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Erwachet! 1998
g98 22. 12. S. 16-19

RSI — Was man wissen sollte

VON UNSEREM KORRESPONDENTEN IN BRASILIEN

MARCELO, ein 24jähriger Anstreicher in Brasilien, legte wie fast jeden Morgen ganz automatisch seine Uhr ums Handgelenk und wollte das Armband schließen. Aber diesmal bekam er es nicht zu. Er sah sich das Handgelenk an und merkte auch gleich, woran es lag. Es war dermaßen geschwollen, daß das Armband nicht mehr paßte.

Bald war es soweit, daß seine Hand schon schmerzte, wenn er einen Kamm oder eine Zahnbürste hielt. Er suchte einen Arzt auf. Nachdem er Marcelo untersucht und erfahren hatte, daß er zwei Jahre lang Wände abgekratzt, verputzt und gestrichen hatte, sagte er zu ihm: „Ihre Schmerzen sind berufsbedingt. Sie leiden an RSI.“

Eine neue Krankheit?

Viele Fabrikarbeiter und Büroangestellte werden mit derselben Diagnose konfrontiert wie Marcelo. Da RSI (Repetitive Strain Injury [Schädigung durch wiederholte Belastung]) auf dem Vormarsch ist, sprach die Zeitung Folha de S. Paulo schon von der „Berufskrankheit Nummer eins gegen Ende unseres Jahrhunderts“. Kein Wunder, daß viele meinen, RSI sei wieder eine von diesen neumodischen Krankheiten! Stimmt das?

Hätte Marcelo Anfang des 18. Jahrhunderts in Europa gelebt, wäre es durchaus denkbar gewesen, daß ein Arzt seine Symptome richtig eingeordnet hätte. Natürlich war das Leiden nicht unter demselben Namen bekannt. Der italienische Arzt Bernardino Ramazzini beschrieb es als Tenosynovitis (Entzündung von Sehnen oder Sehnenscheiden) und nannte es die Krankheit „der Schreiber und Notare“. Die immer gleichen Bewegungen bei der Arbeit hatten den Schreibern die RSI-Variante des 18. Jahrhunderts eingebracht. Doch bereits Ende des Jahrhunderts war die Zahl der RSI-Kranken rückläufig. Weshalb?

Das Kommen und Gehen von RSI

Kanzleischreiber in den Tagen Ramazzinis lebten im sogenannten vorindustriellen Zeitalter. Damals hatten die Menschen einen langen Arbeitstag und mußten ohne die Hilfe von Maschinen auskommen. Ihre Arbeit verlangte ständig dieselben Bewegungen und unentwegte Aufmerksamkeit. Das Ergebnis waren Beschwerden, wie sie für RSI typisch sind.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts setzte in Europa dann aber das industrielle Zeitalter ein, und an die Stelle der menschlichen Arbeitskraft rückten Maschinen. Jetzt war der Mensch der Herr, der die Maschine die monotonen Arbeiten tun ließ. Durch diesen Wechsel könnten nach Ansicht eines Arztes, der sich mit dem Werdegang von RSI befaßt hat, die RSI-Fälle bei den Arbeitern zurückgegangen sein.

Im Industriezeitalter nahmen unter den Fabrikarbeitern zwar die Berufskrankheiten und die Zahl der Arbeitsunfälle zu, aber in der medizinischen Fachliteratur der damaligen Zeit taucht RSI nur bei vereinzelten Gruppen auf. So litten im 19. Jahrhundert Pianisten und Violinisten vielfach an Sehnenentzündungen im Oberarm und Tennisspieler am Tennisellenbogen, einer Entzündung der Sehnen im Ellenbogen.

