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  • Was geht heute in den Familien vor?
    Erwachet! 1979 | 8. August
    • Was geht heute in den Familien vor?

      WO WERDEN in deiner Umgebung die meisten Gewalttaten verübt? Bist du entsetzt, zu erfahren, daß die Familie es zu dieser traurigen Berühmtheit gebracht hat?

      „Tätlichkeiten in der Familie“, hieß es in der Los Angeles Times, „sind heute in unserem Land die verbreitetste und gefährlichste Form der Gewalt. Sozusagen in jeder Stadt und in jedem Dorf kommt es vor, daß Ehepaare sich treten, stoßen, ohrfeigen und boxen. ... Die Gewalt auf der Straße ist vielleicht augenfälliger, aber die Gewalt in der Familie ist weiter verbreitet — und ebenso folgenschwer.“

      In Asien, Europa, Amerika, ja überall gibt es Millionen Menschen, die leider zugeben müssen, daß in ihrer Familie geschlagen wird, sie also in einer Gewaltfamilie leben. Andere dagegen mögen, gestützt auf eigene Erfahrungen oder weil der Wunsch der Vater des Gedankens ist, mit Cicero sagen: „Es ist nirgends schöner als zu Hause.“ Oder sie mögen Goethe zustimmen, der meinte: „Der ist am glücklichsten, er sei ein König oder ein Geringer, dem in seinem Hause Wohl bereitet ist.“

      Doch wie vielen ist heute in ihrem Hause „Wohl bereitet“, oder bei wie vielen wohnt „das stille Glück im Haus“? Bei dir? Bei der Mehrzahl deiner Nachbarn? Bei deinen Arbeitskollegen? Bei deinen Schulkameraden? Tatsächlich ist die Gewalt in der Familie ein brennendes soziales Problem geworden, das wir nicht ignorieren dürfen, wie folgende Meldungen zeigen:

      Die japanische Presse berichtete, daß eine Zufluchtsstätte für mißhandelte Frauen eröffnet wurde. Eine Zeitung schrieb: „Geschundene Frauen brauchen nicht mehr heimlich zu leiden.“ Der Leiter des Ehekrisen-Zentrums in Tokio, in dem Frauen Zuflucht suchen, die von ihrem Ehemann mißhandelt wurden — Frauen mit gebrochenen Knochen, Frauen, die blau geschlagen wurden oder, wie in einem Fall, die fast jede Nacht von ihrem trunksüchtigen Mann mit dem Schlagholz traktiert wurden —, sagte: „Seit dem Zweiten Weltkrieg kommt es in japanischen Familien immer häufiger zu Tätlichkeiten.“

      Aus England wird etwas Ähnliches berichtet. Ein Unterhausausschuß stellte fest: „Die Gewaltfamilie ist weit verbreitet.“ Wenn es anders wäre, würden nicht so viele Engländerinnen in die neuerrichteten Zufluchtsstätten für mißhandelte Frauen strömen. Ein Beispiel ist Sheila. Sie zählt noch keine dreißig Jahre. Sie kam ins Heim, nachdem ihr Mann ihr das Nasenbein gebrochen, die meisten Zähne eingeschlagen und fast alle Haare vom Kopf gerissen hatte. Auch hatte ihr Mann ihr Söhnchen, weil es weinte, vor Wut so oft durchs ganze Zimmer geschleudert, daß das Kind nun so verschüchtert ist, daß es trotz seiner drei Jahre noch nicht spricht.

      Sind das Einzelfälle? Leider nicht. Barbara Mikulski, US-Kongreßabgeordnete, wies darauf hin, daß bei 25 Prozent der Tötungsdelikte in jenem Land Täter und Opfer verwandt sind und daß es sich bei 50 Prozent dieser Fälle um Gattenmord handelt. Einer der beiden Autoren des Buches Wife Beating: The Silent Crisis (Mißhandelte Ehefrauen: die heimliche Krise) schätzte, daß 28 Millionen Amerikanerinnen von ihrem Mann mißhandelt werden.

      Darf jemand mit Recht behaupten, daß dieses um sich greifende Krebsgeschwür — die Gewalt in der Familie — uns nicht berühre? Die Millionen Familien, in denen der Mann die Frau schlägt, in denen die Kinder mißhandelt werden oder in denen die Frau den Mann verprügelt, wissen mit Sicherheit, daß sie davon betroffen sind. Auch wir merken etwas davon, wenn jemand, mit dem wir verwandt oder gut befreundet sind, zu Hause geschlagen wird. Betrifft es uns nicht, wenn jemand, der bei uns angestellt ist oder mit dem wir zusammen arbeiten, grün und blau geschlagen zur Arbeit erscheint? Wirkt sich die Gewalt in der Familie vielleicht nicht sogar wirtschaftlich auf uns aus? Und wie beeinflußt sie den Polizei- und den Krankenhausnotaufnahmedienst? Wußtest du, daß es Gegenden gibt, in denen mehr Polizeibeamte beim Eingreifen in Ehekrachs ums Leben kommen als bei jedem anderen Einsatz? Für solche Einsätze braucht die Polizei sehr viel Zeit, Zeit, die sie einsetzen könnte, um die anderen Bürger vor Verbrechern und Gewalttätern zu schützen.

      Was ist die Ursache der Gewalt in der Familie? Ist das Problem durch eine Ehescheidung zu lösen? Was kannst du tun, wenn das „Krebsgeschwür“ der Gewalt sich in deiner Familie zeigt — oder wenn du beobachtest, daß auch nur die geringste Tendenz dazu besteht? Da sich die Ratschläge der Bibel für viele andere Probleme des Lebens als nützlich erwiesen haben, erhebt sich die Frage: Welche Ratschläge gibt sie für dieses Problem? In den folgenden Artikeln wird das besprochen. Wir beschäftigen uns mit dem Thema „Gewalt in der Familie“, weil wir überzeugt sind, daß etwas dagegen getan werden kann.

  • Tatsachenberichte — Was zeigen sie?
    Erwachet! 1979 | 8. August
    • Tatsachenberichte — Was zeigen sie?

      KLATSCHBLÄTTER bringen oft sensationell aufgemachte Berichte über eheliche Gewalttätigkeiten, um ihr skandalhungriges Publikum zu befriedigen. Die folgenden wahren Geschichtena werden aus einem ganz anderen Grund abgedruckt: Sie sollen als lehrreiche Beispiele dienen. Nach jeder Geschichte werden wir deshalb Fragen aufwerfen, die zum Nachdenken anregen sollen. Setze dich damit auseinander. Die Beispiele mögen dir vor Augen führen, was oftmals zu dem Problem führt. Sie mögen dich erkennen lassen, durch welche Fehler es zu den Schwierigkeiten kommt, wie du das Problem lösen oder wie du vermeiden kannst, daß in eurer Ehe geschlagen wird. Das ist im Einklang mit dem Bibelwort: „Der Kluge sieht das Unglück kommen und verbirgt sich; der Tor stolpert hinein und muß es dann büßen“ (Spr. 22:3, „Bruns“).

      Das erste, was einem bei Gloria, einer 24jährigen New Yorkerin, auffällt, ist eine häßliche Narbe vom Kinn bis zum Schlüsselbein. Gloria hatte fünf Geschwister. Wenn ihr Vater betrunken war, verprügelte er oft Frau und Töchter. Manchmal lief Glorias Mutter von zu Hause weg, um den Angriffen ihres Mannes zu entgehen. Aber sie kehrte immer wieder zurück.

      Um der Wirklichkeit zu entfliehen, nahm Gloria Heroin. Dann verließ sie das Elternhaus und heiratete Robert, der ebenfalls süchtig war. Sie erhielt von ihm Schläge, aber weil sie das schon als Kind gewohnt war, glaubte sie offenbar, das gehöre zum Familienleben. Sobald feststand, daß sie Mutter wurde, begab sie sich in Behandlung, um von ihrer Heroinsucht loszukommen. Als das Kind geboren war, konnte sie sein Schreien nicht ertragen. Sie begann zu trinken. Gloria, die der Belastung durch die Ehe und das Kind nicht gewachsen war, begann den Säugling zu mißhandeln. Sie schlug ihn und verbrannte ihm sogar mit einem heißen Eisen die Füßchen. Einmal brach sie ihm beide Ärmchen. Als der Kleine etwas mehr als ein Jahr alt war, wurde er ihr weggenommen und in ein Heim für verwahrloste Kinder gegeben.

      Robert reagierte, indem er gegen Gloria noch gewalttätiger wurde und sie schließlich verließ. Kurz danach lernte sie Albert kennen, und in der Hoffnung, daß nun alles anders werde, zog sie zu ihm. Aber er war jähzornig, und wenn er in Wut geriet, schlug er sie auch. Bei einem Streit verdrosch er Gloria so fürchterlich, daß sie mit gebrochenen Rippen ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Kamen sie dadurch zur Vernunft, und änderten sie sich? Nein. Als Albert sie aus dem Krankenhaus nach Hause holte, packte ihn wieder die Wut. Er fischte eine Flasche aus dem Straßengraben, zerschlug sie und brachte Gloria eine Wunde bei, die die erwähnte häßliche Narbe hinterließ.

