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  • Christliche Bescheidenheit — ein Zeichen von Weisheit
    Der Wachtturm 1984 | 15. April
    • Christliche Bescheidenheit — ein Zeichen von Weisheit

      „Durch die unverdiente Güte, die mir verliehen worden ist, sage ich einem jeden, der sich unter euch befindet, nicht höher von sich zu denken, als zu denken nötig ist, sondern so zu denken, daß er gesunden Sinnes sei, jeder, wie Gott ihm ein Maß des Glaubens zugeteilt hat“ (RÖMER 12:3).

      1. Was zeigt, daß Bescheidenheit heute nicht geschätzt wird?

      WIE wenige doch heute Bescheidenheit schätzen und selbst bescheiden sind! Wir leben in einem Zeitalter bitterer Rivalität und eines außergewöhnlichen Konkurrenzkampfes. In der Welt haben alle — Rassen, Nationen, Stämme, Vereinigungen und Einzelpersonen — den Wunsch, der Beste zu sein und an der Spitze zu stehen. Niemand möchte bescheiden sein. Dieser Geist hat sich sogar auf die Familie ausgewirkt, was an der Auflehnung der Jugend und an der Frauenbewegung zu erkennen ist.

      2. Warum dürfen Jehovas Zeugen nicht so eingestellt sein wie die Welt, was die Bescheidenheit betrifft?

      2 Aber der Weg der Welt sollte nicht der Weg wahrer Christen sein. Nein, Jehovas Zeugen erkennen ihre Verpflichtung, den nachzuahmen, der in bezug auf Bescheidenheit das beste Beispiel gegeben hat: Jesus Christus, den Sohn Gottes. Bezeichnend für Jesu Bescheidenheit sind seine Worte: „Der Sohn kann gar nichts aus sich selbst tun.“ „Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut als nur einer, Gott“ (Johannes 5:19; Lukas 18:19). Ja, alle, die den Fußstapfen Jesu Christi genau nachfolgen möchten, müssen Bescheidenheit bekunden. Überdies werden alle, die das tun, nichts verlieren, sondern feststellen, daß sich christliche Bescheidenheit lohnt und ein Zeichen von Weisheit ist.

      3. Welche Bedeutungen hat das Wort „bescheiden“ im allgemeinen?

      3 Das Wort „bescheiden“ kann „einfach, gering“ bedeuten oder „einsichtsvoll, mäßig, rücksichtsvoll“. Es kann aber auch „genügsam“ und „zurückhaltend“ bedeuten in dem Sinne, daß sich jemand seiner Grenzen bewußt oder „nicht eingebildet“ ist.a Unter göttlicher Inspiration forderte der Apostel Paulus Glaubensbrüder dazu auf, Bescheidenheit zu bekunden, indem er schrieb: „Durch die unverdiente Güte, die mir verliehen worden ist, sage ich einem jeden, der sich unter euch befindet, nicht höher von sich zu denken, als zu denken nötig ist, sondern so zu denken, daß er gesunden Sinnes sei, jeder, wie Gott ihm ein Maß des Glaubens zugeteilt hat“ (Römer 12:3). Ja, es ist notwendig, daß wir etwas auf uns halten. Aber wir dürfen nicht zu hoch von uns denken und unseren natürlichen oder erworbenen Fähigkeiten nicht zuviel Bedeutung beimessen.

      Bescheidenheit und Demut unterscheiden sich

      4. (a) Wo kommt das mit „bescheiden“ wiedergegebene hebräische Wort in der Bibel vor? (b) Zu welchem Schluß kommen wir in bezug auf seine Bedeutung in Sprüche 11:2?

      4 In vielen Bibelübersetzungen wird Bescheidenheit mit Demut verwechselt. Das hebräische Wort, das mit „bescheiden“ wiedergegeben wird, kommt nur in Sprüche 11:2 und Micha 6:8 vor. Es kann bedeuten, daß jemand bescheiden und anständig ist oder persönliche Reinheit aufweist. Es kann aber auch bedeuten, daß sich eine Person ihrer Grenzen bewußt ist. In Micha 6:8 könnte dieses hebräische Wort die eine oder die andere Bedeutung haben, denn dort werden wir lediglich aufgefordert, ‘bescheiden zu wandeln mit unserem Gott’. Anders verhält es sich jedoch mit Sprüche 11:2, wo wir lesen: „Ist Vermessenheit gekommen? Dann wird Unehre kommen; aber Weisheit ist bei den Bescheidenen.“ Hier wird Bescheidenheit der Vermessenheit gegenübergestellt. Der Gegensatz von Vermessenheit ist, wie hier gezeigt wird, Bescheidenheit in dem Sinne, daß man nicht zu anmaßend ist und daß man sich seiner Grenzen bewußt ist.

      5, 6. Wie läßt sich der Unterschied zwischen Demut und Bescheidenheit in bezug auf Jehova Gott veranschaulichen?

      5 Es besteht ein Unterschied zwischen Demut und Bescheidenheit. Von Jehova Gott sagt der Psalmist David zum Beispiel: „Deine eigene Demut wird mich groß machen“ (Psalm 18:35). Ja, weil Jehova bereit war, sich zu demütigen oder sich herabzulassen, um David zu beachten und geduldig mit ihm zu verfahren, wurde David zu einem großen König in Israel. So lesen wir über Jehova auch: „Wer ist wie Jehova, unser Gott, Er, der seine Wohnung in der Höhe macht? Er neigt sich herab, um auf Himmel und Erde zu schauen“ (Psalm 113:5, 6). Zweifellos ist der Schöpfer so hoch erhaben, daß er sich gewissermaßen herabneigen muß, um Dinge in den Himmeln und auf der Erde zu beachten.

