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Das neue Zeitalter der EntdeckungenErwachet! 1992 | 8. September
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Das neue Zeitalter der Entdeckungen
Von einem unserer Redaktionsmitarbeiter
WER schon einmal den Start eines Spaceshuttles am Fernseher miterlebt hat, der hat sich vielleicht auch gefragt, wie groß wohl die Hilfsraketen sind. Und wieviel Platz haben die Astronauten im Shuttle selbst? Ich hatte die Gelegenheit, mich vor Ort zu informieren, als ich den Weltraumbahnhof der Vereinigten Staaten auf Cape Canaveral in Florida (USA) besuchte, der auch als Kennedy Space Center bekannt ist.
Für mich, der ich alle Arten von Raumfahrtstarts im Fernsehen gesehen und 1969 beim Apollo-Flug zum Mond mitgefiebert habe, war es ein ganz besonderes Erlebnis, mich jetzt im Zentrum dieser Unternehmungen zu befinden, nur etwa eine Autostunde östlich von Orlando (Florida). Als wir auf den Parkplatz fuhren, sah ich in einiger Entfernung eine Ausstellung von Raketen, mit denen in der Vergangenheit Menschen und Instrumente in den Weltraum transportiert wurden. Und dort, auf der Rollbahn neben dem Raketenpark, stand ein Modell des Shuttles im Maßstab 1:1, wie er für Einsätze in der Erdumlaufbahn benutzt wird. Das Modell wird Ambassador genannt, und obwohl nur ein Modell, ist es beeindruckend, es zu sehen, zu besichtigen und zu fotografieren. Die Nachbildung ist 37 Meter lang und am Heckruder 17 Meter hoch und hat eine Spannweite von 24 Metern.
Es war Freitag, der 22. November letzten Jahres, und ich konnte es kaum erwarten, eine Startrampe aus der Nähe zu sehen, insbesondere die Rampe, auf der die Raumfähre Atlantis auf ihren Start am Sonntag, dem 24. November, wartete. Es gibt mehrere dieser Rampen, doch sie sind einige Kilometer von dem Ausstellungsgelände entfernt. Ich schloß mich der regulären Bustour zu dem Hauptraketengebäude und den Starteinrichtungen an.
Unser erster Halt war am Besatzungsschulungsgebäude, wo wir identische Kopien der Versorgungs- und der Mondlandeeinheit des historischen Fluges zum Mond (1969) sahen. Die Mondlandeeinheit war ein wirklich häßliches Gerät — es hatte absolut nicht die typischen glatten Konturen und Formen der Raumfahrzeuge. Auf den ersten Blick erschien es einem eher wie eine Anhäufung von Quadern und Pyramiden mit einem daran befestigten Satz Spinnenbeinen. Aber sein Zwillingsbruder hatte zwei Menschen auf den Mond gebracht.
Im Juli 1971 landete Apollo 15 auf dem Mond, und die Astronauten Scott und Irwin luden das Mondgeländefahrzeug, das Mondauto, aus. Mit 15 Millionen Dollar war es wahrscheinlich das teuerste Geländefahrzeug, das je gebaut wurde. Und wer damit fahren möchte, muß einfach nur zum Mond fliegen — es wurde zusammen mit der Landestufe der Landefähre dort gelassen. Doch sollte man nicht vergessen, frische Batterien mitzunehmen. Die alten sind längst verbraucht.
Der nächste Stopp war die VAB (Vehicle Assembly Building, Endmontagehalle). Im Raumfahrtzentrum muß man sich an Abkürzungen gewöhnen — sie werden einfach für alles verwandt. Chris, ein ehemaliger Techniker beim Apollo-Projekt, den ich später traf, sagte mir: „Als ich in eine andere Abteilung versetzt wurde, verstand ich monatelang nur die Hälfte, weil dort andere Abkürzungen benutzt wurden.“ Was ist so besonders an der VAB? Mit einer Höhe von über 160 Metern (etwa so hoch wie ein 52stöckiger Wolkenkratzer), einer Breite von 158 Metern und einer Länge von 218 Metern ist sie wahrscheinlich das größte Gebäude der Welt, was das Volumen oder den Rauminhalt betrifft. Sie bedeckt eine Fläche von mehr als 3 Hektar. Die VAB muß so groß sein, weil dort die Trägerrakete zusammengebaut wird, bevor man sie auf ihre langsame, beschwerliche Reise zur Startrampe schickt. Doch mehr darüber später.
Wie uns erklärt wurde, ist die VAB so groß, daß vier Saturn-V-Raketen dort gleichzeitig zusammengebaut werden konnten. Und diese Raketen waren 111 Meter hoch und dafür gebaut, die Apollo-Raumschiffe zu tragen. In dem Buch The Illustrated History of NASA heißt es: „Das Gesamtstartgewicht betrug sagenhafte 2 900 Tonnen. Aber die Triebwerke der Saturn V, die fast 3 500 Tonnen Schubkraft entwickelten, konnten diese gewaltige Last mühelos in die Höhe bringen.“
Als ich zum Dach des riesengroßen Gebäudes hinaufschaute, entdeckte ich am Himmel kreisende Truthahngeier, die die Aufwinde über dem Dach nutzten. Das erinnerte mich daran, daß das Raumfahrtzentrum inmitten eines ausgedehnten Naturschutzgebietes liegt, wo Dutzende von Vogel-, Säugetier- und Reptilienarten ihre Heimat haben. Auf unserer Busfahrt kamen wir an einem riesigen, zwei Meter tiefen Adlerhorst vorbei, der hoch oben in einem Baum thronte. Irgendwie schien es passend, daß dort Adler ihre Kreise ziehen sollten, wo der Mensch einige seiner größten Anstrengungen für den Raumflug unternommen hat.
