Die nukleare Bedrohung
MAN stelle sich zwei Jungen vor, die in einer verschlossenen Garage stehen, deren Fußboden voll Benzin ist. Beide haben eine Schachtel Streichhölzer in der Hand ...
Dies veranschaulicht treffend die gegenwärtige Situation der beiden Supermächte. Beide verfügen über Arsenale furchterregender Kernwaffen, die, falls sie zum Einsatz kämen, zur gegenseitigen Zerstörung führen würden. Drohend stehen ihre Raketen abschußbereit, die Gyroskope ihrer Leitsysteme laufen auf Hochtouren.
Tausende solcher Todesboten sind in unterirdischen Betonsilos versteckt. Weitere Hunderte lauern in den Rümpfen der U-Boote und noch mehr unter den Pfeilflügeln der Düsenjäger. Eine verängstigte Welt fragt sich: „Was geschieht, wenn die Waffen einmal zum Einsatz kommen?“
Ein Viersternegeneral gibt die Antwort. Er sagt, daß ein Atomkrieg „die mit vielen Größenordnungen Abstand schlimmste Katastrophe der Geschichte“ wäre. Ein Wissenschaftler fügt hinzu: „Es besteht eine echte Gefahr der Ausrottung der Menschheit.“
Eine alte griechische Geschichte handelt von Damokles, einem Mann, der unter ein Schwert gesetzt wurde, das an einem einzigen Haar hing. Jenes Schwert kann als passende Veranschaulichung für die Kernwaffen dienen und Damokles für die gesamte Menschheit. Beseitige das Schwert, sagen einige, und Damokles ist in Sicherheit. Ist so etwas aber wahrscheinlich? Die Entwicklungen in den letzten Jahren haben bei vielen Hoffnungen geweckt.
März 1983: US-Präsident Reagan unterbreitet die Strategische Verteidigungsinitiative (SDI), ein Forschungsprogramm, das darauf ausgerichtet ist, Kernwaffen „unwirksam und überflüssig“ zu machen.
Januar 1986: Der sowjetische Parteichef Michail Gorbatschow schlägt vor, alle Kernwaffen bis zur Jahrhundertwende abzuschaffen. Später sagt er: „Wir sind bereit, nicht nur über eine Beendigung des Wettrüstens zu verhandeln, sondern auch über größtmögliche Waffenreduzierungen bis hin zur generellen und vollständigen Abrüstung.“
Dezember 1987: Gorbatschow und Reagan unterzeichnen ein Abkommen über die Beseitigung von Mittelstreckenraketen. Gemäß einem Pressebericht „ist es das erste Mal seit Anbruch des Atomzeitalters, daß die Supermächte übereingekommen sind, Kernwaffen nicht nur zu verringern, sondern ganze Systeme zu beseitigen“.
Wie groß ist aber die Wahrscheinlichkeit, daß diese jüngsten Entwicklungen je zu einer atomwaffenfreien Welt führen? Was steht dem Erfolg im Weg?