Wir beobachten die Welt
Mehr Frauen im Berufsleben
◆ Wie der Praxis-Kurier meldete, üben immer mehr Frauen Berufe aus. 1964 waren 4,8 Millionen verheiratete Frauen berufstätig, davon 0,9 Millionen in Teilzeitstellen. 1966 und auch 1968 arbeiteten jeweils fünf Millionen Frauen und 1970 sogar schon 5,4 Millionen, davon 1,5 Millionen halbtags. Damit geht praktisch der ganze Zuwachs auf die zunehmende Besetzung solcher nebenberuflicher Stellen.
Hebamme — kein Männerberuf
◆ Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, daß es weder gegen das Grundrecht der Freiheit der Berufswahl noch gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau verstößt, wenn nur Frauen zum Hebammenberuf zugelassen werden können. Damit wurde eine Klage abgewiesen, die ein 27jähriger einreichte, weil ihm von der Universität Marburg die Zulassung zur Hebammenausbildung verwehrt worden sei. Das Gericht begründete das Urteil damit, daß der Gesetzgeber des Hebammengesetzes, das zur Geburtshilfe außer Ärzten nur Frauen befugt, „bei der Monopolisierung des Hebammenberufs als Frauenberuf auf eine vorstaatliche soziologische Gegebenheit zurückgegriffen“ habe. Die Arbeit der Hebamme sei „primär auf den geschlechtlichen Bereich der Hilfsbedürftigen bezogen“. Was die Hebammenhilfe angehe, lehne ein erheblicher Teil der Frauen nachdrücklich männlichen Beistand ab „und empfände eine dahin gehende Verpflichtung als unzumutbaren Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht“.
Die Frau in der modernen Familie
◆ In einem Aufsatz in der Süddeutschen Zeitung behandelt Barbara Bondy unter anderem die Stellung der Frau in der modernen Familie. Es heißt in diesem Bericht: „An der modernen Familie kann man schließlich erkennen, was Belastungen durch Wärmeverlust bedeuten. ... Viele geben den Frauen die Hauptschuld an solchem Wärmeverlust. Seit sie nicht mehr ,dienen‘, sondern ,sich selbst verwirklichen‘ — das heißt in den meisten Fällen, außer Haus arbeiten — wollen, geht es bergab, so heißt es. ... Richtig an allem ist, daß Freiheit mit selbstverdientem eigenen Geld beginnt. Deshalb wird wohl über kurz oder lang eine gesetzliche Regelung nicht zu umgehen sein: Das ,Hausfrauen-Honorar‘ muß das ,Haushaltsgeld‘ ablösen. ... Und jeder weiß, wieviel Mißbehagen in der Gesellschaft daher stammt, daß die Fähigkeit zur menschlichen und sozialen Präsenz, die Geneigtheit sich um den anderen zu kümmern, auszusterben beginnt — bezahlte Ratgeber, Helfer, Organisationen aller Art springen ein, mehr schlecht als recht. Diese Fähigkeit zur Präsenz, der geduldige und kluge Umgang mit anderen Menschen war das Herrschaftsfeld der Frau, und durch sie wurde das harte und banale Leben erträglicher und heller. Klagen richten nichts mehr aus: Die Frauen, denen man den Glanz dieses Lebensbereichs verdarb, sind zurückgetreten, die Männer übernehmen die Fähigkeit zur Präsenz durchaus nicht. Und die Temperatur dieser Gesellschaft sinkt ständig, Kälte greift um sich.“
Frauen über ihr Leben
◆ Auf die Frage: „Wenn Sie Ihr Leben so mit dem Ihres Ehepartners vergleichen, glauben Sie dann, daß Sie im großen und ganzen gesehen ein besseres, ein schlechteres oder etwa das gleiche Leben haben?“ antworteten 27 Prozent der verheirateten Frauen in der Bundesrepublik, daß sie ein besseres Leben führen würden als ihre Ehemänner. Zehn Prozent meinten, ihr Leben sei schlechter, und 63 Prozent hielten es für gleich.
Kirchenpräsidentin über die Kirche
◆ Als eine „letzte Bastion männlicher Vorherrschaft“ bezeichnete Dr. Cynthia Wedel, Präsidentin des Nationalrates der Kirchen in den USA, die Kirche. Es sei nicht einzusehen, warum zahlreiche Kirchen Frauen die Ordination verweigerten. „Bedauerlicherweise gehen in der Kirche Macht und Ordination Hand in Hand“, erklärte sie vor Geistlichen und Theologiestudenten in der katholischen St.-Johns-Universität in Collegeville. „Wenn die Frauen wirklich vollwertige Mitglieder der Kirche seien, müßten sie auch alle Rechte besitzen“, betonte sie.
