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Geschickte Ratgeber — ein Segen für ihre BrüderDer Wachtturm 1986 | 15. September
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Geschickte Ratgeber — ein Segen für ihre Brüder
„Ich will wieder Richter für dich zurückbringen wie zuerst und Ratgeber für dich wie zu Beginn“ (JESAJA 1:26).
1, 2. (a) Inwiefern zeigt Sprüche 12:15 und 19:20, wie wertvoll Rat ist? (b) Was ist zunächst einmal nötig, damit wir ‘auf Rat hören’ können, und welche Erfahrung veranschaulicht das?
TERRI ist die Tochter christlicher Eltern. Sie hatte in der Schule eine Freundin, die auch „in der Wahrheit“ war. Terri bemerkte jedoch, daß ihre Freundin gegen Ende der Grundstufe von ihrem Glauben nicht mehr so begeistert war wie vorher. Später wurde ihre Freundin im Besuch der christlichen Zusammenkünfte unregelmäßig und fing an, die Wachtturm-Gesellschaft und die Versammlung zu kritisieren. Aber Terri betete inbrünstig für ihre Freundin und riet ihr ständig, doch zu versuchen, als Christ stark zu bleiben. Schließlich wurden Terris Bemühungen belohnt. Als sie in der zehnten Klasse waren, besuchte ihre Freundin wieder regelmäßig die Zusammenkünfte und ließ sich dann taufen. Welch ein Segen für sie! Und welch ein Lohn für ihre treue Freundin Terri!
2 Kann man angesichts dieser Erfahrung in Frage stellen, daß Christen von Zeit zu Zeit einander liebevoll Rat geben müssen? Die Bibel ermuntert: „Hör auf Rat, und nimm Zucht an, damit du weise werdest in deiner Zukunft“ (Sprüche 19:20; 12:15). Terris Freundin befolgte diesen Rat. Was wäre aber gewesen, wenn Terri nicht die Liebe, die Ausdauer und den Mut gehabt hätte, ihr in all den Jahren immer wieder Hilfe zu bieten? Ja, um ‘auf Rat hören’ zu können, brauchen wir einen Ratgeber. Wer sollte das sein?
Rat — Von wem?
3. Wen hat Jehova dafür vorgesehen, in der Christenversammlung zeitgemäßen Rat zu erteilen?
3 Jehova Gott verhieß, sein Volk in unserer Zeit mit Ratgebern zu versorgen. Er sagte: ‘Ich will wieder Ratgeber für dich zurückbringen wie zu Beginn’ (Jesaja 1:26). Diese Verheißung erfüllt sich in erster Linie durch die ernannten Ältesten in der Christenversammlung. Ratgeben ist eine Form des Lehrens, und vor allem Älteste müssen „lehrfähig“ sein (1. Timotheus 3:2). Der Apostel Paulus hatte möglicherweise hauptsächlich die Ältesten im Sinn, als er sagte: „Wenn auch ein Mensch einen Fehltritt tut, ehe er es gewahr wird, so versucht ihr, die geistig Befähigten, einen solchen Menschen im Geist der Milde wieder zurechtzubringen“ (Galater 6:1). Sind Älteste aber die einzigen, die Rat geben können?
4, 5. (a) Welche biblischen Beispiele zeigen, daß Älteste nicht die einzigen sind, die Rat erteilen können? (b) Was sind einige typische neuzeitliche Situationen, in denen Christen, die keine Ältesten sind, Rat erteilen?
4 Nein. Terri war kein Ältester, aber ihr Rat brachte schließlich gute Ergebnisse. Denke auch an den syrischen Heerobersten Naaman. Er reagierte auf die vorzügliche Information, die von einem jungen israelitischen Mädchen stammte, und später auf den Rat seiner Diener. Durch den rechtzeitigen Rat Abigails, der Frau Nabals, wurde David davor bewahrt, Blutschuld auf sich zu laden. Der junge Mann Elihu hatte weisen Rat für Hiob und seine drei „Tröster“ (1. Samuel 25:23-35; 2. Könige 5:1-4, 13, 14; Hiob 32:1-6).
5 Auch heute ist das Ratgeben nicht ein alleiniges Privileg der Ältesten. Eltern geben ihren Kindern regelmäßig Rat. Junge Leute wie Terri haben häufig Erfolg, wenn sie Gleichaltrigen Rat geben. Die Bibel ermuntert speziell reife Schwestern, „Lehrerinnen des Guten“ zu sein, vor allem für jüngere Frauen in der Versammlung (Titus 2:3-5). Ja, im allgemeinen Sinne haben wir alle die Verpflichtung, uns auf diese Weise gegenseitig zu helfen. Der Apostel Paulus sagte: „Fahrt ... fort, einander zu trösten und einander zu erbauen, so wie ihr es ja tut“ (1. Thessalonicher 5:11).
Der Zweck des christlichen Rates
6. Was wird mit christlichem Rat bezweckt?
6 Was wird mit christlichem Rat bezweckt? Daß jemandem geholfen wird, Fortschritte zu machen und auf dem rechten Weg zu bleiben sowie Probleme zu lösen, Schwierigkeiten zu überwinden und vielleicht einen verkehrten Lauf zu korrigieren. Paulus bezog sich auf einige Formen des Raterteilens, als er Timotheus gebot: „Weise zurecht, erteile Verweise, ermahne, mit aller Langmut und Kunst des Lehrens“ (2. Timotheus 4:1, 2). Es ist wirklich eine Kunst, jemandem so Rat zu erteilen, daß er versteht, was gemeint ist, aber sich nicht verletzt fühlt.
