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  • Der Unterschied zwischen Mann und Frau
    Erwachet! 1982 | 8. August
    • Der Unterschied zwischen Mann und Frau

      SEIT etwa sechstausend Jahren bewohnen Männer und Frauen gemeinsam den Planeten Erde. Sie haben miteinander Kinder großgezogen, gearbeitet, sich vergnügt und Ungemach erduldet. Aber in den meisten Gesellschaften und fast zu allen Zeiten sind die Frauen anders behandelt worden als die Männer. Manchmal hat man sie umsorgt und beschützt. Häufiger aber sind sie wie das Eigentum des Mannes behandelt oder als minderwertig betrachtet worden. Warum?

      Charles Darwin stellte die Theorie auf, daß die Frau geistig unter dem Mann stehe. Gustave Le Bon, einer seiner Zeitgenossen, sah in der Frau „die niedrigste Form menschlicher Evolution“. Heute würde kaum jemand eine solche Meinung teilen. Die Geschlechter sind jedoch verschieden. Inwiefern? Und bedeutet die Verschiedenheit, daß das eine Geschlecht minderwertiger ist als das andere?

      Körperliche Unterschiede

      Einige der körperlichen Unterschiede zwischen Mann und Frau sind offensichtlich. Die Frau ist für die Mutterschaft, der Mann für die Vaterschaft geschaffen, und der Körperbau der beiden Geschlechter spiegelt diese Tatsache wider. Aber es gibt noch andere Unterschiede.

      ● Fast überall werden die Frauen älter als die Männer. Interessanterweise kommen aber auf je 130 Jungen, die gezeugt werden, nur 100 Mädchen. Neun Monate später zeigt es sich, daß im Verhältnis weniger männliche als weibliche Embryos überlebt haben: Auf je 100 Mädchen werden 106 Jungen geboren. Im Jugendalter übersteigt die Zahl der Mädchen die der Jungen.

      ● Der Mann hat breitere und muskulösere Schultern sowie längere und kräftigere Arme und Beine, ein größeres Herz und eine größere Lunge. Bei den meisten sportlichen Disziplinen überflügeln daher die Männer die Frauen. Im Unterkörper haben die Frauen aber fast genausoviel Kraft wie die Männer. Die Frauen schwitzen nicht so stark wie die Männer, ihre Schweißdrüsen sind anders verteilt, und ihre Schweißabsonderung ist äußerst rationell, was dazu beiträgt, daß sie ausdauernder sein können. Die im weiblichen Körper gespeicherten Fettreserven geben ihm im Wasser mehr Auftrieb und machen ihn unempfindlicher gegen Kälte. Das hat zur Folge, daß die Frauen im Langstreckenschwimmen bessere Leistungen zeigen als die Männer.

      Die Männer sind also körperlich kräftiger als die Frauen, die Frauen dagegen sind ausdauernder. Wie steht es mit anderen Unterschieden?

      Andere Unterschiede

      Denken Mann und Frau von Natur aus unterschiedlich? Das ist ein heikles Thema, weil viele der Meinung sind, falsche Auffassungen auf diesem Gebiet hätten zur Unterdrückung der Frauen geführt. Viele Forscher sagen jedoch, daß solche Unterschiede bestehen.

      ● Gewöhnlich sind die Mädchen mit den Händen geschickter als die Jungen. Sie lernen schneller sprechen, sprechen fließender und lernen Sprachen leichter als Jungen. Sie können sich mehr merken und verfügen über Intuition. Auch eignen sich die Frauen vielfach besser für Klein- und Routinearbeiten.

      ● Männer sind besser in Mathematik, in technischen Belangen und in analytischem Denken. Auch sind sie den Frauen im räumlichen Vorstellungsvermögen überlegen.

      ● Viele Frauen sagen, sie könnten ihre Gefühle nicht so gut kontrollieren wie die Männer — einige bestreiten das allerdings.

      Natürlich trifft das alles nicht in jedem Fall zu. Es gibt unter den Männern Sprachbegabte, und es gibt Frauen, die auf dem Gebiet der Mathematik Ausgezeichnetes leisten. Und wer schon einmal beobachtet hat, wie sich eine Krankenschwester in einem Notfall verhält, weiß, daß nicht jede Frau nur von Gefühlen geleitet wird. Viele Frauen bewahren auch unter Streß einen kühlen Kopf und ihre Leistungsfähigkeit. Wie viele Männer bewahren stets einen kühlen Kopf, denken stets logisch und sind stets beherrscht?

      Was bewirkt die Unterschiede? Viele sind der Meinung, die Geschlechter seien sowohl innerlich als äußerlich unterschiedlich geschaffen. Sie sagen, männliche oder weibliche Hormone würden bewirken, daß das Gehirn — nicht nur der Körper — in männlicher oder weiblicher Weise funktioniere. Andere behaupten, die Unterschiede zwischen Mann und Frau seien eine Folge der Erziehung, die Jungen und Mädchen genießen würden. Wieder andere meinen, daß beides eine Rolle spiele: Die unterschiedliche Erziehung von Jungen und Mädchen verstärke die Wirkung, die die Hormone auf das Gehirn hätten. Unterschiede bestehen, ganz gleich, wie man sie erklären mag.

      Aus diesem Grund sind die Frauen auch nicht immer gut behandelt worden. Häufig hat man sie ausgenutzt und ihnen nur begrenzte Freiheit gewährt. Wir möchten nun einige Beispiele kennenlernen.

  • Frauen — Menschen zweiter Klasse?
    Erwachet! 1982 | 8. August
    • Frauen — Menschen zweiter Klasse?

      IN EINEM asiatischen Land, in dem nach dem Gesetz Mann und Frau gleiche Rechte haben, mußte sich vor einiger Zeit ein Mann vor Gericht verantworten. Er war des Mordes an seiner Frau, die Ehebruch begangen hatte, angeklagt und wurde für schuldig befunden. Die Strafe? Sie wurde zur Bewährung ausgesetzt. Kurz danach stand eine Hausfrau vor dem gleichen Richter. Sie war angeklagt, ihren Mann umgebracht zu haben, weil dieser dauernd fremdgegangen war. Der Richter sprach sie schuldig und verurteilte sie zu 15 Jahren Freiheitsentzug!

      Viele Frauen beklagen sich, daß man sie oft als Bürger zweiter Klasse betrachte, daß man ihnen nicht die gleichen Rechte, den gleichen Schutz und die gleiche Behandlung gewähre wie den Männern. Es ist eine traurige Wahrheit, daß die Frauen in vielen Ländern weit weniger geachtet und geschätzt werden als die Männer. Ein Beispiel ist die obige Erfahrung. Es gibt aber noch viele weitere.

