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Die Furcht vor den Toten ist weit verbreitetDer Wachtturm 1994 | 15. Oktober
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Die Furcht vor den Toten ist weit verbreitet
Die Sonne ist längst untergegangen. Du befindest dich später als beabsichtigt auf dem Nachhauseweg. Als du am Friedhof vorbeigehst, fängt dein Herz an, ein wenig schneller zu schlagen. In der Stille der dunklen Nacht achtest du auf jedes noch so winzige Geräusch. Plötzlich ertönt aus der Ferne ein gellender Schrei, der dir das Blut in den Adern gefrieren läßt. Das Herz schlägt dir bis zum Hals, und mit schnellem Schritt strebst du deiner sicheren Wohnung zu.
HATTEST du je ein unbehagliches Gefühl, wenn du auf einem Friedhof oder in dessen Nähe warst? Wenn ja, dann ist dein Denken möglicherweise von einer weltweit verbreiteten religiösen Vorstellung beeinflußt: daß die Geister der Toten den Lebenden helfen oder schaden können.
Viele abergläubische Bräuche sind auf den Glauben zurückzuführen, die Toten würden die Hilfe der Lebenden benötigen oder sie könnten den Lebenden schaden, wenn man sie nicht besänftigte. In manchen Ländern Lateinamerikas pflegen zum Beispiel viele den Brauch, an der Stelle, wo jemand tödlich verunglückt ist, ein mit einem Kreuz versehenes kleines Häuschen zu errichten. Dort zünden die Leute Kerzen an und legen Blumen nieder, um ihr Interesse gegenüber der Seele oder dem Geist des Verstorbenen zu bekunden oder um ihm zu helfen. Manchmal erzählt man sich von „Wundern“ als Antwort auf Gebete, worauf immer mehr Leute den Ort des animita, des kleinen Häuschens für die Seele oder den Geist des Verstorbenen, aufsuchen. Sie legen dort mandas, das heißt Gelübde, ab und versprechen, ihre Dankbarkeit in besonderer Weise zu zeigen, falls der Verstorbene ihnen hilft, etwas zu erreichen oder zu erhalten, beispielsweise eine Wunderheilung. Andererseits können Gerüchte kursieren, wonach die Seele eines Verstorbenen im Dunkel der Nacht erschienen sei und den Anwesenden Angst eingejagt habe. Dann heißt es gewöhnlich, solche Seelen seien penando — sie belästigten die Lebenden wegen früherer Vorfälle.
In vielen Ländern unternehmen Menschen große Anstrengungen, um die „Geister“ der Verstorbenen zu besänftigen. Man veranstaltet aufwendige Festmähler, bringt Opfer dar und betet beschwichtigende Formeln her — alles in dem Bemühen, den Geist des Verstorbenen von Vergeltung abzuhalten. Wird der Geist versöhnlich gestimmt, so denkt man, dann werden die Hinterbliebenen belohnt und gesegnet.
In einem Bericht aus Afrika heißt es: „Viele glauben, kein Ereignis sei auf ‚gewöhnliche oder natürliche‘ Vorgänge zurückzuführen. Hinter jedem Vorfall — ob Krankheit, Unglück, Unfruchtbarkeit, finanzielle Schwierigkeiten, extreme Niederschläge, übermäßige Hitze, Unfälle, Familienzwist oder Tod — stehen gemäß ihrer Überzeugung unsichtbare Geister mit übermenschlichen Kräften.“ In einem anderen Bericht wird gesagt: „Die Leute glauben, daß die Geister ihrer Ahnen eine Stellung im Himmel einnehmen und beständig über ihre Hinterbliebenen auf der Erde wachen. Den Ahnen werden übernatürliche Kräfte zugeschrieben, die sie gebrauchen können, um ihre Angehörigen auf der Erde entweder zu segnen und zu beschützen oder sie zu bestrafen, je nachdem, inwieweit die Angehörigen die Verstorbenen ehren oder sie vernachlässigen.“
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In welchem Zustand befinden sich die Toten?Der Wachtturm 1994 | 15. Oktober
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Können einem demnach die Toten helfen oder schaden? Die Heilige Schrift verneint das. Die Toten sind ohne Bewußtsein und ruhen in Stille. Sie sind außerstande, mit den Lebenden zu kommunizieren, irgendwelche Gefühle wie Liebe oder Haß zu zeigen oder irgend etwas zu tun. Man braucht vor ihnen keinerlei Furcht zu haben.
„Das mag ja stimmen, solange es um den Tod des Körpers geht“, wendet vielleicht jemand ein. „Aber der physische Tod ist nicht das Ende des Lebens; er befreit lediglich den Geist vom Körper. Ein solcher Geist kann den Lebenden helfen oder schaden.“ So denken Millionen Menschen auf der ganzen Erde.
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