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Die Bedrohung weitet sich ausErwachet! 1998 | 22. April
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Die Bedrohung weitet sich aus
Robert war erst 11 Jahre alt, als man ihn, auf dem Bauch liegend, unter einer einsamen Brücke fand. Er hatte zwei Einschüsse am Hinterkopf. Man nimmt an, daß er von Mitgliedern seiner eigenen Bande umgebracht wurde.
Der 15jährige Alex war drauf und dran, sich einer Bande anzuschließen — ein Schritt, der womöglich seinen frühen Tod bedeutet hätte. Aber dann sah er einen Freund sterben und dachte bei sich: „So will ich nicht enden.“
FRÜHER dachte man bei gewalttätigen Straßenbanden an Gangs wie die „Bloods“ und die „Crips“ in Los Angeles, heute gibt es sie auf der ganzen Welt. Doch wo sie sich auch zusammentun, sie sind sich überraschend ähnlich.
Englands „Teddy Boys“ schockierten die Welt in den 50er Jahren. Wie die Londoner Times berichtete, benutzten sie Äxte, Messer, Fahrradketten und andere Gegenstände als Waffen, um Unbeteiligten „furchtbare Verletzungen zuzufügen“. Es sei zu Messerstechereien gekommen, und sie hätten die Einrichtung von Kneipen und Cafés zertrümmert. Sie hätten andere belästigt, beraubt, zusammengeschlagen und manchmal sogar umgebracht.
Die Hamburger Zeitung Die Welt meldete vor einiger Zeit, daß „junge Leute, die in die Disco wollen oder schon wieder auf dem Heimweg sind“, von Banden angegriffen werden, die „Baseballschläger, Messer und Pistolen“ bei sich tragen. Wie die Münchner Süddeutsche Zeitung schrieb, ist in Berlin jeder Angriffsobjekt von Skinheads, „der auffällig schwächer ist — der Obdachlose, der Behinderte, die Rentnerin“.
Einer unserer Korrespondenten in Spanien sagte, das Problem der Jugendgangs sei ein neueres, aber wachsendes Phänomen. ABC, eine Madrider Zeitung, titelte: „Skinheads — Der neue Alptraum der Straßen“. Ein ehemaliger Skinhead aus Spanien sagte, die Gruppe würde „Ausländerschweine, Prostituierte und Homosexuelle“ aufspüren. „Eine Nacht ohne Gewalt lohnt sich nicht“, meinte er noch.
Über die Situation in Südafrika schrieb die Cape Times, ein Großteil der Gewaltkriminalität sei „das Nebenprodukt einer brutalen Bandenkultur“. Ein in Kapstadt erschienenes Buch bezeichnet die südafrikanischen Gangs in den ärmeren Townships als „Parasiten, die Mitglieder ihrer eigenen Gemeinde berauben und vergewaltigen und Bandenkriege führen, um Territorien, Absatzmärkte und Frauen zu erobern“.
Der Zeitung O Estado de S. Paulo zufolge nehmen in Brasilien Banden „in erschreckendem Ausmaß“ zu. Sie würden rivalisierende Banden, bessergestellte Jugendliche, Angehörige anderer Rassen und arme Wanderarbeiter angreifen. Einmal hätten sich mehrere Banden in einer Großoffensive zusammengerottet, „die Leute am Strand ausgeraubt ..., sich gegenseitig bekämpft“ und eine Hauptstraße in Rio de Janeiro in „ein Kriegsgebiet“ verwandelt. Ein anderer Bericht aus Brasilien zeigte, daß die Zahl der Gangs sowohl in Großstädten wie São Paulo und Rio de Janeiro als auch in kleineren Städten zunimmt.
Wie das kanadische Magazin Maclean’s 1995 schrieb, geht die Polizei davon aus, daß in Winnipeg (Kanada) mindestens acht Straßenbanden aktiv sind. Und in den Vereinigten Staaten brachten Zeitungen Bilder von Bandenmitgliedern, die in entlegenen Indianerreservationen des Südwestens Bandenkleidung und Graffiti eingeführt haben.
