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Jedermann benötigt eine HoffnungDer Wachtturm 1981 | 15. Juli
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Jedermann benötigt eine Hoffnung
„EWIG sprießt die Hoffnung in des Menschen Brust.“ Das sagte der englische Dichter Alexander Pope in seinem philosophischen Lehrgedicht vom Menschen. Zweitausend Jahre früher schrieb der griechische Dichter Theokrit: „Solange man lebt, gibt es Hoffnung.“ Und noch früher schrieb der weise Salomo: „Wer noch all den Lebenden zugesellt ist, für den ist noch Hoffnung“ (Pred. 9:4, Jerusalemer Bibel).
Ja, zu allen Zeiten benötigten die Menschen eine Hoffnung. Heute gibt es Millionen, die sagen, die einzige Hoffnung bestehe in einer besseren Welt, die durch den Kommunismus herbeigeführt werde. Nach ihrer Auffassung werden durch Revolutionen bessere Verhältnisse für die Masse geschaffen. Sie schließen sich dem Franzosen Gabriel Peri, einem kommunistischen Märtyrer, an, der erklärte, dank dem Kommunismus hätten künftige Generationen glückliche Zukunftsaussichten. Freilich sind viele Menschen desillusioniert worden, weil sie gesehen haben, wie enttäuschend die Leistungen von Regierungen sind, die sich an marxistische Grundsätze halten. Dennoch ist der Kommunismus für Millionen auf ihrer Suche nach einer Welt mit sozialer Gerechtigkeit immer noch „die Hoffnung“.
Einer halben Milliarde Moslems bietet der Koran die Hoffnung auf ewige Seligkeit in einem Paradies, das „der Garten“ genannt wird und in dem die Gesegneten in einem auferweckten Leib einmal in Luxus leben würden. Viele Moslems hoffen sogar auf ein Millennium oder eine tausendjährige Friedensherrschaft auf der Erde vor dem Jüngsten Gericht. Alle, die Allah verwirft, werden in der Hölle ewig gequält.
Hunderte von Millionen Hindus und Buddhisten hoffen, das Nirwana zu erreichen. Für die Hindus ist das Nirwana ein buchstäbliches „Ausblasen“ oder Erlöschen der Lebensflamme durch die Vereinigung mit dem Brahman, der unpersönlichen Weltseele. Für die Buddhisten ist das Nirwana „der Zustand vollkommener Glückseligkeit, der durch das Erlöschen der individuellen Existenz und die Vereinigung der Seele mit dem höchsten Geist erreicht wird“.
Für die Hunderte von Millionen Menschen, die sich zum Christentum bekennen, gehört, wie es heißt, die Hoffnung zusammen mit Glauben und Liebe zu den drei „theologischen Tugenden“. Über diese drei Tugenden ist in der Cyclopædia von M’Clintock und Strong zu lesen: „Der Glaube ist die Wurzel, die Liebe der fruchttragende Stamm und die Hoffnung die zum Himmel ragende Krone des christlichen Lebensbaumes.“
Nach diesem protestantischen Werk besteht die Hoffnung von Angehörigen der Christenheit darin, in den Himmel zu kommen. Dieselbe Ansicht wird in der Catholic Encyclopedia vertreten, wo unter „Hoffnung“ zu lesen ist: „[Die Hoffnung] wird als eine göttliche Tugend definiert, aufgrund deren wir zuversichtlich darauf warten, mit Gottes Hilfe die ewige Seligkeit zu erlangen ... All das ist nur unter der Voraussetzung verständlich, die wir für gegeben nehmen, nämlich daß es so etwas wie die übernatürliche Ordnung gibt und daß die einzig realisierbare letzte Bestimmung des Menschen in der gegenwärtigen Vorsehung Gottes in dieser Ordnung liegt. ... Die Hoffnung hat hauptsächlich die Gemeinschaft mit Gott im Himmel zum Gegenstand“ (Kursivschrift von uns).
Den Katholiken und den meisten Protestanten steht somit als einzige Hoffnung die „ewige Seligkeit ... im Himmel“ in Aussicht. Wenn sich diese nicht verwirklicht, gibt es für sie überhaupt keine Hoffnung. In dem Werk A Catholic Dictionary heißt es: „Die Verdammten in der Hölle können nicht hoffen, denn sie können keine Rettung erwarten.“ Die Inschrift, die Dante in seiner Vorstellung über der Tür zur Hölle sah, lautete: „Laßt alle Hoffnung fahren, ihr, die ihr eintretet“.
Geht es aber für alle, die an Gott und Christus glauben, tatsächlich entweder um „ewige Seligkeit“ im Himmel oder um den hoffnungslosen Zustand der ewigen Strafe in der „Hölle“? Da das Christentum fest in der Bibel verwurzelt ist, können wir uns fragen, was die Heilige Schrift einerseits über die christliche Hoffnung und andererseits über die Strafe zu sagen hat.
Die Millionen, die vom Kommunismus fasziniert sind, lassen sich offensichtlich nicht von der „himmlischen Seligkeit“ anlocken, auf die die Kirchen der Christenheit als einzige Hoffnung hinweisen. Könnte es denn nicht sein, daß die Bibel diesen Menschen — nicht nur für ein kurzes Leben, sondern für alle Ewigkeit — gerade das in Aussicht stellt, was sie im Kommunismus gefunden zu haben glauben, nämlich die Hoffnung auf eine Welt mit „sozialer und wirtschaftlicher Gleichheit für alle“ in einer „klassenlosen Gesellschaft“?
Könnte es sogar sein, daß die Bibel den Millionen Moslems eine Hoffnung bietet, die dem im Koran in Aussicht gestellten paradiesischen „Garten“ gleicht, aber ohne die Gefahr, in die „Hölle“ zu kommen?
Und wie verhält es sich mit den Hunderten von Millionen Anhängern gewisser orientalischer Religionen, die gelehrt worden sind, jegliche materielle Daseinsform bedeute Leiden, und für die daher das Leben auf der Erde etwas Schlechtes ist? Würden diese Menschen nicht auf ihr Dasein im Nirwana verzichten, wenn sie sich davon überzeugen könnten, daß das Leben auf der Erde nicht als eine Zeit des Leidens gedacht war, so wie sie es kennengelernt haben? Könnte die Bibel ihnen nicht vielleicht helfen, ihre Einstellung zum Leben zu ändern, und könnte sie ihnen nicht eine Hoffnung geben, die mehr dem natürlichen Verlangen vernünftig denkender Menschen entspricht?
Untersuchen wir einmal mit diesen Fragen im Sinn die Bibel und die Religionsgeschichte, um festzustellen, ob die einzige Hoffnung für die Menschheit tatsächlich darin besteht, „in den Himmel zu kommen“. Da nach der Bibel die Menschheit schon vor der Entstehung des Christentums eine Hoffnung erhielt, wollen wir zunächst in die vorchristliche Zeit zurückgehen und feststellen, welche Hoffnung die Juden damals hatten.
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Der Ursprung der MillenniumshoffnungDer Wachtturm 1981 | 15. Juli
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Der Ursprung der Millenniumshoffnung
HEUTE besteht kein großer Unterschied zwischen den Hoffnungen und Ängsten eines Katholiken, eines Protestanten und denen eines Juden. Sie glauben fast alle an die Unsterblichkeit der Menschenseele und in Verbindung damit an eine himmlische Seligkeit in einer ätherischen Welt und an die ewige Qual in einer Art „Hölle“.
Da die Glaubensgemeinschaften der Christenheit auf ihre Verwandtschaft mit dem Monotheismus der Juden pochen und behaupten, die jüdischen Schriften als inspiriert anzuerkennen, wird es interessant sein, herauszufinden, ob die heutige Hoffnung der Juden und der sogenannten Christen mit der in den Hebräischen Schriften niedergelegten Hoffnung und mit den ursprünglichen Glaubensansichten der Juden übereinstimmt.
DIE HOFFNUNG AUF DEN MESSIAS
Gemäß der alten Synagoge der Juden gibt es 456 Stellen im hebräischen Teil der Bibel, die vom Messias handeln. Was genau erwarteten die Juden, gestützt auf Texte wie 1. Mose 3:15, 22:15-18, 49:10 und 5. Mose 18:18, um nur vier davon zu nennen? Was war ihre Hoffnung?
Ein maßgebendes jüdisches Nachschlagewerk gibt darüber Aufschluß: „Die Vorstellung von einem persönlichen Messias zieht sich durch das Alte Testament. Sie ist das natürliche Ergebnis der prophetischen Zukunftshoffnung. Der erste Prophet, der ein detailliertes Bild des künftigen idealen Königs gab, war Jesaja (ix. 1-6 [in nichtjüdischen Bibeln Vers 2-7], xi. 1-10, xxxii. 1-5). ... Der ideale König, nach dem Jesaja ausblickt, wird ein Sproß [Nachkomme] des Stumpfes Isais sein, auf dem der Geist Gottes als ein Geist der Weisheit, Tapferkeit und Religion ruhen wird und der in der Furcht Gottes herrschen wird, seine Lenden mit Gerechtigkeit und Treue gegürtet (xi. 1-3a, 5). Er wird weder Krieg führen noch die Nationen unterwerfen; die Kriegsausrüstung wird vernichtet werden (ix. 4 [5]); er wird einzig und allein daran interessiert sein, dem Recht unter seinem Volk Geltung zu verschaffen (ix. 6b [7b]; xi. 3b, 4). Die Folge seiner gerechten Regierung wird Frieden und Ordnung im ganzen Land sein. Das Lamm wird den Wolf nicht fürchten, noch wird der Leopard dem Zicklein Schaden zufügen (xi. 8 [6]); das heißt, wie die folgenden Verse erklären, wird Tyrannei und Gewalttätigkeit auf Gottes heiligem Berg nicht mehr ausgeübt werden, denn das Land wird voll der Erkenntnis Gottes sein, wie das Wasser das Meer bedeckt (vergl. xxxii. 1, 2, 16). Das Volk wird nicht mehr nach politischer Größe streben, sondern ein Hirtenleben führen (xxxii. 18, 20). Unter solch idealen Verhältnissen kann das Land nur gedeihen, es hat keinen Angriff von anderen Nationen zu fürchten (ix. 6a [7a], xxxii. 15). Der neu aufgestiegene Sproß Isais wird als eine Leuchte für andere Nationen hervortreten, und sie werden Leitung und richterliche Entscheidungen von ihm erbitten (xi. 10). Zu Recht wird er ,Wunderbarer Ratgeber‘, ,Gottähnlicher Held‘, ,Ständiger Vater‘, ,Friedefürst‘ genannt werden (ix. 5 [6]).
Dieses Bild von der Zukunft entspricht voll und ganz der Sicht Jesajas, gemäß der das Gericht eine geistige Regeneration und einen Zustand sittlich-religiöser Vollkommenheit herbeiführen wird“ (The Jewish Encyclopedia, Bd. 8, Seite 506).
Soviel zu der Hoffnung auf den Messias, die den Juden durch die heiligen Schriften vermittelt wurde. Sie war gewiß nicht auf den Himmel ausgerichtet. Doch wie verhält es sich mit außerbiblischen Schriften der Juden? In dem erwähnten Nachschlagewerk ist etwas später noch zu lesen: „Die Vorstellung von einem irdischen Messias ist in der rabbinischen apokalyptischen Literatur die vorherrschende und vom Ende des ersten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung an auch die, die offiziell vom Judaismus anerkannt wird“ (S. 510).
