Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK
Wachtturm
ONLINE-BIBLIOTHEK
Deutsch
  • BIBEL
  • PUBLIKATIONEN
  • ZUSAMMENKÜNFTE
  • Die uralten Probleme mit Schwiegereltern
    Erwachet! 1990 | 22. Februar
    • Die uralten Probleme mit Schwiegereltern

      „ICH kann deinen Anblick nicht mehr ertragen!“ schrie Fujiko ihre Schwiegermutter Tomiko an. Fujiko war es leid, herumkommandiert zu werden. Obwohl sie es bis dahin fertiggebracht hatte, äußerlich ruhig zu bleiben, hatte sie innerlich gezittert. „Ich war verbittert“, sagt sie. „Ich hatte mich völlig verändert. Dieses Leben war für mich nicht mehr auszuhalten.“

      Eine alte Japanerin, die allein lebt, erzählt: „Mein Sohn und seine Frau haben mich allein gelassen. Jetzt brauche ich mich nicht mehr um andere zu sorgen, und ich lebe mein Leben, wie es mir gefällt, aber wenn die Sonne untergegangen ist, fühle ich mich einsam.“

      Der uralte Konflikt zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter ist in der ganzen Welt zu beobachten. Dulcie Boling, Herausgeberin einer in Australien erscheinenden Zeitschrift, erklärt: „Bedauerlicherweise sind manche Frauen von vornherein auf ihre Schwiegertochter eifersüchtig. ... Man kann daran kaum etwas ändern, sondern nur gute Miene zum bösen Spiel machen.“ Im Fernen Osten gibt es sogar Sagen von alten Weibern, die auf Betreiben der Schwiegertochter in den Bergen ausgesetzt wurden.

      Heute ist dieser Konflikt schwieriger denn je. Laut Statistiken steigt die Lebenserwartung und werden die Familien kleiner, auch vergrößert sich der Unterschied zwischen dem Lebensalter von Männern und Frauen. Was ist die Folge? Da mehr Frauen über 70 oder 80 Jahre alt werden, dehnt sich der Konflikt zwischen Mutter und Schwiegertochter von dem 100-Meter-Sprint, der er einmal war, zu einem zermürbenden Marathon aus.

      Was wünschen ältere Menschen?

      Wie möchten ältere Menschen trotz solcher Konflikte versorgt werden, wenn sie die Wahl haben? „In den letzten beiden Jahrzehnten“, sagen die Demographen Jacob S. Siegel und Cynthia M. Taeuber, „waren sowohl Frauen als auch Männer, die keinen Ehepartner mehr hatten, weniger geneigt, mit anderen zusammen zu wohnen.“ Elaine M. Brody, ehemalige Leiterin des Ministeriums für Sozialwesen, berichtet, daß in den Vereinigten Staaten „ältere Menschen vorzugsweise von den Angehörigen getrennt leben“. Oft wohnen die Kinder in der Nähe, besuchen sie und kümmern sich um sie.

      Im Fernen Osten zieht man eine andere Lebensweise vor. Gemäß einer internationalen Umfrage, die von einer japanischen Behörde durchgeführt wurde, möchten die meisten betagten Menschen in Japan und Thailand bei ihren Angehörigen wohnen. Die Befragung ergab, daß 61 Prozent der älteren Menschen in Thailand und 51 Prozent in Japan das tatsächlich tun.

      Natürlich ist diese Entscheidung auch in westlichen Ländern üblich. Sehr betagte oder bettlägerige Eltern leben oft bei ihren Kindern. In Frankreich wohnen alte Menschen, die über 75 sind und ihren Ehepartner durch den Tod verloren haben, meist bei einem ihrer Kinder.

      Das Für und Wider akzeptieren

      Wenn zwei oder drei Generationen beschließen, gemeinsam unter einem Dach zu leben, ergeben sich gewisse Vorteile. Der alte Mensch fühlt sich geborgener und weniger einsam. Die jüngere Generation kann von der Erfahrung der Älteren lernen. Auch sind wirtschaftliche Vorteile damit verbunden.

