-
Religionsgeschichte, die dir von Nutzen sein kannDer Wachtturm 1987 | 15. September
-
-
Was der Ablaßhandel offenbarte
„Die Reformation begann mit dem Kampf Luthers gegen die Mißbräuche beim Ablaßhandel, eine Sache von scheinbar nur praktisch-kirchlicher Bedeutung“, bemerkt der Historiker Gottfried Fitzer. „In Wirklichkeit aber wurde durch sie offenbar, daß das Kirchliche bereits aufs engste mit finanziellen, wirtschaftlichen und politischen Fragen verquickt war.“ Sehen wir uns die Sache einmal näher an.
Prinz Albrecht von Brandenburg erwarb mehrere einflußreiche Kirchenämter. Er mußte dem Vatikan dafür die Summe von umgerechnet etwa einer halben Million Mark zahlen, die ihm ein Bankhaus vorstreckte. Der Papst ernannte Erzbischof Albrecht zu seinem Ablaßkommissar für Mitteldeutschland und erlaubte ihm, mit der Hälfte des Erlöses seine Schulden abzuzahlen.
Albrechts Prediger warben sehr wirkungsvoll für den Ablaß, der angeblich die „vollständige Vergebung aller Sünden“ und die sofortige Befreiung aus dem Fegefeuer zusicherte. Eigentlich war nur Nachlaß von Kirchenstrafen gemeint, aber das Volk glaubte, durch den Kauf von Ablaßzetteln aller Sünden ledig zu sein. Martin Luther war empört und veröffentlichte im Jahre 1517 die berühmten 95 Thesen „aus Liebe zur Wahrheit“, wie er sie einleitete.a
-
-
Religionsgeschichte, die dir von Nutzen sein kannDer Wachtturm 1987 | 15. September
-
-
a Römisch-katholische Kirchenhistoriker haben in der Neuzeit behauptet, Luthers Thesenanschlag am 31. Oktober 1517 an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg sei „eine Geschichtslegende der protestantischen Kirchen“. Unbestrittene Tatsache jedoch ist, daß er an diesem Tag einen ehrerbietigen Brief an Erzbischof Albrecht schrieb und die Thesen beilegte. In dem Brief bat Luther ihn, seine Ablaßprediger zurechtzuweisen und die Ablaßinstruktionen aufzuheben. Das Original dieses Briefes existiert noch heute; es liegt im Reichsarchiv in Stockholm.
-