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Was ist die charismatische Erneuerung?Erwachet! 1982 | 8. Mai
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Was ist die charismatische Erneuerung?
DIE zum Gottesdienst Versammelten halten den Kopf gesenkt, als würden sie beten. Alles ist still. Dann hört man leises Sprechen — das Murmeln von Gebeten. Plötzlich erfüllen laute Stimmen den Raum. Arme fliegen in die Höhe, und die Gesichter richten sich empor. Die Wellen frommer Begeisterung schlagen hoch.
Verzückte Ausrufe der Gemeindemitglieder ertönen wie „Preist den Herrn!“ und „Halleluja!“ Gleich darauf beginnt jemand, in einer „Sprache“ zu sprechen, die niemand versteht. Manche weinen. Anscheinend befinden sich die Anwesenden in Ekstase.
Handelt es sich um den Gottesdienst einer Pfingstgemeinde? Bis vor wenigen Jahren wäre dieser Gedanke zutreffend gewesen. Aber heutzutage könnte sich die beschriebene Szene ebensogut in einer Episkopalkirche, im Stadion einer katholischen Universität oder in irgendeinem Versammlungslokal, in dem sich Katholiken und Protestanten gemeinsam treffen, abgespielt haben.
Früheren Generationen waren die Gruppen bekannt, die behaupteten, „göttliche Gnadengaben“ zu besitzen (griechisch: charísmata). Die ältere Pfingstbewegung mit ihren „Gaben“ des „Zungenredens“ und „Heilens“ wird als charismatisch bezeichnet. Es heißt, diese Gaben würden durch den Geist Gottes bewirkt.
Die „neuen Charismatiker“
In den 1960er Jahren litten die Kirchen im allgemeinen unter einer Art Lähmung im Glaubensleben. Viele traten aus ihrer Kirche aus. Die Priester- und Predigerseminare waren in beunruhigender Weise unterbelegt. Aber dann tauchten plötzlich die „neuen Charismatiker“ auf. Wie geschah das?
Im Jahre 1959 begannen in einer Episkopalkirche in Kalifornien mehrere Gemeindemitglieder, in Zungen zu reden. Einige Zeit danach tat ein Geistlicher in einer anderen Episkopalkirche das gleiche. Als er in eine Gemeinde im Bundesstaat Washington versetzt wurde, trat auch dort das Zungenreden (Glossolalie) auf. Das Phänomen griff auf protestantische Seminare, Colleges und Kirchen in ganz Amerika über. In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre begann eine Gruppe von Katholiken an der Duquesne-Universität in Pittsburgh, in Zungen zu reden. Die Nachricht davon verbreitete sich, und bald darauf wiederholte sich das Phänomen in anderen katholischen Hochschulen und Kirchengemeinden. Kurz danach taten sich einige der „charismatischen“ Gruppen, die verschiedenen Religionsgemeinschaften angehörten, zusammen und praktizierten das Zungenreden und Wunderheilen.
Die Bewegung griff auch auf andere Länder über. Die Presse meldete, daß die Charismatikerversammlungen, die in Großstädten der Welt abgehalten wurden, Zehntausende anlockten. Wie eine 1980 durchgeführte statistische Erhebung zeigt, halten sich etwa 29 Millionen erwachsene Amerikaner für charismatische Christen.
Was bedeutet das?
Viele aufrichtige Personen betrachten diese Vorkommnisse als Beweis dafür, daß Gottes heiliger Geist in einer charismatischen Erneuerung wirksam ist und der Religion ein Comeback ermöglicht. Es kann nicht bestritten werden, daß diesen Leuten, die verschiedenen Religionsgemeinschaften angehören, etwas widerfahren ist. Und offensichtlich haben sie den Wunsch, Gott wohlgefällig zu sein.
Da dem so ist, müßte auch die Bereitschaft vorhanden sein, die Bewegung unter die Lupe zu nehmen, um festzustellen, was sie zustande gebracht hat. Läßt sie erkennen, daß sie Gottes Gutheißung besitzt? Wirkt Gott heute auf diese Weise?
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Eine genauere BetrachtungErwachet! 1982 | 8. Mai
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Eine genauere Betrachtung
IST der heilige Geist in der charismatischen Bewegung wirksam? Charismatiker müssen verstehen, daß man diesbezüglich Gewißheit haben möchte, besonders da Christen im Worte Gottes die Aufforderung lesen: „Meine lieben Freunde, glaubt nicht allen, die vorgeben, den Geist zu besitzen! Prüft sie, um herauszufinden, ob ihr Geist von Gott kommt“ (1. Joh. 4:1, Die Gute Nachricht).