      Andererseits kann durch das Zusammenleben ein bereits problematisches Verhältnis zu den Schwiegereltern noch gespannter werden. In Japan zum Beispiel, wo betagte Eltern traditionsgemäß beim ältesten Sohn und seiner Familie wohnen, ist der Konflikt zwischen Mutter und Schwiegertochter sprichwörtlich.

      Was kann man tun, wenn man sich in einer solchen Lage befindet? Paul E. Zopf jr., Professor für Soziologie am Guilford-College, schreibt in seinem Buch America’s Older Population: „Die Familie verursacht Konflikte, bietet aber auch die Gelegenheit zur Konfliktlösung. Die Fähigkeit, Konflikte einzudämmen und positiv auf ältere Familienglieder einzuwirken, kann auf andere Beziehungen übergreifen.“

      Man sollte der Sache also zuversichtlich gegenüberstehen. Wenn man lernt, familiäre Konflikte einzudämmen, wird man wahrscheinlich auch geschickter im Umgang mit anderen schwierigen Situationen. Die Situation als Herausforderung zu akzeptieren wirkt sich vorteilhaft auf die Persönlichkeit aus. Wir wollen nun die Probleme des Zusammenlebens mit den Schwiegereltern beleuchten und untersuchen, wie sie gelöst werden können. Wer sich nicht in einer solchen Lage befindet, kann dennoch aus den entsprechenden Grundsätzen Nutzen ziehen.

      [Kasten auf Seite 4]

      Mehr Eltern als Kinder

      Wie der Demograph Samuel Preston erklärt, hat das Durchschnittsehepaar nun zum ersten Mal in der Geschichte mehr Eltern- teile als Kinder. Viele Ehepaare stehen heute vor dem Problem, wie sie ausgeglichen sein können, wenn es darum geht, ihrer Verantwortung, sich um die Eltern beider Seiten zu kümmern, nachzukommen.

  • Was ist die Wurzel des Problems?
    Erwachet! 1990 | 22. Februar
    • Was ist die Wurzel des Problems?

      „ZUVIEL Salz ist ungesund!“ mahnt die Mutter. „Aber das Essen schmeckt fade!“ behauptet die Schwiegertochter. Sobald ihr die Mutter den Rücken zuwendet, fügt sie eine Prise Salz hinzu.

      Da beide ihren Willen durchsetzen wollen, essen sie schließlich ihre Mahlzeit ohne Genuß. Doch die Folgen können viel schlimmer sein. Solche Reibereien können zu psychischen und emotionellen Spannungen führen, die jahrelang anhalten.

      Vielen erscheint dieser Konflikt unvermeidlich. „Wenn die Angehörigen sonst auch noch so gut miteinander auskommen, zwischen einer Mutter und ihrer Schwiegertochter entstehen zwangsläufig Reibereien“, schreibt Dr. Shigeta Saito, Vorsitzender der Vereinigung der Psychiatrischen Kliniken Japans. Aber das Problem beschränkt sich nicht auf den Fernen Osten.

      Unser Korrespondent in Italien berichtet, daß der „Brauch, nach der Heirat zu den Eltern der Braut oder des Bräutigams zu ziehen, in vielen Familien zu Problemen geführt hat. Manch eine junge Frau leidet unter der Einmischung und der autoritären Haltung ihrer Schwiegermutter.“

      In Ländern des Ostens und des Westens wird häufig in den Beraterrubriken von Zeitungen und Zeitschriften Rat über Konflikte mit Schwiegereltern gegeben. Was ist die Wurzel des Problems?

      Wer entscheidet?

      Wenn zwei Frauen in ein und derselben Küche arbeiten, entsteht oft die Frage: Wer entscheidet? „Unser Geschmack und unsere Methoden sind unterschiedlich, und ich habe mich jedesmal aufgeregt, wenn wir uns uneinig waren“, erzählt eine Frau, die seit über 12 Jahren mit ihrer Schwiegermutter unter einem Dach lebt.