7, 8. (a) Wann wird in der Christenversammlung Rat erwartet? (b) Bei welchen Gelegenheiten erwartet ein Christ vielleicht keinen Rat, braucht ihn aber?
7 Wann sollte man Rat erteilen? Eltern haben ständig Gelegenheit, ihren Kindern Rat zu erteilen, und er wird von den Kindern auch mehr oder weniger erwartet (Sprüche 6:20; Epheser 6:4). In der Versammlung erwartet ein Studierender Rat, wenn er eine Ansprache in der Theokratischen Predigtdienstschule gehalten hat. Ein neuer Königreichsverkündiger erwartet Hilfe und Rat, während er als christlicher Diener Gottes zur Reife voranschreitet (1. Timotheus 4:15). Manchmal sprechen einzelne, die Hilfe und Rat suchen, Älteste oder andere in der Versammlung an.
8 Gelegentlich muß jedoch Personen Rat erteilt werden, die ihn nicht erwarten oder nicht wünschen. Vielleicht verliert jemand seinen Eifer im Dienst für Jehova und ‘gleitet ab’, wie das bei Terris Freundin der Fall war (Hebräer 2:1). Ein anderer hat schwerwiegende persönliche Differenzen mit jemandem in der Versammlung (Philipper 4:2). Oder jemand braucht Hilfe in Sachen Kleidung und Haartracht oder bei der Wahl von Freunden oder Musik (1. Korinther 15:33; 1. Timotheus 2:9).
9, 10. (a) Warum erfordert christliches Raterteilen Mut? (b) Warum sollte ein Christ dennoch Rat geben, wenn es nötig ist?
9 Als der Prophet Hanani König Asa von Juda Rat gab, ärgerte sich Asa so sehr, daß er ihn ‘in das Stockhaus setzte’ (2. Chronika 16:7-10). Wer in jenen Tagen dem König Rat erteilen wollte, mußte mutig sein. Auch heute mag Mut erforderlich sein, weil Rat anfänglich Verärgerung hervorrufen kann. Ein erfahrener Christ hielt sich einmal davon zurück, einem jüngeren Freund nötigen Rat zu erteilen. Der Grund? Er erklärte: „Wir sind gute Freunde, und ich möchte, daß das so bleibt.“ Mit benötigter Hilfe zurückzuhalten ist aber durchaus kein Merkmal eines guten Freundes (Sprüche 27:6; vergleiche Jakobus 4:17).
10 Die Erfahrung zeigt, daß ein Ratgeber durch geschicktes Vorgehen Grollreaktionen einschränken und gewöhnlich den Zweck des Rates erreichen kann. Was ist erforderlich, damit man ein geschickter Ratgeber sein kann? Um das beantworten zu können, wollen wir zwei Beispiele betrachten, ein gutes und ein schlechtes.
Paulus — ein geschickter Ratgeber
11. Warum nahmen die meisten Korinther den Rat des Paulus an, obwohl er sich häufig so direkt ausdrückte?
11 Der Apostel Paulus hatte viele Gelegenheiten, Rat zu erteilen, und manchmal mußte er etwas Strenges sagen (1. Korinther 1:10-13; 3:1-4; Galater 1:6; 3:1). Nichtsdestoweniger war sein Rat wirkungsvoll, weil diejenigen, denen er galt, wußten, daß Paulus sie liebte. Es war so, wie er den Korinthern schrieb: „Aus viel Drangsal und Herzensangst schrieb ich euch unter vielen Tränen, nicht um euch traurig zu machen, sondern damit ihr die Liebe erkennt, die ich ganz besonders zu euch hege“ (2. Korinther 2:4). Die meisten Korinther nahmen den Rat des Paulus an, weil sie wußten, daß er nicht aus selbstsüchtigen Beweggründen gegeben wurde, denn „Liebe ... blickt nicht nach ihren eigenen Interessen aus“. Sie waren auch davon überzeugt, daß er nicht aus persönlicher Erregung heraus sprach, denn „Liebe ... läßt sich nicht aufreizen. Sie rechnet das Böse nicht an“ (1. Korinther 13:4, 5).
12. Welche Eigenschaft macht es einem christlichen Ratgeber leichter, gute Ergebnisse zu erzielen? Veranschauliche es.
12 Auch heute ist es viel leichter, sogar strengen Rat zu akzeptieren, wenn man weiß, daß der Raterteilende einen liebt und nicht aus persönlicher Erregung heraus spricht und keine selbstsüchtigen Beweggründe hat. Spricht ein Ältester nur dann mit Teenagern von der Versammlung, wenn er sie kritisiert, so könnten sie leicht denken, er wolle an ihnen nur herumnörgeln. Wie ist es jedoch, wenn der Älteste ein gutes Verhältnis zu den Teenagern hat? Wenn er sie mit in den Predigtdienst nimmt, im Königreichssaal für sie zugänglich ist, sie ermuntert, mit ihm über ihre Probleme, Erwartungen und Zweifel zu sprechen, und sie vielleicht sogar (mit der Zustimmung ihrer Eltern) hin und wieder zu sich einlädt? Wenn er dann den Teenagern Rat gibt, werden sie eher geneigt sein, diesen anzunehmen, weil sie wissen, daß er von einem Freund kommt.
