe bis zu sieben Jahren.

      Doch die Brüder waren entschlossen, unter den veränderten Bedingungen weiterzuarbeiten. Als man erfuhr, daß das Werk in absehbarer Zeit verboten werden könnte, kamen die Brüder aus dem Zweigbüro mit den Brüdern zusammen, die die Aufsicht des Werkes innehaben, um ihnen Rat zu geben und sie zu ermuntern. Kurz bevor das Verbot in Kraft trat, konnten in Botswana durch Jehovas unverdiente Güte noch zwei Kreiskongresse stattfinden, durch die alle Brüder ausgezeichnete Ermunterung und Anleitung erhielten.

      Sogleich wurden gesetzliche Schritte eingeleitet, um gegen die Entscheidung der Regierung aufgrund der Verfassung Botswanas Berufung einzulegen. Welch eine Freude war es, als die Regierung am 20. Februar 1974 ihre Entscheidung umstieß und Jehovas Zeugen als gesetzliche Organisation eintrug! Dadurch wurden die Brüder nicht nur in die gleiche Lage zurückversetzt, in der sie sich vor dem Verbot befanden, sondern sie konnten nun auch die Rechte wahrnehmen, die eingetragenen Organisationen zustehen, zum Beispiel Vollzeitprediger aus Nachbarländern ins Land zu rufen.

      Im März 1975 erfreuten sie sich einer neuen Höchstzahl von 284 Verkündigern. Das bedeutete, daß nun auf 2 220 Einwohner ein Verkündiger kam. In Botswana ist wirklich noch viel Arbeit zu tun, doch wir sind zuversichtlich, daß sie mit Jehovas unverdienter Güte getan wird.

      CHRISTLICHE TÄTIGKEIT IN SWASILAND MACHT FORTSCHRITTE

      Im Jahre 1960 ging das Königreichswerk in Swasiland gut voran, und durchschnittlich waren dort 380 Verkündiger tätig. Das Zahlenverhältnis der Verkündiger zu den Einwohnern war bereits das beste von allen Ländern, die dem Zweigbüro Elandsfontein unterstehen. Das Verbot der Literatur der Gesellschaft war aufgehoben worden, und so waren Voraussetzungen für weiteres Wachstum geschaffen.

      Ein Gebiet, in dem es bis in die 1960er Jahre wenig Wachstum gegeben hatte, war die europäische Bevölkerung. Etwa zu dieser Zeit zogen ein paar europäische Verkündiger nach Bremersdorp (jetzt Manzini genannt). Darunter war Ian Cameron, ein Schotte, der im Bethel Elandsfontein gedient hatte, bis er ein südafrikanisches Mädchen heiratete. Weil er kein Dauervisum für die Südafrikanische Union erhalten konnte, beschloß er, sich in Swasiland niederzulassen, um so die Botschaft von Gottes aufgerichtetem Königreich der europäischen Bevölkerung dort zu verkündigen. Die kleine Gruppe von Verkündigern in Manzini war entschlossen, ganz Swasiland, ein Gebiet von 17 000 Quadratkilometern, zu bearbeiten. Das erforderte, daß man oft weit über 150 Kilometer fahren mußte, um einen Rückbesuch zu machen oder ein Bibelstudium zu leiten.

      Bald begann die Botschaft Anklang zu finden. Vic Dunkin und seine Frau Aileen wurden von der Gesellschaft als Sonderpioniere nach Swasiland zugeteilt. Die welligen Schotterstraßen durch das Buschland, die schlüpfrigen Lehmstraßen durch den Usutuwald, die gewundenen Straßen nach Goedgegun und die steile Gebirgsstraße nach Havelock machten ihrem Auto sehr zu schaffen und forderten ihren Tribut. Aber Bruder und Schwester Dunkin hielten durch, und bald wurden sie durch die Früchte ihrer Arbeit belohnt. Eine englischsprachige Versammlung wurde gegründet. Die meisten ihrer Glieder waren Personen die die Wahrheit in Swasiland kennengelernt oder die sich dort zumindest Jehova hingegeben hatten. Obwohl es eine englischsprachige Versammlung war, war sie in Wirklichkeit ganz international, und die Verkündiger stammten aus allen Teilen des Britischen Reiches.

      Die gleiche internationale Atmosphäre ist auf den Straßen von Mbabane zu beobachten, wo Swasi in ihrer Nationaltracht an Hippies und westlich gekleideten Angehörigen des amerikanischen Friedenskorps vorübergehen, während sich die letzteren die Schaufenster ansehen. Drinnen im Laden mag ein portugiesischer Geschäftsmann einen gut gekleideten afrikanischen Staatsbeamten bedienen. Diese Situation erfordert es oft, daß die Verkündiger Literatur in mehreren Sprachen bei sich haben.

      Einmal waren ein Kreisaufseher und seine Frau in einem portugiesischen Eisenbahnerviertel tätig, und obwohl sie sich nicht verständlich machen konnten, bemühten sie sich, über die Königreichsbotschaft zu sprechen. Sie boten den Leuten die Zeitschriften in deren Sprache an. An der zweiten Tür betätigte sich ein junges Mädchen als Dolmetscher, damit seine Mutter verstehen konnte, was die Besucher wollten. Nachdem die Mutter aufmerksam zugehört hatte, nahm sie ein Buch. Bevor die beiden wieder gingen, sagte das junge Mädchen: „Ich komme mit Ihnen und werde für Sie sprechen.“ Gesagt, getan. In den nächsten fünf Häusern erklärte sie die Botschaft und dolmetschte für den Kreisaufseher und seine Frau. Am Ende jedes Gesprächs wandte sie sich an die Verkündiger und sagte: „Sie möchte eins“ und meinte damit, der Wohnungsinhaber wünsche ein Buch. Mit der Hilfe dieses kleinen Mädchens gaben sie an diesem Vormittag sechs gebundene Bücher ab.

      CHRISTLICHE NEUTRALITÄT BEWAHRT

      Um mit der weltweiten Entkolonisierung Schritt zu halten, bereitete sich auch Swasiland auf die Unabhängigkeit vor, und das Volk wurde nationalistischer. Als wieder einmal die Zeit der Wahlen war, kündigte ein Häuptling in einem Wahllokal an: „Bevor wir alle wählen, möchte ich sagen, daß es in der Gemeinde gewisse Leute gibt, Sadrachs, Mesachs und Abednegos, die sich weigern zu wählen. Sie mögen einer nach dem anderen vortreten und sagen, ob sie sich immer noch weigern zu wählen.“ Die Verkündiger in der Gemeinde traten mutig vor. Das veranlaßte einen Interessierten, sich ebenfalls zu den Zeugen zu stellen. Da das Wählen nicht obligatorisch ist, konnte gegen diese neutralen Christen nichts unternommen werden.

      Kurz vor der Unabhängigkeitsfeier im September des Jahres 1967 boten Jehovas Zeugen ein schönes Beispiel für Einheit unter verschiedenen ethnischen Gruppen. Die englischsprachige (europäische) Versammlung in Swasiland gehört zu dem Kreis Transvaal-Ost, und so wurde es eingerichtet, daß der ganze Kreis einen Kongreß in Swasiland abhielt und die afrikanischen Brüder dazu eingeladen wurden. Der Saal war zu klein, aber das bot den Brüdern Gelegenheit, wahre Bruderliebe zu beweisen. Als man feststellte, daß viele europäische Brüder im Saal waren, aber nicht viele afrikanische, sprach es sich herum, daß man den afrikanischen Brüdern Platz machen solle. Und was geschah? Später brachte der afrikanische Kreisaufseher seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, daß zu viele afrikanische Brüder im Saal seien, während die Europäer draußen stehen müßten. Der öffentliche Vortrag in Englisch und Zulu lockte 652 Besucher an.

      Nachdem das Land die Unabhängigkeit erlangt hatte, wurden viele Diener Jehovas gezwungen zu zeigen, ob sie wirklich neutral waren. Einer der Bezirkshäuptlinge forderte einen Pionier auf, eine politische Zusammenkunft zu besuchen. Nachdem der Bruder nicht erschienen war, wurde er vor den Häuptling gerufen, um für seine Abwesenheit Rechenschaft abzulegen. Er erklärte seinen Standpunkt als neutraler Christ. Der Häuptling drohte ihm, ihn auszuweisen, sagte aber, er werde die Sache zuerst König Sobhuza II. berichten, den er besuchen wollte. König Sobhuza II. gab dem Häuptling den Rat, Jehovas Zeugen in Ruhe zu lassen, da sie keiner politischen Partei angehörten und friedliche, neutrale Leute seien.

      Der Geist des Nationalismus führte auch zur Wiederbelebung vieler Stammesbräuche, und so wurde auch das umcwasho-Gesetz wieder eingeführt. Dieses Stammesgesetz verlangte, daß Mädchen in einem Zeitraum von zwei Jahren — im August 1971 lief er ab — umcwasho trugen. Umcwasho ist eine Art Schmuck, der um den Hals getragen wird und eine symbolische Bedeutung hat. Verlobte Mädchen trugen eine Kombination von Rot und Schwarz, und alle anderen unverheirateten Mädchen trugen Blau und Gelb. Während dieser Zeit mußten sich alle Mädchen geschlechtlicher Beziehungen enthalten, nur Verlobte durften Geschlechtsbeziehungen haben, wenn sie beim Häuptling ihres Ortes 1 Rand bezahlten. Diese Einrichtung hatte den Zweck, die Prinzessin Sidanda zu ehren. Da sie eine Form von Menschenverehrung war und Hurerei für einen Preis gestattete, weigerten sich Jehovas Zeugen, die umcwasho-Periode einzuhalten und den umcwasho um ihren Hals zu tragen. Obwohl dies nur ein Stammesgesetz war und nicht durch das Landesgesetz erzwungen werden konnte, mußten unsere jungen Schwestern wegen ihrer festen Haltung manche Unannehmlichkeiten auf sich nehmen. In einem Fall mußte ein junges Mädchen, dessen Eltern nicht in der Wahrheit waren, zehn Tage im Gefängnis sitzen, weil es den umcwasho nicht trug. Aber der Leiter der Schule, in der sie eine gute Schülerin war, verlangte ihre Freilassung.

