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PolenJahrbuch der Zeugen Jehovas 1994
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Im Jahr zuvor war Franciszek Puchała aus Amerika zurückgekehrt und hatte in eigener Initiative ein Flugblatt mit 13 Kirchenlehren veröffentlicht. Er bot 10 000 polnische Mark je Lehre an, für die jemand den Nachweis erbringen könnte, daß sie sich auf die Heilige Schrift stützte. Aufgeführt waren die Unsterblichkeit der Menschenseele, das Höllenfeuer, das Fegefeuer, das Meßopfer, der Zölibat, die Beichte, der Gebrauch des Rosenkranzes und so weiter. „Es war, als würde man in einem Ameisenhaufen herumstochern“, schrieb Bruder Puchała später.
Die Geistlichen verlangten in katholischen Zeitungen einen öffentlichen Widerruf der Aussagen auf dem Flugblatt. Andernfalls, so erklärten sie, würden sie Franciszek Puchała wegen Verleumdung der Kirche anzeigen. Er ließ sich jedoch nicht einschüchtern, sondern rief zu einer öffentlichen Diskussion auf.
Nach Absprache mit der römischen Kurie waren die Geistlichen zu einer Diskussion bereit, allerdings hinter verschlossenen Türen — „wegen der heiligen Natur der Sache“, wie sie sich ausdrückten. Bruder Puchała war einverstanden. Die Geistlichen waren sich ihrer Sache so sicher, daß sie einen Anwalt dabeisein ließen, der rechtliche Schritte gegen die Brüder einleiten sollte, sobald sie eine Niederlage erlitten. Die Kirchenzeitung erklärte hochmütig: „Wir werden sehen, wer recht hat — die jahrhundertealte römisch-katholische Kirche oder dieses armselige Häufchen irregeführter Kreaturen, die nicht einmal imstande sind, die Heilige Schrift richtig zu lesen.“
Der bekannte jesuitische Theologe Jan Rostworowski erschien in Begleitung zweier Priester und führte die katholische Abordnung an. Die Bibelforscher waren durch Franciszek Puchała und zwei weitere Brüder vertreten. Es waren auch Stenografinnen und mehrere Leute, die als Zeugen dienen sollten, anwesend. Die Jesuiten waren mit zwei großen Koffern voller Bücher ausgerüstet. Dagegen hatten die Brüder nur ihre Bibeln sowie griechische und hebräische Wörterbücher dabei.
Die Geistlichen verlangten, Punkt 13 auf dem Flugblatt (Unsterblichkeit der Seele) als erstes zu behandeln. Nach etwa zwei Stunden entschuldigten sich die Theologen, sie hätten keine Zeit mehr, und gingen. Sie gestanden ihre Niederlage zwar nie öffentlich ein, gaben aber in einem Zeitungsartikel zu: „Wir müssen einräumen, daß die Bibelforscher ... nicht ganz und gar unwissend sind.“
Die gesamte Diskussion wurde in einer Broschüre mit dem Titel Bitwa na niebie (Die Schlacht im Himmel) veröffentlicht, die eine Erstauflage von 10 000 Exemplaren hatte und mehrmals nachgedruckt wurde. Die Einwohner von Krakau und Umgebung, die der alteingesessenen Kirche anhingen, wurden aufgerüttelt. Was war das Ergebnis? 1923 kamen 69 Besucher zur Gedächtnismahlfeier in Krakau.
Freilich konnten die Geistlichen Bruder Puchała nie verzeihen, daß er öffentlich die Autorität der katholischen Kirche untergraben hatte. Sie unternahmen alles mögliche, um ihm das Leben schwerzumachen. Man beauftragte einen Polizisten, während der Zusammenkünfte, die in seinem Haus stattfanden, Notizen zu machen, und später wurde er mehrmals vor Gericht gebracht. Mehr als einmal waren bezahlte Killer hinter ihm her, aber Jehova beschützte ihn.
Bei einer Predigt in dem Dorf Wawrzeńczyce stachelte der Priester die Leute an, Bruder Puchała mit Knüppeln anzugreifen, wenn er käme, um einen Vortrag zu halten. Eine Gruppe von übereifrigen Frauen war sehr darauf bedacht, zu tun, was der Priester verlangte. Sie lauerten Bruder Puchała vom frühen Morgen bis zum späten Nachmittag auf. Als er eintraf, sagte er ganz ruhig zu ihnen: „Wer von euch ohne Sünde ist, soll mich als erste mit ihrem Knüppel schlagen.“ Schließlich machten sich die Frauen davon. Als sie nach Hause kamen, wurden sie jedoch von ihren Männern mit denselben Knüppeln geschlagen, mit denen sie Bruder Puchała angreifen wollten. Weshalb? Weil sich die Männer darüber ärgerten, daß sie so lange auf ihr Essen warten mußten.
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PolenJahrbuch der Zeugen Jehovas 1994
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[Bilder auf Seite 183]
Hier in Krakau bot Franciszek Puchała jedem, der anhand der Bibel bestimmte grundlegende Kirchenlehren nachweisen könnte, eine beachtliche Belohnung an
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