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  • Warum manche Kinder so schwierig sind
    Erwachet! 1994 | 22. November
    • Warum manche Kinder so schwierig sind

      „Genetische Faktoren, Stoffwechselvorgänge im Gehirn sowie die neurologische Entwicklung tragen maßgeblich dazu bei, wie man als Kind ist und was für ein Erwachsener man wird“ (DR. STANLEY TURECKI).

      JEDES Kind wächst auf besondere, individuelle Weise heran. Kinder besitzen eine ganze Reihe von Charaktereigenschaften und Wesenszügen, die ihnen offensichtlich angeboren sind — Eigenschaften, auf die ihre Eltern unter Umständen wenig oder gar keinen Einfluß haben. Es ist richtig, daß es schon immer Kinder gab, die sich nicht bändigen ließen oder unruhig waren und störten. Auch die besten Eltern können ein schwererziehbares Kind haben.

      Aber wieso ist die Erziehung mancher Kinder so schwierig und verlangt den Eltern so viel ab? Die Zahl der Kinder, die ernsthafte Verhaltensschwierigkeiten aufweisen, nimmt immer mehr zu. Kliniker und Forscher sind sich im allgemeinen darin einig, daß zwischen 5 und 10 Prozent aller Kinder extrem unruhig sind und daß die Unfähigkeit dieser Kinder, zuzuhören, sich zu konzentrieren, Regeln zu befolgen und Impulse zu kontrollieren, den Kindern selbst, ihren Angehörigen, ihren Lehrern und ihren Altersgenossen unzählige Schwierigkeiten bereitet.

      Dr. Bennett Shaywitz, Professor für Pädiatrie und Neurologie an der medizinischen Fakultät der Yale-Universität, nannte als mögliches Kernproblem „ererbte Störungen, die bestimmte chemische Substanzen in den Neurotransmittersystemen des Gehirns betreffen“, welche die Funktionen der Gehirnzellen regulieren und an der vom Gehirn ausgehenden Verhaltenssteuerung beteiligt sind. Was immer der Grund für die Schwererziehbarkeit eines Kindes ist, es sollte das Hauptanliegen der Eltern sein, das Verhalten ihres Kindes geschickt und effektiv steuern zu können, indem sie es ermuntern und ihm beistehen, statt es zu kritisieren und zu verurteilen.

      In biblischen Zeiten waren die Eltern für die Erziehung und Schulung ihrer Kinder verantwortlich. Sie wußten, daß Zucht und Belehrung aus dem Gesetz Gottes ihr Kind weise machen würde (5. Mose 6:6, 7; 2. Timotheus 3:15). Somit hat Gott den Eltern die Verantwortung übertragen, trotz eines ausgefüllten Zeitplans alles ihnen Mögliche zu unternehmen, um den Bedürfnissen ihres Kindes gerecht zu werden, vor allem wenn es darum geht, auf ein negatives Verhalten positiv zu reagieren. Da viele Verhaltensprobleme, die man in der Kinderheilkunde heute beobachten kann, Kinder betreffen, die hyperaktiv, impulsiv oder unaufmerksam sind, ist eine Abhandlung über ADD und ADHD als Faktoren bei schwererziehbaren Kindern unter Umständen hilfreich.a

      In den 50er Jahren nannte man solche Störungen „minimale Hirnfunktionsstörung“. Diesen Begriff benutzte man nicht mehr, als man herausfand, daß „ADD ganz und gar kein Hirnschaden ist“, wie der Kinderneurologe Dr. Jan Mathisen erklärte. Er sagte: „ADD ist eine offensichtliche Störung in manchen Teilen des Gehirns. Wir wissen immer noch nicht genau, welche neurochemischen Störungen dabei zum Tragen kommen, aber wir denken, daß eine chemische Substanz im Gehirn mit Namen Dopamin daran beteiligt ist.“ Seiner Ansicht nach hat das Ganze etwas mit der Dopaminregulation zu tun. „Wahrscheinlich liegt es nicht nur an einer chemischen Substanz, sondern an dem Zusammenspiel mehrerer Substanzen“, fügte er hinzu.

      Obwohl es noch viele ungeklärte Fragen zur Ursache von ADD gibt, stimmen Forscher im allgemeinen mit Dr. Mathisen darin überein, daß eine chronische Störung der Aufmerksamkeit, Impulsivität oder der Motorik neurologischen Ursprungs ist. In einer jüngeren Studie, die von Dr. Alan Zametkin und Forschern des Nationalen Instituts für Mentalhygiene in den Vereinigten Staaten durchgeführt wurde, konnte man erstmals einen Zusammenhang zwischen ADD und einer bestimmten Störung im Gehirnstoffwechsel finden, obwohl man einräumte, daß „es noch einer Menge weiterer Forschungen bedarf, um klarere Antworten zu erhalten“.

