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Warum eine Geißel unserer Zeit?Erwachet! 1990 | 22. Dezember
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Warum eine Geißel unserer Zeit?
„SCHLANKHEIT wurde das Wichtigste in meinem Leben“, gesteht die 34jährige Ann. Die Angst vor Übergewicht führte dazu, daß sie eine strenge Diät einhielt und in kurzer Zeit 30 Kilo abnahm. „Sie war nur noch Haut und Knochen und sah aus, als käme sie aus einem Konzentrationslager“, sagt ihr Mann.
Dann bekam sie vor lauter Hunger Freßanfälle, worauf sie jeweils Abführmittel nahm und sich zum Erbrechen zwang, um die aufgenommene Nahrung wieder loszuwerden. „Wie kann jemand nur eine so widerliche Gewohnheit entwickeln?“ fragt man sich.
„Das ist leichter, als man denkt“, erzählt Ann. „Ich wollte einfach schlank sein. Auf Frauen wird großer Druck ausgeübt, gut auszusehen. Die Modejournale bombardieren einen ja förmlich und hämmern einem die Schlankheit geradezu ein. So wollte ich unbedingt superschlank und attraktiv sein.“
Ann geriet in den Teufelskreis der Eßstörungen. Zehn lange Jahre war sie darin gefangen. Sie meint: „Ich hätte nie gedacht, daß es so weit kommen könnte.“ Doch Ann ist kein Einzelfall. Sie gehört zu den jährlich schätzungsweise eine Million Amerikanerinnen, die an Magersucht (Anorexia nervosa) oder an Freß-Brech-Sucht (Bulimie) erkranken. Auch zahlreiche Männer haben solche Eßstörungen entwickelt, und viele sind stark übergewichtig. Aber was für Störungen sind das?
Die Eßstörungen
Anorexia nervosa kennzeichnet sich durch die anhaltende Unfähigkeit oder Weigerung zu essen, und zwar aufgrund psychischer Konflikte. Eine körperliche Erkrankung liegt als Ursache nicht vor. Dieses Leiden führt zu einem bedeutenden Gewichtsverlust. Die Betroffenen — meist junge Mädchen — haben große Angst vor Übergewicht und fühlen sich noch in abgemagertem Zustand zu dick. Die Menstruation bleibt aus. Sie wollen ihr Gewicht unbedingt unter dem Minimum für ihr Alter und ihre Größe halten.
Bulimie kennzeichnet sich durch wiederholte Freßanfälle. Es werden riesige Nahrungsmengen in kurzer Zeit unbeherrscht hinuntergeschlungen. Darauf versucht der Betreffende, die Kalorien durch selbst herbeigeführtes Erbrechen, abführende und harntreibende Mittel oder anstrengende Übungen wieder loszuwerden. Er ist ständig um seine Figur und sein Gewicht besorgt.
Fettsucht kennzeichnet sich durch unbeherrschtes Essen, gefolgt von Schuld- und Schamgefühlen wegen des Eßverhaltens und der Gewichtszunahme. Der Fettsüchtige neigt dazu, bei Aufregung oder Anspannung zuviel zu essen. Oft ist Fettleibigkeit die Folge, da Fettsüchtige im allgemeinen die Kalorien nicht durch Erbrechen und Abführen loswerden.
Doch Gewichtsabnahme oder -zunahme, Übergewicht und Magerkeit an sich sind noch keine Anzeichen für eine Eßstörung. Sie können genetisch oder physiologisch bedingt sein. Eine Eßstörung liegt vor, wenn die Einstellung zum Essen und zum Gewicht entgleist. Tiefgreifende psychische Störungen sind dann der Grund, warum der Betreffende ißt oder die Nahrungsaufnahme verweigert.
Immer mehr Fälle von Eßstörungen
Die meisten Experten berichten über eine Zunahme der Eßstörungen, und manche sprechen sogar von einer Epidemie. In einem Artikel, überschrieben „Eßstörungen: Folgen für die 90er Jahre“, erklärten Forscher, daß diese Störungen „seit 1970 drastisch zugenommen haben und nun in den Krankenhausalltag eingekehrt sind“. Wie verlautet, sterben jährlich 150 000 an Komplikationen, die auf Magersucht oder Freß-Brech-Sucht zurückgehen.
Ann hingegen ist völlig geheilt. Sie hatte Glück. Bei 21 Prozent der Betroffenen führt die Magersucht zum Tod. Bulimie geht häufig mit Selbstmordgedanken einher, und verschiedene Ärzte berichten, daß ein Drittel ihrer Patientinnen Selbstmordversuche unternommen haben.
Eßstörungen kommen in allen Altersstufen, in allen ethnischen und rassischen Gruppen und in allen sozialen Schichten vor. Diese Geißel greift in vielen Industrieländern um sich. Aus Japan wird ein „drastischer“ Anstieg seit 1981 gemeldet. In Schweden, Großbritannien, Hongkong, Südafrika, Australien und Kanada ist ebenfalls eine Zunahme zu verzeichnen.
