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Das Vorbild der bevorstehenden „großen Drangsal“Der Wachtturm 1970 | 15. Juli
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Römer unter dem Feldherrn Cestius Gallus zur Zeit des Laubhüttenfestes (19. bis 25. Oktober) gegen Jerusalem zogen. Das war genau dreißig Jahre nachdem die von Daniel vorhergesagte siebzigste Jahrwoche im Jahre 36 u. Z. zu Ende gegangen war. Am 30. des jüdischen Monats Tischri oder um den 3./4. November führte der Feldherr Gallus sein Heer in die Stadt hinein. Fünf Tage griffen die Römer die Tempelmauer an, und am sechsten Tag gelang es ihnen, die Mauer zu untergraben. Dann ließ Gallus plötzlich unbegreiflicherweise seine Soldaten den Rückzug antreten. Die Juden jagten ihnen nach und fügten ihnen schwere Verluste zu. Demnach begann für die Juden in Jerusalem und Judäa die beispiellose „große Drangsal“ damals noch nicht. Doch nun wußten die Judenchristen, daß sie nahe war.
25. (a) Was sahen die Jünger somit in Judäa an der Stätte stehen, wo es nicht stehen sollte? (b) Wie war dieses Ding und die Verwüstung, die es verursachen würde, in Daniel 9:26, 27 (NW) vorhergesagt worden?
25 Als die römischen Soldaten auf dem von den Juden als heilig betrachteten Gebiet rings um die Stadt standen und sogar die Tempelmauer untergruben, sahen die Judenchristen das „abscheuliche Ding“, das Verwüstung verursacht, an „heiliger Stätte“ stehen, wo es „nicht stehen sollte“. Das war das in Daniel 9:27 (NW) vorhergesagte „abscheuliche Ding“. Wie wir in diesem Vers lesen, sagte Daniel, nachdem er die Ereignisse der siebzigsten Jahrwoche beschrieben hatte: „Und auf dem Flügel abscheulicher Dinge wird das sein, das Verwüstung verursacht; und bis zu einer Ausrottung wird sich dann gerade das, was beschlossen ist, auch über den verödet Liegenden ergießen.“ Diese Verwüstung der wiederaufgebauten Stadt Jerusalem wird im vorangehenden Vers (26b, NW) mit folgenden Worten beschrieben: „Und die Stadt und die heilige Stätte wird das Volk eines Führers, der kommt, in ihr Verderben bringen. Und das Ende davon wird durch die Flut sein. Und bis zum Ende wird es Krieg geben; das, was beschlossen ist, sind Verwüstungen.“ Jesus sagte, Daniel habe dieses „abscheuliche Ding“ vorhergesagt.
26. (a) Wer war dieser vorhergesagte „Führer“, wer war das „Volk“, und wann wurde das Land überflutet? (b) Wie entrannen die jüdischen „Auserwählten“ in Judäa dieser Überflutung?
26 Wer war denn der kommende „Führer“, dessen „Volk“ über die „Stadt und die heilige Stätte“ Verderben brachte? Es war der Feldherr Titus, der Sohn des Feldherrn Vespasian, der im Jahre 69 u. Z. römischer Kaiser wurde. In den Hebräischen Schriften wird ein Heer wiederholt als „Volk“ bezeichnet. Von einem Heer wird auch gesagt, es überflute das Land, in das es eindringe. Zu dieser Überflutung Jerusalems durch das Kriegs„volk“ des „Führers“, des Feldherrn Titus, kam es erst im Frühling des Jahres 70 u. Z. Vom Rückzug des Heeres unter dem Feldherrn Gallus im November 66 bis zum Vorfrühling des Jahres 70 u. Z. vergingen also mehr als drei Jahre und fünf Monate. Diese günstige Zwischenzeit nutzten die Judenchristen in Jerusalem und Judäa aus, um in die „Berge“ außerhalb dieser zum Untergang verurteilten Provinz zu fliehen, denn jetzt wußten sie aufgrund der Worte Jesu, daß die Verwüstung Jerusalems nahe bevorstand. Auf diese Weise entkamen die christlichen „Auserwählten“.
