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NabonidEinsichten über die Heilige Schrift, Band 2
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In erster Linie enthält sie die wichtigsten Ereignisse der Herrschaft Nabonids, des letzten Oberherrschers Babylons, einschließlich eines kurzen Berichts über den Sturz Babylons, der durch die Truppen des Cyrus herbeigeführt wurde. Obwohl sie zweifellos ursprünglich aus Babylon stammte und in babylonischer Keilschrift geschrieben wurde, sagen Gelehrte, die die Schriftart untersuchten, sie könne in die seleukidische Zeit (312–365 v. u. Z.) – das wäre mindestens 200 Jahre nach den Tagen Nabonids – datiert werden. Man ist sich fast sicher, dass die Nabonid-Chronik eine Kopie eines älteren Dokuments ist. Cyrus wird darin verherrlicht, während Nabonid herabgesetzt wird; deshalb ist man der Ansicht, dass sie das Werk eines persischen Schreibers ist, und tatsächlich wurde sie als „persische Propaganda“ bezeichnet. Das kann zwar der Fall sein, doch Historiker meinen, dass die genauen Einzelheiten, die sie enthält, dennoch zuverlässig sind.
Trotz der Kürze der Nabonid-Chronik – das Tontäfelchen misst an der breitesten Stelle etwa 14 cm und ist ungefähr ebenso lang – ist sie der vollständigste vorhandene Keilschrifttext über den Sturz Babylons. In der dritten ihrer vier Spalten, beginnend mit der 5. Zeile, heißt es auszugsweise: „[17. Jahr] ... Im Monat Tischri hat Kyros, nachdem er bei Opis (Upija) am Tigris den Truppen von Akkad Schlacht geliefert hatte, ... Beute gemacht und Leute getötet. Am 14. fiel Sippar ohne Kampf. (15) Nabonid flüchtete. Am 16. zogen Ugbaru, der Statthalter von Gutium, und die Truppen des Kyros ohne Kampf in Babel ein. Später wurde Nabonid, nachdem er zurückgekehrt war, in Babel gefangen genommen. ... Am 3. Marcheschwan hielt Kyros in Babel Einzug. ... wurden vor ihm ausgebreitet (?). Die Stadt bekam Frieden, Kyros verkündete (?) ganz Babel Frieden“ (Textbuch zur Geschichte Israels, S. 81, 82).
Es sei noch erwähnt, dass die Angabe „17. Jahr“ auf dem Tontäfelchen nicht erscheint, weil dieser Teil des Textes beschädigt ist. Die Übersetzer haben diesen Teil eingefügt, weil sie glauben, dass Nabonids 17. Regierungsjahr sein letztes war. Sie nehmen also an, dass sich der Sturz Babylons in jenem Jahr seiner Regierung ereignete und dass diese Worte an der nun beschädigten Stelle erscheinen würden, wenn das Tontäfelchen unbeschädigt wäre. Selbst wenn die Herrschaft Nabonids länger gedauert hätte, als allgemein angenommen wird, würde sich dadurch nicht das für den Sturz Babylons anerkannte Jahr 539 v. u. Z. ändern, denn es gibt andere Quellen, die auf dieses Jahr hinweisen. Durch die Beschädigung verliert die Nabonid-Chronik jedoch etwas an Wert.
Das Jahr fehlt zwar, aber der Monat und der Tag des Sturzes Babylons sind in dem noch erhaltenen Text zu finden. Aufgrund dieser Angaben berechneten Chronologen, dass der 16. Tischri gemäß dem julianischen Kalender auf den 11. Oktober des Jahres 539 v. u. Z. fiel und gemäß dem gregorianischen Kalender auf den 5. Oktober. Da dieses Datum anerkannt ist und es keine anderen Hinweise gibt, ist das Jahr 539 v. u. Z. ein Schlüsseldatum, mit dessen Hilfe man weltliche und biblische Geschichte in Einklang bringen kann. (Siehe CHRONOLOGIE.)
Interessanterweise heißt es in der Chronik hinsichtlich der Nacht des Sturzes Babylons: „Die Truppen des Kyros [zogen] ohne Kampf in Babel ein“ (Textbuch zur Geschichte Israels, S. 82). Das bedeutet wahrscheinlich „ohne einen allgemeinen Zusammenstoß“ und stimmt mit der Prophezeiung Jeremias überein, die besagt: „Die starken Männer Babylons haben aufgehört zu kämpfen“ (Jer 51:30).
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