Doch warum sind Eßstörungen, obwohl schon seit Hunderten von Jahren bekannt, im 20. Jahrhundert zu einer Epidemie geworden?
Der „Schlankheitskult“
Nach 40 Jahren Forschung schrieb Dr. Hilde Bruch: „Ich bin geneigt, eine Verbindung zu vermuten zwischen der Magersucht und dem von der Mode so ungeheuer betonten Schlanksein. ... Zeitschriften und Filme verbreiten die gleiche Botschaft. Am aufdringlichsten ist jedoch das Fernsehen, das seinen Zuschauern Tag für Tag einhämmert, nur wenn man schlank sei, werde man geliebt und geachtet.“
Vor dem Jahr 1900 war das Tragen modischer Kleidung hauptsächlich den Wohlhabenden vorbehalten. Doch nach dem Ersten Weltkrieg (1914—18) wurde durch das Aufkommen von Kaufhäusern, Frauenzeitschriften und der Modefotografie unter den Frauen ein vermehrtes Interesse an der Mode geweckt. Schicke neue Mode wurde massenweise in Standardgrößen angefertigt. Aber um sie tragen zu können, mußte eine Frau die „richtige“ Figur haben. Figurprobleme waren nun für Frauen, die nicht in solche moderne Kleidung hineinpaßten, frustrierend und peinlich.
Dann wurde in Amerikas erstem Bestseller über Ernährung (1918) Gewichtskontrolle mit Selbstachtung in Verbindung gebracht. Übergewicht bei Frauen wurde als Charakterschwäche und als gesellschaftlicher Makel angesehen. In ihrem Buch Fasting Girls schreibt Joan Brumberg über die Folgen: „In den 20er Jahren war die äußere Erscheinung wichtiger als der Charakter, da die sexuelle Anziehungskraft als ‚strahlender Schmuck‘ der Frau an die Stelle der Religiosität trat. ... Viele übernahmen die Vorstellung, das Selbstwertgefühl sei an Körpergröße und Figur zu messen.“
So entstand ein Schlankheits- und Schönheitswahn. Heute halten ständig schätzungsweise 50 Prozent der Amerikanerinnen Diät, zumeist um ihres Aussehens willen. Bei einer von der Zeitschrift Glamour gestarteten Umfrage wurden 33 000 Frauen gefragt: „Was würde Sie am glücklichsten machen?“ 42 Prozent antworteten: „Abnehmen.“ Das war fast doppelt soviel wie bei den anderen Antwortmöglichkeiten, von denen eine lautete: „Beruflicher Erfolg“.
Heute, zu Beginn der 90er Jahre, ist Schlankheit ein Symbol für Stärke, Leistung und Attraktivität geworden. „Bei unserem anhaltenden und übertriebenen Schlankheitskult ist es kein Wunder, daß viele junge Frauen aus dem Abnehmen eine Religion machen“, erklärt J. Brumberg. Eine offensichtliche Folge? Die Epidemie der Eßstörungen.
Trotz des gesellschaftlichen Drucks, schlank zu sein, entwickeln aber nicht alle Frauen Eßstörungen. Wer ist besonders gefährdet?
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Gesundheitsgefahren durch Eßstörungen
Anorexia nervosa
Blutbildveränderungen, anormal niedriger Blutdruck, anormale Müdigkeit oder Schwäche, unregelmäßiger Herzschlag, plötzliches Herzversagen, gelbliche Haut, Hormonstörungen, Ausbleiben der Menstruation, Verlust an Knochensubstanz.
Bulimie
Unregelmäßige Menstruation, Muskelschwäche und Krämpfe, Dehydratation, Benommenheit, Zahnschmelzschäden, Kälteempfindlichkeit, Erschöpfung, Verdauungsbeschwerden, unregelmäßiger Herzschlag, der zu einem plötzlichen Herzanfall führen kann, Risse und Blutungen in der Speiseröhre, Unterleibsschmerzen.
Fettsucht
Hoher Blutdruck und Erschöpfung zufolge von Übergewicht, starke Fettleibigkeit (mit erhöhtem Diabetesrisiko), Erkrankungen der Herzkranzgefäße, Krebs, Hormonstörungen, Gallensteine.
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Wer entwickelt Eßstörungen?Erwachet! 1990 | 22. Dezember
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Wer entwickelt Eßstörungen?
Während ein angemessenes Interesse am eigenen Aussehen normal ist, können Eßstörungen entstehen, wenn man von der Sorge um sein Aussehen besessen ist. Das wird in folgendem Interview deutlich.
ERWACHET!: Ann, warst du übergewichtig, als deine Probleme anfingen?
ANN: Nein, aber ich hatte einen Freund und wollte gut aussehen.
ERWACHET!: War deine Selbstachtung von deinem Aussehen abhängig?
ANN: Bestimmt. Wenn mich andere ansahen, überlegte ich immer, was sie wohl von mir dachten. Ich redete mir ständig ein, ich müsse die richtige Figur haben, um attraktiv zu sein.
ERWACHET!: Du warst also zufrieden mit dir, wenn du das Gefühl hattest, gut auszusehen?
