-
„Hör auf die Worte der Weisen“Der Wachtturm (Studienausgabe) 2022 | Februar
-
-
„Hör auf die Worte der Weisen“
„Hör auf die Worte der Weisen“ (SPR. 22:17)
LIED 123 Uns loyal der theokratischen Ordnung unterstellen
VORSCHAUa
1. Wie kann Rat aussehen, und warum brauchen wir ihn alle?
WIR alle brauchen von Zeit zu Zeit einen guten Rat. Manchmal gehen wir selbst auf jemand zu, den wir als Ratgeber schätzen. In anderen Fällen spricht uns vielleicht ein Bruder an, der sich Sorgen macht, dass wir einen „Fehltritt tun“, also etwas, das wir später bereuen würden (Gal. 6:1). Oder aber wir müssen korrigiert werden, nachdem wir einen schweren Fehler begangen haben. In jedem Fall sollten wir Rat annehmen. Das ist gut für uns und kann sogar unser Leben retten (Spr. 6:23).
2. Warum ist es gut, auf Rat zu hören? (Sprüche 12:15).
2 Unser Leittext fordert uns auf: „Hör auf die Worte der Weisen“ (Spr. 22:17). Kein Mensch weiß alles. Es gibt immer jemanden, der mehr Wissen oder Erfahrung hat als wir. (Lies Sprüche 12:15.) Sich etwas sagen zu lassen ist also ein Zeichen von Demut. Es zeigt, dass wir unsere Grenzen kennen und uns bewusst sind, dass wir Hilfe brauchen, um unsere Ziele zu erreichen. Der weise König Salomo schrieb unter Inspiration: „Durch viele Ratgeber wird etwas erreicht“ (Spr. 15:22).
Welche Art von Rat ist für dich schwerer anzunehmen? (Siehe Absatz 3, 4)
3. Auf welchem Weg kann uns Rat erreichen?
3 Rat kann uns auf direktem oder indirektem Weg erreichen. Wieso indirekt? Vielleicht lesen wir in der Bibel oder unseren Veröffentlichungen etwas, das uns zum Nachdenken bringt und uns veranlasst an uns zu arbeiten (Heb. 4:12). Das könnte man als indirekten Rat bezeichnen. Macht uns dagegen ein Ältester oder jemand anders, der dazu befähigt ist, auf etwas aufmerksam, das wir ändern sollten, kann man von direktem Rat sprechen. Wenn wir jemandem so viel bedeuten, dass er uns biblisch begründeten Rat gibt, sollten wir das schätzen und uns zu Herzen nehmen.
4. Wie sollten wir gemäß Prediger 7:9 nicht reagieren, wenn wir auf etwas angesprochen werden?
4 Direkter Rat ist oft schwieriger zu akzeptieren. Vielleicht fühlen wir uns sogar angegriffen. Wir bestreiten zwar nicht, dass wir unvollkommen sind, aber wenn uns jemand auf einen konkreten Fehler anspricht, fällt es uns womöglich schwer, das zu akzeptieren. (Lies Prediger 7:9.) Vielleicht rechtfertigen wir uns, unterstellen dem anderen schlechte Beweggründe oder ärgern uns über die Art und Weise, wie er Rat gegeben hat. Es kann sogar sein, dass wir bei ihm Fehler suchen und denken: „Welches Recht hat er, mir so etwas zu sagen? Er soll lieber bei sich selbst anfangen!“ Und wenn uns der Rat nicht gefällt, schlagen wir ihn eventuell in den Wind und suchen uns einen Ratgeber, der uns eher sagt, was wir hören möchten.
5. Worum geht es im Artikel?
5 In diesem Artikel geht es um biblische Personen, die für Rat empfänglich beziehungsweise unempfänglich waren. Außerdem werden wir sehen, was es uns leichter macht, Rat anzunehmen und umzusetzen.