Aufrichtige Charismatiker glauben natürlich, ihre Erfahrungen würden beweisen, daß der heilige Geist unter Gläubigen wieder so wirke, wie er unter den Christen des 1. Jahrhunderts gewirkt habe. Dagegen erwarten Außenstehende in der charismatischen Bewegung noch andere aus dem 1. Jahrhundert bekannte Anzeichen der Wirksamkeit des heiligen Geistes zu sehen.
Wahre Einheit?
Wie steht es beispielsweise mit der Einheit? Ist die Bewegung geeint? Gewöhnlich bleiben die Charismatiker Mitglied der Kirche, der sie schon vorher angehört haben. Für den Beobachter entstehen deshalb schwerwiegende Fragen.
Zum Beispiel: Glaubt ein frommer Pfingstler wirklich, daß ein charismatischer Presbyterianer, der raucht, gerettet ist? Ist ein charismatischer Baptist ehrlich davon überzeugt, daß die katholische oder episkopale Taufe durch Besprengen eine gültige christliche Taufe ist, nur weil der Betreffende ein Charismatiker geworden ist? Geht ein lutherischer Charismatiker mit einem charismatischen Katholiken wirklich darin einig, daß die katholischen Priester in der Messe Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi verwandeln? Die Liste solch unterschiedlicher Auffassungen könnte noch weiter fortgeführt werden.
Machen diese unterschiedlichen Auffassungen den Charismatikern etwas aus? Den Christen des 1. Jahrhunderts waren solche Unterschiede nicht gleichgültig. Der Apostel Paulus schrieb unter der Leitung des heiligen Geistes: „Seid einig! Bildet keine Gruppen, die sich gegenseitig bekämpfen! Haltet in gleicher Gesinnung und Überzeugung zusammen!“ (1. Kor. 1:10, GN). Uneinigkeit durfte es also unter diesen wahren Christen nicht geben. Der heilige Geist wirkte damals nicht auf diese Weise. Vielmehr einigte er die Christen, indem er ihnen half, gleich gesinnt zu werden. Sie waren sich in bezug auf Lehre, Praxis und Organisation absolut einig und bildeten nicht nur eine lose, auf einer gemeinsamen emotionalen Erfahrung basierende Gemeinschaft.
Angehörige der charismatischen Bewegung geben zu, daß Uneinigkeit besteht. In der Zeitschrift Christianity Today hieß es: „Einige der führenden Charismatiker sagten, bis jetzt bestehe ihre Einheit lediglich auf emotionaler Ebene. Bei Lehrpunkten gebe es große Meinungsunterschiede. Leider würden sie nicht ernst genommen, was allerdings eine Gefahr für künftige Einheitsbemühungen darstelle.“
Führungskrise
Einige Führer der charismatischen Erneuerungsbewegung wurden ziemlich bekannt. Doch mit der Zeit führte ihre unterschiedliche religiöse Herkunft zu Meinungsverschiedenheiten in bezug auf die Leitung der Bewegung. Es kam zu einem Zerwürfnis.
Man erkannte, welche Gefahr das für die charismatische Erneuerung bedeutete, und berief deshalb eine Art Gipfelkonferenz aller Führer ein. Sie fand im Jahre 1980 in Dallas (Texas, USA) statt. Der Redner, der die Konferenz eröffnete, sagte freimütig: „Wir sind hier, um unsere skandalöse Uneinigkeit einzugestehen.“
Konnte das Problem behoben werden? Nein. Eine Partei setzte sich für die Schaffung von Gruppen unter einem Ältesten oder Lehrer ein, der sich um seine Jünger kümmern sollte. Die Gegner dieses Vorschlages machten geltend, daß „die Ältesten eine unbiblische Kontrolle über das Leben anderer ausüben würden, ja daß sie sogar die Autorität Christi an sich reißen würden“. Ein Führer warf einem anderen vor, er „stehle die Schafe“, und fügte hinzu: „Sie machen nicht aus Sündern Jünger Christi, sondern aus Mitgliedern anderer Kirchen Jünger für sich selbst.“ Die Zerrissenheit bleibt somit bestehen (Christianity Today, 4. April 1980).
Die Uneinigkeit hat einen tieferen Grund. Sie ist darauf zurückzuführen, daß die Autorität der Bibel abgelehnt wird.
