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Erwachet! 1992
g92 22. 4. S. 21-24

Mein Überlebenskampf

VOR zwanzig Jahren wohnten meine Frau Ingrid und ich in Lima (Peru), wo wir unsere beiden Söhne großzogen. Unser Leben war völlig ausgelastet. Obwohl ich aufgrund meiner Arbeit andere Länder Südamerikas bereisen mußte, räumten wir jede Woche Zeit dafür ein, die Zusammenkünfte der Zeugen Jehovas zu besuchen und am Predigtdienst teilzunehmen, um anderen von der biblischen Wahrheit zu erzählen.

Im Jahre 1973 (ich war Ende 20) litt ich auf einmal an Kopfschmerzen und Depressionen. In den darauffolgenden beiden Jahren wurden die Kopfschmerzen und die Depressionen immer stärker und häufiger. Es kostete mich viel Kraft, mein tägliches Pensum zu schaffen.

Besonders gut erinnere ich mich an eine Geschäftsreise nach Quito (Ecuador), hoch oben in den Anden. Als ich aus dem Flugzeug stieg, bekam ich solch unerträgliche, stechende Kopfschmerzen, daß ich die nächste Maschine zurück nach Lima nahm.

Ich ging gleich zum Arzt. Er hatte immer gedacht, meine Kopfschmerzen kämen daher, daß ich verspannt sei, und mich dementsprechend behandelt. Als er aber meinen Augenhintergrund untersuchte, entdeckte er geplatzte Blutgefäße. Er überwies mich deshalb ins Krankenhaus.

Untersuchungen bestätigten den Verdacht auf Hirntumor. Aber viel schlimmer noch war die Nachricht, daß der Tumor so groß und offensichtlich so sehr mit dem Gehirn verwachsen war, daß er inoperabel war. Der Arzt meinte, daß ich binnen eines Monats erblinden würde. Danach würden sich Lähmungen einstellen und innerhalb von drei Monaten wäre ich tot.

Diese Nachricht war ein ungeheurer Schock für Ingrid, die als erste von der Prognose erfuhr. Sie setzte sich umgehend mit meiner Schwester Heidi in Los Angeles (Kalifornien, USA) in Verbindung und bat sie, sich nach einem Chirurgen umzuschauen, der bereit sei, mich ohne Blut zu operieren — was für uns die wichtigste Voraussetzung war, da wir fest entschlossen waren, dem biblischen Gebot, sich des Blutes zu enthalten, zu gehorchen (Apostelgeschichte 15:28, 29).

Nach drei aufreibenden Tagen ging es nach Los Angeles. Als wir über die Karibik flogen, sagte Ingrid zu mir: „Schau, wie schön die Inseln mit ihren weißen Sandstränden aussehen!“ Ich blickte hinaus, konnte aber nichts erkennen. Meine Sehkraft ließ bereits nach.

Der erste Kampf

In Los Angeles lieferte man mich sofort in die UCLA-Klinik (die Universitätsklinik von Kalifornien in Los Angeles) ein. Am 6. Oktober 1975 wurde ich von Dr. Walter Stern operiert. Als ich aufwachte, konnte ich die gute Nachricht trotz Ingrids strahlendem Gesicht kaum fassen — der gesamte Tumor war entfernt worden! Er war so groß wie ein Baseball gewesen und hatte sich am rechten Frontallappen des Gehirns befunden. Jedoch war er verkapselt und konnte vollständig entfernt werden.

Schnelles Handeln hatte mir das Leben gerettet. „In ein paar Tagen wären Sie nicht mehr unter uns gewesen“, meinte der Arzt. Aber ich lebte, und mein Gehirn arbeitete ganz normal. Wir waren geradezu euphorisch gestimmt.

Doch im Verlauf der Genesung entstanden neue Probleme. Zuerst bildeten sich in einem Bein Blutgerinnsel. Das führte zu einem Dilemma. Denn zum einen mußte ich gerinnungshemmende Mittel einnehmen, damit sich die Blutgerinnsel auflösten, bevor sie lebenswichtige Organe erreichten, zum anderen brauchte ich Mittel, die die Blutgerinnung förderten, damit Blutungen im Gehirn möglichst unterbunden werden konnten. Wie erleichtert wir waren, als die Ärzte die gegensätzlichen Medikamente erfolgreich aufeinander abstimmen konnten!