SIE LEHNTEN RAT AB
6. Was lernen wir aus Rehabeams Reaktion auf Rat?
6 Als Rehabeam König wurde, traten seine Untertanen mit einem Wunsch an ihn heran. Sie baten ihn, es ihnen leichter zu machen als sein Vater Salomo. Lobenswerterweise beriet sich Rehabeam mit den älteren Männern Israels. Sie empfahlen ihm, auf die Leute zu hören. Dann könne er immer auf deren Unterstützung zählen (1. Kö. 12:3-7). Das war offensichtlich nicht das, was Rehabeam hören wollte, und deshalb wandte er sich an die Männer, die mit ihm aufgewachsen waren. Diese Männer waren wahrscheinlich in den Vierzigern, hatten also durchaus Lebenserfahrung (2. Chr. 12:13). Aber in dieser Situation gaben sie Rehabeam einen schlechten Rat. Sie sagten ihm, er solle es den Leuten noch schwerer machen (1. Kö. 12:8-11). Rehabeam hätte jetzt Jehova fragen können, welchen dieser gegensätzlichen Ratschläge er befolgen soll. Stattdessen entschied er sich, dem Rat zu folgen, der ihm eher zusagte, nämlich dem der jüngeren Männer. Das hatte für ihn und das Volk Israel katastrophale Folgen. Auch der Rat, den wir erhalten, ist nicht immer das, was wir hören wollen. Doch wenn er sich auf Gottes Wort stützt, sollten wir ihn annehmen.
7. Was lehrt uns Usijas Beispiel?
7 Auch König Usija lehnte Rat ab. Er betrat einen Bereich des Tempels, in dem sich nur Priester aufhalten durften, und wollte dort Räucherwerk darbringen. Die Priester warnten ihn: „Usija, du hast kein Recht, Räucherwerk für Jehova zu verbrennen! Das dürfen nur die Priester.“ Hätte Usija jetzt demütig eingelenkt und den Tempel sofort verlassen, dann hätte Jehova ihm vielleicht vergeben. Stattdessen wurde er wütend. Warum ließ er sich nichts sagen? Offensichtlich dachte er, als König habe er das Recht zu tun, was immer er wolle. Aber Jehova sah das anders. Usijas anmaßendes Verhalten blieb nicht ohne Folgen. Er „litt bis zu seinem Tod an Aussatz“ (2. Chr. 26:16-21). Die Lehre für uns? Egal welche Stellung wir haben, wenn wir biblischen Rat ablehnen, verlieren wir Jehovas Anerkennung.
SIE WAREN FÜR RAT OFFEN
8. Wie reagierte Hiob auf Rat?
8 Die Bibel berichtet aber auch von Menschen, die gesegnet wurden, weil sie sich etwas sagen ließen. Da ist zum Beispiel Hiob. Er war zwar gottesfürchtig, aber nicht vollkommen. Als er unter großem Druck stand, äußerte er einige verkehrte Ansichten. Sowohl Elihu als auch Jehova richteten deutliche Worte an ihn. Wie reagierte Hiob? Er nahm den Rat an und sagte: „Ich redete, allerdings ohne Verstand ... Deshalb nehme ich zurück, was ich gesagt habe, und bereue in Staub und Asche.“ Für diese demütige Reaktion wurde er von Jehova gesegnet (Hiob 42:3-6, 12-17).
9. Was für ein Beispiel gab Moses?
9 Ein weiteres Beispiel ist Moses. Er ließ sich nach einem schweren Fehler korrigieren. Einmal verlor er die Beherrschung und versäumte es, Jehova die Ehre zu geben. Deshalb durfte er das verheißene Land nicht betreten (4. Mo. 20:1-13). Als er seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck brachte, sagte Jehova zu ihm: „Sprich mich nie mehr darauf an“ (5. Mo. 3:23-27). Moses ließ sich nicht verbittern, sondern akzeptierte die Entscheidung Jehovas. So konnte Jehova ihn weiter gebrauchen, um die Israeliten zu führen (5. Mo. 4:1). Von Hiob und Moses können wir viel lernen. Hiob korrigierte seinen Standpunkt und versuchte nicht, sich zu rechtfertigen. Und Moses blieb treu, obwohl er eine Aufgabe verlor, die ihm sehr viel bedeutet hätte.
10. (a) Welche Vorteile hat es gemäß Sprüche 4:10-13, Rat anzunehmen? (b) Wie haben einige auf Rat reagiert?