      6 Können wir aber von Jehova sagen, er sei in dem Sinne bescheiden, daß er sich seiner Grenzen bewußt sei? Natürlich nicht. Wie könnten wir bei Gott von Grenzen sprechen, da er in bezug auf Weisheit und Macht grenzenlos und in bezug auf Gerechtigkeit absolut fehlerlos und vollkommen ist und da er auch die Liebe in Person ist? Absolut niemand kann sich zu Recht mit ihm vergleichen (Jesaja 40:12-31).

      7. (a) Inwiefern kann gesagt werden, daß ein Mensch zwar demütig, aber nicht bescheiden sein mag? (b) Wie ist das im Falle des Apostels Petrus zu sehen?

      7 Bei Menschen besteht die Möglichkeit, demütig zu sein und es gleichzeitig an Bescheidenheit mangeln zu lassen. Sie mögen demütig sein, aber dennoch kein klares Denkvermögen anwenden und sich so ihrer eigenen Grenzen nicht bewußt sein. Zum Beispiel war der Apostel Petrus gewiß ein demütiger Mann. Als er sah, wie Jesus ein Wunder wirkte, das seine Fähigkeit bewies, selbst die im Meer lebenden Geschöpfe zu beherrschen, fiel er zu Jesu Füßen nieder und sagte: „Geh von mir weg, denn ich bin ein sündiger Mann“ (Lukas 5:8). Außerdem lesen wir davon, daß Petrus sowohl von Jesus als auch vom Apostel Paulus zurechtgewiesen wurde. Doch kein einziges Mal stellen wir fest, daß Petrus wegen einer solchen Zurechtweisung beleidigt gewesen wäre (Matthäus 16:21-23; Galater 2:11-14; 2. Petrus 3:15, 16). Zweifellos war Petrus ein demütiger Apostel. Aber war er wirklich in dem Sinne bescheiden, daß er sich seiner Grenzen bewußt gewesen wäre? Nicht immer. Sonst hätte er nicht behauptet, er werde seinen Herrn nicht verlassen, wenn auch alle anderen Apostel das tun würden — versagte aber dann so jämmerlich, daß er Jesus dreimal verleugnete (Markus 14:29, 30, 66-72).

      Leid, verursacht durch einen Mangel an Bescheidenheit

      8. Warum kann gesagt werden, daß alle Schwierigkeiten im Universum auf einen Mangel an Bescheidenheit zurückzuführen sind?

      8 Ein Mangel an Bescheidenheit brachte nicht nur dem Apostel Petrus Kummer und Leid, sondern es kann sogar gesagt werden, daß alles Leid in der Welt — ja im ganzen Universum — seine Ursache in Unbescheidenheit hat. Wieso? Durch Unbescheidenheit wurde ein bestimmter Engel zum Satan und zum Teufel. Er erkannte nicht die Grenzen, die er als Geschöpf hatte. Mit der Stellung, die Jehova ihm zugeteilt hatte, unzufrieden, wünschte er, Gott gleich zu sein. Später zeigte sich diese stolze Haltung, als er Jesus alle Königreiche der Welt für nur e i n e n Akt der Anbetung anbot. Aber Jesus erinnerte den Versucher daran, daß es nur Jehova Gott zusteht, angebetet zu werden. Satans Mangel an Bescheidenheit, der durch vermessenes Handeln zum Ausdruck kam und sich immer noch dadurch äußert, hat für ihn Unehre mit sich gebracht und wird schließlich seine Vernichtung bedeuten (Matthäus 4:8-10; Hebräer 2:14).

      9. In welcher Hinsicht bekundete Eva Unbescheidenheit?

      9 Unbescheidenheit gereichte auch Eva, der „Mutter aller Lebenden“, zum Verderben (1. Mose 3:20). Der Gedanke, wie Gott zu sein, selbst Gutes und Böses zu erkennen, sagte ihr zu. Warum? Weil es ihr an Bescheidenheit mangelte. Wäre sie bescheiden gewesen, so hätte sie dem Versucher entgegnen können: „Warum sollte ich den Wunsch haben, wie Gott zu sein? Ich bin mit der Vorkehrung Gottes, die Gehilfin des vollkommenen Adam zu sein, völlig zufrieden. Außerdem sollte ich lieber Adam darüber befragen, denn er hat mich über das Gebot unterrichtet, nicht von dieser Frucht zu essen.“ Aber nein. Eva blieb gegenüber ihrem Schöpfer und gegenüber ihrem Ehemann nicht bescheiden. Und dieser Mangel an Bescheidenheit kostete sie das Leben und veranlaßte schließlich ihren Mann, einen selbstmörderischen Lauf einzuschlagen. Ist also Bescheidenheit wichtig? Ja, sie ist ungeheuer wichtig (1. Mose 3:1-19).

      10. Warum fällt es uns allen schwer, wirklich bescheiden zu sein?

      10 Wir alle haben offenbar von unseren Ureltern eine gewisse Neigung zur Unbescheidenheit ererbt. Gott sagte nach der Flut, daß „die Neigung des Menschenherzens böse ist von seiner Jugend an“ (1. Mose 8:21). Daher konnte König David, als er eine schwere Sünde begangen hatte, Gott mit den Worten anflehen: „Siehe! In Vergehen wurde ich unter Geburtsschmerzen hervorgebracht, und in Sünde empfing mich meine Mutter“ (Psalm 51:5). Und deshalb konnte Jehova Gott durch seinen Propheten Jeremia sagen: „Das Herz ist verräterischer als sonst irgend etwas und ist heillos. Wer kann es kennen?“ (Jeremia 17:9).