      Den Kindern der Zeugen Jehovas wird durch die gute elterliche Erziehung geholfen, zu erkennen, wie wichtig es ist, daß man Jehova reine und unbefleckte Anbetung darbringt (Jak. 1:27). Viele hatten Schulhymnen gesungen und Gebete mitgesprochen, bis sie erkannten, daß dies eine Form falscher Anbetung war. Darauf lehnten es immer mehr Schüler ab, an religiösen Handlungen teilzunehmen. Viele wurden deswegen heftig geschlagen, und eine ganze Anzahl von ihnen ist von der Schule gewiesen worden. In solchen Fällen haben die Brüder dann ihren Kindern Privatunterricht gegeben oder sie in andere Schulen geschickt.

      EINE FÜLLE VON SEGNUNGEN TROTZ SCHWIERIGKEITEN

      Das Wahrheits-Buch in Zulu ist ein anderes Hilfsmittel, das sich für die Brüder in Swasiland als ein Segen erwiesen hat. Viele sagen, es habe ihnen geholfen, die Wahrheit besser zu verstehen denn je zuvor. Dieses Buch hilft aufrichtigen Menschen, die Wahrheit der Bibel kennenzulernen und auf den Weg zu gelangen, der zu ewigem Leben führt.

      Im Jahre 1972 hielten die Brüder ihren letzten Bezirkskongreß ab. Danach wurde die Verfassung aufgehoben, und für große Zusammenkünfte wurde eine polizeiliche Genehmigung notwendig. Bisher hat sich die Polizei jedoch hartnäckig geweigert, den Brüdern eine solche Genehmigung zu geben, obwohl sie in Swasiland im Oktober 1974 als eine religiöse Organisation eingetragen worden sind. Es hat auch Schwierigkeiten beim Abhalten von Kreiskongressen gegeben. Kreiskongresse sind nur dann möglich, wenn der Kreis in kleine Gruppen aufgeteilt wird, die sich an den regulären Zusammenkunftsstätten treffen, die von den verschiedenen Versammlungen benutzt werden.

      Die Traktataktion hat begeisterte Unterstützung gefunden, und im Februar 1974, als das erste Traktat verbreitet wurde, gab es eine neue Höchstzahl von 750 Verkündigern. Unsere Brüder und Schwestern sind sehr eifrig. Im Dienstjahr 1974 hat jeder Verkündiger durchschnittlich fast 14 Stunden im Monat im Predigtdienst eingesetzt. Ja, es gibt jetzt nur noch sehr wenige Orte in Swasiland, wo noch nicht gründlich Zeugnis gegeben worden ist.

      Wie in anderen Ländern, so hat die Verkündigung des Königreiches die Geistlichkeit der Christenheit so sehr verärgert, daß sie Versuche unternommen hat, unser Werk verbieten zu lassen. Am 2. April 1975 erhob die Geistlichkeit vor König Sobhuza II. Anklagen gegen Jehovas Zeugen und behauptete, sie würden nicht trauern, wenn jemand sterbe, sondern die Toten unehrerbietig behandeln. Bei dieser Gelegenheit waren nur wenige unserer Brüder anwesend. Daher beraumte der König eine andere Zusammenkunft für den 3. Mai 1975 an, damit mehr Personen anwesend sein könnten und die Angelegenheit besser besprochen werden könnte. Die Zusammenkunft fand in Lozitha im Freien statt, und alle Anwesenden saßen auf dem Boden unter Bäumen. Der König selbst war nicht anwesend, aber der Landwirtschaftsminister diente als Vorsitzender. Jeder, der etwas vorzubringen hatte, konnte die Hand erheben, und wenn er vom Vorsitzenden aufgerufen wurde, konnte er ans Mikrofon gehen, um zu reden.

      Zuerst wurde einer unserer Brüder, die darzulegen versuchten, wie Jehovas Zeugen wirklich beim Tod eines Angehörigen empfinden, ständig unterbrochen. Danach gelang es im Laufe des Tages einigen Brüdern, unseren Standpunkt darzulegen. Die Brüder und Schwestern waren sehr zahlreich erschienen. Ja, die Zeugen übertrafen an Zahl die anderen Anwesenden bei weitem. Es wurden falsche Anschuldigungen erhoben, zum Beispiel, daß wir den Leichnam eines Verstorbenen treten und den Sarg in ein Grab werfen würden, da wir der Ansicht seien, der Betreffende sei vom Teufel besiegt worden. Es war sehr schwierig, die Gelegenheit zu erhalten, diese falschen Anschuldigungen zurückzuweisen, da der Vorsitzende die Anwesenden aufrief, wie es ihm gerade beliebte. Diese Zusammenkunft dauerte von 10 Uhr morgens bis 6 Uhr abends. Gegen Ende des Tages erkannten die Gegner, daß sie die Zeugen in dieser Sache nicht verurteilen konnten, und brachten daher andere Dinge zur Sprache, wie zum Beispiel die Weigerung der Zeugen, die Flagge zu grüßen, die Nationalhymne zu singen oder Militärdienst zu leisten. Doch zu dieser Zeit ging schon die Sonne unter, und so sagte der Vorsitzende, diese anderen Angelegenheiten würden bei einer späteren Gelegenheit besprochen werden.

      Einige Parlamentsmitglieder und besonders die Geistlichkeit sind entschlossen, das Werk der Zeugen Jehovas in Swasiland einzuschränken. Wir überlassen die Sache Jehova, denn wir wissen, daß er dafür sorgen wird, daß sein Wille geschieht.

      ORGANISATORISCHE VERBESSERUNGEN IN SÜDAFRIKA

      Die Königreichsdienstschule für Versammlungsaufseher wurde in Südafrika in der zweiten Hälfte des Jahres 1961 eingeführt und hatte spürbare Auswirkungen auf die Brüder und auf das Königreichswerk. Die vier Unterweiser reisten durch das Land, und Königreichssäle wurden in Klassenzimmer umgewandelt. Das war nicht nur wegen der großen Entfernungen nötig, sondern auch, weil es die Regierung Afrikanern nicht erlaubt, eine bestimmte Gegend zu verlassen, um in eine andere Gegend zu reisen. Alle, die die Schule besuchten, brachten große Wertschätzung für diese liebevolle Vorkehrung zum Ausdruck, die Jehova durch seine Organisation geschaffen hat.

      Im Mai 1961 wurde die Südafrikanische Union eine Republik. Von da an machte sich der Geist des Nationalismus auch hier immer mehr bemerkbar. Zunächst gab es für wahre Anbeter keine Schwierigkeiten, aber später wurde der Nationalismus für diejenigen, die sich auf die Seite des Königreiches Jehovas gestellt haben, zu einer wirklichen Prüfung, wie wir noch später in diesem Bericht sehen werden.

      Jehovas Zeugen hatten eine wunderbare Gelegenheit, ihre Einheit und christliche Neutralität zu zeigen, als im Oktober/November 1961 für die drei hauptsächlichen Rassengruppen der Landeskongreß „Vereinte Anbeter“ stattfand. Der Eröffnungstag des europäischen Kongresses fiel mit dem Wahltag zusammen. In der Fabrik in Elandsfontein wurde ein Flugblatt über den Kongreß gedruckt (Welche Regierung wird Einheit bringen?), und es wurden Zehntausende von Exemplaren verbreitet. Das Ergebnis? Die größte Anwesendenzahl, die wir je bei einem öffentlichen Vortrag zu verzeichnen hatten! Die Gesamtanwesendenzahl bei den drei Kongressen belief sich auf 22 551. Welch ein Unterschied zwischen der friedlichen Gemeinschaft und der Einheit, die unter den Angehörigen der verschiedenen Rassen auf dem Kongreßgelände herrschte, und dem Lärm und der politischen Uneinigkeit, die draußen herrschten!

      Im Laufe der Zeit wurden in Elandsfontein einige Änderungen vorgenommen. Zum Beispiel wurden afrikanische Brüder ins Bethel gerufen, um als Übersetzer und Stenotypisten zu dienen. Die afrikanischen Stenotypisten schrieben die Briefe, die ihnen diktiert wurden, gleich in Zulu, Xosa oder Sesotho. Auf diese Weise erhielten die Brüder guten Rat entsprechend ihren Bedürfnissen und Problemen. Die meisten anderen Übersetzer für die Landessprachen wurden ebenfalls ins Bethel gerufen. Wenn jetzt Besucher durchs Bethel gingen, sahen sie europäische Schwestern Hausarbeit verrichten und europäische Brüder in der Anmeldung oder in der Waschküche dienen — Tätigkeiten, die in Südafrika als Arbeit für Eingeborene angesehen werden — und sahen afrikanische Brüder an Schreibmaschinen sitzen.

      BEMÜHUNGEN DER MISSIONARE IN SÜDWESTAFRIKA

      Was tat sich unterdessen in Südwestafrika? Drei Missionare begannen im Jahre 1950 dort zu arbeiten. Von Windhuk aus arbeiteten sie sich allmählich in andere Teile des Gebietes vor. Im Jahre 1951 arbeiteten zwei von ihnen im Norden und waren überglücklich, als sie in Tsumeb zwei „verlorene Schafe“ wiederfanden. Diese hatten einmal Verbindung zur Organisation gehabt, und nun konnte ihnen bald geholfen werden, sich aktiv am Predigtdienst zu beteiligen. Sechzig Kilometer weiter südlich, in Grootfontein, fanden sie Bruder und Schwester Bogusch, die in Deutschland mit der Wahrheit in Verbindung gewesen waren. Da sie nun wieder mit der Organisation in Verbindung gekommen waren, nahmen sie erneut den Predigtdienst auf. Zwei weitere Verkündiger wurden in Otjiwarongo ausfindig gemacht. Sie waren aus der Südafrikanischen Union zugezogen. Dann wurden ein Vater und sein Sohn gefunden, die viele Jahre den Wachtturm abonniert hatten. Beide machten sehr schnell Fortschritte und gaben sich schließlich Jehova hin.