10 Es wirkt sich gut auf uns aus, wenn wir uns an treuen Männern wie Hiob und Moses ein Beispiel nehmen. (Lies Sprüche 4:10-13.) Viele Brüder und Schwestern haben das erlebt. Emmanuelb aus dem Kongo sagt über eine Warnung, die er erhalten hat: „Reife Brüder aus meiner Versammlung haben gemerkt, dass ich darauf zusteuerte, im Glauben Schiffbruch zu erleiden, und kamen mir zu Hilfe. Ich habe ihren Rat umgesetzt und das hat mir viele Probleme erspart.“ Megan, eine Pionierin aus Kanada, sagt über Rat, den sie erhalten hat: „Es war nicht immer das, was ich hören wollte, aber das, was ich gebraucht hab.“ Und Marko aus Kroatien erzählt: „Ich habe zwar ein Dienstvorrecht verloren. Aber heute weiß ich, dass mir der Rat, den ich bekommen habe, geholfen hat, meine Freundschaft zu Jehova wieder zu stabilisieren.“
11. Was stellte Bruder Karl Klein fest?
11 Auch Bruder Karl Klein, der zur Leitenden Körperschaft gehörte, war bereit, sich etwas sagen zu lassen. In seinem Lebensbericht erzählt er, wie Joseph F. Rutherford, mit dem er eng befreundet war, ihm einen scharfen Tadel erteilte. Bruder Klein gab zu, dass er sich zunächst gekränkt fühlte. Er berichtet: „Als er mich das nächste Mal sah, sagte er fröhlich: ‚Hallo, Karl!‘ Doch da ich mich noch gekränkt fühlte, murmelte ich nur einen Gruß. Er entgegnete: ‚Karl, pass auf! Der Teufel ist hinter dir her!‘ Ich antwortete verlegen: ‚Es ist alles in Ordnung, Bruder Rutherford.‘ Aber er wusste es besser und wiederholte daher seine Warnung: ‚Dann ist es ja gut. Aber pass auf! Der Teufel ist hinter dir her.‘ Wie recht er hatte! Wenn wir gegen einen Bruder Groll hegen, weil er uns etwas gesagt hat, wozu er ein Recht hatte ..., laufen wir Gefahr, in die Fallstricke des Teufels zu geraten“ (Eph. 4:25-27).c Bruder Klein nahm sich Bruder Rutherfords Worte zu Herzen und sie blieben gute Freunde.
WAS ES UNS LEICHTER MACHT, RAT ANZUNEHMEN
12. Warum macht es uns Demut leichter, uns etwas sagen zu lassen? (Psalm 141:5).
12 Was macht es uns leichter, uns etwas sagen zu lassen? Wir brauchen Demut und müssen anerkennen, dass wir unvollkommen und manchmal auch ziemlich unvernünftig sind. Wie wir gesehen haben, hatte Hiob verkehrte Ansichten. Aber er ließ sich korrigieren und Jehova segnete ihn dafür. Hiob war demütig. Das zeigte sich daran, dass er auf den wesentlich jüngeren Elihu hörte (Hiob 32:6, 7). Demut hilft auch uns Rat anzunehmen, selbst wenn wir ihn als unberechtigt empfinden oder wenn er von jemandem kommt, der jünger ist als wir. Ein Ältester aus Kanada sagt: „Wir sehen uns ja nicht so, wie andere uns sehen. Wie sollen wir also Fortschritte machen, wenn uns nie jemand auf etwas hinweist?“ Wir alle müssen immer weiter an der Frucht, die der Geist hervorbringt, arbeiten und auch daran, bessere Prediger und Lehrer zu werden. (Lies Psalm 141:5.)
13. Wie sollten wir über Rat denken?
13 Betrachte Rat als Ausdruck von Gottes Liebe. Jehova möchte unser Bestes (Spr. 4:20-22). Wenn er uns durch sein Wort, eine Veröffentlichung, einen reifen Bruder oder eine reife Schwester auf etwas hinweist, ist das ein Ausdruck seiner Liebe zu uns. Er „tut es zu unserem Nutzen“ (Heb. 12:9, 10).
14. Worauf sollten wir uns bei einem Rat konzentrieren?
14 Konzentriere dich auf das Was, nicht auf das Wie. Manchmal empfinden wir die Art, wie ein Rat gegeben wird, vielleicht nicht gerade als feinfühlig. Und natürlich sollte ein Ratgeber versuchen, es dem anderen so leicht wie möglich zu machen (Gal. 6:1).d Aber selbst wenn ihm das nicht so gut gelingt, sollten wir uns auf den Inhalt konzentrieren, statt auf die Art und Weise. Wir könnten uns fragen: „Auch wenn ich es nicht gut finde, wie er es mir gesagt hat, könnte an dem, was er gesagt hat, etwas Wahres dran sein? Kann ich über die Fehler des Überbringers hinwegsehen und mich auf den Inhalt konzentrieren?“ Wenn wir versuchen, von jedem Rat, den wir bekommen, zu profitieren, zeugt das von Weisheit (Spr. 15:31).
