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Der Ruf nach Recht und OrdnungErwachet! 1970 | 8. April
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Der Ruf nach Recht und Ordnung
HAST du das Gefühl, heute sei deine Sicherheit mehr bedroht als vor zwanzig oder als vor nur fünf Jahren? Fürchtest du dich heute mehr davor, abends auszugehen, als früher? Bangst du mehr um die Sicherheit deiner Kinder? Empfindest du es heute als absolutes Muß, Türen und Fenster deiner Wohnung zu sichern?
Wenn es dir so ergeht wie den meisten Menschen in der Welt, kann die Antwort auf diese Fragen nur ein Ja sein. Überall sind die Menschen wegen der steigenden Kriminalität und zunehmenden Gewalttätigkeit um ihre Sicherheit besorgt.
Vielleicht bist du noch nie von einem Sexual- oder anderen Verbrecher überfallen worden, und in deiner Wohnung mag noch nie eingebrochen worden sein. Aber solches widerfährt immer mehr Personen.
Besonders häufig werden derartige Verbrechen in den Städten verübt. Die Zeitschrift Time schrieb: „Es gibt wohl kaum eine Großstadt, in der man abends, ohne sich fürchten zu müssen, durch die Straßen gehen kann.“ Folgendes ist ein Auszug aus einem Brief eines New Yorkers, den die New York Times in ihrer Ausgabe vom 20. Mai 1969 veröffentlicht hat:
„Täglich werden in unserer Stadt Hunderte ja Tausende von Raubüberfällen verübt; diese Situation die für mich und die übrigen Bürger dieser Stadt qualvoll ist, erfüllt mich mit tiefem Schmerz. ...
Keiner, dem schon einmal die kalte Stahlklinge eines Messers vors Gesicht gehalten wurde — mir ist das schon zweimal passiert —, vermag noch, einem Unbekannten auch nur das geringste Vertrauen entgegenzubringen. In dieser Stadt muß man abends und oft auch am Tag so vorsichtig sein, wenn man durch die Straßen geht, wie ein Soldat, der hinter die feindliche Linie geraten ist.“
Wenn man dazu noch die Tumulte und steten Unruhen rechnet, kann man verstehen, warum bei einer vor kurzem durchgeführten Umfrage 81 Prozent der Befragten mit der Erklärung einverstanden waren: „Recht und Ordnung sind in Auflösung begriffen.“ Allmählich greift dieser Zustand auf jedes Land der Erde über. Der Präsident der amerikanischen Rundfunkorganisation „Columbia Broadcasting System“ sagte:
„Die Ordnung bricht zusammen. ... Diese Unruhe ist tragisch. Aber sie ist auch, wie [der Kolumnist der New York Times] James Reston schrieb, ,heute die größte Story in der Welt‘.“
Er erwähnte, daß es bei dieser Situation im Grunde genommen nur um die „verführerisch einfache Frage des Rechts und der Ordnung“ gehe.
„RECHT UND ORDNUNG“ — das ist der Ruf, den wir heute so häufig hören. Aber was bedeutet Recht und Ordnung? Viele verstehen darunter, daß man durch die Straßen gehen kann, ohne sich vor Verbrechern fürchten zu müssen, und daß in Wohnungen und Geschäften nicht mehr eingebrochen wird.
Aber versteht jedermann das darunter?
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Recht und Ordnung in den Augen andererErwachet! 1970 | 8. April
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Recht und Ordnung in den Augen anderer
HEUTE gibt es viele Personen, die der Meinung sind, das bestehende Recht und die heutige Ordnung seien ihren Interessen abträglich. Sie wollen mehr als nur sichere Straßen und eine sichere Wohnung.
