Wir beobachten die Welt
Mißbrauch der Hilfsbereitschaft
● „Solidarität mit der dritten Welt, spontane Hilfsbereitschaft und der Wille, die Früchte des Wohlstands mit den Benachteiligten dieser Erde zu teilen, sind zu kostbare Werte, als daß damit ungestraft Schindluder getrieben werden dürfte.“ Mit diesen Worten beklagen zwei ehemalige Entwicklungshelfer in der schweizerischen Zeitung Weltwoche (Nr. 18/1982) die unzureichende Kontrolle bei Sammelaktionen der Hilfswerke. Es komme immer wieder vor, daß „die Spendefreudigkeit des Publikums und die Großzügigkeit der öffentlichen Hand einzelnen Individuen oder einer unproduktiven Bürokratie zugute kommen“, urteilen sie. „Selbst beste Absichten verhindern nicht, daß die Kosten-Nutzen-Rechnung mit wachsender Bürokratisierung der Hilfswerke stark in Mitleidenschaft gezogen wird.“ Beispielsweise wird berichtet, daß bei „Enfants du Monde“ (schweizerische Kommission für die Internationale Vereinigung für Jugendhilfe [UIPE]) von dem Sammelergebnis von insgesamt 290 013.25 Franken nicht weniger als 273 292.25 Franken für Unkosten des Hilfswerks verschlungen wurden. Nur knapp 6 Prozent verblieben für den eigentlichen Sammelzweck. Auch der Artikel „Unkontrollierte Millionen“ (Weltwoche, Nr. 14/1982) nennt eine ganze Reihe von Mißständen im Sammelwesen der Hilfswerke.
Fälschungen auf der Spur
● „Die grundlegenden Dogmen, etwa über die Dreifaltigkeit und über die göttliche Natur Christi, bauten auf den altlateinischen Bibelausgaben auf“, schreibt Die Zeit (16. 7. 82, S. 48). Die als Vetus Latina bekannten altlateinischen Bibeltexte des zweiten, dritten und vierten Jahrhunderts wurden jedoch „vielfach ergänzt, zum Teil nach theologischem Gutdünken korrigiert und immer wieder aufs neue übersetzt“. Erst mit Beginn des fünften Jahrhunderts verdrängte die Vulgata — eine von Hieronymus aus den Ursprachen Hebräisch und Griechisch angefertigte Übersetzung — diese verfälschten altlateinischen Fassungen. In der Benediktiner-Erzabtei Beuron an der Donau versucht nun schon die vierte Forschergeneration, die Reste der untergegangenen Vetus Latina aus alten Handschriften-Bruchstücken und aus etwa einer Million Bibelzitaten antiker Schriftsteller zu rekonstruieren.
„Auf ein entscheidendes Verdienst der Vetus-Latina-Forschung in einem heiklen und lange Zeit heiß umkämpften Streitpunkt hat ... Professor Rudolf Schnackenburg (Würzburg) hingewiesen“, bemerkt die Zeitung. „Im 1. Johannesbrief [5:7, 8] enthalten viele lateinische Bibelausgaben einen kleinen Textzusatz, das sogenannte Comma Johanneum, der für die Entwicklung der Lehre von der Dreifaltigkeit eine große Rolle spielte und bis ins 20. Jahrhundert hinein im katholischen Bereich per Vatikan-Dekret als authentisch zu gelten hatte. ,Erst die Vetus-Latina-Forschung brachte völlige Klarheit‘, betont [Professor] Schnackenburg, daß es sich bei dem Comma Johanneum um einen späteren Zusatz zum ursprünglichen Bibeltext handelt.“ Andere gefälschte Formulierungen weckten „Spekulationen über verschiedene Arten der Auferstehung“ und gaben „Spielraum für den Gedanken des Fegefeuers und der Höllen-Verdammnis“. Die Vetus-Latina-Forschung dokumentiert somit, „wie die [altlateinischen] Texte im Laufe der Zeit geändert wurden und welche Wandlungen der christliche Glaube [gemeint ist der kirchliche Glaube; Red.] dabei durchmachte“.