EINE IRDISCHE HOFFNUNG
Die ursprüngliche Hoffnung der Juden war demnach eine irdische. Es gibt keinen biblischen Beweis dafür, daß ihre glaubenstreuen Vorfahren Abraham, Isaak und Jakob hofften, in den Himmel zu kommen. Das durch Moses übermittelte Gesetz bot keine derartige Hoffnung. Dasselbe kann von den poetischen Büchern der Hebräischen Schriften und von den Propheten gesagt werden.
In dem Werk Dictionnaire de Théologie Catholique heißt es diesbezüglich: „Man beachte, wieviel der religiösgesinnte Mensch im Alten Testament für sich, für seine Familie und für sein Vaterland an zeitlicher Wohlfahrt erhoffte, gestützt auf die göttlichen Verheißungen, abgesehen von der Hoffnung auf geistige und sittliche Gaben, der Hoffnung auf das Kommen des Messias und seines Königreiches“ (Kursivschrift von uns).
Das protestantische Werk Dictionnaire Encyclopédique de la Bible bestätigt dies, wenn es sagt: „Die im A. T. [Alten Testament] enthaltenen Hoffnungen bildeten sich allmählich heraus. Anfangs waren es die irdischen Segnungen, die politische Wiederherstellung, die Wiederansiedlung des Volkes. ... [Diese] Hoffnung entwickelt sich, sie wird universell, Jehova ist der Herr der Welt ... Der ,Diener des Ewigen‘ wird kommen; durch sein Leiden und seine Demütigung wird er sein Volk retten. Jesaja 42:1-4 zeigt, daß die Welt ihre Hoffnung auf seine Lehren setzt. Dann wird die Herrlichkeit des Dieners des Ewigen kommen, die messianische Ära, die neue Menschheit“ (Kursivschrift von uns).
Das Werk The Jewish Encyclopedia gibt folgenden guten Überblick über diese irdische Hoffnung der Juden: „Die Propheten entwickelten die Hoffnung auf eine ideale messianische Zukunft durch die Herrschaft eines Sohnes aus dem Hause Davids — das goldene Zeitalter paradiesischer Seligkeit ... Es soll in Form einer Welt vollkommenen Friedens und völliger Harmonie unter allen Geschöpfen kommen — der engelhafte Zustand des Menschen, bevor er sündigte (Jes. xi. 1-10, lxv. 17-25: ,neue Himmel und eine neue Erde‘). ... ,die Bekehrung aller Geschöpfe, die eine einzige Schar werden und den Willen Gottes tun‘, ist das hervorstechende Thema der messianischen Hoffnung Israels; lediglich die Beseitigung des ,Reiches der Gewalt‘ muß der Aufrichtung des Königreiches Gottes vorausgehen. ... Das Perso-Babylonische Weltjahr von zwölf Millennien wurde jedoch in der jüdischen Eschatologie [die Lehre vom Endschicksal der Menschen und der Welt] in eine Weltwoche von sieben Millennien umgewandelt, die der Schöpfungswoche entspricht, da der Vers: ,Tausend Jahre sind in deinen Augen wie der gestrige Tag‘ (Ps. xc. 5) zu der Vorstellung angeregt hat, auf die gegenwärtige leidvolle Welt (‘‛olam ha-zeh’) müsse ein Tausendjahrsabbat, ,die zukünftige Welt‘, folgen (‘‛olam ha-ba’ ...)“ (Bd. 5, Seite 209—211) (Kursivschrift von uns).
AUFERSTEHUNG STATT UNSTERBLICHKEIT DER SEELE
Jahrhundertelang teilten die Juden nicht den heidnischen Glauben an die Unsterblichkeit der Menschenseele. Sie waren ein gebildetes Volk, und jeder des Lesens kundige Jude konnte Dutzende von Texten in den Hebräischen Schriften einsehen, die unzweideutig besagen, daß die „Seele“ (hebräisch: nephesch) sterben kann. Die folgenden sind nur einige davon: 1. Mose 19:19, 20; 4. Mose 23:10; Josua 2:13, 14; Psalm 22:29 (in jüdischen Bibeln Vers 30); Hesekiel 18:4, 20.
Die ursprüngliche Hoffnung der Juden auf ein Leben im Paradies, das durch den Messias auf der Erde wiederhergestellt wird, beruhte somit nicht auf dem Glauben an die Unsterblichkeit, sondern auf dem Glauben an die Auferstehung. Das wird in dem Werk The Jewish Encyclopedia bestätigt, wo wir lesen: „Die Auferstehung gehörte mit zur messianischen Hoffnung (Jes. xxvi. 19; Dan. xii. 2). ... Ursprünglich hielt man die Auferstehung für eine nur den Gerechten gewährte übernatürliche Wohltat ..., doch später betrachtete man sie als allgemein zutreffend und mit dem Jüngsten Gericht verbunden ... Ob die Formung des Leibes bei der Auferstehung dieselbe ist wie bei der Geburt, ist ein Streitgegenstand zwischen den Hilleliten und den Schammaiten“ (Bd. 5, Seite 216).
Dasselbe jüdische Nachschlagewerk sagt über „Gehenna“ (die „Hölle“ der Christenheit): „Es gibt keine schriftgemäße Grundlage für den Glauben, der Seele werde nach dem Tode vergolten; diese Ansicht stammt von den Babyloniern und den Persern und erhielt eine jüdische Färbung durch das Wort ,Gehinnom‘, das Tal Hinnoms, das durch die Feueropfer, die Manasse dem Moloch darbrachte, zu etwas Abscheulichem wurde (II. Könige xxiii. 10)“ (ebd., Seite 217).
Wie kommt es also, daß jüdische Theologen heute im allgemeinen die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele und der ewigen Strafe vertreten? Das Werk Supplément au Dictionnaire de la Bible liefert dazu folgenden Aufschluß: „Die Rettung hatte man sich [unter den Juden] zuerst in irdischen Begriffen vorgestellt. ... So strahlend die Aussicht auf den Messias auch war und so lang die künftige Herrschaft auch sein sollte — einige glaubten anscheinend sogar, sie sei ewig —, das Fundamentale dieser religiösen Epoche war das Nationale und Irdische. Dann setzte sich ... immer mehr eine neue Perspektive durch: die ,Entdeckung‘ eines glücklichen Daseins nach dem Tode“ (Kursivschrift von uns).
Wie „entdeckten“ die Juden, daß der Mensch eine „Seele“ habe, die nach dem Tode des Körpers weiterlebe? Erneut liefern uns maßgebende Nachschlagewerke eindeutigen Aufschluß. In der Jewish Encyclopedia wird eingeräumt: „Nur dadurch, daß die Juden mit persischem und griechischem Denken in Berührung kamen, schlug die Idee von einer entkörperten Seele mit Eigenpersönlichkeit im Judaismus Wurzeln.“ Das wird durch das Werk Dictionnaire Encyclopédique de la Bible mit den Worten bestätigt: „Der Begriff der Unsterblichkeit ist das Produkt des griechischen Geistes, wohingegen die Auferstehungshoffnung dem jüdischen Denken angehört. ... Nach Alexanders Eroberungen drangen in den Judaismus langsam hellenistische Vorstellungen ein.“
Wer daran zweifelt, daß die Juden ursprünglich nicht an die Unsterblichkeit der Seele glaubten, sollte beachten, daß man sich in dieser Frage sogar im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung noch nicht einig war, was dadurch bewiesen wird, daß die Pharisäer an die Unsterblichkeit glaubten, während die Sadduzäer nicht daran glaubten. (Siehe Josephus, Jüdische Altertümer, 18. Buch, 1. Kapitel, Absatz 3, 4; Der Jüdische Krieg, 2. Buch, 8. Kapitel, Absatz 14; vergleiche Apostelgeschichte 23:8.)
DIE URSPRÜNGLICHE MESSIANISCHE HOFFNUNG ABGEWANDELT
Wie die Juden allmählich ihre Hoffnung auf ein künftiges Leben durch die Auferstehung aufgaben und die heidnische Vorstellung von einer entkörperten, unsterblichen „Seele“ übernahmen, so wandelte sich auch ihre ursprüngliche messianische Hoffnung. Im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung war aus der messianischen Hoffnung der Juden eine nationalistisch-politische Hoffnung geworden.
Dies wird in dem Werk The Jewish Encyclopedia bestätigt, wo zu lesen ist: „Erst nach dem Fall der makkabäischen Dynastie [2. Jahrhundert v. u. Z.], als die Despotenherrschaft Herodes’ des Großen und seiner Familie und die zunehmende Tyrannei des Römischen Reiches die Zustände noch unerträglicher gemacht hatten, suchten die Juden Zuflucht in der Hoffnung auf einen persönlichen Messias. Sie sehnten sich nach dem verheißenen Befreier aus dem Hause Davids, der sie von dem Joch des verhaßten fremden Bedrückers befreien ... würde.“
Alfred Edersheim schreibt in seinem Werk Life and Times of Jesus the Messiah: „Israels Hoffnung richtete sich einzig und allein auf die Wiederherstellung der Nation und deren Herrlichkeit. Alles andere war nur Mittel zum Zweck, der Messias selbst nur das großartige Werkzeug zur Verwirklichung dieser Ziele. ... Nach dem rabbinischen Ideal war der Messias nicht ,ein Licht zur Erleuchtung der Heiden und die Herrlichkeit seines Volkes Israel‘, die Abhilfe für die Nöte der Menschheit.“
Edersheim weist ferner darauf hin, daß die religiösen Führer der Juden im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung nicht mehr auf einen Messias-Erlöser hofften. Er sagt: „Soweit ihren Schriften zu entnehmen ist, vertraten die alten Rabbiner nicht die große Lehre von der Ursünde und der Sündhaftigkeit unserer ganzen Natur. ... Da kein spürbares Bedürfnis nach Befreiung von der Sünde vorhanden war, können wir verstehen, warum die rabbinische Überlieferung keinen Platz für das Priesteramt des Messias fand und warum selbst sein Anspruch, der Prophet seines Volkes zu sein, fast völlig von seinem Erscheinen als König und Befreier [der Juden] überschattet wurde. Das war tatsächlich der vordringlichste Wunsch, der um so stärker wurde, als die Leiden der Nation Israel fast unerklärlich schienen.“
So verloren die Juden ihre ursprüngliche Hoffnung allmählich aus dem Auge. Die Hoffnung auf einen messianischen König, der nicht nur über die Juden herrschen würde, sondern auch „eine Leuchte für andere Nationen“ wäre, wich der fanatischen Hoffnung auf einen nationalen Führer, der ihnen den Sieg über ihre politischen und religiösen Feinde bringen sollte. Die irdische Hoffnung auf einen „Tausendjahrsabbat“, an dem der Messias das „goldene Zeitalter paradiesischer Seligkeit“, eine „Welt vollkommenen Friedens und völliger Harmonie unter allen Geschöpfen“, herbeiführen würde, wurde durch eine vage himmlische Hoffnung ersetzt, die auf der von den Babyloniern, den Persern und den Griechen übernommenen Vorstellung von der Unsterblichkeit beruhte.