UM RAT ZU BITTEN ZAHLT SICH AUS
15. Warum ist es gut, um Rat zu bitten?
15 Die Bibel motiviert uns, um Rat zu bitten. In Sprüche 13:10 heißt es: „Wer Rat sucht, ist weise.“ Wie wahr! Wer um Rat bittet, statt darauf zu warten, dass er angesprochen wird, macht oft schneller Fortschritte als jemand, der das nicht tut. Ergreife also die Initiative und frag andere, was du verbessern könntest.
Warum bittet die junge Schwester eine reife Freundin um Rat? (Siehe Absatz 16)
16. In welchen Situationen könnten wir um Rat bitten?
16 In welchen Situationen könnten wir um Rat bitten? Hier einige Beispiele: 1. Eine Schwester bittet eine erfahrene Verkündigerin, sie zu einem Studium zu begleiten, und fragt sie im Anschluss, was sie beim Lehren verbessern könnte. 2. Eine unverheiratete Schwester möchte sich eine bestimmte Hose kaufen und fragt eine reife Freundin nach ihrer ehrlichen Meinung. 3. Ein Bruder darf seinen ersten öffentlichen Vortrag halten. Er bittet einen erfahrenen Redner, darauf zu achten, was er verbessern könnte. Selbst für jemanden, der schon viele Jahre Vorträge hält, ist es gut, um so ein Feedback zu bitten und es umzusetzen.
17. Wie sollten wir reagieren, wenn wir Rat bekommen?
17 In den nächsten Wochen und Monaten wird jeder von uns den einen oder anderen Rat bekommen – entweder direkt oder indirekt. Denk dann an die Punkte, die hier besprochen wurden. Beweise Demut. Konzentriere dich auf das Was, statt auf das Wie. Und setz die Hinweise um. Keiner von uns kommt weise auf die Welt. Doch wir können weise werden. In Sprüche 19:20 heißt es: „Hör auf Rat und lass dich erziehen, damit du in Zukunft weise wirst.“
-
-
Baut dein Rat auf?Der Wachtturm (Studienausgabe) 2022 | Februar
-
-
Baut dein Rat auf?
„Öl und Räucherwerk erfreuen das Herz, auch eine gute Freundschaft, die durch ehrlichen Rat entsteht“ (SPR. 27:9)
LIED 102 „Den Schwachen beistehen“
VORSCHAUa
1, 2. Was ist einem Bruder klar geworden?
VOR vielen Jahren haben zwei Älteste eine Schwester besucht, die seit einiger Zeit nicht mehr zu den Zusammenkünften kam. Der Älteste, der bei dem Gespräch die Führung übernahm, behandelte einige Bibelstellen über den Zusammenkunftsbesuch. Er dachte, das Gespräch sei gut gelaufen. Doch als er und sein Begleiter gingen, sagte die Schwester zu ihnen: „Ihr habt überhaupt keine Ahnung, was ich gerade durchmache.“ Die Brüder hatten Rat gegeben, ohne die Schwester nach ihren Problemen und ihrer Lebenssituation zu fragen. Deshalb fühlte sie sich unverstanden.
2 Heute sagt der Älteste: „Im ersten Moment fand ich das respektlos von der Schwester. Aber dann habe ich nachgedacht. Und mir ist klar geworden, dass ich zwar mit den richtigen Bibelstellen gekommen bin, aber nicht mit den richtigen Fragen. Zum Beispiel: ‚Erzähl doch mal. Was passiert im Moment so in deinem Leben? Wie kann ich dir helfen?‘“ Dieses Erlebnis war dem Ältesten eine Lehre. Heute ist er ein mitfühlender, guter Hirte.
3. Wer alles könnte Rat geben?
3 Als Hirten haben Älteste die Verantwortung, bei Bedarf Rat zu geben. Aber auch andere in der Versammlung kommen manchmal in diese Situation. Vielleicht muss man einen Freund oder eine Freundin auf einen biblischen Grundsatz hinweisen (Ps. 141:5; Spr. 25:12). Oder eine ältere Schwester gibt einer jüngeren Tipps zu Themen, wie sie in Titus 2:3-5 erwähnt werden. Und natürlich müssen auch Eltern ihren Kindern immer mal wieder etwas sagen. Dieser Artikel enthält also für jeden von uns wertvolle Hinweise, auch wenn er sich in erster Linie an Älteste richtet. Wir erfahren, wie wir praktischen Rat geben können, der motiviert und das Herz erfreut (Spr. 27:9).