      Bei gewissen Beduinen ist es beispielsweise üblich, daß ein Freund dem Vater die Nachricht von der Geburt eines Kindes überbringt. Ist es ein Junge, dann ruft der Freund dem Vater ein Wort zu, das „gute Nachricht“ bedeutet. Der Überbringer der Nachricht erhält gewöhnlich ein kleines Geschenk, auch opfert der Vater ein Schaf oder veranstaltet ein Fest, sofern er es sich leisten kann. Wird dagegen ein Mädchen geboren, ruft der Bote nicht „gute Nachricht“, auch erhält er keine Belohnung, und es wird kein Fest veranstaltet. Bei diesem Stamm ist es auch Sitte, daß die älteren Männer zuerst essen, dann die jüngeren und die Knaben, und ganz zuletzt kommen die Frauen und die Mädchen an die Reihe.

      Es gibt Länder, in denen die Frauen nicht Auto fahren dürfen. Auch ist es ihnen nicht erlaubt, ohne Einwilligung ihres Mannes oder desjenigen, der für sie verantwortlich ist, eine Reise zu unternehmen, und selbst wenn sie die Erlaubnis dazu haben, dürfen sie es nur in Gesellschaft von Verwandten tun. Ferner dürfen sie weder mit Männern geselligen Umgang pflegen noch eine Arbeit verrichten, bei der sie mit Männern Kontakt haben. Und obschon es den Frauen obliegt, die Kinder zu erziehen, versagt man ihnen jegliche Schulbildung.

      Traurig ist auch folgender Bericht. In Indien, dem zweitvolkreichsten Staat der Erde, „kommt es heutzutage nicht selten vor, daß man in der Kanalisation, im Wald oder am Eingang eines Tempels oder eines Findelhauses Babys findet, die von ihren Müttern ausgesetzt worden sind. Auf fünf ausgesetzte Mädchen kommt ein ausgesetzter Junge. Krankenschwestern, die schon viele Jahre in staatlichen Krankenhäusern arbeiten, berichten, daß der Wunsch, neugeborene Mädchen loszuwerden, so stark ist, daß manche Mütter gezwungen werden müssen, ihr Kind zu stillen. Dieser Wunsch treibt Eltern sogar dazu, ihr Neugeborenes zu töten, wenn es ein Mädchen ist“ (India Today, 1.—15. August 1980).

      In diesem Land gelten die Mädchen als eine wirtschaftliche Belastung; deshalb sind die Eltern bei der Geburt eines Mädchens so bestürzt. Sie zu verheiraten kostet viel Geld, und als Verheiratete sind sie ihren Schwiegereltern auf Gnade und Ungnade ausgeliefert. Daß sehr viele Frauen unglücklich sind, zeigt eine vor kurzem in einer Zeitung erschienene Schlagzeile: „In Indien steigen die Selbstmordfälle unter den Frauen in alarmierendem Maße“.

      Natürlich werden die Frauen nicht in allen Ländern unterdrückt. Es gibt Länder, in denen sie sehr viel Einfluß ausüben und fast die gleichen Rechte besitzen wie die Männer. Sogar in Ländern, in denen noch keine Gleichberechtigung besteht, sind ihre Rechte oft geschützt. Dennoch gibt es Millionen Frauen, die außerordentlich benachteiligt sind. In manchen Ländern müssen die Frauen sehr schwer arbeiten.

      Wer arbeitet mehr?

      In vielen der ärmeren Länder bewältigen die Frauen den größten Teil der Arbeit, die der Nahrungsmittelerzeugung dient. Aus einer von den Vereinten Nationen in einer afrikanischen Region durchgeführten Studie geht hervor, daß die Männer im Jahr durchschnittlich 1 800 Stunden Feldarbeit leisten, während sie andere Arbeiten kaum verrichten. Die Frauen dagegen arbeiten im Durchschnitt 2 600 Stunden jährlich auf den Feldern, und wenn sie von dort zurückkommen, wartet noch die tägliche Hausarbeit auf sie.

      Die Frauen in jener Gegend arbeiten somit durchschnittlich acht Stunden täglich (fast jeden Tag, 52 Wochen im Jahr), ehe sie sich ihrer Hausarbeit — Kochen, Waschen, Putzen usw. — zuwenden können, die sie natürlich ohne moderne technische Hilfsmittel bewältigen müssen. In Afrika verrichten Frauen 60 bis 80 Prozent der Feldarbeit, 50 Prozent der mit der Viehwirtschaft verbundenen Arbeit und 100 Prozent der Arbeiten, die mit der Weiterverarbeitung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse zu tun haben.

      Eine Untersuchung in einem asiatischen Dorf ergab, daß die Frauen täglich im Durchschnitt 16 Stunden arbeiten. Bei jüngeren Frauen kommen dann noch Schwangerschaft, Geburten und das Stillen hinzu — Aufgaben, die schon an und für sich mühsam genug sind.

      Die Unterstützung, die das Ausland den armen Ländern gewährt, vergrößert dieses Problem offenbar nur noch, denn vielfach betrifft die Hilfe Arbeiten, die stets von Männern verrichtet werden. So erhielt ein afrikanisches Land 100 Traktoren, aber nur eine Unkrautjätmaschine. Die Folge? Die Zeit für das Pflügen — Männerarbeit — wurde drastisch reduziert, während die Zeit für das Aussäen und Jäten — Frauenarbeit — entsprechend länger wurde. Anscheinend brauchen viele Frauen die ihnen angeborene Zähigkeit nur, um am Leben zu bleiben!

      In den ärmeren Ländern ist das Leben natürlich für jeden hart. Es herrscht bitteres Elend, viele sind unterernährt, manche leiden an furchtbaren Krankheiten, und die Unwissenheit ist groß. Häufig sind Männer und Frauen Gefangene bedrückender Traditionen, die sie daran hindern, menschlicher und vernünftiger miteinander umzugehen. Unbestreitbar haben die Frauen jedoch sehr häufig die schwere Last zu tragen. Unter diesen schwierigen Bedingungen tagaus, tagein seine Pflicht zu tun ist schon an sich eine Leistung.

      Aber wie ergeht es den Frauen in den Ländern, in denen sie nicht so schwer arbeiten müssen?