Die Zeit verging. Es erschien kein solcher politischer Messias, der die Juden befreite oder sie nach der Zerstörung Jerusalems (70 u. Z.) wieder sammelte und ansiedelte. So schwand selbst diese abgewandelte messianische Hoffnung aus dem Herzen der Juden. Edersheim schreibt: „Warum haben sich die Erlösung Israels und das Kommen des Messias so unerklärlich lange verzögert? Die Synagoge steht hier vor einem unlösbaren Rätsel. Die Erklärungsversuche sind, wie man zugibt, Mutmaßungen oder vielmehr Versuche, dem Problem aus dem Weg zu gehen. Es bleibt nichts anderes übrig, als autoritativ über alle derartigen Fragen Schweigen zu verhängen — das Schweigen eines, wie man es nennt, bedingungslosen, traurigen Sichfügens in das Unerklärliche, ... das Schweigen immer wiederkehrender Enttäuschung und Verzweiflung. So besteht die große Hoffnung der Synagoge gleichsam in einer Inschrift auf einem zerbrochenen Grabstein — eine Hoffnung von Tausenden, die während all der Jahrhunderte die Ruinen des Heiligtums mit vergeblichen Tränen benetzt haben.“
Aufrichtige Juden haben glücklicherweise immer noch die Möglichkeit, die ursprüngliche Hoffnung auf das irdische Paradies anzunehmen, das unter der Herrschaft des Messias wiederhergestellt werden wird, und einige von ihnen haben sie bereits angenommen und ihre Tränen getrocknet. Doch für viele weitere unserer Leser bleibt die Frage bestehen: Wie wirkte sich das Kommen Jesu Christi, des Messias, auf die Hoffnung auf einen „Tausendjahrsabbat“ des Friedens und der Harmonie unter allen irdischen Geschöpfen aus? Wie kommt es, daß praktisch alle protestantischen und katholischen „Christen“ nicht die Hoffnung auf ein Millennium haben, wenn doch Christus diese Hoffnung bestätigte?
[Bild auf Seite 5]
Die „glücklichen Zukunftsaussichten“ der Kommunisten? Das Nirwana der Hindus und Buddhisten? Die „himmlische Seligkeit“ der Katholiken und Protestanten? Welche Hoffnung bietet die Bibel?
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Katholiken der Millenniumshoffnung beraubtDer Wachtturm 1981 | 15. Juli
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Katholiken der Millenniumshoffnung beraubt
HIMMEL oder Hölle — welch ein Gegensatz! Den Millionen von Katholiken, Protestanten, Juden und Moslems wird entweder das eine oder das andere in Aussicht gestellt. Für Katholiken liegt möglicherweise auf dem Weg zum Himmel noch das Fegefeuer. Doch die Furcht vor der Hölle und die Hoffnung, in den Himmel zu kommen, sind so vage, daß viele aufrichtige Gläubige bezweifeln, daß es so etwas gibt.
Es überrascht daher nicht, daß der französische Kirchenschriftsteller Jacques Duquesne über Gespräche, die er mit zwei praktizierenden Katholiken führte, folgendes berichten konnte. (Mit einem Mann:) „Glauben Sie an die Hölle?“ — „O nein, natürlich nicht! ...“ — „Und an den Himmel?“ — „Einen solchen Ort gibt es genausowenig wie die Hölle.“ (Mit einer Frau:) „Was geschieht Ihrer Meinung nach mit uns, wenn wir sterben?“ — „Wenn wir sterben? Seit einigen Jahren glaube ich nicht mehr, daß es danach noch irgend etwas gibt.“ — „Was meinen Sie damit?“ — „Es gibt kein Weiterleben. Es kann doch jeder sehen, daß der Körper nicht mehr lebt. Und die Seele ..., die Seele auch nicht. Weiter weiß ich nichts. Ich weiß wirklich nicht. ...“ — „Aber Sie glauben immer noch fest an Gott?“ — „Ja, unbedingt.“ — „Weshalb glauben Sie?“ — „Um eine Hoffnung zu haben“ (Dieu pour l’homme d’aujourd’hui [Gott für Menschen von heute]).
Ganz offensichtlich hat die katholische Kirche ihren Mitgliedern keine Hoffnung vermittelt, die festen Glauben hervorruft. Zweifel und sogar Unglauben gehören zu den schlechten Früchten, die heute von allen traditionellen Glaubensgemeinschaften der Christenheit hervorgebracht werden. In vielen vorwiegend katholischen Ländern hat die vage und verschwommene Hoffnung auf „himmlische Seligkeit“ nicht verhindern können, daß Millionen ihren Glauben verloren und sich dem Kommunismus zugewandt haben, weil sie sich von ihm die Erfüllung ihres natürlichen und rechtmäßigen Verlangens nach einem annehmbaren Leben auf der Erde erhoffen. Statt die unsichere Hoffnung auf „ewige Seligkeit“ im Himmel zu hegen, haben manche anscheinend eher den Wunsch, siebzig Jahre glücklich auf der Erde zu leben. Und selbst diese Hoffnung erweist sich als trügerisch.
„MILLENARISMUS“ VERACHTET
Viele sind zu lauwarmen „Christen“ geworden, die mehr an dem interessiert sind, was heute geschieht, als an der Erfüllung der christlichen Hoffnung. Ein Grund dafür besteht darin, daß die Kirchen der Christenheit diese Hoffnung entstellt haben. Sie sprechen mit Verachtung von aufrichtigen Christen, die auf das Millennium oder die Tausendjahrherrschaft Christi hoffen. In dem geachteten mehrbändigen französischen Werk Dictionnaire de Théologie Catholique wird beispielsweise „Millenarismus“ wie folgt definiert: „Falsche Glaubensauffassung von Personen, die eine zeitliche Herrschaft des Messias erwarteten, deren Länge sie zuweilen mit tausend Jahren angaben. ... Seit dem fünften Jahrhundert spricht man nicht mehr vom Millenarismus [Chiliasmus], außer in seltenen Fällen bei einigen schwärmerischen Sekten.“
Doch wenn sich dieses maßgebliche katholische Werk auch verächtlich über diejenigen äußert, die an die Tausendjahrherrschaft des Messias glauben, gibt es doch zu, daß man vor dem fünften Jahrhundert vom Millenarismus oder Chiliasmus sprach. Mit anderen Worten: Man verlor die Millenniumshoffnung im fünften Jahrhundert aus dem Auge. Warum? Aus der Bibel geht hervor, daß die ersten Christen an die Tausendjahrherrschaft Christi glaubten. Wird das durch die Geschichte bestätigt? Wenn ja, wie wurden dann die Katholiken und die Protestanten der Millenniumshoffnung beraubt? Wir wollen sehen, was geachtete Nachschlagewerke und Geschichtsbücher zu diesen Fragen zu sagen haben.
DAS ZEUGNIS DER „KIRCHENVÄTER“
Katholische Nachschlagewerke geben zu, daß viele der frühen „Kirchenväter“ an die Tausendjahrherrschaft Christi oder das Millennium glaubten und diese Lehre vertraten. In der Catholic Encyclopedia heißt es: „Unter Katholiken erschien Bischof Papias von Hierapolis, ein Jünger des heiligen Johannes [des Apostels], später als ein Verfechter des Millenarismus [Chiliasmus]. Er behauptete, seine Lehre von Zeitgenossen der Apostel übernommen zu haben. Irenäus berichtet, andere ,Presbyter‘ [Älteste], die den Jünger Johannes gesehen und gehört hätten, hätten von ihm gelernt, daß die Lehre des Herrn den Glauben an das Tausendjährige Reich einschließe. ...
Millenaristische Vorstellungen werden von den meisten Kommentatoren in der Epistel des heiligen Barnabas [frühes 2. Jahrhundert] gefunden ... Der heilige Irenäus von Lyon, in Kleinasien gebürtig, übernahm, von den Gefährten des heiligen Polykarp beeinflußt, millenaristische Vorstellungen, die er in seinem Werk gegen die Gnostiker behandelt und verteidigt ... Der heilige Justinus von Rom, der Märtyrer, widerspricht in seinem Dialog mit Tryphon (Kap. 80, 81) den Juden, was die Lehre vom Millennium betrifft ... Ein Zeuge für den Fortbestand des Glaubens an das Tausendjährige Reich in der Provinz Asien ist der heilige Melito, im 2. Jahrhundert Bischof von Sardes. ...
Tertullian, der Vorkämpfer des Montanismus, legt die Lehre aus ... [und sagt,] daß am Ende der Zeit das große verheißene Reich, das neue Jerusalem, aufgerichtet und tausend Jahre bestehen werde. Alle diese millenaristischen [chiliastischen] Schriftsteller berufen sich auf mehrere Stellen in den prophetischen Büchern des Alten Testaments, auf einige Stellen in den Briefen des heiligen Paulus und auf die Apokalypse [Offenbarung] des heiligen Johannes“ (Kursivschrift von uns).
WER IST WIRKLICH „APOSTOLISCH“?
Eines der wichtigsten Argumente, mit denen die katholische Kirche ihren Anspruch zu stützen sucht, den protestantischen Kirchen und auch Jehovas Zeugen überlegen zu sein, ist ihre Behauptung, die einzige Hüterin der aus der Zeit der Apostel stammenden christlichen Tradition zu sein. In A Catholic Dictionary ist zu lesen: „Die römische Kirche ist apostolisch, da ihre Lehre in dem Glauben besteht, der einst den Aposteln geoffenbart wurde, dem Glauben, den sie hütet und erklärt, ohne etwas hinzuzufügen oder wegzunehmen“ (Kursivschrift von uns).
Doch die in der Catholic Encyclopedia zitierten Männer, die die Millenniumshoffnung lehrten, werden von der katholischen Kirche selbst zu den frühen „Kirchenvätern“ gezählt. Zwei von ihnen (Polykarp und Papias) sollen den Apostel Johannes gesehen und gehört und Jünger kennengelernt haben, die Jesus und einige seiner Apostel kannten. Die anderen der zitierten „Väter“ oder „Kirchenväter“ lebten im zweiten oder Anfang des dritten Jahrhunderts, und sie glaubten alle an die Tausendjahrherrschaft Christi.
In dem Dictionnaire de Théologie Catholique, einem sehr maßgeblichen Werk, heißt es sogar, Zeitgenossen des Papias, die noch „intelligenter“ und „scharfsinniger“ gewesen seien als er, „glaubten wie er an die Tausendjahrherrschaft und betrachteten diese Glaubenslehre als eines der wesentlichen christlichen Glaubensdogmen“. In demselben katholischen Nachschlagewerk ist zu lesen, daß sich Justinus der Märtyrer, obwohl er wußte, daß einige seiner Zeitgenossen seine Ansicht über das Millennium nicht teilten, in dieser Frage für den „Hüter der mehr orthodoxeren Lehre“ hielt. Über Irenäus sagt dieses Werk: „Für ihn gehört der Millenarismus [Chiliasmus] zu den traditionellen Lehren. ... Dem heiligen Irenäus erschien der Millenarismus [Chiliasmus] unbedingt notwendig, wenn man die Schrift richtig erklären wollte“ (Band X, Spalte 1761, 1762) (Kursivschrift von uns).