Unser nächster Halt war ein Aussichtspunkt, von wo aus man in einiger Entfernung zwei Abschußrampen sehen konnte. Doch eine große Frage blieb noch offen. Wie transportiert man die gewaltigen Raketen zu den über fünf Kilometer entfernten Abschußrampen? Mit den größten Raupenschleppern, die ich je gesehen habe. Sie können 6 600 Tonnen transportieren. Diese Transporter haben ein Eigengewicht von 2 700 Tonnen und die Größe eines halben Fußballfeldes. Aber Geschwindigkeitsrekorde sollte man von den Monstren nicht erwarten. Beladen haben sie eine Höchstgeschwindigkeit von etwa eineinhalb Stundenkilometern, unbeladen von gut drei Stundenkilometern. Die Plattform wird von vier riesigen zweispurigen Schleppern getragen, einer an jeder Ecke. Jede Raupenkette hat 57 Kettenglieder, von denen jedes beinahe eine Tonne wiegt.
Man denke auch an den speziellen Fahrweg, der zu jeder Startrampe gebaut werden mußte und der das immense Gewicht der mobilen Plattform, der Rakete und des Raumschiffes auszuhalten hat.
Und wie steht es mit der Rückkehr der Raumfähre zur Erde? Irgendwo muß sie ja landen — und hier auf Cape Canaveral ist dieses „Irgendwo“ keine gewöhnliche Landebahn, sondern eine, die etwa zweimal so lang und breit ist wie eine übliche Flughafenlandebahn. Ihre Länge beträgt ca. 4 600 Meter plus einer Verlängerung von 300 Metern. Wenn die Bedingungen für eine Landung ungünstig sind, wird die Fähre zu der über 3 000 Kilometer westlich gelegenen Edwards Air Base in der kalifornischen Wüste umgeleitet.
Die Größe der gesamten Anlage war überwältigend. Und es kamen einem verschiedene Fragen in den Sinn. Was hat der Mensch bei der Erforschung des Weltraums erreicht? Worin besteht der Nutzen? Wie sind die Aussichten auf einen interplanetarischen Flug? Wird der Mensch je auf dem Mars landen?
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Die Erforschung des Weltraums — Wie weit ist der Mensch gekommen?Erwachet! 1992 | 8. September
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Die Erforschung des Weltraums — Wie weit ist der Mensch gekommen?
AM 12. April 1961 ging ein neuer Kolumbus in die Annalen der Geschichte ein. Jurij Aleksejewitsch Gagarin, ein russischer Kosmonaut, war in der Raumkapsel Wostok 1 der erste Mensch im Weltraum. Seine Reise dauerte 108 Minuten und führte ihn in einem Umlauf 40 900 Kilometer um die Erde. Er war der Gewinner der ersten Etappe des Wettlaufs in den Weltraum zwischen der ehemaligen Sowjetunion und den Vereinigten Staaten.
In der Zeitschrift U.S.News & World Report hieß es: „Die Wahrheit ist, daß ... Amerika von dem Zwang in den Weltraum getrieben wurde, die Russen schlagen zu müssen.“ Präsident John F. Kennedy war fest entschlossen, die Kluft zwischen den amerikanischen und den sowjetischen Leistungen im Weltraum zu schließen. John Logsdon, Leiter des Zentrums für Internationale Wissenschafts- und Technologiepolitik, schrieb in dem Buch Blueprint for Space: „Sorenson [Kennedys Sonderberater] erklärte, Kennedys Einstellung sei von der Tatsache beeinflußt gewesen, daß ‚die Sowjets durch Gagarins Flug weltweit kolossal an Ansehen gewonnen hatten, während wir zur gleichen Zeit in der Schweinebuchta unser Ansehen ruiniert hatten. Das machte deutlich, daß Ansehen im Weltgeschehen einen wirklichen und nicht nur einen medienwirksamen Faktor darstellte.‘“
Nach Präsident Kennedys Beschluß mußten die Vereinigten Staaten etwas Spektakuläres tun, um die Sowjets zu überflügeln, koste es, was es wolle. Er fragte: „Haben wir die Chance, die Sowjets zu schlagen, indem wir ein Labor ins All bringen oder durch einen Flug um den Mond oder durch eine Rakete, die auf dem Mond landet, oder durch eine Rakete, die mit einem Menschen an Bord zum Mond und wieder zurück fliegt? Gibt es irgendein anderes Weltraumprogramm, das aufsehenerregende Ergebnisse verspricht und bei dem wir gewinnen können?“ Endlich hatten die US-Wissenschaftler einen politischen Förderer, der ihre Ambitionen unterstützte. Doch der Erfolg sollte noch auf sich warten lassen.
Die Russen setzten ihre Erfolgsserie 1963 fort, als Walentina Wladimirowna Tereschkowa als erste Frau die Erde umkreiste, und zwar nicht nur einmal, sondern 48mal. Die Nationale Luft- und Raumfahrtbehörde der Vereinigten Staaten (NASA) stand vor der Herausforderung, im Wettlauf um das internationale Ansehen in Sachen Weltraum aufzuholen. Was erreichte sie im Endeffekt?
Apollo und der Mond
Seit 1959 untersuchten NASA-Wissenschaftler die Möglichkeit einer Mondlandung. Sie bemühten sich um eine Genehmigung für den Bau eines Raumschiffes, das Apollo genannt werden sollte. Doch „Präsident Eisenhower lehnte es ab, die Genehmigung zu erteilen“. Wieso diese negative Haltung? Die Kosten von 34 Milliarden bis 46 Milliarden Dollar „würden nicht genug wissenschaftliche Erkenntnisse erbringen, um die Investition zu rechtfertigen. ... Eisenhower erklärte der NASA, er werde kein Projekt genehmigen, das auf eine Mondlandung ausgerichtet sei“ (Blueprint for Space). Alle Hoffnung der Wissenschaftler richtete sich auf den neuen Präsidenten, John F. Kennedy.
