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Der Papst bei der UNO — Bote der Hoffnung?Der Wachtturm 1980 | 1. April
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Der Papst bei der UNO — Bote der Hoffnung?
AUF Einladung des Generalsekretärs Kurt Waldheim stattete Papst Johannes Paul II. am 2. Oktober vergangenen Jahres den Vereinten Nationen einen Besuch ab. Insgesamt hielt er sich in den Vereinigten Staaten sieben Tage auf und besuchte Boston, New York, Philadelphia, Des Moines, Chicago und Washington (D. C.). Überall, wo seine Autokolonne vorbeikam, drängten sich Katholiken und Nichtkatholiken, um einen Blick auf den vitalen 59jährigen Papst zu werfen.
Selbst bei der UNO, wo berühmte Besucher nichts Außergewöhnliches sind, erregte das Auftreten des Papstes besonderes Interesse. Seine Ansprache vor der Vollversammlung bildete den Mittelpunkt seines Amerikabesuchs. Über diese Rede hieß es in einem Leitartikel der New York Post: „Er rief zu einem neuen Beginn auf und sprach sich für eine gesunde Einsicht und eine Wiederbelebung der Hoffnung aus.“
Bildete seine Botschaft die Grundlage für eine Wiederbelebung der Hoffnung? Auf welche Instanz, von der die Menschen die Lösung ihrer Probleme erwarten könnten, lenkte er die Aufmerksamkeit?
UNTERSTÜTZER DER UNO
Der Papst wies auf die Vereinten Nationen hin. Er sagte: „Möge die Organisation der Vereinten Nationen immer das oberste Forum für den Frieden und die Gerechtigkeit bleiben, der maßgebende Ort für die Freiheit der Völker und der Menschen in ihrer Sehnsucht nach einer besseren Zukunft.“
Doch in seiner 62minütigen Ansprache erwähnte der Papst kein einziges Mal Jesus Christus oder das Königreich als Hoffnung der Welt. Ist das nicht erstaunlich, da er doch den Titel „Stellvertreter Christi“ trägt? Es ist um so befremdender, als die Bibel nicht die Vereinten Nationen, sondern das Königreich unter Christus Jesus als Gottes Werkzeug kennzeichnet, durch das auf der Erde Frieden geschaffen wird. Läßt sich die Unterschlagung dieser Tatsache damit rechtfertigen, bei Nichtchristen und Atheisten in der UNO keinen Anstoß erregen zu wollen?
DIE NÖTE DER MENSCHHEIT AUFGEZEIGT
Der Papst zeigte jedoch echte Nöte der Menschheit auf, die bis heute noch nicht behoben worden sind. Er sprach zum Beispiel von den „schrecklichen Ungleichheiten zwischen Menschen ... in übertriebenem Reichtum auf der einen Seite und der zahlenmäßigen Mehrheit der Armen oder sogar der Verelendeten auf der anderen Seite, die ohne Nahrung, ohne Arbeitsplatz und Schule in großer Zahl zu Hunger und Krankheit verurteilt sind“.
Der Papst betonte, daß dieser Zustand behoben werden müsse: „Es ist allgemein bekannt, daß der Graben zwischen der übertrieben reichen Minderheit und der großen Menge der Armen ein sehr schwerwiegendes Krankheitssymptom im Leben jeder Gesellschaft darstellt.“ Hat aber die Kirche des Papstes durch ihr Beispiel gezeigt, wie eine gerechte Verteilung oder ein Ausgleich der Reichtümer zu erreichen ist?
Papst Johannes Paul II. unterstrich auch die Notwendigkeit, „die Religionsfreiheit und die Gewissensfreiheit“ zu garantieren. Gewiß können ihm alle gerechtigkeitsliebenden Menschen zustimmen, wenn er sagte: „Es ist eine Frage von größter Wichtigkeit, daß ... alle Menschen aus jeder Nation und aus jedem Land, unter jedem Regime und politischen System ihre Rechte in ganzer Fülle und bis in die Praxis hinein genießen können.“ Läßt aber das Beispiel der Kirche erkennen, daß sie die Religionsfreiheit für alle verteidigt?
