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Werden die Leidenden je Frieden finden?Der Wachtturm 1997 | 15. April
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Werden die Leidenden je Frieden finden?
EIN Ende allen Leids — das wünscht sich wohl jeder, und zwar nicht allein für sich selbst, sondern für alle Menschen. Betrachten wir nur folgende Beispiele:
Sonia mußte sehr viel durchmachen.a Erst fand sie heraus, daß ihr Mann seit zehn Jahren ein Verhältnis mit einer anderen Frau hatte. Dann infizierte sich ihr jüngster Sohn mit HIV und starb an Aids. Zwei Jahre später erkrankte ihr anderer Sohn, und bald darauf starb auch er an Aids. Sonia berichtet rückblickend: „Die Endphase seiner Krankheit zog sich unendlich hin. Er litt an starken Depressionen, das Haar fiel ihm aus, und er konnte nicht mehr richtig sehen. Es war alles sehr traurig.“
Fabiana, eine Universitätsstudentin in Brasilien, sorgte sich wegen der sozialen Ungerechtigkeit in der Welt. Eines Tages wurde ihr eigenes Leben von Unglück überschattet. Ihr Bruder, der an Depressionen litt, beging Selbstmord. Als Fabiana auch noch ihren Arbeitsplatz verlor, riet ihr eine Freundin, einen pai-de-santo (Medizinmann) aufzusuchen, mit der Begründung, wem so viel Unglück widerfahre, der müsse mit einem Bann belegt worden sein. Aber der pai-de-santo konnte ihr keine Erleichterung verschaffen. Im Gegenteil, Fabiana kam sich gequält vor und konnte wegen der traurigen Ereignisse in ihrem Leben nicht einmal mehr schlafen.
Anas Leiden begann gleich zu Anfang ihres Lebens. Sie erzählt: „Ich war ein Jahr alt, da ließ mich meine Mutter im Stich, weshalb meine Großmutter mich aufnahm.“ Als Ana erst drei war, starb ihre Großmutter. Man steckte Ana in ein Waisenhaus in Rio de Janeiro, wo sie bis zum Alter von 13 Jahren blieb. „Dort behandelte man uns sehr schlecht, und ich wurde aufsässig“, sagt sie. „Während ich heranwuchs, lehnte ich mich gegen so ziemlich alles auf.“
Offenbar ist jeder Mensch auf die eine oder andere Weise von Leid betroffen. Täglich werden wir mit menschlichen Tragödien konfrontiert — jedesmal, wenn wir die Nachrichten sehen, lesen oder hören. Dr. Mary Sykes Wylie schreibt, es sei „erst in unserem Zeitalter der Massenkommunikation praktisch unmöglich geworden, der ständigen Bombardierung mit schlechten Nachrichten zu entgehen. Kriege, Naturkatastrophen, durch die Industrie verursachte Katastrophen, Verkehrsunfälle, Verbrechen, Terrorismus, sexueller Mißbrauch, Vergewaltigung, häusliche Gewalt — all das läßt das Trauma zum schrecklichen, täglich wiederkehrenden Leitmotiv des 20. Jahrhunderts werden.“ Treffend faßte der christliche Apostel Paulus die menschlichen Erfahrungen zusammen, als er schrieb, daß „die gesamte Schöpfung zusammen fortgesetzt seufzt und zusammen in Schmerzen liegt“ (Römer 8:22).
Wie steht es mit dir persönlich? Bist du von Leid geplagt? Welche Erleichterung kannst du erwarten? Wirst du je echten Frieden finden? Sonia, Fabiana und Ana fanden echten Trost und in einem gewissen Maß auch echten Frieden. Im folgenden Artikel wird näher darauf eingegangen.
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„Der Gott des Friedens“ sorgt für die LeidendenDer Wachtturm 1997 | 15. April
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„Der Gott des Friedens“ sorgt für die Leidenden
KÖNIG DAVID wußte nur zu gut, was leiden bedeutet; das geht deutlich aus der Bibel hervor. Etliche Jahre lebte er als Flüchtling, erbarmungslos gejagt von einem bösen und starrsinnigen König, der sich in den Kopf gesetzt hatte, ihn umzubringen. Während dieser Zeit der Trübsal hielt sich David an einsamen Orten verborgen. Aber er beließ es nicht dabei. Er betete inbrünstig zu Jehova wegen seines Elends. „Mit meiner Stimme rief ich dann zu Jehova um Hilfe“, schrieb David später mit Bezug auf diese Zeit schwerer Prüfung. „Vor ihm schüttete ich unablässig mein Anliegen aus; meine Bedrängnis tat ich weiterhin vor ihm kund“ (Psalm 142:1, 2).