In der Zeitung Chronicle, die in Houston herauskommt, konnte man zum Beispiel lesen: „Es gibt Jugendliche, die den Gebrauch des Ausdrucks ,Recht und Ordnung‘ ablehnen.“ Viele Jugendliche hassen die Welt, die die ältere Generation für sie geschaffen hat. Einen der vielen Gründe dafür kann man folgender Meldung, die in der Zeitschrift U.S. News & World Report erschien, entnehmen:
„Etwa die Hälfte der [im Krieg] Getöteten waren noch so jung, daß sie in den meisten Staaten nicht wahlberechtigt gewesen wären. Unter den Getöteten befanden sich mehr Zwanzigjährige als Angehörige einer anderen Altersgruppe. ... Bei den meisten dieser Jugendlichen handelte es sich nicht um Berufssoldaten, sondern um Personen, die erst ein oder zwei Jahre die Uniform trugen.“
Immer mehr junge Männer verzweifeln an Gesetzen, die fordern, daß sie töten und getötet werden, Gesetze, die sie weder beantragt noch angenommen haben. Sie behaupten, diese Gesetze seien ungerecht.
Auch Angehörige von Minderheiten mögen das bestehende Recht und die gegenwärtige Ordnung anders beurteilen. Die New York Times schrieb, viele der amerikanischen Neger seien „überzeugt, daß die neue Tendenz in Amerika, Recht und Ordnung in den Vordergrund zu stellen, auf Kosten des Negers“ gehe. Die Farbigen fordern ein Recht und eine Ordnung, die für sie soziale Gerechtigkeit und gleiche Möglichkeiten bedeuten.
Die Bevölkerung gewisser armer Gebiete steht auf dem Standpunkt, daß die bestehenden Gesetze sie unterdrückten, daß sie sie zwängen, sich von einem kleinen Stückchen Land kärglich zu ernähren, und sie in einem Zustand der wirtschaftlichen Versklavung halten würden.
Auch andere Personen, die zwar keineswegs arm sind, haben die Auffassung, gewisse Gesetze seien ungerecht. Sie mögen zum Beispiel ziemlich viel Einkommensteuer bezahlen müssen, sehen aber, daß gewisse Reiche wenig oder gar keine bezahlen, weil sie ihr Geld in einem steuerfreien Unternehmen investiert haben. Oder sie mögen bestraft werden, weil sie ihren Wagen auf der verkehrten Straßenseite geparkt haben. Doch das mag der einzige freie Platz gewesen sein, weil nicht genügend Parkplätze vorhanden sind. Wenn viele solche Mißstände bestehen, mögen die Leute in Verzweiflung geraten, was einen rebellischen Geist zur Folge hat.
Ganz offensichtlich stimmt mit der heutigen Ordnung etwas nicht. Die Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen wächst überall. Wie kann man den Mißständen entgegenwirken? Indem man jegliches Recht und jegliche Ordnung aufhebt, so daß jedermann tun und lassen kann, was ihm beliebt? Das würde zu Anarchie, zu einem Chaos führen. Irgendein Recht muß es geben; eine gewisse Ordnung ist erforderlich.
Die große Frage ist nur: Wessen Recht und Ordnung soll Geltung haben? Gibt es ein System, das nicht nur Recht und Ordnung zu schaffen vermag, sondern das auch wahre Gleichberechtigung für alle gewährleistet? Was ist in dieser Hinsicht alles unternommen worden? Haben die von Menschen geschaffenen Systeme die gesteckten Ziele erreicht? Vermögen sie die Probleme zu lösen?
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Wissen sie Rat?Erwachet! 1970 | 8. April
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Wissen sie Rat?
WAS wird vorgeschlagen, um die steigende Kriminalität zu bekämpfen?
Einer der Vorschläge, die von vielen Seiten unterbreitet werden, lautet: HÄRTERE MASSNAHMEN. Man hört Forderungen wie: „Verstärkter Polizeieinsatz!“ „Höhere Freiheitsstrafen!“
Gewiß kann niemand mit Recht dagegen sein, daß ein Verbrecher für seine Tat bestraft wird. In der Bibel lesen wir, daß Gott Israel, das damals sein Volk war, Gesetze gab, die Strafen, sogar die Todesstrafe, für Gesetzesübertreter vorsahen. (4. Mose 35:31; 2. Mose 22:1-6) Auch kann niemand bestreiten, daß eine Verminderung des Polizeieinsatzes heutzutage die Situation noch verschlimmern würde.
Daher erhebt sich die Frage: Kann man durch ein Verstärken der Polizei und durch höhere Strafen der steigenden Kriminalität Herr werden?
Vermag die lokale Polizei und Justiz das Problem zu lösen?