4. Worum geht es im Artikel?
4 In diesem Artikel geht es um vier Fragen zum Thema Ratgeben: 1. Was ist das richtige Motiv? 2. Ist der Rat wirklich notwendig? 3. Wer sollte den Rat geben? 4. Was macht einen guten Ratgeber aus?
WAS IST DAS RICHTIGE MOTIV?
5. Wie kann das richtige Motiv helfen, auf liebevolle Art Rat zu geben? (1. Korinther 13:4, 7).
5 Älteste lieben ihre Brüder und Schwestern. Manchmal zeigt sich diese Liebe darin, dass sie versuchen, jemanden „wieder auf den richtigen Weg zu bringen“ (Gal. 6:1). Bevor man jemanden anspricht, wäre es allerdings gut, sich mit den Facetten der Liebe, von denen Paulus sprach, zu beschäftigen: „Die Liebe ist geduldig und gütig. ... Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, erduldet alles.“ (Lies 1. Korinther 13:4, 7.) Wenn ein Ältester über diese Verse nachdenkt, hilft ihm das, sich über seine Motive klar zu werden und mit der richtigen Einstellung auf den anderen zuzugehen. Wer spürt, dass einem Ältesten wirklich etwas an ihm liegt, ist eher bereit, sich das, was er sagt, zu Herzen zu nehmen (Röm. 12:10).
6. Welches gute Beispiel gab Paulus?
6 Der Apostel Paulus gibt Ältesten ein gutes Beispiel. Als unter den Brüdern in Thessalonich Probleme auftraten, zögerte er nicht, das offen anzusprechen. Doch zunächst lobte er sie in seinen Briefen für ihre Glaubenstaten, ihre liebevolle harte Arbeit und ihr Ausharren. Er erkannte auch an, dass sie es nicht leicht hatten, und erwähnte ihr Ausharren unter Verfolgung (1. Thes. 1:3; 2. Thes. 1:4). Er beschrieb sie sogar als Vorbild für andere Christen (1. Thes. 1:8, 9). Das muss ihnen richtig gutgetan haben. Es war ganz offensichtlich, dass Paulus seine Brüder sehr liebte. Deshalb konnte der Rat, den er den Thessalonichern in seinen beiden Briefen gab, sicher viel bewirken (1. Thes. 4:1, 3-5, 11; 2. Thes. 3:11, 12).
7. Warum reagieren manche negativ auf Rat?
7 Was kann passieren, wenn man nicht den richtigen Ton trifft? Ein erfahrener Ältester sagt: „Manche reagieren nicht deshalb negativ, weil mit dem Rat an sich etwas nicht stimmt, sondern weil er nicht liebevoll gegeben wird.“ Was zeigt uns das? Wenn ein Rat aus Liebe und nicht aus Verärgerung gegeben wird, ist er viel leichter anzunehmen.
IST DER RAT WIRKLICH NOTWENDIG?
8. Was sollte sich ein Ältester fragen, bevor er etwas anspricht?
8 Älteste sollten nicht vorschnell etwas ansprechen, sondern sich zuerst einmal fragen: „Muss ich wirklich etwas sagen? Ist das, was der andere tut, wirklich falsch? Wurde ein biblisches Gebot übertreten? Oder handelt es sich einfach nur um meine persönliche Meinung?“ Es ist weise, wenn ein Ältester nicht „übereilt redet“ (Spr. 29:20). Ist er sich nicht sicher, kann er sich mit einem anderen Ältesten beraten, ob ein biblischer Grundsatz verletzt wurde (2. Tim. 3:16, 17).