      Welche Freude müssen doch die drei Missionare empfunden haben, als die Zahl der Verkündiger bis Ende 1952 auf 29 angestiegen war! Es ist wahr, daß viele von ihnen wieder weggezogen sind, aber die Arbeit in diesen Jahren war nicht vergeblich. Einer der späteren Missionare sagte diesbezüglich: „Hier ist viel Wahrheitssamen ausgesät worden. Wenn wir einen Landeskongreß in der Republik [Südafrika] besuchen, werden wir oft von Zeugen begrüßt, die in Windhuk angefangen hatten zu studieren.“

      Im Jahre 1953 wurden 5 weitere Missionare von den 3 bereits anwesenden freudig aufgenommen. Diese Missionare ließen sich in Windhuk nieder und ermöglichten es so den anderen 3 Brüdern, weiter im Norden und im Süden tätig zu sein. Schon nach wenigen Wochen hatte jeder der neuen Missionare 8 bis 10 Bibelstudien, und von da an machte das Werk schnell Fortschritte.

      Doch ein Problem drängte sich immer mehr in den Vordergrund — das Problem, wie man die afrikanische Bevölkerung wirkungsvoll mit der guten Botschaft erreichen könnte. George Koett, einer der ersten Missionare, hatte eine Zeitlang in der afrikanischen Township von Windhuk gearbeitet, aber die Behörden hatten dem Druck der Geistlichkeit nachgegeben und die Erlaubnis, die Townships zu betreten, rückgängig gemacht. Auch Bemühungen, afrikanische Pioniere aus Südafrika zu bekommen, scheiterten an der Weigerung der Behörden. Im Jahre 1959 beantragte der Bezirksaufseher bei dem zuständigen Beamten für die Eingeborenen die Genehmigung, die Township zu betreten, aber dieser lehnte den Antrag unfreundlich ab. Später in der Woche fuhr er in Urlaub, und man wandte sich an den Stadtsyndikus, um eine Genehmigung zu erhalten. Dieser gewährte sie auch, und so wurde der Film „Die glückliche Neue-Welt-Gesellschaft“ 216 dankbaren Afrikanern gezeigt.

      Von 1953 an hatte Dick Waldron wiederholt versucht, eine Genehmigung für das Betreten der afrikanischen Township zu erhalten, doch vergeblich. Dann stellten Dick und Coralie Waldron fest, daß sie Eltern werden würden. Würden sie ihre Zuteilung aufgeben? Nein, sie beschlossen zu bleiben. Später traf die Nachricht ein, daß Coralies Mutter, die in Australien lebte, schwer krank geworden war. Nun beschlossen die Waldrons, Windhuk (Südwestafrika) zu verlassen und nach Australien zurückzukehren. Doch in der Woche vor ihrer Abreise traf die Nachricht ein, daß sie die Genehmigung erhalten hätten, unter den Afrikanern und den Farbigen zu arbeiten. Was sollten sie tun? Die Genehmigung zurückgeben, nachdem sie sieben Jahre lang darauf gewartet hatten? Bruder Waldron machte die Buchung für seine Schiffsreise rückgängig, und seine Frau und seine Tochter gingen allein nach Australien. Dort blieben sie vier Monate und kehrten dann zurück. Inzwischen konnte Dick Waldron den Afrikanern und Farbigen schon viel Zeugnis geben, und er erzielte gute Ergebnisse. Beim ersten Kreiskongreß für die Afrikaner und die Farbigen kamen 100 Personen zum öffentlichen Vortrag.

      DIE AFRIKANISCHE BEVÖLKERUNG WIRD ERREICHT

      Um alle Afrikaner erreichen zu können, war es notwendig, daß einige Schriften übersetzt und in ihren Sprachen gedruckt wurden. Aber es gab bis dahin noch keine gebildeten afrikanischen Brüder, die diese Aufgabe hätten übernehmen können. Schon früher waren unter der Anleitung früherer Missionare Broschüren von weltlichen Übersetzern in die Sprachen Nama, Kwanyama und Herero übersetzt worden. Obwohl diese Broschüren gedruckt und verbreitet wurden, erwiesen sie sich nicht als erfolgreich, da die Übersetzungen viel zu vage und ungenau waren. Obwohl nun diesmal wieder Weltmenschen gebraucht werden mußten, sollte die Arbeit viel besser überwacht werden.

      Dick Waldron erzählt von seinen Bemühungen, genaue Übersetzungen zu erhalten: „Wir setzten hauptsächlich Lehrer ein, die mit uns studierten und etwas Erkenntnis der Wahrheit besaßen, und so mußte ich mich mit ihnen zusammensetzen und mit ihnen zusammen arbeiten, um sicherzugehen, daß jeder Satz die Wahrheit war. Die Nama-Sprache hat einen begrenzten Wortschatz. Zum Beispiel versuchte ich, den Gedanken zum Ausdruck zu bringen: ,Am Anfang war Adam ein vollkommener Mensch.‘ Der Übersetzer kratzte sich am Kopf und sagte, es gäbe in der Nama-Sprache kein Wort für ,vollkommen‘. ,Ich hab’s!‘ rief er schließlich. ,Am Anfang war Adam wie ein reifer Pfirsich.‘ “ Trotz aller Schwierigkeiten wurde schließlich das Traktat Leben in der neuen Welt in die Sprachen Herero, Nama, Ndonga und Kwanyama übersetzt.

      Im Jahre 1956 waren Bruder Erwin Schneid und seine Frau Gertrud sowie ihre Tochter Karin von Deutschland in die Küstenstadt Swakopmund gezogen. Ihre Angehörigen waren sehr besorgt wegen dieses Umzugs, und auch sie selbst waren nicht allzu sicher, was sie erwarten würde. Welche fremden Menschen würden sie kennenlernen? Was für eine schreckliche Sprache würden sie lernen müssen? Welche Gefahren lauerten auf diesem „Schwarzen Erdteil“ auf sie? Sie landeten in der Walfischbucht und trafen dort Weiße, die ausgerechnet Deutsch sprachen! Ja, ihre neue Heimatstadt, Swakopmund, stellte sich als eine kleine deutsche Stadt heraus, was den Baustil, die Gewohnheiten und die vorherrschende Sprache betrifft. Später folgten ihnen Angehörige nach, Interessierten wurde geholfen, die Wahrheit anzunehmen, und jetzt war es möglich, eine Versammlung zu gründen.

      Farbige Brüder aus der Kapprovinz zogen in dieses Gebiet, um in der Fischindustrie zu arbeiten, und sie trugen viel zur Verbreitung der guten Botschaft unter den Afrikanern bei, besonders in Walfischbai. Eine große Anzahl dieser Afrikaner kommen aus ihren Bantustans, wie zum Beispiel aus Ovamboland im Norden, aufgrund eines Arbeitsvertrages, bleiben dann ein oder zwei Jahre und müssen darauf zurückkehren. Auf diese Weise erhielten viele von ihnen Schriften der Gesellschaft, die sie dann mit nach Ovamboland zurücknahmen. Einer der Ovambos, Philemon Kalongela, nahm die Wahrheit in Walfischbai an und war dann in der Lage, nach Ovamboland zurückzukehren, um dort zu predigen. Tatsächlich arbeitete er dort eine Zeitlang als Sonderpionier.

      DER ERSTE HOTTENTOTTE NIMMT DIE WAHRHEIT AN

      Ella Crighton war die erste Farbige, die in Südwestafrika die Wahrheit annahm. Sie konnte auch fließend Nama (eine Hottentottensprache) sprechen. Es war daher sicher passend, daß sie dem ersten Hottentotten half, die Wahrheit anzunehmen.

      Wenige Menschen können sich rühmen, ein so bewegtes Leben geführt zu haben wie dieser liebe alte Hottentottenbruder „Opa“ Jod. Als kleiner Junge war er während der Hottentottenkriege in deutsche Gefangenschaft geraten und hatte den größten Teil seines Lebens in Windhuk gearbeitet und gelebt. Übrigens gingen diese Kriege um 1890 zu Ende. Obwohl „Opa“ Jod nur wenig Schulbildung erhalten hat, kann er nicht nur seine Muttersprache, Nama, sondern auch Deutsch und Afrikaans lesen, schreiben und sprechen. Als Schwester Ella Crighton bei „Opa“ Jod ein Bibelstudium einrichtete, muß er hoch in den Siebzigern gewesen sein. Er war eine Säule der Kirche, und sein Austritt aus Babylon der Großen verursachte keinen kleinen Aufruhr. Geistliche aus verschiedenen Teilen des Landes kamen in seinem Haus zusammen, um ihn zu überreden, zu seiner früheren Religion zurückzukehren, aber nichts konnte ihn dazu bewegen. Mit Hilfe von Ella Crighton konnte er all ihren Bemühungen widerstehen. Verwandte weinten und flehten, doch vergebens. „Opa“ Jod hatte die Wahrheit gefunden.

      NEUERE ENTWICKLUNGEN

      Jehova beschleunigt sein Werk in diesem Land mit solch farbenfreudiger Vielfalt an Rassen und Nationalitäten. Gegen Ende 1973 eröffnete er die Möglichkeit, den Bastern in der Gegend von Rehoboth Zeugnis zu geben. Bis zu jenem Jahr war es keinem Zeugen Jehovas erlaubt worden, das Gebiet zu betreten, um die Königreichsbotschaft zu predigen. Im Norden des Gebietes, wo es eine „Reservation“ mit annähernd einer halben Million Afrikanern gibt, beginnt das Werk nun etwas Fuß zu fassen. Vier Verkündigergruppen arbeiten jetzt in Ovamboland, und ein Sonderpionier, der auf der anderen Seite der Grenze wohnt, dient regelmäßig als Kreisaufseher auf Zeit. Obwohl Jehovas Zeugen jede Gelegenheit wahrnehmen, den Menschen in dieser „Reservation“ die gute Botschaft zu überbringen, hoffen und beten sie, daß sich ihnen die Tür noch weiter öffnen möge, so daß sie Vollzeitarbeiter in dieses recht große Gebiet senden können.