Wer kommt also der wahren apostolischen Lehre und Tradition näher: die katholische Kirche, die diejenigen, die immer noch an die Tausendjahrherrschaft Christi glauben, eine „schwärmerische Sekte“ nennt, oder Jehovas Zeugen, die die Millenniumshoffnung hochhalten? Wie kommt es, daß diese Hoffnung keine katholische Glaubenslehre mehr ist?
ABTRÜNNIGE STELLEN DIE CHRISTLICHE HOFFNUNG FALSCH DAR
Wie der vorangegangene Artikel zeigt, ersetzten die Juden aufgrund des Abfalls, der in den letzten Jahrhunderten vor unserer Zeitrechnung eintrat, ihre Hoffnung auf die Auferstehung durch die heidnische Lehre von der Unsterblichkeit der Seele und wandelten ihre ursprüngliche messianische Hoffnung in eine politische Hoffnung um. Desgleichen brachte der vorhergesagte Abfall unter den Christen (Apg. 20:29, 30; 2. Thess. 2:3; 1. Joh. 2:18, 19) eine Falschdarstellung der Millenniumshoffnung mit sich.
Der jüdische Gelehrte Hugh J. Schonfield sagt: „Die Abkehr der Christen von der Hoffnung auf ein irdisches Reich Gottes setzte sich erst im 2. Jahrhundert durch.“ „Trotz aller Aufrufe zu Standhaftigkeit, Loyalität und Ausharren waren immer mehr Christen enttäuscht und verließen entweder die Kirche oder folgten jenen Lehrern, die weniger erdgebundene Auslegungen über das Wesen des Christentums boten.“
Über diese „Abkehr“ von der Hoffnung auf das Paradies, das durch das messianische Königreich, die himmlische Regierung, auf der Erde wiederhergestellt wird, ist in dem Theologischen Begriffslexikon zum Neuen Testament (S. 998 unter „Paradies“) zu lesen: „Im weiteren Verlauf der Kirchengeschichte sind in die Vorstellung vom Paradies viele außerbiblische Motive und Gedankenbilder aufgenommen worden ... Die kirchliche Paradies-Spekulation bzw. die Vorstellungen der Volksfrömmigkeit hängen auch damit zusammen, daß an die Stelle der nt. [neutestamentlichen] Eschatologie mit ihrer Hoffnung auf die Auferstehung der Toten und die neue Schöpfung (Offb 21f) die spätantike Lehre von der Unsterblichkeit der Seele getreten ist: Die Seele empfängt nach dem Tod das Gericht und gelangt in das — jetzt jenseitig gedachte! — Paradies“ (Kursivschrift von uns).
Somit verlegten abtrünnige Christen durch die Übernahme der griechischen Lehre von der Unsterblichkeit der Seele das Paradies von der Erde in den Himmel und gaben damit die ursprüngliche Millenniumshoffnung auf. Dies wird in dem Werk The Encyclopædia Britannica (1977) durch den Hinweis bestätigt: „Der Einfluß griechischen Gedankenguts auf die christliche Theologie untergrub die millenaristische [chiliastische] Weltanschauung.“
DER NEOPLATONISMUS LÖST DIE MILLENNIUMSHOFFNUNG AB
Die Millenniumshoffnung wurde also ein Opfer des Abfalls. Ihre Feinde schreckten vor nichts zurück, um sie zu bekämpfen. In dem Werk Dictionnaire de Théologie Catholique werden die Gegner des Chiliasmus aufgeführt. Über den katholischen Priester Gaios (Ende 2./Anfang 3. Jahrhundert) heißt es unter anderem, daß „er unzweideutig die Glaubwürdigkeit der Apokalypse [Offenbarung] und des Evangeliums des heiligen Johannes leugnete, um in seinem Kampf gegen den Millenarismus Erfolg zu haben“. Aus demselben maßgebenden katholischen Nachschlagewerk geht hervor, daß der „Heilige“ Dionysius (im 3. Jahrhundert Bischof von Alexandrien) eine Abhandlung gegen den Chiliasmus schrieb und „nicht zögerte, die Glaubwürdigkeit der Apokalypse des heiligen Johannes zu leugnen, damit die Anhänger dieser Überzeugung ihren Glauben nicht darauf stützen konnten“.
Des weiteren erfahren wir aus diesem 15bändigen katholischen Werk, daß Origenes, ein „Kirchenvater“ aus dem 3. Jahrhundert, alle verurteilte, die an die irdischen Segnungen des Millenniums glaubten, weil sie, wie er sagte, „die Schriften wie die Juden auslegen“. Gab es noch einen Grund, weshalb Origenes gegen den Chiliasmus war? In dem Werk The Catholic Encyclopedia lesen wir: „Angesichts des Neoplatonismus, auf dem seine Lehren beruhten ... konnte er [Origenes] sich nicht den Millenariern [Chiliasten] anschließen.“ Da Origenes an Platos Lehre von der Unsterblichkeit der Seele glaubte, war er gezwungen, die irdischen Segnungen der Tausendjahrherrschaft des Messias in den geistigen Bereich zu verlegen.
AUGUSTINUS ERKLÄRTE, ES WERDE „KEIN MILLENNIUM GEBEN“
Der aber der Millenniumshoffnung für Katholiken und sogar Protestanten den Gnadenstoß gab, war zweifellos der „Heilige“ Augustinus, der in der Encyclopædia Britannica als „der größte Denker des christlichen Altertums“ bezeichnet wird und auch als ein Mann, „in dem sich die Religion des Neuen Testaments am vollständigsten mit der platonischen Tradition der griechischen Philosophie vereinigte“. Augustinus trat energisch gegen die ursprüngliche Hoffnung auf, daß unter der Tausendjahrherrschaft Christi das Paradies auf der Erde wiederhergestellt werde. In dem Werk The Catholic Encyclopedia heißt es: „Der heilige Augustinus gelangte schließlich zu der Überzeugung, daß es kein Millennium geben werde. ... der große Kirchenvater ... erklärte ... das 20. Kapitel der Apokalypse in symbolischem Sinne. Die erste Auferstehung, von der in diesem Kapitel die Rede ist, soll sich demnach auf die geistige Wiedergeburt bei der Taufe beziehen; der Tausendjahrsabbat, der sich den sechstausend Jahren Geschichte anschließt, ist die Gesamtheit des ewigen Lebens ... Diese Erklärung des berühmten Kirchenvaters wurde von späteren westlichen Theologen übernommen, und der frühere Millenarismus fand keine Unterstützung mehr.“
Auf diese Weise sind nicht nur die Katholiken, sondern auch die Protestanten der ursprünglichen, schriftgemäßen Millenniumshoffnung beraubt worden. In der Makropædia der Encyclopædia Britannica (1977) ist zu lesen: „Die von Augustinus geprägte Lehre von einem symbolischen Millennium wurde zur offiziellen Kirchenlehre, und die apokalyptische Erwartung [die Erwartung der endgültigen Vernichtung des Bösen und des Triumphs des Guten] ging in den Untergrund. ... Die protestantischen Reformatoren der lutherischen, calvinistischen und anglikanischen Tradition waren keine Apokalyptiker und blieben den Ansichten des Augustinus fest verhaftet.“
Katholische und protestantische Theologen beziehen die himmlische Hoffnung, die die Bibel einer begrenzten Anzahl Christen in Aussicht stellt, die mit Christus als Könige, Priester und Richter herrschen werden, irrtümlich auf alle Gerechten (Offb. 20:4-6; Luk. 22:28-30). Diese Theologen bieten ihren „Treuen“ eine vage Hoffnung auf „ewige Seligkeit“ im Himmel. Sie lassen Gottes Vorsatz, daß sein Wille „auf Erden wie im Himmel“ geschehen wird, bei ihren Erwartungen völlig außer acht (Matth. 6:10, Luther). Die Bibel bietet die wunderbare Hoffnung auf ewiges Leben aber nicht nur einigen Auserwählten, die in den Himmel kommen, sondern auch unzähligen anderen, die auf der Erde leben werden. Diese zweifache Hoffnung, die eng mit der Tausendjahrherrschaft Christi oder dem Millennium zusammenhängt, wird in den folgenden beiden Artikeln eingehend behandelt.
[Bild auf Seite 10]
Tertullian glaubte, daß das verheißene Königreich nach seiner Aufrichtung 1 000 Jahre herrschen werde.
[Bild auf Seite 11]
Origenes teilte Platos Vorstellung von der Unsterblichkeit der Seele und verwarf damit die Tausendjahrherrschaft über die Erde.
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Christen und die MillenniumshoffnungDer Wachtturm 1981 | 15. Juli
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Christen und die Millenniumshoffnung
„Dein Königreich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auch auf der Erde“ (Matth. 6:10).
1. (a) Wie spricht man in der Christenheit über die Millenniumshoffnung? (b) Warum sind Jehovas Zeugen darüber nicht beunruhigt?
WEDER die katholische Kirche noch die meisten der größeren, anerkannten protestantischen Religionsgemeinschaften erzählen ihren Gläubigen etwas von der Millenniumshoffnung. Sie sprechen geringschätzig von dieser Hoffnung als vom „Chiliasmus“ und von denen, die sie vertreten, als von „Chiliasten“. Doch Jehovas Zeugen schämen sich ihres Glaubens an die Tausendjahrherrschaft Christi nicht, denn unwiderlegbare geschichtliche Tatsachen beweisen, daß auch die ersten Christen daran glaubten.
DIE ERSTEN CHRISTEN WURDEN „CHILIASTEN“ GENANNT
2. Was sagen zwei Enzyklopädien über den Glauben der ersten Christen an das Millennium?
2 Über Christen, die an die Tausendjahrherrschaft Christi glauben, heißt es in der Encyclopedia Americana: „Personen, die diese Ansichten vertreten, werden Millenarier oder Chiliasten genannt und ihre Lehre Chiliasmus (griech. chilioi, 1 000). Es wird allerseits zugegeben, daß diese Ansichten in der Kirche des Altertums zumindest sehr üblich waren, wenn nicht sogar allgemein verbreitet.“ Das französische Werk Encyclopædia Universalis sagt darüber: „In der westlichen Christenheit war der Millenarismus während der ersten drei Jahrhunderte unter Judenchristen ... sehr lebendig. ... Der Millenarismus war in den ersten Jahrhunderten sehr tief im Christentum verwurzelt.“
3, 4. (a) Welche Beweise gibt es dafür, daß die ersten Christen nicht erst seit der Niederschrift der Offenbarung Hoffnungen hegten, die mit dem Millennium zusammenhingen? (b) Was mögen einige von der Millenniumshoffnung behaupten?
