-
Berge in GefahrErwachet! 2005 | 22. März
-
-
Berge in Gefahr
„Es liegt im Interesse aller, dafür zu sorgen, dass die Reichtümer der Berge noch vielen künftigen Generationen zur Verfügung stehen“ (KOFI ANNAN, GENERALSEKRETÄR DER VEREINTEN NATIONEN).
WER an Berge denkt, dem kommen Majestät, Stabilität und Stärke in den Sinn. Was könnte diese Riesen der Natur gefährden? Mancher kann sich kaum vorstellen, warum die Berge in Gefahr sein sollen. Die Realität ist jedoch: Die Berge sind tatsächlich bedroht. Naturschützer nennen verschiedene konkrete Probleme, die die Ökosysteme der Berge gefährden. Diese Probleme sind allesamt gravierend und sie werden schlimmer. Nachfolgend einige Beispiele:
◼ ERSCHLIESSUNGS- UND BAUMASSNAHMEN. Für die kommenden 30 Jahre sind weltweit in etwa 25 Prozent aller Gebirgsregionen Projekte wie Straßen, Bergwerke, Pipelines und Staudämme geplant. Der Bau von Straßen kann nicht nur die Erosion von Steilhängen bewirken, über die Straßen kommen auch Holzfäller, die unter Umständen noch weit größere Schäden anrichten. Der Erzbergbau fördert jedes Jahr ungefähr 10 Milliarden Tonnen Erz — zum großen Teil aus den Bergen — und produziert gleichzeitig noch erheblich größere Mengen Abraum.a
◼ GLOBALE ERWÄRMUNG. „Die neun wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen fallen in die Zeit seit 1990“, meldete das Worldwatch Institute. Lebensräume in den Bergen sind dadurch besonders gefährdet. Gletscher schmelzen und die Schneedecken auf den Bergen schrumpfen — ein Vorgang, der nach Ansicht einiger Forscher die Wasservorräte beeinträchtigen und gefährliche Erdrutsche auslösen wird. Im Himalaja drohen derzeit Dutzende von Gletscherseen ihre natürlichen Barrieren zu sprengen und katastrophale Überschwemmungen auszulösen, etwas, was in den letzten Jahrzehnten wiederholt vorgekommen ist.
◼ SUBSISTENZWIRTSCHAFT. Der Bevölkerungsdruck zwingt die Bauern, unproduktive Gebiete zu nutzen. Gemäß einer Studie wird in Afrika mittlerweile fast die Hälfte der Bergregionen als Anbaufläche (10 Prozent) oder als Weidefläche (34 Prozent) genutzt. Dabei sind die Erträge oft minimal, weil diese Hochregionen für den Anbau von Nutzpflanzen kaum geeignet sind.b Zudem zerstört Überweidung schnell die empfindliche Vegetation. Wie eine neuere Studie zeigt, sollen nur 3 Prozent der Bergregionen gut für nachhaltige Landwirtschaft geeignet sein.
◼ KRIEG. Etliche Gebirgsregionen wurden durch immer häufigere Bürgerkriege verwüstet. Rebellen operieren oft von Verstecken in den Bergen aus. Nach einem Bericht der Vereinten Nationen sind 67 Prozent der Gebirgsregionen Afrikas von „kriegerischen Konflikten“ betroffen. Zudem sind manche Hochlandschaften Zentren des Drogenanbaus, in denen es häufig zu bewaffneten Auseinandersetzungen und zu Umweltzerstörung kommt.
Müsste mehr getan werden?
Die Folgen des Missbrauchs der Berge sind bereits zu spüren. Überschwemmungen, Erdrutsche und Wassermangel sind nur einige der Anzeichen dafür, dass etwas im Argen liegt. Das ist auch den Regierungen nicht entgangen. Deshalb werden Wälder aufgeforstet und in manchen Gebieten ist der Holzeinschlag verboten. Nationalparks wurden gegründet, um die spektakulärsten Landschaften und die am stärksten gefährdeten Lebensräume zu bewahren.
Doch selbst geschützte Gebiete geraten unter Druck. (Siehe „Besondere Juwele der Natur“.) Das immer schnellere Artensterben macht deutlich, dass der Kampf um die unberührte Natur der Berge noch nicht entschieden ist. Obwohl die Fachleute von den Problemen wissen, wurde bisher noch nichts in großem Maßstab zum Schutz der unberührten Bergwelt unternommen. „Unser heutiges Wissen ermutigt mich“, erklärte der renommierte Biologe E. O. Wilson, „aber die trotzdem fortschreitende Zerstörung artenreicher Lebensräume entmutigt mich.“
Ist der Verlust der Artenvielfalt wirklich so gravierend? Viele Biologen betonen, wie sehr die Menschheit von der Bewahrung der Artenvielfalt profitiert. Als Beispiel nennen sie das Madagaskar-Immergrün aus dem besonders artenreichen Hochland von Madagaskar. Aus dieser Pflanze konnte ein wichtiges Medikament gegen Leukämie gewonnen werden. Ferner liefert der in den Anden heimische Chinarindenbaum bereits seit Jahrzehnten Chinin und andere Medikamente zur Behandlung von Malaria. Viele weitere Gebirgspflanzen haben geholfen, Millionen von Menschen das Leben zu retten. Einige dieser Pflanzen werden zwar auch in anderen Regionen erfolgreich angebaut. Doch es ist zu befürchten, dass der Mensch durch die umfangreiche Verwüstung der Gebirgsflora unwissentlich auch bisher unentdeckte Pflanzen zerstört, die medizinisch oder landwirtschaftlich wertvoll sein könnten.
-
-
Berge in GefahrErwachet! 2005 | 22. März
-
-
[Kasten/Bilder auf Seite 7]
Die Tierwelt der Berge
Der Berglöwe — auch als Puma bekannt — lebt, wie sein Name verrät, hauptsächlich in den Bergen, vor allem in den Rocky Mountains und in den Anden. Wie viele andere große Raubtiere ist er durch den Menschen bedroht und hat sich allmählich in immer unzugänglichere Gebiete zurückgezogen.
Roter Panda. Er lebt ausschließlich im Gebiet des Himalaja (sogar an den unteren Hängen des Mount Everest). Trotz seines abgelegenen Lebensraums kämpft der Rote Panda ums Überleben, weil die Bambuswälder zerstört werden, die seine Nahrungsgrundlage bilden.
[Bildnachweis]
Mit frdl. Gen.: Zoo de la Casa de Campo, Madrid
Der Braunbär war einst in weiten Teilen Europas, Asiens und Nordamerikas heimisch. In Europa ist er nur noch in wenigen abgelegenen Bergregionen anzutreffen. Im kanadischen Teil der Rocky Mountains, in Alaska und Sibirien tritt er dagegen noch öfter auf. Im vergangenen Jahrhundert schrumpfte der Bestand in den Vereinigten Staaten um 99 Prozent.
Steinadler. In den Bergen der nördlichen Hemisphäre ist er der Herr der Lüfte. Leider war er früher so verhasst, dass es heute in Europa nicht einmal mehr 5 000 Paare gibt.
Großer Panda. Wie der chinesische Naturschützer Tang Xiyang erläutert, hängt das Überleben des Großen Pandas von drei Voraussetzungen ab: „hohe Berge mit tiefen Tälern, dichte Bambuswälder und sanft fließende Gewässer“. Nach einer Schätzung gibt es in freier Wildbahn nur noch weniger als 1 600 Pandas.
-