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  • Rumänien
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2006
    • Studium aus dem Gedächtnis

      „Für mich war die Haft eine Zeit theokratischer Schulung“, erinnert sich András Molnos. Wieso konnte er das sagen? Er erkannte, wie wertvoll es war, sich jede Woche mit seinen Brüdern zum Studium des Wortes Gottes zu versammeln. Er erzählte: „Oft hatten wir nichts Schriftliches, sondern nur das, woran wir uns noch erinnern konnten. Die Brüder versuchten, sich Wachtturm-Artikel ins Gedächtnis zu rufen, die sie vor der Haft studiert hatten. Manche Brüder hatten noch ganze Zeitschriften im Kopf — einschließlich der Studienfragen!“ Das war zum Teil darauf zurückzuführen, dass sie vor ihrer Festnahme geistige Speise mit der Hand abgeschrieben hatten. (Siehe den Kasten „Vervielfältigungsverfahren“ auf Seite 132, 133.)

      Wenn Zusammenkünfte geplant waren, nannten verantwortliche Brüder das zu besprechende Thema, und jeder von uns versuchte, sich an möglichst viel zu erinnern, von Bibeltexten bis zu Gedanken aus christlichen Bibelstudienhilfsmitteln. Schließlich kamen alle zusammen, um den Stoff zu besprechen. Es wurde ein Leiter bestimmt, der nach einem Anfangsgebet die Besprechung durch passende Fragen leitete. Nachdem jeder einen Kommentar gegeben hatte, sagte auch der Leiter jeweils noch etwas dazu und ging dann zum nächsten Punkt über.

      In manchen Gefängnissen waren Gruppenbesprechungen verboten, doch der Einfallsreichtum der Brüder kannte keine Grenzen. Ein Bruder erinnert sich: „Wir nahmen die Fensterscheibe im Waschraum aus dem Rahmen und überzogen sie mit Seife vermischt mit Kalk, den wir von der Wand abgekratzt hatten. Wenn das Gemisch trocken war, hatten wir eine recht passable Tafel, auf die wir jeden Tag eine Lektion schreiben konnten. Ein Bruder diktierte leise und ein anderer schrieb auf der Scheibe mit.

      Wir waren auf mehrere Zellen verteilt, die jeweils eine Studiengruppe bildeten. Jede Lektion wurde an alle Brüder in der Zelle weitergegeben. Da unsere ‚Schreibtafel‘ immer nur in einer Zelle war, wurde der Text in die anderen Zellen gemorst. Wie ging das? Ein Bruder klopfte die Morsezeichen so leise wie möglich an die Wand oder an die Heizungsrohre. Die Brüder in den anderen Zellen hielten ihre Tassen an die Wand oder an die Rohre, legten das Ohr an die Tasse und benutzten sie so als Hörer. Wer die Morsezeichen nicht kannte, musste sie natürlich lernen.“

  • Rumänien
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2006
    • [Kasten/Bild auf Seite 124, 125]

      Wir prägten uns 1 600 Bibelverse ein

      Dionisie Vârciu

      Geburtsjahr: 1926

      Taufe: 1948

      Kurzporträt: Ab 1959 war Dionisie mehr als fünf Jahre in verschiedenen Gefängnissen und Arbeitslagern. Er starb im Jahr 2002.

      Während der Haft durften wir mit unseren Familien in Kontakt bleiben und jeden Monat ein bis zu 5 Kilogramm schweres Päckchen erhalten. Die Päckchen wurden allerdings nur denen ausgehändigt, die ihr Arbeitspensum geschafft hatten. Die Lebensmittel wurden immer brüderlich geteilt — normalerweise in etwa 30 Portionen. Das geschah auch einmal mit zwei Äpfeln. Die Stückchen waren natürlich winzig, aber unser Hunger wurde doch ein bisschen gelindert.

      Obwohl wir weder Bibeln noch Studienhilfsmittel besaßen, blieben wir geistig stark, denn wir versuchten uns an früher Gelerntes zu erinnern und erzählten es einander. Wir hatten abgemacht, dass jeden Morgen ein Bruder einen Bibelvers aus dem Kopf zitieren sollte. Dann murmelte jeder den Text vor sich hin und dachte beim morgendlichen 15- bis 20-minütigen Hofgang darüber nach. In der Zelle, wo 20 Mann auf 8 Quadratmetern zusammengepfercht waren, sprachen wir anschließend noch eine halbe Stunde darüber. Auf diese Weise schafften wir es, uns alle zusammen insgesamt 1 600 Bibelverse einzuprägen. Mittags besprachen wir andere Themen und 20 bis 30 damit verbundene Schriftstellen. Jeder bemühte sich, den Stoff im Kopf zu behalten.

      Ein Bruder dachte anfangs, er sei schon zu alt, um sich noch viele Bibeltexte zu merken. Aber er hatte sich unterschätzt. Nachdem er die Texte 20-mal von uns gehört hatte, konnte auch er zu seiner großen Freude viele Schriftstellen auswendig zitieren!

      Wir waren natürlich hungrig und schwach, aber in geistiger Hinsicht hat uns Jehova gut ernährt. Das Geistiggesinntsein mussten wir uns auch nach der Haft bewahren, denn wir wurden ständig von der Securitate verfolgt, die uns vom Glauben abbringen wollte.

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