Milde und Demut
13. (a) Worauf sollte christlicher Rat letztlich gegründet sein? (b) Was müssen daher diejenigen, die in der Christenversammlung Rat erteilen, vermeiden?
13 Es gibt noch einen anderen Grund, warum Paulus mit seinem Rat Erfolg hatte. Er verließ sich auf göttliche Weisheit, nicht auf seine eigenen Ansichten. Er schrieb dem Ratgeber Timotheus: „Die ganze Schrift ist von Gott inspiriert und nützlich zum Lehren, zum Zurechtweisen, zum Richtigstellen der Dinge, zur Erziehung in der Gerechtigkeit“ (2. Timotheus 3:16; vergleiche 1. Korinther 2:1, 2). Auch heute stützen christliche Ratgeber das, was sie sagen, auf die Schrift. Es stimmt, daß Eltern im Familienkreis nicht jedesmal die Bibel zitieren, wenn sie ihren Kindern Rat erteilen. Dennoch muß das, was christliche Eltern sagen, immer einen biblischen Grund haben, ganz gleich, ob sie nun zum Gehorsam, zur Reinlichkeit, zur Rücksicht auf andere, zur Pünktlichkeit oder zu irgend etwas anderem ermuntern (Epheser 6:1; 2. Korinther 7:1; Matthäus 7:12; Prediger 3:1-8). Innerhalb der Versammlung müssen wir darauf achten, daß wir nicht versuchen, anderen unsere persönlichen Ansichten oder Geschmacksrichtungen aufzuzwingen. Älteste sollten es vermeiden, die Schrift so hinzubiegen, daß sie scheinbar eine Idee unterstützt, für die sie sehr stark eintreten. (Vergleiche Matthäus 4:5, 6.) Jeder Rat, den sie geben, muß einen echten biblischen Grund haben (Psalm 119:105).
14, 15. (a) Nenne eine andere Eigenschaft, die es erleichtert, Rat anzunehmen. (b) Warum ist es so wichtig, daß ein Ratgeber diese Eigenschaft entwickelt?
14 Noch wirkungsvoller ist Rat, wenn er im Geist der Milde erteilt wird. Deshalb sagte Paulus, die Befähigten sollten, wenn jemand einen Fehltritt tut, ehe er es gewahr wird, ‘versuchen, einen solchen Menschen im Geist der Milde wieder zurechtzubringen’ (Galater 6:1). Er wies Titus an, andere daran zu erinnern, „von niemandem nachteilig zu reden, nicht streitsüchtig zu sein, sondern vernünftig, indem sie allen Menschen gegenüber alle Milde an den Tag legen“ (Titus 3:1, 2; 1. Timotheus 6:11).
15 Warum Milde? Weil unbeherrschte Gefühlsäußerungen ansteckend sind. Zornige Worte provozieren zornige Worte, und es ist schwierig, vernünftig zu sprechen, wenn die Gefühle aufwallen. Selbst wenn derjenige, der Rat erhält, zornig reagiert, ist das kein Grund für den Ratgeber, dasselbe zu tun. Vielmehr kann die milde Einstellung des Raterteilenden zu einer entspannten Atmosphäre beitragen. „Eine Antwort, wenn milde, wendet Grimm ab“ (Sprüche 15:1). Das gilt unabhängig davon, ob der Ratgeber Vater oder Mutter, ein Ältester oder sonst jemand ist.
16. Warum sollte man immer respektvoll sein, wenn man Rat erteilt?
16 Bedenke schließlich, was Paulus dem jüngeren Ältesten Timotheus sagte: „An einem älteren Mann übe nicht strenge Kritik. Im Gegenteil, rede ihm bittend zu wie einem Vater, jüngeren Männern wie Brüdern, älteren Frauen wie Müttern, jüngeren Frauen wie Schwestern mit aller Keuschheit“ (1. Timotheus 5:1, 2). Welch vorzüglicher Rat! Stell dir vor, wie eine ältere Frau empfinden würde, wenn ein jüngerer Ältester, der womöglich ihr Sohn sein könnte, ihr auf äußerst kritische oder respektlose Weise Rat erteilen würde. Es wäre viel besser, der Raterteilende würde einen Augenblick innehalten und folgendes überlegen: „Was wäre angesichts der Persönlichkeit und des Alters dieser Person die liebevollste und wirkungsvollste Möglichkeit, den benötigten Rat zu erteilen? Welche Behandlung würde ich mir wünschen, wenn ich in ihrer Lage wäre?“ (Lukas 6:31; Kolosser 4:6).
Der Rat der Pharisäer
17, 18. Was war ein Grund dafür, daß der Rat der Pharisäer nicht hilfreich war?
17 Wenden wir uns, nachdem wir das gute Beispiel des Paulus betrachtet haben, nun einem schlechten Beispiel zu — dem der jüdischen Religionsführer in den Tagen Jesu. Sie gaben viel Rat, aber gewöhnlich hatte die Nation keinen Nutzen davon. Warum nicht?