Er forderte von den amerikanischen Wissenschaftlern, vor Ablauf des Jahrzehnts — und vor den Russen — einen Menschen auf den Mond zu bringen. Wendell Marley, der als Elektroingenieur an dem Leit- und Navigationssystem von Apollo gearbeitet hatte, sagte gegenüber Erwachet!: „Eindeutig wurde die UdSSR als Rivale betrachtet, und das war auch eine Motivation für viele Ingenieure, mit denen ich zusammen arbeitete. Wir waren stolz darauf, unseren Anteil daran zu haben, vor den Russen einen Menschen auf dem Mond zu landen. Viele von uns machten sogar unbezahlte Überstunden, um im Plan zu bleiben.“
Das Ergebnis all dieser Anstrengungen ist inzwischen Geschichte: Neil Armstrong und Edwin „Buzz“ Aldrin hinterließen im Juli 1969 die ersten menschlichen Fußabdrücke auf dem Mondboden. Diese gewaltige Leistung hatte jedoch auch ihren Preis gefordert. Am 27. Januar 1967 kamen drei Astronauten bei einem Feuer um, das während eines Bodentests in der Kommandokapsel ausbrach. Weniger als drei Monate später starb der russische Kosmonaut Wladimir Komarow nach 18 Erdumkreisungen bei der Rückkehr zur Erde. Seit Jahrhunderten ist das allerdings oftmals der Preis gewesen, den Männer und Frauen für die Erforschung neuer Regionen zu bezahlen hatten. Sie haben ihr Leben gelassen in ihrem Streben nach Wissen und Ruhm.
Doch welche anderen Fortschritte, abgesehen vom Mondflug, sind im Weltraum erzielt worden?
Erforschung der Planeten
Die NASA hat viele Satelliten ins All geschickt, die unser Wissen über das Universum gewaltig vergrößert haben. Das ist eines der Ergebnisse, auf die von den Wissenschaftlern verwiesen wird, um die enormen Kosten für bemannte Flüge und unbemannte Raumsonden zu rechtfertigen. Im März 1992 jährte sich zum 20. Mal einer der größten Erfolge in der Erforschung des Weltalls: der Start der ersten Raumsonde, die unser Sonnensystem verlassen sollte. Pioneer 10, gestartet 1972, entschädigte für eine bis 1958 zurückreichende Serie von frühen Fehlschlägen bei seinen Vorgängern. Man hatte mit einer aktiven Funktionszeit von etwa drei Jahren gerechnet. Statt dessen sendet die Sonde dank ihrer atomaren Energiequelle immer noch Informationen zur Erde. Nicholas Booth erklärte in der Zeitschrift New Scientist: „NASA-Beamte rechnen damit, das Raumfahrzeug bis zum Ende des Jahrhunderts verfolgen zu können. Man könnte es die erfolgreichste interplanetare Mission aller Zeiten nennen.“ Was ist an Pioneer 10 so besonders?
Die Sonde war programmiert worden, unseren größten Nachbarplaneten, den Jupiter, anzusteuern, bevor sie das Sonnensystem verlassen würde. Das bedeutete eine Reise von etwa 780 Millionen Kilometern, die fast zwei Jahre dauerte. Im Dezember 1973 erreichte die Sonde den Jupiter. Auf dem Weg dorthin passierte sie den Mars und durchquerte den Asteroidengürtel hinter dem Mars. 55 Einschläge von Staubpartikeln wurden registriert. Aber die Raumsonde kam unbeschadet davon. Verschiedene Instrumente maßen die Strahlung und die magnetischen Felder um den Jupiter herum.
Dann wurde die Sonde Pioneer 11 gestartet, die nach dem Vorbeiflug am Jupiter zum Saturn weiterflog. Auf diesen Erfahrungen aufbauend, ließ die NASA den Pioneer-Sonden die Raumsonden Voyager 1 und 2 folgen. Sie haben, um mit den Worten von Nicholas Booth zu sprechen, „eine Flut von Informationen über das System des Jupiters geliefert, die die Resultate der Pioneer-Missionen in den Schatten stellten“. Wie kommen die Informationen von den Sonden zurück zur Erde?
Es gibt ein Verfolgungssystem, genannt Deep Space Network, das aus Radioparabolantennen mit einem Durchmesser von 64 Metern besteht, die, während die Erde sich dreht, abwechselnd die Signale auffangen. Diese Antennen stehen in Spanien, Australien und in den Vereinigten Staaten. Sie spielen eine Schlüsselrolle beim Empfang der Funksignale der Raumsonden.
Gibt es Leben auf dem Mars?
Die Erforschung des Weltraums wird offensichtlich weiterhin durch eine nagende Frage beflügelt, die die Neugier des Menschen seit Jahrhunderten erregt: Gibt es dort draußen im riesigen Universum irgendwo intelligentes Leben? Lange Zeit spekulierten Astronomen und Autoren über Leben auf dem roten Planeten Mars. Was haben die jüngsten Raumflüge in dieser Hinsicht ergeben?
Die Raumsonden aus der Serie Mariner sandten in den 60er und 70er Jahren Bilder vom Mars zurück. Dann setzten 1976 die Landeeinheiten von Viking 1 und 2 auf dem Mars auf und funkten, so unglaublich es war, Informationen über Gesteine und den Marsboden zurück zur Erde. Wie wurden diese Informationen gewonnen? Durch den Einsatz eines automatisierten chemischen und biologischen Laboratoriums in den Landegeräten. Mit einem Roboterarm wurden Bodenproben aufgenommen, an Bord gebracht und von dem Roboterlaboratorium analysiert. Gab es irgendwelches Leben oder Anzeichen dafür? Was ließen die Fotos und die Analysen erkennen?
Der Raumfahrtpublizist Bruce Murray erklärt: „Keine Sträucher, keine Gräser, keine Fußabdrücke oder anderen Anzeichen von Leben unterbrachen die Öde dieses geologisch faszinierenden Geländes. ... Trotz der sorgfältigsten Untersuchungen von Bodenproben ... wurde nicht ein einziges organisches Molekül entdeckt ... Der Marsboden ist steriler als irgendein Ort der Erde. ... Auf dem Mars hat es höchstwahrscheinlich zumindest die letzten paar Milliarden Jahre kein Leben gegeben.“
Angesichts all der Beweise, die die Erforschung der Planeten liefert, kommt Murray zu dem Schluß: „Wir sind wirklich allein in unserem Sonnensystem. Die Erde, die allein eine mit Wasser bedeckte Oberfläche aufweist, ist eine Oase des Lebens. Mit ziemlicher Sicherheit haben wir weder auf dem Mars noch sonstwo in unserem Sonnensystem entfernte mikrobielle Verwandte.“
Wie sieht die Venus aus?