      „Die ersten zehn Jahre gerieten wir uns wegen Kleinigkeiten in die Haare“, gesteht eine andere Schwiegertochter. Oft entstehen Meinungsverschiedenheiten wegen Belanglosigkeiten, zum Beispiel, wie man Hemden auf die Wäscheleine hängt. Selbst wenn die beiden Frauen nicht im selben Haus wohnen, kann es zu Reibereien kommen. Eine Schwiegermutter, die zu Besuch kommt und Bemerkungen macht wie: „Mein Sohn mag sein Steak nicht so“, kann einen lebenslangen Groll verursachen. Letzten Endes geht es darum, wer welche Entscheidung trifft und für wen.

      Darüber sagt Takako Sodei, Lehrbeauftragte für Haushaltsführung an der Frauenuniversität Ochanomizu: „Ob man mit Sohn und Schwiegertochter oder mit Tochter und Schwiegersohn zusammen wohnt — ein Haushalt läßt sich unmöglich von zwei Frauen führen, die um die Macht wetteifern. Es ist notwendig, getrennte Wohnräume zu haben oder die Situation so zu regeln, daß die eine zur Hausfrau und die andere zur Nebenhausfrau bestimmt wird.“ Die beiden Generationen müssen zu einer vernünftigen Einigung gelangen, gestützt auf die körperliche und geistige Verfassung der Älteren und die Erfahrung oder mangelnde Erfahrung der Jüngeren.

      Die Privatsphäre

      Wenn zwei oder mehr Generationen unter einem Dach leben, müssen die Familienglieder bis zu einem gewissen Grad auf ihre Privatsphäre verzichten. Über das Ausmaß gehen die Meinungen allerdings auseinander. Die jungen Eheleute sehnen sich vielleicht nach mehr Privatsphäre, während der ältere Mensch nach Gesellschaft lechzt.

      Eine Frau aus der Nähe von Tokio war der Ansicht, ihre Schwiegermutter sei in ihre Privatsphäre eingedrungen. Wieso? Weil sie die Wäsche des Ehepaares von der Leine genommen, zusammengelegt und weggeräumt hatte. Die Frau hielt es nicht für richtig, daß ihre Schwiegermutter etwas so Persönliches für sie tat. Andererseits war Tokiko, die Schwiegermutter, betrübt, als ihre Schwiegertochter beim Aufräumen des Hauses Gegenstände ausrangierte, an denen Tokiko seit Jahren hing.

      Das Eindringen in die Privatsphäre kann ausarten. Tom und seine Frau, die beide für seine betagte Mutter sorgten, fühlten sich gestört, weil die Mutter manchmal mitten in der Nacht im Schlafzimmer des Ehepaares auftauchte. Der Grund? „Ich wollte sehen, ob mit Tom alles in Ordnung ist“, sagte sie. Das Problem wurde erst gelöst, als die Familie in ein zweistöckiges Apartment zog und die Mutter nicht heraufkommen durfte.

      In vielen Familien wird die Situation jedoch wesentlich problematischer, wenn die dritte Generation hinzukommt.

      Umgang mit Kindern

      Heutzutage ist es unter jungen Müttern üblich, Bücher über Säuglingspflege und Kindererziehung zu Rate zu ziehen. Die Großmutter hingegen mit ihrer jahrelangen Erfahrung in der Kindererziehung ist natürlich der Meinung, sie sei die geeignete Ratgeberin. Ihr Rat wird allerdings oft als Kritik angesehen, und es kommt zu Konflikten.

      Takako stand vor diesem Problem, als sie einmal ihren kleinen Sohn schlug. Die Mutter und die Großmutter ihres Mannes stürzten in das Zimmer, um sie daran zu hindern, und schrien lauter als das weinende Kind. Takako war verunsichert und bestrafte ihren Sohn nicht mehr. Als sie sich später über die Wichtigkeit der Zucht im klaren war, entschied sie sich doch wieder für eine strengere Erziehung (Sprüche 23:13; Hebräer 12:11).

      Auch eine Mutter aus Jokohama wurde mit ihrer Schwiegermutter uneins, als Kinder kamen. Die Mutter ärgerte sich darüber, daß die Großmutter den Kindern zwischendurch etwas zu naschen gab, so daß sie bei den Mahlzeiten keinen Hunger hatten.