18 Dafür gab es mehrere Gründe. Denken wir beispielsweise daran, daß Jesus einmal von den Pharisäern getadelt wurde, weil sich seine Jünger vor einem Mahl nicht die Hände gewaschen hatten. Natürlich fordern die meisten Mütter ihre Kinder auf, sich vor dem Essen die Hände zu waschen, und aus Gründen der Hygiene ist das eine sehr empfehlenswerte Gewohnheit. Aber den Pharisäern ging es nicht in erster Linie um die Hygiene. Für sie war das Waschen der Hände eine Tradition, und sie regten sich darüber auf, daß Jesu Jünger dieser Tradition nicht folgten. Daraufhin zeigte Jesus ihnen, daß es in Israel viel größere Probleme gab, die ihre Aufmerksamkeit verdient hätten. Zum Beispiel bedienten sich manche einer Tradition der Pharisäer, um das fünfte Gebot, „Ehre deinen Vater und deine Mutter“, zu umgehen (2. Mose 20:12; Matthäus 15:1-11). Traurigerweise waren die Schriftgelehrten und die Pharisäer so mit Details beschäftigt, daß sie ‘die gewichtigeren Dinge des GESETZES außer acht ließen, nämlich das Recht und die Barmherzigkeit und die Treue’ (Matthäus 23:23).
19. Wie können es Christen heute vermeiden, der Versuchung anheimzufallen, eigennützige Ziele zu verfolgen?
19 Heute sollten sich Ratgeber davor hüten, denselben Fehler zu begehen. Sie sollten es vermeiden, eigennützige Ziele zu verfolgen und so auf Details zu achten, daß sie die „gewichtigeren Dinge“ vergessen. Wir werden ermuntert, in kleinen Dingen ‘einander in Liebe zu ertragen’ (Kolosser 3:12, 13). Die Fähigkeit, zu unterscheiden, wann man etwas nicht zu einer Streitfrage machen sollte und wann wirklich Rat nötig ist, gehört zu den Merkmalen, die einen „geistig Befähigten“ kennzeichnen (Galater 6:1).
20. Warum ist beim Raterteilen das persönliche Beispiel so wichtig?
20 Es gab noch einen anderen Umstand, der die Bemühungen jener religiösen Ratgeber des ersten Jahrhunderts wirkungslos machte. Sie handelten nach der Devise: „Tu, was ich sage, aber nicht, was ich tue.“ Jesus sagte: „Wehe auch euch, ihr Gesetzeskundigen, weil ihr den Menschen Lasten aufladet, die schwer zu tragen sind, doch ihr selbst rührt die Lasten mit keinem einzigen eurer Finger an!“ (Lukas 11:46). Wie lieblos! Heute sollten Eltern, Älteste und andere, die Rat erteilen, sehr darauf achten, daß sie selbst tun, was sie anderen sagen. Wie können wir andere ermuntern, im Predigtdienst eifrig zu sein, wenn wir nicht ein entsprechendes Beispiel geben? Oder wie können wir vor dem Materialismus warnen, wenn unser eigenes Leben von materiellen Dingen beherrscht ist? (Römer 2:21, 22; Hebräer 13:7).
21. (a) Wie schüchterten die Pharisäer die Menschen ein? (b) Inwiefern sollten christliche Ratgeber die Taktik der Pharisäer als eine Mahnung zur Vorsicht betrachten?
21 Die jüdischen Führer versagten als Ratgeber auch deshalb, weil sie sich einschüchternder Methoden bedienten. Sie sandten einmal Männer aus, die Jesus verhaften sollten. Als diese Männer ohne Jesus zurückkehrten, weil sie von seiner Lehrfähigkeit sehr beeindruckt waren, tadelten die Pharisäer sie, indem sie sagten: „Ihr seid doch nicht etwa auch irregeführt worden? Es glaubt doch niemand von den Vorstehern oder den Pharisäern an ihn? Diese Volksmenge aber, die das GESETZ nicht kennt, verfluchte Leute sind sie“ (Johannes 7:45-49). Das Ausspielen der Autorität und Beschimpfung — war das die richtige Grundlage für einen Tadel? Mögen christliche Ratgeber sich niemals einer solchen Raterteilung schuldig machen! Sie sollten es unbedingt vermeiden, andere einzuschüchtern oder den Eindruck zu vermitteln: „Du solltest mir zuhören, weil ich ein Ältester bin.“ Oder wenn sie mit einer Schwester sprechen, sollten sie nicht die Einstellung durchblicken lassen: „Du solltest auf mich hören, weil ich eben ein Bruder bin.“
22. (a) Wie und warum sollten Christen Rat erteilen? (b) Welche weitere Frage muß erörtert werden?
22 Ja, Raterteilen ist ein Ausdruck der Liebe, etwas, was wir alle — vor allem die ernannten Ältesten — unseren Mitchristen von Zeit zu Zeit schulden. Rat sollte nicht unter einem Vorwand gegeben werden. Wenn Rat nötig ist, sollte er mutig erteilt werden. Er sollte eine schriftgemäße Grundlage haben und im Geist der Milde erteilt werden. Außerdem können wir Rat viel leichter von jemandem annehmen, der uns liebt. Manchmal fehlen einem jedoch die Worte zum Ratgeben. Wie können wir daher Rat so erteilen, daß er wirkungsvoll ist? Das wird im nächsten Artikel betrachtet.
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Rat, der „mit Salz gewürzt“ istDer Wachtturm 1986 | 15. September
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Rat, der „mit Salz gewürzt“ ist
„Eure Rede sei stets gefällig, mit Salz gewürzt, damit ihr wißt, wie ihr einem jeden zu antworten habt“ (KOLOSSER 4:6).