27. (a) Wurde der Beginn der „großen Drangsal“, die über Jerusalem kam, verschoben? (b) Wer waren die Judenchristen, die damals in Gefahr schwebten und die Jehova in Sicherheit bringen wollte?
27 Im Frühling und Sommer des Jahres 70 u. Z. brach die vorhergesagte „große Drangsal“ über Jerusalem herein, und viele Juden verloren dabei das Leben. Der Prophezeiung Jesu gemäß hatte Gott für die „große Drangsal“, die über Jerusalem kam, einen bestimmten Zeitpunkt vorgesehen. Er verschob den Zeitpunkt für den Beginn dieser Drangsal nicht. Er ließ den im Jahre 66 u. Z. unterbrochenen Angriff des Cestius Gallus daher seinen gefährdeten „Auserwählten“ als Warnzeichen zur Flucht dienen. Cestius Gallus hätte Jerusalem ohne weiteres im Sturm nehmen können, aber er nahm die günstige Gelegenheit nicht wahr. Gottes Zeit war noch nicht gekommen. Seine „Auserwählten“ befanden sich damals nicht alle in der Gefahrenzone. Es gab damals schon Hunderte von Judenchristen außerhalb der Provinz Judäa und in Gebieten außerhalb und innerhalb des Römischen Reiches. Diese waren von der bevorstehenden Zerstörung Jerusalems nicht bedroht. Nur die Judenchristen innerhalb Judäas schwebten in Gefahr. Diese gefährdeten „Auserwählten“ wollte Gott in Sicherheit bringen, bevor die „große Drangsal“, deren Beginn er zeitlich festgelegt hatte, über Jerusalem hereinbrechen würde. Warum sollte auch nur einer von ihnen umkommen, wenn an dem untreuen Jerusalem und an Judäa sein vergeltendes Urteil vollstreckt würde? Sie verdienten es nicht, vernichtet zu werden.
28. (a) Das „Fleisch“ welcher Juden drohte damals nicht „gerettet“ zu werden? (b) Was konnte Jehova Judäa und Jerusalem gegenüber tun, nachdem alle seine „Auserwählten“ die Gefahrenzone verlassen hatten und in Sicherheit waren?
28 Da die Judenchristen zu jener Zeit bereits aus Jerusalem und Judäa geflohen waren, bestand für sie keine Gefahr mehr, von Jerusalems „großer Drangsal“ betroffen zu werden. Die in der Stadt eingeschlossenen ungläubigen Juden waren von der Vernichtung bedroht. Alles „Fleisch“ der Juden innerhalb Jerusalems drohte vernichtet zu werden, wenn die Drangsal zu lange andauern würde. Diese nichtchristlichen Juden hatten sich in der Stadt versammelt, um am 14. Nisan das Passahfest und anschließend daran das eine Woche dauernde Fest der ungesäuerten Brote zu feiern. Zu jener Zeit ging der Feldherr Titus mit seinem Kriegs„volk“ zum Angriff gegen die zum Untergang verurteilte Stadt über. Er umzingelte sie und schloß die empörerischen Juden darin ein. Er ließ durch sein „Volk“ eine etwa acht Kilometer lange Pfahlsperre um die Stadt errichten, um den belagerten Juden jede Fluchtmöglichkeit zu nehmen. Da Jehova Gott bis zu jenem Zeitpunkt dafür gesorgt hatte, daß alle seine „Auserwählten“ sich außerhalb des verurteilten Gebietes befanden, konnte er sein Vergeltungsurteil an Judäa und Jerusalem schnell vollziehen, das heißt, er konnte durch eine intensive Vernichtung das Urteil in kurzer Zeit vollstrecken.
29. Wie lange dauerte die Belagerung Jerusalems, und was trug dazu bei, daß sie abgekürzt wurde?
29 Die Belagerung Jerusalems dauerte nicht lange, nur vom 14. Nisan bis zum 6. Elul (6. September, Gregorianischer Kalender) oder nicht einmal ganz sechs Monate im Unterschied zu der Belagerung Jerusalems durch die Babylonier in den Jahren 609 bis 607 v. u. Z., die achtzehn Monate gedauert hatte. Jehova Gott ließ verschiedene Dingeb zusammenwirken, um die Belagerung im Jahre 70 u. Z. abzukürzen.