Im vergangenen Jahr brachen in New York wilde Bandenkrawalle aus. Es sollen Mitglieder der „Bloods“ und der „Crips“ beteiligt gewesen sein, Banden, die man eigentlich aus Los Angeles kennt. Nach Angaben des Bürgermeisters von New York kam es zwischen Juli und September zu 702 Festnahmen, die direkt mit Bandenkriminalität zu tun hatten.
Das Problem beschränkt sich nicht mehr nur auf Großstädte. Die im mittleren Teil der Vereinigten Staaten erscheinende Quad-City Times schrieb über „zunehmende Gewalt unter Teenagern, grassierenden Drogenkonsum und ein wachsendes Gefühl der Hoffnungslosigkeit“.
Eine erschütternde Bedrohung
Von einer bestimmten Gang heißt es, daß sie als Freundeskreis begann. Allerdings nahm mit dem Bekanntheitsgrad ihres Anführers auch ihre Gewalttätigkeit zu. Der Anführer wohnte im Haus seiner Großmutter, auf das wiederholt geschossen wurde, auch während die Großmutter zu Hause war. Laut einem Zeitungsbericht wies das Haus über 50 Einschüsse auf. Die Schüsse waren offenbar die Vergeltung für Taten, die der Gang ihres Enkels zugeschrieben wurden. Der Bruder des Anführers saß wegen Bandenkriminalität im Gefängnis, und sein Cousin, der weggezogen war, um der Gewalt zu entgehen, wurde, als er einmal zu Besuch nach Hause kam, aus einem vorbeifahrenden Transporter erschossen.
In Los Angeles schossen Bandenmitglieder auf ein Auto und töteten ein unbeteiligtes 3jähriges Mädchen, dessen Mutter mit ihrem Freund versehentlich in die falsche Straße abgebogen war. Eine Kugel, die auf eine Schule abgefeuert wurde, traf einen Lehrer, der seinen Schülern helfen wollte, etwas aus ihrem Leben zu machen. Man könnte noch viele Opfer von Bandenkriminalität aufzählen, die nie etwas mit einer Bande zu tun hatten. Eine Mutter in Brooklyn (New York) gelangte in ihrer Nachbarschaft zu trauriger Berühmtheit: Sie hat ihre drei minderjährigen Söhne durch Bandengewalt verloren.
Was ist die Ursache der weltweiten Bedrohung durch Jugendgewalt, und wie kann man seine Kinder davor schützen? Wie entstehen Gangs überhaupt, und warum schließen sich ihnen so viele Jugendliche an? Diese Fragen werden in den folgenden Artikeln besprochen.
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Was man über Banden wissen sollteErwachet! 1998 | 22. April
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Was man über Banden wissen sollte
Wade, der früher zu einer Bande in Kalifornien gehörte, sagte: „Wir waren einfach Jungs, die in derselben Gegend wohnten. Wir sind zusammen eingeschult worden. Nur haben wir nicht die richtigen Entscheidungen getroffen.“
BANDEN entstehen oft mehr oder weniger aus Gruppen in einer Wohngegend. Kinder oder Jugendliche treffen sich an einer Straßenecke. Sie unternehmen vieles gemeinsam und schließen sich dann zum Schutz gegen eine länger bestehende Gruppe aus der Nachbarschaft zusammen. Allerdings sinkt bald darauf das Niveau der Gruppe auf das ihres gewalttätigsten Mitglieds herab, und sie läßt sich auf gefährliche kriminelle Aktivitäten ein.
Eine rivalisierende Bande in einer anderen Straße sieht die neue Gruppe womöglich als ihren Feind an. Aggression entlädt sich in Gewalt. Drogenhändler benutzen die Gang, um illegale Drogen zu verkaufen. Weitere kriminelle Taten folgen.
