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10. Teil: Neuzeitliche Wiederherstellung der wahren Anbetung (1919-1932)Der Wachtturm 1955 | 15. Juli
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die notwendig wurde, um die Zeugen zu einer festgeschlossenen Werktruppe zu machen, erlebte man in den Ortsversammlungen des Volkes Jehovas beträchtlichen Widerstand von seiten unfortschrittlicher „Wahlältester“. Viele von ihnen wollten in der Vergangenheit leben, in der Zeit Pastor Russells, von dem sie behaupteten, er allein sei der Kanal zu biblischer Erleuchtung gewesen, und den sie als „jenen Knecht“ von Matthäus 24:45 bezeichneten. The Watch Tower vom 1. April 1920, S. 100 [Wachtturm, August 1920, S. 116], und nachfolgende Studienartikel zeigten klar, daß selbst Bruder Russell im Jahre 1884 und danach sehr darauf drang, die Watch Tower Society als das Instrument oder den Kanal zu betrachten, den Jehova dazu gebraucht, sein Volk auf Erden zu belehrena. Nun, da viel neues geistiges Licht aus Jehovas himmlischem Tempel gleich Blitzen hervorleuchtete, sollten diese „Wahlältesten“ die Ortsversammlungen nicht zurückhalten oder gar daran hindern, mit dem zunehmenden Zeugniswerk Schritt zu haltenb. Es wurde richtig gefolgert, daß die Gesellschaft zur Zeit Bruder Russells die Herausgeberin gewesen sei und nun auch fernerhin von Jehova als Herausgeberin benutzt werde. Warnungen wurden erlassen vor der Annahme privater Auslegungen und davor, daß man selbsternannten Führern, die in die Finsternis führten, blind nachfolge. Statt dessen sollten sich alle zu der Gesellschaft halten, die von Anfang an in der Vergangenheit so auffallend benutzt worden war. Solche, die Menschen zu gefallen suchten, mußten gemieden werdenc. Indes übte die Gesellschaft in ihrer richtigen Stellung als Jehovas Werkzeug nicht ihre volle Rechtsgewalt über die Angelegenheiten der Leitung der Ortsversammlungen ausd.
Den Anfang zur theokratischen Leitung finden wir in Wirklichkeit im Herbst des Jahres 1919, als das Werk mit der Zeitschrift „The Golden Age“ („Das Goldene Zeitalter“) eingeführt wurde, indem diese neue Zeitschrift im Oktober 1919 zu erscheinen begann.
„Das ‚Golden-Age‘-Werk ist eine Werbeaktion von Haus zu Haus mit der Königreichsbotschaft, indem der Tag der Rache unseres Gottes verkündigt wird und die Trauernden getröstet werden. Außer der Werbetätigkeit soll ein Exemplar des Golden Age in jeder Wohnung zurückgelassen werden, ob nun ein Abonnement aufgenommen worden sei oder nicht … Die ‚Arbeiter‘ der Bibelklassen werden sich ihre Probeexemplare vom Vorsteher beschaffene.“
Versammlungen, die an dem neuen Felddienst teilzunehmen wünschten, der jetzt in Verbindung mit dem Golden-Age-Feldzug begann, wurden gebeten, sich als eine Dienstorganisation bei der Gesellschaft anzumelden. Nach Erhalt dieser Bitte bestimmte die Gesellschaft in theokratischer Weise eine Person in der Ortsgruppe, um als der Ernannte der Gesellschaft zu dienen, der als der „Erntewerksvorsteher“ bekannt wurde und keiner lokalen jährlichen Wahl unterworfen war. Zum erstenmal nun wurde den demokratisch verwalteten Versammlungen unter ihren „Wahlältesten“ etwas Autorität genommen, um diese der Gesellschaft zu noch direkterer internationaler Oberaufsicht zu geben. So begann damals eine teilweise theokratische Oberaufsicht des Felddienstes der Versammlungen durch die Gesellschaft, und dies in Zusammenarbeit mit der Schar der „Wahlältesten“, die weiterhin nach demokratischer Art den Studien der Versammlungen und den Vorträgen vorstanden.
