Das Leben mit Jehovas Zeugen in Afrika
HAST du jemals den Wunsch gehabt, zu wissen, wie das Leben in einem Dorf in der Wildnis Afrikas ist, in dem alle oder die Mehrheit Zeugen Jehovas sind? Was denkst du, wie es dort zugeht?
Laßt uns zuerst ein typisches afrikanisches Dorf besichtigen. Es liegt in einer kleinen Lichtung. Man versteht darunter ein Gebiet, in dem man den „Busch“ gerodet und die Bäume umgehauen hat. In dieser Lichtung wirst du einige Hütten finden, etwa acht bis zwanzig Hütten in den kleineren Dörfern. Die meisten Dörfer sind klein. Die Hütten bestehen aus Stangen, die mit Lehm beschmiert und mit Gras bedeckt worden sind. Im allgemeinen berührt das Grasdach nicht die Wände und läßt so eine Lüftung offen, durch die der Rauch vom kleinen Lagerfeuer entweicht, das bei kälterem Wetter zum Heizen der Hütte dient. Die Hütten haben eine runde Form. Sie besitzen außer der Lüftung an der Oberseite und dem Eingang keine andere Luftzufuhr. Im Dorf gibt es keine Straßen, denn das Reisemittel des Eingeborenen sind seine Beine, und seine Transportprobleme werden mit dem Kopf erledigt. Seit langem ist man gewöhnt, schwere Last auf dem Kopf zu balancieren, der von einem starken Hals unterstützt wird. Es gibt im Dorf meist keine besondere Anordnung der Häuser. In alle Richtungen führen gut ausgetretene Pfade in den „Busch“, einige zu zerstreuten Gartengrundstücken, andere zu Nachbardörfern oder zu schmutzigen „Hauptstraßen“, die in der Nähe vorüberführen.
Im Zentrum jedes Dorfes findet man gewöhnlich etwas, was man als Hütte ohne Wände beschreiben könnte. Ihr mit Gras gedecktes Dach wird von Stangen unterstützt, und alle Seiten sind offen. Hier werden in Gegenwart der Dorfbewohner alle Angelegenheiten besprochen, die die Dorfeinwohner, jung und alt, angehen. Hier befaßt sich der Häuptling mit Klagen eines Dorfbewohners gegen einen anderen. Hier werden dem jungen Volk die ungeschriebenen Stammesgesetze und -sitten gelehrt, indem es den Diskussionen der Älteren zuhört. In ganz Nordrhodesien findet man oft in dieser Art von Dörfern eine Mehrheit von Zeugen Jehovas, und manchmal ist das ganze Dorf dabei, wenn sich die Versammlung trifft.
DORFORDNUNG
Wenn du noch nie in Afrika warst und noch nie eines dieser kleinen Dörfer gesehen hast, möchtest du vielleicht wissen, wie das Leben des Dorfes geregelt ist, und wie die allgemeinen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse liegen. Man könnte die Lage wie folgt schildern: In jedem Dorf ist ein Dorfhäuptling eingesetzt. Sein Amt ist sehr oft erblich. Zu den Hauptpflichten des Dorfhäuptlings zählt die Sorge für die Sauberkeit im Dorf und für die Aufrechterhaltung des Friedens und der guten Ordnung. Außerdem kümmert er sich darum, daß die Bewohner genügend Nahrung für sich und ihre Familien anbauen. Er sollte darauf achten, daß die Steuern jedes Jahr bezahlt (einmal im Jahr wird für jeden männlichen Afrikaner eine Kopfsteuer erhoben) und die kleinen Straßen und Holzbrücken in gutem Zustand erhalten werden. Der Dorfhäuptling ist dem Stammeshäuptling unterstellt, der viele solche Dörfer unter seiner Gerichtsbarkeit hat. Der Stammeshäuptling besitzt einen aus örtlichen Eingeborenen bestehenden Gerichtshof, um Fälle zu entscheiden. Er hat auch kapasos oder Boten, die gewisse beschränkte Polizeipflichten haben, was das Einhalten der Ordnung betrifft usw. Dann hat er „Berater“, die ihm in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht helfen, sein Gebiet zu verwalten. Sie unterstützen ihn auch bei Verhandlungen vor dem Eingeborenengericht. Diese Gerichte haben beschränkte Rechtsgewalt. Sie befassen sich nicht nur mit zivilrechtlichen Fällen, wie Anklagen auf Ehebruch, sondern auch mit geringeren Strafvergehen, wie Diebstahl, Streit usw. Fälle schwerwiegender Art werden an den Bezirkskommissar verwiesen, der dem Stammeshäuptling übergeordnet ist und als Polizeirichter amtet.