9. Was kann man von Paulus darüber lernen, wie man zum Thema äußere Erscheinung Rat gibt? (1. Timotheus 2:9, 10).
9 Angenommen ein Ältester macht sich Gedanken über den Kleidungsstil von jemandem in der Versammlung. Er könnte sich fragen: „Gibt es einen biblischen Grund, etwas zu sagen?“ Da er die Sache objektiv beurteilen möchte, wäre es vielleicht gut, sich mit jemand anderem abzustimmen, beispielsweise mit einem Ältesten oder einer reifen Schwester. Gemeinsam könnten sie durchgehen, was der Apostel Paulus zum Thema äußere Erscheinung geschrieben hat. (Lies 1. Timotheus 2:9, 10.) Paulus umreißt Grundsätze für einen passenden Kleidungsstil. Er sollte angemessen und bescheiden sein und von gutem Urteilsvermögen zeugen. Paulus stellte jedoch keine Liste von Ge- und Verboten auf. Er gestand jedem Christen das Recht zu, sich so zu kleiden, wie es ihm gefällt, solange er dabei keine biblischen Grundsätze verletzt. Bei der Frage, ob man jemanden ansprechen sollte, geht es also darum herauszufinden, ob ein Kleidungsstil Bescheidenheit und gutes Urteilsvermögen verrät.
10. Was dürfen wir nicht vergessen, wenn es um persönliche Entscheidungen geht?
10 Es ist gut, sich bewusst zu machen, dass zwei reife Christen ganz unterschiedliche Entscheidungen treffen können, die beide völlig in Ordnung sind. Wir dürfen anderen nicht unseren eigenen Maßstab für Richtig und Falsch aufdrängen (Röm. 14:10).
WER SOLLTE DEN RAT GEBEN?
11, 12. Was sollte sich ein Ältester fragen, wenn etwas angesprochen werden muss, und warum?
11 Sobald feststeht, dass eine Sache angesprochen werden sollte, stellt sich als Nächstes die Frage: Wer ist dafür am besten geeignet? Bevor ein Ältester eine verheiratete Schwester oder einen Minderjährigen auf etwas anspricht, würde er mit demjenigen reden, der die Verantwortung für die Familie hat. Vielleicht möchte das Haupt der Familie die Sache lieber selbst in die Hand nehmen oder bei dem Gespräch dabei sein.b Geht es darum, einer jüngeren Schwester Rat zu geben, ist, wie in Absatz 3 erwähnt, manchmal eine ältere Schwester am besten dafür geeignet.
12 Es gibt noch einen weiteren Aspekt. Ein Ältester könnte sich fragen: „Sollte ich den Rat selbst geben? Oder wäre ein anderer Ältester besser geeignet?“ Zum Beispiel spricht jemand mit einem geringen Selbstwertgefühl womöglich eher auf einen Ältesten an, der dieses Problem selbst kennt. So ein Ältester kann sich wahrscheinlich besser in ihn hineinversetzen, was es ihm leichter macht, den Rat anzunehmen. Natürlich haben alle Ältesten die Verantwortung, ihre Brüder und Schwestern anzusprechen, wenn biblische Grundsätze verletzt werden. Letztlich ist es also das Wichtigste, dass nötiger Rat auch tatsächlich gegeben wird.
WAS MACHT EINEN GUTEN RATGEBER AUS?
Warum sollten Älteste „schnell sein zum Hören“? (Siehe Absatz 13, 14)
13, 14. Warum ist es für Älteste wichtig zuzuhören?
13 Sei ein guter Zuhörer. Wenn sich ein Ältester darauf vorbereitet, ein Problem anzusprechen, sollte er sich fragen: „Was weiß ich über den anderen? Was passiert gerade in seinem Leben? Kämpft er vielleicht mit Schwierigkeiten, von denen ich keine Ahnung habe? Was braucht er jetzt am meisten?“
14 Das passt zu dem Grundsatz aus Jakobus 1:19: „Jeder soll schnell sein zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn.“ Ein Ältester denkt vielleicht, er hätte alle Fakten. Aber das ist nicht unbedingt der Fall. Sprüche 18:13 warnt uns: „Wenn jemand eine Antwort gibt, bevor er zugehört hat, ist das dumm und beschämend.“ Am besten ist es, bei dem Betreffenden selbst nachzufragen. Dazu muss man bereit sein, zuerst einmal zuzuhören, bevor man redet. Denken wir noch einmal an den eingangs erwähnten Ältesten zurück. Im Nachhinein wurde ihm bewusst: Statt gleich mit seinen vorbereiteten Gedanken anzufangen, hätte er der Schwester Fragen stellen sollen wie: „Was passiert im Moment so in deinem Leben? Wie kann ich dir helfen?“ Wenn Älteste die Zeit investieren, sich ein genaues Bild von der Situation zu verschaffen, können sie ihren Brüdern und Schwestern eher helfen und Mut machen.