Mehr Polizisten benötigt
◆ In der Bundesrepublik sollen zur Zeit 20 000 Polizisten mehr benötigt werden. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Kuhlmann, nannte diese Zahl, da seiner Ansicht nach 10 000 Fehlstellen besetzt werden müssen und weitere 10 000 Polizisten für zusätzliche Dienste zur Verfügung stehen sollten. Es sei auch nicht vertretbar, daß bei Großfahndungen wie nach Baader-Meinhof alles genommen werde, was zur Verfügung stehe, denn dadurch würden zu große Lücken in allen anderen Bereichen entstehen.
Besorgnis über Kriminalität
◆ Über den „blühenden Waffenhandel“ in der Bundesrepublik zeigte sich der Innenminister Nordrhein-Westfalens sehr besorgt. Bei den mehr als 645 000 in Nordrhein-Westfalen im Jahre 1971 bekanntgewordenen Straftaten sei 3 534mal geschossen und fast 2 000mal mit der Schußwaffe gedroht worden. Die Straftäter haben im letzten Jahr einen Schaden von über 450 Millionen Mark in diesem Bundesland verursacht. Allein bei Diebstählen war der Wert des Diebesgutes etwa 330 Millionen Mark. Der Schaden, der bei Raubüberfällen und räuberischer Erpressung entstand, belief sich auf etwa elf Millionen Mark.
Nonnen als Kandidaten
◆ Für die Wahl zum Bürgermeister und Gemeinderat wurde für die Inselgemeinde Frauenchiemsee erstmals durch das Kloster der Benediktiner-Schwestern ein eigener Wahlvorschlag eingebracht. Danach stellten Nonnen, die Angehörige des Klosters sind, sich zur Kandidatur zur Verfügung.
Polygamie ruft Schwierigkeiten hervor
◆ Anhand einer Statistik weist die Kairoer Zeitung Al Ahram nach, daß die Polygamie in Ägypten abnehme. Ausschlaggebend seien wirtschaftliche Gründe, denn wer könne schon noch unparteiisch und gleichwertig vier Frauen ein Heim und Liebe bieten, wie es dem Gesetz des Korans entspreche? Allerdings lebten viele Männer — vor allem auf dem Lande — weiterhin mit zwei Frauen zusammen, da dies wirtschaftlicher sei: Viele Kinder seien als Arbeiter auf dem Bauernhof nützlich. Doch der traditionellen Form der Vielweiberei, der „Ehe zu fünft“, sehe sich der ägyptische Mann nicht mehr gewachsen: Inmitten seiner vier Frauen fühle er sich allein, unverstanden und ungerecht behandelt. „Wer nimmt es schon mit vier Frauen auf?“ fragte das Blatt.
Jede dritte Frau ist selbstbewußt
◆ Aus einer umfassenden Studie der Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung, von der die Süddeutsche Zeitung berichtete, war zu entnehmen, daß das Selbstbewußtsein bei den deutschen Frauen relativ stark ausgeprägt ist. 32 Prozent der Frauen und Mädchen über 16 Jahre halten sich für selbstbewußt, 43 Prozent jedoch glauben, daß eine Frau selbstbewußt sein sollte. Auch 37 Prozent der Männer möchten, daß eine Frau diese Eigenschaft haben sollte. Weit weniger ausgeprägt als das Selbstbewußtsein scheint das Gefühl der Unabhängigkeit zu sein, denn nur 14 Prozent der Frauen in der Bundesrepublik bezeichneten sich als unabhängig. 30 Prozent wünschen sich jedoch mehr Unabhängigkeit. Der Realisierung dieses Wunsches scheinen jedoch die Männer im Wege zu stehen, denn nur 12 Prozent glauben, daß eine Frau unabhängig sein sollte.
Frauen als Posträuber
◆ Acht Frauen haben nach Mitteilung der Polizei ein Postamt an der finnisch-schwedischen Grenze im hohen Norden Schwedens ausgeraubt. Alle wurden ergriffen, aber keine war bisher geständig. Auch das Geld — etwa 1 600 Mark — konnte nicht aufgefunden werden. Die Frauen, die anscheinend keine Waffen verwendeten und auch nicht maskiert waren, gehören zu einer Touristengruppe aus Südeuropa, die per Auto und Wohnwagen reist.
Frauen als Agenten
◆ Nach dem Tod des 77jährigen Edgar Hoover, der 48 Jahre das FBI geleitet hat und als energischer Gegner von Frauen in seiner Organisation bekannt war, sollen künftig auch Frauen eine Anstellung als Sonderagenten in der amerikanischen Bundeskriminalpolizei erhalten. Der neue Leiter des FBI, Patrick Gray, machte dies möglich, indem er sich auf eine Anordnung Präsident Nixons vom 9. August 1969, daß im Staatsdienst keine Diskriminierung erlaubt sein dürfe, stützte.
