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Nach dem Sturm: „Froh, noch am Leben zu sein!“Erwachet! 1974 | 22. August
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einer auftreten könnte.“ Zuerst veröffentlicht das Wetteramt über Rundfunk eine „Tornadovorwarnung“ und fordert die Menschen auf, ihr Radio eingeschaltet zu lassen, um die Wettermeldungen zu verfolgen, und sich auf eventuelle Tornados einzustellen. Wenn dann Wolkenschläuche gesehen werden, werden die Menschen durch eine offizielle „Tornadowarnung“ aufgefordert, Schutz zu suchen, und unterrichtet, in welche Richtung sich die beobachteten Tornados bewegen.
Aber nachdem wiederholt zur Wachsamkeit aufgefordert worden war und keine Tornados zu sehen gewesen waren, „dachten viele, es sei lediglich wieder einmal eine Warnung“, erzählte ein Überlebender aus Cincinnati (Ohio). Eine Frau erinnert sich, gehört zu haben, die „Tornadowarnung“ sei endgültig aufgehoben, und der Berichterstatter habe gesagt: „Ich möchte die Idee nicht gern als abwegig abtun, aber immer wird nur gewarnt, und nichts passiert.“ In diesem Augenblick blickte sie aus dem Fenster und sah eine Masse herumwirbelnder Trümmer auf ihr Haus zukommen, die ihr zum Bewußtsein brachte: „So sieht also ein Tornado aus, wenn er direkt vor dir ist!“ Keine zwei Minuten später lag das Haus in Trümmern. Als sie und ihre Familie wieder aus dem Keller kamen, in dem sie eilig Zuflucht gesucht hatten, waren sie trotz allem sehr froh, noch am Leben zu sein.
Das Nachspiel
„Die meisten Menschen ändern sich in solchen Zeiten zum Guten, aber andere sind widerwärtig“, bemerkte ein Polizeibeamter aus Cincinnati. Als die obenerwähnte Familie noch wie betäubt vor den Überresten ihres Hauses stand, begannen Plünderer aufzutauchen — und das innerhalb von Minuten. Einige brachten sogar Anhänger mit, um ihre Beute fortschaffen zu können. Die Nationalgarde mußte gerufen werden, um viele Gegenden zu schützen. Ein Gardist aus Kentucky mußte einem anderen die Handschellen anlegen, weil er geplündert hatte. Einige Leute bewachten ihre zertrümmerten Häuser mit Schrotflinten.
Es strömten Schaulustige herbei. Die in Louisville (Kentucky) erscheinende Zeitung Courier-Journal berichtet, daß sie „die Arbeiten der Polizei, der Bergungsmannschaften, der Spediteure, der Arbeiter der öffentlichen Versorgungsbetriebe und der Ortsansässigen sehr behinderten“. Oft mußten die Katastrophengebiete abgeriegelt werden, und nur den Einwohnern und befugten Personen wurde der Zutritt gestattet. Nachdem die Polizeistreife in Cincinnati schon zwanzig Wagen abgewiesen hatte, sagte einer der Beamten zwei Predigern, die nach ihren Mitchristen sehen wollten: „Wenn Sie keine Zeugen Jehovas wären, würde ich Sie nicht durchlassen.“ Auf die gleiche Weise mußten sie noch vier weitere Straßensperren der Nationalgarde passieren.
Doch die außerordentliche menschliche Güte, die vorherrschte, überschattete die Selbstsucht einiger bei weitem. Wenige Minuten nachdem die Wirbelstürme vorübergezogen waren, gab es überall Freiwillige, die zuerst nach Überlebenden suchten, Verletzte ins Krankenhaus schafften, die Hinterbliebenen trösteten und die Obdachlosen in ihre eigenen Häuser aufnahmen. Das Personal in den Krankenhäusern arbeitete selbstlos. Als in Xenia der Strom ausfiel, operierten die Ärzte bei Kerzenlicht. Ein Krankentransportunternehmen in Huntsville (Alabama) ließ seine Wagen unentgeltlich die ganze Nacht fahren.
Das Kreischen von Motorsägen erfüllte die Luft, als Freiwillige die Trümmer zersägten, um die Aufräumungsarbeiten zu erleichtern. Gruppen junger Leute gingen von Haus zu Haus und halfen völlig fremden Menschen aufzuräumen. Die Arbeiter der öffentlichen Versorgungsbetriebe arbeiteten rund um die Uhr, um die Gefahren zu beseitigen, die durch die beschädigten Strom- und Gasleitungen entstanden waren, und um die wichtigsten Funktionen schnell wiederherzustellen. Auf den Straßen gingen Leute mit Plastiktüten und verteilten Lebensmittel.