3 Es gibt Beweise dafür, daß Christen bereits Hoffnungen hegten, die mit der Tausendjahrherrschaft Christi zusammenhingen, bevor der Apostel Johannes gegen Ende des ersten Jahrhunderts u. Z. die Offenbarung empfing. Aufgrund des Studiums der jüdischen Propheten hatten sie eine Vorschau auf die wunderbare Millenniumshoffnung erhalten, die Christus später durch Offenbarung, Kapitel 20 und 21 vermittelte. Das wird in der Encyclopædia Britannica (Ausgabe 1966) interessanterweise durch folgenden Hinweis bestätigt: „Die millenaristischen [chiliastischen] Vorstellungen unter den ersten Christen ... rührten hauptsächlich von den eschatologischen Erwartungen der Juden [Erwartungen bezüglich des Endgeschicks der Menschheit und der Welt] her.“ In der 30bändigen New Encyclopædia Britannica (1977) ist über dieses Thema folgendes zu lesen: „In der Offenbarung wird die vollständige Angleichung der apokalyptischen Erwartung der Juden [die Erwartung der endgültigen Vernichtung des Bösen und des Triumphs des Guten] an das Christentum vollzogen. ... Während der ersten hundert Jahre der christlichen Geschichte [33—133 u. Z.] wurde diese Form des Millenarismus oder Chiliasmus ... in der Kirche allgemein gelehrt und anerkannt“ (Kursivschrift von uns).
4 Einige sagen jetzt vielleicht: „Das mag schon sein, doch die Millenniumshoffnung der ersten Christen richtete sich nicht auf die Erde. Es war eine himmlische Hoffnung.“ Was aber zeigen die geschichtlichen Tatsachen und die Bibel? Wir wollen sehen.
DAS IRDISCHE PARADIES IMMER NOCH ERHOFFT
5, 6. Welche Ansichten vertraten Christen des ersten Jahrhunderts gemäß verschiedenen Autoritäten?
5 Es gibt eine Fülle von Beweisen dafür, daß die ersten Christen nie auf den Gedanken kamen, alle in den Hebräischen Schriften enthaltenen Prophezeiungen und Verheißungen hinsichtlich einer Wiederherstellung des Paradieses auf der Erde seien durch das Kommen des Messias oder Christus hinfällig geworden. In dem Werk Dictionnaire de Theologie Catholique wird zugegeben: „Die Ursprünge des Millenarismus reichen bis in die vorchristliche Ära zurück. Die Anfänge des Glaubens an eine irdische Herrschaft des Messias sind in den Erwartungen Israels zu suchen.“
6 Der Historiker Kenneth Scott Latourette schreibt in seinem Werk A History of Christianity über die ersten Christen, die auf das zweite Kommen Christi hofften: „Viele vertraten die Ansicht, daß vor dem endgültigen Ende der Geschichte und vor der vollen Verwirklichung des Vorsatzes und Willens Gottes — eine Hoffnung, die allen Christen gemeinsam war —, Christus wiederkäme, sein Reich auf der Erde aufrichte und tausend Jahre herrsche. ... Die Vorstellung von einer oder mehreren Tausendjahrperioden beschränkte sich nicht auf die Christen, sondern war auch im Judaismus zu finden.“
7. Woraus geht hervor, daß die ersten Christen das Paradies nicht mit dem Himmel verwechselten?
7 Das ist ein weiterer Beweis dafür, daß die ersten Christen „Chiliasten“ waren, denn dieser Name wurde auf Personen angewandt, die auf die Tausendjahrherrschaft Christi, des Messias, hofften. Jesus hatte geoffenbart, daß er vom Himmel aus herrschen werde, doch er hob die ursprüngliche messianische Hoffnung der Juden, die Hoffnung auf die Wiederherstellung des Paradieses auf der Erde während dieses Millenniums (1 000 Jahre), nicht auf. Interessanterweise wird in dem katholischen Werk Supplément au Dictionnaire de la Bible zugegeben, daß „in jüdischen Schriften so wie in der frühchristlichen Literatur das Wort Paradies normalerweise kein Synonym für den Himmel ist“ (Kursivschrift von uns).
CHRISTUS HOB DIE MILLENNIUMSHOFFNUNG NICHT AUF
8. (a) Wofür war das Kommen Jesu eine Garantie? (b) Inwiefern zeigt die Bibel, daß das Paradies auf der Erde wiederhergestellt werden wird?
8 Jesus sagte in seiner berühmten Bergpredigt: „Denkt nicht, ich sei gekommen, um das ‚Gesetz‘ oder die ‚Propheten‘ zu vernichten. Nicht um zu vernichten, bin ich gekommen, sondern um zu erfüllen“ (Matth. 5:17). In einer modernen Übersetzung wird der letzte Satz wie folgt wiedergegeben: „Ich bin nicht gekommen, um sie zu beseitigen, sondern damit sich ihre Lehren bewahrheiten“ (Today’s English Version). Da Jesus kam, damit sich die Lehren der Propheten bewahrheiteten, war sein Kommen eine Garantie dafür, daß die Prophezeiungen über die Wiederherstellung des Paradieses auf der Erde in Erfüllung gehen werden. Einige davon finden wir in Psalm 37:11, 29; 72:1-8, 16-19; 115:16; Jesaja 9:6, 7; 11:1-10; 45:18; Daniel 2:34, 35, 44, 45; 7:13, 14.
9. Welche Verbindung stellt das Vaterunser zwischen dem Königreich und der Millenniumshoffnung her?
9 Jesus zeigte in der Bergpredigt ganz deutlich, daß die Erde bei der Verwirklichung des göttlichen Willens oder Vorsatzes eine Rolle spielen wird. Er lehrte seine Nachfolger beten: „Unser Vater in den Himmeln, dein Name werde geheiligt. Dein Königreich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auch auf der Erde“ (Matth. 6:9, 10). Er brachte die Verwirklichung des Willens Gottes auf der Erde mit dem Kommen des Königreiches Gottes in Verbindung, das kein anderes als das messianische Königreich ist. Somit ist das Vaterunser, das im Laufe der Jahrhunderte von Katholiken und Protestanten buchstäblich millionenmal gebetet worden ist, unter anderem ein Gebet um die Erfüllung der messianischen Verheißungen, die mit der Millenniumshoffnung verbunden sind.
DIE MILLENNIUMSHOFFNUNG VOLLSTÄNDIG GEOFFENBART
10. (a) Wann und wie offenbarte Jesus die Millenniumshoffnung vollständig? (b) Welche zu Herzen gehenden Einzelheiten enthüllte er?
10 Ein Vierteljahrhundert nach der Zerstörung Jerusalems durch die Römer im Jahre 70 u. Z. (durch die den Hoffnungen der Juden auf eine nationale Befreiung durch einen politischen Messias ein Ende bereitet wurde) offenbarte Jesus, der wahre Messias, die wahre Millenniumshoffnung vollständig. Der Apostel Johannes schrieb in seinem Bericht über die Offenbarung, die er von Gott durch Jesus Christus empfangen hatte:
„Und ich sah einen Engel aus dem Himmel herabkommen mit dem Schlüssel des Abgrundes und einer großen Kette in seiner Hand. Und er ergriff den Drachen, die Urschlange, welche der Teufel und der Satan ist, und band ihn für tausend Jahre. ...
Und ich sah Throne, und da waren solche, die sich darauf setzten, und es wurde ihnen Macht zu richten gegeben. ... Glücklich und heilig ist, wer an der ersten Auferstehung teilhat; über diese hat der zweite Tod keine Gewalt, sondern sie werden Priester Gottes und des Christus sein und werden als Könige die tausend Jahre mit ihm regieren.
Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde ... Dann hörte ich eine laute Stimme vom Throne her sagen: ‚Siehe! Das Zelt Gottes ist bei den Menschen, und er wird bei ihnen weilen ... Und er wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch wird Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz mehr sein. Die früheren Dinge sind vergangen‘“ (Offb. 20:1-6; 21:1-4).
EIN „HEILIGES GEHEIMNIS“ ERKLÄRT
11. Welche Übereinstimmung besteht zwischen der von Jesus geoffenbarten Millenniumshoffnung und der ursprünglichen messianischen Hoffnung der Juden?
11 Ist die Ähnlichkeit zwischen dieser Beschreibung der Tausendjahrherrschaft Christi und der ursprünglichen messianischen Hoffnung der Juden nicht zu erkennen, nämlich der „Hoffnung auf eine ideale messianische Zukunft ... das goldene Zeitalter paradiesischer Seligkeit ... einer Welt vollkommenen Friedens und völliger Harmonie unter allen Geschöpfen ... ‚neue Himmel und eine neue Erde‘“, um das Werk The Jewish Encyclopedia erneut zu zitieren?a
12, 13. Was zeigt, daß Jesu Jünger eine irdische Herrschaft des Messias erwarteten?
12 Es ist indes nicht zu leugnen, daß die Juden bestimmte wichtige Einzelheiten in Verbindung mit dem messianischen Königreich nicht verstanden und daß sogar die 12 Apostel und andere frühe Jünger Christi Schwierigkeiten damit hatten. Kurze Zeit nachdem Jesus die Bergpredigt gehalten hatte, in der er seine Jünger lehrte, darum zu beten, daß Gottes Königreich komme und Gottes Wille auf der Erde wie im Himmel geschehe, sagte er zu seinen Jüngern: „Euch ist das heilige Geheimnis des Königreiches Gottes gegeben worden, denen aber, die draußen sind, geschieht alles in Gleichnissen“ (Mark. 4:11).
13 Jesus lehrte seine Jünger während seines irdischen Dienstes vieles, was mit dem messianischen Königreich zu tun hatte. Ja sogar nach seinem Tod sprach er bis zu der Zeit, da er zu seinem himmlischen Vater auffuhr, ständig zu ihnen „von den Dingen über das Königreich Gottes“. Und dennoch lautete die letzte Frage, die sie ihm stellten: „Herr, stellst du in dieser Zeit für Israel das Königreich wieder her?“ Sie ließen dadurch erkennen, daß sie immer noch erwarteten, der Messias werde das irdische Königreich Israel wiederherstellen (Apg. 1:3, 6). In der Annahme, daß es sich bei dem messianischen Königreich um eine Herrschaft, eine Regierung, handle, hatten sie recht, doch dachten sie irrtümlich, der Messias werde auf der Erde herrschen und seine Regierung sei rein jüdisch.
14. (a) Was versetzte Christi Jünger in die Lage, ihre falschen Vorstellungen abzulegen? (b) Welche wichtigen Merkmale des „heiligen Geheimnisses“ verstanden die ersten Christen nach und nach?
14 Erst nach der Ausgießung des heiligen Geistes zu Pfingsten legten die Jünger Christi die Vorstellung von einem nationalen messianischen Königreich ab und verstanden neue und wichtige Merkmale des „heiligen Geheimnisses des Königreiches Gottes“. Ein Gesichtspunkt dieses „heiligen Geheimnisses“ war, daß der Messias ein himmlischer König sein und daß seine Regierung ihren Sitz im Himmel haben sollte (Joh. 18:36; Apg. 2:32-36; 1. Tim. 3:16). Weitere Merkmale des „heiligen Geheimnisses“ — neue und revolutionierende Wahrheiten für treue Juden, deren Denken nicht durch die griechische Philosophie, sondern durch die heiligen Schriften geprägt worden war — bestanden darin, daß eine begrenzte Anzahl Menschen auserwählt werden würde, um als „Heilige“ mit dem Messias in seinem Königreich zu herrschen, und zwar im Himmel, und daß sie nicht nur aus den Juden, sondern auch aus den Heiden oder Nichtjuden auserwählt werden würden (Dan. 7:13, 14, 27; Luk. 12:32; 22:28-30; Joh. 14:1-3; Eph. 3:3-6; Kol. 1:26, 27).