Neuigkeit
● Die Schöpfung hat auch bei den Säugetieren noch überraschende Neuigkeiten zu bieten. Die Zeitschrift Natur und Museum (3/82) gibt jetzt eine genaue Beschreibung des kleinsten Säugetiers der Welt, das im Jahre 1973 in Thailand entdeckt wurde. Es handelt sich dabei um eine Fledermaus (Craseonycteris thonglongyai), deren Kopf-Rumpf-Länge knapp 3 cm beträgt. Ihr Gewicht: nur etwa 2 g. Alle bisher entdeckten Exemplare stammen aus einem kleinen Gebiet am Fluß Kwai. Die Nahrung der Mini-Fledermäuse besteht aus kleinen Fluginsekten, die selbst nur 2 bis 3 mm groß sind, und aus Rinderläusen. Die Fledermäuse halten sich tagsüber an den dunkelsten Stellen von Höhlen auf und gehen erst ab 18 Uhr auf die Jagd. Sie zeichnen sich durch auffallend gute Flugleistungen aus. Lange und breite Flügelflächen (Unterarmlänge ca. 2,5 cm) gestatten auch den Flug auf der Stelle.
Es steht schon in der Bibel
● Auf Hygieneprobleme und Gesundheitsrisiken auf Campingplätzen macht Regierungsmedizinaldirektor Professor Dr. W. Steuer in einem Beitrag für die Zeitschrift Fortschritte der Medizin (24/82) aufmerksam. Es besteht kein Zweifel, so führt er aus, daß die gesundheitlichen Gefahren beim Campingurlaub besonders groß sein können, da hier viele Menschen aus den verschiedensten Bereichen auf relativ engem Raum bei gemeinsamen zentralen Ver- und Entsorgungseinrichtungen (Lebensmittelbelieferung, Trinkwasserversorgung, sanitäre Einrichtungen, Abwasser- und Müllbeseitigung) zusammenkommen. „Anweisungen zur ,Camping-Hygiene‘ finden sich bereits im 5. Buch Mose“, bemerkt der Verfasser, bevor er auf Richtlinien und Empfehlungen zur Hygiene auf Campingplätzen zu sprechen kommt, und zitiert dann das 23. Kapitel dieses Bibelbuches. In der Luther-Bibel lauten die Verse 13 und 14 wie folgt: „Und du sollst draußen vor dem Lager einen Platz haben, wohin du zur Notdurft hinausgehst. Und du sollst eine Schaufel haben, und wenn du dich draußen setzen willst, sollst du damit graben; und wenn du gesessen hast, sollst du zuscharren, was von dir gegangen ist.“ Ohne Zweifel stammt diese Anweisung von einem Gott, der sittliche und körperliche Reinheit fordert. Ihre Weisheit unterstreicht die göttliche Autorschaft der Bibel.
Vom Tierquäler zum Menschenmörder
● Eine frühe Neigung zur Tierquälerei kann ein Vorzeichen künftiger Kapitalverbrechen wie Mord sein. „Diese wichtige Erkenntnis wurde im Schrifttum bislang fast nur auf Einzelfälle angewendet“, schreibt die Ärztezeitschrift selecta. „Sie hat aber Allgemeingültigkeit und zeigt, wie wichtig die Erziehung zur Tierliebe für eine normale psychische Entwicklung ist.“ In dem Buch Die Tierquälerei — Weg in den Abgrund weist der Verfasser darauf hin, daß eine ganze Anzahl sadistischer Mörder eine frühe Neigung zur Grausamkeit an Tieren hatte. Unter 500 Kapitalverbrechern aus dem Zeitraum von 1928 bis 1982 fanden sich immerhin 68, die „ihre sadistischen Gelüste zunächst an Tieren ausgelassen hatten“.
