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  • Ein Tag ohne Polizei
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  • Ohne Schutz
  • Gesetzesübertretungen in Massen
  • Die Provinzregierung greift ein
  • Die Bedeutung
Erwachet! 1970
g70 8. 3. S. 21-23

Ein Tag ohne Polizei

Vom „Awake!“-Korrespondenten in Kanada

WAS wohl geschehen würde, wenn die Polizei in der Stadt, in der du wohnst, einen Tag lang ihrer Aufgabe nicht nachkäme? Würde die Bevölkerung die Gesetze befolgen, obschon sie nicht befürchten müßte, wegen Gesetzesübertretungen verhaftet zu werden?

Die Bevölkerung einer Großstadt erhielt vor kurzem eine Antwort auf solche Fragen, als Polizei und Feuerwehr in den Streik traten. Was sich in jener Stadt zutrug, könnte sich auch anderswo ereignen. Wieso?

Weil es immer häufiger vorkommt, daß städtische Beamte und Angestellte ihre Arbeit niederlegen, um Lohnerhöhungen zu erzwingen. 1968 streikten zum Beispiel die Angestellten der Müllabfuhr in New York, was zur Folge hatte, daß sich in dieser Stadt täglich etwa 10 000 Tonnen Müll anhäuften. Ähnlich erging es den Londonern, als im vergangenen Oktober die städtischen Angestellten von der Müllabfuhr streikten.

Doch die Stadt Montreal in Kanada war einen ganzen Tag ohne Polizeischutz, weil die Polizisten streikten, um zu erreichen, daß sie den gleichen Lohn erhielten wie die Polizisten in Toronto. Was sich an jenem Tag abspielte, war die reinste Offenbarung.

Ohne Schutz

Am Mittwoch, dem 7. Oktober, 8 Uhr traten in Montreal 3 700 Polizeibeamte in den Streik. Der größte Teil der Polizeibeamten versammelte sich in der Paul-Sauvé-Arena zu einer ganztägigen Konferenz. Einige ältere Beamte waren bestrebt, den Polizeiapparat wenigstens einigermaßen in Gang zu halten, aber streitbare junge Beamte zwangen diese, den Arbeitsplatz zu verlassen.

Die Polizei der Provinz Quebec (englische Abkürzung QPP), die zahlenmäßig der städtischen Polizei weit unterlegen war, bemühte sich, an diesem Tag in der Stadt einigermaßen für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Aber einige der streikenden Stadtpolizisten hinderten auch diese Polizisten am Erfüllen ihrer Aufgabe. In der Zeitung Montreal Star konnte man folgendes lesen:

„Als die kämpferischen Montrealer Polizisten in der Paul-Sauvé-Arena hörten, daß die QPP ihre Pflichten übernehmen sollte, beschlossen sie, den Plan zu vereiteln.

Sie hörten den Polizeifunk ab, und jedesmal, wenn eine Streife an eine bestimmte Adresse beordert wurde, stürzten ein Dutzend Stadtpolizisten in einen Überfallkommandowagen und fuhren los, um den Streifenwagen der QPP zu stellen.

Die Insassen wurden herausgeholt und mit heulenden Sirenen und Blaulicht nach der Paul-Sauvé-Arena gefahren. Dort wurden sie von den Montrealer Polizisten mit lautem Hallo empfangen.

Später wurden acht Streifenwagen, die unterwegs waren und deren Funk zeitweilig blockiert wurde, in das Polizeiamt zurückgerufen, das bedeutete, daß keine QPP-Streife mehr unterwegs war.“

So war die Stadt Montreal sozusagen völlig ohne Polizeischutz. Was sich an jenem Tag zutrug, ließ in vielen die bange Frage aufsteigen, ob es unter solchen Umständen in ihrer Stadt ähnlich zugehen würde.

Gesetzesübertretungen in Massen

Es kam zu Tumulten, Brandstiftungen und Plünderungen. In gewissen Vierteln Montreals lagen haufenweise zerbrochene Glasscheiben; viele Geschäfte waren geplündert und Autos waren in Brand gesteckt worden. „Ich habe in dieser Stadt noch nie so etwas erlebt“, sagte ein Ladenbesitzer, als er sein verwüstetes Geschäft betrachtete. „Es ist, als hätten wir Krieg.“

Im Laufe dieses Tages hatte es dreiundzwanzig Raubüberfälle gegeben, darunter zehn Banküberfälle. Bewaffnete Räuber erbeuteten in der Stadt- und Bezirkssparkasse an der St.-Denis-Straße 28 000 Dollar. Vier mit Maschinenpistolen bewaffnete Banditen drangen in die Räume einer Kreditgesellschaft ein. Die Situation wurde so bedenklich, daß Lucien Saulnier, Präsident des Stadtrates, in einer Rundfunkansprache die Bürger anwies, zu Hause zu bleiben und ihr Eigentum zu schützen. Einer der Einwohner Quebecs, der diesem Aufruf Folge leistete, schoß einen Einbrecher nieder.