      Über dieses Problem sagt Dr. Saito: „[Großeltern] geben ihren Enkeln Süßigkeiten und Taschengeld. Sie erfüllen die selbstsüchtigen Wünsche der Kleinen. Kurzum: Sie verwöhnen ihre Enkel maßlos.“ Er rät jungen Müttern, klarzustellen, daß sie in der Kindererziehung zu keinerlei Zugeständnissen bereit sind.

      Wetteifer um die Zuneigung

      Der Konflikt zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter hat etwas Irrationales. „Psychologisch gesehen“, erklärt Dr. Saito, „hat die Mutter das Empfinden, die Schwiegertochter habe ihr den Sohn weggeschnappt. Natürlich wird sie diesen Gedanken nicht aussprechen, denn das wäre zu kindisch. Aber in ihrem Unterbewußtsein ist die Vorstellung, der Zuneigung des Sohnes beraubt worden zu sein, tief verwurzelt.“ Die Folge ist ein gespanntes Verhältnis, wenn nicht gar ausgesprochene Rivalität zwischen den beiden.

      Diese Tendenz nimmt mit geringerer Familiengröße zu. Je weniger Kinder eine Mutter zu versorgen hat, um so enger ist ihre Bindung an den Sohn. Nachdem sie viele Jahre für ihren Sohn da war, ist sie mit seinen Vorlieben und Abneigungen gut vertraut. Obgleich die junge Ehefrau ihrem Mann alles recht machen will, fehlt ihr zumindest anfänglich dieses Wissen. Daher kann sich leicht ein Konkurrenzgeist entwickeln, wobei Mutter und Schwiegertochter um die Zuneigung desselben Mannes wetteifern.

      Ein tragischer Wandel

      Im alten Japan unter der konfuzianischen Philosophie wurde, wenn solche familiären Konflikte auftraten, die Schwiegertochter weggeschickt — und war geschieden. Damit war die Sache beendet. Heute ist die Lage jedoch anders.

      Seit dem Zweiten Weltkrieg hat die jüngere Generation das Wirtschaftsgeld in der Hand, und die ältere Generation verliert ihren Einfluß und ihre Autorität. Allmählich hat sich das Blatt gewendet. Nun werden betagte Eltern in Krankenhäuser oder Altersheime abgeschoben. Welche Tragik in einer Gesellschaft, in der die Achtung vor den Älteren früher die Norm war!

      Wie kann gegen die Tendenz, ältere Menschen abzuschieben, angegangen werden? Gibt es für Schwiegermutter und Schwiegertochter einen Weg, unter einem Dach friedlich zusammenzuleben?

      [Bild auf Seite 7]

      Man muß zu einer vernünftigen Einigung gelangen, wer die Entscheidungen trifft

  • Sich eines herzlichen Verhältnisses zu den Schwiegereltern erfreuen
    Erwachet! 1990 | 22. Februar
    • Sich eines herzlichen Verhältnisses zu den Schwiegereltern erfreuen

      FUJIKO, die eingangs erwähnte bedrückte Schwiegertochter, überredete ihren Mann schließlich, aus der Wohnung der Eltern auszuziehen und eine Nachbarwohnung zu mieten. Aber die Situation wurde nicht viel besser. Die Schwiegereltern mischten sich weiterhin in ihre Angelegenheiten ein, und ihre Traurigkeit hielt an. Eines Tages sprach ein Fremder bei ihr vor.

      Dieser Besuch führte Fujiko auf einen Weg, der eine Persönlichkeitsveränderung bewirkte und ihr Verhältnis zu anderen günstig beeinflußte. Sie begann, mit Jehovas Zeugen die Bibel zu studieren. Mit der Zeit änderte sich ihre Einstellung so sehr, daß ihr Schwiegervater dem Studium beiwohnen wollte, um mit eigenen Augen zu sehen, durch was für eine Religion sich ihre Persönlichkeit so gewandelt hatte.

      Die neue Verbindung anerkennen

      Die Bibel vermittelt ein klares Bild von einer gottgefälligen Ehe. Nachdem Gott das erste Menschenpaar erschaffen und zusammengeführt hatte, stellte er folgenden Grundsatz auf: „Ein Mann [wird] seinen Vater und seine Mutter verlassen, und er soll fest zu seiner Frau halten, und sie sollen e i n Fleisch werden“ (1. Mose 2:24). Das junge Paar muß also anerkennen, daß es eine neue Verbindung eingegangen ist. Beide müssen nun als unabhängige Einheit zusammenhalten, auch wenn sie mit den Schwiegereltern zusammen wohnen.

