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Ist der Kampf gegen die Pfunde vergebens?Erwachet! 1989 | 22. Mai
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Viele Experten bezeichnen Fettleibigkeit als Krankheit, als genetisch bedingt oder erblich, und sie sagen, der Körper sei für ein bestimmtes Gewicht vorprogrammiert. Allerdings stimmen nicht alle Wissenschaftler dieser Theorie zu. In der Publikation Annals of the New York Academy of Sciences hieß es, daß das Übergewicht an sich, ungeachtet seiner Ursache, Veränderungen im Organismus bewirken kann: „Wenn der Zustand der Korpulenz erreicht ist, kann er durch sekundäre Stoffwechselveränderungen, die die Fettleibigkeit selbst verursacht, stabilisiert werden.“
Auch wird darin die Theorie von dem vorprogrammierten Gewicht in Frage gezogen: „Dieses Annal stützt keine der beiden Hypothesen.“ Als Ursache für Übergewicht werden Drüsenstörungen angegeben, besonders Funktionsstörungen der Schilddrüse, die beim Stoffwechsel eine wichtige Rolle spielt. Einige mutmaßen allerdings, eine solche Fehlfunktion könne durch zuviel Essen ausgelöst werden. Dr. Riggle aus Texas erklärt: „Die Schilddrüse und die Hypophyse regeln den Stoffwechsel. Doch darf man nicht übersehen, daß bei Menschen, die sich mangelhaft ernähren, diese Drüsen nicht die notwendigen Nährstoffe erhalten, um ihre Sekrete herzustellen. Somit können Drüsenstörungen durch eine unvernünftige Ernährung in Gang gesetzt werden.“
Zuviel essen ist der simple Grund, den viele, auch Forscher, für Fettleibigkeit anführen: „Bei den meisten Fettleibigen läuft jedoch die Gewichtszunahme und die Anhäufung von Fettgewebe in einem langwierigen und oft schleichenden Prozeß ab: übermäßige Kalorienzufuhr während einer ausreichenden Zeitspanne — weit mehr, als für die Muskel- und Stoffwechseltätigkeit gebraucht wird“ (Annals of the New York Academy of Sciences, 1987, Seite 343). Die gesundheitlichen Gefahren, denen sie sich aussetzen, sind ernüchternd:
„Fettsucht geht mit einer Reihe von Gesundheitsrisiken einher. Sie kann die Herz- und Lungentätigkeit beeinträchtigen, die endokrinen Funktionen verändern und emotionelle Probleme verursachen. Bluthochdruck, beeinträchtigte Glukosetoleranz und erhöhter Cholesterinspiegel sind bei Übergewichtigen häufiger als bei Normalgewichtigen. Es überrascht daher nicht, daß Fettleibigkeit bei Bluthochdruck, Schlaganfall, Typ-II-Diabetes, d. h. nichtinsulinabhängiger Diabetes mellitus, einigen Arten von Krebs und bei Gallenleiden zur Morbidität und Mortalität beiträgt. Auf lange Sicht gesehen, gilt Fettsucht auch als für sich stehender Risikofaktor bei arteriosklerotischen Herzkrankheiten“ (Journal of the American Medical Association, 4. November 1988, Seite 2547).
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Ist der Kampf gegen die Pfunde vergebens?Erwachet! 1989 | 22. Mai
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Wissenschaftler urteilen nicht nur nach dem Gewicht, sondern betrachten den prozentualen Anteil von Körperfett als besseren Gradmesser. Sie definieren Übergewicht als Fettsucht, wenn bei Männern 20 bis 25 Prozent des Körpergewichts aus Fett bestehen und bei Frauen 25 bis 30 Prozent.
Tabellen, die, gestützt auf die Körpergröße, lediglich ein bestimmtes Sollgewicht angeben, sind mit Sicherheit unzureichend. Ein Forscher sagte: „Die Tabellen lassen nicht erkennen, daß bei zwei Menschen mit demselben Gewicht und derselben Körpergröße der Fettanteil und der Körperbau sehr unterschiedlich sein können. Mageres Gewebe und Muskeln haben ein höheres spezifisches Gewicht als Fett, weshalb das Gewicht allein kein genauer Gradmesser für Gesundheit oder Fitneß ist.“ Eine zuverlässigere Richtschnur sind Tabellen ähnlich wie die auf Seite 7, bei denen Alter, Geschlecht und Körperbau berücksichtigt werden und eine Gewichtsspanne angegeben wird — obwohl auch solche Tabellen nicht ganz zureichend sind.
