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8. Teil: Der internationale Versuch, die Gesellschaft zu vernichten, scheitertDer Wachtturm 1955 | 15. Juni
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waren, gebundene Bücher von Tür zu Tür zu verbreiten, dazu ungezählte weitere, die Traktate und Flugzettel verteilten und mündlich Zeugnis gabenf. Im April erfolgten weitere von der Geistlichkeit angestiftete Versuche, diese Prediger der Königreichsbotschaft einzuschüchtern. Am 15. April 1918 jedoch erschienen die Kingdom News Nr. 2 und wurden zu Millionen Exemplaren verteilt. Dieser Traktat trug die kühnen Schlagzeilen: „The Finished Mystery [Das vollendete Geheimnis] und weshalb verboten — Geistliche haben dazu beigetragen.“ Die Tatsachen hinsichtlich der Unterbindung des Werkes in Kanada und den Vereinigten Staaten bis zum 15. April wurden der Öffentlichkeit bekanntgegeben und die Bemühungen der Geistlichkeit, die Tätigkeit der Gesellschaft zunichte zu machen, beleuchtet. In Verbindung mit dieser Verbreitung wurde eine Petition in Umlauf gesetzt, die an den Präsidenten Wilson der Vereinigten Staaten gerichtet war:
„Wir, die unterzeichneten Amerikaner, vertreten die Auffassung, daß irgendein Eingriff der Geistlichkeit in das unabhängige Bibelstudium ein unamerikanischer, unchristlicher Akt der Unduldsamkeit ist, und daß irgendein Versuch, die Kirche mit dem Staate zu verbinden, ganz verkehrt ist. Im Interesse der bürgerlichen sowie der Religionsfreiheit protestieren wir feierlich gegen die Unterdrückung des Buches The Finished Mystery und ersuchen die Regierung, alle Einschränkungen in bezug auf seine Verwendung zu beseitigen, damit es den Menschen gestattet sei, dieses Hilfsmittel zum Bibelstudium ohne Einmischung oder Belästigung zu kaufen, zu verkaufen, zu besitzen und zu leseng.“
Am 1. Mai 1918 wurde mit der Verbreitung von Millionen Exemplaren der Kingdom News Nr. 3 begonnen. Dieser Traktat war überschrieben: „Zwei große Schlachten toben — Satans Strategie zum Scheitern verurteilt — Die Geburt des Antichristen.“
Am 7. Mai 1918 wurden vom Bezirksgericht der Vereinigten Staaten für den Ostbezirk von New York Haftbefehle erlassen, um acht Brüder festzunehmen, die mit der Leitung der Gesellschaft und dem Redaktionskomitee verbunden waren. Es waren dies J. F. Rutherford, W. E. Van Amburgh, A. H. Macmillan, R. J. Martin, C. J. Woodworth, G. H. Fisher, F. H. Robison und G. DeCecca. Am nächsten Tage, am 8. Mai, wurden diese Haftbefehle vom US-Marschall Power im Bethel vollstreckt. Kurz nach ihrer Verhaftung wurden die acht Brüder vor das Bundesgericht (federal court) gestellt. Richter Garvin präsidierte, und gegen alle lag eine Anklage vor, deren Zulässigkeit vorher von der Anklagejury entschieden worden warh, gemäß der sich die acht oben Erwähnten
„ungesetzlicher- und verbrecherischerweise verschworen, zusammengetan und verbündet haben und miteinander und mit verschiedenen anderen Personen, die den besagten Gliedern der Anklagejury unbekannt sind, übereingekommen seien, ein gewisses Vergehen wider die Vereinigten Staaten von Amerika zu begehen, nämlich das Vergehen der gesetzwidrigen, verbrecherischen und willentlich verursachten Insubordination, Untreue und Dienstpflichtverweigerung in den Militär- und Flottenstreitkräften der Vereinigten Staaten von Amerika, und dies zu einer Zeit, da sich die Vereinigten Staaten im Kriegszustande befanden … durch persönliche Aufforderungen, Briefe, öffentliche Reden und indem sie in allen Gebieten der Vereinigten Staaten von Amerika ein gewisses Buch, genannt Volume VII Bible Studies The Finished Mystery [Schriftstudien Das vollendete Geheimnis] verbreiteten und öffentlich in Umlauf setzten und gewisse Artikel, die in den Flugschriften, genannt Bible Students Monthly [Schriftforscher], im Watch Tower [Wachtturm], in den Kingdom News [Königreichs-Nachrichten] und in anderen nicht genannten Flugschriften gedruckt wurden, verbreiteten und öffentlich überall in den Vereinigten Staaten in Umlauf setzteni.“