      Die Schule stellt eine echte Herausforderung dar

      Der Schulunterricht ist für Kinder, die chronisch unaufmerksam, leicht ablenkbar, impulsiv oder überaktiv sind, in der Regel sehr schwierig, weil die Anforderungen in bezug auf Konzentration und Stillsein in der schulischen Umgebung enorm ansteigen. Solchen Kindern fällt es extrem schwer, sich auf eine Sache länger zu konzentrieren. Was bleibt ihnen da anderes übrig, als unerträglich überaktiv zu werden? Bei einigen ist die Aufmerksamkeitsschwäche so stark ausgeprägt, daß sie weder zu Hause noch in der Schule mit dem normalen Lernpensum mithalten können. Weil sie Schwierigkeiten haben, ihr Verhalten zu steuern und die Folgen ihrer Handlungsweise abzuschätzen, ist es nicht ungewöhnlich, daß sie den Klassenschreck oder den Klassenclown spielen und deswegen oft bestraft werden.

      Schließlich entwickeln diese Kinder ein negatives Bild von sich selbst; sie bezeichnen sich möglicherweise als „böse“ oder „dumm“ und verhalten sich dann auch dementsprechend. Da sie, ganz gleich, wie sehr sie sich auch bemühen, schlechte Noten bekommen, halten sie sich leicht für einen chronischen Versager.

      Die Eltern sind bestürzt, sehr besorgt und verwirrt wegen des Störverhaltens ihres Kindes. Mitunter kommt es zu Streitigkeiten zwischen den Eltern, weil einer dem anderen die Schuld an der Situation gibt. Viele Eltern hacken fast nur auf den schlechten Seiten herum und vergessen ganz die guten Seiten. Ihre Reaktion auf ein negatives Verhaltensmuster führt deshalb zu weiteren negativen Interaktionen. Und so werden Familienangehörige und bis zu einem gewissen Grad auch andere, die mit dem Kind interagieren, in einen Machtkampf verstrickt, weil sie das Benehmen des schwierigen Kindes — eines Kindes mit oder ohne Aufmerksamkeitsstörung — nicht verstehen und nicht damit umgehen können.

      Ronnies Mutter erzählt ihre persönliche Erfahrung

      „Von dem Moment an, als Ronnie auf die Welt kam, war er kein glückliches Kind, sondern stets gereizt und weinerlich. Als Allergiker litt er unter Hautausschlägen, Ohrenentzündungen und anhaltendem Durchfall.

      Ronnies Motorik entwickelte sich anfangs jedoch gut, und er lernte schnell sitzen, stehen und laufen oder besser gesagt rennen. Ich beeilte mich, in der Zeit, in der er schlief, meine gesamte Hausarbeit zu schaffen, denn wenn mein kleiner ‚Tornado‘ erst einmal aufgewacht war und durch die Wohnung schoß und alles anfaßte, was ihm irgendwie interessant vorkam — und das war so ziemlich alles! —, dann war ich vollauf damit beschäftigt, ihn davor zu bewahren, sich weh zu tun oder das ganze Haus zu demolieren.

      Seine Aufmerksamkeitsspanne war sehr kurz. Nichts konnte ihn lange beschäftigt halten. Er haßte es, still zu sitzen. Wenn wir ihn irgendwohin mitnahmen, wo er still sitzen mußte, war das natürlich immer ein Problem — vor allem in den Versammlungszusammenkünften. Es nützte nichts, ihn dafür, daß er nicht still saß, einen Klaps zu geben. Er konnte es einfach nicht. Viele wohlmeinende Leute beklagten sich oder gaben uns Tips, aber es half alles nichts.

      Ronnie war ein helles Köpfchen; als er etwa drei Jahre alt war, fingen wir daher an, jeden Tag kurz etwas mit ihm zu lesen. Mit fünf Jahren konnte er bereits recht gut lesen. Dann kam er in die Schule. Ungefähr einen Monat später wurde ich zu einem Gespräch mit der Lehrerin in die Schule gebeten. Sie erzählte mir, als sie Ronnie das erste Mal gesehen habe, habe sie gedacht, er sehe aus wie ein Engel, doch jetzt, nachdem sie ihn einen Monat lang in ihrer Klasse gehabt habe, sei sie eher der Ansicht, er komme von der Konkurrenz. Sie erklärte mir, er würde ständig herumhüpfen, anderen Kindern ein Bein stellen und sie herumschubsen. Er könne nicht ruhig sein oder still sitzen und störe die ganze Klasse. Er habe keine Kontrolle über sich. Außerdem seien Ansätze einer rebellischen Haltung zu sehen, bemerkte sie noch. Man empfahl uns, ihn in eine Sonderklasse zu schicken und mit ihm zum Arzt zu gehen, der uns ein Mittel verschreiben sollte, das ihn ruhigstellen würde. Wir waren entsetzt!

      Medikamente waren für Ronnie nicht das richtige, aber ein Kinderarzt gab uns einige praktische Empfehlungen. Seiner Meinung nach war Ronnie intelligent und gelangweilt; daher empfahl er uns, ihn beschäftigt zu halten, ihm unendlich viel Liebe zu geben und geduldig und positiv zu sein. Er war der Ansicht, daß Ronnie mit zunehmendem Alter und nach einer Ernährungsumstellung leichter zu handhaben wäre.