Umgangsregeln für Polizisten
● Das Polizeipräsidium der japanischen Präfektur Saitama hat jetzt neue Richtlinien für das Benehmen ihrer 8 000 Ordnungshüter formuliert. Die Beamten werden nicht nur ermahnt, im Gespräch mit den Bürgern eine normale, einfache Sprache zu sprechen und nicht in den Polizeijargon zu verfallen, sondern sich auch gegenüber Frauen korrekt zu verhalten. Ein Beamter, so heißt es in den Richtlinien, sollte eine alleinstehende Frau niemals in ihrer Wohnung aufsuchen und dienstliche Gespräche grundsätzlich bei Tageslicht führen. Die Polizisten werden aufgefordert, sich immer dann von verheirateten Frauen, von Witwen und leichten Mädchen fernzuhalten, wenn es nicht um eindeutig dienstliche Belange geht. Die Vorgesetzten warnen auch vor dem Trinken auf Kredit in Kneipen nach Feierabend. Es führe leicht zu hohen Schulden.
Überflüssige „Götter“
● Auf Taiwan werden Götter und Göttinnen, für die keine Legitimation vorhanden ist, allmählich „ausrangiert“. Der Direktor der zuständigen Behörde in Taipei hat Fachleute beauftragt, für alle Tempelgottheiten eine Beglaubigung auszustellen, da einige der Hunderte von buddhistischen und taoistischen Tempeln „lediglich bestehen, damit ihre Angestellten den Lebensunterhalt verdienen, und ihre Götter sind gewöhnlich nur Heldenfiguren aus alten Fabeln“. „Menschen haben Götter geschaffen, um unwissende Leute zu täuschen“, erklärte er. „Die Chinesen sollten wissen, wen sie anbeten und warum. Heute wissen selbst viele Tempelpriester hier und in China nicht, wer die Götter wirklich sind.“
Schweiz: dicke Luft
● Die Belastung der Schweizer Luft durch giftige Gase, Staub und Blei hat an einzelnen Orten ein bedenkliches Ausmaß erreicht. Das geht aus einem Bericht hervor, in dem das schweizerische Bundesamt für Umweltschutz die Meßergebnisse 1981 des Nationalen Beobachtungsnetzes für Luftfremdstoffe zusammengestellt hat. Die Neue Zürcher Zeitung schreibt: „Nicht mehr unbedenklich ist an einzelnen Orten die Belastung mit Stickoxiden (Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid) für die zu drei Vierteln die Autoabgase, zu einem Viertel die Feuerungsanlagen verantwortlich sind.“ Wie der Basler Zeitung zu entnehmen ist, sind Vertreter der Automobilindustrie und Lufthygieniker zusammengekommen, um die Problematik der Autoabgase zu besprechen. Ihre Ansichten über die Auswirkungen der Luftverschmutzung und ihre Lösungsmöglichkeiten gehen jedoch weit auseinander.
Schildlausfarbe
● Trotz der Anilinfarbenindustrie spielt die Schildlausfarbe auch heute noch eine wichtige Rolle, da sie für bestimmte Zwecke, z. B. zum Färben von Lebensmitteln und Präparaten für die Mikroskopie sowie für die Lippenstiftherstellung, für unerläßlich gehalten wird. Die aus Mexiko stammende Schildlausart (Cochenillelaus), die die rote Karminsäure erzeugt, wird auf Teneriffa gezüchtet. Die Zucht erfolgt auf Feigenkakteen. Von Zeit zu Zeit werden die Insekten von den Kakteen abgekratzt, durch Dampf getötet und getrocknet. Den wertvollen roten Farbstoff, Karmin genannt, gewinnt man durch Extraktion mit Alkohol. Der Naturwissenschaftlichen Rundschau ist zu entnehmen, daß im Jahre 1979 aus Teneriffa 50 Kilogramm Karmin exportiert wurden. Dafür mußten rund 7 Millionen Schildläuse ihr Leben lassen.