      Darauf wurden die beiden von Sozialarbeitern betreut. Gloria hat inzwischen aufgehört zu trinken und bemüht sich, ein gesünderes Essen auf den Tisch zu bringen. Albert arbeitet daran, seinen Jähzorn zu beherrschen, und schlägt jetzt seine Frau wochenlang nicht mehr.

      Frage dich: WELCHE ROLLE SPIELTE DER ALKOHOL BEI DIESEM PROBLEM? WIE WIRKTEN SICH GLORIAS KINDHEITSERFAHRUNGEN AUF SIE AUS?

      Saras Ehe wurde mit den Jahren nicht besser. Im Gegenteil, ihr Mann verprügelte sie immer häufiger. Die Folgen solcher Gewalttätigkeit waren — abgesehen von der ständigen Einnahme von Beruhigungstabletten — innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Zeit: zwei gebrochene Rippen, ein ausgeschlagener Zahn, blaue und grüne Flecken, Platzwunden und drei Krankenhausaufenthalte. Das alles ließ erkennen, daß ihr Mann nun immer öfter in Wut geriet. Auch ihre beiden minderjährigen Söhne konnten das feststellen.

      Eines Tages trug Saras Mann, bevor er zur Arbeit ging, seinem 16 Jahre alten Sohn auf, die Garage sauberzumachen. Mittags hatte er die Arbeit noch nicht getan, sagte aber, er wolle mit seinen Freunden schwimmen gehen. Sara bekam es mit der Angst zu tun, denn sie wußte, daß ihr Mann seine Wut an ihr auslassen würde. Sie hielt krampfhaft einen Küchenstuhl fest und sagte: „Du mußt heute die Garage aufräumen.“ „Laß mich in Ruhe“ brüllte er, sprang auf und rannte die Treppe zum ersten Stock hoch, wo sein Zimmer lag. Sie lief hinter ihm her, packte ihn am Arm und sagte: „Du gehst mir nicht fort, bevor ...“ Weiter kam sie nicht. Er riß sich los, drehte sich um und stieß sie dabei heftig gegen die Brust. Sara wollte sich am Geländer festhalten, griff jedoch daneben und stürzte rücklings die Treppe hinunter.

      Frage dich: LÖSTE SICH DAS PROBLEM DURCH ZUWARTEN? WELCHE BEZIEHUNG BESTEHT ANSCHEINEND ZWISCHEN TEMPERAMENT UND VERHALTEN DES VATERS UND DES SOHNES?

      Brief an einen Familienberater: „Ich bin 13 Jahre alt und schreibe nicht nur für mich, sondern auch für meine vier jüngeren Geschwister. Sie sind 11, 10, 9 und 6 Jahre alt. Unsere Eltern streiten sich jeden Abend. Wir haben das Schreien und Brüllen das Schimpfen, Türenzuknallen und Geschirrzerschmeißen satt. Vati ist ein fleißiger Arbeiter und ein feiner Kerl. Sobald er heimkommt, fängt Mutti an, ihm etwas vorzujammern. Er sagt, sie solle den Mund halten, und schon geht der Krach los. Nachher weint Mutti und sagt, er liebe sie nicht. Aber das stimmt nicht. Er liebt sie sehr. Könnte man es ihm jedoch übelnehmen, wenn er sie nicht mehr liebte? Wer möchte die ganze Zeit angemeckert werden? Bitte helfen Sie uns, die beiden so weit zu bringen, daß sie sich vertragen. Wir möchten nicht daß unsere Eltern auseinandergehen, aber das ist auch kein Leben.“

      Frage dich: WER WAR SCHULD AN DEN STREITEREIEN? WIE KÖNNTEN SOLCHE SZENEN VERMIEDEN WERDEN? KENNST DU KINDER, DIE GRUND HÄTTEN, EINEN SOLCHEN BRIEF ZU SCHREIBEN?

      Connie war von ihrem Mann, mit dem sie schon viele Jahre verheiratet war, fast bewußtlos geschlagen worden. Sie schämte sich, sich im Krankenhaus behandeln zu lassen, und suchte deshalb das Frauenhaus auf, das bei San Antonio (Texas, USA) eröffnet worden war. Connie beschrieb den Vorfall ohne zu erwähnen, welche Spannungen oder Frustrationen dazu geführt hatten.

      Als ihr Mann nach Hause kam, benahm er sich anders als sonst. Er war total betrunken und roch nach Bier. In der heftigen Auseinandersetzung, die folgte, ohrfeigte Connie ihn. Sie hatte das in den langen Ehejahren bis dahin noch nie getan. Sie berichtete: „Dann stürzte er sich auf mich und prügelte mich, als wäre ich ein Mann — mit den Fäusten traktierte er meinen Magen und mein Genick. Nachdem er mich zusammengeschlagen hatte, trat er mich auch noch.“ Es war ein brutaler Angriff.

      Frage dich: WER WAR IN DIESEM FALLE GEWALTTÄTIG? WIE HATTE MAN EINEN SOLCHEN STREIT VERMEIDEN KÖNNEN? WIE HÄTTEST DU GEHANDELT, WENN DU CONNIE GEWESEN WÄRST?

      Das sind nur einige wenige Beispiele der zahllosen Fälle von Gewalt in der Familie, aber es sind typische Fälle. Und die anschließend aufgeworfenen Fragen haben vielleicht bewirkt, daß dir das Verständnis für das Problem der Gewalt in der Familie aufgegangen ist. In den nachfolgenden Artikeln werden einige der Umstände erörtert, die bei diesen wahren Begebenheiten mitgewirkt haben. Ferner werden wir Ursachen und Folgen von Gewalttätigkeit in der Familie beleuchten. Wir haben dann mehr Verständnis für den Rat, der gegeben wird, um dieses Problem zu lösen oder der weitverbreiteten Plage Einhalt zu tun, der heute so viele Familien und Menschenleben zum Opfer fallen.

      [Fußnote]

      a Die Namen wurden von der Redaktion geändert.

  • Geprügelte Ehefrauen/geprügelte Ehemänner — Was sind die Ursachen?
    Erwachet! 1979 | 8. August
    • Geprügelte Ehefrauen/geprügelte Ehemänner — Was sind die Ursachen?

      DIE Zahl der Gewaltfamilien ist so groß, daß sicherlich manche unserer Leser Personen kennen, die von ihrem Ehepartner geprügelt werden. Sie mögen an der Nachbarin oder an der Kollegin Spuren eines Ehekrachs entdecken — blaue Flecken und Kratzwunden, die trotz dunkler Brille, Rollkragenpulli oder dick aufgetragenem Make-up teilweise zu sehen sind. Du fragst dich: „Was für eine Ehe führen die beiden? Als sie sich heirateten, haben sie sich bestimmt geliebt. Wie konnte es nur soweit kommen?“

      Ja, was führt zu solchen Gewalttätigkeiten? Wer wird seinem Ehepartner gegenüber gewalttätig? Hauptsächlich die Männer? Welche Atmosphäre schafft die Voraussetzungen für solche Übergriffe? Sind in der Regel äußere Einflüsse dafür verantwortlich? Was kann dagegen getan werden? Wir wollen sehen.

      Was für Männer schlagen ihre Frau?

      Wenn von Männern die Rede ist, die ihre Frau prügeln, denken viele sofort an Angehörige der Arbeiterklasse — an einen Lastwagenfahrer, Straßenarbeiter oder Müllkutscher —, die sich in einer Kneipe „vollaufen lassen“ und dann in Kampfstimmung nach Hause torkeln. Solche gibt es viele, wie die erwähnten Fälle von Connie und Gloria zeigen.

      Aber wer glaubt, nur solche Männer seien gewalttätig, irrt sich. In der Zeitschrift Parade (16. Oktober 1977, S. 18) hieß es: „Gewaltfamilien gibt es in allen Rassen, Klassen und Milieus. Sie sind weit verbreitet und kommen im gehobenen Mittelstand genauso häufig vor wie in den unteren Volksschichten.“ In dem Buch Wife Beating: The Silent Crisis (Mißhandelte Ehefrauen: die heimliche Krise) heißt es:

      „Sozialarbeiter, die geprügelte Frauen betreuen, berichten, daß sich unter den Opfern Frauen von Ärzten, Rechtsanwälten, Studienräten und sogar von Geistlichen befinden. Aus der soziologischen Untersuchung über ,Gewalt in der Familie‘ von Dr. Gelles geht hervor, daß in Familien der höchsten Einkommensstufe Gewalttätigkeiten am häufigsten sind“ (S. 7).

      Warum kommt es in Familien aller Schichten zu solchen Übergriffen? Dafür gibt es einen Grund, den die meisten Soziologen übersehen. Kennt man ihn, so versteht man besser, was die Wurzeln des Problems sind, sei es, daß man an seine eigene Ehe denkt, sei es, daß man an die eines befreundeten Ehepaares oder von Verwandten denkt.