Nachdem den Angeklagten die Anklageschrift vorgelesen worden war, wurden sie gegen eine Bürgschaft von je 2500 Dollar freigelassen, und die Gerichtsverhandlung wurde auf den 3. Juni 1918 angesetzt. In seiner Ausgabe vom 11. Mai 1918 brachte The Tablet (römisch-katholisch), Brooklyn, die aufschlußreiche Meldung:
„Die Königreichs-Nachrichten gelangen in Umlauf. — Gewisse Personen mögen ins Gefängnis kommen. Joseph F. Rutherford und einige seiner Kollegen werden wahrscheinlich ihre Sommermonate in einer Villa verbringen, wo sie bewahrt sein werden vor Pöbelrotten, die sie mit dem Ansuchen belästigen, Liberty Bonds [Kriegsobligationen] zu kaufen … Es ist ganz interessant, zu beachten, daß Rutherford und Konsorten, die ihre Freude daran haben, sich über die [katholische] Kirche lustig zu machen, immer von Regierungsbeamten verfolgt werden. Antikatholizismus und Antiamerikanismus scheinen Zwillinge zu sein.“
Der Prozeß begann am Montag, dem 3. Juni, vor dem Bundesgericht (federal court) in Brooklyn. Eidesstattliche Erklärungen wurden von den acht Angeklagten eingereicht, in denen sie ihre Gründe darlegten für ihre Überzeugung, daß Richter Garvin ihnen und ihrem Werk gegenüber voreingenommen sei. Dadurch wurde der Fall sogleich ohne weiteres an Richter Chatfield überwiesen, der ihn seinerseits an den US-Richter Howe überwies, welcher speziell von Vermont nach Brooklyn gerufen wurde, damit er dem Prozeß vorstehej. Nach einem fünfzehn Tage dauernden Prozeß (der nach späteren Feststellungen über 125 Irrtümer aufwies, von denen das Appellationsgericht schließlich nur einige auswählte, um das ganze Vorgehen als unfair zu verurteilen)k, sprach am Donnerstag, dem 20. Juni, um 22 Uhr das Schwurgericht den Wahrspruch auf „schuldig“. Am nächsten Tag, 21. Juni, gleich nach Mittag, sprach Richter Harland B. Howe das Urteil auf zwanzig Jahre Einkerkerung in der Bundesstrafanstalt in Atlanta, Georgial. Das Gericht verschob das Urteil über Bruder DeCecca bis auf später. Die Tribune, New York, sagte unter dem Datum des 22. Juni 1918:
„Joseph F. Rutherford und sechs von den anderen ‚Russelliten‘, der Übertretung des Spionagegesetzes als schuldig erklärt, wurden gestern durch Richter Howe zu zwanzig Jahren Gefängnis in der Strafanstalt Atlanta verurteilt. Mr. Rutherford sagte auf dem Wege vom Gerichtshof zum Gefängnis: ‚Dieses ist der glücklichste Tag meines Lebens; eine irdische Strafe für Glaubensüberzeugung ist eines der größten Vorrechte, die ein Mensch haben kann.‘ Einer der eigenartigsten Anblicke, wie man solche noch nie gesehen hatte, bot sich in der Marschall-Halle des Brooklyner Bundesgerichts dar, als die Familienangehörigen und intimen Freunde die als schuldig Erklärten nach dem Anklagejury-Saal begleitet hatten. Von der ganzen Versammlung wurde ein Lied angestimmt, so daß es in dem alten Gebäude widerhallte: ‚Gesegnet Band, das bind’t.‘ ‚Es ist Gottes Wille‘, so sagten sie sich gegenseitig mit fast strahlenden Angesichtern. ‚Der Tag wird kommen, an dem man dieses alles verstehen wird. Inzwischen wollen wir dankbar sein für die Gnade Gottes, die uns durch unsere Prüfungen hindurch erhalten hat, und wir wollen vorwärts schauen auf den großen kommenden Tag.‘“ [Der Wachtturm, Dezember 1918, S. 107.]