ANN: Ganz sicher! Nahm ich zu, dann haßte ich mich. Wenn ich in den Spiegel schaute, dachte ich nicht an innere Werte.
Man weiß nicht, warum manche Eßstörungen entwickeln, während das bei anderen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, nicht der Fall ist. Kultur, Vererbung, Gesundheit oder biochemische Abnormalitäten und das familiäre Umfeld spielen offensichtlich eine Rolle. Doch gibt es gewisse Persönlichkeitsmerkmale, die wohl für die meisten Betroffenen kennzeichnend sind.
Perfektionismus
Als Gesamtheit gesehen neigen Eßgestörte zum Perfektionismus und stechen in der Schule oder am Arbeitsplatz durch hohe Leistungen hervor. Dr. Hilde Bruch, die über 130 Magersüchtige behandelt hat, beschreibt in ihrem Buch Der goldene Käfig die Gefühle, die für die Betroffenen typisch sind: „Du hast eine große Angst, nämlich gewöhnlich zu sein, Durchschnitt oder das Übliche — eben nicht gut genug. ... Du denkst, daß du nur dann etwas taugst, wenn du etwas ganz Besonderes tust, etwas so Großes und Hervorragendes, daß deine Eltern und andere Leute, an denen dir liegt, beeindruckt sind und dich bewundern werden.“
Lee, die an Magersucht litt, gesteht: „Ich versuchte, etwas Hervorragendes zu leisten; ich wollte bei allem, was ich tat, die Beste sein.“ Häufig äußert sich dieser Perfektionismus in dem übermächtigen Wunsch, anderen zu gefallen, d. h. das „beste Mädchen der Welt“ zu sein.
Frauen sind auch durch ihre Auffassung von ihrer Rolle in der Gesellschaft gefährdeter. Männer können zwar ebenfalls an Eßstörungen leiden, doch vorwiegend sind Mädchen und Frauen betroffen. In dem Buch Surviving an Eating Disorder wird erklärt: „Mädchen mit Eßstörungen sind oft dazu erzogen worden, an andere keine Ansprüche zu stellen. Ein liebes Mädchen ist still und unauffällig und zeigt seinen Kummer nicht.“ Eine solche Erziehung kann allerdings dazu führen, daß Frauen das Gefühl haben, ihr Leben nicht selbst bestimmen zu können.
Bei manchen Frauen führt das ständige Bemühen, anderen zu gefallen, während sie gleichzeitig den Wunsch unterdrücken, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, zu einem inneren Konflikt, der eine Eßstörung verursachen kann. Dawn, die von Fettsucht und Bulimie geheilt wurde, erzählt: „Meine Eltern erwarteten von mir, alles auf ihre Art und Weise zu tun. Ich sollte so sein, wie sie mich haben wollten. Nach außen hin wirkte ich selbstbewußt und intelligent, aber in meinem Innern sah es ganz anders aus. Ich hatte das Gefühl, ihren Erwartungen nie entsprechen zu können. Ich konnte es niemandem recht machen — weder meinen Freunden noch meinen Eltern. Dann wurde mir bewußt, daß ich mein Gewicht kontrollieren konnte! Ich konnte nach Belieben zunehmen und abnehmen. Das verlieh mir das Gefühl, mein Leben unter Kontrolle zu haben. Wenn ich mein Gewicht unter Kontrolle hätte, hätte ich alles unter Kontrolle.“
Gefühle der Unzulänglichkeit
Dawns Unsicherheit ist typisch für die Selbstzweifel vieler, die an Eßstörungen leiden. Obwohl sie Talente haben, fehlt es den meisten an Selbstwertgefühl. Unmäßiges Essen ist mitunter ein Anzeichen für geringe Selbstachtung. Man sagt sich: „Ich bin nichts wert. Warum sollte ich um mich oder mein Gewicht besorgt sein?“ Solche Gedanken führen zu Depressionen, worunter fast alle leiden, die Eßstörungen haben.
Wodurch wird dieses Gefühl der Wertlosigkeit verursacht? Die Bibel antwortet: „Durch den Schmerz des Herzens gibt es einen niedergeschlagenen Geist“ (Sprüche 15:13). Innerer Schmerz kann durch verschiedenes verursacht werden — bittere Enttäuschung, Zurückweisung, eine Umgebung, in der die eigenen emotionellen Bedürfnisse nicht beachtet werden, oder traumatische Kindheitserlebnisse, um nur einiges zu nennen. Die Forschung zeigt, daß eine überraschend hohe Anzahl von Patientinnen mit Eßstörungen sexuell mißbraucht wurden.
Doch eine geringe Selbstachtung kann auch durch die Einstellung anderer hervorgerufen werden. „So weit ich zurückdenken kann, war ich zu dick, und meine Mutter hackte ständig auf mir herum“, erzählt eine junge Frau. „Es wurde alles getan, damit ich abnahm; das war das einzige, was zählte. Deshalb hasse ich mich und meinen Körper.“ Das heutige gesellschaftliche Klima, in dem Schlankheit gepriesen wird, trägt dazu bei, daß sich manche Übergewichtige hassen.
