Wir beobachten die Welt
Kurz vor dem Einschlafen
◆ In den Kirchen gehe eine „unbegreifliche Müdigkeit“ um und die Christenheit sei „weithin steril und defensiv“. So äußerte sich der Vizepräsident der Kirchenkanzlei der evangelischen Kirche, Loewe, wie die Westdeutsche Allgemeine berichtete. Unter den „Christen“ in der Bundesrepublik Deutschland herrsche so etwas wie „Abendstimmung“.
Die „konstantinische Versuchung“
◆ Nach dem Falklandkrieg gedachte der Erzbischof von Canterbury in der St.-Pauls-Kathedrale — zur Enttäuschung vieler anwesenden Persönlichkeiten — nicht nur der britischen, sondern auch der argentinischen Opfer und forderte die Aussöhnung mit Argentinien. Der Erzbischof habe damit der „konstantinischen Versuchung“ widerstanden, bemerkt das Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt. Die protestantische Zeitung stellt in diesem Zusammenhang folgendes fest: „Das Bedürfnis ist uralt: Der Priester soll die Herrschenden segnen, er soll ihre Macht sakral bestätigen, er soll die Parteilichkeit des Himmels gewährleisten: Gott mit uns und gegen unsere Feinde. So wollte es schon Kaiser Konstantin, als er Christ wurde, weil die Kirche sich so stark ausbreitete. Seine Bekehrung war ein religiös-politisches Kalkül. Die Kirche, zur imperialen Würde erhoben, sollte den Zusammenhalt des mühsam balancierten Römischen Reiches sichern helfen. Der Vorgang geriet zu einem der großen Sündenfälle der Kirche. Heute wissen wir das, heute scheut sich die Kirche, sensibler und selbstkritisch geworden, der Macht zu huldigen, Waffen zu segnen, Kriege zu rechtfertigen. Doch die konstantinische Versuchung kommt immer wieder auf sie zu. Sie regt sich in ihr selber, sie regt sich bei denen, die politisch zu sagen haben.“
Schmutziges Programm
◆ Die millionenfache Verbreitung der Videogeräte zwingt die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften, sich auch zunehmend mit Blut- und Bettszenen auf Magnetband zu befassen. Rund 3 000 bis 5 000 Titel stehen zur Zeit in den Videotheken zur Auswahl, und „ein erheblicher Teil dieser Titel ist geeignet, den amtlichen Jugendschützern schlaflose Nächte zu bereiten“, schreibt der Wiesbadener Kurier. „Auf immer mehr Bildschirmen in deutschen Heimen wird gefoltert und gemordet, vergewaltigt und geschändet, treiben Zombies und Menschenfresser ihr Unwesen, werden sexuelle Praktiken aller Art mit der Genauigkeit eines gynäkologischen Lehrfilms vorgeführt.“ Mit einer Indizierung der beanstandeten Videokassetten allein „ist der immer höher brandenden Welle brutaler Gewaltdarstellungen kaum beizukommen“, bemerkt die Zeitung, da sie jeder Erwachsene weiterhin ausleihen könne. „Und wer sie dann im Heimkino sieht, darauf hat kein Jugendschützer mehr Einfluß.“ Die Videobranche will sich nun bemühen, eine geeignete Selbstkontrolle aufzubauen.
Auf einem Weltkongreß der Schulpsychologen in Stockholm wurde kürzlich eine Studie über die Wirkung solcher Filme auf Stockholmer Schüler vorgelegt. Die Studie ergab, daß Videofilme mit brutalen Gewaltszenen und vielen Morden bei Jugendlichen eine „faschistische Weltanschauung“ fördern können. Von den 600 befragten Schülern sahen sich 45 Prozent (!) am liebsten Videoprogramme mit Gewaltszenen und außerdem Pornofilme an, die in den Kinos verboten sind.
Das Wichtigste bei hohem Blutverlust
◆ Professor Manfred Kessler von der Universität Erlangen — Nürnberg machte Anfang Juni in einer Sendung des Bayerischen Rundfunks, bei der es um neue Wege zu einer erfolgreicheren Schockbehandlung ging, folgende Äußerungen: Der rote Blutfarbstoff ist sicher eine der besonders genialen Konstruktionen der Natur oder der Schöpfung. Bis vor etwa 15 bis 20 Jahren glaubte man, daß ein Sauerstofftransport ohne Blutfarbstoff nicht möglich sei. Man war vor allem der Meinung, nach Unfällen mit Blutverlust müsse der Patient — wenn er optimal behandelt werden sollte — unbedingt eine Bluttransfusion erhalten. Nun, das trifft nicht zu. Man weiß heute, daß das Wichtigste nach einem größeren Blutverlust nicht der Blutersatz, sondern zunächst einmal der Flüssigkeitsersatz ist, und daraus hat sich dann der Begriff „Volumenersatz“ ergeben. Das Flüssigkeitsvolumen, das bei der Blutung verlorengegangen ist, muß wieder ersetzt werden. Wenn man das tut, können ohne weiteres 50 bis 75 % des Blutes oder der roten Blutkörperchen verlorengegangen sein, und trotzdem ist es möglich, die normale Sauerstoffversorgung über kürzere Zeit aufrechtzuerhalten.
Ehefeindlich
◆ Der Anteil der unehelichen Kinder ist seit 1960 in den zehn Ländern der Europäischen Gemeinschaft um 70 Prozent gestiegen. Vor 20 Jahren wurde nur jedes 22. Kind unehelich geboren, heute ist es bereits jedes 13. Kind. In der EG-Statistik steht Dänemark weit an der Spitze: Jedes dritte Kind, das dort geboren wird, hat keine verheirateten Eltern. Es folgen Großbritannien, Frankreich und die Bundesrepublik Deutschland. Die wenigsten nichtehelichen Kinder melden Belgien und Griechenland. Für den Kieler Bevölkerungswissenschaftler Professor Hans Jürgens ist gemäß den Bremer Nachrichten der wachsende Anteil der nichtehelichen Kinder ein Anzeichen für die verstärkte „Emanzipation von der Ehe“. Unberücksichtigt bleibt der Schaden, der für die betroffenen Kinder durch die Verwerfung der von Gott gestifteten Eheeinrichtung verursacht wird.
Antarktis nicht mehr „sauber“
◆ Obwohl der Südpol bisher zu den Regionen der Welt zählte, die am wenigsten durch Umweltgifte geschädigt waren, drohen die in der Antarktis lebenden Pinguine auszusterben. Wie eine Naturschutzorganisation jetzt in Santiago (Chile) bekanntgab, leiden die Meeresvögel in der Antarktis unter dem Schädlingsvertilgungsmittel DDT. Inzwischen steht fest, daß das Insektizid zuerst von Schalentieren und Fischen aufgenommen wird und dann mit der Nahrungsaufnahme in den Organismus der Pinguine gelangt. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung bemerkt, bewirkt das Gift einen Kalkabbau und damit die Erweichung der Eierschalen, die dann beim Brüten zerbrechen. Somit ist die These zweifelhaft geworden, daß die Antarktis von allen Umweltschäden verschont sei.