Im Jahre 1921 begann die Gesellschaft den Gedanken zurückzuweisen, den gewisse örtliche „Wahlälteste“ in dem Sinne vorbrachten, daß sie ein lokales „Kollegium von Direktoren“ bildeten, das unabhängig von der Organisation des Hauptbüros nach demokratischer Art vorgehen könne. Eine Anstrengung wurde gemacht, um das Verhältnis der Ortsältesten zur Versammlung etwas näher zu erklärenf. Ferner erging ein Aufruf zu weltweiter Einheit und Einheitlichkeit des Volkes Jehovas in der Durchführung des Predigtwerkes. Es wurde den britischen Mitverbundenen geraten, das Werk in derselben Weise zu unternehmen, wie sich das Werk in Amerika entwickelteg. Die Verantwortung für eine straffere Predigttätigkeit begann im Jahre 1920, als alle, die in den Versammlungen am Zeugniswerk teilnahmen, gebeten wurden, wöchentlich einen Bericht abzugeben. Vor dem Jahre 1918 war nur von den Pionieren verlangt worden, über ihren Dienst Bericht zu erstatten. Bestimmte Gebiete wurden nun den Versammlungen für ihren Felddienst zugeteilt. Wahrlich, die Versammlungen wurden zum Dienste „eingespannt“. Im ersten Jahr dieser Berichterstattung, im Jahre 1920, ergaben sich 8052 „Arbeiter“ der Bibelklassen und 350 Pioniereh. Von den mehr als 1200 mit der Gesellschaft verbundenen Versammlungen wurde im Jahre 1922 von 980 berichtet, daß sie völlig neu organisiert seien, um im Verein mit 8270 „Arbeitern“ der Bibelklassen am Felddienste teilzunehmeni. Beginnend im Jahre 1923 wurden verschiedene Sonntage für ein „weltweites Zeugnis“ bestimmt, um zu vereinten Bemühungen zur gleichzeitigen Abhaltung öffentlicher Vorträge in der ganzen Welt zu ermutigen, wobei das Thema „Millionen jetzt Lebender werden nie sterben!“ benutzt wurde, und auch als Ansporn zu vereinter Teilnahme an der Bekanntmachung der Vorträgej.
Beginnend mit dem 1. Mai 1923 wurde der erste Dienstag jedes Monats zu einem eigentlichen „Dienst-Tag“ erklärt, an dem alle Versammlungsverkündiger einige wenige Stunden mit dem „Verkauf von Büchern“ unter der Leitung des „Erntewerksvorstehers“ („Dienstleiters“) verbringen solltenk. Von dieser Zeit an sollte man die Hälfte der Zeit der wöchentlichen Gebetsversammlung am Mittwochabend den Zeugnissen über den Dienst widmen. Beiläufig bemerkt, wurde der Ausdruck „Dienstleiter“ im Jahre 1936 auf „Gruppendiener“ abgeändertl, und dann, im Jahre 1953, auf „Versammlungsdiener“a. So begann eine im Jahre 1919 in Erscheinung tretende zentralisierte und teilweise theokratische Leitung des Volkes Jehovas gerade rechtzeitig Frucht zu tragen, um die wachsende Zahl Verkündiger weltweit zu einer emsigen Verkündigung der geschriebenen Gerichte Jehovas einzuspannen. Das Dienstblatt der Anweisungen, betitelt „Bulletin“, erschien nun nach dem Oktober 1922 monatlich und ermutigte alle als „tapfere Kämpfer“, sich Zeugnisse zur Darbietung biblischer Schriften einzuprägen, welche die Gesellschaft zur „Werbung“, wie man es zuerst nannte, vorbereitet hatte. (Im Oktober 1935 wurde dieses monatliche Dienstinstrument in Englisch „Director“, in Deutsch „Instruktor“ genannt, und es erhielt schließlich im Juli 1936 seinen gegenwärtigen Titel „Informator“.) Diese Organisationsmittel haben viel dazu beigetragen, einen einheitlichen weltweiten Feldzug herbeizuführen und eine zentralisierte theokratische Leitung zu schaffen.
Vom Jahre 1919 an wurden während einer Zeitspanne von zwanzig Jahren die Zeugen allmählich erzogen und geschult, ein theokratisches System der Versammlungsorganisation anzunehmen. Fortwährend zeigten sich gewisse „Wahlälteste“ als Gegner der neuen göttlich gegebenen Führung. Sie verfehlten, zu sehen, daß Jehovas heiliger Geist oder seine wirksame Kraft hinsichtlich einer Organisation wirkte, um eine Umwandlung in der Leitung zu verursachen, die zu einer theokratischen oder einer von Gott geleiteten Neuen-Welt-Gesellschaft führt. In fast jedem Jahresbericht nach 1922 wurde das Thema „Organisation“ erwähnt, so daß sich die Königreichsverkündiger dieser Sache beständig bewußt bliebenb. Sie wurden auch zu der Erkenntnis gebracht, daß Satan eine mächtige Organisation hat. Dann, im Jahre 1932, veröffentlichte der Watch Tower vom 15. August und vom 1. September [Der Wachtturm vom 15. September und vom 1. Oktober 1932] zwei Artikel, betitelt „Jehovas Organisation“, in denen nachgewiesen wurde, daß die Ämter von „Ältesten“ und „Diakonen“, wie sie durch Abstimmung in den Versammlungen besetzt wurden, gemäß den Lehren der Bibel nicht bestehen. Vielmehr sind alle geistlich Gereiften in Gottes Augen Älteste oder Ältere und können und sollten als Aufseher (epískopoi) und Dienstamtgehilfen (diákonoi) amten. Aus der ganzen Welt sandten die geistig wachen Versammlungen dem Hauptbüro der Gesellschaft ihre Resolution, worin sie die Abschaffung dieser „Ämter“ unter ihnen meldeten. Sogleich bekundeten sie Vertrauen in den Dienstleiter, den die Gesellschaft bestimmte, und durch Abstimmung erwählten sie einen Vorsitzenden der Gruppe und ein Dienstkomitee von höchstens zehn Brüdern, um die „Wahlältesten“ zu ersetzen und dem örtlichen Dienstleiter der Gesellschaft beizustehenc. Viele der früheren „Wahlältesten“, die es abgelehnt hatten, an dem zunehmenden Felddienst teilzunehmen (statt ihre Tätigkeit nur auf das Predigen,in der Ortsgruppe zu beschränken), verließen die Reihen der Zeugen zu jener Zeit.