In anderen Fällen schwindet die Selbstachtung erst durch die Eßstörung an sich. Lynn, die bis zu zehnmal am Tag erbrach, gibt zu: „Nach dem Erbrechen betrachtete ich mein Gesicht im Spiegel und sagte mir: ‚Ich hasse dich.‘ Dann weinte ich. Ich fühlte mich wertlos.“
Tief im Innern sind die meisten Betroffenen davon überzeugt, daß sie grundlegende Persönlichkeitsmängel haben. Daher sind alle ihre Bemühungen darauf gerichtet, ihre Fehlerhaftigkeit und Unzulänglichkeit zu verbergen und nach Möglichkeiten zu suchen, ihre Selbstachtung aufzubauen. Magersüchtige wollen dies auf außergewöhnliche Weise erreichen. Ihr Bemühen um ein Selbstwertgefühl macht die Magersucht so heimtückisch — und tödlich.
Als Lee von einem Mann, den sie liebte, zurückgewiesen wurde, war es mit ihrer Selbstachtung aus. „Ich wollte ihm beweisen, daß er etwas versäumte“, berichtet sie. „Deshalb nahm ich mir vor, superschlank und superschick zu sein.“ Um abzunehmen, aß sie nichts mehr und wurde überaktiv. „Allmählich war ich zufrieden. Ich hielt mich für jemand ganz Besonderes, da ich etwas erreicht hatte, was andere nicht fertigbrachten. Ich fühlte mich stark.“
Lees Gewicht sank von 73 auf bedenkliche 47 Kilo. Über die Bemühungen anderer, sie zum Essen zu bewegen, sagt sie rückblickend: „Ich dachte, sie alle wollten mein Leben und mein Glück ruinieren und mir die Selbstachtung rauben. Ich befürchtete, schließlich wie alle anderen zu werden.“ Die Haltung Lees ist typisch für Magersüchtige, die versuchen, Selbstwertgefühl zu erlangen, indem sie ihre Wünsche unterdrücken und etwas tun, was andere nicht schaffen.
Auch ein Mädchen, das sich ausgenutzt fühlt, kann magersüchtig werden, um seine zerbrechliche Selbstachtung vor weiteren Mißbräuchen zu schützen. Shirley litt zum Beispiel darunter, wie sie von den Jungen wegen ihrer gerade entwickelten weiblichen Formen behandelt wurde. Dann machte ihr eigener Vater Annäherungsversuche. „Ich fühlte mich so beschämt und angewidert, daß ich zu meiner Mutter lief und einfach nur weinte“, berichtete Shirley. „Als ich abgenommen hatte und meine Kurven weg waren, belästigte mich niemand mehr. Das andere Geschlecht schenkte mir keine Aufmerksamkeit mehr.“
In manchen Fällen ist Magersucht die Flucht vor den Pflichten des Erwachsenseins. „Ich wollte nicht erwachsen werden und familiäre Pflichten auf mich nehmen“, erklärte Shirley. „Auf keinen Fall wollte ich zunehmen. Niemals! Für niemanden!“ Traurigerweise führte ihr zwanghafter Wunsch, die Zeit stillstehen zu lassen, zu einem qualvollen Hungertod.
Diese Beschreibungen treffen nicht auf alle Magersüchtigen zu. Doch es scheint, daß es ihnen allen ein Machtgefühl verleiht, sich selbst zu einer Person zu machen, die sie bewundern können. Sie erlangen dadurch eine gewisse Selbstachtung. Die Magerkeit ist für sie ein Grund zum Stolz und zur Freude.
Mit schmerzlichen Gefühlen fertig werden
Da Nahrung besänftigt und beruhigt, kann man sie mißbrauchen, um mit Einsamkeit, Angst, Langeweile, Wut, Niedergeschlagenheit, Ablehnung oder Verrat fertig zu werden. „In der Schule hatte ich ein so schmerzliches Erlebnis, daß ich nicht darüber reden konnte“, erzählt Dawn. „Immer wenn ich an den Vorfall dachte oder mich in einer verzwickten Situation befand, bekam ich einen Freßanfall. Ich versuchte, meine Gefühle mit Essen zuzustopfen.“ Das Essen betäubte ihren inneren Schmerz. Aber die Fettsucht führte zu einer Gewichtszunahme von 45 Kilo.
Mitunter ist die Eßstörung ein Ausweichen vor den Belastungen des Lebens. Annes Vater war Alkoholiker, und sie wurde ständig wegen ihres Gewichts gehänselt. Sie sagt über ihre Freß-Brech-Sucht: „Das war meine Art und Weise, mit dem täglichen Streß fertig zu werden, und es klappte. Denn wenn man von etwas besessen ist, muß man nicht über seine echten Probleme nachdenken. Man schiebt alles auf das Übergewicht und meint, daß das Leben wunderbar wäre, wenn man abnehmen würde.“
Wir alle essen zwar vielleicht etwas mehr, wenn wir aufgeregt oder einsam sind, doch wer in der Gefahr steht, eine Eßstörung zu bekommen, bedient sich nicht der normalen Mittel, um gegen den inneren Aufruhr anzugehen. Falls er beispielsweise eine unterschwellige Abneigung gegen eine Person oder eine Situation hat, würde er zur Besänftigung eher essen, als seinen Unmut zur Sprache zu bringen.