Die Venus hat zwar in etwa die gleiche Größe wie die Erde, ist aber für Menschen äußerst unwirtlich. Dem Astronomen Carl Sagan zufolge ist es ein „durch und durch abscheulicher Ort“. Die oberen Wolken enthalten Schwefelsäure, und die Atmosphäre besteht hauptsächlich aus Kohlendioxid. Der Atmosphärendruck an der Oberfläche beträgt das 90fache des Drucks auf der Erde, was dem Wasserdruck 1 000 Meter unter dem Meeresspiegel entspricht.
Worin unterscheidet sich die Venus noch von der Erde? Carl Sagan erklärte in seinem Buch Unser Kosmos, daß sich die Venus „rückwärts, d. h. im Gegensinn zu allen anderen Planeten des inneren Sonnensystems dreht. Folglich geht die Sonne auf der Venus im Westen auf und im Osten unter, während von einem Sonnenaufgang zum anderen 118 Erdentage verstreichen.“ Es herrschen dort, wie Sagan weiter schrieb, Oberflächentemperaturen „bis zu 480 °C — mehr als im heißesten Kochherd“. Seit 1962 ist die Venus von verschiedenen Mariner-, Pioneer-Venus- und auch von einer Anzahl sowjetischer Venera-Sonden untersucht worden.
Die besten kartographischen Ergebnisse hat jedoch die Magellan-Sonde geliefert, die von dem zur NASA gehörenden Jet Propulsion Laboratory kontrolliert wird und die mittels Radar die Venus vermißt. Am 4. Mai 1989 wurde die Sonde vom Spaceshuttle Atlantis aus gestartet. Die erstaunliche Raumsonde erreichte nach 15 Monaten die Venus, wo sie jetzt den Planeten alle drei Stunden und fünfzehn Minuten einmal umrundet, dabei Radarbilder von ihm macht und diese dann zurück zur Erde übermittelt. Stuart J. Goldman schrieb in der Zeitschrift Sky & Telescope: „Die Ergebnisse der Magellan-Mission phänomenal zu nennen wäre eine starke Untertreibung. ... Der Vermessungsroboter kartographierte während der ersten 8 Monate in der Umlaufbahn 84 Prozent des gesamten Planeten bei einer Auflösung bis zur Größe eines Footballstadions. ... Noch nie zuvor hat eine Sonde eine solche Menge von Daten zu den erwartungsvollen Wissenschaftlern zurückgefunkt. Bis Anfang des Jahres 1992 schickte sie 2,8 Billionen Informationseinheiten zur Erde. Das entspricht der dreifachen Menge der Bilddaten aller vorhergehenden Planetensonden zusammengenommen.“
Hier haben wir einen Fall, wo die Kombination einer bemannten Raumfähre und eines Roboters zu überwältigenden Ergebnissen geführt hat. Mit welchem Nutzen? Viele neue Erkenntnisse über unser Sonnensystem konnten gewonnen werden. Und all das bei relativ geringen Kosten, da Magellan in gewissem Maß ein Ersatzteilprojekt war, bei dem viele Restteile von den Voyager-, Galileo- und Mariner-Sonden verwendet wurden.
NASA und Spionagesatelliten
Die Suche nach wissenschaftlicher Erkenntnis ist allerdings nicht das einzige Motiv für die Erforschung des Weltraums. Eine andere Triebfeder ist das Streben nach militärischen Vorteilen. Seit Jahren haben sowohl die Vereinigten Staaten als auch die ehemalige Sowjetunion ihre Raumfahrtprogramme als Vehikel für die Ausdehnung ihrer Spionagemöglichkeiten benutzt. Bruce Murray schreibt in seinem Buch Journey Into Space: „Die Erdumlaufbahn ist von Anfang an die Arena für Aufklärung und andere militärische Unternehmungen gewesen, ein Reich bitterernster strategischer Rivalität zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion.“
Joseph J. Trento berichtet in seinem Buch Prescription for Disaster, daß „die CIA und die Luftwaffe 1971 begannen, Spionagesatelliten der Serie Keyhole [Schlüsselloch] oder KH zu entwerfen. Am 19. Dezember 1976 wurde der erste Keyhole-Satellit gestartet.“ Diese Fotosatelliten konnten zwei Jahre lang aus ihrer Umlaufbahn digitale Daten zur Erde senden. Wie wirkungsvoll waren sie? Trento erklärt weiter: „Ihre Auflösung war so hervorragend, daß man die Nummernschilder von geparkten Autos klar entziffern konnte. Die Satelliten wurden auch benutzt, um sowjetische Raumflugkörper in ihrer Umlaufbahn und strategische Bomber im Flug zu fotografieren.“
Die komplizierten Shuttles
In den letzten Jahren hat die Welt mit Spannung die Starts der bemannten Raumfähren mitverfolgt. Doch was gehörte alles zu diesem Projekt? Was könnte alles schiefgehen und zu einer Katastrophe führen? Die Ingenieure haben zum Beispiel mit Problemen zu kämpfen gehabt wie der Frage, wie man die Triebwerke des Shuttles beim Start davor bewahren kann, zufolge der selbsterzeugten Hitze zu schmelzen. „Während der ersten Jahre des Testens schmolz und explodierte ein Triebwerk nach dem anderen“, schreibt Trento. Dann müssen die beiden Feststoffraketen absolut gleichzeitig gezündet werden, damit sich das ganze Fluggerät nicht in einer Art Radschlag selbst zerstört. Diese Faktoren haben zweifellos die Kosten in die Höhe getrieben.
