Schon einmal einen Grünen Strahl gesehen?
WAS für ein Genuß ist es doch, einen herrlichen Sonnenuntergang zu betrachten und sich dabei vom Tag zu verabschieden! Das warme, leuchtende Licht der Sonne erzeugt auf seinem Weg durch die Erdatmosphäre ein Feuerwerk von Farben. Ein ungewöhnliches Phänomen unterstreicht dieses atemberaubende Geschehen — der Grüne Strahl. Unter den richtigen Voraussetzungen tritt diese grüne Lichterscheinung in den letzten Sekunden eines Sonnenuntergangs auf. Eine seltenere Erscheinung ist der Blaue Strahl, der noch schöner sein soll.
Wodurch entstehen solche farbigen Strahlen? Warum dauern sie nur einen Augenblick lang an? Und weshalb treten sie so selten auf? Um diese Fragen beantworten zu können, muß man zuerst etwas Grundlegendes über die Wechselwirkung zwischen Sonnenlicht und Erdatmosphäre wissen.
Das Sonnenlicht, das die Erde erreicht, enthält das gesamte Spektrum der Regenbogenfarben. Wenn dieses Licht die Erdatmosphäre durchdringt, wirkt die Atmosphäre wie ein riesiges Prisma, in dem sich das Licht bricht oder es gestreut wird. Bis zu welchem Grad ein Lichtstrahl gestreut wird, hängt allerdings von seiner Wellenlänge ab.
Blaues Licht ist kurzwellig und wird in der Atmosphäre stärker gestreut. Darum erscheint der Himmel blau, wenn die Sonne an einem klaren Tag hoch über dem Horizont steht. Aber sobald sich die Sonne nahe am Horizont befindet — wie bei einem Sonnenuntergang —, muß das Sonnenlicht einen weiteren Weg durch die Atmosphäre zurücklegen, bis es unser Auge erreicht. Infolgedessen gelangt das stark gestreute blaue Licht nicht zu uns. Langwellige Strahlen, wie zum Beispiel rote Strahlen, können die dichte Atmosphäre hingegen leichter durchdringen. Dadurch erhält ein Sonnenuntergang seine charakteristische rote oder orangerote Farbe.a
Unter bestimmten Bedingungen kann man bei einem Sonnenuntergang jedoch einen Grünen Strahl oder einen Blauen Strahl beobachten. Wie entsteht er? Während der obere Rand der Sonne am Horizont verschwindet, wird das Sonnenlicht wie bei einem Regenbogen in ein Spektrum zerlegt. Rotes Licht erscheint im unteren Teil des Spektrums, blaues Licht im oberen Teil. Während die Sonne untergeht, verschwindet die rote Spektralfarbe hinter dem Horizont, und die blaue Spektralfarbe wird in der Regel durch die Atmosphäre gestreut. In diesem Moment kann der letzte Rest an sichtbaren Strahlen grün aufleuchten. Warum grün? Weil Grün die andere Grundfarbe des Lichts ist.
Bei starker Luftverschmutzung ist der Grüne Strahl selten zu beobachten; der Blaue Strahl tritt auch nur in Erscheinung, wenn der Himmel außergewöhnlich klar ist und so viel blaues Licht die Atmosphäre durchdringt, daß ein heller Strahl sichtbar werden kann.
[Fußnote]
a Zusätzliche Informationen über Sonnenuntergänge sind im Erwachet! vom 8. Dezember 1987, Seite 16 zu finden.
[Bildnachweis auf Seite 24]
Sonnenuntergang: © Pekka Parviainen/SPL/Photo Researchers