15. Wie können Älteste den Grundsatz aus Sprüche 27:23 anwenden?
15 Lerne die Herde kennen. Wie am Anfang erwähnt, gehört zum Ratgeben mehr, als einige Bibeltexte vorzulesen oder ein paar Hinweise zu geben. Unsere Brüder und Schwestern müssen spüren können, dass uns etwas an ihnen liegt, dass wir sie verstehen und ihnen helfen wollen. (Lies Sprüche 27:23.) Älteste sollten ihr Bestes tun, enge Freundschaften zu ihnen aufzubauen.
Was macht es einem Ältesten leichter, Rat zu geben? (Siehe Absatz 16)
16. Was macht das Ratgeben leichter?
16 Älteste wollen ihren Brüdern nicht den Eindruck vermitteln, sie würden nur dann auf sie zugehen, wenn etwas nicht stimmt. Stattdessen bleiben sie mit ihnen im Gespräch und interessieren sich dafür, was sie gerade durchmachen. Ein erfahrener Ältester hat beobachtet: „So baut man Freundschaften auf. Und wenn man dann einen Rat geben muss, fällt einem das viel leichter.“ Außerdem ist es für den anderen dann auch viel einfacher, ihn anzunehmen.
Warum sollten Älteste geduldig und freundlich sein, wenn sie Rat geben? (Siehe Absatz 17)
17. Wann ist es besonders wichtig, dass ein Ältester freundlich und geduldig ist?
17 Sei geduldig und freundlich. Stößt man mit einem biblisch begründeten Rat zunächst auf Widerstand, sind Geduld und Freundlichkeit besonders wichtig. Ein Ältester muss gegen die Tendenz ankämpfen, verärgert zu reagieren, wenn sein Rat nicht gleich angenommen oder umgesetzt wird. Über Jesus wurde vorhergesagt: „Ein geknicktes Schilfrohr wird er nicht zerbrechen und einen glimmenden Docht wird er nicht auslöschen“ (Mat. 12:20). Ein Ältester könnte Jehova in seinen persönlichen Gebeten darum bitten, dem anderen beizustehen und ihm zu helfen, die Gründe für den Rat zu verstehen und ihn anzuwenden. Manche brauchen vielleicht einfach etwas Zeit zum Nachdenken. Wenn ein Ältester geduldig und freundlich bleibt, wird der andere nicht davon abgelenkt, wie der Rat gegeben wird, sondern kann sich auf den Inhalt konzentrieren. Natürlich sollte sich Rat immer auf die Bibel stützen.
18. (a) Was sollten wir beim Thema Ratgeben im Sinn behalten? (b) Worüber unterhalten sich die Eltern auf dem Bild, das zum Kasten gehört?
18 Lerne aus deinen Fehlern. Solange wir unvollkommen sind, werden wir es nicht schaffen, alles aus diesem Artikel perfekt umzusetzen (Jak. 3:2). Wir werden Fehler machen. Und wenn das passiert, sollten wir versuchen, aus ihnen zu lernen. Spüren unsere Brüder und Schwestern, dass wir sie lieben, dann wird es ihnen wahrscheinlich leichterfallen, uns zu vergeben, wenn wir etwas Falsches gesagt oder getan haben. (Siehe auch den Kasten „Für Eltern“.)
WAS HABEN WIR GELERNT?
19. Wann bauen wir andere durch unseren Rat auf?
19 Es ist nicht leicht, jemanden auf ein Problem anzusprechen. Sowohl wir als auch diejenigen, denen wir Rat geben, sind unvollkommen. Behalte die Prinzipien aus diesem Artikel fest im Sinn. Überprüfe deine Beweggründe. Frag dich, ob der Rat wirklich notwendig ist und ob du am besten geeignet bist ihn zu geben. Stell zuerst einmal Fragen. Und hör dann gut zu, um zu verstehen, was der andere gerade durchmacht. Versuch, die Dinge aus seiner Perspektive zu sehen. Geh liebevoll mit deinen Brüdern und Schwestern um und bau Freundschaften zu ihnen auf. Und denk an das Ziel: Wir wollen nicht nur gute Ratgeber sein, sondern auch das Herz erfreuen (Spr. 27:9).
-