      [Kasten auf Seite 6]

      Lehrt die Bibel, daß die Frau von Natur aus minderwertiger ist als der Mann?

      Nein. Adam sagte von Eva: „Dies ist endlich Bein von meinem Gebein und Fleisch von meinem Fleisch“ (1. Mo. 2:23). Eva war Adams „Gegenstück“ (1. Mo. 2:18).

      Viele der in der Bibel erwähnten Frauen vollbrachten Leistungen, die Intelligenz verlangten. Hulda war eine Prophetin, die von König Josia befragt wurde (2. Chr. 34:22). Debora prophezeite nicht nur, sondern richtete außerdem das Volk Israel (Ri. 4:4, 5). Abigail gab David, als schon feststand, daß er König werden wurde, einen Rat. Er befolgte ihn und blieb vor Blutschuld bewahrt (1. Sam. 25:23-35). Von einer „tüchtigen Ehefrau“ wird gesagt, sie sei geschickt im Einkaufen, sie organisiere und leite einen großen Haushalt, stelle einen Haushaltsplan auf, plane für die Zukunft, beschäftige sich mit Handel, kaufe Grundstücke, organisiere erfolgreich landwirtschaftliche Unternehmungen und besitze die Eigenschaft der Weisheit (Spr. 31:10-31).

      In den letzten Tagen sollten Frauen wie Männer heiligen Geist empfangen und die Gabe des Prophezeiens (Joel 2:28). Zu den ersten Gliedern der Christenversammlung gehörten auch Frauen, und sie sollten eine wichtige Rolle in der Verkündigung der „guten Botschaft“ spielen (Apg. 1:14; 2:4; Ps. 68:11).

  • Frauen in wohlhabenderen Ländern
    Erwachet! 1982 | 8. August
    • Frauen in wohlhabenderen Ländern

      IM VERGANGENEN Jahrhundert teilten die meisten Männer in Europa und Amerika die Meinung Charles Darwins, daß die Frauen weniger intelligent seien als die Männer. Deshalb gewährte man ihnen nur eine begrenzte Freiheit. Ihre Ausbildungsmöglichkeiten waren beschränkt, und sie besaßen kein Wahlrecht. Waren sie verheiratet, verwaltete der Mann das Geld; auch die meisten Berufe waren ihnen verschlossen (allerdings arbeiteten arme Frauen viele Stunden in Fabriken für einen geringeren Lohn als die Männer). Man verlangte von ihnen, daß sie keusch in die Ehe gingen, während das von den Männern nicht immer erwartet wurde.

      Dann rebellierten die Frauen. Nach jahrelangem Kampf wurde ihnen schließlich das Wahlrecht zugestanden. Anschließend fielen auch andere Schranken. Sie erhielten bessere Bildungsmöglichkeiten und durften Berufe erlernen, die früher ausschließlich den Männern vorbehalten waren. Heute gibt es weibliche Politiker, Richter, Ärzte, Rechtsanwälte, Mechaniker, Leistungssportler, Wissenschaftler, Firmendirektoren, Soldaten und Polizisten. Die willfährige Gesellschaft erlaubt ihnen, genauso „unkeusch“ zu sein wie die Männer, wenn sie das wollen.

      Allerdings gibt es immer noch gewisse Berufe, in die Frauen nur schwer eindringen, und auch heute noch verdient die Frau im Durchschnitt nur zwei Drittel von dem, was der Mann verdient. Außerdem leiden manche Frauen immer noch unter der Brutalität der Männer. Sie werden von ihren Männern verlassen und sind dann gezwungen, die Kinder allein großzuziehen. Oder sie müssen hart arbeiten, um die Familie zusammenzuhalten, während der Mann dem Alkohol, dem Glücksspiel oder anderen Lastern frönt. Zahllose Frauen werden auch vergewaltigt, und viele Ehefrauen werden von ihren Männern verprügelt. Die Verfechter der Frauenrechte und andere setzen daher ihr Bemühen um eine Besserung der Situation der Frau fort.

      Obwohl weitergekämpft wird, läßt sich nicht bestreiten, daß den Frauen jetzt in einer Welt, die früher ausschließlich als eine „Männerwelt“ galt, viele Möglichkeiten offenstehen. Zum Teil ist das auf die Tatsache zurückzuführen, daß die verheiratete Frau zum erstenmal in der Geschichte bis zu einem gewissen Grad die Zahl der Kinder, die sie haben möchte, selbst bestimmen kann, ja sie kann sogar entscheiden, ob sie Kinder haben oder ihr Leben einem Beruf widmen möchte.

      Viele sind dankbar für die größere Freiheit. Aber sie hat der Frau im 20. Jahrhundert auch neue Probleme gebracht.

      Wie weiß man ...?

      Eine Studentin, die gerade das Studium an der Princeton University aufgenommen hatte, sagte: „Ich möchte gern Mutter werden. Aber ich möchte auch einen Beruf ausüben. Das ist eine schwere Entscheidung.“ Ein anderes Mädchen drückte sich wie folgt aus: „Es ist jetzt fast noch schwieriger, weil man die Wahl hat. Man möchte richtig entscheiden. Man möchte glücklich werden. Aber wie soll man wissen, was einen glücklich macht?“ (New York Times).

      Wie lösen die Frauen dieses Problem? Viele geben ihren Beruf auf, bleiben zu Hause und ziehen Kinder groß. Eine Frau sagte: „Für mich sind die Kinder immer noch das Wichtigste. Ich verzichte vorläufig darauf, in meinen Beruf zurückzugehen, weil die Kinder nach meiner Ansicht der wichtigste Beitrag sind, den ich der Gesellschaft leisten kann.“ Einige, die sich so entschieden haben, beklagen sich jedoch, weil man sie geringschätzig als „Nur-Hausfrauen“ abstempelt.

      Andere entscheiden sich für den Beruf. Sie glauben, daß der von ihnen angestrebte Beruf sie befriedige, und verzichten seinethalben auf Kinder. Wieder andere Frauen versuchen beides: Kinder aufzuziehen und ihren Beruf weiter auszuüben. Wie ist ihnen das möglich? Die Leiterin einer Werbeagentur antwortete darauf: „Es läßt sich machen, nur muß man damit rechnen, dauernd müde zu sein.“

      Die Wahl ist nicht leicht. Aber selbst wenn sich eine Frau für einen interessanten Beruf entscheidet, hören damit ihre Probleme nicht auf.