      Von einer einsamen Stimme, die im Jahre 1947 in Südwestafrika die Wahrheit verkündigte, hat sich das Werk wunderbar ausgedehnt. Diese eine Stimme ist nun zu einem Chor von 322 Königreichsverkündigern angewachsen, eine Höchstzahl, die im März 1975 erreicht wurde. Wenn es Jehovas Wille ist, daß die Gebiete im Norden des Landes noch weiter geöffnet werden, dann können wir auch aus diesem Teil des Feldes die volle Ernte erwarten.

      TREUE MIT VORRECHTEN GESEGNET

      Auch in Südafrika gibt es wunderbare Beispiele älterer Verkündiger, ähnlich dem von „Opa“ Jod aus Südwestafrika, und einige von ihnen sind sogar Pioniere. Sie sind im Dienst Jehovas mit vielen Vorrechten gesegnet worden. Eine dieser alten Treuen, Annie Moseleba, eine afrikanische Schwester, war der älteste Sonderpionier. Im Jahre 1966 verstarb sie im Alter von 91 Jahren, nachdem sie 18 Jahre im Pionierdienst tätig gewesen war. Wegen ihres hohen Alters war sie in ihrer Nachbarschaft sehr geachtet, und sie erzielte dort ausgezeichnete Erfolge, wo andere Verkündiger kein Gelingen hatten. Sie half in ihrer Pionierlaufbahn Scharen von Menschen, die Wahrheit anzunehmen. Allein in einem Jahr half sie 8 Personen, fest für die Wahrheit einzutreten, und leitete 13 Heimbibelstudien.

      Ein anderes Beispiel für Treue ist Bruder George Phillips. Vom Jahre 1927 an diente er als Zweigaufseher, und die Brüder lernten ihn wegen seines Eifers für Jehova und wegen des guten Beispiels, das er gab, lieben und achten. Er erwies sich als ein wahrer Kämpfer für die Wahrheit, als ein Bruder mit großer Ausdauer, immer bereit, Jehovas Organisation loyal zu unterstützen. Er leitete das Werk in den frühen Anfängen und in den schwierigen 1940er Jahren. Er sah, wie die Organisation in Südafrika von einer Handvoll Verkündiger auf über 20 000 im Jahre 1966 anwuchs. Obwohl er es für nötig befand, gegen Ende Juli 1966 das Bethel zu verlassen, hing sein Herz immer noch am Vollzeitdienst, und nach kurzer Zeit diente er als Pionier in Strand, in der Nähe von Kapstadt.

      Es war ein sehr befähigter Bruder vorhanden, der den Zweig von Bruder Phillips übernehmen konnte, nämlich Harry Arnott, ehemals Zweigaufseher in Sambia, der zusammen mit seiner Frau im Jahr zuvor aus dem Land ausgewiesen worden war. Er war den Brüdern in Südafrika wohlbekannt, denn er hatte in diesem Land viele Jahre als Zonenaufseher gedient. Bruder Arnott hatte das volle Vertrauen der Brüder und diente zwei Jahre lang als Zweigaufseher, bis auch er dieses Dienstvorrecht aufgeben mußte, da sich Nachwuchs einstellte.

      Seit Juni 1968 dient Bruder Frans Muller als Zweigaufseher. Von 1960 an war er stellvertretender Zweigaufseher gewesen und hatte in der Dienstabteilung gearbeitet. Bruder Muller hatte schon im ganzen Land als Kreis- oder Bezirksaufseher gedient, bevor er und seine Frau im Jahre 1959 ins Bethel gerufen wurden.

      Dieser schnelle Wechsel von einem Zweigaufseher zum anderen wirkte sich nicht nachteilig auf das Werk aus. Alles ging reibungslos weiter. Dadurch wurde allen Brüdern wieder einmal bewiesen, daß Jehovas Werk nicht von einem einzelnen abhängt und daß Jehova jeden gebrauchen kann, der bereit ist, sich von ihm gebrauchen zu lassen.

      „WAHRHEITS“-BUCH HILFT SCHAFÄHNLICHEN MENSCHEN

      Auf den Bezirkskongressen im Jahre 1968 wurde das Buch Die Wahrheit, die zu ewigem Leben führt veröffentlicht, und ein sechsmonatiger Bibelstudienkursus wurde eingeführt. Und dann tat sich etwas!

      Die Literaturabgabe in der Republik Südafrika stieg sprunghaft. Rückbesuche und Bibelstudien nahmen zu. Als das Wahrheits-Buch erhältlich war, erlebte die Versandabteilung im Zweigbüro etwas, was sie noch nie erlebt hatte. In der Zeit von 1960 bis 1967 waren durchschnittlich etwa 90 000 Bücher pro Jahr versandt worden. Aber im Jahre 1968 stieg die Zahl auf über 125 000. Im Jahre 1969 erschien dann das Wahrheits-Buch in Afrikaans und gegen Ende des Jahres auch in Zulu, Xosa und Sepedi. Im Dienstjahr 1970 versandte das Zweigbüro über 447 000 Bücher.

      Da nun das Wahrheits-Buch in so vielen Landessprachen erhältlich war, bemühte man sich besonders, in den Landgebieten so viele Farmer wie möglich zu erreichen. Die meisten dieser Farmen sind viele Kilometer voneinander entfernt und können nur mit dem Wagen erreicht werden. Im Zweigbüro der Gesellschaft wurden diese Farmgebiete auf einer Landkarte eingetragen, und die Versammlungen wurden ermuntert, sich um Farmgebiet zu bewerben. Das Echo war gut. Einige Versammlungen nahmen Gebiet an, das über 300 Kilometer weit entfernt lag. Tausende von Kilometern wurden zurückgelegt, um diese Farmer mit der guten Botschaft vom Königreich zu erreichen. Eine Gruppe bearbeitete etwa 500 Quadratkilometer, besuchte 100 Farmen und gab 90 Wahrheits-Bücher ab. Viele wahrheitshungrige Menschen sind auf diese Weise gefunden worden, und durch Briefwechsel oder durch Rückbesuche ist ihnen weitergeholfen worden.

      DAS PORTUGIESISCHE GEBIET IN SÜDAFRIKA

      In dem Bericht über Angola erwähnten wir, daß Henrique Vieira, als er Luanda besuchte, auf dem Weg nach Südafrika war. Er ließ sich in Johannesburg nieder und diente dort in einer der Versammlungen. Doch Bruder Vieira war nicht der einzige Einwanderer aus Portugal. Wegen des Wohlstandes in Südafrika und wegen der guten Arbeitsbedingungen zogen Tausende von Portugiesen und Griechen sowie viele andere von Europa nach Südafrika. Man schätzt, daß etwa 80 000 Portugiesen im Reef-Gebiet leben.

      Im Jahre 1965 fanden Bruder Vieira und seine Frau bereits gutes Interesse unter den portugiesischen Einwanderern vor. Nur wenige von ihnen lernten Englisch, so daß man es für nötig hielt, daß einige portugiesisch sprechende Zeugen diesen Menschen halfen, die Königreichsbotschaft zu erhalten. Im Januar 1966 wurde in Johannesburg eine Gruppe von 11 portugiesischen Verkündigern gegründet. In Johannesburg wohnen die Portugiesen nicht alle an einem Ort, und so sind die Verkündiger den ganzen Vormittag unterwegs, um ein oder zwei Familien ausfindig zu machen und ihnen Zeugnis zu geben, und an einigen Sonntagen finden sie überhaupt keine. Trotzdem ist die kleine Gruppe sehr schnell gewachsen, und gegen Ende 1967 ist eine neue Versammlung mit etwa 50 Verkündigern gegründet worden.

      Auch danach war im portugiesischen Gebiet ständig Wachstum zu verzeichnen, und zwar nicht nur in und um Johannesburg, sondern auch an anderen Orten. Auch in anderen Städten Südafrikas gibt es portugiesische Einwanderer. Es dauerte daher nicht lange, und es gab in Durban, Port Elizabeth, Kapstadt und Bloemfontein Gruppen portugiesischer Brüder.

      Von Zeit zu Zeit reisen diese portugiesischen Brüder nach Hause, und sie tun es immer mit dem Hauptziel, ihren Familien und Freunden in den katholischen Städten und Dörfern Portugals Zeugnis zu geben. Als zum Beispiel ein neuer Bruder und seine Frau ihren Urlaub in Portugal verbrachten, fragten sie sich, wie sie es wohl am besten anfangen sollten, ihrer Familie Zeugnis zu geben. Zu ihrer großen Überraschung und Freude fing einer ihrer Angehörigen an, ihnen Zeugnis zu geben. Man kann sich vorstellen, welch ein glückliches Familientreffen dies war!

      DAS GRIECHISCHE GEBIET IN SÜDAFRIKA

      Anfang 1969 wurde eine kleine griechische Versammlung in Johannesburg gegründet, damit sie sich der Interessierten unter den Griechen annähme, von denen etwa 30 000 im Reef-Gebiet lebten. Zu jener Zeit berichteten nur 24 griechische Brüder ihre Predigttätigkeit. Aber nach nur 16 Monaten war diese Versammlung auf 62 Verkündiger angewachsen, darunter 5 allgemeine Pioniere und jeden Monat 3 oder 4 Pioniere auf Zeit. Das war ein weiterer guter Anfang in einem wichtigen Zweig des Dienstes.

      Die griechische Bevölkerung ist über den ganzen Witwatersrand verstreut, eine Strecke von über 90 Kilometern. Daher begann die griechische Versammlung mit Hilfe eines Telefonbuches und mit Hilfe der englisch und afrikaans sprechenden Versammlungen, ein „Adressengebiet“ aller Griechen zusammenzustellen. Nicht lange nach der Gründung der griechischen Versammlung in Johannesburg entstanden weitere griechische Gruppen an anderen Orten, einige davon so weit entfernt wie Durban. Diese Menschen, die hier unter dem schweren Joch der griechisch-orthodoxen Kirche in religiöser Knechtschaft gewesen waren, erkennen die Wahrheit sehr schnell und zögern nicht, eine Entscheidung zu treffen. Wenn sie einmal beginnen, die Bibel zu studieren, besuchen sie meistens auch gleich von Anfang an die Zusammenkünfte und geben ihren Freunden und Verwandten Zeugnis.