Der Anstieg der Kriminalität hat viele Gemeinden veranlaßt, ihre Polizei zu verstärken. Doch die Polizei kann das Verbrechen nur erfolgreich bekämpfen, wenn sie von der Bevölkerung unterstützt wird. Aber heutzutage verhält sich die Bevölkerung vielerorts der Polizei gegenüber so passiv wie noch nie. Außerdem wird versucht, die Polizei durch Bestechung an der Erfüllung ihrer Aufgabe zu hindern.
In welchem Maße wäre es einer verstärkten Polizei heute möglich, den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten? Es ist interessant zu lesen, was die Times vom 3. Juni 1969 über die Stadt New York schrieb:
„Es würde jährlich 25 Milliarden Dollar kosten — ein Drittel der Summe, die im Haushaltsplan [der Vereinigten Staaten] für das Verteidigungsministerium vorgesehen ist —, wollte man jeden Häuserblock der Stadt Tag und Nacht polizeilich bewachen lassen.
Doch die Polizei sagt, selbst wenn das möglich wäre, könnte man den Verbrechen nicht Einhalt gebieten, weil mehr als die Hälfte an Orten verübt werden, wo kein Polizist auf und ab geht: in Wohnungen, Restaurants, Treppenhäusern und Aufzügen.“
James Vorenberg, ehemals Vorsitzender des amerikanischen Ausschusses zur Untersuchung der Gründe der Kriminalität in den Vereinigten Staaten, wies darauf hin, wie schwierig dieses Problem ist, indem er erklärte: „Polizei und Justiz sind nicht imstande, das kriminelle Verhalten in beträchtlichem Maße einzudämmen.“ Warum nicht?
Weil man durch die Durchführung der Gesetze allein nicht erreicht, daß sich Menschen mit unrechtem Verlangen oder Menschen, die von Haß erfüllt sind, ändern. Die Grundhaltung wird dadurch nicht beeinflußt. Eine falsche Denkweise kann nicht allein durch Maßnahmen der Polizei und ein strenges Durchführen der Gesetze korrigiert werden.
Durch ein solches Durchführen der Gesetze allein können Ungerechtigkeiten, Vorurteile und Armut nicht beseitigt werden. Habsüchtige werden dadurch nicht freigebig und Hochmütige nicht demütig. Auch werden Zustände, die die Menschen oft in die Verzweiflung treiben und kriminell werden lassen, dadurch nicht beseitigt.
Was können die Regierungen tun?
Können Staatsregierungen, die über weit größere Machtbefugnisse verfügen als Kommunalbehörden, das Problem lösen? Was lehrt uns die Vergangenheit?
Ist es ihnen zum Beispiel gelungen, den Weltfrieden aufrechtzuerhalten, indem sie ihre Probleme aufgrund gerechter Gesetze geregelt haben? Du kennst die Antwort. Vom Jahre 1914 an sind Staatsregierungen in Kriege verwickelt gewesen, die zu den verheerendsten Kriegen der Geschichte zählen. Weit über hundert Millionen Menschen sind darin getötet oder verletzt worden! Der angerichtete Sachschaden ist ungeheuer gewesen. In den Völkern ist ein tödlicher Haß geschürt worden. Wie hat sich das auf die Geisteshaltung der Bürger dieser Staaten ausgewirkt? Ist ihnen dadurch Achtung vor dem geltenden Recht und der bestehenden Ordnung eingeflößt worden? In der Zeitschrift Look finden wir folgende Antwort:
„Die Staaten der Welt, sowohl Bevölkerung als Regierung, vermögen offenbar immer, Gewaltakte, die sie gegen andere verüben, zu rechtfertigen. ... Das Vorhandensein einer sanktionierten Gewalttätigkeit untergräbt mit Sicherheit die Rechts- und Ordnungsbegriffe.“
In der niederländischen Zeitschrift Wereldeenheid vom Mai 1969 wird über die Vereinten Nationen gesagt:
„Es ist den Vereinten Nationen ... nicht gelungen, auf der Welt Ordnung herzustellen. Seit ihrer Gründung sind wir Zeugen des wahnsinnigsten Wettrüstens der Geschichte geworden und werden ständig von einem dritten Weltkrieg bedroht.“
Für dieses Wettrüsten werden jedes Jahr Beträge aufgewendet, die in die Milliarden gehen.
