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MotorflugErwachet! 2010 | März
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Motorflug
JAHRHUNDERTELANG träumte der Mensch vom Fliegen. Aber Menschen fehlt einfach die nötige Muskelkraft, um ihr eigenes Körpergewicht in die Lüfte zu schwingen. 1781 erfand James Watt eine Dampfmaschine, die Energie in eine Drehbewegung umsetzen konnte. Nikolaus Otto entwickelte die Idee weiter und konstruierte 1876 einen Verbrennungsmotor. Damit ließ sich theoretisch ein Fluggerät antreiben. Doch wer könnte so etwas bauen?
Die Brüder Wilbur und Orville Wright wollten schon als Kinder gern fliegen; geweckt wurde der Wunsch, als sie ihre ersten Drachen steigen ließen. Später sammelten sie technische Erfahrung als Fahrradkonstrukteure. Ihnen wurde bald klar, dass die Hauptschwierigkeit beim Fliegen darin besteht, etwas zu konstruieren, das sich steuern lässt. Ein Fluggerät, das in der Luft nicht ausbalanciert werden kann, ist nämlich so nutzlos wie ein Fahrrad ohne Lenkstange. Wilbur beobachtete den Flug von Tauben und sah, dass sie sich wie Radfahrer in die Kurve legen. Er folgerte, dass Vögel wenden und das Gleichgewicht halten, indem sie ihre Flügelspitzen verdrehen. Da kam ihm der Gedanke, einen flexiblen Flügel zu konstruieren, der sich verwinden lässt.
1900 bauten Wilbur und Orville ein Fluggerät mit flexiblen Flügeln. Sie brachten es zuerst als Drachen in die Luft, später als bemannten Gleiter. Bald fanden sie heraus, dass es dreifach steuerbar sein müsste: es benötigte ein Höhenruder, eine Steuerung für die Waagrechte und ein Seitenruder. Zu ihrer Enttäuschung lieferten die Flügel jedoch nicht genug Auftrieb. Also bauten sie einen Windkanal, in dem sie so lange mit Hunderten von Flügelformen experimentierten, bis Form, Größe und Winkel stimmten. 1902 war es schließlich so weit: Ihr neues Fluggerät ließ sich in der Luft manövrieren. Würden sie es auch schaffen, es mit einem Motor auszurüsten?
Erst einmal mussten sie ihren eigenen Motor bauen und dann noch einen Propeller konstruieren — was sie aber dank ihrer Erkenntnisse aus dem Windkanal meisterten. Am 17. Dezember 1903 wurde der Motor schließlich angeworfen. Die Propeller schwirrten und ihr Fluggerät hob ab in den eisigen Wind. „Unser Jugendtraum hatte sich erfüllt“, sagte Orville. „Endlich konnten wir fliegen.“ Die Brüder Wright wurden in der ganzen Welt gefeiert. Doch woher nahmen sie die Ideen, die ihnen halfen, sich in die Lüfte zu schwingen? Natürlich aus der Natur.
[Bild auf Seite 4]
Der „Flyer“ der Brüder Wright, 1903 in North Carolina (USA; Bild nachgestellt)
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Die Natur hat das PatentErwachet! 2010 | März
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Die Natur hat das Patent
„Frag doch bitte . . . die geflügelten Geschöpfe der Himmel, und sie werden es dir mitteilen. . . . Die Hand Jehovas selbst hat dies getan“ (Hiob 12:7-9).
VÖGEL sind offenbar bis ins Detail für das Fliegen optimiert. Die Schäfte der Flügelfedern beispielsweise müssen während des Fluges das gesamte Gewicht des Vogels tragen. Was macht Vogelflügel so leicht und gleichzeitig so robust? Schneidet man einen Federschaft auf, sieht man das Geheimnis: Seine Struktur erinnert an eine Röhre mit Hartschaumkern. Das Innere ist porös, die Außenseite fest. Ingenieure machen sich das zunutze und verwenden im Flugzeugbau ähnlich strukturierte Träger.
Die Knochen von Vögeln sind ebenfalls genial konstruiert. Die meisten sind hohl; einige sind innen durch Streben verstärkt, deren Anordnung an weitmaschige Fachwerkträger erinnert. Interessanterweise sind die Flügel des Spaceshuttles ähnlich aufgebaut.
Moderne Flugzeuge werden mithilfe weniger Steuerklappen an den Flügeln und am Heck manövriert. Bei Vögeln dagegen sind pro Schulter und Flügel rund 48 Muskeln aktiv und verändern Form und Bewegung der Flügel und einzelner Federn. Und das mehrmals pro Sekunde! Kein Wunder, dass Flugzeugkonstrukteure angesichts der Flugkünste der Vögel vor Neid erblassen.
Das Fliegen, vor allem aber der Start, ist extrem energieaufwendig. Deshalb brauchen Vögel einen kraftvollen, leistungsfähigen „Motor“. Das Herz eines Vogels schlägt schneller als das eines gleich großen Säugetiers und ist normalerweise größer und stärker. Außerdem sind die Lungen von Vögeln anders aufgebaut: Da bei ihnen die Luft nur in eine Richtung strömt, sind sie leistungsfähiger als die von Säugetieren.
Viele Vögel sind so beschaffen, dass sie für erstaunlich lange Flüge genug Treibstoff dabeihaben. Eine Zwergdrossel verbraucht bis zur Hälfte ihres Körpergewichts für einen 10-Stunden-Flug. Ganz anders die Pfuhlschnepfe: Wenn sie von Alaska in Richtung Neuseeland startet, macht Fett zwar auch über die Hälfte ihres Gewichts aus. Aber sie kann dann damit etwa 190 Stunden (8 Tage) nonstop fliegen! Da kommt kein Verkehrsflugzeug mit.
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