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Teil 1: 1920—1928 Die goldenen zwanziger Jahre — Stille vor dem SturmErwachet! 1987 | 8. März
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Die Einstellung und die Wertmaßstäbe der Menschen wandelten sich, und zwar zufolge der Verstrickung in einen bis dahin unbekannten Konsum. Zum erstenmal war es möglich, allen Komfort der Neuzeit, wie Autos, Radiogeräte und Kühlschränke, in solchen Mengen herzustellen, daß jeder damit versorgt werden konnte. Um den Verkauf anzukurbeln, dehnte sich die Werbebranche rapide aus und wurde zum Milliardengeschäft. Schnellkredite und das Teilzahlungssystem wurden eingeführt, und man setzte alles daran, die Kunden zu verleiten, Dinge zu kaufen, die sie nicht brauchten, ja nicht einmal haben wollten, und das mit Geld, das sie nicht besaßen.a Bald erkannte man den Rundfunk als machtvolles Medium für die Verwirklichung dieser Ziele und machte vollen Gebrauch davon.
All die „neumodischen Apparate“ von heute helfen zwar, Zeit und Arbeit zu sparen, dennoch fanden sie nicht überall Beifall, zumal sie, wie einige meinten, den Hang zum Nichtstun, zur Lässigkeit und Verwöhntheit begünstigten. Eine ältere Dame beunruhigte es zum Beispiel ungemein, als sie bei ihrem Kaufmann das erstemal geschnittenes Brot sah. Verständnislos den Kopf schüttelnd, murmelte sie vor sich hin: „Wenn die Leute zu bequem werden, das Brot zu schneiden, fragt man sich wirklich, was aus der Welt noch werden soll.“ Was würde sie wohl heute sagen?
In Wirklichkeit war die Lage weit bedenklicher. Durch die Verfügbarkeit von Waren, denen die Reklame einen großen Reiz verlieh, wurde die Aufmerksamkeit der Menschen nach und nach von geistigen Bedürfnissen und Werten auf materielle verlagert.
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Teil 1: 1920—1928 Die goldenen zwanziger Jahre — Stille vor dem SturmErwachet! 1987 | 8. März
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a Ein halbes Jahrhundert später sagte der Harvard-Soziologe Daniel Bell dazu: „Eine der teuflischsten Erfindungen der Neuzeit ist das Teilzahlungssystem. ... Früher arbeitete man hart, und anschließend kaufte man sich etwas. Heute befriedigt man seine Wünsche sofort — mit einem Kredit.“
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