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Die Doppelverdienerehe — Eine lange GeschichteErwachet! 1985 | 8. Mai
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Jahrhundertelang arbeiteten Mann und Frau in wirtschaftlicher Hinsicht als Partner zusammen. Die Arbeit konzentrierte sich aber auf die häusliche Umgebung. Dann kam die industrielle Revolution, und Männer suchten in den Fabriken der Großstädte Arbeit. Diese Abkehr von der Arbeit auf dem Bauernhof bewirkte, daß Männer „außerhalb des häuslichen Bereiches arbeiteten — in Berufen, die nicht die Beteiligung von Frau oder Kind erforderten“. Was war die Folge? Frauen wurden nach der Meinung einiger zu einer „wirtschaftlichen Verpflichtung“ (Scientific American).
Allerdings brachte die Industrialisierung ein gewisses Maß an Wohlstand mit sich. Und während sich die westlichen Länder von der Wirtschaftskrise und dem Zweiten Weltkrieg erholten, strebten viele Familien eifrig einen höheren Lebensstandard als Ziel an. Eine Zeitlang war es einigen Männern aufgrund der hohen Löhne, der niedrigen Preise und der leicht erhältlichen Kredite möglich, für ihre Familie ein Haus und ein Auto zu beschaffen — und sogar einiges aus dem erstaunlichen Angebot neuer Produkte, die den Leuten nun schmackhaft gemacht wurden.
Der Traum vom höheren Lebensstandard erwies sich für viele jedoch als eine tückische Falle, als die Inflation ins Rollen kam. Wie der Autor Marvin Harris schreibt, fanden es Eltern schon in den 60er Jahren „zunehmend schwerer, einen mittleren Lebensstandard zu erreichen und beizubehalten“. Zur Veranschaulichung: Der durchschnittliche Kaufpreis für ein neues Einfamilienhaus betrug 1965 in den Vereinigten Staaten 20 000 US-Dollar. Bis zum zweiten Quartal im Jahre 1984 war der Preis auf etwa 100 000 US-Dollar gestiegen! Die Kosten für Lebensmittel und Kleidung gerieten ebenfalls außer Kontrolle. Daher begannen die Frauen, in Scharen auf den Arbeitsmarkt zu strömen.
„Wir brauchten einfach mehr Geld“
Richard und Carol (schon zu Beginn erwähnt) haben ein behagliches, doch — gemessen am US-Standard — bescheidenes Zuhause. Aber wie viele andere Ehepaare blieben auch sie nicht von den Auswirkungen der Inflation verschont. Carol sagt: „Wir brauchten einfach mehr Geld, um unsere Rechnungen zu bezahlen. Ich erkannte, daß Richard nicht viel mehr Geld verdienen konnte, als es damals der Fall war. Daher hatte ich wirklich keine andere Wahl, als ganztägig arbeiten zu gehen.“ Nein, die Philosophie der Frauenbewegung war nicht der Hauptgrund, warum Frauen in das Berufsleben eintraten. Wenn man Ehepaare fragt, warum beide berufstätig sind, werden die meisten antworten: „Weil wir das Geld brauchen!“ (Siehe Seite 5.)
Einigen Frauen ist es nicht recht, daß sie durch den Beruf aus dem häuslichen Bereich gerissen werden. „Die Berufstätigkeit bringt mich noch um“, klagt eine Frau. Es gibt andererseits viele, die es begrüßen, berufstätig zu sein. „Ich gehe sehr gern arbeiten“, sagt eine Frau, die in einer Möbelausstellungshalle die Aufsicht führt. „Ich bin einfach keine Hausfrau.“ In die Höhe schnellende Scheidungsraten und die Vorstellung, womöglich einmal Witwe zu sein, haben ebenfalls dazu beigetragen, Frauen auf den Arbeitsmarkt zu locken. „Ich hätte große Angst, wenn ich nicht berufstätig wäre“, sagt eine Frau. „Mit 22 Jahren verlor ich meinen ersten Mann ... Nun habe ich ständig den Gedanken im Sinn, daß ich, falls Stephen sterben oder mit einem jungen Ding davonlaufen würde, ohne Arbeit in einer äußerst mißlichen Lage wäre.“
Die meisten berufstätigen Ehepaare hingegen haben lediglich das Bestreben, sich in finanzieller Hinsicht über Wasser zu halten. Vor welchen Problemen stehen sie zum Beispiel, und wie können sie sie erfolgreich anpacken?
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Die Doppelverdienerehe — Ihre ProblematikErwachet! 1985 | 8. Mai
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Die Doppelverdienerehe — Ihre Problematik
„ICH denke, der Mann sollte zur Arbeit gehen und das Geld nach Hause bringen“, erklärt ein Mann, „und wenn er mit der Arbeit fertig ist, sollte er sich hinsetzen und sich für den Rest des Tages ausruhen.“ Doch trotz dieser offensichtlich ausgeprägten Einstellung geht seine Frau arbeiten.
Viele Männer befinden sich in einem ähnlichen Widerstreit der Gefühle: wirtschaftliche Notwendigkeit auf der einen Seite, eingewurzelte Vorstellungen über Männlichkeit auf der anderen Seite. Die Soziologin Lillian Rubin sagt: „In einer Gesellschaft, in der die Leute wie rasend nach dem Erwerb von Gütern streben, in der das Selbstwertgefühl eines Mannes und die Definition von Männlichkeit von seiner Fähigkeit abhängen, diese Güter zu beschaffen, fällt es ihm schwer, sich einzugestehen, daß die Familie tatsächlich auf das Einkommen der Frau angewiesen ist, wenn sie
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