EINE REVOLUTIONIERENDE NEUE HOFFNUNG
15. Wieso war die Vorstellung, in den Himmel zu kommen, für den treuen jüdischen Überrest revolutionierend?
15 All das war etwas ganz Neues. Wie in dem Artikel „Der Ursprung der Millenniumshoffnung“ bereits gezeigt worden ist, war die ursprüngliche messianische Hoffnung der Juden eine irdische Hoffnung, und erst viel später glaubten einige Juden unter dem Einfluß falscher religiöser Überlieferungen und dem Einfluß der Philosophie an die Unsterblichkeit der Seele. Der treue jüdische Überrest, der sich an die inspirierten Hebräischen Schriften hielt und Jesus als den wahren Messias annahm, glaubte bestimmt nicht an die Unsterblichkeit der Seele. Für diese Juden war die Vorstellung von einem Messias, der die Erde vom Himmel aus regierte, und der Gedanke daran, seine Mitherrscher im Himmel zu werden, um so revolutionierender.
16. Was schrieb Petrus über diese revolutionierende neue Hoffnung?
16 In einem Brief an die ersten Christen, die diese besondere Berufung empfangen hatten, nämlich Priester und Könige mit dem himmlischen Messias zu werden, schrieb der Apostel Petrus: „Gesegnet sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, denn nach seiner großen Barmherzigkeit hat er uns eine neue Geburt zu einer lebendigen Hoffnung gegeben durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe. Es ist in den Himmeln aufbehalten für euch ... Ihr aber seid ‚ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft‘“ (1. Petr. 1:3, 4; 2:9).
17. Wie zeigte Paulus, daß die Berufung zu himmlischem Leben etwas Neues war?
17 Auch der Apostel Paulus schrieb über diese außergewöhnliche Berufung zu himmlischem Leben; er sagte: „Er hat uns gerettet und uns mit einer heiligen Berufung berufen, ... jetzt ist sie klar ersichtlich geworden durch das Offenbarwerden unseres Retters, Christi Jesu, der den Tod zunichte gemacht, aber Licht auf Leben und Unvergänglichkeit geworfen hat“ (2. Tim. 1:9, 10). Wenn der treue Überrest der Juden bereits auf himmlisches Leben gehofft hätte, warum mußte dann Christus auf diese „heilige Berufung“ zur Unvergänglichkeit ‘Licht werfen’? Die Berufung zu himmlischem Leben war für die ersten Christen, die aus den Juden und den Nichtjuden auserwählt worden waren, eindeutig etwas ganz Neues.
DIE HIMMLISCHE HOFFNUNG FÜR EINE BEGRENZTE ZAHL — DIE „AUSERWÄHLTEN“
18, 19. Erkläre, inwiefern der zweite Brief des Paulus an Timotheus und der erste Brief des Petrus andeuten, daß nicht alle, die ewig zu leben hoffen, Könige und Priester mit Christus im Himmel sein werden (Offb. 5:9, 10).
18 Empfangen aber alle, die Christus annehmen und auf ewiges Leben hoffen, diese „heilige Berufung“ zu unvergänglichem Leben im Himmel? Paulus deutete an, daß diese besondere Berufung für eine begrenzte Zahl „Auserwählter“ gedacht ist, indem er weiter sagte: „Deshalb werde ich weiterhin alle Dinge um der Auserwählten willen erdulden, damit auch sie die Rettung erlangen mögen, die in Gemeinschaft mit Christus Jesus samt ewiger Herrlichkeit zu finden ist. Zuverlässig ist das Wort: Gewiß, wenn wir mitgestorben sind, werden wir auch mitleben; wenn wir weiterhin ausharren, werden wir auch als Könige mitregieren“ (2. Tim. 2:10-12).
19 Wenn alle, die gerettet werden, zu „ewiger Herrlichkeit“ berufen sind, um ‘als Könige mit Christus Jesus zu regieren’, über wen sollen sie dann regieren? Und wenn alle „eine königliche Priesterschaft“ werden sollen, für wen sollen sie dann als königliche Priester amten?
20. Wie zeigt sowohl der Brief des Paulus an die Galater als auch der an die Römer, daß die Zahl der geistigen Israeliten begrenzt ist?
20 Beachten wir folgendes: Paulus sagt in seinem Brief an die Galater von Christen, die aus den Juden und den Nichtjuden auserwählt und „in Christus getauft“ worden sind, daß sie „wirklich Abrahams Same, Erben hinsichtlich einer Verheißung“, sind, und er nennt sie „das Israel Gottes“ (Gal. 3:26-29; 6:16). Und in seinem Brief an die Römer spricht derselbe Apostel von dem „heiligen Geheimnis“, daß Nichtjuden wegen des „Unglaubens“ vieler Juden von Gott berufen worden sind, und fügt hinzu — und das ist ein Schlüsseltext —: „... bis die Vollzahl der Menschen aus den Nationen hereingekommen ist.“ Er sagt, daß „auf diese Weise“ (das heißt dadurch, daß Heiden berufen werden, um die erforderliche Zahl vollzumachen) „ganz Israel gerettet werden“ wird. Das gilt offensichtlich für das geistige Israel — die aus den Juden und den Nichtjuden „Auserwählten“, die „wirklich ‚Israel‘“ oder „echtes Israel“ sind (Röm. 11:7, 17 bis 26; 9:6, Karrer; 2:28, 29).
21. (a) Wie viele geistige Israeliten gibt es? (b) Welche Bibelstelle beweist, daß sie nicht aus den Engeln auserwählt werden?
21 Da diese „heilige Berufung“ nur so lange an Nichtjuden ergehen sollte, bis die „Vollzahl“ derer, die „das Israel Gottes“ bilden, erreicht wäre, ist die Zahl dieser geistigen Israeliten logischerweise begrenzt. Wie groß ist ihre Zahl? In Offenbarung 7:1-8 finden wir die Antwort. Dort wird eine bestimmte Höhe für die Zahl der Christen festgesetzt, die „versiegelt“ werden, um Glieder des geistigen Israel zu werden. Daß diese begrenzte Anzahl nicht aus den Engeln auserwählt wird, geht aus Offenbarung 14:1-4 hervor, wo von derselben Anzahl Personen gesagt wird, sie seien „von der Erde erkauft“, „als Erstlinge aus den Menschen für Gott und für das Lamm erkauft“ worden.
22. Was für eine biblisch begründete Hoffnung haben die 144 000?
22 Die biblisch begründete Hoffnung dieser 144 000 geistgezeugten, gesalbten Christen ist eine himmlische Hoffnung. Nachdem sie an der „ersten Auferstehung“ teilgehabt haben, „werden [sie] Priester Gottes und des Christus sein und werden als Könige die tausend Jahre mit ihm regieren“ (Offb. 20:6).
23. Welche Fragen entstehen durch die Ausdrücke „Erstlinge“ und „Könige“?
23 Aber wenn diese „Auserwählten“ „Erstlinge“ oder „eine Erstlingsgabe“ (Bruns) sind, sollten logischerweise noch weitere ‘Gaben’ folgen. Und wenn sie „als Könige ... regieren“ sollen, wer werden dann ihre Untertanen sein, und welche Hoffnung haben diese? Das werden wir im nächsten Teil dieser Betrachtung feststellen.
[Fußnote]
a Siehe den Artikel „Der Ursprung der Millenniumshoffnung“ in dieser Ausgabe.
[Kasten auf Seite 14]
Papias von Hierapolis, Irenäus von Lyon und Justinus der Märtyrer — von der katholischen Kirche anerkannte „Heilige“ und „Kirchenväter“ aus dem 2. Jahrhundert — waren alles Millenarier oder Chiliasten („The Catholic Encyclopedia“).
[Kasten auf Seite 15]
Gaios von Rom und der „Heilige“ Dionysius gingen in ihrem Kampf gegen die Millenniumshoffnung so weit, daß sie die Glaubwürdigkeit der dem Apostel Johannes gegebenen Offenbarung bestritten („Dictionnaire de Theologie Catholique“).
[Bild auf Seite 17]
Während des Millenniums wird Jesus vom Himmel aus über das wiederhergestellte irdische Paradies herrschen.
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Die Millenniumshoffnung triumphiertDer Wachtturm 1981 | 15. Juli
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Die Millenniumshoffnung triumphiert
1. Welche Fragen entstanden beim Kommen des Messias?
BESTÄTIGTE der lang erwartete Messias bei seinem Kommen den ursprünglichen Glauben der Juden an ein künftiges Leben durch die Auferstehung, oder befürwortete er ihre von den Heiden neu übernommene Vorstellung von der Unsterblichkeit der Seele? Wollte Jesus Christus dadurch, daß er Licht auf eine himmlische Hoffnung warf, sagen, daß alle, die gerettet werden, in den Himmel kommen? Oder bieten sowohl die Hebräischen als auch die Christlichen Griechischen Schriften Millionen Menschen die Hoffnung auf ewiges Leben auf der Erde?
KÜNFTIGES LEBEN DURCH DIE AUFERSTEHUNG
2. Was lehrte Jesus über die Hoffnung auf ein künftiges Leben?
2 Jesus lehrte alles andere als die heidnische Vorstellung von der Unsterblichkeit der menschlichen Seele. Er zeigte, daß jegliche Hoffnung auf ein künftiges Leben von der Auferstehung abhängt, indem er sagte: „Denn so, wie der Vater Leben in sich selbst hat, so hat er auch dem Sohn gewährt, Leben in sich selbst zu haben. Und er hat ihm Gewalt gegeben, Gericht zu halten, weil er des Menschen Sohn ist. Wundert euch nicht darüber, denn die Stunde kommt, in der alle, die in den Gedächtnisgrüften sind, seine Stimme hören und herauskommen werden, die, welche Gutes getan haben, zu einer Auferstehung des Lebens, die, welche Schlechtes getrieben haben, zu einer Auferstehung des Gerichts“ (Joh. 5:26-29).
3. Was geben Theologen der Christenheit heute in bezug auf die Seele zu?
3 Interessanterweise äußern heute einige Theologen der Christenheit den Gedanken, daß die Unsterblichkeit der Seele weder durch die Hebräischen noch durch die Christlichen Griechischen Schriften gestützt werde. In dem Werk The New International Dictionary of New Testament Theology (Bd. 3, 1978) heißt es beispielsweise: „Es ist geradezu bezeichnend dafür, wie wenig das AT [Alte Testament] den Begriff einer vom Leib getrennten oder etwa im Tode sich von ihm trennenden Seele kennt.“ Und: „Matth. 10:28 lehrt nicht die potentielle Unsterblichkeit der Seele, sondern die Unwiderruflichkeit des göttlichen Gerichts an den Unbußfertigen. ... Das NT [Neue Testament] sieht den Menschen im wesentlichen als eine Einheit und verheißt die Umwandlung der ganzen Person und nicht einfach das Weiterleben eines Teils. ... Es [kann] ohne vorherige Auferstehung keine Unsterblichkeit geben.“
EINE HIMMLISCHE UND EINE IRDISCHE HOFFNUNG
4. Womit gehen Jehovas Zeugen einig, doch was bestreiten sie, und warum?
4 Jehovas Zeugen bestreiten nicht, daß gemäß der Lehre der Christlichen Griechischen Schriften einige Christen die „himmlische Berufung“ empfangen (Hebr. 3:1). Sie bestreiten aber, daß diese himmlische Hoffnung Gottes ursprünglichen Vorsatz aufhebt, die Erde in ein Paradies umgestalten und sie mit einem gerechten Menschengeschlecht füllen zu lassen. Sie gehen nicht mit der Auffassung einig, alle Prophezeiungen in den Hebräischen Schriften hinsichtlich einer Wiederherstellung des Paradieses auf der Erde seien überholt. Sie werden in ihrer Überzeugung um so mehr bestärkt, als die Verheißung einer „neuen Erde“, in der „Gerechtigkeit wohnen“ soll, in den Christlichen Griechischen Schriften bestätigt wird (2. Petr. 3:13; Offb. 21:1-4).