      Sie zahlen einen Preis

      Die Psychoanalytikerin Dr. Ruth Moulton schrieb: „Mehrere meiner Patientinnen leiden an Magengeschwüren — eine Erkrankung, die früher fast nur unter den Männern verbreitet war. Eine ganze Anzahl klagt über Migräne. Ferner leiden heute viel mehr an allergischen Krankheiten, besonders an Bronchialasthma, bei dem Husten und pfeifendes Atmen durch Kummer und Sorgen verschlimmert werden.“

      Der Endokrinologe Dr. Hans Selye erklärte: „Je mehr Frauen Berufe ausüben, die früher den Männern vorbehalten waren, desto mehr Frauen bekommen sogenannte Männerkrankheiten wie Herzinfarkte, Magengeschwüre und Bluthochdruck. Ihr Beruf erfüllt sie mit der gleichen Befriedigung, aber zu welchem Preis!“ (Sunday News Magazine, New York).

      Somit müssen Frauen, die einen typischen Männerberuf ausüben, damit rechnen, auch an einem typischen Männerleiden zu erkranken.

      Ist das wirklich Freiheit?

      Die neue Freiheit wirkt sich auch auf andere Weise nachteilig für die Frau aus. Die willfährige Gesellschaft ermuntert sie, die „altmodischen“ Sittenmaßstäbe aufzugeben und freizügiger zu werden. Durch die heutigen Methoden der Empfängnisverhütung ist die Gefahr einer unerwünschten Schwangerschaft (bis zu einem gewissen Grad) gebannt, und die moderne Medizin verfügt über Mittel, mit denen sie Geschlechtskrankheiten (in begrenztem Maß) heilen kann. Aber junge Frauen haben die Erfahrung gemacht, daß die Unmoral noch andere Probleme mit sich bringt. Sie fordert auch einen emotionalen Tribut.

      Eine Rubrikjournalistin meinte scharfsinnig: „Ich denke, daß es für junge Mädchen nicht gut ist, mit verschiedenen Männern zu schlafen, denn ich halte junge Mädchen für nette, idealistische und warmherzige Geschöpfe, die sich als Menschen entwickeln sollten und die nicht ausgebeutet werden dürfen.“ Sie fuhr fort: „Eine Frau sollte das Gefühl haben, wegen ihrer Persönlichkeit und nicht nur wegen ihrer Sexualität geschätzt zu werden ... Wenn sie ständig den Partner wechselt, wird sie schließlich gefühllos“ (Sunday Telegraph, London).

      Je mehr Frauen berufstätig werden, desto größer wird auch die Gefahr der sexuellen Belästigung. In den Vereinigten Staaten meldeten „über 50 Prozent der Frauen [die in einem Ministerium arbeiteten] ..., daß sie sexuell belästigt wurden“. Diese Belästigungen reichten von einem lüsternen Blick bis zur Vergewaltigung (New York Times).

      Noch zwei weitere Probleme sollen erwähnt werden. Wenn eine Frau, die in ihrem Beruf erfolgreich ist, mehr verdient als ihr Ehemann, mag er sich in seiner Stellung als Herr im Haus nicht mehr sicher fühlen. Das kann die Ehe schwer belasten. Aus diesem Grund gab eine Frau, die als Grundstücksmaklerin erfolgreich tätig war, ihre Arbeit auf.

      Das zweite Problem? „Selbst Frauen, die voll berufstätig sind, tragen die Hauptlast sowohl der Hausarbeit als auch der Kinderbetreuung. Und obschon anders geredet wird, ergeht es den Frauen sämtlicher Gesellschaftsschichten so. Man könnte ohne weiteres sagen, daß die Frauen heute unfreier sind als vor 40 Jahren“ (The Guardian, London).

      Wahrscheinlich würden es viele Frauen vorziehen, zu Hause zu bleiben. Wenn sie aber mitverdienen müssen, weil der Lohn des Mannes nicht ausreicht, und außerdem den ganzen Haushalt allein machen müssen, haben sie eine schwere Last zu tragen.

      Wer ist schuld?

      Obwohl es den Frauen heute in mancher Hinsicht bessergeht als früher, haben sie immer noch viele Probleme. Warum?

      An vielem sind natürlich die Männer schuld. Es sind Männer, die die „Werke des Fleisches“ verüben, indem sie junge Kolleginnen belästigen oder gar vergewaltigen (Gal. 5:19). Es sind Ehemänner, die „eigenliebig“ und „ohne natürliche Zuneigung“ sind, die die Frauen ausnutzen oder sogar schlagen (2. Tim. 3:2, 3). Andere Männer sind gedankenlos und machen sich vielleicht gar keine Vorstellung, wie schwer Hausarbeit ist und wie froh die Frau wäre, wenn sie etwas Hand anlegen würden.

      Vielfach sind aber auch die Traditionen und die Kultur eines Volkes daran schuld. Zum Beispiel ist es eine traditionelle Ansicht, daß gewisse Arbeiten nur vom Mann, andere dagegen nur von der Frau verrichtet werden sollten. Deshalb ist es manchen Männern peinlich, bei der Hausarbeit mitzuhelfen oder eine Feldarbeit zu tun, die als „Frauenarbeit“ gilt, aus Furcht, ausgelacht zu werden.

      Aber die heutige Welt ist ebenfalls zum Teil schuld an den Problemen. Sie ist verantwortlich für den Streß, der bei berufstätigen Frauen (und Männern) zu Magengeschwüren führt. Auch hat die moderne Welt den Frauen die „sexuelle Freiheit“ beschert, der junge Frauen zum Opfer fallen, weil sie Angst haben, nein zu sagen. Ferner wird ein Auge zugedrückt, wenn Kollegen ihren Kolleginnen gegenüber aufdringlich werden. Und außerdem bringt die moderne Welt die Frauen in die Lage, zwischen zwei Möglichkeiten, die beide für sie begehrenswert erscheinen, wählen zu müssen.

      Lassen sich diese Probleme lösen? Ja gewiß. Wir möchten jetzt Frauen vorstellen, denen das gelungen ist.

  • Probleme und Perspektiven der Frau im 20. Jahrhundert
    Erwachet! 1982 | 8. August
    • Probleme und Perspektiven der Frau im 20. Jahrhundert

      CONSUELO stammt aus Puerto Rico und ist seit neun Jahren verheiratet. Was die Probleme der heutigen Frauen betrifft, so vertritt sie die Auffassung, daß die Ratschläge der Bibel noch immer besser sind als die der Welt.