Staatsregierungen vermögen offensichtlich das Problem nicht zu lösen. Es gelingt ihnen nicht — einzelne Regierungsmitglieder mögen noch so aufrichtig sein —, Ruhe und Ordnung im eigentlichen Sinne zu schaffen.
Welche Rolle spielen die Wirtschaftssysteme?
Gewährleistet eine blühende Wirtschaft eine niedrige Kriminalitätsrate? Nein. Paradoxerweise haben die reichsten Nationen der Welt die verhältnismäßig höchste Zahl von Verbrechen! Zuständige Stellen wundern sich darüber, daß immer mehr Kinder reicher Eltern mit dem Gesetz in Konflikt kommen. In der Märzausgabe der Zeitschrift Monthly Letter der „Royal Bank of Canada“ wurde folgendes zugegeben:
„Die steigende Kriminalität trotz des Wohlstandes, der in unserem Lande herrscht, führt der kanadischen Bevölkerung einige ernste Tatsachen vor Augen: Sie muß erkennen, daß die bisherige Annahme, Armut schaffe die Voraussetzung für kriminelles Verhalten, änderungsbedürftig ist; sie muß auch die Möglichkeit anerkennen, daß der Wohlstand ebenfalls eine Ursache dafür sein kann.“
Die Wirtschaftssysteme der Welt wirken der Verzweiflung nicht entgegen, die zu kriminellen Handlungen führen mag. Wer einkaufen muß, hat festgestellt, daß die Preise ständig steigen. Auch die Steuern machen einen immer größeren Teil des Einkommens aus. Dieser Druck trägt zu der wachsenden Unzufriedenheit bei. Einige reagieren durch kriminelles Verhalten darauf; ein Beweis dafür ist der sprunghafte Anstieg der Ladendiebstähle und die große Zahl von Personen, die Steuern hinterziehen.
Ist es vernünftig von Wirtschaftssystemen Abhilfe zu erhoffen, die sich selbst fast dauernd in einer Krise befinden? Nach einer der vielen Währungskrisen, die es in letzter Zeit gegeben hat, schrieb die Zeitschrift Newsweek: „Wieder einmal ist das Währungssystem der Welt dem Chaos gefährlich nahegekommen.“ Der Finanzexperte L. Albert Hahn sagte über das Wirtschaftssystem der Welt: „Dieses System wird eines Tages zusammenbrechen.“ Kann ein solches System die Voraussetzungen für eine stabile Gesellschaft bilden?
Wie steht es mit den Religionen der Welt?
Gehen denn wenigstens die Religionen der Welt auf dem Weg zu Recht und Ordnung führend voran?
Wie handeln die Kirchen der Christenheit? In der Presse kann man heute lesen, daß immer mehr Geistliche gegen Gewalttätigkeit, Einmischung in die Politik und vorehelichen Geschlechtsverkehr nichts mehr einzuwenden haben, ja nicht einmal mehr gegen Ehebruch und Homosexualität. Die Kirchen selbst sind vielfach durch Streitigkeiten und Rebellion innerlich zerrissen.
Außerdem schreibt Martin Marty in seinem Werk The Search for a Usable Future (Die Suche nach einer brauchbaren Zukunft): „Meinungsforscher stellen fest, daß zwischen der Auffassung, die Christen über Fragen der Humanität oder Ethik haben, und der Auffassung der Nichtchristen über diese Fragen kein nennenswerter Unterschied besteht.“ Die Kirchen der Christenheit haben sich somit nicht als besser erwiesen denn die Religionen, die sie als „heidnisch“ bezeichnen.
Eine Ursache für das Schwinden des Einflusses der Kirchen der Christenheit geht aus folgendem Bericht hervor, der in der Zeitschrift U.S. News & World Report erschienen ist:
„Das Ansehen des Christentums hat in der Welt große Einbußen erlitten, weil die Völker, die sich zum Christentum bekennen, internationale Konflikte so häufig durch Anwendung von Gewalt beigelegt haben.“
Aber nicht nur Mitglieder der Kirchen der Christenheit haben im Krieg, bei Tumulten oder Aufständen gegeneinander gekämpft, sondern Angehörige nichtchristlicher Religionen haben dasselbe getan: Moslem hat gegen Moslem, Buddhist gegen Buddhist und Hindu gegen Hindu gekämpft.