Ablehnung des Buches der Einheit
Vielleicht ist der Leser, der Charismatiker ist, aufrichtig davon überzeugt, daß kein Führer der charismatischen Bewegung die Bibel jemals ablehnen würde. Aber zu den „Gnadengaben“, die die Bewegung zu besitzen beansprucht, gehört auch die Prophetie. Und wie es in dem Buch The New Charismatics heißt, ist man der Auffassung, daß das geschriebene Wort „der Autorität des lebendigen, ,dynamischen‘ Wortes“, bekanntgemacht durch die Gabe des Prophezeiens, „stets untergeordnet werden muß“. Ein Charismatiker drückte sich wie folgt aus: „Der Geist als der lebendige Gott durchzieht die Berichte vergangener Zeugen und geht darüber hinaus.“
Der Apostel Paulus dagegen schrieb: „Selbst wenn wir oder ein Engel aus dem Himmel euch etwas als gute Botschaft verkünden sollten außer dem, was wir euch als gute Botschaft verkündet haben, er sei verflucht“ (Gal. 1:8). Wenn also nicht einmal ein Apostel oder ein Engel etwas anderes als die gute Botschaft, die in der Bibel schriftlich festgehalten ist, verkünden durfte, ist dann ein Charismatiker heute berechtigt, es zu tun?
Buchautorin und Charismatikerin Catherine Marshall erklärte: „Im Kanon des Alten und des Neuen Testaments sind nicht alle Wahrheiten und Lehren, die Christus uns mitzuteilen hat, enthalten.“ In der Bibel heißt es aber: „Alles, was in den heiligen Schriften steht, ist von Gottes Geist eingegeben und hilft, die Wahrheit zu lehren und den Irrtum aufzudecken, Fehler zu berichtigen und zu einem Leben anzuleiten, das Gott gefällt. So dient es dazu, daß ein Mensch, der Gott gehört, zu allen guten Taten fähig wird“ (2. Tim. 3:16, 17, GN). Wenn das die Aufgabe der Bibel ist, mit welchem Recht wird dann ihr Inhalt bagatellisiert?
Anfänglich mag es völlig harmlos erscheinen, daß jemand seine persönliche „Geisterfahrung“ höher einschätzt als die Bibel. Erkennst du jedoch, wohin das führen kann? Erinnerst du dich daran, daß der Anführer der „Volkstempel“-Sekte in Jonestown (Guyana) sich über die Bibel hinwegsetzte und seinen Anhängern die Notwendigkeit vor Augen führte, auf ihn und seine „göttlichen Offenbarungen“ zu hören? Er hatte sie überzeugt, daß sie ihrer „Erfahrung“ mit ihm mehr vertrauen sollten als dem geschriebenen Worte Gottes. Merkst du, wie gefährlich ein solcher Standpunkt ist — wie anfällig das jemanden macht? Wenn man die Bibel nicht als Richtschnur hat, was schützt einen dann davor, das Opfer von Massenhysterie und Massenmanipulation zu werden?
Während wir prophetische Äußerungen nicht verächtlich behandeln dürfen, sollten wir uns aber doch ‘aller Dinge vergewissern und an dem festhalten, was vortrefflich ist’ (1. Thes. 5:20, 21). Deshalb wird in 1. Johannes 4:1 das Gebot gegeben: „Prüft ... die Geister, ob sie von Gott sind“ (Wilckens). Im gleichen Text ist auch noch die Warnung zu finden: „Brüder, nicht alle prophetischen Geister sind eures Vertrauens würdig“ (Knox). Offensichtlich sind nicht alle von Gott. Einige sind von Satan, dem Teufel.
Wie kann man aber die Geister voneinander unterscheiden? Die eigene Erfahrung reicht nicht aus, um sich diesbezüglich ‘zu vergewissern’. Und angenommen, es würde heute Offenbarungen durch den Geist Gottes geben, dann würden sie denen, die der gleiche Geist durch Jesus, seine Jünger und die Schreiber der Bibel bewirkt hat, bestimmt nicht widersprechen.
Die Charismatiker hoffen, daß sie ihre verschiedenen Auffassungen schließlich doch noch auf einen Nenner bringen können. Ein Geistlicher gab aber zu: „Die charismatische Bewegung als Ganzes ist in bezug auf die Lehre unberechenbar.“ Es ist ganz offensichtlich, daß man uneinig ist, weil viele Charismatiker die Bibel nicht als höchste Lehrautorität anerkennen. Wird sie durch die persönliche „Geisterfahrung“ ersetzt, so wird es nie gelingen, eine wahre Einheit zu erzielen.