Frauen brauchen Anerkennung
◆ Viele Frauen werden krank, weil ihre Leistungen in Beruf und Familie nicht genügend anerkannt werden. Zu dieser Feststellung kam der Verband Niedergelassener Ärzte Deutschlands (NAV) in Köln. Bei der Untersuchung von mehr als dreißigtausend berufstätigen Frauen hat sich herausgestellt, daß etwa jede fünfte von ihnen unter einem „funktionell auffälligen“ vegetativen Nervensystem, also unter einem gestörten Zusammenspiel einzelner Organe, leidet. Solche vegetativen Störungen, die von Schlaflosigkeit bis zu Angstzuständen reichten, kämen bei Frauen, die Teilzeitarbeit verrichteten, häufiger vor als bei Frauen, die den ganzen Tag im Beruf stünden. Bei Männern hingegen hätten die Mediziner nur etwa halb so viele Beschwerden ermittelt. Frauen wären aber weniger krank, wenn sie von der Familie nicht als Hausangestellte betrachtet würden. Entscheidend sei, mit der Anerkennung weiblicher Arbeit und weiblicher Leistungen nicht zu geizen.
Erkrankung durch Autoabgase
◆ Mehr als 2 500 Japaner, vor allem in Tokio, klagten über Halsschmerzen und Augenentzündungen als Folge von photochemischem Smog. Der Smog entsteht durch Einwirkung von Sonnenlicht auf Autoabgase. Die davon Betroffenen waren meistens Schulkinder.
Tragisches Bergwerksunglück
◆ In der rhodesischen Stadt Wankie ereignete sich ein tragisches Bergwerksunglück. Die Zahl der Opfer wurde einige Tage nach dem Unglück auf 426 angegeben. Sieben Bergleute konnten verletzt geborgen werden. Sie hatten in unmittelbarer Nähe der Erdoberfläche gearbeitet. Die Ursache des Grubenunglücks konnte nicht geklärt werden, und die Vermutungen laufen dahin gehend, daß in einem Sprengstofflager Dynamit explodierte. Weitere Explosionen zeigten an, daß sich viel Grubengas angesammelt hatte.
Geld für Urlaub
◆ Von Oktober 1970 bis September 1971 gaben die Bürger der Bundesrepublik 13,7 Milliarden Mark für Urlaubsreisen aus. Das errechnete das Bundesamt für Statistik in Wiesbaden. Allein für Ferien im Ausland wurden 8,1 Milliarden Mark von den deutschen Touristen ausgegeben.
Mit Rom unzufrieden
◆ Als „veraltet und rückschrittlich“ bezeichnete die Nationale Vereinigung der Priesterräte in den USA die neuen vatikanischen Richtlinien zur Bischofsernennung. In einer in Chicago veröffentlichten Erklärung heißt es, das päpstliche Dokument sei „untragbar zu einer Zeit, in der die Forderung nach Selbstbestimmung überall zu hören ist“. Das römische Dokument verlängere den Zustand des „monarchischen Absolutismus“. Kritik wird besonders an der nach Meinung der Priesterräte nicht gerechtfertigten Rolle des Nuntius bei Bischofsernennungen geübt.
Strukturwandel der Familie
◆ Das Ansteigen der Ehescheidungen sei unter anderem heute auch auf eine Änderung der Vorstellung von der Familie zurückzuführen, erklärte der Sozialwissenschaftler Prof. Erich Bodzenta. Die Familie habe sich von einer mehrere Generationen umfassenden Großfamilie zu einer Kernfamilie entwickelt, die sich aus dem Ehepaar mit einem, zwei, maximal drei Kindern zusammensetze. Dadurch hätten die heutigen Ehen viele Stützen verloren. Während eine Ehe früher vielfach aus Traditionsgründen oder durch großfamiliäre Bindungen zusammengehalten werden konnte, beruhe heute der Bestand der Ehe allein auf der Übereinstimmung der beiden Partner. Da Experimente mit modernen Großfamilien (Kommunen) in der Regel gescheitert seien, werde auch in Zukunft die kleine Kernfamilie bestehenbleiben.
Bemühungen um Legalisierung der wilden Ehe
◆ In der Schweiz bemüht man sich, die wilde Ehe zu legalisieren. Zur Zeit ist die wilde Ehe in insgesamt 16 Schweizer Kantonen verboten. Der Große Rat des Kantons Zürich sprach sich für eine Aufhebung des bestehenden Verbotes aus. In den Kantonen Zürich und Thurgau können die Behörden von unverheirateten Paaren eine Auflösung ihrer Wohngemeinschaft fordern und im Falle einer Weigerung ein Bußgeld auferlegen. Die Diskussion über dieses Vorgehen wurde dadurch wiederentfacht, weil der derzeitige Zustand eine Anzeigefreudigkeit heraufbeschwor und da außerdem polizeiliche Strafmaßnahmen keine annehmbare Methode zur Trennung von zusammen lebenden Paaren darstellten. Im Kanton Zürich hatten sich sogar Kirchenvertreter für eine Aufhebung des Verbotes ausgesprochen. — Ein Christ, der sich von biblischen Grundsätzen leiten läßt, wird nicht in einer wilden Ehe leben wollen, sondern es wird sein Wunsch sein, eine rechtlich gültige, ehrbare Ehe zu führen.