Der erste erfolgreiche Start fand am 12. April 1981 statt. Während die Zweimannbesatzung, John Young und Robert Crippen, festgeschnallt in ihren Sitzen saß, entwickelte jedes der drei Triebwerke der Raumfähre einen Schub von 170 Tonnen (etwa 1,7 Millionen Newton). Gemäß Trento fragten sich einige der Wissenschaftler: „Wird es ein Sieg sein, oder wird der Traum in die Sümpfe Floridas stürzen? Würden die Feststoffraketen nicht in der gleichen Sekunde zünden, dann gäbe es ein Inferno auf Startrampe 39A. ... Bei Null zündeten die Feststoffraketen. Weißer Dampf füllte den Horizont, und die Haltebolzen rissen ab. Die Besatzung hörte ein Dröhnen. Sie fühlte das Schaukeln des Gefährts und die Freisetzung der Energie.“ Es war ein voller Erfolg. „Zum erstenmal in der amerikanischen Geschichte gingen Amerikaner an Bord eines unerprobten Raketensystems und flogen es. ... Das komplizierteste Fahrzeug, das je gebaut worden war, funktionierte.“ Eine neue Art von Kolumbussen war geboren. Doch nicht ohne Gefahren — und nicht ohne Opfer. Die Challenger-Katastrophe von 1986, bei der sieben Astronauten ums Leben kamen, legt ein beredtes Zeugnis davon ab.
Bei dem Jungfernflug zeigten Farbfotos, daß Hitzeschutzkacheln, die für den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre bei 1 100 Grad dringend notwendig sind, an der Unterseite der Fähre fehlten. Die Wissenschaftler mußten sich das genauer ansehen, um den Schaden richtig einschätzen zu können. Keine Kamera auf der Erde war in der Lage, ein genaues Bild des beschädigten Bauchs der Columbia zu machen. Wie wurde das Problem gelöst? Über der Raumfähre zog der KH-11-Spionagesatellit seine Bahn. So beschloß man, die Raumfähre, von der Erde aus gesehen, auf den Rücken zu drehen, damit der Bauch des Raumschiffes zum Satelliten zeigte. Die zur Erde gesandten Informationen gaben den NASA-Leuten die Sicherheit, daß keine größeren Kachelflächen fehlten. Die Mission war nicht gefährdet.
Das Shuttle-Programm — Friedliche oder militärische Aufgaben?
Die Geschichte der NASA ist die Geschichte andauernder Zusammenstöße zwischen denen, die in der Behörde ein Mittel zur friedlichen Erforschung des Weltraums sahen, und denen, die in ihr hauptsächlich die Möglichkeit sahen, im kalten Krieg einen Vorteil gegenüber den Sowjets zu gewinnen. Dieser Interessenkonflikt wurde 1982 von Harold C. Hollenbeck, Mitglied des Repräsentantenhauses, vor dem Wissenschafts- und Technologiekomitee des Hauses auf folgenden Nenner gebracht: „Das Schlimme ist, daß dem amerikanischen Volk die Politisierung und Militarisierung der zivilen Raumfahrtbehörde nicht bewußt ist. ... Es war ein Team von Zivilisten, das uns auf den Mond brachte ... Ich für meinen Teil will kein vergoldetes Raumfahrtprogramm, das zu irgendeinem Krieg-der Sterne-Programm des Pentagons gehört. ... Ich kann nur hoffen, daß die nachfolgende Generation von Amerikanern nicht auf uns als auf die führenden Personen zurückblickt, die stumm dasaßen, als Amerika ein edles Streben in eine interstellare Kriegsmaschine verwandelte.“
Seine anschließende Bemerkung faßte den Schlamassel zusammen, in den der Mensch zu steuern im Begriff war: „Mit dem Weltraum betraten wir Neuland, und nun schleppen wir den Haß und die Bitterkeit der Erde in den Himmel, so als ob es das Recht des Menschen sei, an jedem Ort Krieg zu führen.“ Unternehmerische, politische und militärische Interessengruppen versuchten, die Kontrolle über die NASA zu gewinnen. Milliarden von Dollar und Tausende von Arbeitsplätzen (und Wählerstimmen) waren an deren Zukunft geknüpft.
Eine logische Frage ist nun: Was sind einige der positiven Resultate der Erforschung des Weltraums für die Menschheit gewesen, und wie sieht die Zukunft aus?
[Fußnote]
a Eine fehlgeschlagene Invasion Kubas am 17. April 1961.
[Bilder auf Seite 8, 9]
1 Das Apollo-Mondauto
2 Mondlandeeinheit mit dem Astronauten Edwin E. Aldrin jr. (20. Juli 1969)
3 Montagehalle (VAB) — wahrscheinlich das größte Einzelbauwerk der Welt
4 Shuttle auf dem Transporter auf dem Weg zur Startrampe
5 Satellit wird ausgesetzt
6 „Challenger“-Raumfähre mit sichtbarem Roboterarm
7 Die erste Frau im Weltraum, Walentina Tereschkowa
8 Der erste Mensch im Weltraum,Jurij A. Gagarin
9 Roboterarme sammeln Proben auf dem Mars
[Bildnachweis]
Fotos 1—6: NASA photo; 7, 8: Tass/Sovfoto; 9: Photo NASA/JPL
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Die Erforschung des Weltraums — Was bringt die Zukunft?Erwachet! 1992 | 8. September
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Die Erforschung des Weltraums — Was bringt die Zukunft?
MIT dem Zusammenbruch des kommunistischen Sowjetimperiums hat der Wettlauf in den Weltraum viel an Rivalität eingebüßt. Einige Wissenschaftler haben jetzt ihre ursprüngliche Motivation verloren, nämlich jemand anders zu schlagen. Statt miteinander zu konkurrieren, reden die russischen und die amerikanischen Weltraumwissenschaftler von Kooperation und der gemeinsamen Nutzung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten. Doch es gibt immer noch unerreichte Ziele und offene Fragen. Eine Frage, die von vielen gestellt wird, lautet: Worin besteht für die Menschheit der Nutzen all dieser gewaltigen Anstrengungen und Ausgaben zur Erforschung des Weltalls?