Luis war 11 Jahre alt, als seine Freunde eine Bande gründeten. Mit 12 fing er an, Drogen zu nehmen. Im Alter von 13 Jahren wurde er zum erstenmal verhaftet. Er war an Autodiebstählen, Einbrüchen und bewaffneten Raubüberfällen beteiligt. Und wegen Bandenkriegen und -krawallen kam er immer wieder ins Gefängnis.
Manchmal ist man überrascht, wer einer Bande angehört. Martha, eine ordentliche, überdurchschnittlich begabte Schülerin, erzielte passable Noten und benahm sich in der Schule gut. Doch sie war Anführerin einer Gang, die mit Marihuana, Heroin und Kokain handelte. Erst als einer ihrer Freunde durch mehrere Schüsse getötet wurde, bekam sie es mit der Angst zu tun und änderte ihr Leben.
Warum sie sich Banden anschließen
Verblüffenderweise geben manche Bandenmitglieder an, sie hätten sich aus dem Bedürfnis nach Liebe einer Gang angeschlossen. Sie suchten nach einer Kameradschaftlichkeit und menschlichen Nähe, die ihnen zu Hause abging. Die Hamburger Zeitung Die Zeit schrieb, daß Jugendliche in Gangs die Sicherheit suchen, die sie woanders nicht finden. Eric, ehemals Bandenmitglied, sagte: „Wenn du zu Hause keine Liebe bekommst, suchst du auf der Straße nach etwas Besserem.“
Ein Vater, der früher zu einer Gang gehörte, schrieb über seine Jugenderlebnisse: „Ich kam mehrmals ins Gefängnis wegen ordnungswidrigen Verhaltens, Straßenschlachten, Krawallen und schließlich auch wegen versuchten Mordes bei einer Schießerei aus einem fahrenden Auto.“ Später hatte er einen Sohn mit Namen Ramiro, für den er sich allerdings wenig Zeit nahm. Als Ramiro älter wurde, schloß er sich ebenfalls einer Gang an und wurde nach einer Bandenfehde von der Polizei festgenommen. Sein Vater bestand darauf, daß er aus der Gang ausstieg, doch Ramiro fuhr ihn an: „Das ist jetzt meine Familie!“
Eine Krankenschwester in einem texanischen Krankenhaus, die in kaum mehr als einem Jahr mit 114 angeschossenen Jugendlichen sprach, erzählte: „Es ist schon komisch. Ich kann mich nicht erinnern, daß einer nach seiner Mutter oder einem anderen Familienmitglied gefragt hätte.“
Bedeutsamerweise schließen sich nicht nur Jugendliche aus ärmeren Stadtvierteln Banden an. Vor einigen Jahren zitierte das kanadische Magazin Maclean’s Polizisten, die sagten, sie hätten Jugendliche aus der reichsten und aus der ärmsten Wohngegend der Stadt in derselben Gang vorgefunden. Diese Jugendlichen ganz unterschiedlicher Herkunft verbinden sich aus einem gemeinsamen Grund: Sie suchen nach einem familiären Zusammengehörigkeitsgefühl, das sie zu Hause vermissen.
In manchen Gegenden wachsen Kinder mit der Vorstellung auf, die Mitgliedschaft in einer Bande sei etwas ganz Normales. Der 16jährige Fernando erklärte: „Sie meinen, die Aufnahme in eine Gang würde ihnen helfen, ihre Probleme zu lösen. Sie denken: ‚Ich bekomme Freunde. Die sind stark und haben Waffen. Sie beschützen mich, und keiner wird mir was tun.‘“ Neue Bandenmitglieder müssen jedoch oft feststellen, daß sie durch die Zugehörigkeit zu einer Gang das Angriffsziel von deren Feinden werden.