Denkende Personen innerhalb und außerhalb der Bewegung fragen sich jetzt: Spiegelt die charismatische Bewegung wirklich das Wirken des heiligen Geistes Gottes wider? Wohin steuert die Bewegung?
[Herausgestellter Text auf Seite 5]
Anfänglich mag es völlig harmlos erscheinen, daß jemand seine persönliche „Geisterfahrung“ höher einschätzt als die Bibel. Erkennst du jedoch, wohin das führen kann?
[Herausgestellter Text auf Seite 6]
Wie kann man die Geister voneinander unterscheiden? Die eigene Erfahrung reicht nicht aus, um sich diesbezüglich zu vergewissern.
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Wohin steuert sie?Erwachet! 1982 | 8. Mai
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Wohin steuert sie?
„DIE Erneuerungsbewegung verliert an Stoßkraft und/oder löst sich in Splittergruppen auf“, schrieb ein Führer der katholischen charismatischen Erneuerungsbewegung in den Vereinigten Staaten in einem Bericht an diese Bewegung. Ferner hieß es darin: „Die Zersplitterung hat eine Verwässerung des Wortes Gottes zur Folge.“
In ihrer Mai/Juni-Ausgabe führte Vision, eine australische Zeitschrift für Erneuerung in der evangelischen Kirche, den erwähnten Bericht in einem Artikel an, der die Überschrift trug „Was geschieht mit der Erneuerungsbewegung?“ Darin berichtet der Verfasser, selbst Charismatiker, er habe auf einer Charismatikerversammlung einen Vortrag gehalten, in dem er über „den Tod der charismatischen Erneuerung“ gesprochen habe.
Der Vorsitzende der Internationalen Lutherischen Charismatiker-Konferenz hat die Zersplitterung analysiert und festgestellt, daß sich allein in den Vereinigten Staaten „sieben Strömungen“ entwickelt haben. Zu diesen gehören Gruppen, die sich prominenten Führern angeschlossen haben, protestantische und katholische Gruppen, die bemüht sind, die Erneuerung auf ihre Kirchengemeinden zu beschränken, und die sogenannten „Gesundheit-und-Reichtum“-Gruppen, die sagen, Heilungen und finanzielle Erfolge seien ein Zeichen göttlicher Gutheißung.
Somit befürchten Führer und Beobachter, daß die Bewegung langsam an Schubkraft verliert, daß sie, wie ein Charismatiker sagte, „nicht für immer bestehenbleibt“ (U.S. Catholic, Febr. 1980). Diese Entwicklung führt anscheinend entweder zu einem Verlust an Begeisterung oder zur Entstehung neuer charismatischer Pfingstsekten, die sich um verschiedene Führer scharen.
Die erwähnte Entwicklung hat ihren Grund. Über die Pfingstbewegung, die schon vor etlichen Generationen auf dem religiösen Schauplatz auftauchte, schreibt das Werk The Encyclopædia Britannica: „Ursprünglich hatten die Pfingstler nicht die Absicht, sich aus ihrer Kirche zurückzuziehen und eine neue Religionsgemeinschaft zu gründen. Sie strebten lediglich Reformen und eine Erweckung an. Sie wollten dazu beitragen, ihre Kirche vom Formalismus im Gottesdienst, vom Modernismus in der Lehre und von der Verweltlichung in der Praxis zu befreien und sie in eine kraftvolle, vom Geist erfüllte Gemeinde umzuwandeln, die denen entsprach, die in der Apostelgeschichte des Neuen Testaments beschrieben werden.“ Nach einiger Zeit entstand aber dann doch eine selbständige Pfingstbewegung. Später erfolgte eine ganze Reihe von Spaltungen, so daß es heute mehr als 30 verschiedene Pfingstgruppen gibt.
Die jüngste Geschichte der „neuen Charismatiker“ weist eine auffallende Ähnlichkeit mit jener Entwicklung auf. Aber das überrascht nicht, wenn man untersucht, wie es zu der modernen Bewegung gekommen ist.