      Zu dem Thema „Gleicher Lohn für Mann und Frau“ sagte Consuelo: „Wenn eine Frau die gleichen Qualifikationen aufweist wie ein Mann und ebenso fleißig arbeitet wie er, sollte sie wahrscheinlich schon den gleichen Lohn bekommen. Ich verstehe, warum einige Frauen verbittert sind. Aber ich betrachte die Sache etwas anders.

      Für mich ist das Geld, das ich verdiene, nicht das Wichtigste im Leben. Nach meinen Begriffen arbeitet man, weil man entweder Geld benötigt oder der Überzeugung ist, die Arbeit, die man verrichte, sei nützlich. Wenn ich aus dem ersten Grund arbeite und so viel verdiene, daß ich leben kann, bin ich zufrieden. Die Bibel sagt warnend: ,Die aber, die entschlossen sind, reich zu werden, fallen in Versuchung und in eine Schlinge’ (1. Tim. 6:9).

      Wenn man sich mit anderen vergleicht, wird man immer jemanden finden, dem es bessergeht. Es kommt häufig vor, daß die Männer mehr verdienen als die Frauen. In Amerika jedoch verdienen die Frauen mehr als in den meisten anderen Ländern die Männer und die Frauen. Man wird zufriedener, wenn man sich nicht mit denen vergleicht, denen es bessergeht, sondern mit denen, denen es schlechter geht.

      Würde ich dagegen eine Arbeit verrichten, die ich als befriedigend und nützlich ansähe, würde das Geld für mich keine so wichtige Rolle spielen.“

      Laß dich nicht verführen

      Christinnen wissen, daß sich die sogenannte sexuelle Revolution in Wirklichkeit nur zum Schaden der Frau auswirkt. Die Unterhaltungsbranche verleitet die Männer zu der Auffassung, daß die Frauen unsittlich sein möchten, und die Frauen, daß sie unsittlich sein müßten, wollten sie als normal erscheinen. Ein Christ kennt jedoch die Grenzen. Die Bibel sagt: „Das ist, was Gott will ..., daß ihr euch der Hurerei enthaltet“ (1. Thes. 4:3). Eine Frau, die diesen Rat befolgen möchte, muß vielleicht lernen, nein zu sagen. So erspart sie sich die schlimmen Folgen der Promiskuität. Und außerdem ist sie dann Gott wohlgefällig.

      Was ist zu dem Problem der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz zu sagen? Connie machte die Erfahrung, daß ein christliches Benehmen diesbezüglich ein Schutz sein kann.

      Connie ist eine junge Frau — fünf Jahre verheiratet — und arbeitete in einem Großraumbüro. Wie es ihr gelang, sexuellen Belästigungen zu entgehen, schildert sie wie folgt: „Es kommt viel darauf an, wie man sich verhält. Wenn man mit den Kollegen nur auf geschäftlicher Basis verkehrt — Sinn für Humor mag man schon haben, aber nicht für ihre Sorte Witze —, wird man von den meisten respektiert.

      Ich beobachtete, daß einige meiner Kolleginnen mit den Kollegen viel zu vertraulich waren, daß sie zuhörten, wenn zweideutige Witze erzählt wurden, und mit ihnen zweifelhafte Zeitschriften anschauten. Den Männern schien ihre Vertraulichkeit zu gefallen, aber sie verloren den Respekt vor diesen Kolleginnen. Wenn in meiner Gegenwart unanständige Witze erzählt wurden oder eine schlechte Sprache geführt wurde, ging ich weg. Nach einiger Zeit begannen sie mich anscheinend wegen meiner Einstellung zu respektieren, und ich wurde in Ruhe gelassen.“

      In Wirklichkeit handelte Connie lediglich nach dem biblischen Rat: „Hurerei und jede Art Unreinheit ... sollen unter euch nicht einmal erwähnt werden, so, wie es sich für Heilige geziemt“ (Eph. 5:3). Und es diente ihr zum Schutz. Natürlich mögen sich ganz Zudringliche durch ein solches Verhalten nicht abhalten lassen. Consuelo kannte eine junge Frau, der nichts anderes übrigblieb, als zu kündigen, weil einer ihrer Kollegen sie ständig belästigte. Das war vernünftig und entsprach dem biblischen Rat: „Flieht vor der Hurerei“ (1. Kor. 6:18).

      Ehemänner und Hausarbeit

      Gladys, Mutter einer erwachsenen Tochter, meinte, ob der Ehemann im Haushalt mithelfe oder nicht, sei oft eine Sache der Erziehung. Vor dem Krieg, als nur wenige Frauen berufstätig waren, erschien es ganz natürlich, daß die Frauen alle Hausarbeiten selbst verrichteten. Für die heranwachsenden Söhne wurde das dann eine Selbstverständlichkeit. Und das ist vielleicht der Grund, warum sich heute viele Männer komisch vorkommen, wenn sie im Haushalt mithelfen. Aber die Situation hat sich geändert. „Es wäre bestimmt nett“, sagte Gladys, „wenn der Mann seiner berufstätigen Frau im Haushalt helfen würde. Ich finde, daß die Mütter nicht nur ihre Töchter, sondern auch ihre Söhne zur Hausarbeit anleiten sollten.

      Sicherlich ist es einem jungen Ehepaar möglich, dieses Problem zu besprechen und sich dann zu einigen. Ein seelisch reifer Mann, der ‘seine Frau so liebt wie sich selbst’, könnte bestimmt nicht mit gutem Gewissen im Sessel ausruhen, während er seine ebenfalls müde Frau allein die Hausarbeiten verrichten ließe — es sei denn, sie möchte es so haben“ (Eph. 5:33).

      Glücklich sein

      Gladys ist der Ansicht, daß christliche Grundsätze auch bei der Frage: Beruf oder Familie? von Nutzen sein können. Sie hat im Berufsleben gestanden und ein Kind großgezogen. Ihr Rat: „Man darf nicht extrem sein. Ich achtete darauf, daß meine Tochter wegen meiner beruflichen Tätigkeit nicht zu kurz kam; andererseits aber war ich auch überzeugt davon, daß meine Arbeit nützlich war. Deswegen war ich entschlossen, meinen Beruf nicht aufzugeben.“

      „Aber jeder muß das selbst entscheiden“, fügte sie hinzu. „Man muß sich die Frage beantworten: ,Was möchte ich mit meinem Leben anfangen?‘ Die meisten Frauen möchten Kinder haben; und die Mutterschaft ist auch etwas Schönes und Wichtiges. Wenn eine junge Frau auf Kinder verzichtet, sollte sie einen guten Grund dafür haben.“

      Die Bibel zeigt, daß eine Frau (oder auch ein Mann) etwas Nützliches tun muß, um wirklich glücklich zu sein (Apg. 20:35; Pred. 2:8, 10, 11). Elternschaft kann dieses Bedürfnis befriedigen. Doch das können auch bestimmte Berufe.