      11. Welche Verhältnisse in der Welt können einem Mangel an Bescheidenheit zugeschrieben werden?

      11 Sehr viele Schwierigkeiten in der Welt sind auf einen Mangel an Bescheidenheit zurückzuführen. Das trifft auf alle Rassen, Nationalitäten und Stämme zu, ja sogar auf die Beziehungen zwischen Familienangehörigen. Weder der östliche noch der westliche Nationenblock ist willens, seine eigenen Grenzen zu erkennen. Jeder möchte an der Spitze stehen. Angehörige der einen Rasse fühlen sich den Angehörigen einer anderen Rasse überlegen. Wie berichtet wird, sind Streitigkeiten zwischen bestimmten afrikanischen Stämmen tatsächlich oft darauf zurückzuführen, daß jeder Stamm seine angebliche Überlegenheit beweisen möchte.

      12. (a) Welcher Schaden wird durch einen Mangel an Bescheidenheit auf seiten einiger Ehemänner angerichtet? (b) Wozu führt die Unbescheidenheit vieler Frauen?

      12 Was geschieht, wenn es in der Familie an Bescheidenheit mangelt? In vielen Fällen verursachen sowohl der Mann als auch die Frau durch Unbescheidenheit Zwietracht. Zum Leidwesen ihrer Familie neigen viele Männer aufgrund ihrer Überlegenheit in körperlicher und wirtschaftlicher Hinsicht dazu, energisch zu werden oder sich als Chef aufzuspielen. Das ist zweifellos zum Teil ein Grund für die Frauenbewegung, die gegen den männlichen Chauvinismus zu Felde zieht. Wie steht es aber mit den Frauen, insbesondere mit den Ehefrauen? Viele, denen es an Bescheidenheit mangelt, haben Kummer und Sorgen, ja mitunter sogar die Zerrüttung ihrer Familie heraufbeschworen (Galater 6:7, 8). Solche Frauen haben das grundlegende biblische Erfordernis außer acht gelassen, daß sie „ihren Männern untertan [sein sollten] wie dem Herrn“ (Epheser 5:21-23, 33; 1. Korinther 11:3, 7-10). Vielen Frauen in der Welt mangelt es an Bescheidenheit und Zurückhaltung. Sie lassen durch die Art und Weise, wie sie reden, sich kleiden und sich verhalten, ihre körperlichen Reize spielen und sind mitschuldig an der weitverbreiteten Promiskuität, der ehelichen Untreue und den zerrütteten Familien.

      13. Was ist die Folge des Mangels an Bescheidenheit unter heutigen Jugendlichen?

      13 Unter den heutigen Jugendlichen gibt es zwar vorzügliche Beispiele der Bescheidenheit, doch andere lassen diesbezüglich einen erschütternden Mangel erkennen. Da viele Jugendliche diese Eigenschaft nicht aufweisen, sind sie mit Personen, denen sie Respekt schulden, ungeduldig oder kritisieren die Fehler, die von Angehörigen der älteren Generation gemacht werden. Doch offenbaren Jugendliche Weisheit, wenn sie Drogen nehmen, sich betrinken, sich im Straßenverkehr rücksichtslos verhalten oder einen unmoralischen Lebenswandel führen? Wären solche Jugendlichen bescheiden, so würden sie auf Leute hören, die älter sind als sie, und aus dem guten Rat Nutzen ziehen, den ihnen Menschen mit Lebenserfahrung geben können.

      Christliche Bescheidenheit — wirklich weise

      14. Warum ist Bescheidenheit in unserem Verhältnis zu Jehova Gott sehr passend?

      14 Wer christliche Bescheidenheit bekundet, handelt wirklich weise. Er gelangt vor allem in ein gutes Verhältnis zu Jehova. Ja, Gott fordert von uns, bescheiden mit ihm zu wandeln (Micha 6:8). Außerdem ziemt sich Bescheidenheit für uns nur allzusehr, wenn wir bedenken, welch große Kluft zwischen uns und unserem allmächtigen und ewigen Schöpfer besteht. Für ihn sind die Nationen wie der Staubbelag auf den Waagschalen und wie ein Tropfen, der von einem Eimer fällt (Jesaja 40:15). Bescheidenheit wird uns veranlassen, uns davor zu fürchten, Jehova Gott zu mißfallen, und das ist gewiß „der Weisheit Anfang“ (Psalm 111:10).

      15. Inwiefern kann Bescheidenheit eine Hilfe für einen christlichen Bruder sein?

      15 Bescheidenheit fördert auch ein gutes Verhältnis zu anderen Zeugen Jehovas. Sie wird einen christlichen Bruder davon abhalten, sich in bezug auf Dienstvorrechte vorzudrängen. Bescheidenheit wird ihm helfen, sich sowohl seiner Grenzen bewußt zu sein als auch der Tatsache, daß es ihm im Vergleich zu anderen auf bestimmten Gebieten an Erkenntnis und Erfahrung mangelt. Sie wird ihn mehr darum besorgt sein lassen, seine geistigen Befähigungen zu verbessern, als darum, das Amt eines Dienstamtgehilfen oder eines Ältesten zu bekleiden. Nutzt er fortgesetzt alle Gelegenheiten, an Erkenntnis zuzunehmen und seinen Glaubensbrüdern zu helfen, so mag es für ihn sogar eine Überraschung sein, wenn er eines Tages für eine verantwortliche Stellung in der Versammlung empfohlen wird und die Ernennung eintrifft. So etwas ist schon öfter als einmal geschehen.