Die Rolle von Abmagerungskuren
Strenge Abmagerungskuren sind gemäß der Forschung der meistgenannte Grund für Freßanfälle. Eine 1989 durchgeführte Studie über die Ursachen von Fettleibigkeit ergab folgendes: „Diätverhalten als Reaktion auf Gewichtsprobleme scheint unerklärlicherweise mit Gewichtszunahme in Verbindung zu stehen.“ Wieso?
Wer eine strenge Diät einhalten will, muß meist Süßigkeiten und andere wohlschmeckende Nahrungsmittel streichen. Diese „verbotenen“ Nahrungsmittel werden für ihn zu einer ständigen Versuchung. Wenn er dann aufgeregt, besorgt oder einsam ist, verfällt er in Selbstmitleid. Um seine Stimmung zu heben, stopft er sich mit genau den Nahrungsmitteln voll, die er sich vorenthalten hat. Darauf folgt eine noch strengere Diät mit demselben Ergebnis — ein Freßanfall. Dieser Teufelskreis führt zu Gewichtszunahme und Eßstörungen. Lee beschreibt, wie sie durch Schlankheitskuren die Voraussetzung für Magersucht schuf: „Ich hatte alle möglichen Abmagerungskuren ausprobiert. Ich nahm ab und wieder zu. Diesmal wollte ich mein Gewicht unbedingt niedrig halten.“
Das Wissen um die Ursache einer Eßstörung ist zwar nicht die ganze Lösung des Problems, doch es kann zur Heilung beitragen. Es kann auch helfen, Eßstörungen vorzubeugen. Was aber, wenn du einige der erwähnten Persönlichkeitsmerkmale bei dir selbst, bei einem Angehörigen oder einem Bekannten feststellst? Wie kann man sie überwinden?
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Die übermäßige Sorge um das Aussehen kann zu einer Eßstörung führen
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Einige essen unmäßig, um mit schmerzlichen Gefühlen fertig zu werden
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Den Sieg davontragenErwachet! 1990 | 22. Dezember
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Den Sieg davontragen
Wenn man Lee kennenlernt, eine redegewandte, offene, leicht übergewichtige junge Frau, kann man kaum glauben, daß sie vor fünf Jahren fast an Magersucht gestorben wäre. Aber wenn man sich mit ihr unterhält, staunt man, wie sehr sie umdenken mußte — was mitunter äußerst schwer war —, um diese lebensgefährliche Eßstörung zu bekämpfen. „Bei dem Kampf ging es nicht nur um das Essen“, erklärt sie.
Da Eßstörungen die Folge psychischer Probleme sind, spielt sich der Kampf im Denken ab. Das Bemühen, andere Wertvorstellungen zu entwickeln, ist einer der ersten Schritte zur Heilung. Wir alle haben gewisse feste Werte, Dinge, die wir als wichtig betrachten. Sie bestimmen die Meinung, die wir von uns haben, und unsere Reaktion auf belastende Probleme. Personen mit Eßstörungen müssen ihre Werte ändern, d. h. ihre Denkweise umstellen.
„Wandelt euch und erneuert euer Denken“, fordert uns die Bibel auf, „damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist“ (Römer 12:2, Einheitsübersetzung). Ja, unsere Denkweise muß durch das, was Gott gefällt, geformt werden. Unser Schöpfer kennt uns sehr gut. Er weiß, was uns dauerhaftes Glück bringen wird. Was ist in seinen Augen wichtig?
Sich auf die wahre Schönheit konzentrieren
Gott beurteilt, was wir innerlich sind. „Die verborgene Person des Herzens“, wenn sie mit einem stillen und milden Geist geschmückt ist, ist „in den Augen Gottes von großem Wert“ (1. Petrus 3:4). Doch wir leben in einer Welt, in der Frauen allgemein nach ihrem Aussehen beurteilt werden. Wie unvernünftig ist es aber, diesen Maßstab zu übernehmen! Denn was ist, wenn sich das Schlankheitsideal ändert? Vor hundert Jahren war in den Vereinigten Staaten Rundlichkeit schick. 1890 lautete eine Reklame: „Legen Sie den Damen ergebenst nahe, mit ... Fat-Ten-U-Gerichten mollig zu werden. Sie machen dünne Frauen GARANTIERT rundlich und gemütlich.“
„Ich hatte andere immer nach ihrem Äußeren eingeschätzt“, gesteht Lee, die ihre Denkweise später änderte. „Aber nun habe ich gelernt, bei anderen und bei mir christliche Eigenschaften zu schätzen. Jetzt versuche ich, liebenswerte Eigenschaften zu entwickeln. Ich habe erkannt, wie oberflächlich es ist, mich und andere nur nach dem Äußeren zu beurteilen.“
Die richtige Einstellung zum Aussehen zu haben ist nicht leicht. Man muß womöglich den ständigen Umgang mit Personen meiden, die auf ihr Gewicht und ihr Aussehen übertriebenen Wert legen. „Es ist ein dauernder Kampf, gegen den Druck der Gesellschaft anzukommen und die richtige Einstellung zu bewahren“, gibt Lynn zu, die von ihrer Freß-Brech-Sucht geheilt wurde. „Ich hatte nicht automatisch die richtige Einstellung, sondern mußte mein Denken in die rechten Bahnen lenken.“ Die Änderung im Denken betrifft auch das, worauf man seine Selbstachtung gründet.