      Uns wurde klar, daß wir mit unserem Sohn behutsam umgehen mußten und daß wir ihm beibringen mußten, seine Energie in die richtigen Bahnen zu lenken. Das würde eine Menge Zeit kosten; daher änderten wir unseren Zeitplan und verbrachten täglich Stunden damit, die Hausaufgaben mit ihm durchzugehen und ihm vieles geduldig zu erklären. Wir hörten auf, negative Bemerkungen zu machen oder ihm Vorwürfe zu machen, wenn er gedankenlos war oder etwas angestellt hatte. Unser Ziel war, sein geringes Selbstwertgefühl aufzubauen. Statt zu befehlen oder zu fordern, besprachen wir uns mit ihm. Wenn es um irgendwelche Entscheidungen ging, die ihn betrafen, fragten wir ihn nach seiner Meinung.

      Ronnie tat sich mit einigem schwer, was anderen Kindern leichtfiel. Zum Beispiel mußte er lernen, geduldig zu sein, ruhig zu sein, still zu sitzen und seinen übertriebenen Bewegungsdrang zu zügeln. Doch es ließ sich in den Griff bekommen. Als er erst einmal verstanden hatte, daß er ganz bewußt daran arbeiten mußte, langsamer zu machen und sich vorher zu überlegen, was er tut, packte er es. Mit dreizehn Jahren war sein Verhalten normal. Wir freuen uns, daß seitdem alles glattgegangen ist, selbst während der sonst so rebellischen Teenagerjahre.

      Alles, was wir an Liebe, Zeit und Geduld in Ronnie investiert haben, hat sich doppelt und dreifach ausgezahlt!“

      [Fußnote]

      a In diesen Artikeln steht ADD für Attention deficit disorder (Aufmerksamkeitsstörung) und ADHD für Attention deficit hyperactivity disorder (Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung), im deutschen Sprachraum unter dem Begriff „hyperkinetisches Syndrom“ bekannt.

  • Die Erziehung eines schwierigen Kindes
    Erwachet! 1994 | 22. November
    • Die Erziehung eines schwierigen Kindes

      „HATTEST du einen schönen Tag?“ fragt Susanne ihren Sohn Jimmy, als sie ihn von der Schule abholt und er gerade ins Auto klettert. Stirnrunzelnd überhört er ihre Frage. „Oh, du mußt einen schlechten Tag gehabt haben“, sagt sie mitfühlend. „Möchtest du darüber reden?“

      „Laß mich in Ruhe!“ brummt er zurück.

      „Ich mach’ mir doch nur Sorgen um dich. Du siehst so unglücklich aus. Ich möchte dir helfen.“

      „Ich will deine Hilfe nicht!“ schreit er. „Laß mich in Ruhe! Ich hasse dich. Ich wünschte, ich wäre tot!“

      „Jimmy!“ stößt Susanne entsetzt hervor. „Rede nicht so mit mir, sonst ... sonst setzt es etwas! Ich wollte nur nett sein! Ich versteh’ nicht, was in dich gefahren ist! Nichts kann ich dir recht machen!“

      Susanne, die nach einem aufreibenden Arbeitstag sowieso schon fix und fertig ist, schlängelt sich mit ihrem Wagen durch den Verkehr und fragt sich, wie sie bloß zu einem solchen Kind gekommen ist. Sie fühlt sich hilflos und ist verwirrt, verärgert und aufgebracht über ihren eigenen Sohn; außerdem nagen Schuldgefühle an ihr. Susanne hat einen Horror davor, ihren Sohn mit nach Hause zu nehmen — ihr eigenes Kind! Fast möchte sie nicht wissen, wie der heutige Schultag verlaufen ist. Sicherlich würde der Lehrer wieder anrufen. Manchmal wurde Susanne einfach alles zuviel.

      So arten scheinbar unbedeutende Zwischenfälle in heftige, beängstigende Gefühlsausbrüche aus. Für Kinder, die an ADD/ADHD leiden oder als „schwierig“ eingestuft werden, ist es charakteristisch, auf Probleme mit ziemlicher Heftigkeit zu reagieren. Sie brausen schnell auf, was die Eltern verärgert, verwirrt und ihnen das Letzte an Kraft abverlangt.

      Einschätzen und Auffangen der Situation

      In der Regel sind solche Kinder intelligent, kreativ und äußerst feinfühlig. Es ist wichtig, sich darüber im klaren zu sein, daß es gesunde Kinder sind, die außergewöhnliche Bedürfnisse haben und deswegen besonders viel Verständnis benötigen. Nachfolgend werden nun einige Grundsätze und Anregungen aufgeführt, die Eltern von ADD/ADHD -Kindern hilfreich gefunden haben.

      Zuerst einmal muß man lernen, die Situation richtig einzuschätzen und den Auslöser der Erregung des Kindes herauszufinden. (Vergleiche Sprüche 20:5.) Eltern müssen unbedingt auf Signale achten, die ihr Kind vor einer emotionsgeladenen Auseinandersetzung aussendet, und sofort einschreiten. Ein Hauptindikator ist der Gesichtsausdruck, auf dem sich zunehmend Frustration abzeichnet sowie die Unfähigkeit, eine bestimmte Situation zu meistern. Vielleicht hilft es, das Kind freundlich daran zu erinnern, daß es sich beherrschen muß, oder es nötigenfalls räumlich aus der Situation zu entfernen. Wirkungsvoll ist beispielsweise eine Art „Sendepause“, die nicht so sehr als Strafe gedacht ist, sondern vielmehr als Möglichkeit — sowohl für das Kind als auch für die Eltern —, sich wieder zu beruhigen und die Sache dann verstandesmäßiger anzugehen.

