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„Ich möchte mich mit dir einmal offen aussprechen“Erwachet! 1972 | 22. November
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„Ich möchte mich mit dir einmal offen aussprechen“
„DEINE Frau macht sich Sorgen wegen deiner Gesundheit“, sagte vor kurzem ein Mann zu seinem Freund. „Wirklich?“ entgegnete der Freund. „Ich habe gar nicht das Gefühl.“ Und es beruhigte ihn, das zu wissen, denn er hatte den Eindruck, seine Gesundheit sei seiner Frau mehr oder weniger gleichgültig.
Wie charakteristisch ist doch dieses Gespräch, das tatsächlich stattgefunden hat! Verheiratete Männer und Frauen sprechen mit anderen über Dinge, die sie in erster Linie mit ihrem Ehegefährten besprechen sollten (eine Tatsache, die den Eheberatern nur allzu bekannt ist). Viele Eltern jammern, sie würden ihre Kinder nicht mehr verstehen. Und die Kinder beschweren sich bei anderen darüber, daß ihre Eltern „Spießbürger“ wären. Arbeitnehmer sprechen nicht mit ihrem Arbeitgeber, und die Arbeitgeber haben keinen Kontakt mit ihren Arbeitnehmern; alles das wirkt sich nachteilig aus, sowohl in seelischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht.
Die moderne Psychologie mißt dem Gedankenaustausch große Bedeutung bei, und das mit Recht, denn ein großer Teil der heutigen Probleme ist auf mangelnden Gedankenaustausch zurückzuführen. So lesen wir in einem Buch, das 1972 erschienen ist und Ehepaaren helfen soll, durch ein besseres gegenseitiges Verständnis eine glücklichere und schönere Ehe zu führen: „Viele Ehepaare meinen, sie wüßten viel mehr voneinander, als sie in Wirklichkeit wissen.“
Natürlich ist es viel einfacher, mit andern über eine Situation zu sprechen, über eine Situation zu klagen oder sich über eine Situation zu beschweren, als sich mit dem, um den es dabei geht, offen darüber auszusprechen; es ist viel einfacher, sich diesem gegenüber „in Schweigen zu hüllen“. Aber der Weg des geringsten Widerstandes ist selten der bessere Weg. Es erfordert Mut, Klugheit und Takt, ja, und auch Liebe, mit dem, den es angeht, über ein Mißverständnis oder eine unerfreuliche Sachlage oder einen Fehler zu sprechen.
In einer solchen Lage war ein Ehemann, dessen Frau zwar sehr intelligent, aber auch äußerst willensstark war. Jedesmal, wenn er seine Meinung über eine Sache äußerte, wandte sie etwas dagegen ein; daher unterließ er es allmählich, seine Ansicht zu äußern. Doch er merkte, daß damit das Problem nicht gelöst war, denn sie wurden sich allmählich fremd. Auf den Rat eines Freundes hin sagte er dann einmal so liebenswürdig und herzlich wie möglich zu seiner Frau: „Liebling, ich möchte mich mit dir einmal offen aussprechen.“ Er begann das Gespräch, indem er erwähnte, wie sehr er sie schätze und liebhabe, und kam dann allmählich auf das Thema, über das er eigentlich mit ihr sprechen wollte. Durch dieses Gespräch kamen sie einander wieder näher. Es war der Frau nicht bewußt gewesen, wie gedankenlos ihre Antworten gewesen waren und wie sie auf ihn gewirkt hatten.
Königin Esther, über die in der Bibel berichtet wird, gibt uns in dieser Hinsicht ein Beispiel. Etwas bedrückte sie schwer: die Sorge um das Wohl ihres Volkes. Sie hätte nichts zu sagen brauchen und hätte es darauf ankommen lassen können, in der Hoffnung, daß ihr nichts passiere, doch das tat sie nicht. Nachdem ihr Vetter Mardochai sie über die Sachlage verständigt hatte, bereitete sie taktvoll den Boden für eine offene Aussprache mit ihrem Gatten, dem König, vor und sprach sich dann mit ihm aus. Das Ergebnis? Sie rettete sich und ihrem Volk das Leben. — Esth. 5:1 bis 7:10.
Wenn zwischen uns und einer anderen Person kein gutes Verhältnis besteht, liegt es in unserem Interesse und im Interesse des anderen, daß wir uns mit ihm offen aussprechen. Diesen Grundsatz finden wir wiederholt in der Bibel. So wird einerseits darin gesagt, wenn man wisse, daß ein anderer etwas gegen einen habe, sollte man die Initiative ergreifen und die Sache in Ordnung bringen, andererseits aber sollte man, wenn man der Meinung sei, ein anderer habe gegen einen gesündigt, zu ihm gehen und die Sache offen mit ihm besprechen. — Matth. 5:23, 24; 18:15-17.
Durch eine offene Aussprache kann eine Sache bereinigt werden, was für beide Parteien von Nutzen ist. Ein verheirateter Mann mag schönen Frauen zuviel Aufmerksamkeit schenken. Er mag sich dabei nicht viel denken, sondern lediglich den galanten Mann markieren wollen, aber auf seine weniger hübsche Frau kann ein solches Verhalten deprimierend wirken. Anstatt sich im stillen zu grämen, sollte eine solche Frau sich mit ihrem Mann offen aussprechen.