„Leeren Ruhm“ zurückweisen
Viele Menschen mit Eßstörungen gründen ihr Selbstwertgefühl auf das Streben nach Perfektion oder auf die völlige Beherrschung des Hungers. Das ichbezogene Lob, das ihnen daraus erwächst, ist in Wirklichkeit nichtig und leer. Gottes Wort fordert uns auf, ‘nichts aus Ichsucht zu tun, sondern in Demut die anderen höher zu achten’ (Philipper 2:3). Das ursprüngliche griechische Wort für „Ichsucht“ bedeutet buchstäblich „leerer Ruhm“ oder hohles Lob. Wer etwas aus Ichsucht tut, versucht also, durch etwas, was ohne echten oder bleibenden Wert ist, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er rühmt sich leerer Dinge.
Lee sagt zum Beispiel: „Ich hielt mich für jemand Besonderes, weil mich niemand zum Essen bewegen konnte.“ Doch sie gibt zu: „Ich dachte, ich wäre zufrieden mit mir, wenn ich noch dünner wäre. Aber als ich weiter abnahm, war ich immer noch unzufrieden.“
Lee offenbart, was bei ihr eine Wende herbeiführte. „Ich erkannte“, erzählt sie, „daß ich für Gott wie ein winziger Tropfen an einem Eimer bin. Warum sollte ich also die Größte sein? Man muß nicht der Beste sein. Es ist ganz gut, wenn andere in bestimmten Dingen besser sind als man selbst.“
Ja, Lee lernte, ‘andere höher zu achten’. Sie haben gewisse Fähigkeiten, in denen sie uns übertreffen, so wie wir in bestimmten Dingen ihnen überlegen sind. Das bedeutet jedoch nicht, daß sie an sich wertvoller sind als wir oder wir wertvoller als sie.
Da Personen mit Eßstörungen den brennenden Wunsch haben, mit sich selbst zufrieden zu sein, müssen sie sich auf das konzentrieren, was echte Selbstachtung bewirkt. „Statt für mein Aussehen Lob ernten zu wollen“, erklärt Melissa, die früher an Bulimie litt, „erlange ich nun größeres Selbstwertgefühl, wenn ich Gottes Werte akzeptiere und seinen Standpunkt achte.“ Die Bibel sagt: „Anmut mag Trug sein, und Schönheit mag nichtig sein; doch die Frau, die Jehova fürchtet, ist es, die sich [echten, keinen leeren] Lobpreis schafft“ (Sprüche 31:30).
Freundschaft mit Gott
Die richtige „Furcht Jehovas“ ist keine krankhafte Angst vor göttlicher Strafe, sondern die Furcht, Gott zu mißfallen, weil er unser Freund geworden ist. „Glücklich ist der Mann, der Jehova fürchtet, an dessen Geboten er große Lust gefunden hat“, heißt es in Psalm 112:1. Als Freund Gottes findet man Gefallen daran, seinen Gesetzen zu gehorchen. Das ist eine starke Motivation. Aber wie denkt Gott über Eßstörungen?
Gottes Wort fordert uns auf, unseren Körper als eine kostbare Gabe Gottes zu achten (Römer 12:1). Der Apostel Paulus führte ‘jede Art Unreinheit und Habgier’ unter den Dingen auf, die Gott mißfallen, und sagte, daß das, was von Ungläubigen „im verborgenen geschieht, ... schändlich [ist] auch nur zu sagen“. Dazu gehörte wahrscheinlich die Sitte der Römer, sich bei Festgelagen durch Erbrechen zu erleichtern und dann gierig weiterzuessen (Epheser 5:3, 5, 12). Paulus schrieb: „Ich will mich nicht in die Gewalt von irgend etwas bringen lassen“ (1. Korinther 6:12). Möchten wir uns also der Gunst Gottes erfreuen, so dürfen wir unser Leben nicht von Essen und Abmagern beherrschen lassen.
Da es unterschiedliche Arten und Grade von Eßstörungen gibt, wird Gott das Verhalten der Betroffenen unterschiedlich ernst beurteilen. Doch der Wunsch, ein Freund Gottes zu sein, wird sie bewegen, ihre Eßstörungen zu überwinden. „Was mir am meisten geholfen hat, gesund zu werden“, sagt Ann, „war das Bewußtsein, daß ich nicht so handeln und gleichzeitig Gott gefallen konnte.“ Was aber, wenn es zu Rückschlägen kommt?