      Die Bibel, das älteste Buch, in dem über die Familie berichtet wird, zeigt, daß die erste Ehe vollkommen war. Am Anfang ihrer Ehe waren Adam und Eva ohne Sünde. Ihr Denken, ihr Handeln und ihre Emotionen waren miteinander in Harmonie. Als sie in diesem Zustand waren, bestand natürlich keine Gefahr, daß es in ihrer Ehe zu Tätlichkeiten kommen würde. Doch nach einiger Zeit gehorchten sie Gott nicht mehr und wurden unvollkommen. Wie Gott prophezeite, würde die Frau als Folge des Ungehorsams ein ‘tiefes Verlangen nach dem Mann haben, und er würde über sie herrschen’ (1. Mose 3:16). Die meisten Frauen würden ein so großes Verlangen nach einem Mann haben, daß sie sich sogar mit einem tyrannischen, brutalen Mann abfinden würden. Die Geschichte der vergangenen Jahrtausende bestätigt diese traurige Tatsache. Jehova Gott sah auch voraus, daß viele Männer zufolge ihrer Unvollkommenheit ihre Autorität mißbrauchen und Tyrannen werden würden, die ihre Frau verprügelten. Was ist somit der gemeinsame Nenner all dieser Fälle von Gewalt in der Familie? Die menschliche Unvollkommenheit.

      Es ist außerordentlich wichtig, zu erkennen, daß wir alle von jenem ersten Menschenpaar abstammen und Unvollkommenheit ererbt haben (Röm. 5:12). Folglich trägt jeder von uns — reich oder arm, gebildet oder ungebildet — den Keim zur Gewalt in der Familie in sich. Doch was bewirkt, daß er aufsprießt? Frustrationen, Alkohol, das Fehlen des Gesprächs, Eifersucht, das Gefühl, abgelehnt zu werden, sowie ein Gefühl der Unsicherheit sind wie im Wasser gelöste Nährstoffe, die bewirken, daß ein Keim wächst und gedeiht. Bevor wir uns damit befassen, was gegen diese Faktoren unternommen werden kann, wollen wir betrachten, wie sie zu Gewalt in der Familie führen können.

      Frustrierter Mann — gewalttätiger Mann?

      Ein Experte machte auf einen Faktor aufmerksam, der in vielen Fällen als Auslöser für Gewalttätigkeit in der Familie fungiert: „Wir sollten die Angriffe auf die Ehefrau im Zusammenhang mit einer Gesellschaft sehen, in der ungeheure Frustrationen und Belastungen bestehen. Wir leben in einer Zeit, in der viele Leute Schulden haben oder ohne Arbeit sind. Solche Belastungen beeinflussen unweigerlich das Zusammenleben von Mann und Frau.“

      In der Praxis mag das ungefähr so aussehen: Der Mann, hypernervös, kommt von der Arbeit nach Hause. Vielleicht war er schon müde, als er morgens zur Arbeit ging, und mußte mit dem Verkehrschaos fertig werden oder den ohrenbetäubenden Lärm in der U-Bahn ertragen. Im Geschäft ärgerte er sich wiederholt über Kunden oder über den Chef. Doch er mußte seinen Ärger hinunterschlucken. Nun kommt er nach Hause, wird vielleicht sogleich mit dem Geschrei der Kinder oder einer berechtigten Klage seiner Frau konfrontiert, die den ganzen Tag darauf gewartet hat, ihm das sagen zu können. Was geschieht nun? Der frustrierte und hypernervöse Mann explodiert und schlägt zu. Aus Angst, seine Arbeit zu verlieren, durfte er gegen den Chef nicht „vom Leder ziehen“, auch konnte er seine Wut nicht am Verkehrschaos auslassen. Aber wehe der Frau oder den Kindern! Ein Mitarbeiter einer Eheberatungsstelle sagte: „Wenn ein Mann die Fassung verliert, darf er nicht weinen. Es gilt als männlicher, mit der Faust gegen die Wand zu schlagen. Nur ist die Wand manchmal seine Frau.“

      Ihr Ehemänner: Könnt ihr euch vorstellen, daß ihr auf diese Weise eure Frustrationen abreagiert? Ihr Ehefrauen: Glaubt ihr, daß euer Mann so reagieren wurde? Könnte eine heftige Auseinandersetzung ihn dazu veranlassen?

      Mitunter kann schon eine Geringfügigkeit den Mann zum Schlagen provozieren. Das Essen ist nicht pünktlich fertig, die Frau verkündet, die Abendschule besuchen zu wollen oder seinen sexuellen Wünschen nicht entsprechen zu können. Ihr hypernervöser und frustrierter Mann denkt jetzt vielleicht, das sei ein Angriff auf seine Autorität. Er wird wütend und handgreiflich.

      In Sprüche 14:29 heißt es: „Wer langsam ist zum Zorn, hat Fülle von Unterscheidungsvermögen, wer aber ungeduldig ist, erhöht Torheit.“ Viele Männer, die sich dazu hinreißen ließen, ihre Frau zu schlagen, haben hinterher beschämt eingesehen, wie wahr diese Worte sind. Der Mann, der seinen aufgestauten Frustrationen freien Lauf läßt, indem er Frau oder Kinder schlägt, hat gewöhnlich hinterher noch mehr Probleme. Dem ersten Angriff auf die Ehefrau folgt häufig ein zweiter. Bei Aggressionen zwischen Mann und Frau ist es ähnlich wie bei einem Deichbruch: Es fängt klein an und wird immer schlimmer, bis schließlich die Gewalt gleich einer reißenden Strömung in die Ehe eindringt.

      Zwei Jurastudenten befragten geprügelte Ehefrauen sowie zuständige Beamte, die mit dem Problem zu tun haben. Das Ergebnis?

      „Wenn eine Frau von ihrem Mann geschlagen wird, bleibt es gewöhnlich nicht bei dem einen Mal, sondern es wiederholt sich. 95 Prozent der befragten Frauen wurden im ersten Ehejahr von ihrem Mann das erstemal geschlagen, und im Laufe der Zeit schlug der Mann die Frau immer häufiger und immer brutaler. Hätte die Frau nichts unternommen, hätte er sie mit der Zeit totgeprügelt. ... Was zum Angriff auf die Ehefrau führte, war gewöhnlich eine geringfügige Sache, die offensichtlich als Katalysator für eine tiefsitzende Wut oder eine alte Frustration wirkte.“

      Das erste Ehejahr ist besonders kritisch wegen der neuen Belastungen durch die Ehe. Es ist nicht nur so, daß sich die beiden Eheleute aneinander anpassen müssen, sondern der Mann hat jetzt auch höhere Ausgaben. Wird die Frau dann schwanger, so wird die Belastung für ihn noch größer, und außerdem mag er grollen oder eifersüchtig werden, weil sie sich so sehr auf das Kind freut und mit den Vorbereitungen beschäftigt ist, daß sie für ihn weniger Zeit hat.

      Ursache Alkohol?

      In vielen Fällen spielt der Alkohol eine Rolle. In einer Untersuchung hieß es: „In 60 Prozent der Fälle stand der Angreifer zur Zeit der Tat unter Alkoholeinfluß.“ Und der Leiter eines Ehekrisen-Zentrums in Washington, D. C., sagte, daß 80 Prozent der Angriffe auf die Ehefrau unter Alkoholeinfluß unternommen werden.

      Ist der Alkohol die eigentliche Ursache? Vielleicht nicht immer, aber doch in vielen Fällen. Über die Beziehung zwischen Alkoholgenuß und Angriffen auf die Ehefrau schreibt die Psychologin Dr. Lenore Walker: „Er mag als Entschuldigung benutzt werden, aber von einer direkten Ursache und Wirkung kann offenbar nicht die Rede sein.“ Doch in der Bibel heißt es: „Der Wein ist ein Spötter, berauschendes Getränk ist ungestüm, und jeder, der davon irregeht, ist nicht weise“ (Spr. 20:1). Hast du nicht auch beobachtet, daß der Alkohol die Menschen enthemmt, so daß sie laut und unbeherrscht werden? Wenn ein frustrierter Ehemann oder ein Ehemann, der auf seine Frau wütend ist, trinkt, mag die Gefahr, daß er gewalttätig wird, größer sein. Dr. Richard J. Gelles untersuchte das Problem und berichtete:

      „Der Trinker kann eine Handlung, die er im Rausch begeht, damit entschuldigen, daß er in diesem Zustand nicht zurechnungsfähig ist. Mit dem Alkohol kann man sich auch herausreden ..., in der Ehe stimmt alles, schuld an den Schwierigkeiten ist der ,Dämon Alkohol‘.“

      Können wir aus alldem in bezug auf den Alkoholgenuß etwas lernen?

      Gespräch oder Schläge?