Oft entstehen Gangs in Wohngegenden, wo Geld knapp ist, man aber leicht an Waffen herankommt. In Zeitungsberichten ist von Großstadtklassen die Rede, in denen 2 von 3 Schülern in einer Einelternfamilie leben. Es kommt vor, daß die Mutter einer Schülerin drogenabhängig ist und nachts nicht nach Hause kommt und daß die Schülerin ihr eigenes vaterloses Kind morgens in die Kinderkrippe bringen muß, bevor sie in die Schule gehen kann.
Pete Wilson, Gouverneur von Kalifornien, sagte: „Wir stehen vor einem schlimmen Problem, weil viele Kinder ohne einen Vater aufwachsen, ohne ein männliches Rollenvorbild, das ihnen Liebe, Anleitung, Erziehung und Werte mit auf den Weg gibt, und ohne einen Sinn darin zu sehen, sich selbst oder andere zu achten.“ Wie er weiter ausführte, ist die Unfähigkeit mancher Jugendlicher, mit anderen mitzufühlen, der Grund dafür, daß sie „anscheinend jemand abknallen können, ohne die geringsten Gewissensbisse zu spüren“.
Das Fehlen von Familiensinn, Charakterbildung und verläßlichen moralischen Vorbildern sind zwar wesentliche Faktoren für die Zunahme von Banden, doch es spielen auch noch andere Umstände eine Rolle. Dazu gehören Fernsehsendungen und Spielfilme, die Gewalt als einfaches Mittel zur Konfliktlösung präsentieren, eine Gesellschaft, die Arme oft als Versager hinstellt und ihnen ständig vor Augen hält, daß sie sich nicht das gleiche leisten können wie andere, und die steigende Zahl von Einelternfamilien, in denen sich eine überarbeitete Mutter abmüht, für ein oder mehrere unbeaufsichtigte Kinder zu sorgen. Eine Kombination der meisten oder aller dieser Faktoren oder noch weiterer Umstände führt zu der weltweit wachsenden Bedrohung durch Straßenbanden.
Die Schwierigkeit auszusteigen
Manche Bandenmitglieder lösen sich nach einiger Zeit von ihrer Gang und wenden sich anderen Aktivitäten zu. Andere ziehen vielleicht zu Angehörigen in einer anderen Gegend und entkommen dadurch dem Bandenleben. Aber oft ist es gar nicht so leicht, eine Gang zu verlassen.
In der Regel muß sich jemand, der einer Gang angehört, von mehreren Bandenmitgliedern brutal zusammenschlagen lassen, ehe er die Gruppe lebendig verlassen darf. Einige, die aus einer bestimmten Bande herauswollten, mußten sogar auf sich schießen lassen. Wenn sie überlebten, durften sie gehen. Lohnt es sich, solche Grausamkeiten zu riskieren, um aus einer Bande herauszukommen?
Ein junger Mann, der früher Mitglied einer Bande war, erklärt, warum er aussteigen wollte: „Fünf Freunde von mir waren schon unter der Erde.“ Das Bandenleben kann geradezu unglaublich gefährlich sein. Das Magazin Time berichtete über einen Mann, der früher zu einer Chicagoer Gang gehörte: „In seiner 7jährigen Laufbahn wurde ihm in den Magen geschossen, mit einer Eisenbahnschwelle auf den Kopf geschlagen, bei einer Schlägerei der Arm gebrochen, und er landete zweimal wegen Autodiebstahls im Gefängnis ... Aber jetzt, wo er endlich anständig geworden ist, sind sogar seine ehemaligen Freunde hinter ihm her.“
Ein besseres Leben möglich
Der Brasilianer Eleno war früher bei den „Headbangers“, einer Gang, die mit Messern und manchmal auch mit Schußwaffen auf andere losging. Da er sich sozial benachteiligt fühlte, befriedigte es ihn, Sachen zu beschädigen und Leute anzugreifen. Ein Arbeitskollege sprach mit ihm über die Bibel. Später besuchte Eleno einen Kongreß der Zeugen Jehovas, wo er ehemalige Freunde traf, die seine Gang verlassen hatten, sowie ein früheres Mitglied einer rivalisierenden Gang. Sie begrüßten sich wie Brüder, was in krassem Gegensatz zu ihrem früheren Verhalten stand.