„Die Schuldgefühle bei der Bulimie sind unbeschreiblich“, gibt Melissa zu. „Tag und Nacht, wenn niemand um mich herum war, weinte ich bitterlich und bat Gott um Hilfe und Vergebung.“ Es ist tröstend, zu wissen, daß Gott „in großem Maße vergeben“ wird und ‘denen Barmherzigkeit erweist, die ihn fürchten’ (Jesaja 55:7; Psalm 103:13). Selbst wenn unser Herz uns verurteilt, ‘ist Gott größer als unser Herz und weiß alles’ (1. Johannes 3:20). Er sieht mehr als unsere Schwächen. Er weiß, wie sehr wir uns anstrengen und welche Fortschritte wir machen.
Werde nicht müde, ernstlich zu Gott zu beten und ihn um Vergebung zu bitten, ganz gleich, wie oft du dich wegen derselben Schwäche an ihn wenden mußt. Sofern du aufrichtig bist, wird er dir aufgrund seiner unverdienten Güte ein reines Gewissen schenken (Römer 7:21-25). „In der ganzen Zeit“, bestätigt Melissa, „war mir Gott ein wahrer und verläßlicher Freund, der meine Gebete erhörte.“ Nicht aufzugeben ist ein Schlüssel zum Sieg!
Mit schmerzlichen Gefühlen fertig werden
Um den Sieg davonzutragen, muß der Betroffene lernen, mit negativen Gefühlen fertig zu werden, statt sich durch Essen zu beruhigen. Als Hilfe ist es oft notwendig, mit jemandem über diese Gefühle zu sprechen. Marys Bulimie wurde zum Beispiel dadurch hervorgerufen, daß ihr Vater sie wegen ihres Gewichts hänselte. „Es war in Wirklichkeit mein Fehler, weil ich niemandem erzählte, wie sehr ich unter seinen Hänseleien litt“, erklärt Mary. „Ich ging bloß in mein Zimmer und weinte.“
Über solche Gefühle zu sprechen ist allerdings nicht leicht für jemanden, der von dem Wunsch besessen ist, anderen zu gefallen. In dem Buch Bulimia: A Systems Approach to Treatment heißt es jedoch: „Gefühle des Ärgers zu erkennen und zu lernen, sie auf taktvolle und passende Weise zum Ausdruck zu bringen, ist ein entscheidender Faktor bei der Heilung von Bulimie.“ Die Bibel rät treffend: „Seid erzürnt, und doch sündigt nicht; laßt die Sonne nicht über eurer gereizten Stimmung untergehen“ (Epheser 4:26). Wenn du verärgert bist oder dich gedrängt fühlst, ja zu sagen, obwohl du eigentlich lieber nein sagen würdest, dann frage dich: „Wie kann ich offen und ehrlich sein, ohne verletzend zu wirken?“
Vergiß auch nicht, daß die Rolle der Frau, wie die Bibel sie beschreibt, nicht darin besteht, lediglich anderen zu gefallen. Treue gottesfürchtige Frauen waren zwar ihren Männern untertan, brachten aber ihre Gefühle mitunter auf angemessene Weise offen zum Ausdruck. Sie ließen Initiative erkennen und wagten sich an Unternehmungen heran, die nicht immer leicht waren (Sprüche 31:16-18, 29). Natürlich muß man mit einem Mißerfolg rechnen, wenn man sich etwas Ungewohntes zutraut. Personen mit Eßstörungen haben oft große Angst davor, Fehler zu machen und dumm dazustehen. Aber jeder macht Fehler. „Der Gerechte mag sogar siebenmal fallen, und er wird bestimmt aufstehen“, heißt es in Sprüche 24:16. Aus Fehlern und Mißerfolgen zu lernen ist für die Heilung und die Vorbeugung entscheidend.
Zuweilen hängen schmerzliche Gefühle mit Vorfällen aus der Vergangenheit zusammen. Wenn auch die Erinnerung daran dir noch weh tut, bemühe dich, ‘auf Jehovas Taten liebender Güte zu achten’ (Psalm 107:43). Bestimmt hat es schöne Zeiten gegeben, wo du Beweise für Gottes Liebe und Güte erhalten hast. Versuche, dir das vor Augen zu halten. Falls du schlimm mißbraucht wurdest, bedeutet das nicht, daß du diese Behandlung verdient hättest oder daß dein Wert als Mensch dadurch bestimmt würde.
Laß dir helfen!
