Blutfrage macht in Japan Schlagzeilen
‘ENTHALTET euch des Blutes.’ Diese klare Anweisung wird in der Bibel in Apostelgeschichte 15:29 gegeben. Sie ist Teil einer Entscheidung, die im ersten Jahrhundert von der leitenden Körperschaft der Christenversammlung gefällt wurde, und ist in Gottes inspiriertem Wort aufgezeichnet worden, das Christen bis heute zur Unterweisung dient.
Dieser göttliche Erlaß war jedoch im ersten Jahrhundert nichts Neues. Das Gebot, sich des Blutes zu enthalten, war vor 3 500 Jahren in das mosaische Gesetz aufgenommen worden, wie in 3. Mose 17:10-16 nachzulesen ist. In der Tat hatte Noah, der Vorfahr aller heute auf der Erde lebenden Menschen, vor mehr als 4 300 Jahren ein ähnliches Gebot erhalten. Gemäß 1. Mose 9:4 lautet es: „Nur Fleisch mit seiner Seele — seinem Blut — sollt ihr nicht essen.“
Für Personen, die ihr Leben nach der Bibel ausrichten, geht aus den genannten Schriftstellen deutlich hervor, daß Blut in Gottes Augen kostbar ist. Als Schöpfer des Menschen und als Quell dieser lebenerhaltenden Flüssigkeit steht es allein ihm zu, Anweisungen über die Verwendung von Blut zu geben. Wenn es zur Erhaltung des Lebens nicht durch den Mund aufgenommen werden darf, dann darf es zur Erhaltung des Lebens logischerweise auch nicht intravenös dem Körper zugeführt werden, wie zum Beispiel bei der künstlichen Ernährung oder bei Transfusionen. Anbeter des Gottes der Bibel sind darauf bedacht, seinen Anforderungen zu entsprechen. Und wie aus Apostelgeschichte 15:28, 29 deutlich hervorgeht, ist es — von Gottes Standpunkt aus betrachtet — ebenso wichtig, sich des Blutes zu enthalten wie des Götzendienstes und der Hurerei.
Ein Fall, der in Japan Aufsehen erregte
Am 6. Juni 1985 um 16.35 Uhr war der zehnjährige Dai Suzuki mit seinem Fahrrad unterwegs. Er war auf dem Weg, um seine erste Ansprache in der Theokratischen Predigtdienstschule im Königreichssaal der Zeugen Jehovas zu halten. Vor einer Verkehrsampel hielt er zwischen einem großen Kipper und der Leitplanke an. Als es „grün“ wurde, fuhr Dai los. Die großen Hinterräder des Lastwagens erfaßten ihn und schleuderten ihn zu Boden. Dabei brach er sich beide Beine. Aus den Wunden blutete es heftig. Fünf Stunden nach der Aufnahme in ein nahe gelegenes Krankenhaus erlag Dai den Folgen seiner Verletzungen.
Über das Ereignis wurde landesweit berichtet. Erwähnenswert war der Fall für die Nachrichtenmedien deshalb, weil die Eltern nicht einwilligten, daß ihr Sohn eine Bluttransfusion erhielt. Dais Vater studiert mit Jehovas Zeugen die Bibel, und seine Mutter ist bereits eine getaufte Zeugin Jehovas. Aus religiösen Gründen lehnten sie es entschieden ab, in eine Bluttransfusion, die ihr Sohn erhalten sollte, einzuwilligen. Ihre schriftliche Weigerung besiegelten sie sogar mit ihren Fingerabdrücken, was gesetzlich bindend ist, falls jemand sein offizielles Siegel nicht bei sich hat. Sie hielten es für richtig, sich an die Heilige Schrift zu halten, in der Gottes Dienern ausdrücklich geboten wird, sich des Blutes zu enthalten.
Damals drohte man den Eltern mit einer Mordanklage, falls ihr Kind zufolge ihres Einspruchs gegen eine Bluttransfusion sterben sollte. Bei einer späteren sorgfältigen Autopsie stellte es sich jedoch heraus, daß der Tod nicht auf irgendeine Fahrlässigkeit der Eltern oder des Krankenhauses zurückzuführen war. Daher wurde kein Verfahren eingeleitet.