1, 2. Warum ist es besonders wichtig, daß christlicher Rat „mit Salz gewürzt“ ist?
SALZ hat in der Geschichte stets eine besondere Rolle bei der Zubereitung von Nahrungsmitteln gespielt. Es ist sowohl ein Konservierungsstoff als auch ein Geschmacksverbesserer, und daher werden viele Nahrungsmittel, die kein Salz enthalten, als geschmacklos und schal empfunden. Deshalb meinte Paulus, als er schrieb, die Äußerungen eines Christen sollten „mit Salz gewürzt“ sein, daß unsere Rede sowohl erbaulich als auch annehmbar und ansprechend sein sollte (Kolosser 4:6). Das trifft vor allem beim Raterteilen zu. Warum?
2 Der Zweck des Raterteilens besteht nicht lediglich darin, Informationen zu übermitteln. In vielen Fällen kennt der Ratempfänger bereits einige biblische Grundsätze, die auf seine Situation zutreffen, aber es fällt ihm schwer, sie anzuwenden oder ihre Wichtigkeit zu erkennen. Somit besteht die eigentliche Herausforderung für einen christlichen Ratgeber darin, die Denkweise des anderen zu ändern (Galater 6:1; Epheser 4:11, 12). Aus diesem Grund ist „Salz“ nötig.
3. Welches Hilfsmittel bietet Jehova christlichen Ratgebern?
3 Rat zu erteilen ist wirklich eine Herausforderung, und der Raterteilende braucht, um ihr gewachsen zu sein, Erkenntnis und Unterscheidungsvermögen (Sprüche 2:1, 2, 9; 2. Timotheus 4:2). Glücklicherweise hat Jehova uns die Bibel gegeben, die uns nicht nur die notwendige Erkenntnis vermittelt, sondern auch viele Beispiele enthält, die zeigen, wie Männer Gottes mit Unterscheidungsvermögen Rat erteilten. Die Betrachtung einiger solcher Beispiele wird uns helfen, wirkungsvollere Ratgeber zu sein.
Betrachte den „Wunderbaren Ratgeber“
4. Wie kann ein christlicher Ältester Jesus Christus nachahmen, wenn er der Versammlung Rat erteilt?
4 Betrachten wir beispielsweise Jesus, den „Wunderbaren Ratgeber“ (Jesaja 9:6). Gegen Ende des ersten Jahrhunderts ließ Jesus sieben Versammlungen im Bezirk Asien Rat in Form von Briefen zukommen. Diese Briefe sind ein vorzügliches Muster für Älteste, die ihrer Versammlung Rat erteilen müssen — und die Grundsätze treffen auch zu, wenn einzelnen Rat erteilt wird. Die von Jesus angesprochenen Probleme waren schwerwiegender Art: Abtrünnigkeit, der Einfluß einer „Isebel“, Lauheit, Materialismus und andere Probleme (Offenbarung 2:4, 14, 15, 20-23; 3:1, 14-18). Folglich erörterte Jesus diese Probleme offen. Es gab keinen Zweifel darüber, was er den Versammlungen sagen wollte. Heute sollten Älteste, die ihrer Versammlung Rat erteilen, ihren Rat mit Demut und Freundlichkeit „salzen“, so wie Jesus es tat (Philipper 2:3-8; Matthäus 11:29). Andererseits müssen sie wie Jesus offen sein. Der Rat sollte nicht so vage und so allgemein sein, daß die Versammlung nicht merkt, worum es geht.
5, 6. Welche weiteren Lektionen kann ein christlicher Ältester aus Jesu Botschaften an die sieben Versammlungen lernen?
5 Beachte auch, daß Jesus, wann immer es möglich war, zu Beginn die Versammlungen lobte und seinen Rat mit einer erbaulichen Ermunterung abschloß (Offenbarung 2:2, 3, 7; 3:4, 5). Christliche Ratgeber sollten ihren Rat ebenfalls mit Lob und Ermunterung würzen. Ein erfahrener Ältester bemerkte: „Man erreicht wirklich nicht viel, wenn man die Brüder nur ausschimpft.“ Selbst wenn energisch Rat erteilt wird, sollten die Ältesten die Brüder nicht entmutigt zurücklassen, sondern gestärkt und entschlossen, es künftig besser zu machen. (Vergleiche 2. Korinther 1:1-4.)
6 Wie steht es schließlich mit Jesu Botschaften an die Versammlung in Smyrna und in Philadelphia? Er übte keine Kritik an den Brüdern dort. Da sie schwere Prüfungen durchmachten, ermutigte er sie, weiterhin auszuharren (Offenbarung 2:8-11; 3:7-13). Auch christliche Aufseher sollten nicht nur Rat geben, wenn eine Berichtigung nötig ist, sondern sollten immer bereit sein, die Brüder für ihre guten Werke zu loben und sie zum Ausharren zu ermuntern (Römer 12:12).
Gebrauche Veranschaulichungen
7, 8. (a) Inwiefern war Jesu Rat an seine Nachfolger „mit Salz gewürzt“? (b) Warum sind beim Raterteilen Veranschaulichungen wertvoll?
