Wir beobachten die Welt

Kirchen stehen in Frankreich leer

◆ Unter dem Thema „Der Verkauf des Altars rettet die Kirche“ schilderte die Süddeutsche Zeitung vom 23. Januar 1970 die Probleme, die in Frankreich in Verbindung mit der Erhaltung von Kirchen aufgetreten sind. „Schätzungsweise bereits die Hälfte aller Kirchen und Kapellen in Frankreich steht leer und ist entweder vom Verfall bedroht oder der Plünderung ausgesetzt. Hunderte ehemaliger Kirchen sind heute bereits in Garagen, Werkstätten oder Lagerhäuser umgewandelt ... Nach einer überschlägigen Schätzung sind zur Zeit rund 18 000 Kirchen und Kapellen verlassen, da der ständige Schwund an Gläubigen ... den weiteren Unterhalt der Gotteshäuser unmöglich macht ... Häufig verkaufen viele kunsthistorisch ungebildete Landgeistliche wertvolle Einrichtungsgegenstände und Kunstwerke, um auf diese Weise dringende Reparaturen in ihren Kirchen zu finanzieren.“

Alter schützt nicht vor Gefängnis

◆ Ein New Yorker Gericht verurteilte eine 77jährige alte Frau zu fünf Jahren Gefängnis, weil sie Heroin und andere Rauschgifte an Schulkinder in Brooklyn verkauft hat. Dem Antrag des Anwaltes, der alten Frau die Verbüßung der Strafe zu erlassen, da sie schon an Jahren fortgeschritten sei, wurde mit der Begründung nicht stattgegeben: „Diese harmlos aussehende und scheinbar nette Altbürgerin vom Typ Großmütterchen verdient keine Bewährung. Sie hat den Tod von Kindern anderer Leute verschuldet.“

Amerikanisches Justizministerium geht gegen Korruption vor

◆ Laut Meldung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Januar 1970 plant das amerikanische Justizministerium einen Angriff auf die Maffia, die als Unterweltorganisation bekannt ist. In Newark, das jenseits des Hudsons — von New York aus gesehen — liegt, vermutet man die „Maffia-Kapitale“ der Vereinigten Staaten. Den Verbrechern gelang es in zäher Kleinarbeit, „sich Protektion und ungehemmte Prosperität zu erkaufen durch systematische Bestechung der Kommunalverwaltungen und der lokalen Zellen der Parteien. Firmen, welche die Maffia kontrollierte, erhielten städtische Kontrakte, und Wahlkampfgelder für aufstrebende Politiker flossen aus der Maffia-Kasse ... In einer sensationellen Verkoppelung gerichtlicher Verfügungen wurden siebzig Personen im Gebiet von Newark unter Anklage gestellt, darunter der Bürgermeister der Stadt, Addonizio, drei Mitglieder des neunköpfigen Stadtrats, drei Richter, sieben weitere gegenwärtige oder ehemalige hohe Stadtbeamte und zahlreiche Angehörige von Bauunternehmen sowie weithin bekannte Gangster ... Anklagepunkte sind Erpressung, Steuerhinterziehung und Betrieb einer ... illegalen Lotterie. Dem Bürgermeister von Newark wird vorgeworfen, er habe sich, im Fall einer einzigen Baufirma, mit den anderen städtischen Beamten in 65 Einzelfällen Schmiergelder in einer Gesamthöhe von einer Viertelmillion Dollar geteilt ... Skeptiker freilich geben dem Unternehmen nicht allzuviel Erfolg. Sie fürchten, daß es im Sande verlaufen werde wie so manche Untersuchung zuvor, weil Zeugen kaum den Mut aufbrächten, in öffentlicher Verhandlung Aussagen zu wiederholen, die man ihnen allenfalls hinter geschlossenen Türen und im Schutz der Anonymität ablocken könne. Zur Bekräftigung ihrer Zweifel weisen sie auf das Beispiel des jungen, kampfentschlossenen Distriktanwalts Laurita ... hin, der gegenwärtig schwer verletzt und nicht vernehmungsfähig in einem Krankenhaus liegt. Sein Auto explodierte, als er den Zündschlüssel drehte. Laurita ... hat mit der Strafverfolgung der organisierten Gangster Ernst gemacht, von verzagten städtischen Verwaltungen allein gelassen. Das Dynamit, mit dem die Maffia sich jetzt an dem jungen Kreuzzügler rächte, war zugleich als Warnschuß vor den Bug anderer Strafverfolger gedacht.“