30. (a) Welche furchtbaren Folgen hatte die Belagerung, obwohl sie nicht lange dauerte? (b) Was geschah mit Jerusalem weiterhin, und wie lange sollte dies geschehen?
30 Die Belagerung war, wenn auch kurz, doch schrecklich genug, obwohl sie nicht die größte Drangsal war, die die Menschheit bis dahin heimgesucht hatte oder in kommenden Zeiten noch heimsuchen würde. Das „abscheuliche Ding, das Verwüstung verursacht“, führte aufgrund von Gottes eigenem Beschluß eine Massenvernichtung herbei. Der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus berichtet, daß 1 100 000 Juden getötet wurden oder starben. Da aber die Tage jener „großen Drangsal“, die über Jerusalem gekommen war, „verkürzt“ wurden, wurde das „Fleisch“ einiger Juden gerettet. Josephus berichtet, daß 97 000 Juden überlebten und als Gefangene nach Ägypten oder in andere römische Provinzen weggeführt wurden.c Die Stadt und ihr Tempel wurden vollständig zerstört, wie Jesus es vorhergesagt hatte. Jerusalem wurde von den Heiden (nichtjüdischen Nationen) also weiterhin in buchstäblichem Sinne niedergetreten, wie es schon seit seiner ersten Zerstörung und der Verwüstung Judas durch die Babylonier (im Jahre 607 v. u. Z.) niedergetreten worden war.d Doch eines Tages sollten diese Zeiten der Heiden oder Nationen ablaufen, und zwar 2 520 Jahre nach ihrem Beginn im Herbst des Jahres 607 v. u. Z. oder im Jahre 1914 u. Z. — Luk. 21:24.
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Frieden mit Gott inmitten der „großen Drangsal“Der Wachtturm 1970 | 15. Juli
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Frieden mit Gott inmitten der „großen Drangsal“
1. (a) Erfüllte sich Jesu Prophezeiung in Matthäus 24:4-22 buchstäblich am irdischen Jerusalem? (b) Was zeigt, ob diese Prophezeiung noch eine weitere Erfüllung haben wird?
DIE in Matthäus 24:4-22 aufgezeichnete Prophezeiung Jesu hat sich in der Zeit zwischen dem Jahr 33 u. Z., in dem Jesus sie äußerte, und dem Jahr 70 u. Z., in dem Jerusalems „große Drangsal“ endete, auf bemerkenswerte Weise buchstäblich erfüllt. Das wiederaufgebaute Jerusalem ist nie mehr — nicht einmal zur Zeit der Kreuzzüge, die die Katholiken im Nahen Osten gegen die Mohammedaner führten — von einer solch „großen Drangsal“ heimgesucht worden. Bedeutet das, daß sich die Prophezeiung Jesu bereits ein für allemal erfüllt hat und daß keine weitere Erfüllung mehr zu erwarten ist? Nein, denn schon die Art und Weise, wie Jesus seine Vorhersage über die „große Drangsal“ formulierte, läßt darauf schließen, daß er von einer noch weit größeren Drangsal als der Belagerung und Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 u. Z. sprach. So ist es auch tatsächlich!
2. (a) Warum ist diese Prophezeiung, wie Bibelkommentatoren zugeben, schwierig zu verstehen oder anzuwenden? (b) Was sagt A. Plummer über Lukas 21:22?
2 Bekannte Bibelkommentatoren der Christenheit geben zu, daß diese Prophezeiung Jesu zum Teil schwierig zu verstehen oder anzuwenden ist. Jesus beantwortete dadurch eine aus drei Teilen bestehende Frage, nämlich wann die Zerstörung Jerusalems und seines Tempels sein werde und was das Zeichen seiner „Gegenwart“ und des „Abschlusses des Systems der Dinge“ sein werde. (Matth. 24:3) Diese Kommentatoren geben zu, daß es bei Jesu prophetischer Antwort auf diese Frage manchmal schwierig ist zu erkennen, auf welchen der drei Teile er sich bezieht.a Zu den Worten Jesu in Lukas 21:22:
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