Was sollten Eltern tun, wenn die Kinder eigenwillig sind? Sollten sie ihnen ihren Willen lassen? Wie oft zeigen Eltern Überraschung, ja Entsetzen, wenn sie erfahren, daß ihre Kinder mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind, weil man sie im Besitz von Rauschgift erwischt hat, oder daß ihr Sohn sich eine Geschlechtskrankheit zugezogen hat oder daß ihre Tochter ein uneheliches Kind bekommt. Wären solche Eltern überrascht, wenn sie sich vorher mit ihren Kindern offen ausgesprochen hätten? Nein, denn dann wären ihre Kinder entweder nicht in eine solche Lage gekommen, oder die Eltern hätten gewußt, was sie zu erwarten hätten. Der Fall eines Brooklyner Mädchens zeigt, wie wenig sich Eltern und Kinder manchmal mitzuteilen haben. Die Eltern des Mädchens waren entsetzt, als sie erfuhren, daß ihre Tochter ein uneheliches Kind zur Welt gebracht hatte, weil sie nicht einmal gemerkt hatten, daß ihre Tochter schwanger gewesen war. Das Mädchen hatte die ganze Zeit im Elternhaus gewohnt, dennoch sagten die Eltern nachher, es sei ihnen nicht aufgefallen, daß mit ihrer Tochter etwas nicht in Ordnung gewesen sei.
Warum schrecken manche Menschen vor einer offenen Aussprache zurück? Der eine oder andere mag davor zurückschrecken, weil er dazu neigt, in sich gekehrt zu sein; er beginnt, sich selbst zu bemitleiden, und findet eine gewisse Befriedigung darin, den Märtyrer zu spielen.
Der Grund kann aber auch Stolz sein. Man mag nicht zugeben wollen, daß man verletzt ist oder daß man die Ursache eines Problems ist. Oder jemand mag sich nicht demütigen wollen; denn es erfordert oft Demut, dem andern den Vorschlag zu machen, sich offen auszusprechen.
Es wird behauptet, daß 70 Prozent der menschlichen Kommunikation nicht Gespräche, sondern Gesten und Handlungen sind. Durch Gesten und Handlungen können wir unsere Gefühle ausdrücken, doch die Gründe, die uns veranlassen, in einer bestimmten Weise zu handeln, können wir damit nicht darlegen; auch können wir dadurch keine Mißverständnisse klären und keinen falschen Eindruck richtigstellen. Aber wenn wir offen miteinander reden, besteht die Hoffnung, daß uns das möglich ist. Denke daran, daß eine solche Aussprache Mut, Klugheit, Takt und Liebe erfordert, aber es lohnt sich!
Ja, für alles gibt es eine bestimmte Zeit; wenn das Gespräch abgebrochen ist, ist es an der Zeit zu sagen (eigentlich sollte man das tun, ehe ein solches Problem sich entwickelt hat): „Ich möchte mich mit dir einmal offen aussprechen.“
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„Das interessiert mich nicht“ — Warum diese Reaktion?Erwachet! 1972 | 22. November
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„Das interessiert mich nicht“ — Warum diese Reaktion?
„DAS interessiert mich nicht.“ Hast du das auch schon gesagt, wenn einer der christlichen Zeugen Jehovas bei dir vorgesprochen hat? Ich selbst habe anfangs ebenso reagiert, als Jehovas Zeugen mich besuchten. Aber was hat mich nicht interessiert? Was hat dich veranlaßt, zu sagen: „Das interessiert mich nicht.“?
Worüber möchten Jehovas Zeugen sprechen, wenn sie bei dir klingeln? Sie möchten dir die gute Botschaft mitteilen, daß unsere Erde unter Gottes Königreich ein einziges Paradies werden wird, in dem es keine Menschen mehr geben wird, die Böses tun oder die den Krieg schüren und zu Gewalttaten aufhetzen. Ja, die Zeugen Jehovas möchten den Menschen sagen, was sie tun müssen, um in einem erdenweiten Eden, wo für immer Frieden und Sicherheit herrschen wird, strahlende Gesundheit und ewiges Leben zu erlangen.
Erscheint dir das zu unglaubwürdig, als daß du dich dafür interessieren könntest? Die meisten Menschen interessieren sich sogar für Dinge, die sie für utopisch halten. Warum würden sie sich sonst wirklichkeitsfremde Filme im Kino und Fernsehen anschauen und utopische Romane in Büchern und Zeitschriften lesen? Sie fliehen gerne aus der Wirklichkeit in eine Welt der Phantasie. Es ist somit unmöglich, daß sie sagen, es interessiere sie nicht, nur weil ihnen die von Jehovas Zeugen unterbreitete Botschaft unglaubwürdig erscheint.
Sagen sie denn das, weil sie kein Verlangen nach den großartigen Dingen haben, die Gottes Wort verheißt? Denke einen Augenblick darüber nach. Sehnen wir uns nicht alle nach Frieden und nach Befreiung von den Menschen, die Böses tun? Sehnen wir uns nicht nach Sicherheit? Wünschen wir uns nicht eine gute Gesundheit und vor allem eine sichere Hoffnung für die Zukunft? Für jeden kommt einmal die Zeit, in der er sich deutlich bewußt wird, daß er dieser Dinge bedarf. Das Bedürfnis danach ist also vorhanden; als Bedürfnis wird unter anderem das Verlangen nach einer Sache bezeichnet. Somit haben die Menschen im Grunde genommen nach diesen Dingen ein Verlangen.
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