      16. Warum handelt eine Christin weise, wenn sie Bescheidenheit bekundet?

      16 Ebenso weise handeln die Schwestern in der Versammlung, wenn sie Bescheidenheit bekunden. Das trifft nicht nur auf dem Gebiet der Sittlichkeit zu — so wichtig sie auch ist (1. Timotheus 2:9, 10; Titus 2:3-5). Eine weise Christin, die sich ihrer Grenzen und der ihr in der Versammlung zugeteilten Rolle bewußt ist, wird sich bei ihrem Reden von Bescheidenheit leiten lassen. Sie wird nicht allzu redselig sein und sich davon zurückhalten, Kritik an der Art und Weise zu üben, wie die ernannten Ältesten bestimmte Angelegenheiten behandeln. (Vergleiche Judas 8, 9, 16.)

      17, 18. (a) Warum sollten Jugendliche ihren Eltern mit Bescheidenheit begegnen? (b) Welches biblische Beispiel wird hier erwähnt, um zu zeigen, daß es weise ist, den Rat älterer Menschen zu befolgen?

      17 Auch bei Jugendlichen ist Bescheidenheit ein Zeichen von Weisheit. Jugendliche machen sich bei anderen beliebt, wenn sie bescheiden sind. Gottes Wort gebietet ihnen zu Recht, ihren Vater und ihre Mutter zu ehren und ihnen „in allem“ zu gehorchen (Kolosser 3:20; Epheser 6:1-3). Sich so zu verhalten und nicht zu denken, sie seien weiser als ihre Eltern, erfordert von Jugendlichen Bescheidenheit. Schuldest du als Jugendlicher deinen Eltern nicht Dank? Sie haben dich in die Welt gesetzt. Von da an bis heute haben sie für deine Nahrung, deine Kleidung, dein Obdach, deine Erziehung, deine Entspannung und deine biblische Unterweisung gesorgt. Solltest du ihnen daher nicht schon aus Respekt mit Bescheidenheit begegnen?

      18 Bescheiden zu sein, deine Eltern ins Vertrauen zu ziehen und ihren Rat anzunehmen ist der Weg der Weisheit. Aufgrund ihrer Erfahrung haben sie gewiß mehr Weisheit als du. In der Welt geht es drunter und drüber, nicht wegen eines Mangels an Wissen, sondern mangels echter Weisheit. „Sie haben sogar das Wort Jehovas verworfen, und welche Weisheit haben sie?“ (Jeremia 8:9). Selbst in einer so persönlichen Angelegenheit wie der Wahl deines Lebenspartners handelst du weise, wenn du in Bescheidenheit das Urteil deiner Eltern berücksichtigst, denn sie lieben dich, und ihnen liegen deine Interessen am Herzen. Von ihnen erhältst du weit besseren Rat als von deinen Altersgenossen. Ihr Rat mag zwar nicht schmeichelhaft sein, wird sich aber für dich als besser erweisen. Aus der Bibel geht hervor, daß Rehabeam, ein König des Volkes Israel, den größten Teil seines Königreiches wegen seines Mangels an Bescheidenheit verlor. Er verwarf den Rat der älteren Männer, die die Ratgeber seines Vaters gewesen waren, und entschloß sich, den schmeichlerischen Rat seiner Altersgenossen zu befolgen, den Rat der jungen Männer, die mit ihm aufgewachsen waren. Diese waren genauso unerfahren und kurzsichtig wie er (1. Könige 12:1-24).

      19. Inwiefern kann uns Bescheidenheit in unserem Predigtwerk gute Dienste leisten?

      19 Christliche Bescheidenheit wird uns auch gute Dienste leisten, wenn wir über den Namen und das Königreich Jehovas Zeugnis ablegen, sei es formell oder informell. Wenn wir mit großer Selbstsicherheit reden, mögen wir zwar einige Zuhörer beeindrucken, aber viele andere abstoßen. Wir sollten stets die Aufmerksamkeit auf Jehova Gott und auf sein Wort lenken und nicht auf uns selbst. In diesem Zusammenhang ist der Rat sehr treffend: „Heiligt den Christus als Herrn in eurem Herzen, stets bereit zu einer Verteidigung vor jedermann, der von euch einen Grund für die Hoffnung verlangt, die in euch ist, doch tut es mit Milde und tiefem Respekt“ (1. Petrus 3:15). Bescheidenheit erleichtert es uns, Milde und tiefen Respekt zu bekunden.

      20. (a) Was haben wir bis hierher über Bescheidenheit und über den Mangel an Bescheidenheit gelernt? (b) Welche Frage bleibt noch offen?

      20 Aus alldem können wir deutlich erkennen, welch großer Schaden der Menschheit durch Mangel an Bescheidenheit erwachsen ist. Wir haben auch gesehen, daß Bescheidenheit zweifellos der Weg der Weisheit ist. Diese Gedanken sollten uns helfen, Bescheidenheit zu pflegen. Doch was kann uns noch eine Hilfe sein, christliche Bescheidenheit zu pflegen?

  • Christliche Bescheidenheit pflegen
    Der Wachtturm 1984 | 15. April
    • Christliche Bescheidenheit pflegen

      1. Welche Äußerungen zeigen, daß einige Männer der Welt Bescheidenheit zu schätzen wußten?

      BESCHEIDENHEIT ist eine Tugend, die einst von den Weisen der Welt geschätzt wurde. So sagte zum Beispiel einer von ihnen: „Es kommt selten vor, daß ein bescheidener Mensch nicht bei denen beliebt ist, mit denen er Umgang hat, denn niemand beneidet einen Menschen, der anscheinend mit sich selbst nicht zufrieden ist.“ Und ein anderer sagte: „Bescheidenheit ist ein strahlendes Licht; sie bereitet den Sinn auf die Erkenntnis und das Herz auf die Wahrheit vor.“ Ein Mensch, dem es an Bescheidenheit mangelt, ist wahrscheinlich nicht aufgeschlossen.

