Gründe für den Zerfall der Ehen
DIE Eheberater dieser Welt geben für den heutigen Zerfall der Ehen viele Gründe an. Aber nur wenige Eheberater ziehen die grundlegende Ursache in Betracht.
Ihr Rat mag zwar hilfreich sein, doch ohne Berücksichtigung dieses Grundproblems ist er oft nicht ausreichend. Die Ratschläge können sogar widersprüchlich sein, weil die Meinungen so stark voneinander abweichen.
Die Situation ähnelt der Handlungsweise einer Person, die gegen Zahnschmerzen Aspirin nimmt. Wird der Schmerz auch gelindert, so ist doch die Wurzel des Problems nicht beseitigt. Hat man aber die grundlegende Ursache gefunden und entsprechend behandelt, dann hört der Schmerz auf.
Folglich müssen wir auch die Eheprobleme an der Wurzel fassen. So können Probleme gelöst werden, ohne daß man die Institution als solche abschaffen muß. Man sollte nicht „das Kind mit dem Bade ausschütten“.
Bevor wir die grundlegende Ursache untersuchen, seien kurz einige augenscheinlichere Gründe für das Versagen vieler Ehen genannt.
Zu jung geheiratet
Eine Frucht, die zu früh, also bevor sie reif ist, gepflückt wird, kann bitter schmecken. Ebenso erleben Paare, die zu jung heiraten, oft eine bittere Ernte. Am meisten scheitern die Ehen von sehr jungen Leuten, besonders von Teenagern. Je jünger das Ehepaar, um so größer das Risiko.
In der australischen Zeitschrift Women’s Weekly wird es ganz offen ausgedrückt: „Mit achtzehn zu heiraten ist dumm. Du bist zu jung. Du hast noch nicht genügend vom Leben gesehen. Du weißt nicht, wer du bist, und triffst unreife Entscheidungen. Kleinigkeiten, die dir jetzt wichtig sind, sind es später nicht mehr.“ Ja, man braucht Zeit, um sich selbst kennenzulernen und auch um den voraussichtlichen Partner kennenzulernen.
Jugendliebe besteht größtenteils aus Leidenschaft, körperlicher Anziehungskraft, und nicht aus echter Liebe. Das reicht aber für eine Ehe nicht aus. Man kann das auch in Fällen erkennen, wo der Leidenschaft vor der Ehe freier Lauf gelassen wird und das Mädchen schwanger wird. Das Paar heiratet und läßt sich bald wieder scheiden.
In Frankreich „erwarteten 85 Prozent der Ehepaare, die sich vor dem zweiten Ehejahr scheiden lassen, ihr erstes Kind schon vor der Hochzeit“, heißt es in dem Buch Le Divorce a la Carte. Weder die sexuelle Anziehungskraft noch das gemeinsame Kind reichten aus, um die Ehe zusammenzuhalten.
Unrealistische Erwartungen
Viele Leute haben von Liebe, Sex und Ehe unrealistische Vorstellungen. Vielleicht rühren sie vom Fernsehen oder Kino her, von Büchern, Zeitschriften, Freunden oder der eigenen Phantasie. Wenn diese Vorstellungen in der Ehe nicht in Erfüllung gehen, schreibt der Betreffende dem Ehepartner oder der „Institution Ehe“ statt seinen falschen Erwartungen die Schuld zu.
Bei manchen verdrängt der Wunsch zu heiraten die Forderung, einen Partner zu suchen, der wirklich zu ihnen paßt. Obwohl der gewählte Partner nicht zu ihnen paßt, denken sie, daß es „schon irgendwie funktionieren wird“. Sie meinen, irgendeine Ehe sei besser als gar keine. Oder sie denken, daß sie nach der Hochzeit den anderen ändern können.
Die schwindelerregenden Scheidungsstatistiken dagegen zeigen, daß diese Erwartungen sehr oft unrealistisch sind. Man sieht in vielen Fällen, daß es eben nicht „irgendwie funktioniert“. Die erhofften Änderungen bleiben aus. Das Paar stellt fest, daß „einfach irgendeine Ehe“ nicht besser ist als gar keine. Wie der aufkommende Wunsch nach Scheidung zeigt, ist ihrer Meinung nach die schlechte Ehe schlimmer als keine Ehe.