Was wirklich geschah
Die Berichte, die man immer wieder hört, könnten einen auf den Gedanken bringen, daß es ganz plötzlich und von selbst zum Zungenreden und zur inneren Erneuerung kommt — ein spontanes Werk des heiligen Geistes. Es gilt jedoch zu beachten, daß das Zungenreden unter den Protestanten Kaliforniens durch zwei Episkopale begann, die im Jahre 1959 „die Geisttaufe durch das Zeugnis von befreundeten Pfingstlern erhielten“. Von ihnen wurde die „Geisterfahrung“ an etwa ein Dutzend weitere Mitglieder ihrer Kirche übermittelt. Ihr Pfarrer nahm mit anderen Verbindung auf und verbreitete die „Geisterfahrung“ unter den Mitgliedern vieler protestantischer Kirchen.
Auch unter den Katholiken entwickelte sich die charismatische Bewegung nicht spontan. Schon vor der „‚Duquesne-Erfahrung‘ gab es einzelne Katholiken mit pfingstlicher Erfahrung — häufig hatten sie sie durch den Einfluß von pfingstlerischen Freunden gemacht“, heißt es in The New Charismatics.
Wie verhielt es sich mit der Gruppe an der Duquesne-Universität, da sich doch das Zungenreden von dort aus unter den Katholiken wie ein Steppenbrand ausbreitete? Im August 1966 lernten Mitglieder der Fakultät durch Freunde verschiedene Publikationen kennen, die die Pfingstfrömmigkeit förderten. „Dann beschloß die Gruppe, mit ortsansässigen Christen Kontakt aufzunehmen, die das Zungenreden schon übten“, hieß es in einem Bericht. Diese Zusammenkunft führte zum „Duquesne-Wochenende“.
Von da an begannen Auffassungen älterer Pfingstgruppen in konventionelle Kirchen einzudringen, auch wurden pfingstliche Erfahrungen gemacht. Die meisten Empfänger des „Geistes“ strebten entweder ein „dynamischeres“, erregenderes und freudigeres Glaubensleben an oder wurden von Personen beeinflußt, die bereits pfingstliche Erlebnisse hatten.
Allerdings sprechen die Ergebnisse dieser Bemühungen nicht dafür, daß es sich um eine echte, spontane Erneuerung durch heiligen Geist handelte. Vielmehr wurden lediglich Lehre und Praxis einer Gruppe bei einer Anzahl anderer Gruppen eingeführt, ohne daß jemand die Ergebnisse steuerte oder sie auf lohnende Ziele richtete.
„Und unsere Erfahrung?“
Obschon sich die Beweise dafür, daß diese „Geisterfahrungen“ nicht der Wirksamkeit des heiligen Geistes zuzuschreiben sind, mehren, sagen Personen, die solche Erfahrungen gemacht haben, sie könnten sie nicht mit gutem Gewissen leugnen. Haben sie nicht die Kraft in sich verspürt? Haben sie es nicht erlebt, daß andere oder sie selbst geheilt wurden? Begannen sie nicht plötzlich, in Sprachen zu sprechen, die ihnen fremd waren?
Das mag zutreffen, doch darf man nicht vergessen, daß die Bibel vor Geistern, vor Dämonen, die die Menschen täuschen, warnt (1. Joh. 4:1). Von ihnen wird gesagt, daß sie ‘Zeichen vollbringen’ und sogar die Mächtigen der Erde verführen (Offb. 16:14). Sie mögen Menschen benutzen, um ihre Machttaten zu vollbringen, aber die sichtbare Wirkung beweist nicht, daß sie von Gott stammen. „Und wenn sie im Namen des Herrn Jesus gewirkt werden?“ mag jemand fragen. Jesus selbst sagte: „Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: ,Herr, Herr, sind wir nicht in deinem Namen als Propheten aufgetreten, und haben wir nicht mit deinem Namen Dämonen ausgetrieben und mit deinem Namen viele Wunder vollbracht? Dann werde ich ihnen antworten: Ich kenne euch nicht“ (Mat. 7:22, 23, Einheitsübersetzung).
Schon die Pfingstler der Gründerjahre fürchteten den Einfluß der Dämonen. Zu Beginn unseres Jahrhunderts bat der bekannte Pfingstprediger W. J. Seymour seinen Lehrer, nach Los Angeles zu kommen und ihm zu helfen, „weil er der zu körperlicher Ekstase führenden hypnotischen Kräfte ... nicht mehr Herr wurde“, die in seinen Zusammenkünften wirkten. Er glaubte, Hilfe zu benötigen, um feststellen zu können, „was echt und was falsch sei, damit das, was nicht von Gott sei, ausgemerzt werden könne“.