      In vielen Fällen ist zu beobachten, daß Eheleute, die handgreiflich werden, schlechte Gesprächspartner sind. Es fällt ihnen schwer, sich gegenseitig zu sagen, was sie empfinden, zum Beispiel, daß sie eifersüchtig sind, sich einsam fühlen, verunsichert sind oder sich fürchten. „Obschon wir in einer Gesellschaft leben, in der sehr viel gesprochen wird“, erklärte der Soziologe Sherod Miller, „haben nur wenige gelernt, wie man mit anderen über heikle Themen spricht.“

      Das ist besonders ein Problem der Männer. „Eine Hauptursache der Gewalt in der Familie“, meinte Jan Peterson vom National Congress of Neighborhood Women, „ist die Unfähigkeit der Männer, mit der Frau in Kommunikation zu treten, es sei denn, indem sie handgreiflich werden.“

      Lernt ein Mann jedoch, in beherrschtem Ton zu sagen, was er empfindet — nicht wütend und ordinär —, wird in seiner Familie eine viel bessere Atmosphäre herrschen, als wenn er tätlich wird. König Salomo sagte: „Von dem Fruchtertrag seines Mundes wird ein Mann Gutes essen, aber die Seele derer, die treulos handeln, sie ist Gewalttat“ (Spr. 13:2).

      Obschon im allgemeinen angenommen wird, daß die Frauen eher sagen, wie sie empfinden, und ihre Empfindungen auch besser in Worte kleiden können, gibt es doch viele Frauen, die ihr Teil zum Kommunikationsproblem beitragen. Familienberater Paul Shaner berichtete, daß geprügelte Frauen es manchmal auf eine „Kraftprobe ankommen lassen“, indem sie schmollen. „Manch eine Frau“, erklärte er, „behauptet, deswegen nichts zu sagen, weil sie sich davor fürchte, etwas Verkehrtes zu sagen, aber der Mann sieht darin eine Methode, ihm zu zeigen, wer der stärkere ist.“ Shaner meinte: „Diese beiden Menschen haben schon sehr lange nicht mehr miteinander gesprochen, schon lange keinen Gedankenaustausch mehr gepflegt.“ Wenn du verheiratet bist, so frage dich: „Pflegen wir in unserer Ehe das Gespräch?“

      Gewalttätige Frauen

      Man ist es gewohnt, zu hören, daß Männer ihre Frau schlagen. Kommt aber auch der umgekehrte Fall vor? Lassen sich Frauen zu Tätlichkeiten gegen ihren Ehemann hinreißen und tragen dadurch zu dem Problem der Gewalt in der Familie bei? Ja!

      „Das am wenigsten bekannte Verbrechen ist nicht der Angriff auf die Ehefrau“, schrieb die Soziologin Suzanne Steinmetz, „sondern der Angriff auf den Ehemann. ... Wenn es um leichtere Attacken geht, wie Ohrfeigen, Schlagen und Boxen, kann man keinen geschlechtsspezifischen Unterschied feststellen. Ein Grund des Phänomens der geprügelten Frau ist nicht der Umstand, daß die Männer aggressiver sind, sondern daß sie in der Regel körperlich stärker sind und mehr Schaden anrichten können.“

      Man hört auch weniger von geprügelten Ehemännern, weil viele nicht zur Polizei laufen mögen (oder die Polizei anrufen wollen), um einem stämmigen Wachtmeister zu sagen: „Meine Frau verprügelt mich.“ Doch viele Frauen tun es tatsächlich. Der Ehemann mag kleiner, älter, schwächlich oder sogar krank sein. Und selbst wenn er kräftig genug wäre, um sich zu verteidigen, mag er sich aus Ritterlichkeit zurückhalten oder weil er befürchtet, seine Frau schwer zu verletzen, wenn er sich gehenließe.

      Manch eine Frau, die die Brutalität ihres Mannes anprangert, ignoriert ihre eigene Schuld. Zum Beispiel mag eine Frau erfahren, daß ihr Mann ein Bankkonto eröffnet hat, das nur auf seinen Namen lautet statt auf beider Namen. In dem Streit, der sich nun entwickelt, ohrfeigt sie ihn. Einige Wochen später ist sie diejenige, die einen Fehler begeht, indem sie ihn beschimpft oder sich ihm verweigert, was dazu führt, daß er sie schlägt. Zwar mag ihr Körper blaue Flecken aufweisen, aber haben sich nicht beide zu Gewalttätigkeiten hinreißen lassen? Man erinnere sich an Connies Fall, über den auf Seite 6 berichtet wurde. Die Gewalttätigkeit einer Frau mag wie der Funken in einem Pulverfaß sein.

      Wie reagiert eine Ehefrau, wenn ihr Mann, der stärker ist als sie, sie mißhandelt? In vielen Fällen benutzt sie als Kampfmittel, was sie gerade erwischt: einen Kochtopf, eine Vase, ein Messer oder ein Nudelholz. Ein Beispiel ist der Fall der 1,55 Meter großen Roxanne Gay, die nur 50 Kilogramm wiegt. 1977 berichtete die Presse, daß sie wiederholt die Polizei gerufen habe, weil ihr Mann sie grausam verprügelte. Ihr Mann war der wuchtige Footballprofi Blenda Gay, der 1,95 Meter groß war und fast 120 Kilogramm wog. Bei einem Streit griff die kleine Frau schließlich nach einem Messer und stieß es ihm in den Hals. Als die Polizei kam, lag er tot in einer Blutlache.

      Was kann getan werden?

      Wir haben jetzt einiges kennengelernt, was zu dem Problem der geprügelten Ehefrauen oder Ehemänner führt. Die Wurzel des Problems ist menschliche Unvollkommenheit, was bedeutet, daß jeder von uns in Gefahr ist, gewalttätig zu werden. Wer seine Gefühle wie Eifersucht oder Groll nicht beherrscht, befindet sich ebenfalls in Gefahr, sich zu Tätlichkeiten hinreißen zu lassen. Zu Gewalttätigkeiten in der Familie kommt es häufig unter dem Einfluß von Alkohol.

      Es ist wichtig, die Ursachen der Gewalt in der Familie zu kennen; aber das ist nicht alles. Weil das Problem so weit verbreitet ist, müssen wir uns bemühen, es entweder zu verhüten oder es zu lösen. Folgende Fragen sind angebracht: Wie sollten wir uns verhalten, wenn wir merken, daß wir wütend werden? Welche Rolle spielt dabei unsere Ansicht über Alkohol, Geld oder unsere Arbeit? Wenn unsere Familie bereits eine Gewaltfamilie ist, wäre eine Scheidung dann die beste Lösung? Kann die Bibel Personen helfen, ihre Persönlichkeit zu ändern und zu lernen, anders zu reagieren? Diese Fragen werden in den folgenden Artikeln behandelt.

      [Herausgestellter Text auf Seite 10]

      „In den Fällen von Gattenmord waren 52 Prozent der Opfer Frauen und 48 Prozent Männer“ (Verbrechensstatistik des FBI).

      [Herausgestellter Text auf Seite 11]

      „Manche Frauen provozieren ihren Mann. Das ist zwar nicht immer der Fall, aber ich glaube, daß es die Regel ist. Ich kenne viele Ehemänner, die erst zurückschlugen, nachdem sie von ihren Frauen mehrmals geschlagen worden waren“ (Dr. Marguerite Fogel).

  • Kinder aus Gewaltfamilien
    Erwachet! 1979 | 8. August
    • Kinder aus Gewaltfamilien

      „JEDES Jahr werden 6,5 Millionen Kinder von ihren Eltern oder anderen Familiengliedern mißhandelt ... Tausende von Kindern werden alljährlich von ihren Eltern so schwer geschlagen, daß sie ärztlich betreut werden müssen. Weitere 700 000 erhalten nicht die nötige Nahrung und Kleidung sowie das nötige Obdach, und 60 000 bis 100 000 werden sexuell mißbraucht“ („U.S. News & World Report“, 15. Januar 1979).

      Kindesmißhandlungen sind ein trauriges Kapitel. Manchmal werden Kinder von ihren Eltern mißhandelt, weil sie sich nicht wehren können, wenn die Eltern ihre Frustrationen, ihre Eifersucht oder ihre Wut an ihnen abreagieren. In vielen anderen Fällen mißhandeln Eltern die Kinder jedoch, wenn es darum geht, sie zu züchtigen. Zucht ist aber unerläßlich. Der weise und liebevolle Urheber der Familie gibt den Rat: „Züchtige deinen Sohn, während es Hoffnung gibt.“ „Die Rute und Zurechtweisung sind das, was Weisheit gibt; aber ein Knabe, dem freier Lauf gelassen wird, wird seiner Mutter Schande bereiten“ (Spr. 19:18; 29:15).

      Der Psychologe D. J. Madden, der sich mit dem Problem der Kindesmißhandlung befaßte, stellte fest, daß „man Kinder entmutigt, wenn man sie zu streng bestraft; sind die Eltern aber zu nachsichtig, haben die Kinder das Gefühl, sie kümmerten sich nicht um sie“. Er erklärte „Die Kinder erwarten, daß die Eltern Entscheidungen treffen. Tun die Eltern das nicht, kommen dem Kind Zweifel, ob es sich auf seine Eltern verlassen kann. Nimmt das Kind die Sache dann selbst in die Hand, kann es sein, daß die Eltern gehorchen müssen.“

      In der „Erwachet!“-Ausgabe vom 22. Oktober 1976 wurde das Thema der Kindesmißhandlung eingehend besprochen und auch gezeigt, was Eltern tun können, damit sie, wenn sie ihren Kindern die erforderliche Strafe erteilen, keine Kinderquäler werden.