Die Dorfbewohner leben als eine Gemeinde in einem System, das man als fast patriarchalisch bezeichnen könnte. Wenn eine solche Dorfgemeinde in die Wahrheit kommt, geht das den Stammeshäuptling nichts an, es sei denn, er nennt das Dorf sein Eigentum. Es gibt keine Gerichte oder Gefängnisse in den Dörfern, ausgenommen im Dorf des Stammeshäuptlings. Bei den Afrikanern gibt es keine Militärpflicht, denn das wäre unpraktisch. Die einzige Form eines Gemeindedienstes — wenn man sie so bezeichnen kann — besteht darin, daß der Stammeshäuptling von Zeit zu Zeit seine Boten aussendet, um von jedem Dorf Arbeitskräfte für eine örtliche Bauarbeit auszuheben; zum Beispiel für den Bau einer neuen Straße, für die Reparatur einer Hauptstraße, für Reparaturen am Eigentum des Stammeshäuptlings und für andere Arbeiten. Ganz gemäß der Entscheidung des Stammeshäuptlings werden sie für diese Arbeit vielleicht bezahlt oder nicht.
DORFGEMEINDEN, IN DENEN ALLE ODER DIE MEISTEN BEWOHNER ZEUGEN JEHOVAS SIND
Mit diesem Wissen als Hintergrund kann man besser begreifen, was sich ereignet, wenn eine ganze Dorfgemeinde für die Wahrheit Stellung bezieht. Vielleicht ist es im Dorf lediglich die Mehrheit der Bewohner, die christliche Zeugen Jehovas geworden sind oder zu den Zusammenkünften kommen. Aber es gibt eine Anzahl Dörfer, in denen alle Einwohner entweder aktive christliche Zeugen sind oder mindestens die Zusammenkünfte besuchen. Ja, beim Besuch eines dieser Dörfer würde der gelegentliche Beobachter vielleicht keinen allzu großen Unterschied im Vergleich zu den anderen Dörfern wahrnehmen, ausgenommen in einem Punkte, der allgemein auffällt: die Reinlichkeit des Dorfes. Über die größere Reinlichkeit und bessere Instandhaltung der Dörfer, die entweder ganz oder teilweise von Zeugen Jehovas bewohnt werden, haben sich oft Regierungsbeamte und andere Besucher dieser Gegenden geäußert. Folgender Bericht gibt uns ein Beispiel davon: „Die Häuser stehen in Reihen da. Die Höfe sind völlig sauber. Bananenstauden füllen die Zwischenräume aus. Die Hauptaufgabe des Dorfhäuptlings besteht darin, das Dorf und die Häuser sauberzuhalten. Als ich ihn fragte, ob er damit irgendeine Schwierigkeit habe, lächelte er nur, weil Jehovas Zeugen in dieser Hinsicht für ihre Zusammenarbeit bekannt sind.“
Bliebe man aber für eine Weile in dem Dorf, würde man bald noch mehr bemerkenswerte Unterschiede feststellen. Man würde die bessere Zusammenarbeit und die gegenseitige Hilfe der Dorfbewohner wahrnehmen. Die Leute sind glücklich und zufrieden. Während sie ihrer Arbeit nachgehen, singen sie Lieder zum Preise Jehovas — Eltern und Kinder. Sie singen keine Stammeslieder oder phallische Lieder solcher, die heidnisch sind. An den Abenden versammeln sich die Dorfbewohner nicht zum Biertrinken oder um Stammestänze zu veranstalten und die Trommeln zu rühren, sondern sie sitzen um ihre Feuer, wo sie Königreichslieder singen oder sich beim Bibelstudium helfen. Das alles spricht für Frieden und Ruhe. Es gibt kein Verbrechen, keinen Streit und Zank. In der Tat sind Dörfer mit Zeugen Jehovas für diese Eigenschaften bekannt. Wenn lokale Behörden nicht gerade zu voreingenommen sind, sind sie im allgemeinen von ihnen beeindruckt. Auch sind die heidnischen Riten und Zeremonien der Einweihung usw. verschwunden, die mit soviel Schmerz und Leid für die Opfer dieser Riten verbunden sind. Diese Zeremonien auszurotten ist vielen religiösen Organisationen schwergefallen.