Johannes Paul II. wies auf ein weiteres dringendes Bedürfnis der Menschheit hin, indem er die Worte wiederholte, die Papst Paul VI. 14 Jahre früher vor der UNO-Vollversammlung geäußert hatte: „Niemals wieder Krieg, niemals!“ Bestimmt sollte man mit Krieg und Kriegsvorbereitungen aufhören. Welches Beispiel hat die katholische Kirche diesbezüglich gegeben?
Wenige Tage vor seiner Ansprache bei der UNO erklärte der Papst anläßlich seines Besuchs in Irland vor Katholiken: „Auf den Knien flehe ich euch an: Kehrt um vom Weg der Gewalt, und kehrt zurück zu den Wegen des Friedens! ... Die Gewalt in Irland wird schließlich das Land, das ihr zu lieben behauptet, und die Werte, die ihr zu lieben vorgebt, in den Ruin führen.“
Ist zu erwarten, daß der Besuch des Papstes in Irland und in den Vereinigten Staaten mithelfen wird, die schwierigen Probleme zu lösen, vor die sich die Menschheit gestellt sieht? Hat die Kirche, die der Papst vertritt, beispielhaft auf die Behebung der von ihm aufgezeigten Nöte der Menschheit hingewirkt? Gemessen an den Millionen, die sich aufmachten, um ihn zu sehen und ihm zuzuhören, wird er von vielen als ein Bote der Hoffnung betrachtet. Ist er das aber? Lassen wir die Tatsachen sprechen.
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Wird die Kirche praktizieren, was der Papst gepredigt hat?Der Wachtturm 1980 | 1. April
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Wird die Kirche praktizieren, was der Papst gepredigt hat?
WIE reagierten irische Katholiken auf den Aufruf des Papstes, den Gewalttaten, die in den letzten 10 Jahren etwa 2 000 Todesopfer gefordert haben, ein Ende zu machen?
Sie reagierten darauf ebenso wie auf die über 30 Friedensappelle, die Papst Paul VI. an das irische Volk gerichtet hatte. Sie lehnten ab. „Wir sind davon überzeugt“, lautete die Antwort der IRA (katholische Bürgerkriegsarmee), „daß Gewalt bei weitem das einzige Mittel ist, dem Übel der britischen Präsenz in Irland abzuhelfen.“
Katholiken in Nordirland sind der Auffassung, von der protestantischen Mehrheit unterdrückt zu werden. Daher berufen sie sich bei ihrer Ablehnung des päpstlichen Aufrufs auf die Lehre ihrer Kirche, Gewalt im Interesse der Beseitigung von Unrecht ließe sich rechtfertigena. Können Irlands Katholiken auf Präzedenzfälle verweisen, was den sogenannten „gerechten Krieg“ betrifft?
DIE KATHOLISCHE KIRCHE UND DER KRIEG
In seiner Rede vor den Vereinten Nationen stellte Papst Johannes Paul II. die Behauptung auf: „Die katholische Kirche verkündet an allen Orten der Erde eine Botschaft des Friedens, sie betet für den Frieden und erzieht den Menschen zum Frieden.“ Was beweisen jedoch die geschichtlichen Tatsachen? Der katholische Historiker E. I. Watkin schrieb:
„So schmerzlich das Geständnis sein muß, wir können die historischen Tatsachen, daß die Bischöfe durchweg alle Kriege unterstützt haben, die die Regierung ihres Landes geführt hat, nicht im Interesse einer falschen moralischen Stärkung oder unehrlichen Vaterlandstreue leugnen oder ignorieren. Ich kenne keinen einzigen Fall, in dem der Episkopat eines Landes einen Krieg als ungerecht verdammt hätte ... Ganz gleich, wie die Theorie der Kirche lautet, in der Praxis haben sich die katholischen Bischöfe in Kriegszeiten stets an den Grundsatz gehalten: ,Mein Land hat immer recht.‘ Bei anderen Anlässen sprachen sie zwar im Namen Christi, doch wo es um Nationalismus ging, der zum Krieg trieb, sind sie die Wortführer des Staates gewesen“ (Morals and Missiles, herausgegeben von Charles S. Thompson, S. 57, 58).
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