      2. Inwiefern haben gewisse berühmte Männer Bescheidenheit bekundet?

      2 Auch einige Männer, die aufgrund ihrer Entdeckungen berühmt wurden, waren bescheiden. So erklärte Albert Einstein einmal: „[Man] gewinnt die Überzeugung, daß sich in den Gesetzen des Universums ein Geist offenbart — ein Geist, der dem des Menschen bei weitem überlegen ist und gegenüber dem wir uns angesichts unserer bescheidenen Kräfte ärmlich vorkommen müssen.“ Und Sir Isaac Newton, den viele für den größten Wissenschaftler aller Zeiten halten, sagte: „Wenn ich weiter als andere geblickt habe, dann deshalb, weil ich auf der Schulter von Giganten stand.“ Die gleiche Einstellung haben offensichtlich einige Chirurgen, die Zeugen Jehovas operiert haben. Nach sehr schwierigen Operationen, die ohne Bluttransfusion erfolgreich durchgeführt wurden, äußerten sie sich gegenüber ihren Patienten, daß nicht den Chirurgen, sondern Gott die Ehre dafür gebühre.

      Beispiele der Bescheidenheit

      3. (a) Was wird uns helfen, Bescheidenheit zu pflegen? (b) Was ist über Moses und seine Bescheidenheit zu sagen?

      3 Was wird uns helfen, die sehr wünschenswerte, ja äußerst notwendige Eigenschaft der Bescheidenheit zu pflegen? All das anzuwenden, was in den beiden vorangegangenen Artikeln über Vermessenheit und Bescheidenheit gesagt wurde, wird uns offensichtlich dabei eine Hilfe sein. Eine weitere Hilfe besteht darin, daß wir berücksichtigen, auf welch machtvolle Weise Jehova durch seine bescheidenen Diener wirkte. Wie hätte sich Gott irgendwelcher Männer bedienen können, die auf Lob ausgewesen wären und die Aufmerksamkeit auf sich selbst statt auf ihren Schöpfer gelenkt hätten! Moses tat das nur einmal, und zwar als er unter großem Druck stand und provoziert wurde — das stimmt. Was ihn das aber kostete! Daß Moses dennoch wirklich bescheiden war, ist daran zu erkennen, daß es ihm anfänglich an Selbstvertrauen mangelte, als er zu Pharao gehen sollte. Außerdem sagt die Bibel: „Moses war bei weitem der sanftmütigste aller Menschen, die es auf der Oberfläche des Erdbodens gab“ (4. Mose 12:3; 2. Mose 4:10-17).

      4. Wie zeigten Elihu und Joseph gebührende Bescheidenheit?

      4 Auch der junge Elihu gab durch seine Bescheidenheit ein vorzügliches Beispiel. Geduldig wartete er, bis die Älteren — Hiob und seine drei Gefährten — ausgeredet hatten, bevor er sprach. Er spielte nicht den Überlegenen, sondern gab seinem Schöpfer alle Ehre (Hiob 32:4-11, 21, 22; 36:9). Joseph, der Sohn des Patriarchen Jakob, zeigte ebenfalls gebührende Bescheidenheit, als man ihn vor den mächtigen Pharao führte und er gefragt wurde, ob er den Traum des Monarchen deuten könne. Er gab Jehova die Ehre für die Deutung von Träumen (1. Mose 40:8; vergleiche Daniel 2:26-30).

      5. Warum war Gideons Bescheidenheit für Jehova Gott bedeutsam?

      5 Betrachten wir auch den Fall Gideons. Als er einen Auftrag erhielt, entgegnete er bescheiden, seine Tausendschaft sei die geringste in Manasse und er sei der Kleinste im Hause seines Vaters. Jehova betrachtete Gideon als genau den richtigen Mann, die Midianiter zu besiegen, denn die Ehre für den Sieg sollte allein ihm gehören, nicht Menschen. Nur ein wirklich bescheidener Mann konnte in dieser Situation den richtigen Dienst leisten (Richter 6:14-16; 7:2-7).

      6. (a) Warum gefiel Jehova die Bitte des jungen Königs Salomo? (b) Welcher andere junge Diener Jehovas bekundete passende Bescheidenheit, und in welcher Hinsicht? (c) Wie mag sich die Einstellung Elihus, Salomos und Jeremias auf verhältnismäßig junge oder unerfahrene Zeugen Jehovas auswirken?

      6 Desgleichen bekundete der junge Salomo Bescheidenheit, als er zum König gemacht wurde. Als Gott ihn in einem Traum fragte, was er sich wünsche, antwortete der bescheidene Salomo: „Ich bin noch ein kleiner Knabe. ... Du sollst deinem Knecht ein gehorsames Herz geben, dein Volk zu richten, um zwischen Gut und Böse zu unterscheiden; denn wer vermag dieses dein schwieriges Volk zu richten?“ Jehova gefiel Salomos Bescheidenheit so sehr, daß er ihm nicht nur Weisheit gab, sondern auch großen Reichtum und Herrlichkeit (1. Könige 3:4-14). Wegen seiner Bescheidenheit machte ihn Jehova zum weisesten aller menschlichen Herrscher. Jeremia offenbarte ähnliche Bescheidenheit im Hinblick auf seine Jugend, als er zum Propheten Jehovas berufen wurde (Jeremia 1:6-8). Bist du ein verhältnismäßig junger oder unerfahrener Zeuge Jehovas? Wenn ja, dann erweist du dich sicherlich als weise, wenn du wie der junge Elihu, der junge Salomo und der junge Jeremia gebührende Bescheidenheit bekundest.