Zweimal wurde in New York ihre Bitte um die Gewährung einer Bürgschaft gesetzwidrigerweise abgewiesen, und noch ehe eine dritte Anstrengung zur Stellung einer Bürgschaft durch Mithilfe des Obersten Gerichtshofes in Washington abgeschlossen war, wurden die Gefangenen am 4. Juli von New York weg in die Bundesstrafanstalt nach Atlanta, Georgia, abgeführt. Rutherford erwähnt am 3. Juli 1918 in einem später veröffentlichten Briefe folgendes:
„Wir sind darüber benachrichtigt, daß sieben, die in dem vergangenen Jahre der Gesellschaft und ihrem Werke Widerstand entgegenbrachten, bei der Untersuchung zugegen waren und unseren Verfolgern Hilfe leisteten. Wir warnen Euch, Geliebte, vor den schlauen Bemühungen einiger von ihnen, die Euch jetzt umschmeicheln, mit dem Versuch, sich der Gesellschaft zu bemächtigena.“
Ein Exekutivkomitee wurde bestimmt, das der Gesellschaft während der Abwesenheit ihrer gefangengesetzten Beamten vorstehen sollte, und ein Redaktionskomitee von fünf Mitgliedern funktionierte, um weiterhin The Watch Tower [den „Wachtturm“] zu schreiben, von dem während dieser Krisenjahre keine einzige Ausgabe zu erscheinen verfehlteb. Im ganzen Lande hielt die Verfolgung der Bibelforscher in den nächsten Monaten an. Weitere Gefangennahmen, weitere schimpfliche Behandlungen durch die Hände von Pöbelrotten, Razzien in Versammlungslokalen, Verbrennungen von Büchern und fortwährende Verleumdungen durch die Presse und von der Kanzel folgtenc. Wegen des Druckes der Kriegszeit, der verhinderte, daß man die notwendigen Betriebsmaterialien erhielt, wurde es am 26. August 1918 nötig, das Hauptbüro in Brooklyn zu schließen. Man zog in ein Bürogebäude in Pittsburgh, Pennsylvanien, an der Federal- und Reliance-Straße umd. Das Brooklyner Tabernacle-Büro und Versandzentrum war verkauft und das Bethelheim geschlossen worden. So war bis zum Sommer 1918 die einst organisierte laute Stimme der Zeugen für Jehova und sein Königreich zum Schweigen gebracht worden; ihr organisiertes Werk war, bildlich gesprochen, getötet, und todähnliche Untätigkeit erfaßte den einst so tatkräftigen Trupp von Christen. Sie gerieten in die eiserne Knechtschaft ihrer babylonischen Erbeuter.
Am 11. November 1918 endete der erste Weltkrieg plötzlich. Zahlreiche Kriegsgefangene wurden freigelassen, aber für die vielen Bibelforscher, die sich noch im ganzen Lande [USA] in Gefängnissen und Lagern befanden, war keine Freiheit in Sicht. Während der Zeit, da Rutherford und seine sieben Mitverbundenen in der Strafanstalt Atlanta weilten, waren sie emsig dabei, dort drinnen zu predigen. Es wurde ihnen gestattet, im Gefängnis jeden Sonntag Bibelstunden abzuhalten, denen etwa hundert ihrer Mitgefangenen beiwohntene. Am 4. Januar 1919 fand in Pittsburgh eine Hauptversammlung und zugleich eine Körperschaftsversammlung statt, der tausend energische Mitarbeiter beiwohnten, um die Wahl Rutherfords und der anderen als Beamte und Direktionsmitglieder von neuem zu bestätigen. Sie faßten auch eine Resolution, in der sie ihre Überzeugung von der Unschuld der acht eingesperrten Beamten zum Ausdruck brachtenf. Im Februar 1919 wurde im ganzen Lande von gewissen Zeitungen für die Freilassung Rutherfords und seiner Mitverbundenen ein Werbefeldzug begonneng. Ferner schrieben die Freunde der Eingesperrten Tausende von Briefen an Zeitungsredakteure, Kongreßmänner, Senatoren und Gouverneure und drängten auf ein Eingreifen. Viele wurden wachgerüttelt, sich zugunsten der Freilassung auszusprechenh. Dann, im März, machten sich diese Freunde eifrig daran, im ganzen Lande eine Petition in Umlauf zu setzen, die binnen kurzer Zeit von 700 000 Personen unterzeichnet und in der die Regierung ersucht wurde, diesen Falschangeklagten und Eingesperrten Recht widerfahren zu lasseni. Obwohl diese Petition nie unterbreitet wurde, war sie doch „ein Zeugnis für die Wahrheit“ — ein hervorragendes Zeichen für das Wiederaufstehen falsch angeklagter Prediger des Königreiches Jehovasj.