      Consuelo sagte: „Meine außerhäusliche Tätigkeit ist der christliche Predigtdienst, und ich habe das Gefühl, wirklich etwas zu leisten. Eine Frau, die sich für eine solch selbstlose Tätigkeit entscheidet, anstatt Mutter zu werden, wird reichlich belohnt und für ihren Verzicht mehr als entschädigt. Aber jeder muß selbst entscheiden. Und wenn eine Frau aus den rechten Motiven so entschieden hat, wird sie nicht beunruhigt durch das, was andere sagen mögen.“

      Wie die Lage besser wird

      Wenn biblische Grundsätze angewandt werden, können viele Probleme, denen sich die Frauen heute gegenübersehen, in Grenzen gehalten werden. Genügt es aber, die Probleme nur „in Grenzen zu halten“? Sollten die Frauen in dieser Beziehung nicht mehr tun?

      Connie meinte: „Ich glaube nicht, daß das, was heute den Menschen widerfährt, dem Willen Gottes entspricht. Sicherlich ist es Gottes Wille, daß die Frauen besser behandelt werden, als das vielerorts geschieht. Aber Gott hat gezeigt, daß er das Problem auf seine Weise, nämlich durch sein Königreich, lösen wird. Deshalb beten wir: ,Dein Königreich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auch auf der Erde‘ (Mat. 6:10). Ich finde, das Beste, was eine Christin tun kann, ist, ihre Kräfte für die Erfüllung jenes Gebetes einzusetzen.

      Das kann sie zum Beispiel tun, indem sie die Menschen über den Willen Gottes belehrt. Ich weiß, daß Jehovas Zeugen Gottes Königreich in der ganzen Welt verkündigen und die Männer lehren, daß ihre Frauen keine Geschöpfe zweiter Klasse sind. Dadurch werden in vielen Familien die traditionellen Auffassungen, die zur Unterdrückung der Frau beitragen, korrigiert.“

      Gladys bestätigte das: „Ja, die Männer werden belehrt, ihre Frauen auf eine christliche Weise zu behandeln. Ein wahrhaft christlicher Mann verläßt seine Familie nicht. Er verspielt oder vertrinkt auch sein Geld nicht und lehnt es nicht ab, wenn nötig auch ,Frauenarbeit‘ zu verrichten. Die Männer lernen alles das, wenn sie die biblische Botschaft, die Jehovas Zeugen verkündigen, annehmen.“

      Einzelpersonen mögen sich ändern, aber wir können nicht die ganze Welt zwingen, sich zu ändern — selbst wenn wir es noch so gern täten. Die Wurzeln der Probleme liegen zu tief. Doch die Bibel sagt: „Die Welt vergeht und ebenso ihre Begierde“ (1. Joh. 2:17). Und mit ihr werden alle Vorurteile und Ungerechtigkeiten ebenfalls verschwinden.

      Die Bibel kennt außerdem eine dauerhafte Lösung: „Doch gibt es neue Himmel und eine neue Erde, die wir gemäß seiner Verheißung erwarten, und in diesen wird Gerechtigkeit wohnen“ (2. Pet. 3:13). Dieses neue System ist sehr nahe. Und Hunderttausende von Frauen erkennen, daß es die wahre Lösung für die Probleme der Frau im 20. Jahrhundert ist.

      Im folgenden Artikel werden die Erlebnisse einer dieser Hunderttausenden von Frauen geschildert.

      „Wenn irgendeiner auf eine Sache eine Erwiderung gibt, ehe er sie angehört hat, so ist es ihm Torheit und Demütigung“ (Spr. 18:13). Aufgeschlossenheit ist ein Merkmal reifer Menschen. Niemand darf sich als reifer Mensch fühlen, der nicht imstande ist, beide Seiten einer Streitfrage anzuhören.

      [Kasten auf Seite 12]

      Wirkt das, was die Bibel sagt, den Interessen der Frauen entgegen?

      Manche Leute glauben das, weil die Bibel lehrt, daß der Mann das Haupt der Frau ist, besonders in der Familie und in der Christenversammlung. Man beachte indessen, was die Bibel noch sagt:

      • „Ihr Ehemänner, fahrt fort, eure Frauen zu lieben, so, wie auch der Christus die Versammlung geliebt ... hat“ (Eph. 5:25).

      • „Ebenso sind die Ehemänner verpflichtet, ihre Frauen zu lieben wie ihre eigenen Leiber“ (Eph. 5:28).

      • „Ihr Ehemänner, wohnt gleicherweise weiterhin bei ihnen [euren Frauen] gemäß Erkenntnis, indem ihr ihnen ... Ehre zuerkennt“ (1. Pet. 3:7).

      • „Die Form der Anbetung, die vom Standpunkt unseres Gottes und Vaters aus rein und unbefleckt ist, ist diese: nach Waisen und Witwen in ihrer Drangsal zu sehen“ (Jak. 1:27).

  • Kümmert sich Gott auch um die Frauen?
    Erwachet! 1982 | 8. August
    • Kümmert sich Gott auch um die Frauen?

      „Ja!“ antwortet die Verfasserin dieses Lebensberichts

      „VOR ein paar Jahren waren meine Lebensverhältnisse so, daß ich das Gefühl hatte, Gottes Hilfe wirklich zu benötigen. Konnte ich mich aber vertrauensvoll an ihn wenden in der Hoffnung, daß er sich auch um mich kümmern würde? Ich muß gestehen, daß ich große Zweifel hatte. Warum? Weil ich eine Frau bin, und in meiner Bitterkeit dachte ich, die Frauen seien Gott gleichgültig. Warum dachte ich so negativ über Gott? Zu dieser Ansicht war ich durch das gekommen, was ich in meiner Kindheit erlebt hatte.

      Vielleicht ist es dem Leser bekannt, daß die Mormonen — sie bilden die führende Religionsgemeinschaft im US-Staat Utah — früher die Polygamie praktizierten. Im Jahre 1890 gab es jedoch eine Änderung, und von da an war die Vielehe für die Mehrheit der Mormonen tabu. Da sich aber nicht alle nach dieser neuen Bestimmung richteten, entstanden schismatische Gruppen, die insgeheim fortfuhren, die Vielehe zu praktizieren.