Kommt so etwas wirklich vor? Ja, tatsächlich! Vor einiger Zeit traf sich jemand von unserer Redaktion mit Exmitgliedern von bedeutenden Gangs in Los Angeles, die inzwischen verschiedenen Versammlungen der Zeugen Jehovas angehören. Nach einem mehrstündigen Gespräch wurde einer von ihnen plötzlich nachdenklich, lehnte sich zurück und meinte: „Das muß man sich mal überlegen! Ehemalige ‚Bloods‘ und ‚Crips‘ sitzen hier zusammen und fühlen sich wie Brüder zueinander hingezogen.“ Sie waren sich einig, daß ihre Verwandlung von brutalen Bandenmitgliedern zu Männern, die sich durch Freundlichkeit und Liebe auszeichnen, dadurch zustande gekommen war, daß sie durch ein gründliches Bibelstudium göttliche Grundsätze kennengelernt hatten.
Ist so etwas in den 90er Jahren möglich? Können sich Bandenmitglieder in der heutigen Zeit von Grund auf ändern? Ja, das können sie, sofern sie bereit sind, sich mit Gottes Wort als starker Kraftquelle zu befassen und ihr Leben dann nach biblischen Grundsätzen auszurichten. Wer einer Bande angehört, sollte sich einmal überlegen, ob ein Neubeginn nicht auch etwas für ihn wäre.
Die Bibel fordert uns auf, ‘die alte Persönlichkeit abzulegen, die unserem früheren Wandel entspricht, und die neue Persönlichkeit anzuziehen, die nach Gottes Willen in wahrer Gerechtigkeit und Loyalität geschaffen worden ist’ (Epheser 4:22-24). Wie entwickelt man diese neue Persönlichkeit? Die Bibel sagt, daß die Persönlichkeit „durch genaue Erkenntnis erneuert wird nach dem Bilde dessen [Gottes], der sie geschaffen hat“ (Kolosser 3:9-11).
Ist eine solche Veränderung denn die Mühe wert? Ganz bestimmt! Falls du zu einer Gang gehörst, brauchst du Hilfe, um dich ändern zu können. In deiner Nachbarschaft gibt es Menschen, die dir gern beistehen. Allerdings sind Eltern oft am besten in der Lage, einen positiven Einfluß auf ihre Kinder auszuüben. Deshalb wollen wir uns als nächstes damit befassen, wie Eltern ihre Kinder vor Banden schützen können.
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Unsere Kinder vor Banden schützenErwachet! 1998 | 22. April
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Unsere Kinder vor Banden schützen
„Kinder brauchen Menschen, denen etwas an ihnen liegt“ (Not My Kid—Gang Prevention for Parents).
NEBEN unserem Verhältnis zu Gott gehören unsere Kinder zu dem Wertvollsten, was wir haben. Wir sollten mit ihnen reden, ihnen zuhören, sie in die Arme nehmen und sie wissen lassen, daß sie uns sehr viel bedeuten. Wir müssen ihnen Werte wie Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit beibringen und ihnen zeigen, wie sie etwas aus ihrem Leben machen können.
Der Leiter einer Jugendstrafanstalt wies auf ein großes Problem der heutigen Zeit hin, als er sagte: „In der Familie werden keine Werte vermittelt.“ Doch genau das ist notwendig. Wir müssen ein Leben führen, wie wir es uns auch für unsere Kinder wünschen, und sie müssen sehen, daß dies Freude bereitet. Wie können wir von ihnen erwarten, daß sie die richtigen Werte übernehmen, wenn wir sie ihnen nicht beibringen?