Am 2. März 1919 telegrafierte Harland B. Howe, der Bundesbezirksrichter, der der erste gewesen war, die Bürgschaft zu versagen, nachdem er die Brüder zu Gefängnis verurteilt hatte, dem Generalstaatsanwalt Gregory in Washington auf sein Gesuch hin und ‚befürwortete unverzügliche Strafmilderung‘ für die acht in seinem Telegramm erwähnten Personenk. (Gregorys Rücktritt als Generalstaatsanwalt trat am 4. März 1919 in Kraft.) Aber dieses Manöver, das den Rückzug ihrer Appellation verursachen sollte, schlug fehl. Statt dessen wurde am 21. März 1919 unter der Direktion des US-Richters vom Obersten Gerichtshof, Louis D. Brandeis, durch ein Bundes-Kreisgericht von drei Richtern in New York eine Bürgschaft für die acht Brüder angeordnet und auch verfügt, daß sie nun zur Appellationsverhandlung am 14. April von Atlanta nach New York versetzt wurden. Am darauffolgenden Dienstag, dem 25. März, verließen sie Atlanta, um sich im Zug nach Brooklyn zu begeben, wo sie am 26. März in aller Form zur Bürgschaft zugelassen wurden, und zwar jeder zu 10 000 Dollar, worauf ihre Freilassung erfolgtel. Bankettempfänge erwarteten sie zuerst bei ihrer Ankunft in Brooklyn und später, als sie sich der glücklichen Bethelfamilie, die damals vorübergehend in Pittsburgh war, wieder anschlossen.
(Fortsetzung folgt)
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Biblische MaßeDer Wachtturm 1955 | 15. Juni
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Biblische Maße
EIN Studium des Maßsystems, das in Palästina verwendet wird, bietet viele Schwierigkeiten. Da das Land nacheinander von Ägypten, Assyrien, Babylon, Medo-Persien, Griechenland und Rom beherrscht wurde, wurden neue Maßsysteme eingeführt, und aus diesem Grunde gibt es so viele verschiedene Arten von Gewichten und Maßen, die Archäologen ausgegraben haben1. Obwohl verschiedene Ansichten über die bezüglichen genauen Werte herrschen mögen, werfen doch die vorhandenen Aufschlüsse auf Schrifttexte, die sich auf Maße beziehen, ziemlich viel Licht.
Das in Babylon herrschende System war ein Sexagesimalsystem, indem es sich auf die Zahl sechzig stützte; unsere Zeiteinteilung ist noch ein Zeichen davon, da sie sich bis in unsere Tage hinein erhalten hat. Das ägyptische System war offenbar ein Dezimalsystem. Die hebräischen Maße hielten sich weder ausschließlich an dieses noch an jenes, sondern waren statt dessen eine Verbindung von Systemen2.
LÄNGENMASSE
Die Hebräer und einige Nachbarvölker benutzten ein System, das offenbar vom menschlichen Körper hergeleitet ist: Finger, Hand, Arm, Spanne, Fuß und Schritt werden als Maße verwendet3. Augenscheinlich sind diese bei jeder Person anders; so wurde ein Standardsatz von Maßen für den allgemeinen Gebrauch nötig. Das Ergebnis war die Verwendung der „Fingerbreite“, die fast 2 cm betrug, indem die Breite des Fingers als Maß verwendet wurde. Gemäß rabbinischer Tradition machte diese sieben Gerstenkörner aus, die Seite an Seite gelegt werden. Vier Fingerbreiten waren eine „Handbreite“, drei Handbreiten eine „Spanne“ (die Entfernung von der Daumenspitze bis zum kleinen Finger, wenn gespreizt), und zwei Spannen bildeten eine „Elle“, wie jüdische Autoritäten sie nennen. Dann gab es noch den „Schritt“, der ähnlich ist wie das englische Yardmaß (0,91 m), und die „Rute“, die aus sechs langen Ellen bestand; dann ein Stadion oder den achten Teil einer Meile, d. h. die Achtelmeile4 (ca. 185 m).
Es ist viel darüber gesprochen worden, wie lang die Elle gewesen sein möge. Einige treten für drei verschiedene Ellen von verschiedener Länge ein. Einige haben behauptet, daß sie vom Ellenbogen bis zur Spitze des Mittelfingers gemessen werden sollte oder vielleicht bis zum Fingerwurzel- oder zum Handgelenk oder von der Achselhöhle bis zur Spitze der ausgestreckten Finger5. Eine solche Verschiedenheit im Gebrauch scheint aber nicht angenommen werden zu müssen, und The Westminster Dictionary of the Bible, das im Jahre 1944 erschienen ist, weist darauf hin, daß sie wahrscheinlich „etwa 18 [engl.] Zoll“ (45,7 cm) oder etwa sechs Handbreiten gewesen sei6. Diese war allgemein in Gebrauch, und war wahrscheinlich die ältere der zwei verwendeten Ellen, da die Länge der zweiten ‚eine Elle und eine Handbreite‘ maß. (Hes. 40:5, Fußn.) Auch die Ägypter hatten eine ähnliche Einrichtung mit einer gewöhnlichen und einer königlichen Elle, die um ein Sechstel länger war, doch gebrauchten sie diese,
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