In vielen Fällen kommt der Dorfhäuptling selbst in die Wahrheit. Er bleibt als Dorfhäuptling im Amt und nimmt sich weiter seiner Pflichten an, indem er auf die Reinlichkeit achtet und die sozialen Verhältnisse des Dorfes überwacht. Er mag den vorstehenden Prediger unterstützen, oder er ist es vielleicht selbst, und das erleichtert bedeutend seine Arbeit. Ist er ein Zeuge Jehovas geworden, somit ein Glied der Versammlung, in der ein anderer Dorfbewohner als leitender Prediger amtet, dann nimmt sich der Dorfhäuptling weiterhin seiner besonderen Pflichten an. Der vorstehende Prediger aber sorgt für die geistigen Bedürfnisse der Dorfgemeinde. Es besteht gute Harmonie! Schwierigkeiten oder Reibungen gibt es nicht! Der Dorfhäuptling achtet auf die Reinerhaltung des Dorfes und ist darin noch genauer, weil er jetzt ein Gott hingegebener Christ ist. Vielleicht besitzt sein Dorf auch einen Platz für die Zusammenkünfte der Versammlung, einen Königreichssaal. Daher wünscht er, daß das ganze Dorf eine passende Atmosphäre widerspiegelt. Er hat keine Schwierigkeiten mehr, darauf zu achten, daß die Steuern bezahlt werden. Er arbeitet auch weiterhin mit dem Stammeshäuptling zusammen und sorgt dafür, daß die Quote an Arbeitskräften für verschiedene Arbeiten zur Verfügung gestellt wird, genau wie zuvor. Ein reisender Beauftragter der Wachtturm-Gesellschaft berichtet über diesen Punkt in Verbindung mit Dörfern in seinem Gebiet: „Es gab kein einziges Dorf mit Zeugen Jehovas, das in Verbindung mit Aushebungen für Straßenarbeiten Schwierigkeiten bereitet hätte; die Boten (,kapasos‘) des Stammeshäuptlings haben keine Unannehmlichkeiten — die Zeugen sind die willigsten Arbeiter. Mehrere der ‚kapasos‘ sind selbst Zeugen Jehovas.“
BEHÖRDEN RESPEKT ERWIESEN
In anderen Worten, das Muster des sozialen Lebens bleibt in solchen Dörfern gleich, jedoch bemerkt man eine Verbesserung in der Reinlichkeit, Friedlichkeit und im ordentlichen Betragen der Dorfgemeinden. Man versucht nicht, die Autorität des Stammeshäuptlings oder des Dorfhäuptlings zu übergehen, denn die Aufrechterhaltung des Gesetzes und der Ordnung ist notwendig. Natürlich gehen manchmal Stammeshäuptlinge über ihre regulären Obliegenheiten hinaus. Wenn sie voreingenommen sind, versuchen sie vielleicht, die Zeugen zu drangsalieren und ihnen eine unfaire Menge Arbeit aufzubürden. Einige möchten die kriecherische Untertänigkeit aufrechterhalten, die einer Anbetung von seiten der Bewohner in ihrem Gebiet gleichkommt. Weil eine solche Verehrung eine Übertretung der christlichen Anbetung des allein wahren Gottes Jehova ist, halten sich Jehovas Zeugen von solcher Verehrung fern. Manchmal denkt man daher, sie seien respektlos. Aber das ist nicht der Fall! In der Tat sind viele Dörfer mit Zeugen Jehovas für ihre Gastfreundschaft und Freundlichkeit gegenüber dem Stammeshäuptling und anderen, die auf der Durchreise sind, bekanntgeworden. Der Bezirksdiener, der über dieses Gebiet berichtet, sagt: „Wenn der Stammeshäuptling seine Dörfer besucht, dann bleibt er gern in Dörfern über Nacht, in denen überwiegend Zeugen Jehovas wohnen, da ihm hier mehr Gastfreundschaft entgegengebracht wird.“
Beachte den folgenden Bericht, der das Leben eines Dorfes in Barotseland beschreibt, in dem von sechzig Personen zweiunddreißig Zeugen Jehovas sind. Der Rest hat keine religiöse Bindung:
„Der Dorfhäuptling ist ein Verkündiger. Es wird im Dorf nicht getrunken oder getanzt. Wenn die anderen Dorfbewohner zu trinken und zu tanzen wünschen, gehen sie an einen anderen Ort. Der Stammeshäuptling und die Indunas (Berater) wählen dieses Dorf zur Übernachtung während ihrer Besuche in dem Gebiet, weil es ruhiger und sauberer als andere ist.“ Der Bericht fügt hinzu, daß die Dorfbewohner auch aufgehört haben, gewisse Stammessitten zu beobachten, wie etwa das Abfeilen der Zähne und das Tätowieren der Haut und andere verschiedene Riten, die bei Geschlechtsreife ausgeübt werden, usw.
In der Versammlung von L. ist der vorstehende Prediger auch der Dorfhäuptling und ein Bruder des Stammeshäuptlings. Er wird in der Gemeinde sehr respektiert, und das Gericht des Stammeshäuptlings bittet ihn oft um seinen Rat.