      7. Inwiefern gab Paulus durch seine Worte aus 1. Korinther 2:1-5 für Königreichsverkündiger ein vortreffliches Beispiel der Bescheidenheit?

      7 Bemerkenswert ist auch die Bescheidenheit des Apostels Paulus. Obwohl er ein sehr gebildeter Pharisäer war und später auf machtvolle Weise von Jehova Gott gebraucht wurde, stellte er seine Vorzüge nicht zur Schau. Er selbst sagte: „So kam ich denn, Brüder, als ich zu euch kam, nicht mit übertriebener Redekunst oder Weisheit, um euch das heilige Geheimnis Gottes zu verkünden. Denn ich beschloß, unter euch nichts zu wissen als Jesus Christus und ihn an den Pfahl gebracht. Und ich kam in Schwachheit und mit Furcht und mit vielem Zittern zu euch; und meine Rede und was ich predigte, bestand nicht in überredenden Worten der Weisheit, sondern in Erweisung von Geist und Kraft, damit euer Glaube nicht auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft beruhe“ (1. Korinther 2:1-5). Einige Zeugen Jehovas kommen aus gebildeten Kreisen. Aber wie Paulus bekunden sie beim Verkündigen der guten Botschaft Bescheidenheit, indem sie das vortreffliche Beispiel des Apostels nachahmen.

      8. Inwiefern gab Jesus in bezug auf Bescheidenheit das vorzüglichste und größte Beispiel?

      8 Das größte und vorzüglichste Beispiel in bezug auf Bescheidenheit gab natürlich niemand anders als Jesus Christus. Welch ein Gegensatz doch zwischen dem Sohn Gottes und demjenigen besteht, der Satan, der Teufel, wurde! Niemals hat Christus versucht, Jehova Gott gleich zu sein (Matthäus 4:8-10; Philipper 2:5-8). Jesus ist vielmehr völlig damit zufrieden, der Gehilfe und Sprecher seines Vaters zu sein (Sprüche 8:30; Johannes 1:1). Auf der Erde sprach er wiederholt von seiner Unterordnung unter Gott (Johannes 5:19, 30; 7:28; 8:28, 42). Er beanspruchte die Ehre nicht für sich, sondern lenkte die Aufmerksamkeit auf Jehova (Markus 10:18). Und als er seiner schwersten Prüfung unterzogen wurde, zeigte sich seine Einstellung in den Worten: „Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Becher an mir vorüber. Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst“ (Matthäus 26:39). Jesus gab uns zweifellos ein vorzügliches Beispiel der Bescheidenheit. Daher sollten gewiß alle Geistgeschöpfe Gottes und auch alle Menschen bescheiden sein.

      Bescheidenheit ist sinnvoll

      9. Warum ist es gemäß 1. Korinther 4:6, 7 sinnvoll, wenn Diener Gottes bescheiden sind?

      9 Bescheiden zu sein ist vernünftig; es ist sinnvoll. Sind wir nicht alle unvollkommen? Wer könnte das leugnen! (1. Könige 8:46). Wir alle machen Fehler. Unsere Erfahrung ist begrenzt, und unsere Erkenntnis ist keineswegs allumfassend. Außerdem haben wir alles, was wir haben, empfangen. Deshalb forderte der Apostel Paulus seine Glaubensbrüder auf, nicht über das hinauszugehen, was geschrieben steht, „damit“, wie er sich ausdrückte, „ihr nicht persönlich aufgeblasen werdet zugunsten des einen gegen den anderen. Denn wer macht, daß du dich von einem anderen unterscheidest? In der Tat, was hast du, das du nicht empfangen hast? Wenn du es nun wirklich empfangen hast, warum rühmst du dich, als hättest du es nicht empfangen?“ (1. Korinther 4:6, 7). Offensichtlich ist vieles von dem, was unsere Person ausmacht, von unserem genetischen Erbe abhängig sowie von unserer Umgebung und besonders von Gottes Vorsorge.

      10. Wovon hängt der Erfolg im heiligen Dienst ab, und wie sollte uns das Bewußtsein dieser Tatsache berühren?

      10 Hängt überdies nicht der Erfolg, den wir in unserem heiligen Dienst haben mögen, vom Segen Jehovas ab? Zur Veranschaulichung diene das Beispiel des Landwirts. Ungeachtet, wie hart er arbeiten mag, ist doch das Wetter für den Wuchs der Feldfrüchte sehr ausschlaggebend. Und der Psalmist sagte treffend: „Wenn Jehova selbst das Haus nicht baut, so ist es umsonst, daß seine Bauleute hart daran gearbeitet haben. Wenn Jehova selbst die Stadt nicht behütet, so ist es umsonst, daß der Wächter ständig gewacht hat.“ Den gleichen Gedanken erwähnte der Apostel Paulus im Hinblick auf die Arbeit eines christlichen Dieners Gottes, wenn er schrieb: „Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott aber hat es fortwährend wachsen lassen, so daß weder der Pflanzende etwas ist noch der Begießende, sondern Gott, der es wachsen läßt“ (Psalm 127:1; 1. Korinther 3:6, 7). Ja, wenn wir das im Sinn behalten, müssen wir zustimmen, daß sich Bescheidenheit für uns alle schickt, ungeachtet unserer Fähigkeiten, Leistungen oder Besitztümer.