In unserem Jahrhundert sind arbeitsbedingte Fälle von RSI allerdings zurückgekehrt. Wie kommt das? Zunehmend effizientere Maschinen schreiben dem Menschen häufig vor, was er zu tun hat und wie schnell er es zu tun hat. Diese Kehrtwendung führt bei Berufstätigen sowohl zu Unzufriedenheit als auch zu Gesundheitsproblemen. Sie sind stundenlang mit Arbeiten beschäftigt, die sie oftmals zu ständig wiederholten Bewegungen zwingen und permanente Aufmerksamkeit verlangen. Die Folge? RSI hat sich zu einem Gesundheitsproblem ausgeweitet, auf das über 50 Prozent aller arbeitsbedingten Krankheiten in den Vereinigten Staaten und in Brasilien zurückgehen, um nur zwei Länder zu nennen.

Ursachen und betroffene Berufsgruppen

Die Hauptursache von RSI sind die schnellen, immer gleichen Bewegungen an vielen Arbeitsplätzen. Leider bleibt Berufstätigen oft nichts anderes übrig, als einen Arbeitsplatz zu behalten, der ihrer Gesundheit schadet. Viele können mit der Brasilianerin mitfühlen, die in einer Autofabrik arbeitete und Radios in weniger als einer Minute zusammensetzen mußte. Eine andere Arbeiterin, so die Zeitung Folha de S. Paulo, mußte pro Stunde 63 Geräte mit einem Gummihammer einem Belastungstest unterziehen. Bei beiden Frauen stellten sich Schmerzen in den Oberarmen ein, und sie wurden mit der Zeit wegen Arbeitsunfähigkeit auf Grund von RSI entlassen.

Weitere Ursachen sind eine Überbeanspruchung von Muskeln und Gelenken, etwa beim Tragen schwerer Säcke, oder statische Belastungen, wobei die Muskeln Körperteile in einer starren Position halten. Solche Tätigkeiten können vor allem dann zu Schädigungen führen, wenn man in unbequemer Haltung arbeitet.

Zu denen, die von Forschern als besonders RSI-gefährdet eingestuft werden, gehören Frauen oder Männer, die als Metallarbeiter, Bankangestellte, Textverarbeiter, Telefonisten, Kassierer in Supermärkten, Kellner, Anstreicher, Spielzeugmonteure, Näher, Friseure, Stricker, Zuckerrohrschnitter tätig oder mit anderen manuellen Arbeiten beschäftigt sind.

Nicht nur durch Bewegungen verursacht

Die meisten denken zwar, RSI werde ausschließlich durch ständig wiederholte Bewegungsabläufe ausgelöst, doch Experten auf dem Ersten Nationalen RSI-Seminar in Brasília, der Hauptstadt Brasiliens, betonten, daß mehr dazugehört.

Dr. Wanderley Codo, Berater für Arbeitspsychologie an der Universität Brasília, erläuterte: „Die Arbeitsgestaltung — die Aufgaben, das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, das Betriebsklima, der Grad der Einbeziehung von Mitarbeitern und der Arbeitsablauf — ist einer der Faktoren, die eng mit dieser Krankheit verbunden sind.“

Auch andere Mediziner auf dem RSI-Seminar unterstrichen den Zusammenhang zwischen der Krankheit und der Arbeitsplatzgestaltung. Ein Rückschritt bei neuen Technologien bestehe darin, daß sie Formen der Arbeitsgestaltung mit sich bringen, die dem Beschäftigten jede Einflußnahme auf seine Arbeit nehmen, was dann wieder RSI begünstigt.

Da die Arbeitsgestaltung und -ausführung in enger Beziehung zu RSI stehe, hätten in vergangenen Jahrzehnten bestimmte Arbeiter ständig dieselben Bewegungen ausführen können, ohne an RSI zu erkranken. Zu diesem Schluß sind jedenfalls verschiedene Experten gekommen.