      KONGRESSE MIT INTERNATIONALER PRÄGUNG

      Da so viele Ausländer unter uns sind, haben Kongresse in Südafrika wirklich internationale Prägung. Auf Bezirkskongressen und Landeskongressen gibt es besondere Sektoren für diese Brüder, in denen sie das Programm in ihrer eigenen Sprache hören können.

      Da wir gerade von einem „internationalen Kongreß“ reden — die internationalen Kongresse „Friede auf Erden“ im Jahre 1969 stellten alles Vorhergehende in der theokratischen Geschichte Südafrikas in den Schatten. Zuerst war die Erwartung. Und dann kam die Verwirklichung, als über 500 Brüder aus Südafrika den Kongreß in London besuchten und eine ganze Reihe anderer zu Kongressen in andere Teile Europas fuhren, darunter zu dem Mammutkongreß in Nürnberg.

      Für einige war es nicht der erste internationale Kongreß. Aber für die meisten Delegierten war der Kongreß „Friede auf Erden“ in London das Erlebnis ihres Lebens. Unter ihnen waren die ersten afrikanischen Brüder von hier, die einen internationalen Kongreß besuchten. Zehn von ihnen waren Vollzeitarbeiter, denen die Gesellschaft mit Hilfe des Kongreßreisefonds die Reise ermöglichte. Das war für sie ein überwältigendes Erlebnis. Viele von ihnen hatten noch nie ein Flugzeug aus der Nähe gesehen, und geflogen waren sie schon gar nicht. Doch dieses neue Erlebnis einer Flugreise beeindruckte sie nicht am meisten. Natürlich war die geistige Speise, die sie auf dem Kongreß erhielten, sehr eindrucksvoll und nützlich für sie. Aber diese afrikanischen Brüder hat besonders die Liebe und die Gastfreundschaft tief bewegt, die ihnen von ihren weißen Brüdern im Flugzeug zuteil wurde, und das Erlebnis, in England bei weißen Brüdern zu wohnen, etwas, was ihnen in Südafrika gesetzlich verwehrt ist. Nicolson Makhetha aus Lesotho antwortete auf die Frage, was ihn, abgesehen vom Kongreßprogramm, am meisten beeindruckt habe: „Mit europäischen Brüdern in ihrer Wohnung zusammen zu sein und zu sehen, wie sie den Rat über das Familienleben anwenden, den die Organisation gibt.“

      Dieses Erlebnis bewies den afrikanischen Brüdern, daß Jehovas Zeugen tatsächlich überall in der Welt gleich sind, und als sie nach Hause zurückkehrten, hatten sie den anderen afrikanischen Brüdern viel zu erzählen. Wie dankbar waren sie für die Großzügigkeit ihrer Mitchristen, die ihnen dieses Erlebnis ermöglicht hatten!

      Die Delegierten der internationalen Kongresse „Friede auf Erden“ waren von diesem geistigen Fest so begeistert, daß sie unbedingt das gleiche Programm auf den Landeskongressen „Friede auf Erden“, die vom 31. Dezember 1969 bis 4. Januar 1970 stattfanden, noch einmal miterleben wollten. Und was für Scharen herbeikamen! Die Gesamtanwesendenzahl bei den drei Zusammenkünften für die Öffentlichkeit belief sich auf 45 821, und 1 294 Personen ließen sich taufen.

      GUTE FORTSCHRITTE AUF ST. HELENA

      Auf dem internationalen Kongreß im Juli 1969 in London trafen einige Brüder aus Südafrika George Scipio und seine Tochter von St. Helena. Bruder Scipio konnte ihnen berichten, daß es eine wirkliche Prüfung des Glaubens und des Ausharrens ist, Jahr für Jahr den gleichen Menschen auf einer kleinen Insel wie St. Helena Zeugnis zu geben. Dennoch sind im Laufe der Jahre wunderbare Fortschritte erzielt worden.

      Das Gebiet ist so gut durchgearbeitet und unsere Literatur so gut verbreitet worden, daß ein Wohnungsinhaber, den man bittet, seine Bibel zur Hand zu nehmen, nicht selten die Neue-Welt-Übersetzung holt. Als das Wahrheits-Buch eintraf, stieg der Durchschnitt an Bibelstudien im Jahre 1969 auf 1,2 pro Verkündiger. Einer ganzen Anzahl Personen, die die Wahrheit schon eine Zeitlang kannten, wurde dadurch geholfen, eine Entscheidung zu treffen. Dieses Buch war auch eine Hilfe, untätige Verkündiger wiederzubeleben.

      Der Chor der Königreichsverkündiger auf St. Helena wird immer lauter, je mehr er an Zahl zunimmt. Im Dienstjahr 1975 wurde eine neue Höchstzahl von 99 Verkündigern erreicht. Das Gebiet ist nun so klein geworden, daß jeder Verkündiger durchschnittlich nur 51 Personen zu betreuen hat. Und es ist immer noch gutes Interesse vorhanden.

      BEWOHNER VON ASCENSION HÖREN DIE GUTE BOTSCHAFT

      Im Jahre 1965 ging zum erstenmal ein Bericht von dieser Insel ein, die etwa 1 100 Kilometer nordwestlich von St. Helena liegt. Er kam von Schwester B. Taylor, deren Mann bei der Cable and Wireless Company arbeitete und von seiner Firma dorthin geschickt worden war. Zu jener Zeit hatte die etwa 88 km2 große Insel nur etwas über 300 Einwohner. Es war für diese Schwester wirklich eine Herausforderung, dort allein zu arbeiten. Aber sie nahm die Herausforderung an und berichtete jeden Monat durchschnittlich 23 Stunden und 3 Bibelstudien.

      Im Jahre 1968 war die Bevölkerung der Insel auf 2 000 angewachsen. In jenem Jahr fuhr Schwester Taylor zu Besuch nach England. Und so fuhr George Scipio von St. Helena hinüber, um sich der Interessierten anzunehmen. Sein Kommentar: „Die Menschen auf dieser Insel sind wie Schafe ohne einen Hirten.“ Das Interesse, das Bruder Scipio dort vorfand, veranlaßte ihn, mit seiner ganzen Familie auf die Insel Ascension zu ziehen. Das gab dem Werk einen großen Aufschwung.

      In einem Fall mußte ein Heimbibelstudium um zehn Uhr abends durchgeführt werden, weil der Mann Schicht arbeitete und während einiger Wochen erst nach 21 Uhr nach Hause kam. Da es sehr heiß war, studierten sie gewöhnlich auf der Veranda im Freien, wo die Nachbarn sie sehen konnten. So fingen die Nachbarn an zu spotten. Der Mann machte Fortschritte und erkannte, daß er die Wahrheit kennenlernte. Eines Tages sagte er: „Jetzt verstehe ich, warum nicht mehr Leute Jehovas Zeugen sind. Sie fürchten sich vor dem, was ihre Nachbarn sagen oder denken könnten.“ Die Familie begann die Zusammenkünfte zu besuchen, und sie gefielen allen. Nachdem der Mann in dem dienstags stattfindenden Buchstudium gehört hatte, wie dringlich die Zeit sei und wieviel Arbeit noch zu tun sei, fing er schon am nächsten Tag an, all seinen Arbeitskollegen Zeugnis zu geben, und er war überglücklich, einen Mann zu finden, der ihn um eine Bibel und ein Buch bat, damit auch er studieren könne.

      Nach neun Monaten mußten Bruder Scipio und seine Familie nach St. Helena zurückkehren. Sie blieben aber mit einigen Interessierten brieflich in Verbindung. Einer dieser Interessierten war ein junger Mann, der eines Tages in der Frühstückspause von seinem Arbeitsplatz in die Wohnung des Pioniers gekommen war und gefragt hatte, ob er ein Glas Wasser haben könne. Am nächsten Tag hatte er wieder um ein Glas Wasser gebeten, war eine Weile stehengeblieben und hatte dann nervös die Frau des Pioniers gefragt, ob sie Bibeln zu verkaufen habe. Er hatte sofort eine Bibel erhalten und war zum Buchstudium eingeladen worden. Darauf hatte er sich ein Buch besorgt und war gekommen. Der dreizehnjährige Sohn des Pioniers hatte später mit ihm ein Studium angefangen, und er hatte ständig Fortschritte gemacht.

      Nachdem Bruder Scipio abgereist war, trat dieser junge Mann fest für die Wahrheit ein. Wenn er von seinem Arbeitgeber beauftragt wurde, militärische oder kirchliche Gebäude zu streichen, weigerte er sich. Sogar sein Vorgesetzter konnte ihn mit all seinen Argumenten nicht zu einer Sinnesänderung bewegen.

      Wir haben in den letzten drei Jahren keine Predigtdienstberichte von Ascension erhalten. Die einzige Verkündigerin auf der Insel reiste regelmäßig nach England, und die Berichte waren sehr unregelmäßig. Obwohl wir nicht wissen, was mit ihr geschehen ist, kennt Jehova vielleicht noch schafähnliche Menschen dort, die „in die Hürde“ gebracht werden müssen (Micha 2:12).

      DEM GESETZ GOTTES HINSICHTLICH DES BLUTES GEHORCHEN

      Von Zeit zu Zeit kommt in Südafrika die Blutfrage auf. Hier ein Beispiel: Eine afrikanische Schwester bekam im sechsten Monat ihrer Schwangerschaft plötzlich Blutungen. Im Krankenhaus ordneten die Ärzte eine Bluttransfusion an. Bruder und Schwester Marsh erklärten ihren biblischen Standpunkt, doch die Ärzte und Krankenschwestern lachten sie nur aus. Sie wurde jede halbe Stunde untersucht. Später teilte ihr eine der Krankenschwestern mit, daß sie bei dem Fetus keine Herzschläge feststellen könne und daß sie glaube, er sei tot. Nun wollte der Arzt den „toten“ Fetus entfernen, doch nicht ohne Bluttransfusion. Obwohl die Schwester sagte, sie könne noch Bewegungen spüren, behauptete das Personal fest, der Fetus sei tot.