      Wir möchten uns nun mit der Frage befassen, wie es sich auf die Kinder auswirkt, wenn sich die Eltern gegenseitig verprügeln. Nehmen sich Kinder, die das miterleben, fest vor, später, wenn sie erwachsen sind, anders zu handeln?

      Wenn ein Kind miterlebt, wie die Mutter den Vater oder der Vater die Mutter schlägt, prägt sich das tief in seinem Gedächtnis ein. Später, wenn es als Erwachsener Wut bekommt, neigt es dazu, das Beispiel nachzuahmen, das ihm seine Eltern gegeben haben. Mit anderen Worten: Gewalttat erzeugt wieder Gewalttat. Man beachte folgendes Beispiel: Hans ist 26 Jahre alt und verheiratet. Er gestand dem Eheberater, daß er in den sieben Jahren, in denen er verheiratet ist, seine Frau wiederholt geschlagen hat. Er selbst stammt aus einer Gewaltfamilie. Sein Vater trank und ging oft auf seine Mutter los, manchmal sogar mit einem Messer. Als Hans von seinem Vater erzählte, sagte er schluchzend: „Wenn ich zwischen die beiden trat, warf er mich gegen die Wand. Ich schwor mir, so etwas in meinem Hause nie zu tun. Komisch, was?“ Man denke auch an den auf Seite 5 berichteten Fall von Saras Mann und Sohn.

      Ja, Untersuchungen haben ergeben, daß Kinder aus Gewaltfamilien später selbst gewalttätig werden. Das zeigt, daß sich folgendes Bibelwort auch in bezug auf negative Eigenschaften bewahrheitet: „Erziehe einen Knaben gemäß dem Wege für ihn; auch wenn er alt wird, wird er nicht davon abweichen“ (Spr. 22:6).

      Wie man in der Zeitschrift „The Canadian“ vom 1. April 1978 lesen konnte, soll Dr. Elie Cass erklärt haben: „Ein Kind, das in einer Gewaltfamilie aufwächst, wird, wenn es selbst Kinder hat, das Beispiel der Eltern nachahmen und Probleme durch Prügel lösen.“ Die Mutter der Frauenhaus-Bewegung, die in London die erste Zufluchtsstätte für geschundene Ehefrauen eröffnete, sagte: „Wenn wir die Vergangenheit dieser Männer kennenlernen, zeigt es sich, daß sie als Kinder entweder selbst geprügelt wurden oder mit ansehen mußten, wie der Vater die Mutter schlug, ... so wird die Gewalttätigkeit von einer Generation an die andere weitergegeben. Sie wird die Norm.“

      Selbst wenn ein Kind, das in einer Gewaltfamilie aufwächst, später seinen Ehepartner oder sein Kind nicht schlägt, sind die Folgen dennoch tragisch. Eine in Nordkarolina (USA) durchgeführte Studie ergab, daß „37 Prozent der Kinder, die selbst nicht mißhandelt wurden, aber deren Eltern sich nur durch Prügel verständigten, ... chronisch depressiv waren. ... Weitere 40 Prozent litten unter Angstzuständen, und 25 Prozent mußten wegen psychischer Störungen behandelt werden.“

      Ehepaare mit Kindern haben somit einen zusätzlichen Grund, etwas zu unternehmen, um das Problem der Gewalt in der Familie zu lösen oder zu verhüten. Wenn die Eltern das nicht tun und ihre Kinder in einer Familie groß werden, in der geschlagen wird, besteht die Gefahr, daß sie emotionelle Schäden erleiden oder daß diese furchtbare Geißel an die nächste Generation weitergegeben wird.

  • Sind Polizei und Gericht die Lösung?
    Erwachet! 1979 | 8. August
    • Sind Polizei und Gericht die Lösung?

      ZU WISSEN, daß eheliche Gewalttätigkeit weit verbreitet ist, sich selbst aber nicht dazu verleiten zu lassen, ist zweierlei. Einige Ursachen dafür kennenzulernen oder aber zu wissen, wie man mit dem Problem der ehelichen Gewalttätigkeit fertig wird oder es verhütet, ist ebenfalls zweierlei.

      Personen, die eheliche Gewalttätigkeit nur vom Hörensagen kennen, mögen vorschnell den Rat geben, die Polizei zu rufen oder, wenn sich der Partner nicht bessert, die Scheidung einzureichen. Ist das aber so einfach?

      Viele mißhandelte Frauen (oder auch Ehemänner) bleiben bei ihrem Ehegefährten, obschon sie von ihm geschlagen werden. Warum? In einigen Fällen ist es der Kinder wegen; man meint, eine Gewaltfamilie sei besser als eine Halbfamilie. Andere fürchten, den Geschlechtspartner oder den Gefährten zu verlieren und dann für den Rest des Lebens allein sein zu müssen. Wieder andere harren aus, weil sie die Rache des Ehepartners fürchten. Eine Reihe von geprügelten Ehefrauen lieben ihren Mann immer noch und hoffen, daß er sich eines Tages ändern wird. Und viele klammern sich aus Existenzangst an ihre Ehe.

      Susanne ist ein Beispiel. Sie war 18, als sie und Alex heirateten. Kurz danach zeigte es sich, daß er gewalttätig war. „Er kommandierte mich herum“, erzählt sie. „Er vertrug nicht die geringste Kritik; besonders empfindlich war er, wenn er getrunken hatte, und getrunken hat er fast jeden Abend. Er erwartete, daß ich kochen, putzen, für die Kinder sorgen und daß ich ihm als Geschlechtspartner zur Verfügung stehen würde — kurz, daß ich tun würde, was er wollte und wann er es wollte. Ich hatte das Gefühl, im Gefängnis zu sein. ... Er schlug mich und verletzte mich, wenn ich ihm nicht gehorchte.“ Warum verließ sie ihn denn nicht? „Ich liebte ihn wirklich. Ich dachte, er würde sich ändern. ... Als ich dann schließlich erkannte, daß er sich nie ändern würde, hatte ich keinen Ort wohin ich gehen konnte, und auch kein Geld.“

      Frauen, die von ihrem Ehemann geprügelt werden, rufen häufig die Polizei. Wenn die Polizei kommt, kann sie bestenfalls eingreifen und der Schlägerei ein Ende machen. Doch wie könnte sie in ungefähr 20 Minuten das Familienklima ändern? Der nächste Schritt einer Frau könnte sein, vom Gericht einen Unterlassungstitel zu erwirken. Viele mißhandelte Frauen drohen damit, machen ihre Drohung aber nicht wahr. Täten sie es aber, so würde der gewalttätige Ehemann vielleicht gelegentlich doch zögern, sie wieder zu schlagen, weil er weiß, daß er deswegen ins Gefängnis kommen könnte.

      Nachdem mißhandelte Ehepartner versucht haben, sich durch solche Maßnahmen zu schützen (oder einen solchen Versuch gar nicht unternommen haben), mögen manche beim Gericht den Antrag stellen, daß ihnen durch einstweilige Anordnung das Getrenntleben gestattet wird, oder sie reichen gleich eine Scheidungsklage ein. Eine statistische Erhebung in Cleveland (Ohio, USA) ergab, daß 36 Prozent der Frauen sich wegen körperlicher Mißhandlungen scheiden ließen. Eileen Mack vom Familiengericht in New York erklärte jedoch in bezug auf Gewaltfamilien:

      „Wenn man den Leuten empfiehlt, sich sofort an das Gericht zu wenden, erweist man ihnen einen schlechten Dienst. Die Lösung des Problems besteht nicht darin eine Familie auseinanderzureißen, sondern beide hierherzubekommen, um die Sache zu besprechen.“

      Wie soll sich ein Christ, der weiß, daß Gottes Wort die Scheidung nicht empfiehlt, verhalten, wenn er von seinem Ehepartner geprügelt wird? Jesus sagte, daß der einzige Scheidungsgrund, der gemäß der Bibel zur Wiederverheiratung berechtige, Hurerei (Ehebruch) des Ehepartners sei (Matth. 19:9; Mal. 2:10-16). Und der Apostel Paulus legte den Christen ans Herz, bei ihrem ungläubigen Ehepartner zu bleiben in der Hoffnung, ihn zu retten (1. Kor. 7:12-16).

      Dieser Rat kann im Licht des Wortes Gottes, das Brutalität und Jähzorn verurteilt, sorgsam erwogen werden. „Jeden, der Gewalttat liebt“, heißt es in Psalm 11:5, „haßt Seine Seele gewiß.“ Die Bibel bezeichnet Streit, Wutausbrüche und Wortzänkereien als „Werke des Fleisches“, die jemand am Eingang in Gottes Königreich hindern können (Gal. 5:19-21; Matth. 5:22).

      Es ist daher verständlich, daß Paulus schrieb: „Eine Frau, die einen ungläubigen Mann hat, der dennoch einverstanden ist, bei ihr zu wohnen, verlasse ihren Mann nicht“ (1. Kor. 7:13). Ehefrauen haben sich gefragt: „Ist ein Mann, der seine Frau mißhandelt, wirklich ,einverstanden‘, bei ihr zu wohnen?“ Einige christliche Frauen, die von ihrem Mann geprügelt werden, haben die Frage mit Nein beantwortet. Und sie haben beim Gericht den Antrag gestellt, daß ihnen durch einstweilige Anordnung das Getrenntleben gestattet wird, oder sie haben die Scheidung eingereicht, obschon sie wußten, daß sie gemäß der Bibel nicht mehr heiraten durften.