      Als ich noch sehr klein war, beschloß mein Vater, einige dieser Gruppen näher kennenzulernen, um zu ermitteln, ob sie die Wahrheit hätten. Seine Ermittlungen ergaben angeblich, daß die Polygamie wirklich gottgewollt sei.

      Das war vielleicht eine Erkenntnis! Meine Mutter hatte ihm bereits vier Kinder geboren und erwartete das fünfte. Sie war völlig durcheinander und bitterböse. Auch zankte sie sich mit ihm und weinte, und als sie zur Entbindung ins Krankenhaus ging, hatte sie nur einen Wunsch — zu sterben. Um ein Haar hätte sie die Geburt ihres fünften Kindes auch nicht überlebt, doch dann erholte sie sich wieder. Schließlich kam sie zu der Überzeugung, daß die Vielehe vielleicht doch gottgewollt sei, meinte aber, Vater sei nicht der richtige Mann, ,dieses erhabene göttliche Gesetz‘ auszuleben.

      Mein Vater beschäftigte sich immer mehr mit anderen Frauen und erinnerte uns ständig daran, daß er nur ,Gottes Willen‘ tue. Diese Worte, daß es ,Gottes Wille‘ sei, kamen mir jedesmal in den Sinn, wenn ich beobachtete, wie er sich zu einem Rendezvous fertigmachte — wenn er ,gerecht handelte‘ und ,seine Pflicht‘ tat, indem er sich mit anderen Frauen vergnügte. Oder wenn ich nachts aufwachte und meine Mutter allein im Bett liegen sah, weil mein Vater wieder bei einer anderen war, mußte ich an die Worte denken, es sei ,Gottes Wille‘. Allmählich kam ich zu der Überzeugung, daß Gott den Frauen gegenüber sehr ungerecht sei.

      Ja, ich schob Gott die Schuld für diese unerquicklichen Familienverhältnisse zu. Natürlich weiß ich es jetzt besser: Es ist nicht Gottes Wille, daß ein Mann mehrere Frauen hat, vielmehr ist es Gottes Wille, daß ein Mann nur ‘e i n e Ehefrau’ hat und daß ‘die Ehemänner ihre Frauen lieben wie ihre eigenen Leiber’, ihnen also keinen Kummer bereiten, sondern sich so verhalten, daß sich die Frau geborgen fühlt (1. Tim. 3:12; Eph. 5:28). Allerdings kannte ich diese Wahrheiten damals noch nicht. Weil mein Vater etwas Falsches über Gott sagte, keimte in meinem Herzen Bitterkeit auf.

      Meine Mutter wußte, daß mir das alles sehr zu schaffen machte, deshalb versuchte sie, mich zu trösten. Sie meinte: ,Die Vielehe ist schließlich noch besser als Ehebruch; die Männer sind von Natur aus Polygamisten und können sich nicht mit einer Frau begnügen. Anscheinend hat Gott sie so geschaffen.‘ Aber das machte mich nur noch hoffnungsloser. ,Warum schuf Gott die Männer so?‘ fragte ich mich. ,Warum muß eine Frau ihren Mann mit anderen Frauen teilen? Ist die Frau lediglich Eigentum des Mannes zu dem Zweck, ihm Kinder zu gebären?‘ Ich glaubte an Gott. Aber ich nahm auch die Lehren meines Vaters an und kam allmählich zu der Überzeugung, benachteiligt zu sein, weil ich ein Mädchen war.“

      Bemühungen freizukommen

      „In der Sekte, zu der mein Vater gehörte, war es gebräuchlich, die Mädchen schon früh zu verheiraten. Als ich in dieses Alter kam, konnte ich mir nicht vorstellen, die Frau eines Mannes zu werden, der mehrere Frauen hatte. Ich fand, es sei noch besser, einen Ungläubigen zu heiraten. Mein Vater war mit seinen anderen Frauen so beschäftigt bzw. damit, wieder eine andere Frau zu suchen, daß er für mich keine Zeit hatte und ich meine eigenen Wege gehen konnte. Ich hielt mich, so gut es ging, von den Mitgliedern der Religionsgemeinschaft meines Vaters fern, kam aber dann allmählich auf die schiefe Bahn. Ich begann ein Hippieleben zu führen und heiratete schließlich einen jungen Mann, der auch so lebte. Doch meine Probleme blieben ungelöst.

      Ich mußte erfahren, daß Männer, auch ohne den ,Willen Gottes‘ tun zu wollen, die Frauen schlecht behandeln können. In meinen Augen waren die Frauen sowohl mit als auch ohne Religion im Nachteil. Mein Mann führte nach unserer Eheschließung immer noch ein ungebundenes Leben. Ich hielt die Männer nicht nur für geborene Polygamisten, sondern auch für geborene Ehebrecher. Fast jeder Mann, den ich kannte, betrog seine Frau, daher kam ich zu der Erkenntnis, daß sich jede Frau früher oder später damit abfinden müsse. Außerdem lernte ich mehr über die körperlichen Probleme kennen, die mit dem Frauendasein verbunden sind. Zum Beispiel kam ich durch eine sehr schmerzhafte Fehlgeburt zu der Auffassung, daß das Zusammensein des Mannes mit einer Frau für die Männer nur Genuß, für die Frauen aber nur Probleme mit sich bringe.

      Eine Zeitlang besuchte ich die Versammlungen einer Gruppe, die sich für die Frauenbefreiungsbewegung interessierte. Dort erfuhr ich noch weitere Gründe, warum man die Benachteiligung der Frau nicht ohne weiteres hinnehmen sollte. Aber schon nach kurzer Zeit merkte ich, daß diese Gruppe nichts, was wirklich von Wert war, erreichte. Daher zog ich mich zurück. Ich beschuldigte Gott weiterhin, ungerecht gegenüber den Frauen zu sein. Doch dann entdeckte ich, daß nicht Gott, sondern ich ungerecht war. Ich urteilte in Unkenntnis der Sachlage. Bald lernte ich die andere Seite kennen.“

      Eine neue Ansicht

      „Ich benötigte dringend Hilfe. Aber wohin konnte ich mich wenden? Ich begann, in der Bibel zu lesen und zu Gott zu beten. Würde er meine Gebete erhören, obschon ich ,nur eine Frau‘ war?