Today, eine Zeitschrift für amerikanische Lehrer, schrieb, daß Gangs oft auf Jugendliche anziehend wirken, die „sich als Versager sehen“ und „Sicherheit, Zugehörigkeit und soziale Anerkennung suchen“. Erhalten unsere Kinder das alles zu Hause — Sicherheit und echte Erfolgserlebnisse sowohl als Teil der Familie als auch für sich persönlich —, werden sie sich nicht so leicht von den falschen Versprechungen einer Bande verlocken lassen.
Der Leiter eines Polizeieinsatzkommandos gegen Banden in Kalifornien kennt den schockierten Gesichtsausdruck, der sich bei Eltern zeigt, sobald die Polizei vor der Tür steht und ihnen mitteilt, daß ihr Kind in Schwierigkeiten steckt. Sie sind fassungslos, daß ihr Kind, das sie so gut zu kennen glauben, etwas Schlimmes getan haben soll. Doch es hat neue Freunde gefunden und sich verändert. Den Eltern ist das nur nicht aufgefallen.
Vorsichtsmaßnahmen sind wichtig
Bewohner von Gegenden, wo Banden aktiv sind, sagen, daß sowohl jüngere als auch ältere Menschen umsichtig sein und eine Bande nicht provozieren oder bedrohen sollten. Es ist besser, großen Gruppen von Bandenmitgliedern aus dem Weg zu gehen und ihr Aussehen, das heißt auch den Stil und die Farben ihrer Kleidung, sowie ihr Verhalten nicht nachzuahmen. Wer sie imitiert, kann zum Angriffsziel einer rivalisierenden Gang werden.
Außerdem kann es sein, daß man gedrängt wird, sich einer Gang anzuschließen, wenn man sich so anzieht oder verhält, als wollte man zu ihr gehören. Ein Vater von drei Kindern in Chicago weiß, wie wichtig es ist, die Merkmale der Banden in der Nachbarschaft zu kennen. Er bemerkte: „Wenn ich meine Kappe nach rechts trage, denken sie, ich würde sie verachten.“ Und das kann Gewalt heraufbeschwören.
Sich für seine Kinder interessieren
Eine Mutter sagte: „Wir müssen unsere Kinder kennen — wissen, was sie fühlen und was sie tun. Wenn wir uns nicht persönlich für ihr Leben interessieren, haben wir keine Chance.“ Eine andere Mutter meinte, daß das Bandenproblem nicht aufhört, solange die Eltern nichts unternehmen. Sie fügte noch hinzu: „Wir müssen unseren Kindern Liebe schenken. Sind sie verloren, dann sind wir es auch.“
Kennen wir die Freunde unserer Kinder? Wissen wir, wohin sie nach der Schule gehen und wo sie sich nach Einbruch der Dunkelheit aufhalten? Natürlich kann nicht jede Mutter zu Hause sein, wenn die Kinder von der Schule heimkommen. Alleinerziehende Mütter, die sich tapfer abmühen, für die Miete aufzukommen und die Kinder durchzubringen, könnten jedoch mit anderen Müttern oder sonst jemandem, dem sie vertrauen, vereinbaren, daß die Kinder nachmittags beaufsichtigt werden.
Ein Mann aus einer Gegend, wo es mehrere Gangs gibt, wurde gefragt, wie er seine Kinder schütze. Er sagte, er gehe mit seinem Sohn durch das Viertel und zeige ihm, welche Folgen Bandenaktivitäten haben. Er weise ihn auf die Graffiti und die heruntergekommenen Gebäude hin und darauf, „daß die Gegend keinen sicheren Eindruck macht und daß die Bandenmitglieder nur rumhängen und mit ihrem Leben nichts anfangen“. Er fuhr fort: „Dann erkläre ich ihm, daß man, wenn man nach biblischen Grundsätzen lebt, vor solchen Folgen bewahrt wird.“
Schon allein echtes Interesse daran, wie die Kinder in der Schule zurechtkommen, kann für sie ein Schutz sein. Falls Elternabende oder Elternsprechstunden vorgesehen sind, sollte man unbedingt hingehen. Es ist gut, die Lehrer kennenzulernen und sie wissen zu lassen, daß man um seine Kinder besorgt ist und sich für ihre schulischen Leistungen interessiert. Bietet die Schule keine Besuchszeiten an, sollte man irgendeine andere Möglichkeit suchen, mit den Lehrern über die schulischen Fortschritte der Kinder zu sprechen und darüber, wie man selbst einen positiven Beitrag leisten kann.