      In der eingangs beschriebenen Situation überreagierte Jimmy auf einfache Fragen. Das ist für Jimmys Verhalten typisch. Die Eltern könnten seinen Ärger und seinen Groll leicht persönlich nehmen, doch sie müssen sich unbedingt bewußtmachen, daß solche Kinder oft den Überblick (ihr logisches Denkvermögen) verlieren, wenn sie erst einmal die Grenze ihrer Belastbarkeit erreicht haben. Darum ist es wichtig, mit Einsicht zu handeln (Sprüche 19:11). In Jimmys Fall könnte Susanne die Situation entschärfen, indem sie sich zurückhält und ihrem Sohn Zeit gibt, sich wieder in den Griff zu bekommen, und später könnten sie dann vielleicht über die Ereignisse des Tages sprechen.

      Gestreßte Kinder

      Nie zuvor hat die Menschheitsfamilie mit so großen Problemen, Belastungen und Ängsten zu tun gehabt wie in der heutigen Welt. Die Zeiten sind anders, die Anforderungen sind höher, und von den Kindern wird mehr verlangt. Zu diesem Thema heißt es in dem Buch Good Kids, Bad Behavior (Gute Kinder, schlechtes Benehmen): „Viele Probleme, denen sich Kinder heute gegenübersehen, werden möglicherweise von der sich ändernden sozialen Erwartungshaltung verursacht oder beeinflußt.“ Für ADD/ADHD-Kinder kann die Schule zu einem Alptraum werden. Während sie mit ihren eigenen Unzulänglichkeiten zu kämpfen haben, müssen sie sich notgedrungen auf eine schnelle Folge explosionsartiger technologischer Fortschritte einstellen in einem Umfeld, das ihnen feindlich und bedrohlich erscheinen kann und ihre Ängste nur noch steigert. Kinder sind emotionell noch nicht in der Lage, mit dieser Problematik umzugehen. Sie brauchen die Hilfe ihrer Eltern.

      Reibungspunkte reduzieren

      Um glücklichere, gesündere Kinder zu haben, ist es wichtig, ein geregeltes und stabiles Umfeld zu schaffen. Ein wirkungsvoller Weg, Reibungspunkte zu Hause zu reduzieren, könnte mit einem vereinfachten Lebensstil beginnen. ADD/ADHD-Kinder sind impulsiv, ablenkbar und überaktiv, deshalb muß der negative Effekt der Überreizung abgefangen werden. Beschränkt die Zahl der Spielsachen, mit denen euer Kind gleichzeitig spielen darf. Nehmt nur ein Vorhaben oder ein Projekt auf einmal in Angriff. Da diese Kinder selbst oft desorganisiert sind, werden Frustrationen durch Organisation auf ein Mindestmaß beschränkt. Je besser erreichbar die Gegenstände sind, mit denen sie umgehen müssen, und je weniger es sind, desto leichter können sie sich auf das Wesentliche konzentrieren.

      Eine weitere wirkungsvolle Methode, Streßfaktoren zu Hause abzubauen, ist ein geregelter, aber nicht zu starrer Tagesablauf; das gibt dem Kind ein Gefühl der Beständigkeit. Entscheidend ist dabei nicht so sehr der Zeitpunkt, sondern eher die Reihenfolge, in der etwas geschehen soll. Das läßt sich möglicherweise durch folgende praktische Vorschläge erreichen: Sorgt für die richtige Ernährung durch einfache, ausgewogene Mahlzeiten und Zwischenmahlzeiten zu geregelten Zeiten. Macht aus dem Ritual des Schlafengehens ein wohliges, anheimelndes und entspannendes Erlebnis. Ein Einkaufsbummel kann ein sehr aktives Kind überreizen; plant daher voraus, und versucht, nicht in zu viele Läden zu gehen. Macht ihr einen Ausflug, dann erklärt, was für ein Verhalten ihr von ihm erwartet. Feste Lebensgewohnheiten helfen einem Kind mit besonderen Bedürfnissen, sein impulsives Verhalten zu steuern. Außerdem weiß das Kind dann, woran es mit den Eltern ist.

      Zusammen mit einer gewissen Ordnung ist es auch gut, Regeln zu formulieren und die Folgen für das Übertreten fester Regeln festzulegen. Genau umrissene, konsistente Regeln, auf die sich die Eltern geeinigt haben, definieren die Grenzen für das erwünschte Verhalten des Kindes und lehren es außerdem Verantwortungsbewußtsein. Nötigenfalls könnte eine Liste mit Regeln gut sichtbar aufgehängt werden (damit sich sowohl die Eltern als auch das Kind daran erinnern). Konsequenz ist für die gefühlsmäßige Sicherheit entscheidend.