Die Beschwerden richtig einordnen

Man darf nicht vergessen, daß RSI keine einzelne Krankheit, sondern ein Syndrom bezeichnet. Alle damit verbundenen Beschwerden betreffen Muskeln, Sehnen, Gelenke und Bänder, vorwiegend im Bereich der oberen Gliedmaßen. Da RSI für ein Syndrom steht, muß man davon ausgehen, daß es verschiedene Symptome hervorruft. Diese können unklar sein, und der Zusammenhang zwischen Ursachen und Symptomen ist unter Umständen nicht gleich erkennbar. Befassen wir uns einmal mit den hauptsächlichen Anzeichen.

Ein Anzeichen ist ein Gefühl der Schwere und des Unbehagens an der betroffenen Stelle (beispielsweise Schulter und/oder Arm), das in anhaltende Schmerzen und in Prickeln übergeht. Auch können unter der Haut Knötchen oder kleine Schwellungen auftreten. Im fortgeschrittenen Stadium von RSI sind die Schwellungen und die Schmerzen eventuell so stark, daß der Betreffende nicht einmal mehr etwas so Einfaches wie Haarekämmen und Zähneputzen fertigbringt. Unbehandelt kann RSI sogar zu Deformierungen und Funktionsverlust der Gliedmaßen führen.

Gegen RSI angehen

Falls man an seinem Arbeitsplatz ständig dieselben Bewegungen ausführen muß und man bereits Anzeichen von RSI bemerkt, sollte man den Betriebsarzt aufsuchen. Besteht diese Möglichkeit nicht, kann man zu einem Orthopäden gehen, der das Problem erkennen und Maßnahmen zur Abhilfe einleiten wird. Die Heilungschancen sind wesentlich größer, wenn man RSI schon im Frühstadium beachtet.

Ein weiterer wichtiger Ansatz beim Bekämpfen von RSI ist, sich mit Ergonomie auseinanderzusetzen. Was versteht man darunter? Der Begriff wird definiert als „Wissenschaft von den Leistungsmöglichkeiten und -grenzen des arbeitenden Menschen sowie von der optimalen wechselseitigen Anpassung zwischen dem Menschen und seinen Arbeitsbedingungen“.

Ergonomie hat also etwas mit der Anpassung des Arbeitsplatzes an den Menschen und des Menschen an den Arbeitsplatz zu tun. Allerdings gehört mehr dazu, als die Form einer Computertastatur oder eines Hammers zu verbessern. Auch die geistigen und emotionellen Bedürfnisse der Beschäftigten sind zu berücksichtigen. Wie die Ergonomin Dr. Ingeborg Sell erklärt, nutzt die Ergonomie zu diesem Zweck „Daten, Informationen und Kenntnisse aller zugehörigen Disziplinen“ und „bemüht sich um neue, umfassende Erkenntnisse über Mensch und Arbeit“.

Die ergonomischen Gegebenheiten am Arbeitsplatz zu verändern liegt wahrscheinlich außerhalb des Einflußbereichs der meisten Arbeitnehmer. Aber wie Fachärzte auf dem RSI-Seminar in Brasília erwähnten, gilt das nicht für ein „Mitspracherecht in Fragen der Ergonomie“. Was ist damit gemeint?

Ein Arbeitgeber, der ein Mitspracherecht in Fragen der Ergonomie fördert, berücksichtigt die Meinung der Arbeitnehmer. Er fordert die Belegschaft auf, mit herauszufinden, wie sich die Bedingungen am Arbeitsplatz optimieren lassen. Außerdem wird er dafür eintreten, daß ein interner RSI-Ausschuß gebildet wird, bestehend aus Mitarbeitern und Unternehmensleitung. Diese Gruppe wird auf ein sicheres, angenehmes Arbeitsumfeld achten. Sie geht die Ursachen von RSI an, fördert die Vorbeugung und klärt ab, inwieweit Arbeitgeber und Arbeitnehmer dafür zuständig sind, innerhalb der Firma Fälle von RSI unter Kontrolle zu halten oder sogar ganz zu verhindern.