Gemäß einer Veröffentlichung der NASA wurden in den letzten drei Jahrzehnten „mehr als 300 Starts [unbemannter Raumflugkörper] für Programme abgewickelt, die von der Erforschung des Sonnensystems über verbesserte Wettervorhersagen und globale Kommunikation bis zur Untersuchung der Bodenschätze der Erde reichen“. Haben die Ergebnisse die riesigen Geldbeträge gerechtfertigt, die in solche Programme geflossen sind? Die NASA ist der Ansicht, sie hätten „die nationalen Investitionen an Zeit, Geld und technischem Können mehr als vergolten“. Außerdem hat die NASA zur Rechtfertigung der Kosten folgendes erklärt: „Etwa 130 000 Amerikaner haben einen Arbeitsplatz durch das Weltraumprogramm, in dessen Rahmen nach besseren feuerbeständigen Geweben und Farben gesucht wird, nach kleineren und haltbareren Radios und Fernsehgeräten, widerstandsfähigeren Kunststoffen, stärkeren Klebstoffen, elektronischen Beobachtungssystemen für Krankenhauspatienten, weiterentwickelter Computertechnik und anderem.“
Ein weiterer Nebennutzen des Weltraumprogramms ist die detaillierte Vermessung der Erdoberfläche und sogar der darunterliegenden Schichten. Beim zweiten Shuttle-Flug stand ein Experiment mit auf dem Plan, „bei dem ein relativ primitives optisches Aufzeichnungsgerät verwandt wurde“. Es „sollte sich um eine einfache geologische Vermessung mit Hilfe eines Geländeprofilradars handeln“ (Prescription for Disaster von J. J. Trento). Doch mit einem der Ergebnisse hatte man nicht gerechnet. „Als die Fähre zurückkehrte und man die Bilder ... bearbeitete, wurden die Wege und Straßen einer alten Stadt sichtbar, die vom Sand der Sahara begraben worden war. Eine verlorengegangene Kultur war wiederentdeckt worden.“ Darüber hinaus gibt es noch einen weiteren Nutzen, einen, von dem wir alle profitieren.
Wie wird das Wetter?
Der tägliche Wetterbericht mit Karten und anderen visuellen Hilfen ist etwas, was viele Fernsehzuschauer heutzutage für selbstverständlich halten. Aber wie hat er doch unsere Möglichkeiten verändert, den Tag zu planen! Wenn ein Gewitter heraufzieht, es regnen oder schneien wird, so wissen wir das normalerweise schon Stunden im voraus — dank der Wettersatelliten dort draußen in der Erdumlaufbahn.
Seit 30 Jahren sammeln meteorologische Satelliten Informationen über das Wetter auf der Erde. In einer NASA-Veröffentlichung heißt es: „Diese Satelliten ermöglichen uns nicht nur ein besseres Verständnis unserer Umwelt, sondern helfen uns auch, uns vor Gefahren zu bewahren.“ Es wird weiter bemerkt, daß 1969 die Golfküste des Staates Mississippi von einem Hurrikan heimgesucht wurde, der einen Schaden von 1,4 Milliarden Dollar anrichtete. „Doch dank der Satellitenvorhersage verloren nur 256 Menschen das Leben, von denen die meisten dem Tod hätten entgehen können, wenn sie auf die frühzeitigen Warnungen hin das Gebiet verlassen hätten.“ Sicherlich können diese Nutzanwendungen auch für andere Gebiete der Erde ein Segen sein, die immer wieder von todbringenden Monsunen oder Stürmen heimgesucht werden.
Weltraumwissenschaftler sind jedoch nicht nur an den Nebenprodukten zum Wohle der Erdbewohner interessiert. Ihre Ziele sind viel weiter gesteckt. Wie sieht daher die Zukunft der Weltraumforschung aus?
Die Herausforderung einer Weltraumstation
Was viele Weltraumwissenschaftler für unbedingt notwendig halten, ist eine echte, funktionierende Weltraumstation. Nach Kalkulationen der NASA werden für die im Bau befindliche Raumstation Freedom bis zum Jahr 2000 dreißig Milliarden Dollar benötigt werden. Da die Station schon seit einigen Jahren in der Planung ist, wurden dafür, wie aus NASA-Kreisen verlautet, bereits neun Milliarden Dollar aufgewendet. Doch wie können die Experten ihre Raumstation in den Weltraum bekommen? Berechnungen zufolge sind mindestens 17 bemannte Flüge mit der amerikanischen Raumfähre erforderlich, um die Freedom Stück für Stück dorthin zu bringen. Das läuft auf ein sehr kostspieliges und zeitaufwendiges Programm hinaus. Wie könnte dieses Problem gelöst werden?
Einige haben vorgeschlagen, die Russen und die Amerikaner sollten ihre Kräfte vereinen und die Freedom-Teile mit den mächtigen russischen Energija-Raketen transportieren. Die Energija — von dem New-York-Times-Journalisten Serge Schmemann als „ein 20stöckiger fliegender Wolkenkratzer“ bezeichnet — könnte das amerikanische Raumstationprojekt beschleunigen. Die Russen brauchen Dollars, und hier böte sich die Gelegenheit zu etwas kapitalistischer Geschäftstüchtigkeit. In der Zeitschrift U.S.News & World Report war zu lesen: „Sechs unbemannte Energijas könnten die gesamte Station ins All befördern — kostengünstig und ohne Menschenleben zu riskieren.“
Die Vereinigten Staaten und die Russische Föderation sind natürlich nicht die einzigen Staaten, die sich an der Erforschung des Weltraums beteiligen. Unter anderem läßt die Europäische Weltraumorganisation von dem französischen Unternehmen Arianespace nichtwiederverwertbare Raketen für den Start kommerzieller Satelliten produzieren. Auch Japan greift nach den Sternen; und nach jüngsten Informationen der Zeitschrift Asiaweek „plant Japan, bis zur Jahrhundertwende die erste asiatische Nation zu werden, die eine permanente menschliche Präsenz im Weltraum errichtet“. Der erste offizielle japanische Astronaut, Mamoru Mohri, soll 1992 von Cape Canaveral (Florida) aus zu einer siebentägigen Mission aufbrechen. In dem gleichen Bericht wurde gesagt: „Die Mission ist ein wichtiger Auftakt für Japans Pläne, sich an der [US-]Raumstation Freedom zu beteiligen.“ Dieses Projekt wird auch von europäischen und kanadischen Weltraumwissenschaftlern unterstützt.