7 Ein andermal gab Jesus Rat, als seine Jünger darum besorgt waren, wer im Königreich der Himmel der Größte sein werde. Er hätte seine Nachfolger deshalb ernsthaft schelten können. Statt dessen ‘würzte er seine Worte mit Salz’. Er rief ein kleines Kind zu sich und sagte: „Wer immer sich daher selbst erniedrigen wird wie dieses kleine Kind, der ist der Größte im Königreich der Himmel“ (Matthäus 18:1-4; Lukas 9:46-48). Der Rat war deutlich, aber freundlich und erbaulich. Dadurch, daß Jesus zeigte, daß das Königreich der Himmel anders ist als die Königreiche dieser Welt, ermunterte er seine Nachfolger zur Demut und versuchte, ihrem Streit die Grundlage zu entziehen.
8 Beachte auch die wirkungsvolle Lehrmethode, die Jesus in diesem Fall anwandte. Eine lebende Veranschaulichung — ein kleines Kind! Weise Ratgeber „salzen“ ihre Worte häufig mit Veranschaulichungen, da sie dadurch die Ernsthaftigkeit einer Sache hervorheben oder dem Ratempfänger helfen können, vernünftig zu überlegen und ein Problem in einem neuen Licht zu sehen. Durch Veranschaulichungen werden oft Spannungen abgebaut.
9. Nenne einige Beispiele aus der Bibel für den Gebrauch von Veranschaulichungen beim Raterteilen.
9 Als Jehova Kain warnte, daß er in großer Gefahr stehe, eine schwere Sünde zu begehen, beschrieb er die Sünde auf lebendige Weise als ein wildes Tier. Er sagte: „Die Sünde [kauert] am Eingang, und nach dir steht ihr tiefes Verlangen“ (1. Mose 4:7). Als Jona verärgert war, weil Jehova die reumütigen Niniviten verschont hatte, ließ Gott eine schattenspendende Flaschenkürbispflanze wachsen. Als dann die Pflanze verdorrte und Jona sich beklagte, sagte Jehova: „Dir deinerseits tat es um die Flaschenkürbispflanze leid ... Und sollte es mir meinerseits nicht leid tun um Ninive, die große Stadt, in der mehr als einhundertzwanzigtausend Menschen am Dasein sind?“ (Jona 4:5-11). Wirklich ein kraftvoller Rat!
10. Wie gebrauchte ein neuzeitlicher christlicher Ratgeber eine Veranschaulichung, um einem jungen Mädchen zu helfen, die Beweggründe der Eltern zu verstehen?
10 Einem jungen Mädchen, das sich darüber ärgerte, daß die Eltern seinen Umgang einschränkten, wurde von einem reisenden Aufseher mit folgender Veranschaulichung geholfen: „Du nähst doch gern, oder? Stell dir vor, du hättest viel Zeit darauf verwendet, für eine Freundin ein hübsches Kleid zu nähen. Aber nachdem du es ihr gegeben hast, stellst du fest, daß sie es zum Aufwischen des Bodens verwendet. Was würdest du dabei empfinden?“ Das Mädchen gab zu, daß sie das ärgern würde. Daraufhin erklärte der Bruder: „Genauso empfinden deine Eltern. Sie haben viel Zeit darauf verwendet, dich großzuziehen, und sind stolz auf dich. Sie möchten, daß du mit Menschen Umgang hast, die dich richtig behandeln, und nicht mit Menschen, die dir letztlich schaden.“ Die Veranschaulichung half dem Mädchen verstehen, worauf die Eltern bedacht waren.
Stelle Fragen
11. Welche wirkungsvollen Fragen gebrauchte Jehova, als er Jona Rat erteilte?
11 Wie du sicher bemerkt hast, stellte Jehova Jona auch Fragen, als er ihn auf seinen unbegründeten Zorn ansprach. Da Jona ärgerlich darauf reagiert hatte, daß Ninive nicht zerstört worden war, und deshalb sterben wollte, fragte Jehova: „Bist du mit Recht von Zorn entbrannt?“ Jona antwortete ihm nicht. Daher ließ Jehova eine Flaschenkürbispflanze wachsen und dann absterben. Danach war Jona doppelt so zornig. Jehova fragte ihn: „Bist du mit Recht von Zorn entbrannt über die Flaschenkürbispflanze?“ Diesmal antwortete Jona: „Ich bin mit Recht von Zorn entbrannt bis zum Tod.“ Da Jehova nun von dem Propheten eine Antwort erhalten hatte, verglich er Jonas Einstellung gegenüber einer bloßen Pflanze mit seiner eigenen Einstellung gegenüber Ninive, indem er die entscheidende Frage stellte: „Sollte es mir meinerseits nicht leid tun um Ninive?“ (Jona 4:4, 9, 11). So erhielt Jona den Rat, sich Jehovas Einstellung gegenüber den reumütigen Niniviten zu eigen zu machen.
12. Von welchem Wert sind Fragen beim Raterteilen? Veranschauliche es.
12 Ja, Fragen helfen dem Ratgeber herauszufinden, wie der Ratbedürftige denkt. Sie helfen auch dem Betreffenden, seine eigenen Probleme und Beweggründe deutlicher zu erkennen. Zum Beispiel mag jemand darauf bestehen, daß er das Recht hat, Alkohol zu trinken, bevor er nach Hause fährt. Er mag wirklich denken: „Alkohol macht mir nichts aus!“ Ein Freund, der auf vernünftige Weise mit ihm darüber sprechen möchte, könnte sagen: „Aber stell dir vor, du wärst in einen Verkehrsunfall verwickelt und wärst unschuldig. Was würde die Polizei denken, wenn sie feststellen würde, daß du getrunken hast? Und nimm einmal an, der Alkohol hätte deine Reaktionsfähigkeit doch etwas beeinträchtigt. Möchtest du wirklich Auto fahren, wenn deine Reflexe nicht 100prozentig sind? Wäre dir ein Drink das Risiko wert?“
13. Auf welche Weise gebrauchte ein Ratgeber die Bibel in Verbindung mit Fragen, um Rat zu erteilen? Warum war das wirkungsvoll?