Persönliche Vergangenheit
Die Umwelt, in der jemand aufgewachsen ist, hat oft Einfluß auf sein späteres Eheglück. Eine schlechte häusliche Atmosphäre kann die künftige Ehe gefährden. Viele stellen fest, daß sie gerade die schlechte Handlungsweise ihrer Eltern nachahmen, die sie zu Hause verabscheuten. Eine Ehefrau meinte dazu:
„Meine Mutter bekrittelte immer meinen Vater und warf mit Gegenständen, wenn sie auf ihn zornig war. Obwohl ich mich deshalb geradezu hasse, neige ich dazu, an meinem Mann herumzunörgeln und mit Sachen zu werfen, wenn ich ärgerlich werde. Es ist so, als ob meine Mutter mir ,beigebracht‘ hätte, daß man mit seinem Mann so umzugehen hat. Ich wünschte, sie hätte mir beigebracht, wie man mit dem Ehemann Probleme löst statt verursacht.“
Ein anderer Faktor, der mit der persönlichen Vergangenheit der beiden Heiratswilligen zu tun hat, ist ein zu großer Interessenunterschied. Er mag anfangs faszinierend erscheinen. Doch später in der Ehe, wenn der Reiz des Neuen verflogen ist, können durch die unterschiedlichen Interessen Spannungen entstehen. Je größer die Unterschiede in den Neigungen und Abneigungen sind, wie zum Beispiel Geschmack in Kleidungs- oder Ernährungsfragen oder Einstellung zu Arbeit, Geld, Politik, Religion und auf anderen Gebieten, um so wahrscheinlicher ist es, daß sie nach der Heirat darüber streiten werden.
Gegensätze können zuerst anziehend, später aber abstoßend wirken. Wie man festgestellt hat, gibt es in der Ehe um so weniger Reibungspunkte, je mehr Gemeinsamkeiten die Partner von Anfang an haben.
Arbeit und Geldschwierigkeiten
Wenn sich der Mann beruflich zu sehr engagiert, vernachlässigt er seine Frau. Die Frau beginnt sich darüber zu ärgern und fühlt sich durch die Bindung an Haushalt und Kinder eingeschränkt.
Andererseits kann die Frau ihren Mann verärgern, wenn sie nicht aus wirtschaftlicher Notwendigkeit berufstätig ist, sondern um sich das Leben „interessanter zu gestalten“. Vielleicht hat er den Eindruck, sie vernachlässige seine Interessen, den Haushalt und die Kindererziehung.
Da heute das Leben so teuer ist, gehen viele Frauen arbeiten, um zum Haushalt etwas beizusteuern. In solchen Fällen sind schon Probleme entstanden, wenn der Mann erwartet hat, daß die Frau die ganze Hausarbeit allein bewältigt. Sie betrachtet das mit Recht als unfair, und darunter leidet das Verhältnis.
Manchmal tauchen Probleme auf, wenn der Mann nicht die richtige Arbeit findet, um die Familie gut ernähren zu können. Das kann an seiner Selbstachtung nagen, so daß er vielleicht sogar anfängt, viel zu trinken. Die schlechte Situation verschlimmert sich und wird für die Frau immer hoffnungsloser.
Geldschwierigkeiten, eine Hauptursache für Eheprobleme, entstehen häufig, weil die Beteiligten nicht ihr Verlangen nach unnötigen materiellen Gütern zügeln. Ihre Wünsche überschreiten ihre Bedürfnisse bei weitem, und sie kaufen mehr, als sie sich leisten können.
Das trifft oft auf junge Ehepaare zu, die die Waren haben möchten, die angepriesen werden oder die ältere Leute besitzen. Dabei vergessen sie, daß diese älteren Personen jahrelang arbeiten mußten, um sich das leisten zu können. So geben die jungen Eheleute mehr Geld aus, als sie verdienen, und machen viele Schulden. Eventuell müssen beide arbeiten, um den Lebensstil halten zu können, und oft reichen selbst diese Einkommen nicht aus. Dann bekommt die Frau womöglich ein Kind und kann nicht mehr berufstätig sein. Also ist nicht genügend Geld da, um die Ausgaben zu decken. Verbitterung und Nörgelei sind die Folge.
Zuwenig Gedankenaustausch
Dieses weitverbreitete Übel äußert sich hauptsächlich darin, daß Ehepartner nicht bereit sind, Angelegenheiten ruhig und offen unter vier Augen zu besprechen. Das hat in vielen Bereichen der Ehe eine lähmende Wirkung.
Oft hat die Frau das Empfinden, ihr Mann sei an dem, was sie denkt, sagt oder tut, nicht interessiert. Sie beklagt sich darüber, daß ihr Mann nicht zuhört, wenn sie sich äußert. Also denkt sie, sie sei einsam, werde nicht geliebt und habe keinen Gefährten (was ihr Mann für sie sein sollte). Das Ehepaar lebt sich somit auseinander.