      Eine Alternative?

      Wie bereits erwähnt, glauben einige geprügelte Ehefrauen (oder Ehemänner), zwingende Gründe dafür zu haben, bei ihrem Ehepartner auszuharren. Besonders wenn minderjährige Kinder da sind, zögern einige christliche Ehefrauen, die einen ungläubigen und gewalttätigen Ehemann haben, sich von ihm zu trennen oder sich von ihm scheiden zu lassen. Sie sind darauf bedacht, sich die Gelegenheit zu erhalten, die Kinder in den lebengebenden biblischen Wahrheiten zu unterweisen. Deshalb erhebt sich die berechtigte Frage: Gibt es eine andere Möglichkeit, mit dem Problem der Gewalt in der Familie fertig zu werden? Das gilt auch für eine Ehe, in der sich beide Partner prügeln. Können sie sich ändern? Kann die Neigung zu Gewalttätigkeit überwunden werden?

  • Was tun gegen die Gewalt in der Familie?
    Erwachet! 1979 | 8. August
    • Was tun gegen die Gewalt in der Familie?

      WER wollte bestreiten, daß die Gewalt in der Familie ein ernstes Problem ist, das, sobald es auftritt, angepackt werden muß? Welches sind die einzelnen Schritte?

      Welche Emotion führt meist zu ehelichen Gewalttätigkeiten? Ist es nicht Zorn oder Wut? Nur in wenigen Ehen kommt es vor, daß der eine der beiden Eheleute Freude daran empfindet, den anderen brutal zu behandeln und ihm Schmerzen zuzufügen. Vielmehr ist die Ursache der Gewalttätigkeit in der Familie fast immer unbeherrschter Zorn als Folge von Frustrationen, Eifersucht, einem Gefühl der Einsamkeit oder der Unsicherheit.

      Wie bereits erwähnt, sind wir alle von Natur aus sündig und unvollkommen (Röm. 5:12). Deshalb sind wir außerstande, unsere Gefühle vollkommen zu beherrschen. Wer von uns ist nicht schon einmal so wütend geworden, daß er etwas gesagt oder getan hat, was er nachher bereut hat? In der Bibel wird von mehreren Dienern Jehovas berichtet, die diese Schwäche offenbarten (1. Mose 34:1-31; 49:5-7; Jona 4:1, 9).

      Darf somit erwartet werden, daß in einer so engen Gemeinschaft, wie es die Familie ist, Zorn nie aufkommt? Das darf man bestimmt nicht erwarten. Manchmal kann die Empörung über ein anderes Familienglied, das zufolge seiner Unvollkommenheit falsch, rücksichtslos oder lieblos handelt, zu einem Zornausbruch führen. (Vergleiche 1. Samuel 20:34; Hiob 32:3.) Die Bibel gibt Christen den realistischen Rat: „Seid erzürnt, und doch sündigt nicht; laßt die Sonne nicht über eurer gereizten Stimmung untergehen“ (Eph. 4:26).

      Sollte man, wenn man zornig ist, seinem Zorn freien Lauf lassen, um sich abzureagieren? Diese Empfehlung hört oder liest man vielleicht gelegentlich. Der Psychologe George Bach schrieb beispielsweise:

      „Ein Wortstreit zwischen Mann und Frau ... ist äußerst wünschenswert. Ehepaare, die sich streiten, bleiben zusammen — vorausgesetzt, sie verstehen es, richtig zu streiten“ (The Intimate Enemy).

      Hat dich die Erfahrung jedoch gelehrt, daß es wirklich ratsam ist, seinem Zorn durch wütende Worte Luft zu machen? Nach einer von Dr. Murray A. Straus, Professor für Familiensoziologie, durchgeführten Untersuchung muß die Frage verneint werden. Er hat folgendes festgestellt:

      „Bei Ehekonflikten hilft es wenig, wenn Mann und Frau sich gegenseitig anschreien, um sich abzureagieren; vielmehr mag das ,eine gefährliche und allzu große Vereinfachung sein, durch die das Leben von Millionen erbärmlich werden kann‘. ... Sowohl die Frauen als auch die Männer reagierten auf harte, feindselige Äußerungen fast immer mit entsprechenden Worten.“

      Es ist eine Kettenreaktion, die zu einer Explosion eskaliert. Dr. Straus schrieb abschließend:

      „Bei Ehepaaren, die sich oft streiten, kommt es auch häufig zu Handgreiflichkeiten. ... Beide haben immer weniger Hemmungen, den anderen, nachdem sie ihn mit Worten verletzt haben, auch buchstäblich zu verletzen“ (McCall’s, Oktober 1975).

      Die Erfahrungen der Menschen beweisen (ganz gleich, welche Theorie der Psychologen gerade Mode ist) die Weisheit des göttlichen Rates, seinen Zorn zu beherrschen: „Ein dem Zorn ergebener Mann erregt Streit, und wer irgend zur Wut neigt, gerät in manche Übertretung.“ „Wie eine erbrochene Stadt ohne [Schutz-] Mauer ist der Mann, der seinen Geist nicht im Zaum hält.“ „Steh ab vom Zorn und laß den Grimm; erhitze dich nicht, nur um übelzutun“ (Spr. 29:22; 25:28; Ps. 37:8). Jeder, der gegen seine Angehörigen schon einmal gewalttätig geworden ist (oder dem das beinahe passiert ist), kann sich und seinen Angehörigen nützen, wenn er das, was Gott über Zorn und Selbstbeherrschung rät, erforscht und sich dann bemüht, es anzuwendena.

      „Das ist schön und gut“, werden jetzt viele einwenden, „aber was tut man, wenn die Frau (oder der Mann) einen wirklich wütend macht?“ Wie wäre es, ungefähr 60 Sekunden lang nichts zu sagen oder langsam bis 60 (oder noch weiter) zu zählen? Wenn es dir gelingt, deinen Zorn so lange zu beherrschen, besteht weniger Gefahr, daß du explodierst oder eine Explosion auslöst. Denke auch an den folgenden göttlichen Rat: „Wer Streit anfängt, entfesselt eine Wasserflut, drum halt ein, ehe der Zank ausbricht!“ Hast du das schon einmal versucht, wenn du gereizt oder gar wütend warst? Hast du dich empfohlen und bist für eine Weile weggegangen, in ein anderes Zimmer oder nach draußen, um die Fassung wiederzugewinnen? Das ist besonders einem Ehemann zu raten, wenn er merkt, daß seine Frau ungewollt spleenig, gereizt oder unbeherrscht ist. Es kann nämlich die Folge vorübergehender hormoneller Störungen sein, die es ihr erschweren, sich zu beherrschen (Spr. 17:14, Einheitsübersetzung; 19:11).

      Was kannst du tun, wenn dein Ehepartner wütend ist oder schimpft? Eine weise Empfehlung wäre: „Eine Antwort, wenn milde, wendet Grimm ab“ (Spr. 15:1). Hätte das in dem von dem Jungen geschilderten Fall, der auf Seite 5 erwähnt wird, nicht geholfen? Leicht ist es natürlich nicht. Aber wieviel besser und nützlicher ist es, milde zu antworten, als Zorn aufkommen zu lassen, der dich dazu verleiten könnte, handgreiflich zu werden. In dem bereits erwähnten Artikel hieß es interessanterweise, nachdem auf die von Dr. Straus gemachte Feststellung hingewiesen worden war, daß harte Worte des einen Ehepartners ein entsprechendes Echo beim andern hervorrufen: „Nur wenn der eine sanft, rücksichtsvoll und liebevoll sprach, reagierte der andere versöhnlich.“

      Es funktioniert!

      Die erwähnten Empfehlungen aus der Bibel sind keine graue Theorie, sondern damit kann tatsächlich das Problem der Gewalt in der Familie gelöst werden. Sie haben sich in zahllosen Fällen bewährt. Ein Beispiel ist Tom aus Cincinnati (Ohio, USA), der sehr jähzornig war. Er berichtet:

      „Ich hatte vor Wut mit den Fäusten so oft die Wand durchgeschlagen, daß ich schließlich die Pfeiler markierte, damit ich mich nicht ständig verletzte.“ Es kam häufig vor, daß er sich am Wochenende betrank. Einmal, nachdem er sich mit seiner Frau im Rausch ganz bös gestritten hatte, beschloß er, sich an Gott um Hilfe zu wenden. Eine Zeitlang ging er regelmäßig zur Methodistenkirche. Dann, nachdem er eines Tages inbrünstig gebetet hatte, sprachen ihn zwei Zeugen Jehovas an, als er vor dem Haus arbeitete. Er begann, unter ihrer Anleitung die Bibel zu studieren, und bemühte sich, das Gelernte anzuwenden. Seine Frau spottete manchmal und zerriß sogar die biblischen Schriften, die er sich erworben hatte. Aber er reagierte weder zornig noch gewalttätig. Er erklärte: „Durch die Wahrheit bin ich wirklich ganz anders geworden, sonst wäre ich NIEMALS so ruhig und meiner Frau gegenüber so freundlich geblieben.“

      Weitere Schritte

      Die Ratschläge, die Gott in Verbindung mit Zorn gibt, zu befolgen trägt zwar zur Lösung des Problems der Gewalt in der Familie bei. Aber man kann noch mehr tun.