13 Christlicher Rat beruht stets auf der Bibel. Wenn möglich, machen christliche Ratgeber beim Raterteilen auch direkt Gebrauch von der Bibel. Sie ist ein machtvolles Hilfsmittel (Hebräer 4:12). Zur Veranschaulichung: Ein erfahrener Ältester versuchte jemandem zu helfen, der nicht mehr im Predigtwerk tätig war. Der Älteste lenkte die Aufmerksamkeit auf Jesu Gleichnis von dem Mann, der zwei Kinder hatte, die er beide bat, in seinem Weingarten zu arbeiten. Das erste sagte ja, tat es aber nicht. Das zweite sagte nein, entschloß sich aber schließlich, es doch zu tun (Matthäus 21:28-31). Dann fragte der Ratgeber: „Welchem dieser beiden Kinder gleichst du zur Zeit?“ Der Betreffende erfaßte sofort, worum es ging, vor allem als der Ratgeber noch hinzufügte: „Wie denkt wohl Jehova, der Eigentümer des Weingartens, über deine Situation?“
14. In welchen anderen Situationen könnten Fragen ein wertvolles Hilfsmittel beim Raterteilen sein?
14 Ähnlich verhält es sich, wenn man jemandem helfen möchte, der Zweifel, Ehe- oder andere Familienprobleme oder Schwierigkeiten mit anderen hat oder sich in sonstigen prüfungsreichen Situationen befindet.a Geschickte Fragen helfen dem Ratempfänger, vernünftig zu überlegen, sich selbst zu prüfen und richtige Schlüsse zu ziehen.
Höre aufmerksam zu
15. (a) Was unterließen die drei „Tröster“ Hiobs? (b) Inwiefern ist Zuhören für einen christlichen Ratgeber eine Hilfe?
15 Bedenke auch: Fragen zu stellen schließt ein, daß du die Antworten hören möchtest (Sprüche 18:13). Ratgeber sollten die Schlinge meiden, in die die drei „Tröster“ Hiobs gerieten. Hiob redete mit ihnen, aber sie hörten nicht richtig zu. Sie hatten bereits das Urteil gefällt, Hiobs Leid sei auf seine eigene Sündhaftigkeit zurückzuführen (Hiob 16:2; 22:4-11). Ein christlicher Ratgeber hingegen sollte aufmerksam zuhören. Dadurch kann er bedeutsame Pausen oder Stimmveränderungen wahrnehmen, die anzeigen, daß noch nicht die ganze Geschichte erzählt worden ist. Vielleicht kann eine ergänzende Frage einen Gedanken zutage bringen, der tief im Sinn des anderen schlummert. (Vergleiche Sprüche 20:5.)
16. Was erfordert es von einem christlichen Ratgeber, wenn es schwierig ist, sich die Äußerungen eines aufgeregten Mitchristen anzuhören?
16 Das ist zugegebenermaßen nicht immer leicht. Ein erregter Mensch ruft vielleicht aus: „Ich hasse meine Eltern!“ oder: „Ich kann nicht mehr mit meinem Mann leben!“ Wenn man solche Äußerungen hört, kann man aus der Fassung geraten. Vergiß aber nicht, daß Jehova willens war zuzuhören, als Asaph sich darüber beklagte, daß seine Treue vergeblich zu sein schien (Psalm 73:13, 14). Gott hörte auch zu, als Jeremia sagte, er sei betört worden (Jeremia 20:7). Habakuk klagte anscheinend, die Bösen würden die Gerechten unterdrücken und Jehova sehe es nicht einmal (Habakuk 1:13-17). Christliche Ratgeber sollten ebenso bereit sein zuzuhören. Wenn Menschen wirklich solche Empfindungen haben, dann muß der Ratgeber darüber Bescheid wissen, damit er helfen kann. Er sollte es vermeiden, den Ratempfänger zu drängen, Meinungen zu äußern, die er haben sollte, statt diejenigen, die er eigentlich hat. Der Ratgeber sollte es auch vermeiden, streng oder voreingenommen zu reagieren, denn dadurch verhindert er womöglich, daß der andere sein Herz weiter öffnet (Sprüche 14:29; 17:27).