Etwa um 20 Uhr hielten Dutzende von Taxen vor der Garage der „Limousine Company“ am Murray Hill. Die Taxifahrer hegten schon lange einen Groll gegen die Firma. Es wurden Molotow-Cocktails geworfen und Busse sowie Personenwagen in Brand gesteckt. Die Angestellten schossen mit Flinten auf die aufrührerische Menge. Dabei wurde ein Angehöriger der Provinzpolizei erschossen, und weitere Personen wurden verletzt.

Passanten schlossen sich den Tumultuanten an, und schließlich verließ ein zweihundert bis dreihundert Mann starker Haufen die Garage am Murray Hill und zog gegen das Einkaufs- und Hotelzentrum Montreals. Die Tumultuanten, ausgerüstet mit Knütteln, Baseball-Schlaghölzern und Steinen, begannen nun, in blinder Wut zu zerstören und zu plündern.

Sie zertrümmerten die Spiegelglasfenster des Hotels „Königin Elisabeth“ und plünderten auch darin. Darauf räumten sie das untere Stockwerk des schönen IBM-Gebäudes aus. Dann kamen das Hotel „Windsor“ und das Hotel „Mount Royal“ an die Reihe: Die Glasscheiben wurden ebenfalls zertrümmert und die Geschäfte ausgeräumt.

Die Plünderer zogen dann die St.-Catherine-Straße entlang, wobei sie Schaufensterscheiben zertrümmerten und Geschäfte plünderten. Auf einer Strecke von etwa drei Kilometern lag zerbrochenes Glas auf der Straße. Ein Experte schätzte, daß es 2 000 000 Dollar kosten werde, um nur die Glasscheiben zu ersetzen. Der gesamte Schaden, der durch die Brände, die Zerstörungen und die Diebstähle entstanden war, ging in die Millionen.

Die Hauptangriffsziele bildeten Juwelierläden, Bekleidungsgeschäfte und Geschäfte für Elektrogeräte. In der Zeitung erschienen Bilder, die zeigten, wie sich Diebe in diesen Geschäften mit Waren eindeckten.

Als vier Beamte der Polizei der Provinz Quebec um 23.30 Uhr versuchten, dem Treiben der Tumultuanten Einhalt zu gebieten, wurden sie buchstäblich niedergetrampelt. Ein Funkstreifenwagen der QPP, der sich auf die Straße gewagt hatte, wurde von den Tumultuanten zertrümmert, während die Polizeibeamten im Wagen saßen.

Da keine Polizei da war, die nach dem Rechten sah, brach die Ordnung vollständig zusammen. Mitglieder der Behörde sagten, der Stadt drohe Anarchie. Leo Pearson, Mitglied des Parlaments, sagte: „Wir könnten unversehens die schönste Revolution haben.“ Das Ausmaß der Gesetzesübertretungen war kaum zu fassen. Ein Mann berichtete:

„Nicht nur Strolche und Gewohnheitsverbrecher handelten rechtswidrig, sondern auch ganz gewöhnliche Leute, die nie im Leben daran dächten, so etwas zu tun, wenn ein Polizist an der Ecke stehen würde. Ich habe gesehen, wie Autofahrer bei Rot über die Kreuzung fuhren. Andere Fahrer benutzten die falsche Straßenseite, nur weil sie wußten, daß sie niemand erwischen würde.

Es ist unglaublich, von wie vielen Verkehrsunfällen ich Zeuge wurde, die sich ereigneten, weil die Fahrer Kurven schnitten oder Schnellstraßen überquerten, die sie nicht hätten überqueren dürfen. Sie wußten, daß kein Polizist in der Nähe war, der sie aufschreiben würde.“

Die Provinzregierung greift ein

Als die Situation immer ernster wurde, unternahm die Regierung der Provinz Quebec Schritte, um dem Treiben der Gesetzesübertreter Einhalt zu gebieten. Um 16.30 Uhr wurde die gesamte Provinzpolizei und die kommunale Polizei von sechsundfünfzig kleineren Gemeinden dem Befehl von Maurice St. Pierre, dem Präsidenten der Polizei der Provinz Quebec, unterstellt.