      Die Vorlieben und Abneigungen eines Kindes zu verstehen und sich darauf einzustellen kann viel dazu beitragen, zu Hause unnötige Belastungen zu vermeiden. Da das Naturell dieser Kinder oft sprunghaft und impulsiv ist, kann sich die Interaktion mit anderen Kindern äußerst schwierig gestalten. Ein besonderer Konfliktstoff könnte das Teilen mit anderen sein, vor allem das Teilen von Spielzeug; die Eltern erlauben ihrem Kind deshalb vielleicht, sich verschiedene Lieblingsspielsachen auszusuchen, die es mit anderen teilen möchte. Um die niedrige Sensibilitätsschwelle des Kindes zu kontrollieren, kann es des weiteren auch hilfreich sein, auf den Stimulierungspegel zu achten, indem man dafür sorgt, daß das Kind mit einer kleinen Gruppe Spielkameraden zusammen ist und mit etwas beschäftigt ist, was es nicht zu sehr aufdreht.

      Es ist wichtig, daß die Eltern dem Kind ermöglichen, sich frei zu entfalten, und daß sie ihm keine unnötige Konformität aufzwingen, es nicht in ein Schema pressen. Wenn ein Kind eine starke Abneigung gegen bestimmte Nahrungsmittel oder Kleidungsstücke hat, dann laßt sie weg. Es lohnt sich einfach nicht, wegen solcher Kleinigkeiten einen Aufstand zu machen. Versucht grundsätzlich, nicht alles steuern zu wollen. Seid ausgeglichen, aber haltet an Entscheidungen fest, die sich um ein Verhalten drehen, das für eine christliche Familie wünschenswert ist.

      Verhaltensweisen unter Kontrolle bringen

      Unberechenbare Kinder brauchen oft mehr als andere Kinder eine feste Hand. Infolgedessen stecken viele Eltern voller Schuldgefühle, wenn sie ihr Kind häufig züchtigen müssen. Es ist jedoch wichtig, den Unterschied zwischen Zucht und Mißhandlung zu verstehen. Gemäß dem Buch A Fine Line—When Discipline Becomes Child Abuse (Die Grauzone — Wenn Bestrafung zur Kindesmißhandlung wird) sollen 21 Prozent aller körperlichen Mißhandlungen auftreten, wenn die Kinder ein aggressives Verhalten zeigen. Forschungen lassen daher darauf schließen, daß ADD/ADHD-Kinder „eher in Gefahr stehen, körperlich mißhandelt oder vernachlässigt“ zu werden. Es ist unbestreitbar, daß die Erziehung von Kindern, die besondere Bedürfnisse haben, sehr anstrengend sein kann, aber sie müssen auf vernünftige und ausgeglichene Weise geführt werden. Da diese Kinder in der Regel hochintelligent und sehr kreativ sind, stellen sie für ihre Eltern in Situationen, die logisches Denken erfordern, eine wahre Herausforderung dar. Sie scheinen ein Talent dafür zu haben, selbst in der logischsten Argumentation der Eltern einen Fehler zu finden. Laßt das nicht zu! Bewahrt euch eure Autorität als Eltern!

      Gebt freundlich, aber bestimmt, kurze Erklärungen. Mit anderen Worten: Erklärt nicht zu viel, und verhandelt nicht über feste Regeln. Euer Ja sollte ja bedeuten und euer Nein nein. (Vergleiche Matthäus 5:37.) Kinder sind keine Diplomaten; mit ihnen lange zu verhandeln führt daher zu Streit, Wut und Frustration und kann sogar in Geschrei und Gewalttätigkeiten ausarten (Epheser 4:31). Vermeidet auch zu häufige Warnungen. Wenn Zucht erforderlich ist, sollte sie prompt erfolgen. In dem Buch Raising Positive Kids in a Negative World (Positive Kinder in einer negativen Welt) heißt es eindringlich: „Ruhig, sicher und entschieden — das zeichnet Autorität aus.“ Weitere ausgezeichnete Empfehlungen konnte man in der Süddeutschen Zeitung lesen: „Immer so mit ihm [dem Kind] reden, daß seine Aufmerksamkeit gefesselt bleibt: Es häufig beim Namen nennen, Blickkontakt halten und einfache Sprache wählen.“

      Zu Mißhandlungen kommt es, wenn Eltern die Beherrschung verlieren. Wenn sie herumschreien, haben sie bereits die Beherrschung verloren. In Sprüche, Kapitel 15 wird das Thema Kindererziehung und Zucht angeschnitten. Im Vers 4 heißt es beispielsweise: „Die Gelassenheit der Zunge ist ein Baum des Lebens, aber Verdrehtheit an ihr bedeutet Zusammenbruch im Geist.“ Oder im Vers 18: „Ein wütender Mann erregt Streit, aber einer, der langsam ist zum Zorn, beschwichtigt Gezänk.“ Und schließlich im Vers 28: „Das Herz des Gerechten sinnt nach, um zu antworten.“ Somit kommt es nicht nur darauf an, was wir sagen, sondern auch, wie wir es sagen.

      Anerkennung statt Mißbilligung

      Da schwererziehbare Kinder voller Ideen stecken und seltsame, mitunter sogar verrückte Dinge tun, kann es Eltern leicht passieren, daß sie an dem Kind herumnörgeln, über es herziehen, es ausschimpfen oder es wütend anfahren und schlagen. Gemäß Epheser 6:4 (Thimme) weist die Bibel Eltern jedoch an, ihre Kinder „in christlicher Zucht und Ermahnung“ zu erziehen. Wie wies Jesus Menschen, die verkehrt handelten, zurecht? Er tat es in Form von Belehrung, durch die sie geschult und unterwiesen wurden, und er behandelte sie fair und bestimmt. Zucht ist ein Verfahren, eine Unterweisungsmethode, die bei Kindern gewöhnlich wiederholt eingesetzt werden muß. (Siehe den Artikel „Was sagt die Bibel? Die ‚Rute der Zucht‘ — Ist sie veraltet?“ in der Erwachet!-Ausgabe vom 8. September 1992.)