17. Inwiefern können wir manchmal allein durch Zuhören unseren Brüdern Trost spenden?
17 Manchmal besteht ein Großteil unseres Raterteilens aus Zuhören, weil wir dem anderen Gelegenheit geben, sich über seinen Schmerz, seinen Kummer oder seine seelische Belastung zu äußern. Als Noomi von den Feldern Moabs zurückkehrte, begrüßten die Frauen Israels sie mit den Worten: „Ist das Noomi?“ Aber Noomi erwiderte traurig: „Nennt mich nicht Noomi. Nennt mich Mara, denn der Allmächtige hat es mir sehr bitter gemacht. Voll bin ich ausgezogen, und mit leeren Händen hat Jehova mich zurückkehren lassen. Warum solltet ihr mich Noomi nennen, wenn es Jehova ist, der mich erniedrigt hat, und der Allmächtige, der mir Unglück zugefügt hat?“ (Ruth 1:19-21). Dazu konnten die israelitischen Frauen nicht viel sagen. Aber häufig kann man den Schmerz anderer lindern, wenn man in liebevoller Weise einfach zuhört, während sie ihr Herz ausschütten.b
Sei realistisch
18. (a) Nenne einige Reaktionen auf Ratschläge, die Jehova und Jesus Christus erteilten. (b) Welche Eigenschaft sollten christliche Ratgeber entwickeln?
18 Natürlich wird Rat völlig unterschiedlich aufgenommen. Jona nahm Jehovas Rat offensichtlich gut auf. Der Prophet erholte sich so gut von seiner Bitterkeit und seinem Zorn, daß er seine Erfahrungen berichtete, damit andere daraus lernen können. Jesu Nachfolger brauchten etwas Zeit, um die Lektion der Demut zu lernen. Noch in der Nacht vor Jesu Tod gerieten sie wieder in Streit darüber, wer der Größte unter ihnen sei (Lukas 22:24). Wer Rat erteilt, muß also geduldig sein (Prediger 7:8). Ein Mensch mit einer tiefverwurzelten verkehrten Einstellung wird seinen Lauf gewöhnlich nicht einfach aufgrund einiger Worte eines Ältesten ändern. Lang anhaltende Probleme zwischen Ehepartnern werden nicht nach einem einzigen Gespräch mit einem reifen Christen verschwinden. Schwere Krankheiten brauchen Monate zur Ausheilung, und das gleiche kann auf schwerwiegende geistige Probleme zutreffen. Außerdem hören manche einfach nicht auf vernünftigen Rat. Obwohl Kain von Jehova persönlich Rat erhielt, ging er weg und ermordete seinen Bruder (1. Mose 4:6-8).
19. Wie kann die Versammlung denjenigen helfen, die in emotionaler Hinsicht leiden?
19 Wer große Probleme hat, sollte realistisch sein hinsichtlich der Erwartungen, die er in die Versammlung setzt. Ein Mitchrist kann nicht einfach chronische Depressionen oder einen emotionalen Schaden beseitigen, der möglicherweise durch ein Unglück oder eine schreckliche Erfahrung verursacht worden ist. Bei einem physisch Kranken macht der Arzt oft nicht mehr, als ihn zu beruhigen, während die Zeit die Heilung des Körpers bewirkt. Auch wenn ein Christ in emotionaler Hinsicht leidet, kann die Versammlung versuchen, ihn zu beruhigen, indem sie mit ihm und für ihn betet, ihm gut zuredet, wann immer es möglich ist, und ihm so viel praktische Hilfe leistet, wie in ihrer Macht steht. Gewöhnlich wird dann durch die Zeit und durch Jehovas Geist die Heilung bewirkt (Sprüche 12:25; Jakobus 5:14, 15). Ein Mädchen, das blutschänderisch mißhandelt wurde, schrieb: „Obwohl Blutschande zu einer schrecklichen emotionalen Belastung führen kann, tut Jehovas Organisation sehr viel, um einen zu stützen, und mit der Hilfe der Bibel und der Unterstützung der Brüder und Schwestern kann man es überwinden.“c
20. Welche Rolle spielt Rat in unserem Bemühen, Jehova weiterhin zu dienen?
20 Ja, Christen sind verpflichtet, sich gegenseitig zu helfen. Insbesondere Älteste, aber auch alle anderen in der Versammlung sollten um das Wohlbefinden ihrer Brüder besorgt sein und, wenn nötig, freundlichen, schriftgemäßen Rat geben (Philipper 2:4). Natürlich sollte ein solcher Rat nicht diktatorisch oder barsch sein. Auch sollte er nicht den Eindruck vermitteln, man wolle das Leben eines anderen beherrschen. Statt dessen sollte er biblisch begründet und „mit Salz gewürzt“ sein (Kolosser 4:6). Jeder braucht gelegentlich Hilfe, und zeitgemäßer Rat, wenn er mit Freundlichkeit und Ermunterung „gesalzen“ ist, wird uns allen helfen, auf dem Weg zu bleiben, der zu ewigem Leben führt.
[Fußnoten]
a Wie man Ehepaaren Rat geben kann, wird in dem Artikel „Wie man Rat gibt, der wirklich hilft“ (Erwachet! vom 22. Oktober 1983) näher erläutert.
b Vorschläge darüber, wie man Christen helfen kann, die unter Depressionen leiden, sind in dem Artikel „Redet bekümmerten Seelen tröstend zu“ im Wachtturm vom 15. Juli 1982 zu finden sowie in dem Artikel „Eine geschulte Zunge, die Ermattete stärkt“ in der Ausgabe vom 1. September 1982.
c Mehr Information über Hilfsmaßnahmen für diejenigen, die in emotionaler Hinsicht leiden, enthalten die Artikel „Hoffnung für Verzweifelte“ und „Sie möchten helfen“ im Wachtturm vom 1. November 1983 sowie der Artikel „Hilfe für Opfer von Blutschande“ in der Ausgabe vom 1. Januar 1984.
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