Die Besiedlung anderer Planeten
Noch ein weiteres Ziel beflügelt die Phantasie vieler — der Wunsch, andere Planeten zu besiedeln und auszubeuten. George Henry Elias schreibt in seinem Buch Breakout Into Space—Mission for a Generation: „Der Aufbau einer interplanetarischen Zivilisation ist von grundlegender Bedeutung für das Überleben unserer Art. ... Wir Menschen bewohnen jetzt einen ganzen Planeten, und es ist für uns Zeit, uns auf die Suche nach einem größeren Lebensraum zu machen. Ein leeres Sonnensystem erwartet uns.“ Zuerst einmal denkt er dabei an den Planeten Mars.
Einer, der der festen Meinung ist, daß der Mensch zum Mars fliegen sollte, ist der Exastronaut Michael Collins, der 1966 Gemini 10 steuerte wie auch die Kommandoeinheit von Apollo 11, die den Menschen auf den Mond brachte. In seinem Buch Mission to Mars kann man lesen: „Der Mars scheint freundlich zu sein, erreichbar und sogar bewohnbar.“
Bruce Murray, langjähriger Manager des Jet Propulsion Laboratory in Pasadena (Kalifornien), befürwortet nachdrücklich ein amerikanisch-russisches Joint-venture zum Mars. Als ein Mitbegründer der Planetary Society hat er vor kurzem die Initiative „Zum Mars ... gemeinsam“ angestoßen. Er erklärte: „Der Mars ist der Planet der Zukunft. Er wird die Spielwiese für die abenteuerlustigen Angehörigen zukünftiger Generationen abgeben.“
Marshall Brement, ehemaliger amerikanischer Botschafter in Island, schreibt: „Die zwei Länder können sich auf dem Gebiet [des Weltraums] gegenseitig viel beibringen. Kein anderes Programm der bemannten Raumfahrt kommt an das sowjetische heran; sowjetische Kosmonauten halten bei der Aufenthaltsdauer in der Umlaufbahn alle Rekorde. ... Die Übereinkunft beider Nationen, zusammen eine Station auf dem Mond einzurichten, die Venus zu umrunden und auf dem Mars zu landen, könnte von großem wissenschaftlichen Wert sein.“
Die Planetary Society, zu der als einer der Gründer der Astronom Carl Sagan von der Cornell-Universität zählt, gab „Die Marserklärung“ heraus, in der es heißt: „Der Mars ist die Welt nebenan, der nächste Planet, auf dem menschliche Forschungsreisende sicher landen könnten. ... Der Mars ist eine Fundgrube wissenschaftlicher Informationen — wichtig, was ihn selbst betrifft, aber auch in bezug auf das Licht, das er auf den Ursprung des Lebens und den Schutz der Umwelt hier auf der Erde werfen mag.“ Wissenschaftler sind fasziniert von dem Geheimnis des Ursprungs des Lebens. Die einfache Erklärung der Bibel befriedigt sie nicht: „Du bist würdig, Jehova, ja du, unser Gott, die Herrlichkeit und die Ehre und die Macht zu empfangen, weil du alle Dinge erschaffen hast, und deines Willens wegen existierten sie und wurden sie erschaffen“ (Offenbarung 4:11; Römer 3:3, 4).
Probleme, vor denen man steht
Wie viele andere Wissenschaftler ist sich allerdings Bruce Murray auch einiger der Probleme solcher interplanetaren Langstreckenflüge bewußt. Zum Beispiel brauchten die Astro-/Kosmonauten für ihren interplanetaren Flug zum Mars ein Jahr. Somit würde ein Hin- und Rückflug mindestens zwei Jahre dauern, die Zeit auf dem Mars nicht eingerechnet. Die Auswirkungen der Schwerelosigkeit werden noch nicht völlig verstanden. In einer Veröffentlichung der NASA wird erklärt: „Zu diesen gehören der Verlust gewisser Mineralien aus den Knochen, der Schwund von Muskeln, die nicht mehr beansprucht werden, und die Raumkrankheit, eine Form der Reisekrankheit, die nur beim Raumflug auftritt.“
Bisher hat noch kein Mensch so lange in Schwerelosigkeit gelebt. Russische Kosmonauten sind jedoch auf dem Weg dahin. Am 25. März 1992 kehrte der 33jährige Sergej Krikalew zur Erde zurück, nachdem er zehn Monate in der russischen Raumstation MIR verbracht hatte. Er war zwar etwas wacklig auf den Beinen, als er aus seiner Rückkehrkapsel gehoben wurde, aber er hatte gezeigt, daß der Mensch eine längere Zeit der Schwerelosigkeit überleben kann. Und die Schwerelosigkeit ist, wie die Russen festgestellt haben, nicht das einzige Problem für die Astro-/Kosmonauten.
Wenn man eine Gruppe von Menschen über längere Zeit in einen kleinen Raum einsperrt, wird es schließlich zwischenmenschliche und psychologische Probleme geben. In dem Time-Life-Buch Outbound aus der Serie Voyage Through the Universe heißt es: „Die Reizbarkeit hat die Tendenz, mit jeder Woche der Mission zuzunehmen. Während der [sowjetischen] Saljut-Missionen bemerkte die Bodenkontrolle, daß die Kosmonauten immer reizbarer auf Fragen reagierten, die ihnen dumm erschienen. ... Bei der ausgedehnten Mission, die Gretschko und Romanenko 1977 unternahmen, richtete die Bodenkontrolle eine ‚psychologische Unterstützungsgruppe‘ ein, die die geistige Gesundheit der Kosmonauten überwachen sollte.“ Gretschko sagte: „Rivalität innerhalb der Mannschaft ist mit das Schädlichste, besonders wenn alle anfangen, beweisen zu wollen, daß sie die Besten sind.“ Er fügte hinzu, daß es im Weltraum „keine psychologischen Ventile gibt. Es ist sehr viel gefährlicher dort.“
Jede längere interplanetarische Reise wird daher ein heikler Balanceakt sein, bei dem alle wissenschaftlichen, mechanischen und psychologischen Faktoren zu berücksichtigen sind. Schon hier auf der Erde ist es für die Menschen nicht einfach, miteinander auszukommen — wieviel mehr dann, wenn sie in ein Raumschiff eingesperrt sind. (Vergleiche Kolosser 3:12-14.)