      Richtig angewandte Zucht schafft eine Atmosphäre des Vertrauens, der Geborgenheit und der Stabilität; wenn Zucht daher vonnöten ist, sollte sie mit Erklärungen gepaart sein. Bei der Kindererziehung lassen sich Probleme nicht sofort lösen, denn Kinder lernen schrittweise, im Laufe der Zeit. Es erfordert viel Zuwendung und Liebe, viel Zeit und Arbeit, um ein Kind richtig zu erziehen, vor allem ein schwererziehbares Kind. Vielleicht hilft es, sich öfter an folgende kleine Redewendung zu erinnern: „Sage, was du meinst, meine, was du sagst, und tue das, von dem du sagst, daß du es tun wirst.“

      Einer der frustrierendsten Aspekte im Umgang mit Kindern, die ein besorgniserregendes Verhalten zeigen, ist ihr übersteigerter Drang nach Aufmerksamkeit. Nur allzuoft ist die Aufmerksamkeit, die sie erhalten, negativ statt positiv. Seid statt dessen schnell bereit, das gute Benehmen oder eine gut ausgeführte Arbeit eures Kindes zu bemerken, es dafür zu loben oder zu belohnen. Das ist für ein Kind sehr ermutigend. Zuerst sieht es vielleicht so aus, als ob eure Bemühungen etwas übertrieben sind, aber die Ergebnisse sind der Mühe wert. Kinder brauchen kleine, aber prompte Belohnungen.

      Gregs Vater erzählt seine Erfahrung

      „Man diagnostizierte ADHD bei unserem Sohn Greg, als er fünf Jahre alt war und in die Vorschule ging. Damals konsultierten wir einen Kinderpsychologen, der uns bestätigte, daß Greg eindeutig an ADHD litt. Er erklärte uns: ‚Dafür kann er nichts, und dafür können Sie nichts. Er kann nichts daran ändern, aber Sie können es.‘

      Wir müssen oft an diese Worte denken, denn sie haben uns deutlich vor Augen geführt, daß wir als Eltern die große Verantwortung haben, unserem Sohn zu helfen, mit ADHD fertig zu werden. An jenem Tag gab uns der Arzt Material zum Lesen mit nach Hause, und wir denken, daß das Wissen, das wir uns in den letzten drei Jahren angeeignet haben, uns wesentlich dabei geholfen hat, unseren elterlichen Verpflichtungen gegenüber Greg nachzukommen.

      Bei der Erziehung eines ADHD -Kindes ist es von höchster Wichtigkeit, das Kind in guten Verhaltensweisen zu bestärken und bei schlechtem Betragen zu warnen oder nötigenfalls eine Strafe aufzuerlegen. Je konsequenter und organisierter man vorgeht, desto bessere Ergebnisse wird man erzielen. Diese simplen Aussagen sind wahrscheinlich ein Schlüsselfaktor bei der Erziehung eines ADHD-Kindes. Aber da man das am Tag x-mal machen muß, ist das leichter gesagt als getan.

      Eine Technik, die wir bis jetzt höchst wirkungsvoll fanden, ist die ,Sendepause‘. Immer wenn wir diese Technik einsetzen, um ein schlechtes Betragen zu ändern, führen wir parallel dazu ein Verstärkungsprogramm durch, durch das wir gutes Betragen fördern wollen. Solch ein Verstärker kann ein Lob, eine Umarmung oder sogar ein Geschenk oder ein Sonderrecht sein. Wir kauften uns in einem Geschäft eine Tafel für Aufkleber. Oben auf der Tafel steht, was wir unter richtigem Benehmen verstehen. Jedesmal, wenn wir sehen, daß Greg sich richtig verhält, geben wir ihm einen Aufkleber, den er an die Tafel kleben darf. Wenn an der Tafel eine bestimmte Anzahl Aufkleber sind, sagen wir 20, bekommt er eine Belohnung. Dabei handelt es sich meistens um etwas, was er wirklich gern macht, wie zum Beispiel in den Park gehen. Es hilft, denn es motiviert ihn, sich gut zu verhalten. Er klebt die Aufkleber an die Tafel und kann sehen, wie es um sein Verhalten bestellt ist und wie bald er eine Belohnung bekommen wird.

      Eine weitere Methode, die wir effektiv finden, besteht darin, Greg die Wahl zu lassen. Statt eines direkten Befehls stellen wir ihn vor die Wahl. Er kann sich entweder richtig verhalten oder muß ansonsten die Konsequenzen tragen. Das lehrt ihn, Verantwortung zu tragen und die richtige Entscheidung zu treffen. Geht es um ein ständig wiederkehrendes Problem, beispielsweise darum, daß er in einem Laden oder einem Restaurant eine Szene macht, können wir die Tafel mit den Aufklebern und das Belohnungsprinzip einsetzen. Auf diese Weise sieht er, daß sich ein gutes Verhalten auszahlt, und wir zeigen ihm dadurch, daß wir seine Fortschritte honorieren.