Eine Umfrage in einer amerikanischen Großstadt ergab, daß sich von den Schülern, deren Angehörige sie bei den Hausaufgaben unterstützten oder sie anspornten, 9 Prozent einer Gang angeschlossen hatten. Aus Familien dagegen, wo den Schülern keine solche Aufmerksamkeit geschenkt wurde, waren doppelt so viele — 18 Prozent — zu einer Bande gegangen. Zeichnet sich die Familie durch einen liebevollen Zusammenhalt und förderliche gemeinsame Unternehmungen aus, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, daß sich die Kinder von den falschen Versprechungen einer Gang anlocken lassen.
Was Kinder wirklich brauchen
Unsere Kinder haben dieselben Bedürfnisse wie wir Erwachsenen: Liebe, Güte und Zuneigung. Viele Kinder sind noch nie liebevoll in die Arme genommen worden oder haben noch nie gehört, daß sie für jemanden wichtig sind. Das sollte bei unseren Kindern ganz bestimmt nicht der Fall sein! Wir sollten sie umarmen, ihnen sagen, daß wir sie lieben, und darauf achten, daß sie nach den Moralbegriffen leben, die wir ihnen beigebracht haben. Sie sind zu kostbar, als daß wir ihnen das vorenthalten könnten.
Gerald, der früher Bandenmitglied war, erklärt: „Ich hatte keinen Vater, zu dem ich aufblicken konnte. Also ging ich zu einer Bande, um dieses Vakuum in meinem Leben auszufüllen.“ Mit 12 Jahren nahm er zum erstenmal Drogen. Doch als er 17 war, begann seine Mutter ein regelmäßiges Heimbibelstudium mit Zeugen Jehovas. Sie wandte die hervorragenden Grundsätze der Bibel in ihrem Leben an. Gerald sagt: „Ich sah die Veränderungen an ihr und dachte: ‚Da muß was dran sein.‘“ Ihr gutes Beispiel veranlaßte ihn, sein Leben von Grund auf zu ändern.
Unsere Kinder sollten in uns ein gutes Beispiel haben, was bedeutet, daß wir selbst so leben müssen, wie wir es von ihnen verlangen. Sie sollten zu ihren Angehörigen stehen können, und zwar nicht wegen des Besitzes, sondern wegen des Verhaltens ihrer Familie. Auch ist es wichtig, Kindern zu helfen, zu ihrem eigenen moralischen Verhalten zu stehen. Ira Reiner, ehemals Staatsanwalt in Los Angeles, drückte es so aus: „Wir müssen auf die Jugendlichen zugehen, bevor sie auf die Banden zugehen.“
Für das sorgen, was die Kinder brauchen
Von primärer Bedeutung sind nicht die materiellen Güter, die wir für unsere Kinder bereitstellen. Was wirklich zählt, ist, daß wir ihnen helfen, sich zu liebevollen, fürsorglichen Erwachsenen mit hohen Moralbegriffen zu entwickeln. Wie die Bibel sagt, bezeichnete Jakob seine Söhne und Töchter als ‘die Kinder, mit denen Gott ihn durch seine Gunst beschenkt hatte’ (1. Mose 33:5). Wenn wir unsere Kinder so sehen — als Geschenk von Gott —, werden wir eher liebevoll mit ihnen umgehen und ihnen beibringen, ein ehrliches, aufrechtes und moralisch einwandfreies Leben zu führen.