      Bruder und Schwester Marsh verließen das Krankenhaus und gingen zu einem anderen. Auf dem Wege ermunterte der Bruder seine Frau, treu zu bleiben, komme, was da wolle. Als sie in dem anderen Krankenhaus angelangt waren, erklärten sie ihren Standpunkt hinsichtlich des Blutes, und die Krankenschwester, die Nachtdienst hatte, bat sie, eine entsprechende Erklärung zu unterschreiben. Eine Untersuchung ergab, daß der Fetus noch am Leben war. Eine Behandlung wurde eingeleitet und unsere Schwester erholte sich schnell, mußte aber noch alle zwei Wochen zu einer Untersuchung kommen. Der Arzt war bereit, einen Kaiserschnitt ohne Blut vorzunehmen. Als die Zeit der Entbindung herbeikam, wurde sie in das Krankenhaus aufgenommen. Doch während sich das Personal auf die Operation vorbereitete, schenkte sie auf normalem Wege zwei Jungen das Leben. Wie glücklich waren doch dieser Bruder und seine Frau, daß sie dem Gesetz Jehovas treu gehorcht hatten!

      INDISCHES GEBIET ERWEIST SICH ALS FRUCHTBAR

      In Südafrika gibt es eine ziemlich große indische Bevölkerung, und in den letzten Jahren sind viele dieser Menschen in die Wahrheit gekommen. In Transvaal und in Natal gibt es jetzt eine Anzahl indischer Versammlungen. Früher waren einige dieser Personen Hindus gewesen, einige Namenchristen und wieder andere Moslems. Doch jetzt beten sie zusammen mit den übrigen Dienern Jehovas in Südafrika vereint Jehova mit Geist und Wahrheit an (Joh. 4:23).

      WEITERE AUSDEHNUNG

      Viele Jahre lang warteten die Brüder in Südafrika und in den benachbarten Gebieten auf einen weiteren Besuch des Präsidenten der Watch Tower Society, N. H. Knorr, der 1959 das letzte Mal in Südafrika gewesen war, um Vorkehrungen für eine Erweiterung des Zweigbüros zu treffen. Nun, im Jahre 1970, war es wieder an der Zeit, das Bethel zu vergrößern, dessen Kapazität bereits voll ausgelastet war, denn die Familie war inzwischen auf 68 Personen angewachsen. Als im Juni 1970 im Königreichsdienst angekündigt wurde, daß die Bezirkskongresse zugunsten eines Landeskongresses abgesagt würden, hofften viele, daß ein Besucher aus Brooklyn kommen würde. Doch erst im November kündigte der Königreichsdienst an: „Bruder Knorr kommt!“ Die Brüder waren überglücklich, und nichts konnte sie davon abhalten, zu dem Kongreß „Menschen guten Willens“ zu fahren, der in der Zeit vom 7. bis 10. Januar 1971 stattfinden sollte.

      Wegen der Rassentrennung in Südafrika und weil die verschiedenen Rassen in getrennten Townships leben, mußten drei verschiedene Kongresse vorbereitet werden. Die Europäer kamen in den Milner Park Show Grounds zusammen, die Farbigen im Unionstadion im Farbigenviertel, und die afrikanischen Brüder trafen sich im Mofolopark in den großen Komplex von Soweto, wo Hunderttausende von Afrikanern leben.

      Der Mofolopark ist ein offener, von Bäumen eingerahmter Park ohne jegliche Einrichtungen. Und so übernahmen die afrikanischen Brüder mit Hilfe vieler europäischer Brüder die gewaltige Aufgabe, Sitzgelegenheiten für 30 000 Personen herzustellen und verschiedene Abteilungen einzurichten. Sie installierten sogar Wasserklosetts für die erwartete Zuhörermenge. Stadtbeamte, die sich das Kongreßgelände ansahen, sagten: „Wir staunen, was Sie da alles machen. Sie haben ja zwei Städte gebaut!“ Sie meinten damit die Sektoren für die Zulus und die Sesothos.

      Auf diesen Kongressen wurde etwas zum erstenmal ausprobiert, und zwar mit großem Erfolg. Eine Gruppe von Laienspielern sollte die Handlung eines Dramas in Pantomime vorführen, während die Dialoge gleichzeitig in zwei Sprachen in verschiedenen Teilen des Stadions zu hören sein sollten. Das war eine gewaltige Aufgabe und kostete viele Stunden Arbeit. Aber die Brüder zeigten große Wertschätzung dafür, denn nun konnten sie alle in ihrer eigenen Sprache aus den Dramen lernen.

      Bruder Knorr hatte reichlich zu tun, denn er mußte von einem Kongreß zum anderen eilen, um rechtzeitig in den verschiedenen Stadien seine Vorträge zu halten. Sein Stegreifvortrag „Dies ist der Weg“ wurde besonders dankbar aufgenommen, und die Brüder sprachen noch lange danach über den guten Rat, den sie dadurch erhalten hatten. Der öffentliche Vortrag war der große Höhepunkt. Zum Kongreß für die Farbigen kamen 2 770 Personen, zum europäischen 12 252 und zum afrikanischen 33 757, insgesamt also 48 779 Personen. Das war eine großartige Anwesendenzahl, wenn man bedenkt, daß es damals nur 22 000 Zeugen in Südafrika gab.

      In seinen ermunternden Schlußworten erzählte Bruder Knorr den versammelten Brüdern von dem Plan, die Fabrik, das Büro und das Bethelheim in Elandsfontein zu erweitern. Er erklärte auch, wie die Verkündiger dabei mithelfen könnten.

      Die Bethelfamilie selbst schätzte Bruder Knorrs Besuch im Zweigbüro sehr. Ihm fiel auf, daß die Familie hauptsächlich aus jungen Leuten bestand. Fast alle waren von Gott hingegebenen Eltern erzogen worden, und sie waren glücklich, im Bethel zu sein.

      In der Bethelfamilie in Elandsfontein gibt es auch einige ältere Brüder. Da ist zum Beispiel Andrew Jack, der jetzt 80 Jahre alt ist und immer noch den ganzen Tag arbeitet. Gert Nel, unser früherer „Diener für die Brüder“, übersetzt immer noch den Wachtturm in Afrikaans, obwohl er jetzt 71 Jahre alt ist. Die Familie in Elandsfontein ist glücklich und wohnt und arbeitet in Einheit zusammen. Zu der Familie gehören auch 14 afrikanische Brüder und Schwestern. In der Familie herrscht ein herzlicher Geist der Liebe und Einheit, trotz der Tatsache, daß die einzelnen Glieder ganz unterschiedlicher Herkunft sind. Während Englisch die offizielle Sprache im Bethelheim ist, dient die Familie Menschen in vielen Sprachen — in Zulu, Sesotho, Xosa, Tschwana, Sepedi, Deutsch, Griechisch, Afrikaans und Portugiesisch. Sie freuen sich, ihren Brüdern dienen zu können, und zwar nicht nur denen in Südafrika, sondern auch denen im Kongo (Kinshasa, jetzt Zaire genannt), in Moçambique, Rhodesien und Sambia, für die sie drucken.

      Als Bruder Knorr den Brüdern erzählte, welche Ausmaße die Erweiterung der Gebäude in Elandsfontein annehmen würde und daß die Brüder die Bauarbeiten selbst erledigen würden, war das Echo begeisternd. Spenden gingen im Büro ein. Das Zweigbüro der Gesellschaft erhielt so viele Angebote für Darlehen, daß man den Brüdern mitteilen mußte, es sei genug. Doch damals war der Zement im Land sehr knapp, und die Brüder fragten sich, woher sie wohl den erforderlichen Zement bekämen. Gerade dann rief ein indischer Bruder an und bat sie, eine Spende von 500 Säcken (je 50 kg) Zement abzuholen. Andere boten der Gesellschaft ihre Lastwagen für den Transport an, und ein Bruder brachte aus 60 Kilometer Entfernung alle Blendsteine heran, die gebraucht wurden. Eine afrikanische Pionierschwester bezahlte einer Firma 15 m3 Bausand, der der Gesellschaft geliefert werden sollte. Die Brüder opferten wirklich ihre materielle Habe bereitwillig für die Ausdehnung des Königreichswerkes (Spr. 3:9, 10).

      Eine Anzahl ausgebildeter Bauarbeiter — Zimmerleute, Elektriker und andere Handwerker — stellte sich für die ganze Zeit der Bauarbeiten zur Verfügung. Andere kamen für mehrere Monate. Hunderte kamen aus nahe gelegenen Versammlungen herbei, um an den Wochenenden zu helfen. Die Mitarbeit war großartig. Gegen Ende der Bauarbeiten, als viele Helfer zum Aufräumen und Reinigen benötigt wurden, waren manchmal bis zu 200 Helfer an der Arbeit. Es bereitete den Brüdern große Freude zusammen zu arbeiten, und unter allen herrschte ein großartiger Geist des Friedens und der Einheit.

      Nur wenige Arbeiten wurden von weltlichen Firmen erledigt, da es für fast alle Arbeiten Brüder gab — ja der Architekt, der Ingenieur, die Elektriker, Installateure, Zimmerleute usw., sie alle waren Gott hingegeben und freuten sich, am Bau mitzuarbeiten. Dieses Bauprojekt gab den Brüdern verschiedener Rassen auch eine gute Gelegenheit, im Königreichsdienst zusammen zu arbeiten. Wegen der Rassentrennungsgesetze kommen sie im allgemeinen getrennt zusammen, jeder in seiner eigenen Gemeinde und Sprachgruppe, aber hier arbeiteten afrikanische, farbige, indische und weiße Brüder in einer Einheit zusammen, die die Welt niemals erreichen kann.