      Wir haben im Falle von Tom und auch in anderen Fällen bemerkt, daß der Alkohol vielfach eine Rolle spielt. Selbst wenn man durch den Alkohol nicht gewalttätig wird, so mögen doch die Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Er mag sozusagen das Holz erhitzen, so daß durch den erstbesten Funken ein verheerendes Feuer ausbricht.

      Wenn Gewalttätigkeit ein Problem in deiner Familie ist, dann überlege einmal, ob Alkohol manchmal etwas damit zu tun hat. Die Bibel verurteilt den mäßigen Alkoholgenuß nicht. Sie sagt jedoch warnend: „Der Wein ist ein Spötter, berauschendes Getränk ist ungestüm, und jeder, der davon irregeht, ist nicht weise“ (Spr. 20:1; Ps. 104:15; Eph. 5:18). Wenn sich ein Ehepartner durch Alkoholgenuß zu Handgreiflichkeiten hinreißen läßt, muß etwas dagegen getan werden. Aus Liebe und aus dem Wunsch heraus, die Familie zu erhalten und zu verhindern, daß geprügelt oder gar getötet wird, kann man gemeinsam festlegen, wann und wieviel getrunken werden darf. Und sollte es sich zeigen, daß es noch zuviel ist, setze man die Menge ruhig noch mehr herab. In einigen Fällen mag es sogar notwendig sein, auf Alkohol ganz zu verzichten. Ist das nicht besser, als von dem Problem der Gewalt in der Familie übermannt zu werden?

      Nicht streiten, sondern reden

      Wie bereits erwähnt, führen oft Frustrationen, Eifersucht und ein Gefühl der Unsicherheit zu Gewalttätigkeit. Was kann dagegen getan werden? Eines der besten Mittel ist das Gespräch. „Die meisten Eheleute“, erklärte ein Sozialwissenschaftler, „hören einander nicht zu, und deshalb fangen viele an, miteinander zu streiten.“

      Jeder von uns hat mit gewissen Frustrationen zu kämpfen. Zum Beispiel träumte ein Mann davon, zur See zu fahren und die Welt zu sehen, aber dann heiratete er; und jetzt muß er auch noch seine alten Eltern unterstützen. Er arbeitet in einer Schuhsenkelfabrik, immer an ein und demselben Platz, wird durch Lärm belästigt und von einem eingebildeten Vorarbeiter geplagt. Glaubst du, daß dieser Mann nie frustriert nach Hause kommt? Seine Frau hatte davon geträumt, auf einem friedlichen Bauernhof drei gesunde Kinder großzuziehen. Doch nun bleiben ihnen Kinder versagt, und außerdem müssen sie in der Stadt wohnen, um in der Nähe der betagten Eltern zu sein. Werden ihr Frustrationen fremd sein? (1. Mose 30:1; 1. Sam. 1:4-11).

      Wenn sich Mann und Frau jedoch angewöhnen, miteinander über das, was sie tun und was sie empfinden, zu sprechen, besteht weniger Gefahr, daß die Frustrationen — in dem unvollkommenen System, in dem wir leben, so zahlreich — sich so aufstauen, daß es zu einer schlimmen Explosion kommt. Wenn sie beispielsweise ruhig miteinander über die Tatsache sprechen, daß seine Arbeit, obschon sie ihm schwerfällt, es ihnen ermöglicht, für die Angehörigen zu sorgen — was ja in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes ist —, wird der Mann sich weniger frustriert fühlen (1. Tim. 5:8). Sie können aus ihrer Zweisamkeit Trost schöpfen und aus dem Bewußtsein, daß sie ihren betagten Eltern Gutes tun. Außerdem können sie sich vornehmen, in Urlaub zu fahren oder einen Ausflug zu machen, oder der Mann kann versuchen, die Arbeit zu wechseln. Ebenso wichtig ist, daß der Mann die Frau spüren läßt, daß er sie liebt, sie versteht und das Opfer, das sie bringt, schätzt. Dadurch ist das ganze für sie weniger frustrierend. Noch wirksamer ist es, wenn er sie in die Arme nimmt, um ihr das zu sagen.

      Miteinander zu reden ist auch dann notwendig, wenn die Gefahr besteht, daß sich ein Streit entwickelt. Die Frau merkt zum Beispiel, wenn der Mann nach Hause kommt, ob er wütend oder hypernervös ist. Da sie aus früheren Gesprächen weiß, was die Ursache sein könnte, mag sie etwas Beruhigendes sagen, was ihn ihr Mitgefühl spüren läßt. Anstatt ihn noch mehr zu reizen, sagt sie etwas, was ihm wohltut. Sie fragt vielleicht freundlich: „War der Vorarbeiter heute wieder einmal eklig?“ oder: „War es mit dem Verkehr recht schlimm?“ Andererseits könnten sich die meisten Ehemänner noch mehr anstrengen, Verständnis für die Stimmung und die Empfindungen ihrer Frau zu haben, so daß sie zur rechten Zeit das Rechte sagen und tun können. (Vergleiche Sprüche 25:11.)

      Die Tendenz, sich auf seine eigenen Empfindungen zu konzentrieren, trägt ebenfalls zu dem Problem der Gewalt in der Familie bei (Phil. 2:4). Die Frau mag erwarten, daß der Mann ihre neue Frisur sieht und sich darüber äußert, ohne daß sie ihn darauf aufmerksam machen muß. Er dagegen meint vielleicht, daß sie durch Intuition wisse, wie fürchterlich der Verkehr an diesem Tag gewesen ist. Solche Dinge können zu einem Ehekrach und zu Handgreiflichkeiten führen. Größere Offenheit in einem solchen Augenblick wird nützlich sein. Zum Beispiel könnte er sagen: „Es ist eine richtige Wohltat, nach einem solchen Tag nach Hause zu kommen.“ Sie könnte sagen: „Heute habe ich mir die Haare schneiden und neue Dauerwellen machen lassen.“ Sage deinem Ehepartner, was dich bewegt, anstatt von ihm ein übertrieben großes Einfühlungsvermögen zu erwarten. Solche offenen Äußerungen können zu einem Gespräch führen, das Gewalttätigkeit verhindert.

      Auch die Geldangelegenheiten der Familie müssen besprochen werden. Man sollte Zeit reservieren, um das zu tun, und niemals zulassen, daß sie ein Anlaß für Groll oder Spannungen werden. Ein Soziologe ermittelte, daß „bei 28 Prozent der Angriffe auf die Ehefrau Geldprobleme mitverantwortlich waren“. Zu heftigen Auseinandersetzungen kommt es besonders dann, wenn die Frau dem Mann immer wieder vorwirft, er verdiene nicht soviel wie andere Männer in der Nachbarschaft oder er verdiene nicht so viel, daß sie sich kaufen könne, was sie möchte. Wenn der Mann immer wieder solche Vorwürfe hört, kommt er sich schließlich minderwertig und unfähig vor, seine Familie richtig zu ernähren. Eine vorzügliche Grundlage für ein Gespräch zwischen Mann und Frau über das Einkommen und den Haushaltsplan bilden die inspirierten Worte aus 1. Timotheus 6:6-10, 17-19 und Matthäus 6:24-34. Der Mann oder die Frau könnte diese Texte vorlesen, und dann könnten sie gemeinsam über den Kauf von neuen Möbeln, neuen Kleidern oder anderen Dingen sprechen.

      Während man ruhig miteinander spricht, könnten auch Themen wie Eifersucht angeschnitten werden. Die Frau mag eifersüchtig auf eine andere Frau sein (oder der Mann auf einen anderen Mann) oder auf eine Verwandte, der der Mann große Aufmerksamkeit schenkt, oder auf seinen Beruf, weil er ganz darin aufgeht. Nach der bereits erwähnten Studie spielte bei „35 Prozent der Angriffe auf die Ehefrau die Eifersucht eine Rolle“. Sprüche 6:34 und der Kontext dieses Verses zeigen, daß es bei berechtigter Eifersucht gewöhnlich zu einem Wutausbruch kommt und der Betroffene Rache nehmen möchte. Aber manchmal wird jemand aus Eifersucht gewalttätig, obschon er so gut wie keinen oder absolut gar keinen Grund dazu hat. Anstatt das Gefühl der Eifersucht aufstauen zu lassen wie Dampfdruck in einem Heißwasserspeicher, bis es eine fürchterliche Explosion gibt, sollte man während eines ruhigen Gesprächs mit dem Ehepartner sachlich (nicht vorwurfsvoll) erwähnen, wie man empfindet. Es mag große Beherrschung erfordern, ruhig zu sprechen, aber wenn dadurch erreicht wird, daß man sich gegenseitig besser versteht, ist die Gefahr, daß es zu Gewalttätigkeiten kommt, schon fast gebannt (Spr. 14:30; 27:4)