Daß David sich auf Gott verließ, würde ihm heutzutage von manchen Menschen Spott eintragen. Zu beten, so ihre Auffassung, sei lediglich eine psychologische Krücke und in praktischer Hinsicht pure Zeitverschwendung. Doch David hatte nicht umsonst auf Gott vertraut, denn seine Feinde wurden schließlich besiegt. Rückblickend auf seine Erfahrung, schrieb David: „Dieser Niedergedrückte rief, und Jehova selbst hörte. Und aus all seinen Bedrängnissen rettete ER ihn“ (Psalm 34:6). Der wahre Gott, an den sich David wandte, wird an anderen Stellen „der Gott des Friedens“ genannt (Philipper 4:9; Hebräer 13:20). Wird er uns von Leid befreien und uns Frieden bringen?
Jehova sorgt für dich
Es läßt Jehova nicht ungerührt, was seinen Dienern an Widrigkeiten widerfährt (Psalm 34:15). Er achtet nicht nur auf die Nöte seiner Diener als Gruppe gesehen, sondern auch auf die Nöte jedes einzelnen, der ihn fürchtet. Bei der Einweihung des Tempels im alten Jerusalem bat Salomo Jehova inständig, auf Gebete zu hören, „was für ein Gebet, was für ein Flehen um Gunst auch immer von seiten irgendeines Menschen oder deines ganzen Volkes Israel erfolgen mag, weil jeder von ihnen seine eigene Plage und seinen eigenen Schmerz kennt“ (2. Chronika 6:29). Wie Salomo erkannte, hat jeder einzelne sein ganz persönliches Leid zu tragen. Das kann bei dem einen eine Krankheit sein, bei einem anderen seelische Not. Mancher hat Kummer, weil ein geliebter Mensch gestorben ist. Auch Arbeitslosigkeit, finanzielle Schwierigkeiten und Probleme in der Familie sind in den schwierigen Zeiten, in denen wir leben, häufig Ursache von Leid.
Denke einen Augenblick über ‘deine eigene Plage und deinen eigenen Schmerz’ nach. Vielleicht hast du manchmal ähnlich empfunden wie der Psalmist David, der schrieb: „Ich hoffte unaufhörlich auf jemand, der Mitgefühl zeigen würde, doch da war keiner, und auf Tröster, aber ich fand keinen.“ Aber laß dir versichern, daß Gott deine Lage nicht gleichgültig ist, denn einige Verse weiter im gleichen Psalm schrieb David: „Jehova hört auf die Armen, und er wird ja seine eigenen Gefangenen nicht verachten“ (Psalm 69:20, 33).
Im übertragenen Sinn angewandt, wird uns durch Davids Worte zugesichert, daß der Schöpfer der Menschheit auf die Gebete derer hört, die gewissermaßen in ihrem Leid gefangen sind. Mehr noch, er reagiert auf ihre Notlage. Beachten wir, wie aus folgenden Aussagen das Mitleid Jehovas für Leidende spricht:
„Ihr sollt eine Witwe oder einen vaterlosen Knaben nicht niederdrücken. Solltest du ihn irgendwie niederdrücken, dann werde ich, wenn er gar zu mir schreit, sein Schreien ganz gewiß hören; und mein Zorn wird tatsächlich entbrennen“ (2. Mose 22:22-24).
„Wird Gott also bestimmt nicht auch seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, Recht verschaffen, auch wenn er ihnen gegenüber langmütig ist?“ (Lukas 18:7).
„Er wird den Armen befreien, der um Hilfe ruft, auch den Niedergedrückten und jeden, der keinen Helfer hat. Es wird ihm leid sein um den Geringen und den Armen, und die Seelen der Armen wird er retten. Von Bedrückung und von Gewalttat wird er ihre Seele erlösen, und ihr Blut wird kostbar sein in seinen Augen“ (Psalm 72:12-14).
„Wer euch [Gottes Diener auf der Erde] antastet, tastet meinen Augapfel an“ (Sacharja 2:8).