In vielen Fällen ist aber nicht der Mangel an Gedankenaustausch die Ursache der Probleme. Er ist das Ergebnis. Der Fehler liegt woanders und äußert sich unter anderem dadurch, daß die Verständigung zwischen den Ehepartnern immer schlechter wird.
Alkoholismus
Eine der häufigsten Ursachen für zerrüttete Familien ist der Alkoholismus. Unzählige Millionen in der ganzen Welt sind Alkoholiker. Unzählige Millionen andere sind vom Alkoholismus nicht weit entfernt.
Das Trinken kann dem Verlangen entspringen, das Leben zu genießen. Allerdings kann es auch auf Probleme zurückzuführen sein, die dem Betreffenden schwer zu schaffen machen und die er durch das Trinken lindern oder umgehen möchte. Statt dessen wird jedes Problem dadurch nur verschlimmert.
Gewöhnlich wirkt der Trinker auf seinen Ehepartner abstoßend. Ein Großteil der Scheidungen ist darauf zurückzuführen, daß ein Ehepartner dem Alkohol verfallen ist.
Leider haben die Kinder von Alkoholikern später selbst größere Probleme mit dem Trinken. Dieses frühe häusliche „Training“ macht sich dann in ihrer Ehe bemerkbar, denn sie werden vielen Problemen gegenüberstehen, die auch ihre Eltern wegen übermäßigen Trinkens hatten.
Sexuelle Probleme
Unstimmigkeiten auf sexuellem Gebiet sind ein anderer Hauptgrund für das Scheitern vieler Ehen. Der Mann sagt vielleicht, er fühle sich unbefriedigt, weil seine Frau an Geschlechtsbeziehungen nicht so interessiert sei wie er. Die Frau klagt, der Mann sei selbstsüchtig und berücksichtige nicht ihre emotionellen Bedürfnisse.
Die heutige freizügige Einstellung zum Sex hat sich nicht als Hilfe erwiesen. Viele, vor allem Männer, meinen, sie hätten ein Recht auf die Befriedigung jeglicher sexuellen Bedürfnisse, und wenn die Ehefrau sie nicht befriedigt, dann suchen sie sich eine andere Partnerin. Die Frau wiederum pflegt vielleicht mit einem Mann ehebrecherische Beziehungen, den sie für verständnisvoller hält. Aber im Laufe der Zeit wird die Ehe durch diese Seitensprünge vergiftet.
In vielen Ländern wird es als heldenhaft betrachtet, wenn ein Mann außereheliche Beziehungen pflegt und sogar noch uneheliche Kinder hat. Vielleicht gibt er für solche Beziehungen viel Geld aus, so daß die ehelichen Kinder und seine Frau weniger zum Leben haben. Gewöhnlich ist sie darüber sehr ärgerlich.
Scheidung jetzt leichter
In letzter Zeit haben viele Länder durch Gesetzesänderungen die Ehescheidung erleichtert. Mancherorts genügt dabei der beiderseitige Wunsch nach Scheidung.
Da solche Scheidungserleichterungen immer mehr zur Regel werden, beginnen viele eine Ehe mit dem Gedanken: „Wenn es nicht klappt, kann ich mich ja immer noch scheiden lassen.“ Aber genau diese Einstellung kann sich schädlich auswirken. Sie kann bewirken, daß Heiratswillige bei der Partnerwahl sorgloser vorgehen. Treten dann in der Ehe Schwierigkeiten auf, sind sie nicht so sehr willens, angestrengt an einer Lösung zu arbeiten.
Das sind einige der häufigeren Ursachen für die in den letzten Jahren aufgetretene Flut von gescheiterten Ehen, und es gibt natürlich noch andere. Um dem entgegenzuwirken, geben Eheberater viele Ratschläge — einige gute, einige unzulängliche, einige widersprüchliche und einige ausgesprochen schlechte.
Wieso besteht ein solches Durcheinander? Weil nur wenige Eheberater das Übel an der Wurzel packen. Bevor das nicht erreicht wird und die entsprechenden Heilmittel angewandt werden, bleibt die Gefahr bestehen, daß die Ehe scheitert.
Wir haben einige der offensichtlicheren Gründe für das Versagen einer Ehe kennengelernt. Doch die wahre Ursache liegt tiefer. Worin besteht denn die Hauptursache für Eheprobleme? Und was ist erforderlich, um eine glückliche Ehe führen zu können?
[Bilder auf Seite 13]
Leidet deine Ehe unter ...
... Geldschwierigkeiten?
... Schweigsamkeit?
... Alkoholismus?