      Wenn es dir bisher schwergefallen ist, mit deinem Mann (deiner Frau) über Familienangelegenheiten und über deine Empfindungen zu sprechen, und es zwischen euch zu Gewalttätigkeiten gekommen ist, dann überlege dir, ob du dich nicht an eine reife, ausgeglichene Person wenden solltest, die als neutraler, doch an eurem Wohl interessierter Zuhörer bei einem solchen Gespräch dabeisein könnte. Der Soziologe John E. O’Brien, der eine Untersuchung über das Thema „Gewalttat in scheidungsgefährdeten Familien“ durchführte, schrieb:

      „Solche Befürchtungen sollte man zur Sprache bringen und diskutieren, sobald sie auftreten. Wenn es den Eheleuten unmöglich ist, unter vier Augen miteinander zu sprechen, sollten sie sich einen Vermittler suchen.“

      Prediger der Zeugen Jehovas, die von Personen, die sich mit der Bibel beschäftigen, oder von Gliedern der Versammlung, die Eheprobleme haben, gebeten worden sind, als das zu fungieren, haben in vielen Fällen helfen können. Auf die Bitte eines Ehepaares hin kann ein christlicher Prediger beiden behilflich sein, sachlich über ihre Empfindungen oder Probleme zu sprechen und sie im Licht der Heiligen Schrift abzuwägen, über die geschrieben steht, sie sei nützlich „zum Richtigstellen der Dinge“ (2. Tim. 3:16, 17).

      Warum die Bibel?

      Es ist dir sehr wahrscheinlich aufgefallen, daß die meisten der besten und praktischsten Ratschläge zur Lösung oder Verhütung des Problems der Gewalt in der Familie aus dem Worte Gottes stammen. Das ist zu erwarten, denn der Verfasser dieses Buches ist der Urheber der Familie, und er hat im Laufe der Menschheitsgeschichte schon viele Gewaltfamilien, aber auch harmonische Familien beobachtet. Die Heilige Schrift enthält göttliche Ratschläge, durch die, wenn man sie anwendet, das wachsende Problem der Gewalt in der Familie am besten gemeistert werden kann.

      In der Bibel wird beispielsweise wiederholt gesagt, daß Mann und Frau sich als „e i n Fleisch“ sehen sollten (1. Mose 2:24; Mark. 10:8; Eph. 5:31). Wenn Eheleute den eigentlichen Geist dessen, was Gott mit diesen Worten sagen möchte, erfassen, wird es zwischen ihnen sehr wahrscheinlich zu keinen Handgreiflichkeiten kommen. In Epheser 5:28, 29 wird außerdem noch gesagt: „Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst, denn kein Mensch hat je sein eigenes Fleisch gehaßt, sondern er nährt und hegt und pflegt es.“ Entspricht das nicht den Tatsachen? Bist du je über deine Hand so wütend gewesen, daß du sie mit einem Topf oder einem Hammer geschlagen hast? Oder warst du je so wütend über deinen Hals, daß du dich gewürgt hast?

      Informieren wir uns außerdem nicht über unsere körperlichen Gebrechen, und nehmen wir nicht Rücksicht darauf, zum Beispiel auf Schwerhörigkeit? Eine solche Rücksichtnahme gehört sich auch in der Ehe. Eine Ursache vieler Ehestreitigkeiten ist jedoch die Meinung: „Warum bist du so anders als ich? Warum betrachtest du alles anders als ich oder tust es anders, als ich es tun würde?“ Vielleicht wird es nicht gerade mit diesen Worten gesagt. Doch mag es in folgenden Äußerungen zum Ausdruck kommen: „Warum hast du den Tisch nicht abgewischt, bevor du dich vor den Fernseher gesetzt hast?“ Oder: „Warum steckst du deine dreckigen Socken in die Schuhe, anstatt sie in die Wäsche zu tun?“ Der zugrundeliegende Gedanke ist der gleiche. Aber ein Mann (eine Frau), der die göttliche Auffassung, daß zwei Eheleute ein Fleisch sind, teilt, ist eher bereit, Eigenheiten oder Schwächen des anderen zu tolerieren, während dieser daran arbeitet, sie zu überwinden. In der Bibel lesen wir die weisen Worte: „Eines Menschen Einsicht verlangsamt sicherlich seinen Zorn, und es ist für ihn etwas Schönes, Übertretung zu übergehen“ (Spr. 19:11).

      Ein Ehepaar, das die Bibel akzeptiert und sich danach ausrichtet, wird auch regelmäßig gemeinsam beten (1. Petr. 4:7). Wie stärkend ist es für Mann und Frau, eng beisammen und in seelischem Gleichklang zu sein, während sie demütig Gott um Hilfe und Barmherzigkeit bitten. Im Zusammenhang mit dem Problem der Gewalt in der Familie schrieb der New Yorker Psychologe S. Didato interessanterweise:

      „Ich gebe Ehepaaren oft den Rat, in ihrer Hochzeitsnacht zu beten. Wenn sie sich das angewöhnen, wird es nicht so ohne weiteres zu Gewalttätigkeiten in der Ehe kommen.“

      Als Zoila und David begannen, die biblischen Grundsätze anzuwenden, wurde auch das Gebet ein Bestandteil ihres Lebens. Zoila, eine Peruanerin, erzählte:

      „Unsere Ehe war eine Katastrophe. David ging jeden Abend weg und verbrauchte alles Geld, so daß ich oft nicht einmal mehr das Lebensnotwendige hatte. Er verprügelte mich häufig; sogar als ich schwanger war, schlug er mir ein Auge blau und brach mir einen Finger. Ich mußte meinen Leib schützen, um zu verhindern, daß mein ungeborenes Kind verletzt wurde.“ Als einmal Davids Tante, eine Zeugin Jehovas, zu Besuch kam, begann sie mit ihnen die Bibel zu studieren. David erkannte, wie verkehrt er gehandelt hatte, ja er weinte sogar deshalb. Auch war er zutiefst erschüttert, als er erfuhr, daß er keine Aussicht hatte, von Jehova anerkannt zu werden, wenn dieser die Bösen vernichtet, es sei denn, daß er sich ändert. Von da an bemühten sich beide, die Grundsätze der Bibel anzuwenden, und das half ihnen, andere Menschen zu werden. Nun gehört die Gewalt in ihrer Ehe der Vergangenheit an.

      Die Gewalt in der Familie — Angriffe auf die Frau oder auf den Mann oder Kindesmißhandlungen braucht kein unlösbares und unvermeidliches Problem zu sein, obschon wir immer wieder in der Presse lesen, daß es stets größere Ausmaße annimmt. Jeder, sei es, daß er bisher zu den Opfern gezählt hat oder selbst gewalttätig gewesen ist, kann beginnen, Gottes vollkommene Ratschläge anzuwenden. Das wird zur Folge haben, daß die Gewalt auch in seiner Familie bald der Vergangenheit angehören wird.

      [Fußnote]

      a Lehrreiche Beispiele 1. Mose 4:3-8; 1. Sam. 20:30-33; Esth. 1:10-20. Weitere weise Ratschläge: Spr. 12:16; 16:32; 19:19; 22:24, 25; Kol. 3:8; Jak. 1:19, 20.

      [Herausgestellter Text auf Seite 14]

      „Von Ihnen, als von einem Erwachsenen, erwartet man, daß Sie sich, wenn Sie mit jemandem nicht übereinstimmen, beherrschen können und eine Sprache führen, die eines Erwachsenen würdig ist. Werden Sie aber gewalttätig und prügeln Sie sich, schreien Sie und werfen Gegenstände umher, ... dann benehmen Sie sich wie ein Kind. Sie schlagen blindlings und unsinnig auf etwas ein, was Sie wütend macht. Tun Sie das nicht! Letzten Endes richten Sie sich auf diese Weise zugrunde“ („First Aid for the Happy Marriage“ von Dr. Rebecca Liswood).

      [Herausgestellter Text auf Seite 18]

      „Angstvolle Besorgtheit im Herzen eines Mannes wird es niederbeugen, aber das gute Wort erfreut es“ (Spr. 12:25).

      [Herausgestellter Text auf Seite 18]

      „Ein wütender Mann erregt Streit, aber einer, der langsam ist zum Zorn, beschwichtigt Gezänk“ (Spr. 15:18).

  • Geht es mit der Liebe abwärts?
    Erwachet! 1979 | 8. August
    • Geht es mit der Liebe abwärts?

      Bei der jüngsten Harris-Umfrage wurden 1 442 Erwachsene in ganz Amerika gebeten, der Wichtigkeit nach 10 Dinge aufzuzählen, die sie glücklich machten und befriedigten. Was an erster Stelle erwähnt wurde, war eine gute Gesundheit (97 Prozent). Dann kam das Familienleben (92 Prozent), dann Herzensfrieden (91 Prozent) und von anderen geachtet zu werden (76 Prozent). Schließlich folgten Freunde (71 Prozent), Bildung (69 Prozent), Arbeit (60 Prozent), Religion (58 Prozent), Sex (38 Prozent) und erotische Liebe (33 Prozent).

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