Diese wenigen Beispiele zeigen, wie viel dem Schöpfer am Wohlergehen seiner Diener liegt. Wir haben daher allen Grund, die Ermahnung des Apostels Petrus zu befolgen, der schrieb: „[Werft] all eure Sorge auf ihn ..., denn er sorgt für euch“ (1. Petrus 5:7). Aber wie wird uns Gott in Zeiten des Leids helfen?
Wie Gott Leidenden hilft
Wie wir gesehen haben, betete David, als er litt, inständig zu Gott um Anleitung. Gleichzeitig unternahm er selbst etwas, um die Lage erträglicher zu machen; er ließ sich etwas einfallen, um seinen Verfolgern zu entkommen. Sich auf Jehova zu verlassen, verbunden mit eigenen Anstrengungen, half David somit, sein Leid zu ertragen. Was können wir daraus lernen?
Wenn wir unter einem Problem zu leiden haben, ist es gewiß nicht verkehrt, in einem vernünftigen Rahmen etwas zu unternehmen, um es zu lösen. Wird sich zum Beispiel ein Christ, der arbeitslos geworden ist, nicht anstrengen, wieder Arbeit zu finden? Oder wird er nicht, wenn er an einer Krankheit leidet, ärztliche Hilfe suchen? Sogar Jesus, der die Macht hatte, jede Art Krankheit zu heilen, erkannte an, daß ‘die Leidenden einen Arzt benötigen’ (Matthäus 9:12; vergleiche 1. Timotheus 5:23). Gewiß, nicht alles Leid kann beseitigt werden; bestimmte Probleme muß man schlicht ertragen. Allerdings betrachtet ein wahrer Christ im Gegensatz zu manchen Personen das Leiden an sich nicht als eine Tugend. (Vergleiche 1. Könige 18:28.) Statt dessen unternimmt er alles in seiner Macht Stehende, um damit fertig zu werden.
Gleichzeitig aber ist es vernünftig, die Angelegenheit Jehova im Gebet darzulegen. Warum? Erstens wird uns dadurch, daß wir uns auf unseren Schöpfer stützen, geholfen, ‘uns der wichtigeren Dinge zu vergewissern’ (Philipper 1:10). Suchen wir beispielsweise einen Arbeitsplatz, dann hilft uns das feste Vertrauen auf Gott, keine Arbeit anzunehmen, die biblischen Grundsätzen widerspricht. Auch werden wir nicht zulassen, durch Geldliebe ‘vom Glauben abzuirren’ (1. Timotheus 6:10). Bei Entscheidungen von großer Tragweite, ob es dabei um den Arbeitsplatz oder andere Lebensbereiche geht, sollten wir unbedingt Davids Ermahnung befolgen: „Wirf deine Bürde auf Jehova, und er selbst wird dich stützen. Niemals wird er zulassen, daß der Gerechte wankt“ (Psalm 55:22).
Das Gebet hilft uns auch, im Denken unser Gleichgewicht zu bewahren, damit wir von Leid nicht erdrückt werden. Der Apostel Paulus schrieb: „Laßt in allem durch Gebet und Flehen zusammen mit Danksagung eure Bitten bei Gott bekanntwerden.“ Mit welchem Ergebnis? „Der Frieden Gottes, der alles Denken übertrifft, wird euer Herz und eure Denkkraft durch Christus Jesus behüten“ (Philipper 4:6, 7). Ja, der Frieden Gottes ist ein Frieden, der „alles Denken übertrifft“ und uns daher stützen kann, wenn uns bedrückende Gefühlsregungen plagen. Dieser Frieden ‘wird unser Herz und unsere Denkkraft behüten’, uns also davor bewahren, vorschnell und unbesonnen zu handeln, was unser Leid noch verschlimmern könnte (Prediger 7:7).
Das Gebet kann aber noch mehr bewirken. Es kann entscheidend für den Ausgang einer Sache sein. Betrachten wir ein biblisches Beispiel. Als der Apostel Paulus in Rom inhaftiert war, forderte er Mitchristen dazu auf, für ihn zu beten. Weshalb? Er schrieb ihnen: „Doch ermahne ich euch noch viel mehr, dies zu tun, damit ich euch um so eher zurückgegeben werde“ (Hebräer 13:19). Paulus wußte, daß die beharrlichen Gebete seiner Glaubensbrüder entscheidend dafür sein konnten, wann er freigelassen würde (Philemon 22).