Zu Hause und am Arbeitsplatz vorbeugen

Die Vorbeugung beginnt zu Hause. Was läßt sich machen? Beim Aufwachen tut man gut daran, sich an Hunden oder Katzen ein Beispiel zu nehmen. Achten wir darauf, wie sie ihre Muskeln dehnen, ehe sie den Tag beginnen. Tun wir das gleiche. Und wenn wir schon einmal dabei sind, wiederholen wir diese Dehnübungen während des Tages doch ein paarmal. Das ist unabdingbar, will man seine Knochen und Muskeln gesund erhalten. Machen wir einige Übungen, um unsere Muskeln aufzuwärmen. Das regt die Durchblutung an und versorgt die Muskeln für ihre Arbeit mit mehr Sauerstoff. Bei kalter Witterung und vor dem Sport ist diese Maßnahme natürlich um so wichtiger. Gut sind Übungen, bei denen die Muskeln gekräftigt werden, die man am meisten beansprucht. Stärkere Muskeln helfen einem, die geforderte Arbeit zu leisten.

Neben diesen Maßnahmen zu Hause ist auch ein Vorbeugeprogramm am Arbeitsplatz vonnöten. Der Arbeitgeber kann RSI-Beschwerden unter der Belegschaft verhindern, indem er den Arbeitsablauf so regelt, daß Pausen oder Unterbrechungen vorgesehen sind und daß sich die Beschäftigten bei den verschiedenen Arbeiten abwechseln.

Die Vorbeugung gegen RSI schließt auch die richtigen Arbeitsmittel ein. Dazu könnte man unter anderem Schreibtische und Stühle in der richtigen Höhe zählen, Ellenbogenschützer, Bohrmaschinen und Zangen, die keine zu große Kraftanstrengung der Hände erfordern, benutzerfreundliche Computertastaturen oder Stoßdämpfer bei schweren Geräten, um eine übermäßige Vibration zu vermeiden.

Marcelo, von dem eingangs die Rede war, setzte viele dieser Anregungen um. Dadurch und durch eine ärztliche Behandlung sind die RSI-Symptome verschwunden. Eine vollständige Heilung ist im Bereich des Möglichen. Die Bekämpfung von RSI verlangt ohne Zweifel persönliche Anstrengungen und organisatorische Veränderungen, aber da die Zahl der RSI-Kranken in der Arbeitswelt zunimmt, werden die Vorteile wahrscheinlich den Aufwand bei weitem aufwiegen.

[Kasten auf Seite 17]

RSI bei Musikern

Bei Berufsmusikern tritt RSI häufig auf. Einer 1986 veröffentlichten Studie zufolge litt in 8 europäischen Sinfonieorchestern die Hälfte aller Musiker an RSI. Im 19. Jahrhundert nannte man die Krankheit Musikerkrampf. Einer der ersten verbürgten Fälle betraf Robert Schumann. RSI zwang ihn, das Klavierspielen aufzugeben und sich aufs Komponieren zu konzentrieren.

[Kasten auf Seite 17]

Faktoren, die RSI begünstigen

1. Verkehrte Haltung

2. Lange Arbeitszeit

3. Streß bei der Arbeit

4. Zurückliegende Verletzungen von Muskeln und Sehnen

5. Unzufriedenheit mit der Arbeit

6. Kälte

[Kasten auf Seite 18]

Vorbeugung gegen RSI

WAS ZU MEIDEN IST

1. Schwere Gegenstände längere Zeit halten

2. Die Gelenke zu stark belasten

3. Längere Zeit mit den Armen in einer Höhe über dem Brustbereich arbeiten

4. In unbequemer Haltung arbeiten

WAS MAN TUN SOLLTE

1. Die Arme abwechseln, auch bei leichten Arbeiten

2. Verschiedene Arbeiten über den Tag verteilen

[Bildnachweis auf Seite 16]

Pages 16 and 17: The Complete Encyclopedia of Illustration/J. G. Heck

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