Wird der Mensch je andere Planeten erreichen?
Die berühmten Star-Trek- bzw. Enterprise-Filme haben bei Millionen den Appetit auf Weltraumreisen geweckt. Wie stehen die Aussichten für bemannte Fahrten zu anderen Planeten? Es gibt zwei Aspekte, die in Betracht gezogen werden müssen: den menschlichen und den göttlichen. Schließlich sagt die Bibel über Jehova, er sei derjenige, „der Himmel und Erde gemacht hat. Was die Himmel betrifft, Jehova gehören die Himmel, aber die Erde hat er den Menschensöhnen gegeben“ (Psalm 115:15, 16; 1. Mose 1:1).
Wie bereits erwähnt, sind viele Wissenschaftler optimistisch, was die Fähigkeit des Menschen anbelangt, den Mars zu erreichen und zu besiedeln. Die menschliche Neugier und der Wissensdurst werden zweifellos weiterhin Männer und Frauen antreiben, die Grenzen des Entdeckten weiter hinauszuschieben. Eine Aufgabe des Hubble-Raumteleskops besteht gemäß einem NASA-Informationsblatt in der „Suche nach anderen Welten, anderen Galaxien und nach den Ursprüngen des Universums selbst“. Die NASA hat auch erklärt: „Der Ausblick auf die Weltraumaktivitäten im 21. Jahrhundert ist begeisternd und gleichzeitig eine Herausforderung. Wir können uns so bedeutende Leistungen wie die industrielle Fertigung im Weltraum, die Einrichtung von Mondbasen und den bemannten Flug zum Mars vorstellen. Nun, nachdem die Grenze zum Weltraum erst einmal überschritten worden ist, gibt es kein Zurück mehr.“
Was kann dazu aus biblischer Sicht gesagt werden? Es stimmt, dem Menschen wurde von Gott gesagt, er solle ‘sich vermehren und die Erde füllen’ (1. Mose 1:28). Er wurde auch mit Intelligenz ausgestattet und dem unstillbaren Verlangen, mehr über seine Umgebung, einschließlich der Biosphäre, der Stratosphäre und der darüberliegenden Bereiche, zu wissen. Die Umgebung schließt auch unser winziges Sonnensystem und die Sterne außerhalb dieses Systems ein. So wurde König David vor etwa dreitausend Jahren zu den Worten inspiriert: „Wenn ich deine Himmel sehe, die Werke deiner Finger, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: Was ist der sterbliche Mensch, daß du seiner gedenkst, und der Sohn des Erdenmenschen, daß du für ihn sorgst?“ (Psalm 8:3, 4).
Das Hubble-Teleskop hat unlängst ein Bild der Riesengalaxie M87 übermittelt. Sie ist als ein Lichtfleck beschrieben worden, der aus zwei Billionen Sternen besteht. Können wir uns diese Zahl vorstellen? Wie weit ist M87 von der Erde entfernt? 52 Millionen Lichtjahre — „relativ nahe auf der intergalaktischen Entfernungsskala“. Machen wir uns nichts vor: Der Mensch und die Erde sind so winzig im Vergleich zu der unvorstellbaren Größe des Weltraums. Was Jehova in diesem unendlichen Raum tut und noch tun wird, liegt außerhalb unseres gegenwärtigen Verständnisses. Ungeachtet der Ambitionen des Menschen in bezug auf den Weltraum ist eine Streitfrage auf unserem Planeten aufgeworfen worden, die durch Gottes Eingreifen zuerst einmal geklärt werden muß (Offenbarung 16:14-16).
Die zu klärende Streitfrage
Bei der Streitfrage handelt es sich um die Wahl zwischen der Herrschaft Gottes und der Herrschaft Satans. Aus diesem Grund verkündigen Jehovas Zeugen weltweit, daß Gott bald etwas unternehmen muß, um die Erde von Bosheit, Verderbtheit, Gewalttat, Mord und Krieg zu reinigen (Markus 13:10; 2. Korinther 4:4).
Astronauten, die draußen im Weltraum, Hunderte von Kilometern von uns entfernt, auf die Erde herunterblicken konnten, haben die Schönheit dieses planetarischen Juwels bestaunt. Von dort oben sind keine trennenden politischen Grenzen zu sehen. Es ist einfach eine schöne, globale Wohnstätte der Menschheitsfamilie. Doch hier unten haben wir eine Welt voller Habsucht, Neid, Lügen, Ausbeutung, Ungerechtigkeit, Terror, Angst, Kriminalität und Gewalttat. Was benötigt die Menschheit, damit sie wieder zur Vernunft kommt?
Wie die Bibel zeigt, wird Jehova Gott, der Erschaffer und Besitzer der Erde, bald gegen ihre aufsässigen und unregierbaren Bewohner vorgehen. Nur die wirklich Sanftmütigen werden übrigbleiben und die Erde erben. Erst dann werden wir sehen, was Jehova weiter mit der gehorsamen Menschheitsfamilie vorhat (Psalm 37:11, 29; Offenbarung 11:18; 16:14-16).
[Kasten auf Seite 14]
Satellitenrettung
Die NASA landete im Mai einen großen Coup, als drei Astronauten von der Raumfähre Endeavor bei einem Raumspaziergang einen widerspenstigen Kommunikationssatelliten von über vier Tonnen bewegten. Sie bugsierten ihn in das Nutzlastabteil, wo eine neue Starthilfsrakete eingebaut wurde. Dann schoß man den Satelliten in eine hohe Umlaufbahn, bevor er auf seine Arbeitsposition, etwa 36 000 Kilometer über der Erde, heruntergebracht wurde.
[Bilder auf Seite 15]
1 Zeichnung der geplanten Raumstation „Freedom“;
2 die Schwerelosigkeit ist ein Problem, mit dem interplanetarische Reisende fertig werden müssen;
3 die Erde vom Mond aus gesehen;
4 die Venus;
5 der Mars
[Bildnachweis]
Fotos 1—4: NASA photo; 5: Photo NASA/JPL
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