Wird sich durch das Gebet etwas am Ausgang unseres Leids ändern? Es kann sein. Wir sollten uns allerdings dessen bewußt sein, daß Jehova unsere Gebete nicht immer auf die Weise beantwortet, wie wir vielleicht erwarten. Paulus hatte zum Beispiel einen ‘Dorn im Fleisch’ — möglicherweise ein Augenleiden —, dessentwegen er wiederholt betete. Statt aber das Leiden zu heilen, sagte Gott zu Paulus: „Meine unverdiente Güte genügt dir; denn meine Kraft wird in Schwachheit vollkommen gemacht“ (2. Korinther 12:7-9).
Es kann also sein, daß unser Leid nicht beseitigt wird. Statt dessen erhalten wir Gelegenheit zu beweisen, daß wir auf unseren Schöpfer vertrauen (Apostelgeschichte 14:22). Außerdem können wir sicher sein, daß Jehova, selbst wenn er das Leid nicht beseitigt, ‘den Ausweg schaffen wird, damit wir es ertragen können’ (1. Korinther 10:13). Jehova wird wirklich zu Recht als „der Gott allen Trostes“ bezeichnet, „der uns tröstet in all unserer Drangsal“ (2. Korinther 1:3, 4). Er gibt uns das, was wir benötigen, um auszuharren und weitgehend Frieden zu haben.
Eine Welt ohne Leid — bald!
Der Schöpfer hat verheißen, daß er durch sein Königreich bald das Leid der Menschen beseitigen wird. Wie wird er das erreichen? Indem er Satan, den Teufel, beseitigt, den Haupturheber von Leid und größten Feind des Friedens, den die Bibel als den „Gott dieses Systems der Dinge“ kenntlich macht (2. Korinther 4:4). Doch bald wird er seine Macht über die Menschheit verlieren. Dadurch, daß er ausgeschaltet wird, wird der Weg frei, denen, die Gott fürchten, zahllose Segnungen zukommen zu lassen. Wie die Bibel verheißt, wird Jehova „jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch wird Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz mehr sein. Die früheren Dinge sind vergangen“ (Offenbarung 21:1-4).
Eine Welt ohne Leid — hört sich das an, als sei es zu schön, um wahr zu sein? Wir sind derart an das Leben mit widrigen Umständen gewöhnt, daß wir uns kaum etwas anderes vorstellen können. Aber Gottes Vorsatz, als er die Menschen erschuf, war es, daß sie frei von Furcht, Sorgen und Unglück leben sollten, und sein Vorsatz wird von Erfolg gekrönt sein (Jesaja 55:10, 11).
Genau diese Hoffnung haben Sonia, Fabiana und Ana, von denen im einleitenden Artikel die Rede war, erlangt. Sonia, deren Söhne an Aids starben, erlangte Herzensfrieden durch die in der Bibel dargebotene Hoffnung auf eine Auferstehung der Gerechten und der Ungerechten (Apostelgeschichte 24:15). „Eines steht fest“, sagt sie, „unsere Hoffnung übertrifft bei weitem jeden Schmerz.“
Ana lebte noch im Waisenhaus, als sie von einer Zeugin Jehovas besucht wurde. „Sie zeigte mir den Namen Jehova in der Bibel“, berichtet Ana, „und ich weinte vor Freude. Ich benötigte dringend Hilfe, und da erfuhr ich, daß es einen Gott gibt, der sich um uns kümmert.“ Nachdem sie das Waisenhaus verlassen hatte, willigte Ana ein, die Bibel zu studieren, und lernte Jehovas Verheißungen besser kennen. Dann gab sie sich Jehova hin und symbolisierte dies durch die Taufe. „Seither stütze ich mich unentwegt im Gebet auf Jehova, und die Gewißheit, daß er mir helfen wird, tröstet mich.“
Auch Fabiana hat dadurch, daß sie Gottes Verheißungen für die Zukunft kennenlernte, trotz ihres Leids viel Trost und Herzensfrieden gefunden. „Die Wahrheit aus der Bibel kennenzulernen ist geradeso, als verlasse man einen sehr dunklen, bedrückenden Ort und betrete einen hellen, freundlichen Raum.“ (Vergleiche Psalm 118:5.)
Aber wie und wann wird buchstäblich Frieden auf der ganzen Erde einkehren? Betrachten wir dazu die folgenden Artikel.
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