Die Achtung vor Recht und Ordnung muß im Herzen entspringen, soll sie echt sein. Die Religionen der Welt behaupten, die Menschen in dieser Hinsicht zu erziehen. Die Hauptschuld am Zusammenbruch des Rechtes und der Ordnung liegt somit bei diesen religiösen Einrichtungen. Sie sind in der Schaffung einer wahrhaft sittlichen und friedfertigen menschlichen Gesellschaft nicht führend vorangegangen.
Kann die Wissenschaft das Problem lösen?
Wird die Wissenschaft die Voraussetzungen für eine geordnete Gesellschaft schaffen?
Die Menschen haben der Wissenschaft und Technik viele Errungenschaften zu verdanken. Aber die Entwicklung der Technik führte auch zur Entstehung der Großstädte mit all ihren Problemen; sie sind heute die Zentren der Gewalttätigkeit und Unruhen. Die Wissenschaft hat auch die modernen Verkehrsmittel geschaffen. Aber mit dem Anwachsen des Verkehrs zu Land und in der Luft werden auch die Probleme größer, und jedes Jahr gibt es Tausende von Verkehrstoten.
Wer hat außerdem die Maschinen und die Stoffe geschaffen, durch die Wasser und Luft, ja sogar die Nahrungsmittel in steigendem Maße verunreinigt werden? Und wem ist die Erfindung der furchtbaren Waffen zuzuschreiben, durch die in unserer Generation Millionen von Menschen vernichtet worden sind? Der Wissenschaft.
Die Wissenschaft hat den Flug zum Mond ermöglicht, aber man hat dafür ungeheure Geldmittel aufwenden müssen. Gleichzeitig verhungern täglich Tausende von Menschen, die Städte verfallen, und die Zahl der Verbrechen steigt ins unermeßliche.
Würdest du sagen, die Wissenschaft löse die Probleme der Menschheit? Es ist so, wie Professor H. S. Commager vom Amherst-College in seinem Artikel schreibt, den die Zeitschrift Saturday Review veröffentlicht hat: „Jetzt, am Ende der Lebenszeit einer Generation, die unvergleichliche Fortschritte auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technik erlebt hat, muß man feststellen, daß der Hunger unter der Menschheit verbreiteter ist denn je, daß die Gewalttat brutalere Formen angenommen hat und daß das Leben unsicherer geworden ist als zu irgendeiner Zeit in unserem Jahrhundert.“
Das ist der Bericht über die Leistungen des Menschen. Jahrhundertelang hat er Gelegenheit gehabt, eine Ordnung zu schaffen, die Gleichberechtigung gewährleistet, doch ist er dazu nicht fähig gewesen.
Der Mensch weiß keinen Rat. Warum nicht? Warum schlagen die Versuche der Menschen ständig fehl? Was bedeutet der heutige Zusammenbruch der Ordnung eigentlich?
[Bild auf Seite 7]
PROTEST!
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Was bedeutet der Zusammenbruch?Erwachet! 1970 | 8. April
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Was bedeutet der Zusammenbruch?
ALLERDINGS hat es in der Geschichte auch schon Zeiten gegeben, in denen Recht und Ordnung zusammengebrochen sind. Das geschah zum Beispiel im Römischen Reich kurz vor seinem Untergang. Deshalb betrachten einige den heutigen Anstieg des Verbrechens und der Gewalttat als etwas „Normales“; sie sagen: „Die Geschichte wiederholt sich.“
Doch der heutige Zusammenbruch bedeutet viel mehr als das. Er erstreckt sich nicht nur auf ein Land. Die Experten sind sich im klaren darüber, daß noch nie alle Gruppen der Gesellschaft in allen Ländern der Erde gleichzeitig einen solchen Zusammenbruch erlebt haben.
Einige wenden jedoch ein, das sei lediglich auf den Bevölkerungszuwachs zurückzuführen und durch eine bessere Nachrichtentechnik würden heute die Verbrechen weit herum bekannt. Stimmt das?