5, 6. Wie macht die Bibel eine zweifache Hoffnung deutlich, und zwar (a) die himmlische und (b) die irdische?
5 Aufgrund eines ernsthaften Studiums der Bibel glauben Jehovas Zeugen, daß die biblisch begründete christliche Hoffnung zweierlei beinhaltet: die Gabe der Unsterblichkeit im Himmel für einige wenige, deren Zahl begrenzt ist, und ewiges Leben auf der Erde für eine Vielzahl. Die himmlische Hoffnung, mit Christus ‘als Könige zu regieren’, wird, beginnend mit den Aposteln und den ersten Jüngern Christi, den 144 000 „Auserwählten“ als eine außergewöhnliche „Gnade“ (Luther) oder „unverdiente Güte“ gewährt (Luk. 12:32; Röm. 5:17; 8:33; Offb. 5:9, 10; 7:1-4; 14:1-4). Von ihnen leben heute nur noch einige wenige „Übriggebliebene“; sie gehören zu denen, die ‘bis zur Gegenwart des Herrn am Leben geblieben sind’ (1. Thess. 4:14-17; Offb. 12:17).
6 Die irdische Hoffnung ist die ursprüngliche Hoffnung, deren Verwirklichung Adam und Eva hätten erleben können, wenn sie sich weiterhin der Souveränität Jehovas unterstellt und nicht danach gestrebt hätten, moralisch unabhängig zu sein. (Siehe die ersten drei Kapitel des ersten Buches Mose.) Der Mensch „ist von Natur irdisch“ (1. Kor. 15:47, The Jerusalem Bible). Sein natürliches Sehnen und Verlangen ist irdisch. „Jehova gehören die Himmel, aber die Erde hat er den Menschensöhnen gegeben“ (Ps. 115:16). Und die Bibel sagt deutlich, daß Jehova ‘die Erde nicht umsonst erschuf, sondern sie bildete, damit sie bewohnt werde’ (Jes. 45:18). Daher ist die Hoffnung auf ewiges Leben unter paradiesischen Zuständen auf der Erde sowohl natürlich als auch schriftgemäß. Man braucht sich ihrer nicht zu schämen.
DIE MILLENNIUMSHOFFNUNG FÜR ZWEI GRUPPEN
7. Welche Hoffnung bieten die dem Abraham gegebene Verheißung und die Prophezeiung Daniels den Völkern der Erde?
7 Da die 144 000 geistigen Israeliten der „Same“ oder die „wahren Nachkommen Abrahams“ und die „wahren Erben seiner Verheißung“ (Gal. 3:26-29, Phillips) sind, sollten wir auch daran denken, daß die dem Abraham gegebene Verheißung folgende Worte einschloß: „Durch deinen Samen werden sich bestimmt alle Nationen der Erde ... segnen“ (1. Mose 22:16 bis 18). Und der Prophet Daniel sprach von ‘Völkern, Völkerschaften und Sprachen’, über die der „Menschensohn“, Jesus Christus, von den „Himmeln“ her die Macht im „Königreich und die Herrschaft“ ausüben wird, und zwar gemeinsam mit den „Auserwählten“, die als die „Heiligen des Allerhöchsten“ bezeichnet werden (Dan. 7:13, 14, 27; 2. Tim. 2:10).
8. Was zeigt, daß Paulus und Johannes wußten, daß die Rettung nicht auf die „Auserwählten“ beschränkt ist?
8 Die ersten Christen kannten diese Prophezeiungen, die von zwei Gruppen sprachen: von dem „Samen“ und den „Nationen“, von den „Heiligen“ und den „Völkerschaften“. Der Apostel Paulus bestätigte dies, indem er zunächst von den „Miterben mit Christus“ sprach, die mit diesem im Himmel „mitverherrlicht“ werden, und dann von der menschlichen „Schöpfung“, deren „sehnsüchtige Erwartung“ es ist, von der Sünde oder „Sklaverei des Verderbens frei gemacht“ zu werden „zur herrlichen Freiheit der Kinder Gottes“ (Röm. 8:15-21). Als der Apostel Johannes an Christen schrieb, die wie er die himmlische Hoffnung hatten, sprach er von Christus als von einem „Sühnopfer für unsere Sünden [die Sünden der „Auserwählten“], doch nicht nur für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt“ (1. Joh. 2:2; 3:1-3).
9. (a) Welche Visionen hatte Johannes wahrscheinlich bereits gehabt, als er seinen ersten Brief schrieb? (b) Wie bestätigen sie, daß es zwei Gruppen gibt, die gerettet werden?
9 Als Johannes diese Worte schrieb, hatte er höchstwahrscheinlich die Offenbarung bereits erhalten. Darin berichtet er, daß er nach der Vision von den 144 000 „versiegelten“ geistigen Israeliten eine „große Volksmenge“ sah, „die kein Mensch zu zählen vermochte, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Zungen“. Diese „große Volksmenge“ soll die „große Drangsal“ überleben und wird von dem „Lamm“, Christus Jesus, „zu Wasserquellen des Lebens“ geleitet (Offb. 7:4-17). Und Johannes erwähnt in der Offenbarung auch eine Vision, die er von der Tausendjahrherrschaft Christi hatte und in der ebenfalls zwei Gruppen vorkommen: diejenigen, die ‘an der ersten Auferstehung teilhaben’ und ‘als Könige regieren werden’, und die „Menschen“, die von Gott gesegnet werden und „seine Völker sein“ werden (Offb. 20:1 bis 21:8).
10. Welche zwei Gruppen hoffen heute auf das Millennium, und wie lassen sie sich zahlenmäßig miteinander vergleichen?
10 Die Millenniumshoffnung triumphiert heute im Herzen derer, die zur „kleinen Herde“ gehören und dazu berufen sind, mit Christus im Himmel ‘auf Thronen zu sitzen’ und tausend Jahre zu regieren (Luk. 12:32; 22:28-30). Die Hoffnung auf das Millennium hegen aber ebenfalls die Glieder der „großen Volksmenge“, die sich den übriggebliebenen gesalbten Christen angeschlossen haben und mit ihnen „diese gute Botschaft vom Königreich ... allen Nationen zu einem Zeugnis“ verkündigen (Matth. 24:14). Diese beiden Gruppen waren auch bei der Feier des Abendmahls des Herrn am 31. März 1980 zugegen. Von den Symbolen, dem Brot und dem Wein, nahmen weltweit nur 9 564 Personen — wirklich nur wenige „Übriggebliebene“ der 144 000, die mit Jesus in seinem tausendjährigen Königreich herrschen werden. Doch außer ihnen waren noch 5 717 092 Personen anwesend, die auf diese Weise ihre Wertschätzung für die wunderbare Vorkehrung zeigten, die Jehova durch das Opfer seines Sohnes ermöglicht hat. Diese Menschen freuen sich über die Aussicht, ewig auf einer paradiesischen Erde zu leben.
DIE MILLENNIUMSHOFFNUNG IST IMMER NOCH LEBENDIG!
11. Wann und wie wird sich die Millenniumshoffnung verwirklichen?
11 Ja, die Millenniumshoffnung ist heute sehr lebendig. Sie wird sich nach der „großen Drangsal“ verwirklichen, wenn Christus und die 144 000 „Auserwählten“ ihre tausendjährige Herrschaft im Himmel ausüben und die „große Volksmenge“ schafähnlicher Menschen gemeinsam mit den Milliarden derer, die auf der Erde auferstehen, im irdischen Bereich dieses messianischen Königreiches unbeschreibliche Segnungen genießt (Matth. 25:34; Offb. 20:12, 13).
12. Was wird in einer Enzyklopädie über das Millennium gesagt?
12 Die Menschheit benötigt heute dringend eine solche Hoffnung. Weltliche Gelehrte sind über diese Hoffnung nicht in Unkenntnis. In der Makropædia der Encyclopædia Britannica (1977) wird das Millennium zum Beispiel wie folgt beschrieben: „Diese 1 000-Jahr-Periode, das sogenannte Millennium, gilt als eine Zeit, in der das Sehnen des Menschen nach Frieden und Freiheit vom Bösen sowie die Herrschaft der Gerechtigkeit auf der Erde durch die Macht Gottes schließlich verwirklicht werden. ... Der Millenarismus [Chiliasmus] befaßt sich mit den irdischen Aussichten der menschlichen Gesellschaft. ... Der Millenarismus versucht, in lebhafter Symbolik Fragen zu beantworten wie: Auf welche Weise wird diese Welt schließlich enden? Wird jemals der jahrhundertealte Traum erfüllt werden und die Menschheit in einem irdischen Paradies leben können, oder werden alle Menschen in einer feurigen Katastrophe vernichtet werden, die durch ihre eigene Torheit oder durch Gottes Gericht über sie kommt?“ (Kursivschrift von uns).
13. (a) Glaubst du, daß die Erde in einer „feurigen Katastrophe“ vernichtet werden wird? Warum antwortest du so? (b) Worin bestand Gottes ursprünglicher Vorsatz in Verbindung mit der Erde?
13 Für gewisse Verfasser von Enzyklopädien und ungläubige religiöse Führer mögen diese Fragen nur von theoretischem Interesse sein. Doch für viele aufrichtige Menschen stellen sie sehr realistische Gegenwartsprobleme dar und sind daher von besonderem Interesse. Jehovas Zeugen haben in der Bibel die Antwort auf diese Fragen gefunden. Für sie ist die Hoffnung, ewig „in einem irdischen Paradies“ zu leben, kein „jahrhundertealter Traum“. Diese Hoffnung hat sichere Grundlagen, da sie auf solider Bibelforschung beruht. Wie aus den Hebräischen und den Griechischen Schriften hervorgeht, wird Gott nicht zulassen, daß böse Menschen die Erde „in einer feurigen Katastrophe“ vernichten (Offb. 11:18; Jes. 45:18), noch wird er selbst die Erde vernichten (Ps. 104:5). Als Gott den Menschen in ein örtlich begrenztes Paradies gesetzt hatte, offenbarte er ihm seinen Vorsatz, der für den Menschen darin bestand, sich durch die weltweite Ausdehnung der paradiesischen Verhältnisse die Erde „untertan“ zu halten und sie mit einem gerechten Geschlecht von Männern und Frauen, die ‘im Gleichnis Gottes gemacht’ wären, zu ‘füllen’ (nicht zu überfüllen) (1. Mose 1:26-28; 2:15).