Wer eine Eßstörung überwinden will, muß sich jemandem mitteilen können, zu dem er Vertrauen hat. Versuche es nicht im Alleingang. Lynn berichtet, was bei ihr eine Wende bewirkte: „Eines Abends rief ich meine Mutter in mein Zimmer. Nachdem ich zehn Minuten lang geweint hatte, stieß ich hervor, daß ich an Bulimie litt.“ Sie fährt fort: „Meine Eltern waren sehr verständnisvoll. Mutti half mir, geduldig zu sein und keine Heilung über Nacht zu erwarten. Vati gab mir praktische Anregungen und betete mit mir. Wenn ich mich nicht geöffnet hätte, wäre mir diese Hilfe nicht zuteil geworden.“a
Der Beistand anderer ist oft für die völlige Heilung wesentlich. Sondere dich nicht ab, besonders wenn du dich gefährdet fühlst (Sprüche 18:1). Lynn zieht sich bei Aufregung nicht mehr zurück. Sie sagt über ihre Heilung: „Ich ging mit Mutti spazieren, und wir sprachen über meine Probleme. Um nicht wieder in das Freß-Brech-Verhalten zu verfallen, tat ich etwas, zum Beispiel eine Freundin anrufen, statt mich abzusondern.“
Einige haben in den Versammlungen der Zeugen Jehovas Hilfe beim Überwinden von Eßstörungen gefunden. „Ich konnte mir nicht mehr selbst helfen“, sagt Ann über den Zeitpunkt, als sie in ihrem Kampf gegen die Bulimie am Ende war. „Daher redete ich mir das Problem, das ich zehn Jahre lang geheimgehalten hatte, vom Herzen.“ Mitchristen waren ihr eine große Stütze. „Mein Stolz hatte mich davon zurückgehalten, Hilfe zu suchen, und es hätte mich fast das Leben gekostet. Ich war unbeschreiblich erleichtert. Mit der Hilfe meiner Glaubensbrüder wurde ich völlig geheilt.“
In manchen Fällen müssen Experten in der Behandlung von Eßstörungen in Anspruch genommen werden. Meist ist eine medizinische Beurteilung der erste Schritt. Zu der Behandlung gehören verschiedene Arten der Gesprächstherapie, Ernährungsberatung und vielleicht Medikamente. In extremen Fällen ist ein Klinikaufenthalt erforderlich. Wahrscheinlich sind einem Arzt oder einem Krankenhaus in deiner Gegend Spezialisten bekannt.
Vernünftigkeit und Hoffnung
„Der Arzt versicherte mir, daß sich, wenn ich ausgewogene Mahlzeiten zu mir nähme, mein Stoffwechsel normalisieren würde und ich nicht dick werden würde“, erzählt Lynn. „Und genauso war es.“ Wie weise ist doch der biblische Rat: „Laßt eure Vernünftigkeit allen Menschen bekanntwerden.“ (Philipper 4:5)!
Abnehmen kann man durch konsequente Einschränkung der Zufuhr von Fett und verfeinerter Nahrung, wie Zucker und Weißmehl, sowie durch vermehrten Verzehr von Obst, Gemüse, Salat und Vollkornprodukten. Auch mäßiges Sporttreiben ist wichtig.b Aufgrund von Vererbung, Alter und anderen Faktoren wiegt manch einer allerdings mehr, als die Mode erlaubt.
Lisa kam nach wiederholten Abmagerungskuren und einem langen Kampf gegen die Bulimie zu folgendem vernünftigen Schluß: „Ich glaube nicht, daß der Sieg im Abnehmen besteht. Ich denke, der Sieg liegt im Erreichen von Mäßigkeit in allem, selbst wenn das bedeutet, mehr zu wiegen, als die Modewelt diktiert.“ Während man sich jedoch eine vernünftige Ansicht über das Äußere aneignet, wird man vielleicht nicht nur wegen des Aussehens abnehmen wollen, sondern auch wegen der gesundheitlichen Risiken der Fettleibigkeit.
Man kann gefällige und bequem sitzende Kleidung tragen, statt ständig abnehmen zu wollen, um sich in die kleineren Größen hineinzwängen zu können. Versuche, dich mit nützlichen Tätigkeiten zu beschäftigen, statt dauernd auf die Waage zu gehen und Maß zu nehmen. Falls du gegen Bulimie ankämpfst, solltest du alle unnötigen Nahrungsmittel, die du gehortet hast, beseitigen und beim Lebensmitteleinkauf jemanden mitnehmen. Bemühe dich, Mahlzeiten mit anderen gemeinsam einzunehmen. Achte auf eine vernünftige Zeiteinteilung, und plane Freizeitbetätigungen mit ein.
Verleihe deinem Leben vor allem einen Sinn. Halte dich fest an die biblische Hoffnung auf eine kommende neue Welt der Gerechtigkeit. Gott wird bald die vielen frustrierenden Probleme beseitigen, die zu Eßstörungen führen, und er wird dieser Geißel des 20. Jahrhunderts für immer ein Ende machen (2. Petrus 3:13).
Aber was können Eltern oder Ehepartner tun, um einem Familienmitglied, das an Eßstörungen leidet, zu helfen? Das wird in einer späteren Erwachet!-Ausgabe behandelt.
[Fußnoten]
a In manchen Fällen von Eßstörungen ist ein Elternteil die Zentralfigur. Deshalb müssen die Eltern womöglich ebenfalls Hilfe suchen. Wenn die Beratung mit ihnen allein erfolgt, ist es für das Kind leichter, die Achtung vor ihnen zu bewahren. Die Eltern sind dann in der Lage, fortlaufend im Heilungsprozeß mitzuwirken.
b Siehe den Artikel „Ist der Kampf gegen die Pfunde vergebens?“ in unserer Ausgabe vom 22. Mai 1989.
[Bilder auf Seite 10]
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