Lediglich Bevölkerungszuwachs und bessere Nachrichtentechnik?
Wäre der Bevölkerungszuwachs die Erklärung für die steigende Kriminalität, dann müßte die Zahl der Verbrechen gleich schnell zunehmen wie die Zahl der Bevölkerung. Tut sie das?
Die französische Zeitung Le Figaro schreibt: „Seit 1955 hat sich die Zahl der von Jugendlichen begangenen Verbrechen vervierfacht.“ Aber die Zahl der jugendlichen Bevölkerung ist nicht in diesem Maße gestiegen. In Schweden ist die Zahl der Verbrechen zwölfmal schneller gestiegen als die Zahl der Bevölkerung, in Deutschland zehnmal; von 1960 bis 1968 stieg in den Vereinigten Staaten die Zahl der Verbrechen elfmal schneller als die der Bevölkerung — und im Jahre 1968 wuchs die Zahl der Verbrechen siebzehnmal schneller als die Zahl der Bevölkerung!
Auch sollte man daran denken, daß nach Auffassung der Polizei viele, wenn nicht die meisten Verbrechen gar nicht gemeldet werden! An gewissen Orten wird nur etwa jeder dritte Einbruchdiebstahl gemeldet, Vergewaltigungen werden noch weniger bekannt. In einigen Städten werden der Polizei nur etwa ein Zehntel der Verbrechen angezeigt!
Aus folgender Meldung der Associated Press geht hervor, daß sich die wachsende Kriminalität nicht aus dem Bevölkerungszuwachs und aus der besseren Nachrichtentechnik erklärt:
„J Edgar Hoover, Leiter des Bundeskriminalamtes der Vereinigten Staaten, griff heute diejenigen Personen an, die versuchen, das Verbrechensproblem Amerikas zu bagatellisieren, indem sie sagen, der große Zuwachs, den die jugendliche Bevölkerung zu verzeichnen habe, und die genaueren Aufzeichnungen der Polizei seien dafür verantwortlich ... Er sagte, für diejenigen, die versuchen würden die furchtbare Wahrheit wegzuerklären, die sich hinter der Verbrechensstatistik verberge, werde die Rechnung nicht aufgehen.“
Nur „kriminelle Elemente“?
Auch darf man nicht meinen, nur „kriminelle Elemente“ seien für diesen Zusammenbruch des Rechts und der Ordnung verantwortlich. Das Sunday Bulletin von Philadelphia schrieb: „Die meisten Straftaten werden von Personen begangen, die zu ihrer Alltagsarbeit weiße Hemden tragen und die, wenn sie in der Betriebskantine oder in einem Restaurant des Geschäftsviertels beisammen sind, den Zusammenbruch von Recht und Ordnung im Land laut verdammen.“
Aus dem Artikel im Sunday Bulletin geht auch hervor, daß „achtbare“ Bürger an ihrem Arbeitsplatz weit mehr veruntreuen als von Berufsverbrechern bei Einbrüchen gestohlen wird. In den Vereinigten Staaten ist in einem Jahr das Siebzigfache von dem, was Einbrecher gestohlen haben, von Angestellten veruntreut worden, 4 000 000 000 im Vergleich zu 53 000 000 Dollar!
Am Zusammenbruch von Recht und Ordnung sind somit nicht nur Gewohnheitsverbrecher beteiligt. Unter der Bevölkerung greift eine kriminelle Einstellung, die Neigung zu stehlen, zu betrügen und gewalttätig zu werden, immer mehr um sich.
Es kann nur eines bedeuten
Was dieser ungeheure Zusammenbruch zu bedeuten hat, ist klar. Der amerikanische Redakteur David Lawrence weist durch folgende Worte darauf hin: „Je mehr wir nach einer Entschuldigung suchen, desto deutlicher erkennen wir, daß das Elend, das auf Erden herrscht, vom Menschen verursacht worden ist. Unsere Hauptschwäche besteht darin, daß wir das Problem Selbstverwaltung nicht gelöst haben.“ Die Menschen sind außerstande, sich erfolgreich zu regieren!
Der Mensch besitzt überragende geistige Fähigkeiten. Er erfindet erstaunliche Maschinen. Er erforscht das Meer. Er fliegt zum Mond. Aber trotz seiner Klugheit und Urteilsfähigkeit ist er immer noch außerstande, mit seinen Mitmenschen in Eintracht zu leben.