      Vater und Mutter zu verlassen heißt jedoch nicht, daß man, wenn man verheiratet ist, den Eltern den Rücken kehren darf und sie nicht mehr zu achten und zu ehren braucht. „Verachte nicht deine Mutter, nur weil sie alt geworden ist“, mahnt die Bibel (Sprüche 23:22). Aber durch die Ehe verändert sich das Verhältnis zueinander. Solange jedes Familienglied dies berücksichtigt, kann das junge Ehepaar von der Erfahrung und der Weisheit der Eltern lernen.

      Timotheus, der geachtete junge Mann, den der Apostel Paulus mit auf seine Missionsreisen nahm, wurde von seiner Mutter Eunike erzogen. Doch seine Großmutter Lois formte sein Leben offensichtlich mit (2. Timotheus 1:5; 3:15). Das soll nicht heißen, daß die Großmutter das Recht hat, sich in die Kindererziehung einzumischen und andere Normen aufzustellen als die Eltern. Es gibt allerdings eine angebrachte Art und Weise, wie die ältere Generation der jüngeren bei der Kindererziehung helfen kann (Titus 2:3-5).

      „Die wahrhaft weise Frau“

      Wenn zwei Generationen in einer so heiklen Sache wie der Kindererziehung zusammenarbeiten wollen, müssen sie weise handeln. „Die wahrhaft weise Frau hat ihr Haus aufgebaut“, sagt die Bibel, „aber die törichte reißt es mit ihren eigenen Händen nieder“ (Sprüche 14:1). Wie kann eine Frau ihr Haus aufbauen? Tomiko erklärt, daß ihr der Gedankenaustausch half, zu ihrer Schwiegertochter Fujiko ein besseres Verhältnis zu entwickeln. „Pläne scheitern, wo es kein vertrauliches Gespräch gibt“, heißt es in der Bibel (Sprüche 15:22).

      Gedankenaustausch bedeutet nicht, mit allem, was man auf dem Herzen hat, herauszuplatzen, ohne auf die Gefühle anderer Rücksicht zu nehmen. Hier kommt die Weisheit ins Spiel. „Ein Weiser wird zuhören“, wenn andere reden. Mitunter hat einer vielleicht etwas auf dem Herzen, zögert aber, es zur Sprache zu bringen. Man muß aufmerksam sein, seine Gedanken „herausschöpfen“ und dann ‘nachsinnen’, ehe man redet (Sprüche 1:5; 15:28; 20:5).

      Der richtige Zeitpunkt ist sehr wichtig. „Wie goldene Äpfel in Silberziselierungen ist ein Wort, geredet zur rechten Zeit dafür“, sagt Sprüche 25:11. Tokiko und ihre Schwiegertochter warten den richtigen Augenblick ab, ehe sie etwas äußern, was den anderen verstimmen könnte. „Ich versuche nachzudenken, bevor ich meine Schwiegertochter auf etwas hinweise“, erzählt Tokiko. „Ich merke mir die Punkte und spreche mit ihr, wenn sie gut aufgelegt ist und keinen Hunger hat. Man ist nämlich leicht reizbar, wenn man Hunger hat.“

      Eine weise Frau wird weder ihre Schwiegermutter noch ihre Schwiegertochter vor anderen schlechtmachen. „Ob Schwiegermutter oder Schwiegertochter, man darf nicht vergessen, daß das Nachteilige, das man über die andere sagt, dieser schließlich zu Ohren kommen wird“, schrieb Sumie Tanaka, eine japanische Schriftstellerin, die 30 Jahre lang bei ihrer Schwiegermutter lebte. Sie tritt dafür ein, gut von angeheirateten Verwandten zu sprechen, direkt und indirekt.

      Was aber, wenn sie nicht darauf ansprechen?