Selbstverbrennungen — eine Epidemie

◆ Innerhalb einer Woche wurden in Frankreich fünf Todesopfer durch Selbstverbrennung gezählt. Ein Sechster kam mit schweren Brandverletzungen davon. Die Welle der spektakulären Selbstmorde nahm ihren Anfang mit dem Tod des 17jährigen Oberschülers aus Lille, der durch seinen Freitod auf das Schicksal Biafras nach seinem militärischen Zusammenbruch hinweisen wollte. Ein Spezialist der französischen Liga zur Heilung von Geisteskrankheiten meinte zu dem Phänomen der Selbstverbrennungen, es handle sich dabei weniger um eine Psychose als um eine „Epidemie von freiwilligen Selbstaufopferungen“, die Menschen ergreife, die ohnehin sich mit dem Gedanken des Selbstmordes tragen. Dabei sei es nicht erstaunlich, daß diese Welle die Jugendlichen ergriffen habe, da in der Todesursachenstatistik der 20jährigen Selbstmord hinter dem Unfalltod an zweiter Stelle stehe. Aber unter der heutigen Jugend gebe es auch eine große Unzufriedenheit angesichts der Konsumgesellschaft und der „großen Dramen wie Biafra, die Tschechoslowakei und Vietnam“. Der Spezialist für Nervenkrankheiten erklärte, man dürfe nicht vergessen, daß die Selbstverbrennung aufgrund des Symbolwertes des Feuers eine starke Anziehungskraft ausübe.

Fremdartige Erziehungsmethoden

◆ In der heutigen Zeit ist die Erwähnung des Wortes „Hippie“ zu einem Begriff geworden und kennzeichnet die Lebensanschauung einer Gruppe von Personen, die einen „neuen Lebensstil“ suchen. Jedoch treten, wie in der Zeitung Schwarzwälder Bote in dem Artikel „Wenn Hippie-Mädchen Mütter werden“ berichtet wird, Probleme auf, da die ersten Hippies inzwischen Mütter wurden. „Das Hippie-Kind wächst heran, und noch weiß niemand zu sagen, was aus ihm werden wird ... ,Mütter, die in einer so chaotischen und unsicheren Umwelt leben wie diese Hippies und auch ihre Kinder einem solchen Leben aussetzen, ziehen eine psychologisch so geschädigte Generation heran, daß dieser Schaden vielleicht nie mehr gutzumachen ist‘, meint der Psychologe Dr. Alfred Auerbeck von der Universität in Los Angeles. Und der Soziologie-Professor Dr. Lewis Yablonsky pflichtet ihm bei: ‚Diese Kinder werden tatsächlich einen Schock erleiden, wenn sie plötzlich mit der realen Welt konfrontiert werden.‘ ... Bedenken haben die Wissenschaftler und Ärzte allerdings dagegen, daß manche Mütter sogar ihre LSD-Ration mit den Sprößlingen teilen ... nach Ansicht der Ärzte ist nicht daran zu zweifeln, daß ein noch wachsendes Gehirn empfindlich auf alle Arten Chemikalien reagiert. Die Folgen zu frühen Rauschgiftgenusses können sich erst viele Jahre später zeigen ... Ein Hippie-Kind wächst häufig ohne Vater auf oder aber, wenn es in einer Kommune lebt, mit vielen ,Vätern‘.“ Wenn Eltern die Kinder nach biblischen Maßstäben und Grundsätzen erziehen, werden die Kinder zu Menschen heranreifen, die ehrlich und freundlich sind.

Rauschgifthandel nimmt weiter zu

◆ Wie das Landeskriminalamt des Landes Baden-Württemberg berichtet, ist noch keineswegs der Höhepunkt der „Rauschgiftwelle“ erreicht. Die eingegangenen Meldungen ergaben, daß sich die Anzahl der Festnahmen im Jahre 1969 gegenüber dem Vorjahr verdoppelt hat, die Anzahl der sichergestellten Menge des Rauschgiftes sogar vervierfacht. Schon allein in den ersten drei Wochen dieses Jahres haben die Beamten des Rauschgiftdezernats des Landeskriminalamtes mit etwa 21 Kilogramm Haschisch die gleiche Menge sichergestellt wie im gesamten Jahre 1968. Ferner wurden in diesem Jahr bereits 1 500 LSD-Trips beschlagnahmt, was die doppelte Menge wie im gesamten Jahr 1969 ausmacht. Ende Januar hat die Hamburger Zollfahndung im Kofferraum eines Autos insgesamt 180 Kilogramm Haschisch und drei Kilogramm Rohopium gefunden, was einen Schwarzmarktwert von einer Million Mark hat.

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