(Fortsetzung folgt)
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Es konnte sich nur in Japan ereignenDer Wachtturm 1955 | 15. Juli
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Es konnte sich nur in Japan ereignen
Von Wachtturm-Missionaren in Japan
EINE Gruppe heimwärts reisender Kongreßteilnehmer richtete sich ein für eine ruhige Nachtreise von Sendai nach Tokio. Es war ein freudiger Kongreß gewesen, und jeder sprudelte an Gutem über. Das wurde so offenbar, daß Mitreisende sich nach dem Warum und Weshalb erkundigten. Einer davon abonnierte zehn Minuten vor Mitternacht des letzten Tages im Wachtturm-Feldzug den Wachtturm in Japanisch.
Dann geschah es! Die schläfrigen Wageninsassen wurden aufgeweckt durch das plötzliche Zusteigen von ungefähr zwanzig ungepflegten Bauern, von denen jeder auf seinem Rücken ein Bündel in Menschengröße trug. Man stellte die Ladungen im Durchgang ab, löste die Schnüre und teilte die Ladung in viele kleinere Päckchen auf. Pakete mit bunter Verpackung brachte man im Gepäcknetz, unter den Sitzen, zwischen den Sitzen und überall unter, wo noch freier Platz war. Größere Papiersäcke schob man ungestüm unter die Sitze, bis man kaum noch für die Beine Platz hatte. Die Verkäufer „schwarzen“ Reises, ungeschlachte Kreaturen der japanischen Unterwelt, hatten für ihren Nachtausflug nach Tokio aus allen Wagen unseren Wagen erwählt!
Ein Schauder geht durch unsere Gruppe. Diese fremden Männer und Frauen nehmen Messer heraus! Wenn wir durch den nebligen Gestank des Tabakrauches blicken, bemerken wir, daß jeder von ihnen ein Messer in der Hand hält, zur Tarnung in ein Taschentuch eingeschlagen, aber die Spitze ist deutlich sichtbar. Werden wir alle erstochen? Wir nähern uns einem Bahnhof. Die Schwarzhändler springen schnell mit nervös zuckenden Händen auf, ziehen alle Vorhänge herunter und schirmen so das Wageninnere von außen ab. Während der Zug zum Stehen kommt, nageln Lümmel an jedem Wagenende schwere Bretter quer über die Türen. Ihr Wachmann ruft: „Polizei! Untersuchung!“, und ein Lärm bricht los.
Ein stämmiger Polizist erscheint an einer Türe. In nur einer halben Minute schlägt er die Scheibe ein, ist aber dann zu fett, sich hindurchzuzwängen. Ein Zivilist erzwingt schließlich seinen Weg ins Innere und reißt mit Gewalt die Tür auf. Doch wertvolle Sekunden hat man damit verloren! Unsere Aufmerksamkeit konzentriert sich wieder auf die Schwarzhändler. In alle Richtungen fliegen Messer und ebenso der Reis! Fluten von Reis! Links von uns Reis, rechts von uns Reis, Reis in unseren Schuhen. Während wir auf unsere Sitze hochsteigen, bedeckt sich der Wagenboden zentimetertief mit glitzerndem weißem Reis. Jetzt erscheint eine zornige Polizeigruppe, aber nur ein großes unbeschädigtes Paket kann beschlagnahmt werden. Jemand festnehmen hat keinen Zweck. Man kann nicht beweisen, wer den Reis dorthin geschafft hat. Die Polizei schaufelt durch das Fenster auf den Bahnsteig hinaus, was sie kann, aber die Zugpfeife ertönt und gibt der Polizei ein Zeichen, durch eine Wolke von Reisstaub den Zug zu verlassen. Aber die Flut von Reis bleibt im Zug.
Dann beginnt eine fieberhaftere Tätigkeit! Die Schwarzhändler schwärmen um die Sitze herum und machen sich unter den Sitzen zu schaffen. Neue Papiersäcke, Schnüre und provisorische Schaufeln werden hervorgeholt, und in zehn Minuten ist der Wagen wieder sauber. Die getarnten Pakete holt man wieder aus dem Gepäcknetz, und die großen Reisbündel werden wieder zusammengestellt. Nach Erreichung der Vorstädte von Tokio wankt die Armee der Schwarzhändler mit ihren Ladungen hinaus, und mit einem Siegeslächeln auf dem Gesicht verbeugen sie sich vor den Mitreisenden mit den Worten: „Wir verursachten eine schreckliche Ruhestörung.“ Wir erwidern: „Macht uns nichts aus!“ Es war eine Nacht der Unterhaltung — kostenlos!
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