      Zum Vergeben bereit sein

      Ernste Probleme zwischen angeheirateten Verwandten rühren oft von Dingen her, die man nicht übelnehmen würde, wenn jemand anders sie tun oder sagen würde. Da wir alle unvollkommen sind und ‘im Wort straucheln’, reden wir manchmal „gedankenlos ... wie mit Schwertstichen“ (Jakobus 3:2; Sprüche 12:18). Es ist jedoch weise, sich nicht über jedes nur so dahingesagte Wort zu ereifern.

      Diejenigen, die solche Probleme überwinden konnten, haben den biblischen Rat befolgt: „Fahrt fort, einander zu ertragen und einander bereitwillig zu vergeben, wenn jemand Ursache zu einer Klage gegen einen anderen hat“ (Kolosser 3:13). Es mag nicht leicht sein, angeheiratete Verwandte zu ertragen und ihnen zu vergeben, besonders wenn man Ursache zur Klage hat. Doch ein starker Antrieb dafür ist die Zusicherung Gottes, daß er uns dann auch unsere Fehler vergibt (Matthäus 6:14, 15).

      Selbst in Ländern des Fernen Ostens, wo man traditionsgemäß dem Buddhismus, dem Taoismus, dem Konfuzianismus oder dem Schintoismus anhängt, studieren viele die Bibel und erkennen die Wahrheit über unseren gütigen Schöpfer. Diese Erkenntnis hilft ihnen, tief eingewurzelte Gefühle der Bitterkeit zu überwinden.

      „Die Liebe versagt nie“

      Für ein gutes Verhältnis zu angeheirateten Verwandten ist eine feste Grundlage erforderlich. Den betagten oder kranken Schwiegereltern aus einem Pflichtgefühl heraus zu helfen ist einem guten Verhältnis nicht immer förderlich. Haruko erkannte dies, als ihre krebskranke Schwiegermutter im Sterben lag. Sie verbrachte den größten Teil des Tages im Krankenhaus, um ihre Schwiegermutter zu pflegen, und sorgte außerdem noch für ihren Mann und die Kinder. Sie stand unter so großem Streß, daß sie schließlich starken Haarausfall bekam.

      Als sie eines Tages bei ihrer Schwiegermutter Maniküre machte, schnitt sie ihr aus Versehen in den Finger. „Dir liegt überhaupt nichts an mir!“ stieß die Schwiegermutter hervor.

      Haruko war über diese undankbaren Worte so schockiert, daß sie die Tränen nicht zurückhalten konnte. Dann wurde ihr bewußt, daß die Worte deshalb so weh taten, weil sie für ihre Schwiegermutter alles nur aus einem Pflichtgefühl heraus tat. Sie beschloß, sich mehr von Liebe leiten zu lassen (Epheser 5:1, 2). Dadurch konnte sie ihre verletzten Gefühle überwinden, und sie hatte ein gutes Verhältnis zu ihrer Schwiegermutter bis zu deren Tod.

      Die Liebe, wie sie in der Bibel beschrieben wird, ist der Schlüssel zur Schlichtung familiärer Streitigkeiten. Lesen wir, was der Apostel Paulus darüber sagte, und denken wir über die Wahrhaftigkeit seiner Worte nach. „Die Liebe ist langmütig und gütig“, schrieb er. „Die Liebe ist nicht eifersüchtig, sie prahlt nicht, bläht sich nicht auf, benimmt sich nicht unanständig, blickt nicht nach ihren eigenen Interessen aus, läßt sich nicht aufreizen. Sie rechnet das Böse nicht an. Sie freut sich nicht über Ungerechtigkeit, sondern freut sich mit der Wahrheit. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, erduldet alles.“ Kein Wunder, daß Paulus hinzufügte: „Die Liebe versagt nie“ (1. Korinther 13:4-8). Wie kann man diese Liebe entwickeln?

      In der Bibel wird die „Liebe“ als ein Teil der „Frucht des Geistes“ Gottes aufgeführt (Galater 5:22, 23). Abgesehen von den eigenen Anstrengungen, ist also der Geist Gottes unerläßlich, wenn man diese Art Liebe entwickeln möchte. Außerdem kann man Jehova, den Gott der Bibel, bitten, einem zu helfen, die gleiche Liebe zu bekunden wie er (1. Johannes 4:8). Das erfordert natürlich, Gott kennenzulernen, indem man sein Wort, die Bibel, studiert. Jehovas Zeugen sind jedem gern dabei behilflich, wie das Beispiel Fujikos und vieler anderer zeigt.