Um 20.10 Uhr wandte sich Rémi Paul, der Justizminister der Provinz, an die Bundesregierung und bat, Truppen zur Wiederherstellung der Ordnung zu entsenden. Aus Valcartier bei Quebec wurden dann Truppeneinheiten des 22. Königlichen Regiments nach Montreal abkommandiert.

Außerdem erließ das Provinzparlament ein Sondergesetz. Dieses trat um 22 Uhr in Kraft. Nach diesem Gesetz mußten die Polizeibeamten um Mitternacht den Dienst wiederaufnehmen, sechzehn Stunden nach Beginn des Streiks. Das Gesetz sah für jeden, der das Gesetz verletzte, Strafen von 25 bis 100 Dollar je Tag vor und für Gewerkschaften oder Gewerkschaftsvertreter, die dazu auffordern würden, das neue Gesetz zu übertreten, Strafen von 5 000 bis 50 000 Dollar je Tag.

Als Polizeileutnant Guy Marcil, Präsident der Gewerkschaft der Polizei, von dem Gesetz erfuhr, richtete er folgenden Appell an die Polizeibeamten, die immer noch in der Arena versammelt waren: „Es ist meine Pflicht als Präsident dieser Gewerkschaft, Sie aufzufordern, den Dienst wiederaufzunehmen ... Ich gebe jedem von Ihnen den Befehl, in sein Revier zurückzukehren.“ Sie gehorchten der Aufforderung, und darauf wurde es in der Stadt wieder ruhig, wenigstens nach außen hin; bewaffnete Soldaten blieben allerdings auf dem Posten.

Eine politische Demonstration, die am 10. Oktober vor der Stadthalle stattfinden sollte, wurde verboten. Um die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, wurde die Stadthalle von mehr als 5 000 bewaffneten Angehörigen der Montrealer Polizei, der Polizei der Provinz Quebec, der Königlichen Berittenen Polizei von Kanada und der kanadischen Streitkräfte umstellt. Einen solchen Aufmarsch bewaffneter Einheiten hatte man seit dem Zweiten Weltkrieg in keiner kanadischen Stadt mehr erlebt. Die Demonstration wurde verhindert, und die Demonstranten wurden zerstreut; darauf kam es zu keinen weiteren Demonstrationen mehr.

Die Bedeutung

Viele, die darüber entsetzt waren, wie plötzlich es zu solch heftigen Ausschreitungen kam, dachten darüber nach, was das wohl alles zu bedeuten habe. Warum war das geschehen? Warum diese Gewalttätigkeiten?

Offensichtlich geht es hierbei nicht nur um Lohnstreitigkeiten zwischen städtischen Angestellten und einer Stadt. Die Wurzeln des Problems liegen tiefer. Auch beschränkt sich das Problem nicht nur auf Montreal. Überall beobachtet man unter einem großen Teil der Bevölkerung einen starken Zerfall der Redlichkeit und Sittlichkeit.

Bestimmt kommen viele zu dem Schluß, daß das, was sich in Montreal zutrug, auch in ihrer Stadt geschehen könnte, wenn kein Polizeischutz da wäre. Claude Wagner, ehemals Justizminister von Quebec, sagte unverblümt über die traurige Situation: „Wenn die Polizei ihren Dienst aufgibt, stehen wir am Rande einer Revolution.“

Der kanadische Premierminister Pierre Elliott Trudeau ließ ebenfalls durchblicken, daß dieses Problem sich nicht nur auf eine Stadt beschränkt. Er sagte, der Streik der Montrealer Polizei und Feuerwehr sei lediglich „eine Erscheinung einer Gesellschaft, die Amok läuft“. Und der Premierminister der Provinz Quebec Jean Jacques Bertrand sagte schlicht: „Gewalttätigkeit ist heute Mode.“

Christen, die von einem Geist der Gewalttat und Gesetzlosigkeit umgeben sind, müssen auf der Hut sein, daß sie nicht davon infiziert werden. Ein Augenzeuge beobachtete, daß ganz gewöhnliche Bürger sich strafbarer Handlungen schuldig machten, die sie sonst niemals begangen hätten. Würdest du dich auch verleiten lassen, das Gesetz zu übertreten, wenn du Nachbarn und Bekannte das tun sähest? Würdest du eine Situation ausnutzen und dich mit dem Gedanken entschuldigen, daß alle anderen es ja auch tun?

Ein wahrer Christ sticht von allen übrigen dadurch ab, daß er die Gesetze befolgt, auch wenn keine Polizei in der Nähe ist. Er weiß, daß Gott ihn sieht, und er möchte vor allem Gott wohlgefällig sein. Daher wird er rechtschaffen handeln, ganz gleich, was andere tun. — 1. Petr. 3:10-12.

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