Niemand kann bestreiten, daß die Menschen — manche in aller Aufrichtigkeit — viele Versuche gemacht haben. Die Geschichte zeigt, daß der Mensch im Laufe der vergangenen Jahrtausende alle möglichen Regierungsformen ausprobiert hat. Daher kann nicht behauptet werden, daß mehr Zeit für einen Versuch erforderlich sei. Und gewiß hätte man in keiner Epoche mehr mit dem Erfolg eines solchen Versuchs rechnen dürfen als in der heutigen. Doch was wir heute erleben, ist der schlimmste Zusammenbruch aller Zeiten.
Worauf hoffen?
Ist es vernünftig, auf Systeme zu hoffen, die sich bereits als Fehlschlag erwiesen haben? Nein, wir müssen unsere Hoffnung auf etwas anderes setzen.
Aber worauf? Warum uns nicht vom Schöpfer des Menschen über die Lösung der Probleme, denen sich die Menschheit gegenübersieht, aufklären lassen? Keiner von uns hat gelebt, als sich die Probleme zu entwickeln begannen, mit denen die Menschheit heute kämpft. Der Schöpfer dagegen hat ihre Entwicklung beobachtet. Er weiß, was zu der heutigen Krise geführt hat. Der Schöpfer des Menschen weiß bestimmt am besten, warum die menschliche Gesellschaft zerfällt. Er weiß außerdem, was dagegen zu tun ist.
Er läßt uns auch nicht im ungewissen darüber, denn er hat dafür gesorgt, daß jeder aufrichtige Mensch diesen wichtigen Aufschluß erhalten kann, wenn ihm daran gelegen ist. Diesen Aufschluß, der befriedigt, überzeugt und wahrhaftig ist, findet man in dem Buch, das Gott der Menschheitsfamilie als Wegweiser gegeben hat und das unter seiner Inspiration entstanden ist — in der Bibel: „Die ganze Schrift ist von Gott inspiriert und nützlich ... zum Richtigstellen der Dinge.“ — 2. Tim. 3:16.
Warum der Mensch kein Gelingen hat
Die Bibel zeigt deutlich, daß Gott dem Menschen weder das Recht noch die Fähigkeit gegeben hat, ohne den Schöpfer zu schalten und zu walten. Wir lesen in Jeremia 10:23: „Ich weiß, Jehova, daß nicht beim Menschen sein Weg steht, nicht bei dem Manne, der da wandelt, seinen Gang zu richten.“
Das kann man veranschaulichen durch das Bedürfnis des Menschen nach Nahrung. Gott hat den Menschen so geschaffen, daß er nur am Leben bleiben kann, wenn er Nahrung zu sich nimmt. Ohne Nahrung kann er nicht leben. Hören wir auf zu essen, werden wir krank und sterben.
Ähnlich ist es in bezug auf den menschlichen Geist. Gott hat den Menschen so geschaffen, daß er auch seinem Geist die rechte Nahrung zuführen muß. Diese setzt sich aus dem Rat und der Unterweisung Gottes zusammen und ist für den Menschen unerläßlich. (Matth. 4:4) Denn wenn sich der Mensch nicht mehr von Gott führen läßt, wird die menschliche Gesellschaft krank, es ergeht ihr also genauso wie dem menschlichen Organismus, wenn man ihn ungenügend oder falsch ernährt. Deshalb wird uns in Sprüche 3:5 der Rat gegeben: „Vertraue auf Jehova mit deinem ganzen Herzen, und stütze dich nicht auf deinen Verstand.“
Das eigentliche Problem besteht also darin, daß die Menschheit im allgemeinen die erhabene Weisheit Gottes mißachtet und sich auf ihre eigenen Überlegungen stützt, die in keinem Vergleich zur Weisheit Gottes stehen. So handelten auch unsere Ureltern, die sich gegen die göttliche Führung auflehnten. (1. Mose, Kap. 3) In den fast 6 000 Jahren, die seither vergangen sind, hat die große Mehrheit der Menschen, der Regierten und der Regierenden, ebenso gehandelt. Da der Mensch über einen freien Willen verfügt, hat Gott ihm die Wahl gelassen. Nur muß der Mensch die Folgen seiner Entscheidung tragen.