Viele halten Fettzellen für äußerst träge und meinen, sie würden im Körper nur unnötig Platz beanspruchen — und zwar viel zuviel Platz. Fettgewebe ist mehr als ein Depot für die Speicherung von Triglyceriden (Fetten). Etwa 95 Prozent des Fettgewebes sind Depotfett, doch die übrigen 5 Prozent verteilen sich auf Bindegewebe, Blut und Blutgefäße sowie Zellen, die am Stoffwechsel beteiligt sind. Diese Zellen können sehr gierig sein, wenn es darum geht, die Nährstoffe aus dem Blut der Kapillargefäße, die das Fettgewebe durchlaufen, in Fett umzuwandeln. Bestimmte Hormone fördern entweder den Fettaufbau oder die Freisetzung von Fett als Fettsäuren in das Blut für den Energiebedarf des Körpers. Statt träge zu sein, sind bei manchen Leuten — sehr zu ihrer Verzweiflung — die Fettzellen überaktiv.
In der Vergangenheit dachte man, daß Fettzellen, die der Körper einmal aufgebaut habe, nicht an Zahl, sondern nur an Größe zunehmen würden. Nach neueren Erkenntnissen stimmt dies nicht. In einer wissenschaftlichen Veröffentlichung heißt es: „Das Speichervermögen des Fettgewebes wird erstens dadurch erhöht, daß der Fettgehalt im Depotfett (Triglycerid) steigt, und zweitens dadurch, daß neue Fettzellen gebildet werden, wenn die vorhandenen Fettzellen bis zur vollen Kapazität gefüllt sind.“ Fettzellen, die fast leer sind, sind sehr klein, doch wenn immer mehr Fett hinzukommt, kann ihr Durchmesser um das Zehnfache anwachsen, was eine etwa tausendfache Zunahme des Volumens bedeutet.
Im Körper gibt es bestimmte Depots, wo sich Fett eher ansammelt. Bei Männern gehört die Taille dazu. Bei Frauen sind es die Hüften und die Oberschenkel. Beim Abnehmen verschwindet an diesen Stellen das Fett zuallerletzt. Forscher haben entdeckt, daß sich auf der Oberfläche der Fettzellen kleine Moleküle befinden, sogenannte Alpha- und Betarezeptoren. Die Alpharezeptoren regen die Fettbildung an; die Betarezeptoren fördern den Fettabbau. Die Rezeptoren, die die Fettbildung begünstigen, herrschen bei Frauen an den Fettzellen der Hüften und Oberschenkel vor und bei Männern an denen der Taille. Eine Frau verlor 15 Prozent ihres Körperfetts, aber ihre Hüften und ihre Oberschenkel blieben unverändert. Ein Mann speckte radikal ab, behielt aber seinen Bauch.
Kalorien zu zählen ist keine so einfache Lösung für Gewichtsprobleme, wie manch einer denkt. Kalorien sind nicht gleich Kalorien. Nimmt man 100 Kalorien in Form von Kohlenhydraten zu sich, so können 77 davon als Körperfett gespeichert werden — 23 werden bei der Verdauung der Kohlenhydrate verbrannt. Wenn man hingegen 100 Kalorien in Form von Butter aufnimmt, werden 97 als Fett gelagert — nur 3 werden beim Verdauen verbraucht. Der Grund: Speisefett ist mit Körperfett bereits chemisch verwandt und wird daher wesentlich leichter gespeichert. Nur Kalorien zu zählen reicht also nicht. Es spielt auch eine Rolle, woher die Kalorien kommen. Fett macht dicker — Kalorie für Kalorie — und ist weniger nahrhaft als Kohlenhydrate. Bei einer Studie nahmen Männer, die sieben Monate lang mit kohlenhydratreicher Nahrung gemästet wurden, 15 Kilo zu, wohingegen Männer, die mit fettreicher Nahrung gemästet wurden, in nur drei Monaten 15 Kilo zunahmen.
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