BETRAGEN UND TÄTIGKEIT GEMÄSS DER NEUEN WELT
In solchen Dörfern haben Jehovas Zeugen regelmäßig zur festgesetzten Zeit ihre Zusammenkünfte, wie dies bei allen anderen Versammlungen der Zeugen Jehovas in der ganzen Welt der Fall ist. Sie üben ihre christliche Predigttätigkeit aus, indem sie die benachbarten Dörfer besuchen und ihnen über die gute Botschaft von Gottes Königreich und der neuen Welt erzählen. Sie führen ein normales Dorfleben. Sie sorgen für ihre Gärten, fischen und beschaffen sich auf andere Weise ihre täglichen Bedürfnisse und die ihrer Familien. Es ist allgemein üblich, daß jede Familie ihren eigenen Garten hat und ihn besorgt. Aber in einigen dieser Dörfer, in denen eine Mehrheit von Zeugen Jehovas ist, bearbeitet man einen gemeinsamen Garten. Die Erträge sind dafür vorgesehen, Besucher, wie etwa Vollzeitdiener der Gesellschaft, zu unterhalten oder einigen kranken und behinderten Gliedern der Versammlung zu helfen. Wenn ein Überschuß vorhanden ist, wird er manchmal verkauft und der Ertrag dem Königreichswerk zur Verfügung gestellt.
An einem Ende des Dorfes steht ein nettes sauberes Gebäude, das groß genug ist, um allen Gliedern des Dorfes und außer ihnen auch noch anderen Sitzgelegenheiten zu bieten. Es ist der Königreichssaal der Versammlung. Er ist groß, weil das Dorf die Zentrale der Versammlung ist und andere Glieder in nahe gelegenen Dörfern wohnen. Im Königreichssaal stehen feste Bänke, aus Backsteinen erbaut, welche an der Sonne getrocknet wurden. An einem Ende befindet sich eine erhöhte Bühne. In den Wänden befinden sich Öffnungen, die für Licht und Luftzufuhr sorgen. In einigen Fällen steht in der Nähe noch ein weiteres Gebäude, das etwas kleiner ist. Das ist dann meist der frühere Königreichssaal, der aber für die wachsende Versammlung zu klein wurde. So wird er jetzt als Übernachtungsstätte für solche verwendet, die weite Entfernungen zurücklegen müssen, um die Zusammenkünfte der Versammlung zu besuchen. Nach der Zusammenkunft übernachten diese Personen und kehren dann in ihre Dörfer zurück, was für sie vielleicht fünf oder sechs Stunden Fußmarsch bedeutet.
Die friedliche Tätigkeit und das biblische Erziehungswerk der Zeugen Jehovas erzielen auch ihre Wirkung in den größeren afrikanischen Gemeinden in Nordrhodesien. Es gibt größere Städte, wie zum Beispiel auf dem „Kupfergürtel“, die als afrikanische Stadtgemeinden manchmal bis zu 30 000 Menschen beherbergen. In diesen Gemeinden bestehen große Versammlungen der Zeugen Jehovas. Einige zählen vierhundert oder fünfhundert Verkündiger. Über ihre Tätigkeit kommentierte eine lokale Zeitung:
„Wachtturm-Christen in den Stadtgemeinden von Ndola, Kitwe, Chingola, Mufulira und Luanshya [Städte in Nordrhodesien] sind sehr aktiv. Aber es freut mich, berichten zu können, daß ihre Tätigkeit sich in der Tat sehr gut auswirkt und die Streitigkeiten unter den Afrikanern in diesen Stadtgemeinden abdämmt.
Wenn sie sich einmal dem Wachtturm anschließen … streiten diese Christen nicht untereinander. Sie nennen sich einander ‚Bruder‘. Sie gehen nicht in Bierstuben, um sich unter andere Burschen oder Frauen zu mischen. Wenn man auch kein Glied ihrer Kirche ist, muß man doch sagen: Sie haben Liebe in ihrem Herzen.“ — The African Weekly vom 30. August 1950.
In den letzten Jahren hat man den Afrikaner in Nordrhodesien und Zentralafrika in die Politik eingeführt. Die Propaganda der europäischen und afrikanischen Politiker drang sogar mit ihrem störenden Einfluß in die ländlichen Dörfer der Afrikaner. Man versuchte die Massen der Afrikaner zu überzeugen, daß in solchen Plänen und politischen Bestrebungen die einzige Hoffnung auf künftigen Frieden und auf Wohlfahrt liege. Aber in Dörfern, in denen der Glaube an die Bibel vorherrscht und in denen Jehovas Zeugen als Glieder der Neuen-Welt-Gesellschaft Zusammenleben, wird solche Propaganda nicht beachtet. Sie lassen es nicht zu, daß sie durch menschliche Theorien gestört und verwirrt werden. Vielmehr gehen sie ruhig, gesetzmäßig und in Frieden untereinander ihrem täglichen Leben nach, während sie mit Vertrauen auf die Hoffnung einer neuen Welt blicken, die Gott errichtet und die er der gerechten Herrschaft seines Sohnes Christus Jesus unterstellt.