In den drei führenden landesweit erscheinenden Zeitungen Japans sowie in einflußreichen lokalen Blättern erschienen lange Artikel über den Fall. Auch die Fernseh- und Rundfunkanstalten brachten Berichte darüber in ihren Nachrichtensendungen. Auf diese Weise wurde durch die Medien sehr an das Gefühl der Öffentlichkeit appelliert, und wie es bei derart emotionsgeladenen Fällen oft vorkommt, wurden die Tatsachen ziemlich verdreht. Viele der Artikel waren geradezu provozierend geschrieben.
Dennoch räumte ein Kommentator ein, daß es den Japanern fremd sei, einer derart festen religiösen Überzeugung zu folgen, wie es die Familie Suzuki getan habe. Er sagte, daß „eine erzwungene Transfusion, die dem Patienten das Leben gerettet hätte, für die Eltern und das Kind größere Belastungen mit sich gebracht hätte als der Tod des Patienten“. Auf dieser Grundlage könne man nach seiner Meinung den Glauben eines anderen eigentlich nicht verurteilen.
Die japanischen Fernsehanstalten machten um den Fall großes Aufheben, was bei vielen gefühlsbedingte Vorurteile erzeugte. Doch vom Standpunkt der Familie Suzuki aus betrachtet, war es von Bedeutung, den klaren Anweisungen des Gottes der Bibel zu gehorchen. Somit befolgten die liebevollen, gottesfürchtigen Eltern das biblische Gebot: ‘Enthaltet euch des Blutes’ (Apostelgeschichte 15:20, 29; 21:25). Die Tatsache, daß das Gebot, sich des Blutes zu enthalten, in der Apostelgeschichte in drei verschiedenen Versen angeführt und mit der Warnung vor Götzendienst und Hurerei in Zusammenhang gebracht wird, zeigt, wie ernst der Schöpfer die Sache ansieht.
Sollte der seltene Fall eintreten, daß ein treuer Christ stirbt, weil er die Aufnahme von Blut verweigert hat, dann wird er, so wie Gott es verheißen hat, zu der von ihm festgelegten Zeit mit Sicherheit auferweckt werden. Dais Eltern können vertrauensvoll das sagen, was Martha über ihren Bruder Lazarus sagte, nämlich: Wir wissen, „daß er auferstehen wird in der Auferstehung am letzten Tag“ (Johannes 11:24; 5:28, 29).
Für Jehovas Zeugen ist die Frage rein religiöser Natur. Natürlich könnte auch angeführt werden, daß es oft ein geringeres Risiko ist, eine Bluttransfusion zu verweigern, als sie zu akzeptieren, da der Betreffende nicht Gefahr läuft, sich ernste, durch Bluttransfusionen übertragbare Krankheiten wie AIDS oder Hepatitis zuzuziehen. Doch für den Christen, der sich an Gottes Wort hält, ist das zweitrangig; sein Hauptanliegen ist es, Gott zu gehorchen und in seiner Gunst, der Gunst des Lebengebers, zu bleiben, der sogar ewiges Leben verleihen kann (Psalm 36:9; Römer 2:6, 7).
Gelegentlich erfordert es für einen loyalen Christen ein Opfer, dem Gebot der Bibel zu folgen, sich des Blutes zu enthalten. Selbstaufopferung ist jedoch eine Tugend, die in vielen Gesellschaften geschätzt wird, und selbstaufopfernder Gehorsam gegenüber dem Schöpfer wird gewiß seine Anerkennung finden (Lukas 9:23, 24).
Die Familie Suzuki war trotz emotionsgeladener Angriffe von Personen, die die Grundsätze, um die es ging, nicht verstanden, fest entschlossen, im Gehorsam gegenüber dem allmächtigen Gott den Anweisungen der Bibel zu folgen (Apostelgeschichte 5:29). Möge der „Gott allen Trostes“ dieser Familie weiterhin beistehen, ihre Lauterkeit zu bewahren, und sie durch die Auferstehung reichlich segnen! (2. Korinther 1:3, 4).
[Bild auf Seite 23]
Dai als Schulanfänger im Jahre 1981