      Ein Beispiel soll die Großzügigkeit der Brüder veranschaulichen. Beachte, was an dem Tag geschah, als im ersten Geschoß der Betonfußboden gegossen wurde. Es waren sehr viele Brüder gekommen, um zu helfen, ja so viele, daß einige eine andere Arbeit erhielten. Die Arbeit begann 6 Uhr früh, als es noch dunkel war. Gegen 16.30 Uhr waren 184 m3 Beton verarbeitet worden, und der Boden war fertig. Die Brüder waren glücklich, und es herrschte ein solch guter Geist unter ihnen, daß viele ihre Arbeitskraft durch finanzielle Spenden ergänzen wollten. Am Ende des Tages stellten sie fest, daß der Beton etwa 3 300 Rand gekostet hatte, und als die Spenden dieser Arbeiter zusammengerechnet wurden, war dieser Betrag noch übertroffen worden! Welch ein wunderbarer Geist!

      Von überall her kam Unterstützung. Ein rührender Brief ging von zwei jungen Schwestern von St. Helena ein, die schrieben: „Liebe Brüder, nehmt dies bitte als eine Spende für den Baufond an. Sandra und ich haben eine Tasche aus Nylonfäden gemacht und sie für 1 £ verkauft. Ich bin neun Jahre alt, und Sandra ist sechs. In christlicher Liebe.“

      Die Bauarbeiten begannen am 6. Mai 1971, als die Genehmigung für die Baupläne gegeben wurde. Im Oktober trieb der Zweigaufseher die Brüder zur Eile an, damit das Gebäude bis Dezember fertiggestellt sei. „Warum die Eile?“ fragten einige Brüder. Aber sie blieben bei der Arbeit, und die Bauarbeiten wurden Ende Dezember nahezu abgeschlossen. Es waren nur noch einige Feinarbeiten, Malerarbeiten und dergleichen, zu tun. Am Sonntag, dem 30. Januar 1972, war die Arbeit beendet, und viele der älteren Glieder der Bethelfamilie waren in einige der 17 schönen neuen Zimmer im neuen Flügel des Bethelheimes eingezogen. Die Fabrik war nun um 836 m2 vergrößert worden.

      Am Montag, dem 31. Januar 1972, kündigte der Zweigaufseher abends an, der Präsident der Gesellschaft, N. H. Knorr, und der Brooklyner Fabrikaufseher, M. H. Larson, würden in wenigen Stunden auf dem Jan Smuts Airport eintreffen. Welch eine Überraschung! Und was für ein großartiger Besuch das war! Bruder Knorr und Bruder Larson waren von dem Gebäude begeistert, und das waren auch die 577 Brüder, die der Bestimmungsübergabe des neuen Gebäudes am Mittwoch, dem 2. Februar, abends beiwohnten.

      All das wurde ermöglicht, weil Jehovas Diener sich bereitwillig zur Verfügung gestellt hatten (Ps. 110:3). Nun haben sie ein schönes Gebäude, von treuen Dienern Gottes erbaut, und das für die Hälfte der Kosten, die man einer Baufirma für die Arbeit hätte bezahlen müssen. Gepriesen sei Jehova für die Bereitschaft seiner ergebenen Diener!

      NEUTRALITÄT WIRD WIEDER ZUR STREITFRAGE

      Im Jahre 1972 wurde in Südafrika die neutrale Haltung der jungen Brüder zu einer heißen Streitfrage. Bis dahin waren Jehovas Zeugen vom Militärdienst befreit worden; doch wegen der vielen politischen Unruhen in Afrika mußte sich jetzt jeder junge männliche Weiße einer militärischen Ausbildung unterziehen. Da die jungen Brüder dies ablehnten, wurden sie unweigerlich zu 90 Tagen Haft in einem Militärgefängnis verurteilt, wo sie nur ihre Unterwäsche tragen durften, da sie sich weigerten, eine Uniform anzuziehen. Doch bevor die 90tägige Haft vorbei war, wurden sie wieder aufgefordert, die Uniform anzuziehen, und wenn sie sich erneut weigerten, wurden sie zu weiteren 90 Tagen Haft verurteilt. Es schien, daß diese jungen Brüder für immer im Gefängnis festgehalten würden.

      Im Laufe der Zeit wurde diese Streitfrage immer mehr öffentlich bekanntgemacht, und gerechtigkeitsliebende Personen sprachen sich zugunsten der Zeugen aus, sogar im Parlament. Schließlich wurde das Gesetz geändert. Jetzt wird jeder Bruder, der eine militärische Ausbildung verweigert, zu einem Jahr Haft im Militärgefängnis verurteilt und danach vom Militärdienst befreit. Während neutrale Christen früher in Einzelhaft gehalten wurden, wird ihnen jetzt ein Teil des Militärgefängnisses überlassen, wo sie Gartenarbeit tun dürfen. Darüber hinaus verrichten sie nichtmilitärische Arbeiten auf Rugbyplätzen und anderen Sportplätzen.

      BEDÜRFTIGEN BRÜDERN HELFEN

      Am 13. Oktober 1972 berichteten Zeitungen in Südafrika, daß Jehovas Zeugen in Malawi verfolgt und nach Sambia fliehen würden. Das Zweigbüro in Südafrika nahm sogleich mit dem Zweigbüro der Gesellschaft in Sambia Verbindung auf, um zu erfahren, welche Hilfe die Brüder in Südafrika leisten könnten.

      Nach einer Prüfung der Lage am Ort schickte das Zweigbüro von Sambia ein Telegramm nach Südafrika: „Malawi-Flüchtlinge brauchen dringend wasserdichte Unterstände. Könnt Ihr überschüssige Armeezelte, starke PVC- oder Plastikböden, Segeltuchdecken oder ähnliches besorgen? Erfragt telefonisch Einzelheiten wegen Importlizenz. Etwa 7 000 Personen betroffen.“ Am 18. Oktober erging ein Aufruf an die Versammlungen der Zeugen Jehovas in Südafrika. Er fand schnell und großzügig Widerhall. Von überall her gingen Geld- und Kleiderspenden im Büro der Gesellschaft in Elandsfontein ein.

      Über 1 000 Zeltplanen wurden aus Militärrestbeständen aufgekauft. Viele davon hatten kleine Löcher oder Risse, und diese mußten geflickt werden. Am Wochenende, am 21. und 22. Oktober, bot sich ein Bild, das wir nie vergessen werden. Ein ständiger Strom von Autos, Lieferwagen und Lastwagen traf im Bethel ein, alle beladen mit Kleidung. In der Versandabteilung wurden zwei Sektoren zum Sortieren der Kleidung in Männer-, Frauen- und Kinderkleidung eingerichtet. Nur gute Kleider wurden eingepackt. Draußen waren etwa 150 Brüder und Schwestern damit beschäftigt, die Risse in den Zeltplanen zu flicken. Über 10 Industrienähmaschinen waren ununterbrochen in Betrieb. So viele freiwillige Helfer meldeten sich, daß eine Anzahl von ihnen wieder fortgeschickt werden mußte. Jeder wollte etwas für seine Brüder tun, die sich in dem Lager in Sinda Misale (Sambia) befanden.

      Am Sonntagmorgen trafen die beiden Lastwagen ein, die zur Verfügung gestellt worden waren. Am Montag, dem 23. Oktober, fuhren die beiden großen Lastwagen nachmittags zu dem Lager in Sinda Misale ab. Sie hatten 948 große Zeltplanen, 157 große Kisten und Verschläge mit Kleidung und 1 111 Wolldecken sowie Seile, Hämmer, Sägen, Schaufeln usw. geladen. Diese beiden Lastwagen transportierten eine Last von fast 34 Tonnen. Die Brüder in Südafrika waren sehr glücklich, daß sie für ihre malawischen Brüder nicht nur beten, sondern ihnen auch auf diese Weise helfen konnten.

      Gegen Ende der Woche waren die Lastwagen in Sambia. Der eine wurde in Lusaka abgeladen und kehrte dann nach Südafrika zurück. Der andere brachte zusammen mit fünf kleineren Lastwagen die gespendeten Gegenstände aus Südafrika sowie Lebensmittel und Spenden der sambischen Brüder in das Lager. Sie mußten dreimal zum Lager fahren, um alles zu transportieren, was die Brüder gespendet hatten.

      Als die Lastwagen im Lager eingetroffen waren und es sich unter den malawischen Brüdern herumsprach, daß ihre Glaubensbrüder aus Südafrika und Sambia Zelte, Kleidung und Nahrung geschickt hatten, weinten sie vor Freude. Hier war ein sichtbarer Beweis für die Wahrhaftigkeit der Worte Jesu aus Johannes 13:35: „Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe unter euch habt.“

      Bald wurden die Brüder nach Malawi zurückgeschickt. Als sie dann wieder verfolgt wurden, flohen sie nach Moçambique. Alle Anstrengungen, weitere Kleider- und Lebensmittelsendungen mit Lastwagen in die Lager nach Moçambique zu schicken, scheiterten. Daher begannen die Brüder in Südafrika, Kleidung mit der Post zu versenden. Sie packten Pakete von je 10 Kilogramm, und jedes Paket kostete 4,44 Rand an Postgebühren. Etwa 16 Tonnen Kleidung wurden auf diese Weise verschickt. Außerdem zeigten die Brüder ihre großzügige Liebe zu ihren malawischen Brüdern in den Flüchtlingslagern, indem sie Geld spendeten, damit sie sich Lebensmittel kaufen konnten. Außer den einzelnen Spenden, die viele Brüder aus Südafrika in die Lager schickten, wurden zusätzlich 100 000 Rand (142 000 Dollar) ausgegeben, um den malawischen Brüdern zu helfen. Die Brüder in Südafrika sind sehr glücklich, daß sie etwas für ihre malawischen Brüder in Moçambique tun konnten, und sind weiterhin liebevoll um sie besorgt.