      Die meisten Menschen sind sich nicht darüber im klaren, daß ADHD die Fähigkeit des Kindes, sein Verhalten und seine Reaktionen zu steuern, beeinträchtigt. Viele sind der Ansicht, diese Kinder könnten ihre Aufmerksamkeitsspanne und ihr Verhalten kontrollieren, wenn sie sich nur etwas mehr Mühe geben würden; tun sie das nicht, gibt man den Eltern die Schuld.

      Für ein ADHD -Kind ist es jedoch absolut unmöglich, in einer Zusammenkunft im Königreichssaal zwei Stunden lang still zu sitzen. Wir werden nie vergessen, daß Greg im Alter von nur fünf Jahren vor jeder Zusammenkunft weinte und uns fragte: ‚Ist die Zusammenkunft heute lang oder kurz?‘ War es eine zweistündige Zusammenkunft, weinte er immer heftig, weil er wußte, daß er nicht so lange still sitzen konnte. Wir müssen auf die Tatsache, daß einem ADHD -Kind Grenzen gesetzt sind, Rücksicht nehmen. Wir wissen, daß niemand diese Störung besser versteht als Jehova, und das ist eine Trostquelle. Im Moment ist Greg nicht in medizinischer Behandlung und kann mit den Kindern in seinem Alter mithalten.

      Wir setzen unsere Hoffnung auf Jehova und halten unsere Augen stets auf die neue Welt gerichtet; das gibt uns Kraft. Unsere Hoffnung bedeutet Greg sehr viel. Er ist immer ganz aufgeregt und hat sogar Tränen in den Augen, wenn er darüber nachdenkt, daß Jehova im Paradies auch ADHD beseitigen wird.“

      [Kasten auf Seite 9]

      Möglichkeiten, gutes Benehmen zu belohnen

      1. LOB — anerkennende Äußerung für eine gut ausgeführte Arbeit; honorierende Bemerkung für gutes Benehmen, gepaart mit Liebe, Umarmungen und einem freundlichen Gesichtsausdruck.

      2. DIAGRAMM- ODER TAFELSYSTEM — ins Auge fallende Tafel oder Tabelle, an die attraktive Aufkleber, zum Beispiel Sterne, geklebt werden, um gutes Benehmen zu fördern.

      3. LISTE ÜBER GUTE PUNKTE — über schöne und lobenswerte Erfolge. Jedesmal, wenn das Kind etwas gut macht — auch wenn es noch so geringfügig ist —, wird es auf der Liste festgehalten und einem Familienmitglied vorgelesen.

      4. VERHALTENSBAROMETER — ein Glas, in das je nach Alter des Kindes eine Bohne oder eine Geleebohne getan wird, wenn es etwas richtig gemacht hat (sichtbarer Verstärker). Das Ziel ist ein Punktesystem, das auf eine Belohnung hinführt; die Belohnung kann etwas sein, was die Familie sowieso unternehmen wollte, wie zum Beispiel ins Kino gehen, Schlittschuh laufen oder essen gehen. Statt dem Kind den Gedanken zu vermitteln: „Wenn du dich nicht benimmst, gehen wir nicht“, sollte man es lieber damit versuchen: „Wenn du dich benimmst, dann gehen wir.“ Der Schlüssel liegt darin, eine negative Denkweise in eine positive Denkweise umzuwandeln, wobei man für diese Umwandlung genügend Zeit einräumen muß.

      [Bild auf Seite 7]

      Ein Gespräch kann manchmal zu einem heftigen Gefühlsausbruch führen

      [Bild auf Seite 8]

      Wenn ihr eine Entscheidung getroffen habt, erklärt sie und haltet euch daran

      [Bild auf Seite 10]

      Stolz klebt er einen weiteren Aufkleber an die Tafel

  • Wenn mehr Hilfe erforderlich ist
    Erwachet! 1994 | 22. November
    • Wenn mehr Hilfe erforderlich ist

      OBGLEICH viele Empfehlungen in den beiden vorhergehenden Artikeln sehr hilfreich sein können, ist unter bestimmten Umständen mehr Hilfe erforderlich. Fallstudien berichten beispielsweise von Kindern, die nicht nur impulsiv, sondern auch sehr gefährlich sind. Obwohl diese Kinder in liebevollen Familien aufwachsen, zeigen sie ein destruktives Verhalten, indem sie Gegenstände zerschlagen, andere anschreien, Feuer legen, mit Waffen schießen (sofern vorhanden) oder mit Messern zustechen; sie verletzen Tiere, Mitmenschen oder sich selbst, wie es ihnen gerade einfällt. Kurz gesagt, sie lösen ein Chaos aus.

      Es ist eine ganz persönliche Entscheidung, ob man, um die beste Versorgung für sein Kind zu garantieren, ärztliche Hilfe sucht oder nicht. Mit der tröstenden Zusicherung aus Sprüche 22:6 im Sinn muß jedes Elternpaar selbst entscheiden, auf welche Weise es den charakteristischen, individuellen Bedürfnissen des Kindes nachkommen kann.