Wahrscheinlich war das Trauma einer 12stündigen Operation am rechten Frontallappen des Gehirns (von dem aus die Gefühle gesteuert werden) die Ursache einer gewissen Euphorie, einer zeitlich begrenzten übersteigerten Gemütsstimmung, die nicht durch Medikamente zu beeinflussen war. Daheim in Lima überschätzte ich sechs Monate lang meine Kräfte, als hätte ich ein ständiges Hoch. Ein paar Monate später war das vorbei, doch dann setzten solch schwere Depressionen ein, daß ich fast nur noch an Selbstmord dachte. Nach einem Jahr war ich aber zum Glück wieder der alte und konnte allen meinen Verpflichtungen erneut nachkommen.

Ich wurde zum Ältesten in der christlichen Versammlung ernannt und mußte nun die Aufgabe meistern, die Versammlung, die Familie und das Geschäft unter einen Hut zu bringen. Wann immer ich nicht geschäftlich unterwegs war, nahm ich mir Zeit für meine Söhne. Unsere Lieblingsbeschäftigung war, mit dem Mofa über die sandigen, steinigen Hügel am Stadtrand Limas zu fahren. Die nächsten neun Jahre vergingen wie im Flug. Ich nahm meine wiederhergestellte Gesundheit langsam als selbstverständlich hin.

Im Mai 1985 fiel Ingrid auf, daß ich irgendwie blaß aussah und ungewöhnlich lustlos war. Wir ahnten nicht, daß ein weiterer Hirntumor daran schuld sein könnte, bis ich mich eines Nachts im Bett nicht mehr umdrehen konnte. Die linke Körperhälfte war gelähmt. Diesmal untersuchten mich die Ärzte mit Hilfe des CAT-Scanners, eines hochentwickelten Röntgengeräts. Als wir die Ergebnisse hatten, ging es abermals nach Los Angeles.

Der Kampf beginnt aufs neue

Am 24. Juni 1985 wurde ich nochmals von Dr. Stern und seinem Team operiert. Der Tumor war wieder gewachsen und erstreckte sich diesmal bis in den Scheitellappen des Gehirns — die Region, von der aus die Bewegungen der Gliedmaßen gesteuert werden. Deshalb waren der linke Arm und das linke Bein gelähmt. Die Operation dauerte acht Stunden, doch 25 Prozent des Tumors konnten nicht entfernt werden.

Nach der Operation blieben der Arm und das Bein teilweise gelähmt. Einige Wochen lang wurde ich mit Kobaltstrahlen behandelt, die das Wachstum des Tumors eindämmen sollten. Zwei Monate nach der Operation bekam ich allerdings krampfartige Anfälle. Obwohl man sie mit Medikamenten etwas unter Kontrolle hatte, wurden sie immer unberechenbarer und häufiger. Mein Leben spielte sich fast nur noch zu Hause ab. Ich konnte zwar einen Teil meiner weltlichen Arbeit zu Hause erledigen, aber ich lebte in ständiger Angst vor erneuten Anfällen. Daß etwas Bösartiges in meinem Körper mich derart beherrschte, deprimierte mich sehr.

Da ich nie wußte, wann der nächste Anfall kam, traute ich mich nicht mehr, Zusammenkünfte im Königreichssaal zu leiten. Mit Jehovas Hilfe konnte ich jedoch mit einigen interessierten Personen regelmäßig die Bibel studieren und ihnen so behilflich sein, sie kennenzulernen. Das hielt meinen Sinn auf Jehova Gott, den Quell aller Kraft, gerichtet und schien die Sorge um meine unstabile körperliche Verfassung etwas zu vertreiben.

Im Mai 1988 hatte ich schließlich solch einen schlimmen Anfall, daß meine ganze linke Seite gelähmt blieb. Doch die Untersuchungen mit dem CAT-Scanner ergaben jedesmal, daß alles normal war und der Tumor sich nicht vergrößert hatte. Demzufolge dachte man, die Anfälle gehörten irgendwie mit zum Heilungsprozeß. Wir entschlossen uns jedoch, in Los Angeles ausführlichere Tests machen zu lassen.