Gefährlicher Brauch
● Der afrikanische Brauch, junge Mädchen zu beschneiden, sobald sie das Pubertätsalter erreicht haben, wurde jetzt in Kenia vom Präsidenten verboten und unter Strafe gestellt. Die Genitalverstümmelungen — die Klitoris und die kleinen Schamlippen werden von einem medizinischen Laien mit einem Schneidwerkzeug entfernt — sind offensichtlich grausam, doch bilden sie für viele noch einen wichtigen Aspekt afrikanischer Stammeskultur. Das Beschneiden der Mädchen bedeutet den Abschied von der Kindheit und den Eintritt in das Leben einer Frau mit ehelichen und anderen Pflichten. „So schmerzhaft und gefährlich der Eingriff auch ist — das Mädchen wird im Zweifel lieber diese Torturen ertragen als das Leben einer von Männern verachteten Außenseiterin“, bemerkt die Süddeutsche Zeitung. Es bleibt abzuwarten, inwieweit das Verbot, auch wenn es von allerhöchster Regierungsstelle kommt, Erfolg hat und ob es dieses tief verwurzelte Stück afrikanischer Tradition auszurotten vermag.
Chemiker statt Maurer
● In Milwaukee (USA) entstehen derzeit zwei einstöckige Einfamilienhäuser aus Plastikblöcken. Im Auftrag des amerikanischen Wohnungsbauministeriums entwickelte eine Architekten- und Ingenieurgruppe 1,22 mal 4,88 Meter dicke Wand- und Dachblöcke aus Polystyrol. Der Kunststoff, der sonst für Fernsehgehäuse, Einweggeschirr oder Kugelschreiber verwandt wird, ist auch in der Bundesrepublik Deutschland als Baustoff zugelassen, berichtet Capital (9/82). Die Plastikblöcke sind wartungsarm und sorgen zugleich für Standfestigkeit und Wärmeisolation. Die Erfinder versprechen 20 Prozent Ersparnis bei den Baukosten und kalkulieren mit ungefähr 80 Prozent niedrigeren Energiekosten. Welche Auswirkungen das Baumaterial und die Bauweise auf den Menschen haben werden, wird nicht erwähnt.
Gehemmte Kinder
● Das katholische Kolpingblatt ist der Ansicht, daß „das Bild von der aufsässigen, aggressiven Jugend“ in der Bundesrepublik Deutschland einer Korrektur bedarf. Pädagogen und Mediziner würden übereinstimmend von einem „beängstigenden Anwachsen depressiver und resignierender Kinder“ berichten, die „eher durch Duckmäusertum und Ängstlichkeit auffallen als durch Übermut und Draufgängertum“. Der Prozentsatz dieser „angepaßten“ Kinder sei nach Ansicht der Experten bereits größer als derjenige der aggressiven. Dieser Trend sei schon im Kindergarten festzustellen und setze sich dann im Schulalltag fort. Pädagogen würden diese Entwicklung mit Sorge betrachten, weil depressive und gehemmte Kinder häufig nicht nur zu Schul-, sondern auch zu Lebensversagern würden.
Kirche ist überholt
● „Die meisten Franzosen halten die Kirche für überholt.“ Zu diesem Schluß kommt die Ludwigsburger Kreiszeitung aufgrund einer Repräsentativumfrage, deren Ergebnis kürzlich in Paris veröffentlicht wurde. Von insgesamt 1 000 Befragten sagten 53 Prozent, die katholische Kirche sei „in der heutigen Welt überholt“ und vertrete eine „nicht mehr zutreffende Moral“. 73 Prozent sind davon überzeugt, daß die Zahl der Gläubigen zwar nicht gesunken ist, die Gläubigen ihre Religion aber „außerhalb der Kirche leben“.