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Ein außergewöhnliches Teleskop dringt in die Geheimnisse der Sonne einErwachet! 1990 | 8. März
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Ein außergewöhnliches Teleskop dringt in die Geheimnisse der Sonne ein
WIR hatten uns für ein Picknick im kühlen Lincoln-Naturpark im Südosten von New Mexico einen Tag frei genommen, um der Hitze der Wüste für eine Weile zu entfliehen. Als wir einen Wegweiser zum Sacramento-Peak-Observatorium in Sunspot (nicht weit von Cloudcroft [New Mexico] entfernt) sahen, wurde unsere Neugier geweckt, und so fuhren wir nach Sunspot.
Niemand aus unserer kleinen Gruppe war an Höhenluft gewöhnt, und so brachte uns der Weg auf den 2 800 Meter hohen Gipfel zu den sonderbaren Gebäuden mit den Teleskopen ganz schön außer Puste. Wir hatten erwartet, einen Kuppelbau vorzufinden, und wurden auch nicht enttäuscht. Aber die „Gipfelkuppel“ war Besuchern nicht zugänglich. Doch dann entdeckten wir ein merkwürdiges Gebäude.
Es war ein hohes, an der Basis schmales, dreieckiges Gebäude, das da aus dem Boden emporwuchs — und es war sogar für Besucher zugänglich. (Siehe Foto auf der nächsten Seite.) Bald fanden wir uns in einem Arbeitsraum wieder, wo ein langes Teleskop zu sehen war, dessen Lager sich hoch oben in dem Turm über unseren Köpfen befand. Schilder warnten uns davor, die dazugehörige Plattform zu betreten und so die Balance des Instruments zu stören.
Die Sonne „stillstehen“ lassen
In einem kleinen Vorraum erläuterten farbige Schaubilder, was hier untersucht wird. Interessanterweise ist dieser Gebäudekomplex dem Studium der Sonne gewidmet. Wir fragten einen der hier arbeitenden Wissenschaftler, ob man sich mit der Nutzung der Sonnenenergie beschäftige. Er erklärte uns, es handle sich nicht um ein derartiges Forschungsprojekt; vielmehr gehe es um Grundlagenforschung, um Informationen über die Sonne selbst sowie um ihren Einfluß auf die Erdatmosphäre und auf den Raum im Sonnensystem. Durch kontinuierliche Beobachtungen der Sonnenoberfläche versuche man auch, Aufschluß über das Innere der Sonne zu erlangen.
Der Standort sei, so unser Führer, wegen der trockenen Bergluft und der geringen Umweltverschmutzung besonders gut für das Observatorium geeignet. 1951 erbaut, sollte es dem Studium der Sonne dienen. In den Vereinigten Staaten war es eines der ersten seiner Art. Der Turm ist, wie aus einem Schaubild hervorging, 41 Meter hoch. Weitere 59 Meter des Teleskops liegen jedoch unter dem Geländeniveau, womit das Teleskop eine Gesamtlänge von 100 Metern hat. (Die Länge eines Fußballfeldes!) Das Teleskoprohr ist fast völlig evakuiert, so daß das einfallende Sonnenlicht nicht durch erwärmte Luft gestört wird. Die zurückgeworfenen Bilder sind daher von außergewöhnlicher Klarheit und liefern Forschern hervorragende Ansichten der Sonnenoberfläche.
Das gesamte Teleskop (über 200 Tonnen schwer) hängt, auf Quecksilber schwimmend gelagert, so herunter, daß es sich frei bewegen und somit die Erddrehung kompensieren kann. Auf diese Weise kann das Teleskop über längere Zeiträume auf die Sonne gerichtet werden, die dann im Verhältnis zum Beobachter „stillsteht“. Es ist dafür konstruiert, sehr feine Einzelheiten der Sonnenoberfläche (der Photosphäre) und der unteren Sonnenatmosphäre (der Chromosphäre) zu beobachten und zu fotografieren.
Silokuppel
Als wir später zum Auto zurückgingen, kamen wir an einem ungewöhnlichen Gebäude vorbei, das für uns aussah wie ein rundes Getreidesilo. Und genau das war es gewesen! Es wird die Silokuppel genannt. In den Anfängen des Observatoriums hatte man es von Sears Roebuck and Company gekauft und für die Unterbringung des ersten Teleskops in Sunspot umgebaut. Zu dieser Zeit wurden gerade die ersten Raumflüge geplant, und man benötigte Daten über die Beeinflussung der Erdatmosphäre durch die Sonne und besonders über eventuelle von ungewöhnlichen Sonnenaktivitäten ausgelöste Störungen.
Später dann, 1957, wurde AURA gegründet, ein nichtkommerzieller Zusammenschluß von Universitäten zur gemeinsamen astronomischen Forschung. Dieser steht in Verbindung mit dem Kitt-Peak-Observatorium in Tucson (Arizona), dem Cerro-Tololo-Inter-American-Observatorium in La Serena (Chile) und dem Space-Telescope-Science-Institut in Baltimore (Maryland). Man war der Überzeugung, daß alle Beteiligten durch den Austausch von Wissenschaftlern und Informationen ein besseres Verständnis der Sonne erhalten würden. Uns wurde klar, daß dieses einsame Observatorium Verbindungen zu den verschiedensten Teilen der Welt unterhält.
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Ein außergewöhnliches Teleskop dringt in die Geheimnisse der Sonne einErwachet! 1990 | 8. März
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[Diagramm/Bild auf Seite 23]
(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)
Spiegel (41 Meter über dem Boden)
Geländeniveau
Drehbare Vakuumrohre (über 200 Tonnen)
59 Meter
67 Meter unter der Oberfläche
[Bildnachweis]
Nach einer Skizze der National Optical Astronomy Observatories
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