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Die Todesverkäufer und ihre KundschaftErwachet! 1989 | 8. Juli
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Zielgruppe Nummer eins: Frauen. Seit Jahrzehnten raucht eine kleine Minderheit der Frauen, ermutigt und unterstützt durch das Beispiel von Filmschauspielerinnen wie z. B. Gloria Swanson, die schon 1917 im Alter von 18 Jahren rauchte. Als Begründung für ihre Verpflichtung zu einer ihrer ersten Rollen erklärte ihr der Direktor: „Ihr Haar, Ihr Gesicht, die Art, wie Sie sitzen, wie Sie eine Zigarette halten ... Sie sind genau die, die ich suche.“
Ein leuchtendes „Vorbild“ der 40er Jahre war Lauren Bacall, die zusammen mit ihrem Mann, Humphrey Bogart, einem starken Raucher, in einigen Filmen zu sehen war. Doch der „weibliche“ Absatzmarkt hinkte immer weit hinter dem „männlichen“ her — wie auch die Zahl der Krebsfälle. Jetzt holen die Frauen jedoch rasant auf — beim Rauchen und beim Lungenkrebs.
In den letzten Jahren hat sich die Werbung in eine neue Richtung entwickelt, teilweise bedingt durch das sich ändernde Rollenverständnis vieler Frauen und den heimtückischen Einfluß der Tabakwerbung. Welche Botschaft wird den Frauen übermittelt? Von der Firma Philip Morris wird neben vielen anderen Marken „Virginia Slims“ hergestellt, eine Marke, die auf die moderne Frau abzielt. Die Anzeige für diese Zigarette ist die, die auch Amy angezogen hatte: „Der Weg war weit, Liebes.“ Die Anzeige zeigt eine mondäne Frau mit einer Zigarette zwischen den Fingern. Aber viele Frauen müssen sich fragen, wohin sie der Weg geführt hat. Innerhalb der letzten zwei Jahre hat der Lungenkrebs den Brustkrebs als Todesursache bei Frauen überflügelt.
Ein andere Marke lockt die Frauen mit Sonderangeboten: „5 gratis pro Packung!“ Oder: „50 gratis je Stange!“ Einige Frauenzeitschriften enthalten sogar Gutscheine für Gratispackungen.
Ein anderes einfaches Werbemittel ist die Erotik. Die Einladung einer Marke lautet: „Entdecke mehr Genuß.“ Dazu gehört eine Suchanzeige mit dem Wortlaut: „GESUCHT! Großer, schlanker Fremder für dauerhafte Beziehung. Gutes Aussehen und großartiger Geschmack Voraussetzung. Voller Sehnsucht nach brennendem Rauchabenteuer.“ Die Zigarette präsentiert sich schlank und in dunkler Verpackung. Warum wohl?
Auch die Mode wird als Angelhaken gebraucht. Eine Marke wird als „Hymne auf Stil und Geschmack von YVES SAINT LAURENT“ gepriesen. Ein weiterer Köder liegt für Gewichtsbewußte bereit: Eine Anzeige bringt zum Bild eines schlanken Fotomodells die Beschreibung: „Ultra Lights — Der leichteste Stil“.
Warum haben es die Zigarettenproduzenten auf die Frauen abgesehen? Einen Anhaltspunkt liefert die Schätzung der Weltgesundheitsorganisation, daß „in den Entwicklungsländern mehr als 50 Prozent der Männer, aber nur 5 Prozent der Frauen rauchen, während es in den Industrieländern bei beiden Geschlechtern etwa 30 Prozent sind“. So tut sich der Tabakindustrie ein großer unerschlossener Markt auf, aus dem sie ungeachtet der möglichen gesundheitlichen Folgen Gewinn zu schlagen versucht. Und sie hat Erfolg. Gemäß der New York Times wird in einem Report des amerikanischen Gesundheitsdienstes vom Januar 1989 erklärt, daß „Kinder, insbesondere Mädchen, immer früher anfangen zu rauchen“. Das schließt sogar Grundschüler ein. Wie aus einer anderen Quelle hervorgeht, ist die Zahl der jugendlichen Raucherinnen in den Vereinigten Staaten in den letzten Jahren um 40 Prozent gestiegen. Doch Frauen sind nicht das einzige Ziel der Verkäufer von Krankheit und Tod.
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Die Todesverkäufer und ihre KundschaftErwachet! 1989 | 8. Juli
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[Bild auf Seite 8]
Die Zigarettenwerbung richtet sich an Frauen und gewinnt dabei
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