Die Welt kommt zu Hilfe
Von unserem Korrespondenten in Südafrika
„EINE der größten Katastrophen der Welt.“ „Die größte Katastrophe, die den Planeten heimsucht, seit der Zweite Weltkrieg Europa verwüstete.“ So beschreiben verschiedene Autoren die beispiellose Hungersnot in Afrika.
„Innerhalb eines Jahres“, heißt es in dem Magazin Newsweek, „starben 1 Million äthiopische Bauern und 500 000 sudanesische Kinder.“ In Moçambique sind, wie verlautet, 100 000 Personen umgekommen, und eine Zeitlang verhungerten im Tschad jeden Monat 1 000 Menschen.
Die Welt kam zu Hilfe, aber für zahllose Afrikaner war es zu spät. In einigen Fällen ist die Verzögerung Behörden zuzuschreiben, die das wahre Ausmaß der Hungersnot verschwiegen. Die Vernachlässigung der hungernden Bevölkerung trug 1985 zum Sturz der sudanesischen Regierung bei.
Im März 1984 rief Äthiopien um Hilfe und bat die Welt um eine Hilfslieferung von 450 000 Tonnen Getreide. Dies war keine übertriebene Forderung; der tatsächliche Bedarf war doppelt so hoch. Doch die Vereinten Nationen und ihre Mitgliedstaaten schenkten dem Ruf kaum Gehör. Nicht einmal 100 000 Tonnen Getreide wurden angeboten, und das zu einer Zeit, wo die Getreideüberschüsse der Welt annähernd 190 000 000 Tonnen betrugen! Was noch schlimmer war — die geringe Menge der Nahrungsmittel kam erst nach Monaten an. In der Zwischenzeit grassierte der Hunger. In einem Notlager starben jeden Tag hundert Menschen.
Im Oktober 1984 hatte ein britisches Fernsehteam in Äthiopien einen Zwischenaufenthalt, weil es auf ein anderes Flugzeug warten mußte. Die Filmleute nutzten die Zeit, um Auffanglager zu besichtigen, und filmten Menschen, die buchstäblich am Verhungern waren. „Ich weinte, als ich den Film schnitt“, sagte der Kameramann Mohammed Amin. „Ich brach zusammen und weinte hemmungslos.“
Eine dramatische Reaktion
Der Film wurde in den BBC-Fernsehnachrichten gezeigt und anschließend von 425 anderen Fernsehanstalten in der ganzen Welt gesendet. Eine dramatische Reaktion folgte. Die aufgebrachte Öffentlichkeit verlangte Schritte von seiten der Regierungen. Popmusiker setzten ihr einträgliches Geschäft dafür ein, an die Nächstenliebe zu appellieren. Bis heute haben sie über hundert Millionen Dollar zusammengebracht. All diese Publizität ist auf eines der größten Hilfsprogramme hinausgelaufen, die die Welt je gesehen hat.
Schiffsladungen mit Überschußgetreide ergossen sich über Afrika. Regierungen aus Europa bildeten zusammen eine Luftbrücke, um Lebensmittel bis tief in den Sudan zu fliegen. Noch bemerkenswerter war die gemeinsame Operation, mit der man Nahrung in das Hochland Äthiopiens brachte. In seinem Buch Ethiopia: The Challenge of Hunger (Äthiopien: die Herausforderung des Hungers) beschreibt Graham Hancock die Szene auf dem Bole-Flughafen von Addis Abeba: „Flugzeuge mit sowjetischen, amerikanischen, ostdeutschen, britischen und verschiedenen anderen Hoheitszeichen waren auf dem Vorfeld aufgereiht und wurden mit Nahrungsmitteln beladen ... Es war wie ein Traum, in dem all die erhabenen Prinzipien, für die die Vereinten Nationen stehen, plötzlich zum Leben erweckt wurden, und es klang mir in den Ohren, als würden die Schwerter zu Pflugscharen geschmiedet werden.“
Obgleich die Reaktion der Welt auf die Notlage in Afrika spät kam, sollen dadurch über drei Millionen Menschenleben gerettet worden sein. Traurigerweise mangelt es aber in Afrika nach wie vor an Nahrungsmitteln. Gemäß aktuellen Berichten sind in Äthiopien, im Sudan und in Moçambique Millionen dem Hungertod nahe. „Warum ist Afrika nicht in der Lage, sich selbst zu ernähren?“ fragt man sich. Und was noch wichtiger ist: „Worin besteht die echte Lösung?“
[Bildnachweis auf Seite 3]
Foto: FAO