      Was uns hilft, Bescheidenheit zu pflegen

      11. Wie wird uns Liebe zu Jehova Gott helfen, bescheiden zu sein?

      11 Eine der Eigenschaften, die uns helfen werden, bescheiden zu sein, ist die Liebe, die selbstlose Liebe. Wenn wir alles, was Jehova für uns getan hat und noch tun wird, schätzen, werden wir ihn wirklich mit unserem ganzen Herzen, unserer ganzen Seele, unserem ganzen Sinn und unserer ganzen Kraft lieben (Markus 12:30). Wir werden dann nicht prahlen. Schließlich ist ja Prahlerei das Gegenteil von Bescheidenheit. Wir wollen lieber stets mit gebührender Bescheidenheit reden und handeln, damit wir die Aufmerksamkeit nicht auf uns, sondern auf Jehova Gott lenken, so daß alle Herrlichkeit und Ehre ihm zuteil wird. Dadurch befolgen wir den Rat: „‚Möge sich der Weise nicht seiner Weisheit rühmen, und möge sich der Starke nicht seiner Macht rühmen. Möge sich der Reiche nicht seines Reichtums rühmen. Wer sich aber rühmt, rühme sich allein dessen: Einsicht zu haben und Erkenntnis von mir zu haben, daß ich Jehova bin, der Eine, der liebende Güte, Recht und Gerechtigkeit auf der Erde übt; denn an diesen Dingen habe ich Gefallen‘ ist der Ausspruch Jehovas“ (Jeremia 9:23, 24).

      12. Inwiefern ist ein gutes Verhältnis zu Gott eine Hilfe, bescheiden zu sein?

      12 Ein enges Verhältnis zu Jehova zu pflegen wird uns ebenfalls helfen, stets bescheiden zu sein. Von uns wird erwartet, bescheiden mit unserem Gott zu wandeln (Micha 6:8). Wenn die Größe des Schöpfers, seine Majestät und seine Eigenschaften für uns eine Realität sind, werden wir uns dementsprechend bescheiden benehmen. Wir sollten die gleiche Gesinnung haben wie Moses, der „standhaft [blieb], als sähe er den Unsichtbaren“ (Hebräer 11:27). Es ist so, als wären wir Kinder, die ihr himmlischer Vater bei der Hand nimmt. Uns regelmäßig von Jehovas Wort zu ernähren und ‘im Gebet zu beharren’, ja ‘unablässig zu beten’ wird uns helfen, ein vorzügliches, vertrautes Verhältnis zu Gott zu haben (Römer 12:12; 1. Thessalonicher 5:17).

      13. In welcher Hinsicht kann uns unser Wunsch, Jesus Christus nachzuahmen, helfen, bescheiden zu sein?

      13 Liebe zu unserem Herrn, Jesus Christus, und Wertschätzung für alles, was er für uns getan hat, sowie zu wissen, was es bedeutet, seinen Fußstapfen genau zu folgen, wird uns ebenfalls helfen, bescheiden zu sein. Welch ein vorzügliches, edles, selbstloses und vollkommenes Beispiel Jesus uns doch gab! Je ernster wir unsere Verpflichtung nehmen, seinen Fußstapfen genau nachzufolgen, desto leichter wird es uns fallen, bescheiden zu sein. Wieso? Weil wir erkennen werden, wie weit entfernt wir davon sind, ihn völlig nachzuahmen. Vielleicht sind wir mit uns selbst zufrieden, wenn wir uns mit anderen vergleichen. Haben wir aber auch bei einem Vergleich mit Jesus Christus Grund zur Selbstzufriedenheit? Wir sollten vielmehr ebenso empfinden wie der Apostel Paulus und uns der schmerzlichen Tatsache bewußt sein, daß wir nicht das tun, was wir eigentlich zu tun wünschen, sondern oft das tun, was wir im Grunde nicht tun möchten. Kein Christ, der sich völlig bewußt ist, wie weit er davon entfernt ist, ein Nachahmer Jesu Christi zu sein, wird auf den Gedanken kommen, sich zu rühmen (Römer 7:15-25).

      14. Warum kann Bruderliebe uns helfen, bescheiden zu sein?

      14 Desgleichen wird die Liebe zu anderen Zeugen Jehovas und zu unseren Angehörigen uns helfen, bescheiden zu sein. Es ist so, wie es in einem Königreichslied heißt: „Liebe will das Gute sehn, hilft, daß wir uns gut verstehn.“ Ja, Liebe wird uns veranlassen, die guten Eigenschaften anderer zu schätzen. Aber inwiefern hilft uns das, bescheiden zu sein? Nun, Unbescheidenheit kann andere verletzen oder sie unangenehm berühren. Da wir Personen, die wir lieben, nicht verletzen möchten, macht uns echte Bruderliebe bescheiden. Ein Mangel an Bescheidenheit führt zu Konkurrenzkampf und Rivalität oder ruft bei anderen ein Gefühl der Unterlegenheit hervor. Doch Liebe „prahlt nicht, bläht sich nicht auf“, sondern ist bescheiden (1. Korinther 13:4).