      BEGEISTERNDES INTERNATIONALES EREIGNIS

      Für Jehovas Zeugen in Südafrika war 1973 das Jahr der internationalen Kongresse. Zuerst reisten fast 1 000 Brüder aus Südafrika ins Ausland, um internationale Kongresse in Europa, England und in den Vereinigten Staaten von Amerika zu besuchen. Ihre Begeisterung trug dazu bei, daß der Eifer für ihren eigenen internationalen Kongreß in Johannesburg erhöht wurde. Zum erstenmal stand Südafrika auf der Liste internationaler Kongresse, und man erwartete viele Besucher aus Europa und anderen Teilen der Welt.

      Die Brüder planten, drei verschiedene Kongresse zu veranstalten, einen für die weißen Brüder, einen für die farbigen und die indischen Brüder und einen für die afrikanischen Brüder. Sie hatten vor, alle drei Kongresse am Sonntagnachmittag zusammenzulegen, da sie wußten, daß ihnen keine Erlaubnis für einen gemeinsamen vollständigen Kongreß gewährt würde. Doch man stieß auf Probleme.

      Zuerst wurde nicht gestattet, einen afrikanischen Kongreß in Johannesburg zu veranstalten. Daher wurden afrikanische Kongresse an fünf verschiedenen Orten geplant. Das erwies sich aber nicht als eine Niederlage, sondern als ein Segen für Jehovas Volk, da viele afrikanische Brüder, die den Kongreß nicht hätten besuchen können, nun die Kosten für einen näher gelegenen Kongreß aufbringen konnten.

      Aber es gab noch weitere Probleme. Wegen der Wehrdienstfrage in diesem Land war das Innenministerium Jehovas Zeugen nicht gerade sehr gewogen. Daher wurde vielen voraussichtlichen Besuchern, die erklärten, sie würden kommen, um den Kongreß der Zeugen Jehovas zu besuchen, das Visum verweigert. Darunter waren auch der amerikanische Zweigaufseher, Milton Henschel, und der Sekretär-Kassierer der Gesellschaft, Grant Suiter. Die südafrikanischen Brüder waren tief enttäuscht.

      Dennoch waren die Kongresse ein göttlicher Sieg. Viele Brüder aus Europa kamen als Touristen und erfreuten sich der schönen Gemeinschaft der südafrikanischen Brüder. Der afrikanische Kongreß für das Gebiet von Johannesburg wurde nach Benoni verlegt, etwa 30 Kilometer östlich von Johannesburg. Am Sonntag, dem 6. Januar 1974, begann das Programm um 9 Uhr morgens und endete um 12 Uhr mittags. Alles war gut vorbereitet, und so wurden zwischen 12 und 15 Uhr alle Brüder von den zwei Kongreßstätten in Johannesburg und von derjenigen in Benoni in das Randstadion in Johannesburg gebracht, wo sie gemeinsam das Schlußprogramm erleben sollten. Alle waren erstaunt, wie reibungslos der Transport von den drei Kongreßstätten in das Randstadion verlief. Mit Autos, Bussen und Zügen trafen sie am Randstadion ein, und ein einziger ständiger Strom von Menschen ergoß sich ins Stadion, bis es voll war — insgesamt 33 408 Personen. Viele mußten stehen.

      Es war wirklich ein wunderbarer Anblick für Jehovas Zeugen, ihre afrikanischen, farbigen und weißen Brüder alle in der Anbetung Jehovas vereint zu sehen. Es gab keine Rassentrennung. Diejenigen, die Englisch sprachen, konnten sich setzen, wohin sie wollten, und die Brüder machten von der Gelegenheit Gebrauch, sich zu ihren Brüdern aus anderen Rassen zu setzen. Diejenigen, die Zulu vorzogen, konnten sich in den Zulu-Sektor setzen; wer Sesotho sprach, in den Sesotho-Sektor. Es gab auch Sektoren für Afrikaans und Portugiesisch. Es war wirklich eine „gemischte“ Gesellschaft, und alle waren sehr glücklich. Ja, sie waren so fröhlich, daß es schwer war, sie davon zurückzuhalten, zuviel Beifall zu spenden. Noch nie sind die Brüder so glücklich gewesen. Viele bezeichneten dieses Ereignis als einen „unvergeßlichen“ Nachmittag.

      Wie war das zustande gekommen? Unter Gottes Leitung und ohne es zu wissen, hatten sie das einzige Stadion in Johannesburg gemietet, das für internationale, interrassische Veranstaltungen vorgesehen ist. Für diesen einen Programmteil war keine Genehmigung erforderlich. Die Gesamtanwesendenzahl bei allen Kongressen „Göttlicher Sieg“ belief sich beim öffentlichen Vortrag auf 56 286, und 1 867 wurden getauft.

      DER GRÖSSTE FELDZUG ZUR ERSCHLIESSUNG ABGELEGENER GEBIETE

      Das Jahr 1974 war bis jetzt das beste in bezug auf das Predigen der guten Botschaft vom Königreich. Die Zeugen versuchten, die Menschen zu erreichen, die in den riesigen Farmgebieten Südafrikas und in den afrikanischen „Bantustans“ leben. In einigen Orten war noch nie Zeugnis gegeben worden. Während dieses Feldzuges zur Bearbeitung abgelegenen Gebietes bemühte man sich daher besonders, all diese Menschen zu erreichen. Stadtversammlungen nahmen bereitwillig Gebietszuteilungen an, die Hunderte von Kilometern entfernt waren. Man kaufte besondere Landkarten, auf denen jedes europäische Farmhaus sowie alle afrikanischen Dörfer auf den Farmen eingezeichnet waren. Die europäischen Versammlungen unternahmen es, alle Farmen zu bearbeiten und auch den afrikanischen Bewohnern Zeugnis zu geben. Wo Afrikaner die europäischen Sprachen nicht verstehen konnten, spielten sie mit kleinen Kassettenrecordern Predigten in den Sprachen der Leute ab. Es war ein solcher Bedarf an Literatur vorhanden, daß sie während dieses Feldzuges fast sämtliche gebundenen Bücher abgaben. Die afrikanischen Versammlungen konzentrierten sich auf die „Bantustans“, die von Europäern nicht betreten werden dürfen. Während des dreimonatigen Feldzuges wurden 140 000 gebundene Bücher und über 92 000 Broschüren sowie Hunderttausende von Zeitschriften verbreitet. Einige Gruppen von Sonderpionieren reisten über 14 000 Kilometer weit, um alle Farmen in ihrem zugeteilten Gebiet zu erreichen.

      Gegen Ende des Dienstjahres 1974 konnten sie eine neue Höchstzahl von 4 055 Täuflingen und eine Mehrung von 14 % bei einer Höchstzahl von 28 397 Verkündigern berichten. Die Verbreitung der Königreichs-Nachrichten gab dem Werk einen zusätzlichen Antrieb.

      WEITERE BEWEISE FÜR GOTTES SEGEN

      Das Königreichspredigtwerk geht wirklich stets voran. Bis Anfang Juni 1975 hatten sich im vergangenen Dienstjahr bereits 2 462 Personen taufen lassen. Es wurde ein weiterer Feldzug zur Bearbeitung abgelegenen Gebietes geplant, der noch größer als der vom Jahre 1974 sein sollte, damit alle Menschen im Gebiet dieses Zweiges erreicht würden.

      Inzwischen hat die Zeitschriftenproduktion so sehr zugenommen, daß die Fabrik, das Heim und die Büros in Elandsfontein zu klein sind und wieder erweitert werden müssen. Zur Zeit der Abfassung dieses Berichtes werden gerade die Pläne für die Erweiterung gezeichnet. Der Platz für den Speisesaal, die Küche und die Wäscherei soll verdoppelt werden, der Fabrik sollen 1 860 m2 hinzugefügt werden, ein neues Bürogebäude von 370 m2 ist geplant sowie ein großer neuer Königreichssaal.

      Die Brüder freuen sich über all die Beweise des Segens Jehovas. Aber sie erkennen auch, daß sie vom Feind Widerstand erwarten müssen. Gegenwärtig wird ein Gerichtsfall vor dem Obersten Gericht von Johannesburg verhandelt, um die Rechte der afrikanischen Schulkinder, die Schule zu besuchen, ohne religiöse Lieder singen und Gebete von Organisationen der falschen Religion mitsprechen zu müssen, zu verteidigen. Viele Kinder von europäischen Zeugen werden ebenfalls von der Schule verwiesen, aber aus einem anderen Grund. Sie weigern sich nämlich, an militärischen Märschen teilzunehmen, die Fahne zu grüßen und die Nationalhymne zu singen. Wie diese Streitfälle ausgehen, wissen wir nicht, aber die Brüder sind entschlossen, im Predigen der guten Botschaft vom Königreich voranzudrängen und auf Jehovas Führung zu vertrauen.

      Wenn sie sich an das erste Einmannzweigbüro erinnern, das im Jahre 1910 in dem kleinen Büro von Bruder Johnston eingerichtet wurde, und es mit dem schönen Bethelheim von heute vergleichen sowie mit den neuen Zweigbüros in Rhodesien, Sambia, Zaire, Kenia, Madagaskar und auf Mauritius — welch ein Unterschied! Wenn sie an die kleine Tiegeldruckpresse mit Handanlage denken, die im Jahre 1924 von Brooklyn geschickt und von Bruder Phillips aufgestellt wurde, und dann durch die heutige Druckerei gehen mit all ihren Maschinen und ihrer großen Produktion von Königreichszeitschriften und anderen Druckschriften — welch eine Ausdehnung! Wenn sie sich noch an die kleine Bethelfamilie von 21 Personen im Jahre 1951 erinnern, die ganz verstreut wohnte, und an die heutige vereinte glückliche Familie von 110 Brüdern und Schwestern denken — welch ein Wachstum! Und wie dankbar sind sie doch Gott, wenn sie daran denken, daß es im Jahre 1931 in allen Gebieten unter der Aufsicht dieses Zweigbüros nur 100 Verkündiger gab, während es heute in dem gleichen Gebiet über 140 000 Prediger der guten Botschaft gibt! Jehovas Taten sind heute genauso gewaltig, wie sie es in vergangener Zeit waren. Zu Recht können wir mit dem Psalmisten sagen: „Dies ist von Jehova selbst aus geschehen; es ist wunderbar in unseren Augen“ (Ps. 118:23).

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