Wir wissen, wie diese Folgen aussehen. Es ist so gekommen, wie wir in der Bibel lesen: ‘Der Mensch hat über den Menschen zu seinem Schaden geherrscht.’ (Pred. 8:9, New World Translation) Es ist zu einem Zusammenbruch gekommen, weil der Mensch unabhängig von Gottes Führung regiert hat. Gott hat den tragischen Versuch des Menschen, sich selbst zu regieren, zwar zugelassen, hat aber auch eine Zeitgrenze dafür festgelegt. Er läßt das gesetzlose Treiben nicht für immer zu. — Eph. 1:10; Offb. 11:18.
Die wahre Bedeutung des heutigen Zusammenbruchs
Die Bibel zeigt, daß der Zusammenbruch des Rechts und der Ordnung in der ganzen Welt hoch bedeutsam ist. Er läßt erkennen, daß für das gegenwärtige System der Dinge, das so fern von Gott ist, die Zeit abläuft, die Gott ihm eingeräumt hat! Es hat seinen Höhepunkt erreicht.
Sogar Personen, die bei ihren Schlußfolgerungen nicht von der Bibel ausgehen, sehen, daß wir uns einem Höhepunkt nähern. Der Nobelpreisträger George Wald, Ordinarius an der Harvarduniversität, sagte, wie die kanadische Zeitung Victoria Daily Times, Ausgabe vom 9. April 1969, schrieb:
„In den vergangenen paar Jahren bin ich immer mehr zu der Überzeugung gekommen, etwas sei grundverkehrt — und in diesem Jahr ist es noch schlimmer als im vergangenen. ... Ich glaube, wir stehen vor einer großen Entscheidung, vor einer Entscheidung, die nicht nur unser Volk, nicht nur die ganze Menschheit, sondern alles Leben auf der Erde betrifft.“
Der britische Professor Fred Hoyle sagte warnend, daß die menschliche Gesellschaft „bereits in Auflösung begriffen“ sei (The Melbourne Age, 4. März 1969).
Die Bibel prophezeite, daß es zu der Zeit, da die von Gott zugelassene Herrschaft des Menschen bald abgelaufen sei, auf der Erde so aussehen werde, wie es heute aussieht. Wir lesen in 2. Timotheus 3:1: „Dieses aber erkenne, daß in den letzten Tagen kritische Zeiten da sein werden, mit denen man schwer fertig wird.“
Die Geschehnisse, durch die biblische Prophezeiungen in Erfüllung gehen, zeigen, daß die „letzten Tage“ im Jahre 1914 begonnen haben. In der Zeitschrift Time vom 30. August 1968 konnte man lesen: „Das schicksalsschwerste Jahr des zwanzigsten Jahrhunderts ist bisher das Jahr 1914 gewesen.“ Als der Erste Weltkrieg ausbrach, begann für das gegenwärtige System der Dinge die letzte Phase der Herrschaft des Menschen. Damals begann der schlimmste Zerfall, den die Geschichte kennt. Und seither geht er von Tag zu Tag schneller vor sich.
Bitte lies selbst in der Bibel nach, was sie über die Geschehnisse sagt, die ein Merkmal der „letzten Tage“ sein würden. In 2. Timotheus, Kapitel 3 werden viele Einzelheiten aufgeführt. In Matthäus, Kapitel 24 sind viele Einzelheiten zu finden, die Jesus aufzählte. Unter anderem erwähnte er ‘zunehmende Gesetzlosigkeit’, etwas, was wir überall beobachten können. — Matth. 24:12.
Aber die Tatsache, daß wir in den „letzten Tagen“ leben, bedeutet nicht, daß wir keine Hoffnung hätten. Es bedeutet nicht, daß Recht und Ordnung im eigentlichen Sinne nie Wirklichkeit werden.
Im Gegenteil, gerade der Zusammenbruch von Recht und Ordnung in der ganzen Welt beweist eindeutig, daß der Wunsch aufrichtiger Menschen, unter gerechten Verhältnissen zu leben, bald in Erfüllung gehen wird!
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