      Kurze Zeit später wurde ich von zwei jungen Christinnen besucht. Sie boten mir die neuesten Ausgaben der Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! an, in denen biblische Themen behandelt und die Gründe dargelegt werden, warum wir die heutigen Probleme haben. Ich hatte kein Geld, dennoch überließen sie mir die Zeitschriften. Ich las jedoch weder diese beiden noch die folgenden Ausgaben, die die jungen Frauen mir anschließend brachten. Schließlich willigte ich aber ein, mit einer von ihnen die Bibel zu studieren.

      Anfänglich interessierte mich das Bibelstudium nicht sonderlich. Doch bald wuchs mein Interesse. Ich begann, die biblischen Erzählungen, die mein Vater benutzt hatte, um seine Handlungsweise zu rechtfertigen, in einem ganz anderen Licht zu sehen. Ich verstand allmählich, warum sowohl Männer als Frauen leiden. Ich erfuhr, daß Gott nicht damit einverstanden war, daß die Frauen von den Männern unterdrückt wurden. Es ist nicht ,Gottes Wille‘, daß sich Männer mehrere Frauen nehmen oder daß sie Dinge tun, die für die Frauen Schmerz und Leid bedeuten. Ich stellte fest, daß Gott Liebe ist, und begann mein Herz seiner Liebe zu öffnen (1. Joh. 4:8).

      Aber immer noch war ich nicht ganz sicher, wie Gott die Frauen betrachtet. Ich betete um weitere Hilfe.“

      Ein besseres Verständnis

      „Eines Tages las ich in 1. Mose die Geschichte von Jakob. Bis dahin hatte ich sie immer übergangen, weil es sich dabei um Polygamie handelt. Doch nun las ich sie.

      Jakob liebte Rahel und war bereit, ihrem Vater sieben Jahre zu dienen, um sie heiraten zu können. Doch dann wurde er durch List veranlaßt, Lea, ihre ältere Schwester, zu heiraten. Laban, der Vater der beiden Mädchen, sagte, er habe Jakob getäuscht, weil es bei ihnen Sitte sei, daß das älteste Mädchen der Familie zuerst heirate. Sieben Tage später heiratete Jakob dann das Mädchen, das er wirklich liebte — Rahel. Allerdings mußte er ihrem Vater noch einmal sieben Jahre für sie dienen. Lea begann darunter zu leiden, daß sie nicht geliebt wurde (1. Mo. 29:16-30).

      Als ich diese Geschichte selbst las, erschien sie mir in einem ganz neuen Licht. Es war gar nicht Gott, der Jakob veranlaßte, sich zwei Frauen zu nehmen. Jakob war durch die List eines Mannes — Laban — zu den zwei Frauen gekommen. Auch hatte Gott überhaupt nichts damit zu tun, daß Lea von ihrem Mann nicht geliebt wurde. Vielmehr war Jehova der einzige, der sie in ihrem Leid tröstete. Lea bestätigte immer und immer wieder, daß Jehova ihr half. Aber Jehova half auch Rahel, als sie unglücklich wurde (1. Mo. 29:31-35; 30:22-24).

      Ich war tief bewegt, als ich las, wie gütig Jehova den beiden Frauen gegenüber war und wie er sich ihrer annahm. Er behandelte ihre Probleme nicht als unbedeutend oder lediglich als ,weibliche Gefühlsduselei‘, als völlig unwichtig. Er kümmerte sich wirklich um diese Frauen.

      Danach stieß ich in der Bibel noch auf viele weitere Berichte, die deutlich zeigten, daß Jehova Gott sich um die Frauen kümmert. Ich faßte Vertrauen, daß Gott, der die Gebete Leas und Rahels erhörte, als sich die beiden in einer Lage befanden, die alles andere als ideal war, auch meine inbrünstigen Gebete erhören würde.

      Das, was in der Bibel über die Erschaffung Evas steht, ließ mich erkennen, wie wertvoll und notwendig die Frau für die Menschheit ist (1. Mo. 2:18). Die Frau ist das Gegenstück des Mannes. Durch ihre spezifisch weiblichen Eigenschaften bereichert sie das Menschengeschlecht. Ich verschlang förmlich die Ratschläge und die Ermunterungen, die die Bibel besonders für Frauen enthält (Spr. 31:10-31; 1. Pet. 3:1-6; Mat. 26:6-13).

      Ich bemerkte, daß es in der Bibel heißt, ‘das Haupt einer Frau sei der Mann’, aber sie ermahnt die Männer auch, ihre Frau respektvoll und rücksichtsvoll zu behandeln (1. Kor. 11:3; 1. Pet. 3:7; Spr. 5:18-21; Eph. 5:28-33). Besonders tief berührte es mich, wie Jehova sich der Witwen erinnerte, die in früheren Zeiten — und oft auch heute noch — sehr arm und ohne Hilfe waren (Jak. 1:27).

      Einst dachte ich, daß alles, was mit Sex zusammenhängt, für die Männer nur Genuß, für die Frauen dagegen nur Leiden bedeutet. Aber dann hatte ich selbst drei Kinder und kam zu der Einsicht, daß Gott die Frauen dadurch, daß sie Kinder gebären dürfen, sehr gesegnet hat. Trotz der Schmerzen ist es, wie viele Frauen bestätigen werden, eines der schönsten Erlebnisse, die man haben kann. Die Geburt eines Kindes erfüllt einen mit einer Freude, über die Männer nur staunen können, die sie aber selbst nie haben.

      Damit soll nicht gesagt werden, daß eines der beiden Geschlechter besser oder wichtiger sei als das andere. Der Apostel Paulus faßt das sehr schön wie folgt zusammen: ,Außerdem ist in Verbindung mit dem Herrn weder die Frau ohne den Mann noch der Mann ohne die Frau. Denn so, wie die Frau aus dem Manne ist, so ist auch der Mann durch die Frau; aber alle Dinge sind aus Gott‘ (1. Kor. 11:11, 12).

      So kam ich zu der Erkenntnis, daß sich Gott auch um die Frauen kümmert. Und Frauen, die das Gefühl haben, im gegenwärtigen System unterdrückt zu werden, sollten bei ihm Zuflucht suchen. Ich möchte alle einladen, sich mit der Bibel zu beschäftigen und Jehova, den vorurteilslosen Gott der Bibel, kennenzulernen. Was die Errettung betrifft, so gibt Gott jedem die gleiche Gelegenheit. Jeder kann Jehova lieben und von ihm geliebt werden.“ (Eingesandt.)

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