      15. Inwiefern kann Selbstbeherrschung uns helfen, bescheiden zu sein?

      15 Selbstbeherrschung, eine Frucht des heiligen Geistes Gottes, ist uns ebenfalls eine Hilfe, Bescheidenheit zu pflegen (Galater 5:22, 23). Besteht tatsächlich eine Beziehung zwischen diesen beiden Eigenschaften? Jawohl. Manchmal mag jemand ganz impulsiv etwas sagen oder tun, was zu seinem Vorteil ist oder ihm schmeichelt. Sobald er es gesagt oder getan hat, mag er erkennen, daß er einen Fehler begangen hat. So etwas ist möglich, weil das Menschenherz verräterisch, arglistig oder hinterlistig ist (Jeremia 17:9, Einheitsübersetzung; Bruns). Aber Selbstbeherrschung zu üben, innezuhalten und darüber nachzudenken, wie sich unsere Worte und Handlungen auf andere auswirken könnten, wird uns helfen, gebührende Bescheidenheit zu bekunden. Ohne viel nachzudenken, mögen wir uns zum Beispiel das beste oder größte Stück Fleisch oder Kuchen oder die beste oder größte Frucht nehmen, wenn man uns bei einem Essen die Speisen reicht. Doch Selbstbeherrschung und Aufmerksamkeit werden uns eine Hilfe sein, diesem Impuls zu widerstehen. Dasselbe trifft zu, wenn jemand in unbescheidener Weise den besten Platz bei einem Festmahl einnimmt. Er mag, wie Jesus in seinem Gleichnis sagt, gebeten werden, einen unbedeutenderen Platz einzunehmen. Denken wir aber etwas nach und sind wir bescheiden, so bleibt es uns erspart, durch einen solchen Fehler in Verlegenheit zu kommen (Lukas 14:8-11).

      16. Warum kann der Glaube an Jehova uns helfen, bescheiden zu sein?

      16 Eine weitere Frucht des Geistes, die für uns eine Hilfe sein wird, Bescheidenheit zu pflegen, ist der Glaube an Jehova, der einem guten Verhältnis zu ihm entspringt. Der sündige Mensch befürchtet leicht, es entgehe ihm etwas Gutes im Leben, sei es in materieller, intellektueller, emotioneller oder geistiger Hinsicht. Der Glaube an Jehova wird uns aber davon zurückhalten, uns auf anmaßende oder unbescheidene Weise vorzudrängen. Wir werden statt dessen die Angelegenheit in die Hände Jehovas legen. Wenn wir bescheiden sind, können wir so lange warten, bis Jehova die Sache richtigstellt oder es für angebracht hält, daß wir anerkannt oder befördert werden. Bevor David König wurde, bekundete er solche Bescheidenheit. Er hätte die Sache selbst in die Hand nehmen können, denn er war zum König gesalbt worden. Er hätte sogleich der Herrscher Israels werden können, wenn er König Saul getötet hätte oder ihn hätte töten lassen. Aber nein, David wartete bescheiden darauf, daß Jehova ihm das Königtum gab, und Jehova tat dies zu der von ihm bestimmten Zeit (1. Samuel 24:2-6; 26:10, 11).

      17. Auf welche Weise kann Einfühlungsvermögen uns helfen, bescheiden zu sein?

      17 Einfühlungsvermögen, d. h. die Fähigkeit, sich in die Lage anderer versetzen zu können, ist eine weitere Hilfe, Bescheidenheit zu pflegen. Es könnte zum Beispiel sein, daß ein Versammlungsältester aus Mangel an Bescheidenheit wiederholt die Zeit für die ihm in den Versammlungszusammenkünften zugeteilten Programmpunkte überschreitet. Hat er aber Einfühlungsvermögen, so wird er sich in die Lage seiner Mitältesten versetzen können, denen daran gelegen ist, für ihren Programmpunkt genügend Zeit zu haben. Ein bescheidener Ältester denkt auch an die Glaubensbrüder und -schwestern, die es nicht gern haben, daß eine Zusammenkunft ohne zwingenden Grund länger dauert. Ja, Einfühlungsvermögen wird uns veranlassen, nicht nur in der Christenversammlung, sondern allen gegenüber bescheiden zu sein. Bescheidenheit veranlaßte den Apostel Paulus zum Beispiel, ‘den Juden wie ein Jude zu werden, denen unter Gesetz wie einer, der unter Gesetz ist, und den Schwachen ein Schwacher’ — alles um der guten Botschaft willen. Das setzte voraus, daß er bescheiden war und seine Zuhörer erkennen ließ, daß er sich nicht besser dünkte als sie (1. Korinther 9:19-23).

      18. Was kann zugunsten christlicher Bescheidenheit gesagt werden?

      18 Ja, christliche Bescheidenheit ist sehr zu empfehlen. Wie verheerend hat sich doch Unbescheidenheit in der Geschichte ausgewirkt! Bescheiden zu sein ist für einen Christen wirklich sinnvoll. Es trägt zu einem guten Verhältnis zu Gott, zu unseren Glaubensbrüdern, zu unseren Angehörigen und zu anderen bei. Bescheidenheit wird uns auch persönlich eine Hilfe sein, denn sie macht uns zufrieden und bewahrt uns vor Enttäuschungen. Gottes Wort hilft uns weitgehend, bescheiden zu sein. Mögen wir deshalb echte Weisheit offenbaren, indem wir christliche Bescheidenheit bekunden und pflegen.

      Was würdest du antworten?

      □ Auf welche Weise haben einige junge Menschen gemäß dem Bibelbericht Bescheidenheit bekundet?

      □ Inwiefern gab Jesus Christus in bezug auf Bescheidenheit das größte und vorzüglichste Beispiel?

      □ In welcher Hinsicht können Liebe zu Gott und ein gutes Verhältnis zu ihm uns helfen, Bescheidenheit zu pflegen?

      □ Wie kann uns der Wunsch, Jesus Christus nachzuahmen, helfen, Bescheidenheit zu bekunden?

      □ Wie kann uns Bruderliebe helfen, als Anbeter Jehovas bescheiden zu sein?

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