      Wer das anwendet, was er aus der Bibel gelernt hat, wird feststellen, daß er sich nicht nur eines besseren Verhältnisses zu Gott erfreut, sondern auch zu allen Menschen um ihn herum einschließlich der angeheirateten Verwandten. Er wird den Frieden verspüren, den die Bibel verheißt, nämlich den „Frieden Gottes, der alles Denken übertrifft“ (Philipper 4:6, 7).

      Fujiko und andere in den vorliegenden Artikeln erwähnte Personen erfreuen sich nun dieses Friedens — und dazu hat jeder die Möglichkeit. Ja, wenn man zu Jehova Gott aufschaut und den Rat aus seinem Wort, der Bibel, befolgt, kann man ein herzliches Verhältnis zu angeheirateten Verwandten aufbauen und bewahren.

      [Kasten auf Seite 8, 9]

      Der Ehemann — Friedensstifter oder Friedensstörer?

      Wenn zwei oder drei Generationen unter einem Dach leben, ist die Rolle des Ehemannes für die Erhaltung des Familienfriedens entscheidend. Über den typischen Ehemann, der seiner Verantwortung ausweicht, schreibt Professor Tohru Arichi von der Kyushu-Universität, ein Experte für Familiensoziologie:

      „Wenn das Ehepaar bei ... [der Mutter des Mannes] wohnt, nimmt die Mutter die Bedürfnisse ihres Sohnes wahr, und sie sorgt ungewollt für ihn, wenn sie solche Bedürfnisse feststellt. Er akzeptiert diese Fürsorge ohne Zögern. Würde der Sohn ein wenig mehr über die Lage seiner Frau nachdenken und seine Mutter in die Schranken weisen, so wäre das Problem gelöst. Leider ist er sich allzuoft dessen nicht bewußt.“

      Wie kann ein Ehemann also eine aktive Rolle als Friedensstifter in der Familie spielen? Wie Mitsuharu berichtet, wurde seiner Familie durch die Anwendung biblischer Grundsätze geholfen. „Die Verbindung zwischen einer Mutter und ihrem Sohn ist sehr stark, auch wenn er schon erwachsen ist“, gesteht er. „Daher muß sich der Sohn bewußt anstrengen, ‘seinen Vater und seine Mutter zu verlassen und fest zu seiner Frau zu halten’.“ Er beachtete diesen Grundsatz, indem er Fragen der Kindererziehung nur mit seiner Frau besprach und in bezug auf die Hausarbeit seine Frau nicht mit seiner Mutter verglich. „Nun respektieren wir uns alle gegenseitig. Jeder von uns weiß, wann Einmischung übelgenommen wird und wann Hilfe und Mitarbeit geschätzt wird.“

      Außer ‘fest zu seiner Frau zu halten’, muß der Ehemann zwischen seiner Mutter und seiner Frau vermitteln (1. Mose 2:24). Er muß gut zuhören können und beide ihr Herz ausschütten lassen (Sprüche 20:5). Ein Ehemann, der gelernt hat, Feingefühl zu bekunden, versucht zunächst herauszufinden, wie seine Frau empfindet. Dann bespricht er die Angelegenheit in Gegenwart seiner Frau mit seiner Mutter. Wenn der Sohn seine Rolle als Friedensstifter übernimmt, kann er dazu beitragen, zu Hause ein angenehmes Verhältnis zwischen den beiden Frauen zu schaffen, die er liebt.

      [Bild auf Seite 9]

      Höre zu und teile dich mit

      [Bild auf Seite 10]

      Liebe, nicht Pflichtgefühl, schafft ein gutes Verhältnis

Deutsche Publikationen (1950-2025)
Abmelden
Anmelden
  • Deutsch
  • Teilen
  • Einstellungen
  • Copyright © 2025 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania
  • Nutzungsbedingungen
  • Datenschutzerklärung
  • Datenschutzeinstellungen
  • JW.ORG
  • Anmelden
Teilen