Über die Möglichkeit, daß sich Satan als Engel des Lichts ausgeben und so die Menschen täuschen kann (2. Kor. 11:14), erklärte ein Jesuitenpriester, der ebenfalls in Zungen redet: „Das Zungenreden könnte ein hysterisches oder, wie einige sagen, ein teuflisches Erlebnis sein.“ Ein Geistlicher der Episkopalkirche, selbst Charismatiker, sagte: „Der Teufel hat viele Möglichkeiten, uns zu beeinflussen. Wenn wir mit heiligem Geist getauft werden [wovon das Zungenreden bei den „Pfingstlern“ ein Zeichen sein soll], greift er wirklich an.“
Ferner gilt es, folgendes zu beachten: Wenn diese besonderen Gaben, wie Zungenreden, Heilen und Prophezeien, für die heutige Zeit so wichtig wären, warum schrieb dann der Apostel Paulus: „Prophetengaben verschwinden, Sprachengaben hören auf.“ (1. Kor. 13:8, Rösch/Bott)? Als die Apostel starben und auch die, denen sie die ‘Hände aufgelegt hatten’, hörten die Wundergaben des heiligen Geistes auf (Apg. 8:17; 14:3).
Christen müssen heute ein viel wichtigeres Merkmal aufweisen, an dem man erkennt, daß Gott durch sie wirkt. Dieses Merkmal müssen alle Diener Gottes haben. Wir lesen in der Bibel: „Bleibenden Bestand haben jetzt (nur) Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei: Die Liebe aber ist die größte unter ihnen“ (1. Kor. 13:13, Wilckens). Da dem so ist, muß man nach etwas anderem als der Zungenrede Ausschau halten, etwas, was als klarer Beweis für das Wirken des heiligen Geistes in unserer Zeit anzusehen ist.
Wie kann man die wahren Christen ermitteln, die wirklich diese über alles wichtige Liebe bekunden? Sieht man bei ihnen die Früchte des Geistes Gottes, was zeigen würde, daß sie den Christen des 1. Jahrhunderts entsprechen? Das wollen wir einmal prüfen.
[Herausgestellter Text auf Seite 8]
Die Ergebnisse sprechen nicht dafür, daß es sich um eine echte, spontane Erneuerung durch heiligen Geist handelt.
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Ein anderer GeistErwachet! 1982 | 8. Mai
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Ein anderer Geist
IM ERSTEN Jahrhundert war Gottes heiliger Geist wirksam, darüber besteht kein Zweifel. Er manifestierte sich unter anderem, indem er einigen Dienern Gottes Kräfte verlieh, die andere nicht besaßen. Eine davon war die Zungenrede.
Aber wer die Fähigkeit bekam, in einer Sprache zu sprechen, die er bis dahin nicht gekannt hatte, wurde von anderen, die diese Sprache sprachen, verstanden. Zum Beispiel sagten die Leute, die zu Pfingsten anwesend waren, als in Zungen gesprochen wurde: „Wie kommt es, daß jeder von uns seine eigene Sprache hört, in der wir geboren wurden? ... wir hören sie in unseren Zungen über die großen Dinge Gottes reden“ (Apg. 2:5-11).
In bezug auf das Zusammenkommen von Christen schrieb der Apostel Paulus: „Wenn jemand in einer Zunge redet, so laßt dies auf höchstens zwei oder drei beschränkt sein, und das nacheinander; und jemand möge übersetzen. Ist aber kein Übersetzer da, so schweige er in der Versammlung“ (1. Kor. 14:27, 28). Wie anders verhalten sich die heutigen Charismatiker! Sie sprechen alle gleichzeitig, und das, was sie sagen, versteht niemand und kann auch nicht übersetzt werden.
Die Zungenrede war eine der „Gaben“ des heiligen Geistes, die den Christen des 1. Jahrhunderts verliehen wurden, damit die Menschen erkennen konnten, mit welcher Organisation Gott war. Zudem diente diese „Gabe“ einem praktischen Zweck: Personen, die eine andere Sprache sprachen, konnte die „gute Botschaft“ verkündigt werden.
Außerdem gab es unter denen, die damals von heiligem Geist erfüllt waren, auch einige, die Tote auferwecken konnten (Apg. 9:36-41; 20:7-12). Wenn es sich heute ebenfalls um diesen Geist handelt, sollte es unter den Charismatikern auch Personen geben, die diese Fähigkeit besitzen. Aber das gibt es nicht. Es ist daher klar, daß es sich bei dem „Geist“, dem die Phänomene unter den Charismatikern zuzuschreiben sind, nicht wie bei den Christen des 1. Jahrhunderts um den Geist Gottes handelt.
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