      Eine der umstrittensten Behandlungen ist gegenwärtig der Einsatz von Medikamenten. Mit dem am häufigsten verschriebenen Medikament, Ritalin, hat man unterschiedliche Wirkungen erzielt. Viele Eltern sind mit dem Fortschritt ihres Kindes, das Ritalin oder andere aktivitätsverändernde Medikamente eingenommen hat, sehr zufrieden gewesen. Die gegenwärtige Debatte hält jedoch an und dreht sich nicht nur um den Nutzen, sondern auch um die häufige Verschreibung dieser Medikamente. Manche Ärzte bezweifeln den Wert der Medikamente sogar völlig und erklären, daß die Einnahme von Ritalin über einen längeren Zeitraum hinweg viele schädliche Nebenwirkungen haben kann. Es sei aber noch einmal betont, daß viele Familien und Ärzte über geringe Nebenwirkungen berichten, dafür aber über ein besseres Benehmen und bessere schulische Leistungen. Interessanterweise sind viele Erwachsene, bei denen man ADD festgestellt hat und die derzeit medikamentös behandelt werden, ebenfalls mit den Ergebnissen zufrieden. Eine solche Behandlung ist daher eine persönliche Entscheidung, die nach eingehenden Nachforschungen und sorgfältiger Abwägung getroffen werden sollte.

      Für diejenigen, bei denen eine medikamentöse Behandlung schlecht angeschlagen hat, gibt es alternative Behandlungsmethoden. Etliche Familien haben über Vitaminbehandlungen und Naturheilverfahren oder über eine Kombination von beidem gelesen und mit solchen Behandlungen gute Erfolge erzielt. ADD/ADHD kann, wie bereits zuvor erwähnt, in manchen Fällen von einer Störung des biochemischen Gleichgewichts im Gehirn herrühren, und man glaubt, daß diese durch derartige Behandlungen behoben werden kann.

      Außerdem sind nach dem Dafürhalten einiger noch andere Faktoren für viele Probleme verantwortlich, die mit ADD/ADHD einhergehen. Dr. Doris Rapp schreibt in ihrem Buch Is This Your Child? (Das soll mein Kind sein?): „Einige Kinder sind physisch krank und/oder haben Gefühls-, Verhaltens- und Lernprobleme, die zum Teil oder hauptsächlich mit Allergien oder Umweltbedingungen zusammenhängen.“ Reaktionen auf Farbstoffe, Zucker und chemische Zusätze können unter Umständen sogar dieselben Symptome hervorrufen, beispielsweise heftige Wutanfälle, Launenhaftigkeit oder Schlaflosigkeit.

      Viele Familien haben gelernt, wie sie die Verhaltensweisen von ADD/ADHD -Kindern steuern können, doch die schulischen Leistungen der Kinder können zusätzliche Probleme bereiten. Bei einigen helfen vielleicht spezielle Dienste, wie sie Privatlehrer, Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und spezielle Lehrer anbieten. Da sich diese Kinder mit Einzelpersonen oft leichter tun, haben einige Familien es auf Empfehlung des Arztes hin mit Heimunterricht versucht und damit Erfolg gehabt.

      Beachtenswert sind auch viele neue Lehrprogramme, wie das Programm Schools Attuned von Dr. Mel Levine, bei dem großer Wert auf die Einzigartigkeit und die Verschiedenartigkeit jedes Kindes gelegt wird. Dr. Levines Programm tritt für ein Lehrprogramm ein, das auf die Bedürfnisse jedes Kindes zugeschnitten ist. Wo immer man dieses breitgefächerte Lehrprogramm in den Vereinigten Staaten eingeführt hat, scheint man gute Ergebnisse damit zu erzielen.

      Die Zukunft

      Die Kindererziehung könnte mit dem Kauf eines neuen Hauses verglichen werden. Beides erfordert einen langjährigen Einsatz; die angehenden Käufer könnten jedoch aufgrund der Umstände gezwungen sein, sich mit etwas zufriedenzugeben, was nicht ganz ihrer Idealvorstellung entspricht. Ebenso sind unvollkommene Eltern, die in Satans Welt unvollkommene Kinder aufziehen, gezwungen, sich damit zufriedenzugeben, wenn ihr Kind nicht ganz ihrer Idealvorstellung entspricht. An einem neu erworbenen Haus gibt es vielleicht so manches ungewöhnliche oder auch unerwünschte Detail, aber mit etwas Mühe und Phantasie lassen sich viele unangenehme Details so gut wie beheben. Eine schwierige architektonische Eigentümlichkeit eines Hauses kann sogar ein richtiger Blickfang werden.

      Ähnlich ist es bei der Kindererziehung: Wenn sich Eltern an die individuellen Bedürfnisse ihres außergewöhnlichen Kindes anpassen, kann das Kind für sie eine echte Bereicherung sein. Jedes Kind muß um seiner eigenen Stärken willen geschätzt werden. Konzentriert euch daher auf die positiven Seiten. Statt ein Kind zu unterdrücken, solltet ihr seine Kreativität fördern und euch vergegenwärtigen, daß es Achtung verdient und ihm eine würdevolle und liebevolle Behandlung zusteht — ja daß es ein kostbares Geschenk von Jehova Gott ist (Psalm 127:3-5).

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