Die Menschen sind angesichts der Schlechtigkeit der heutigen Welt oft überrascht und gerührt, wenn sie solche Güte erleben. Eine ängstliche kleine ältere Dame in Guin (Alabama) wurde nach zwei Tagen durch gutes Zureden aus ihrem Keller geholt. Sie sagte: „Das ist das erstemal, daß sich jemand um mich gekümmert hat, und ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll.“
Zweifellos waren die meisten, die die vielen Fälle von Selbstlosigkeit beobachteten, gerührt und ermutigt. Aber man muß auch einer anderen Realität ins Auge sehen. Eine Überlebende aus Xenia sagte, als sie im Rote-Kreuz-Zentrum saß: „Wenn alles vorbei ist, wird wieder jeder jeden hassen.“ Sicher ist vielen der Gedanke durch den Sinn gegangen: Warum muß es erst zu einer Krise kommen, damit die Leute aufeinander Rücksicht nehmen?
Wieder andere sahen sich gezwungen, das, was ihnen wirklich wichtig ist, neu einzuschätzen. Eine Familie in Alabama, deren Haus „einfach explodiert“ war, sagte: „Wir dachten, uns wäre ein großes Unglück passiert, doch dann hörten wir, daß viele ihre Familie verloren hatten. Verglichen mit ihnen, sind wir reich.“ Die Tatsache, daß sie froh sind, wenigstens am Leben zu sein, zeigt, daß Jesu Worte wahr sind: „Ist nicht das Leben mehr als die Speise und der Leib mehr als die Kleidung“ oder andere materielle Besitztümer? (Matth. 6:25, Bruns).
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Nigeria zählt seine MillionenErwachet! 1974 | 22. August
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Nigeria zählt seine Millionen
Vom „Awake!“-Korrespondenten in Nigeria
ACHT Tage, vom 25. November bis zum 2. Dezember 1973, nahm die gewaltige Aufgabe in Anspruch, die Bevölkerung Nigerias zu zählen.
Die erste Phase der Volkszählung bestand in der Vorbereitung einer Liste aller Orte des Landes. Dann wurde das Land in Zählgebiete aufgeteilt. Alle Häuser innerhalb eines Gebietes wurden in eine Liste eingetragen und gezählt, weil man sichergehen wollte, daß niemand ausgelassen oder doppelt gezählt würde. Die Zähler erhielten vorher eine gründliche Schulung.
Die Volkszählung, die Nigeria im Jahre 1973 durchführte, war die zweite seit dem Erlangen der Unabhängigkeit und die dreizehnte dokumentierte Volkszählung in seiner gesamten Geschichte. Sie sollte dem Zweck dienen, „es der Regierung zu ermöglichen, erfolgreiche Pläne für die industrielle und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes aufzustellen“, wie sich der Militärbefehlshaber Nigerias, General Yakubu Gowon, ausdrückte.
Vor der eigentlichen Kopfzählung unternahm die Volkszählungskommission einen massiven Aufklärungsfeldzug und mobilisierte Arbeiter. Das Staatsoberhaupt erklärte: „Im ganzen Land wurde jeder mit eingeschaltet — die Militärgouverneure, Regierungsbeamten, Ortsbehörden, Emire und Häuptlinge.“ Die 120 000 Zähler, die für diese Aufgabe vorgesehen waren, wurden bei ihren Besuchen von Haus zu Haus von 130 000 Soldaten begleitet.
Probleme, die zu überwinden waren
Bei den Bemühungen, die Bürger zu erziehen und darauf vorzubereiten, die Volkszählung zu unterstützen, mußten viele Probleme überwunden werden. Eine Dürre in den nördlichen Staaten des Landes, die in vielen Dörfern Unheil anrichtete und durch die viele Menschen den Hungertod starben, zwang viele Familien, ihre Dörfer weniger als drei Wochen vor Beginn der Kopfzählung zu verlassen. „Es ist mir in meiner Stellung als ihr traditioneller Herrscher sehr schwer gefallen, sie davon zu überzeugen, daß sie in ihren Dörfern bleiben müßten“, klagte Alhaji Ado Bayero, der Emir von Kano.
Einige fürchteten, daß ihre Kinder sterben müßten, wenn sie gezählt würden. In vielen Gegenden bildeten die Hunde eine Gefahr für
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