14. Inwiefern gehört die Millenniumshoffnung zu Gottes „ewigem Vorsatz“?
14 „Gottes Wille“ ist immer noch der gleiche. Und er wird durch sein messianisches Königreich „auf der Erde wie im Himmel“ geschehen (Matth. 6:10, The Jerusalem Bible). Die ganze Bibel läßt erkennen, daß Gott diesen ursprünglichen Vorsatz nicht aufgegeben hat (Jes. 46:9, 10). Das Millennium oder die Tausendjahrherrschaft Christi gehört zu Gottes „ewigem Vorsatz“, der unter anderem darin besteht, „in dem Christus wieder alle Dinge zusammenzubringen, die Dinge in den Himmeln und die Dinge auf der Erde“ (Eph. 3:11; 1:8-10). Mit anderen Worten: Das Millennium ist nicht Selbstzweck; es ist Mittel zum Zweck, das Mittel, Gottes ursprünglichen Vorsatz in Verbindung mit der Erde zu verwirklichen.
KEIN „MATERIALISTISCHER TRAUM“
15, 16. Als was bezeichnet ein katholischer Priester die Millenniumshoffnung, doch was hat er anscheinend vergessen?
15 Religiöse Feinde verhöhnen Jehovas Zeugen, weil sie die Millenniumshoffnung predigen. Solche Spötter hätten aber nichts dagegen, wenn alle Guten in den Himmel kämen und die Bösen in die Hölle, um ewig gequält zu werden. Sie klammern die Erde aus dem „ewigen Vorsatz“ Gottes vollständig aus. Der französische Dominikanerpriester H. C. Chery, der sich darauf spezialisiert hat, an Jehovas Zeugen Kritik zu üben, nennt beispielsweise die Hoffnung auf ein wiederhergestelltes irdisches Paradies einen „materialistischen Traum“.
16 Dieser katholische Priester sollte daran denken, daß die katholische Kirche die Millenniumshoffnung nie formell verurteilt oder als Häresie bezeichnet hat. Das überrascht nicht, da diese Hoffnung auf der Bibel beruht und für die Mehrheit der frühesten und bekanntesten „Kirchenväter“ als „eines der wesentlichen christlichen Glaubensdogmen“ galt. Waren Polykarp, Papias, Irenäus, Justin der Märtyrer und Tertullian auch „materialistische Träumer“?
17. Wieso kann niemand Jehovas Zeugen zu Recht beschuldigen, „materialistische Träumer“ zu sein?
17 Einige von diesen und auch andere, die später lebten, brachten die Millenniumshoffnung freilich in Verruf, indem sie den vorhergesagten Segnungen des Millenniums einen fleischlichen Anstrich gaben oder ihnen sogar eine gesellschaftspolitische Prägung verliehen. Doch kein unbefangener Beobachter könnte Jehovas Zeugen heute so etwas nachsagen. Diese Christen führen selbst in einer Welt, die auf das Vergnügen aus ist, persönlich und in ihren Versammlungen einen harten Kampf gegen den Materialismus und die Vergnügungssucht. Sie legen auf geistige Werte Nachdruck und sind sich dessen bewußt, daß jemand, der heute, in der „Zeit des Endes“, dem Materialismus zum Opfer fällt, das Millennium höchstwahrscheinlich nie erleben wird (Luk. 21:34-36; Dan. 12:4). Sie hegen nicht die Hoffnung, das Millennium werde durch menschliche Sozialreformen herbeigeführt, sondern vertrauen völlig darauf, daß Gott durch seinen messianischen König eingreift. Dieser „König der Könige“ wird an der Spitze der himmlischen Streitkräfte kämpfen, um alles Böse auf der Erde zu beseitigen (Offb. 19:11 bis 20:3).
DAS PARADIES — GEISTIG UND BUCHSTÄBLICH
18. Inwiefern dürfen wir erwarten, daß sich das geistige Paradies während des Millenniums weiter entwickeln wird?
18 Jehovas Zeugen leben bereits in einem geistigen Paradies. Doch sie hoffen zuversichtlich, während der Tausendjahrherrschaft Christi in geistiger Hinsicht noch mehr Fortschritte zu machen, wenn die symbolischen „Buchrollen ... geöffnet“ werden, die Gottes Anforderungen enthüllen werden (Offb. 20:12).
19. Warum wird das Millennium große Opfer fordern und harte Arbeit mit sich bringen?
19 Aufgrund eines sorgfältigen Studiums von Schriftstellen, die von der Tausendjahrherrschaft Christi handeln (zum Beispiel Offenbarung 20:11 bis 21:8), wissen Jehovas Zeugen auch, daß das Millennium von allen die die irdische Hoffnung haben, große Opfer fordern wird. Die Bebauung und Verschönerung der Erde wird für diese Menschen viel Arbeit bedeuten. Doch sie werden die Erde nicht für sich und ihre Angehörigen allein zu einem Paradies machen; denn Christi Tausendjahrherrschaft ist in Wirklichkeit ein „Tag“ des Gerichtsa, und zwar nicht nur für alle diejenigen, die den mit Riesenschritten herannahenden „Krieg des großen Tages Gottes, des Allmächtigen“, überleben (Apg. 17:30, 31; Offb. 16:14, 16), sondern auch für die Millionen Verstorbenen, die auferweckt werden und gemäß den Werken, die sie dann auf der paradiesischen Erde vollbringen, gerichtet werden (Joh. 5:28, 29; Luk. 23:42, 43). Diese unzähligen Auferstandenen müssen von denen, die bereits unter der Tausendjahrherrschaft des Messias leben, auf selbstlose Weise über die Wege der Gerechtigkeit belehrt werden. (Vergleiche Jesaja 11:1-9.) Das ist kein „materialistischer Traum“. Es wird eine Menge harte Arbeit bedeuten, auch auf geistigem Gebiet.
20. Was wird nach dem Ende der tausend Jahre geschehen, und was steht den Treuen in Aussicht?
20 Aber das ist noch nicht alles. Das Millennium wird erst der Anfang sein. Männer und Frauen, die in einer Schlußprüfung am Ende der tausend Jahre ihre Treue gegenüber der universellen Souveränität Gottes bewahrt haben, werden ewiges Leben auf einer paradiesischen Erde erlangen (1. Kor. 15:24-28; Offb. 20:7-10).b
SIE KANN AUCH DEINE HOFFNUNG WERDEN
21, 22. (a) Wozu sind Jehovas Zeugen stets gern bereit? (b) Was erhoffen sie für die nahe Zukunft?
21 Diese Hoffnung haben nun über 2 000 000 christliche Zeugen Jehovas in mehr als 200 Ländern. Sie ist in ihrem Sinn und in ihrem Herzen sehr lebendig, ja so lebendig, daß sie anderen stets gern den ‘Grund für die Hoffnung, die in ihnen ist’, erklären (1. Petr. 3:15).
22 Die Weltereignisse, durch die sich biblische Prophezeiungen erfüllen, zeigen, daß wir seit 1914 in der „Zeit des Endes“ leben und daß die unvergleichliche „Zeit der Bedrängnis“ nahe ist (Dan. 12:1-4; Matth. 24:3-21). Dem Überrest der „Auserwählten“ und der „großen Volksmenge“, seinen Gefährten, ist verheißen worden, diese „große Drangsal“ zu überleben (Matth. 24:22; Offb. 7:9, 10, 14). Danach werden sich ihre entsprechenden Millenniumshoffnungen erfüllen. Sind wir wirklich davon überzeugt? „Möge der Gott, der Hoffnung gibt, euch dadurch, daß ihr glaubt, mit aller Freude und mit Frieden erfüllen, damit ihr mit der Kraft des heiligen Geistes an Hoffnung überströmen mögt“ (Röm. 15:13).
[Fußnoten]
a Siehe das 7. Kapitel („Was von den Richtern zu erwarten ist, die tausend Jahre im Amt sind“) in dem Buch Gottes tausendjähriges Königreich hat sich genaht, das von der Wachtturm-Gesellschaft veröffentlicht worden ist.
b Weitere Einzelheiten siehe die Kapitel 12 bis 16 in dem Buch Das Leben hat doch einen Sinn, veröffentlicht von der Wachtturm-Gesellschaft.
[Bild auf Seite 21]
Unter der Tausendjahrherrschaft werden die Auferweckten in den Wegen der Gerechtigkeit unterwiesen werden.
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Meine Verzweiflung wandelte sich in Freude umDer Wachtturm 1981 | 15. Juli
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Meine Verzweiflung wandelte sich in Freude um
Von Estefan Kalajian erzählt
WÄHREND des Zweiten Weltkrieges erlebten wir in Beirut (Libanon) schwere Zeiten. Wir waren eine siebenköpfige Familie und wohnten in einem kleinen Zimmer, zu dem noch eine winzige Küche und ein Badezimmer gehörten. Ich war der älteste Sohn und hatte eine ältere und eine jüngere Schwester sowie zwei jüngere Brüder. Unsere Eltern und Großeltern waren aus der Türkei geflohen. Sie waren Armenier.
Mein Vater war Schneider. Er arbeitete sehr hart, um für den Unterhalt der Familie zu sorgen. Meine Eltern schickten mich nicht — wie dies viele Eltern mit ihren Kindern taten — zur Arbeit, sondern ließen mich zur Schule gehen. Doch schon nach zwei Jahren bekam ich primär chronische Polyarthritis. Meine Beine konnten meinen Körper nicht mehr tragen.
Als mein Onkel, der damals in Haifa (Israel) wohnte, von meinem Zustand erfuhr, ließ er mich zur Behandlung zu sich kommen. Nach einem Monat war ich wieder gesund. Das Klima in Haifa trug wahrscheinlich zu meiner schnellen Genesung bei. Doch nach einigen Jahren brach die Krankheit wieder aus und befiel hauptsächlich meinen Nacken und meine Wirbelsäule. Ich ging noch einmal nach Haifa, worauf sich mein Gesundheitszustand wiederum besserte.
Die Krankheit kam jedoch immer wieder. Außerdem wurde sie jedesmal schlimmer. Dann — im Jahre 1951 — starb unser geliebter Vater, der einzige Ernährer der Familie. Ich war 16 Jahre alt und blieb mit meiner Mutter und meiner älteren Schwester allein zurück. Meine jüngeren Geschwister kamen in ein Waisenhaus. Bald danach wurde ich wieder krank. Meine Mutter und meine Schwester taten alles, was sie nur konnten, um für mich ein Heilmittel zu finden. Sie gaben dafür die Hälfte ihres Einkommens aus.
Im Jahre 1952 konnte ich das letzte Mal in ein Krankenhaus gehen. Man probierte alle möglichen Behandlungsmethoden an mir aus, ja man experimentierte sogar mit neuartigen Medikamenten, doch nichts half. Nachdem ich 26 Tage in diesem Krankenhaus gewesen war, teilten mir die Ärzte mit, daß meine Beine und mein Rücken gelähmt bleiben würden. Sie sagten meiner Mutter sogar, daß ich nur noch wenige Monate zu leben hätte. Das war vor über 28 Jahren!
GROSSE VERZWEIFLUNG
Ich kehrte nach Hause zurück und wartete auf den Tod. Obwohl meine Freunde, Verwandten und Nachbarn von meinem Zustand wußten, besuchten mich nur wenige. Es schien, als hätten mich alle wie jemand, der nichts mehr wert
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