Wir werden also unser möglichstes tun, so zu leben, daß wir unseren Kindern das richtige Beispiel geben. Dadurch werden sie einen angebrachten, gesunden Stolz auf ihre Familie entwickeln, keinen Stolz auf materiellen Besitz, sondern auf die Art Menschen, die wir sind. Und sie werden nicht so schnell Unterstützung auf der Straße suchen.
Ein Großvater sagte im Rückblick auf seine Jugend: „Mir wäre nie eingefallen, etwas zu tun, was der Familie Schande gemacht hätte.“ Er räumte allerdings ein, daß er so dachte, weil er sich der Liebe seiner Eltern bewußt war. Manchen Vätern und Müttern, die von ihren eigenen Eltern nie Liebe empfangen haben, fällt es nicht leicht, ihren Kindern Liebe zu schenken, aber es ist notwendig, daß sie daran arbeiten.
Warum ist das so wichtig? In der Zeitschrift “What’s Up” von der in Utah ansässigen Vereinigung zur Erforschung von Banden heißt es dazu: „Fühlen sich Jugendliche geliebt und sicher — nicht finanziell, sondern emotionell sicher —, werden sie nicht das Bedürfnis verspüren, sich einer Bande anzuschließen.“
Einige Leser werden denken, solche liebevollen Familien gebe es kaum noch. Doch es gibt sie. In den Versammlungen der Zeugen Jehovas findet man weltweit viele davon. Diese Familien sind natürlich nicht vollkommen, aber sie haben einen großen Vorteil: Sie untersuchen das, was die Bibel über Kindererziehung sagt, und bemühen sich, die göttlichen Grundsätze der Bibel in ihrem eigenen Leben anzuwenden. Auch vermitteln sie ihren Kindern diese Grundsätze.
Jehovas Zeugen stimmen folgender Aussage im Journal of the American Medical Association zu: „Man kann nicht darauf hoffen, daß ... Teenager ‚einfach nein sagen‘, solange man ihnen nichts gibt, wozu sie ‚ja sagen‘ können.“ Mit anderen Worten, wenn wir wollen, daß unsere Kinder zu dem, was für sie gut und förderlich ist, ja sagen, müssen wir sie in diese Richtung leiten.
Sicher möchte niemand von uns das sagen müssen, was sich ein Vater vorzuhalten hatte: „In seiner Gang hat mein Junge Freundschaft und Achtung gefunden, etwas, was er vorher nicht kannte.“ Auch möchten wir unsere Kinder bestimmt nie das sagen hören, was ein junger Mann bekannte: „Ich ging zu der Bande, weil ich eine Familie brauchte.“
Wir, die Eltern, müssen diese Familie sein. Und wir sollten unser Bestes tun, damit sich unsere Kinder, die uns ans Herz gewachsen und für uns kostbar sind, in der Familie geborgen fühlen.
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Unsere Kinder vor Banden schützenErwachet! 1998 | 22. April
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Worauf besorgte Eltern achten sollten
✔ Zeit mit den Kindern zu Hause verbringen und gemeinsam als Familie etwas unternehmen
✔ Die Freunde der Kinder und deren Eltern kennenlernen und darauf achten, wohin die Kinder gehen und mit wem sie zusammen sind
✔ Die Kinder wissen lassen, daß sie sich jederzeit mit irgendwelchen Problemen an die Eltern wenden können
✔ Den Kindern beibringen, andere Menschen, deren Rechte und deren Anschauungen zu respektieren
✔ Den Kindern zur Seite stehen, indem man ihre Lehrer kennenlernt, und die Lehrer wissen lassen, daß man sie schätzt und ihre Bemühungen unterstützen möchte
✔ Probleme nicht durch Schreien oder Gewalt lösen
Unsere Kinder brauchen unsere liebevolle Zuwendung
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