Dr. Stern, der die ersten beiden Operationen ohne Blut durchgeführt hatte, war inzwischen in Pension gegangen. Aber er verwies uns freundlicherweise an den Leiter der neurochirurgischen Abteilung der UCLA-Klinik, Dr. Donald Becker. Dieser war bereit, mich ohne Bluttransfusionen zu operieren, wodurch er unsere biblisch begründete Achtung vor dem Blut respektierte.

Die üblichen Untersuchungen wurden gemacht. Diesmal bediente man sich indes außer der Aufnahmen des CAT-Scanners und des Angiogramms des Gehirns noch einer neuen, unbekannten Technik, KST (Kernspintomographie) genannt. Man fand tatsächlich neue Tumoren — und zwar drei!

Am Tag vor der Operation entdeckte man etwas Erschreckendes — mein Blut wollte nicht gerinnen. Die Medizin, die ich gegen die Anfälle eingenommen hatte, hatte die Blutplättchen zerstört. In den nächsten zweieinhalb Wochen wurde sie also Schritt für Schritt durch eine andere ersetzt, die keine derartige Nebenwirkung hatte. Die Umstellung war schrecklich, denn ich bekam eine ganze Reihe heftiger Anfälle.

Die dritte Operation

Schließlich kam der Operationstag, der 1. August 1988. Um 6 Uhr morgens nahmen Ingrid und ich Abschied voneinander. Minuten später war ich im Operationssaal. Nach 12 langen Stunden teilte Dr. Becker Ingrid mit, daß sie alle Tumoren entfernt hätten — sogar den Teil, den man bei der Operation drei Jahre zuvor zurückgelassen hatte — und daß ich nur etwa einen Viertelliter Blut verloren hätte.

„Etwas bereitete mir dennoch große Sorgen“, erzählt Ingrid. „Wird Hans mich als seine Frau wiedererkennen? Wie wird sein Geisteszustand sein, wenn er aufwacht?“ Früh am nächsten Morgen führten die Ärzte Ingrid zu mir herein. Als ich die Augen öffnete, sagte ich „Schatzi“ — mein Kosename für sie. Das war, wie sie sagte, „der Anfang eines neuen Tages“.

Der Kampf geht weiter

Aber meine Rehabilitationszeit schien nie enden zu wollen. Zwei Jahre später entdeckte man neue Tumoren, die den Heilungsprozeß behinderten. So wurde ich am 26. November 1990 zum vierten Mal am Gehirn operiert. Zwei weitere Tumoren wurden entfernt. Abermals saß ich im Rollstuhl, und erneut mußte ich tagtäglich unter Schmerzen das Bein trainieren, um das Gehirn anzuregen, die nötigen Impulse auszusenden, so daß ich wieder laufen könnte.

Doch die Tumoren kamen von neuem, und diesmal lautete die Diagnose sogar auf bösartig. Die letzte Operation hatte ich am 16. Juli 1991; etliche Tumoren konnte man allerdings nicht herausoperieren. Ich wurde mit speziellen Strahlen behandelt, die sie verkleinern und auflösen sollen. Wir hoffen, daß das klappt, denn meine Rehabilitation wird immer schwieriger.

Was meine körperliche Verfassung betrifft, sind die Zukunftsaussichten für mich absolut deprimierend. Das einzig Vernünftige ist, sich auf geistige Werte zu konzentrieren. In der Bibel heißt es, als sei es speziell für mich geschrieben worden: „Die Leibesübung ist zu wenigem nützlich; Gottergebenheit aber ist für alle Dinge nützlich, da sie eine Verheißung auf gegenwärtiges und künftiges Leben hat“ (1. Timotheus 4:8).

Das künftige Leben ist ewiges Leben in Gottes neuer Welt. Die Beweise zeigen, daß diese Welt nahe ist. Bald werde ich wie ein Reh laufen und springen können (Jesaja 35:6). Und falls ich sterben sollte, bevor die neue Welt kommt — Jehova hat denen, die ihm treu bleiben, eine Auferstehung verheißen. Ewiges Leben erlangen wir nicht aus eigener Kraft, sondern indem wir Jehova, unserem Gott, treu dienen. (Von Hans Augustin erzählt.)

[Bild auf Seite 23]

Mit meiner Frau Ingrid

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