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  • Der Überlebenskampf der Bibel
    Die Bibel — Gottes oder Menschenwort?
    • Kapitel 2

      Der Überlebenskampf der Bibel

      Es gibt viele Beweise dafür, daß die Bibel wirklich das Wort Gottes ist. Jeder Beweis für sich ist schon überzeugend, aber alle zusammengenommen sind überwältigend. In diesem Kapitel und in dem folgenden werden wir uns mit einer Reihe von Fakten beschäftigen, die die Entstehungsgeschichte der Bibel betreffen. Es grenzt tatsächlich an ein Wunder, daß dieses bemerkenswerte Buch bis heute überlebt hat. Machen wir uns einmal mit den Fakten vertraut.

      1. Nenne einige Einzelheiten in bezug auf die Bibel.

      DIE Bibel ist weit mehr als nur ein Buch. Sie ist eine kostbare Bibliothek von 66 Büchern, von denen einige nur kurz sind, andere dagegen recht lang; sie enthalten Gesetze, Prophezeiungen, Geschichte, Poesie, Rat und vieles mehr. Jahrhunderte vor der Geburt Christi wurden die ersten 39 dieser Bücher — zumeist in der hebräischen Sprache — von treuen Juden oder Israeliten aufgezeichnet. Dieser Teil wird oft das Alte Testament genannt. Die letzten 27 Bücher wurden von Christen in Griechisch geschrieben und sind allgemein als das Neue Testament bekannt. Wie aus den inneren Beweisen und den ältesten Überlieferungen hervorgeht, sind diese 66 Bücher im Verlauf von über 1 600 Jahren aufgezeichnet worden; man begann damit, als Ägypten die dominierende Macht war, und sie wurden vollendet, als Rom die Welt beherrschte.

      Nur die Bibel überdauerte die Zeit

      2. (a) In welcher Lage befand sich Israel, als man die Bibel zu schreiben begann? (b) Welche anderen Schriften stammen aus dieser Epoche?

      2 Vor über 3 000 Jahren, als man mit dem Schreiben der Bibel begann, war Israel eine kleine Nation unter vielen im Nahen Osten. Sie hatte nur e i n e n Gott, Jehova, wogegen die Nachbarnationen eine verwirrende Vielzahl von Göttern und Göttinnen verehrten. In jener Zeit waren die Israeliten nicht die einzigen, die religiöse Literatur verfaßten. Auch andere Nationen besaßen ein Schriftgut, das ihre Religion und ihre nationalen Werte widerspiegelte. So waren beispielsweise das akkadische Gilgamesch-Epos aus Mesopotamien und die Ras-Schamra-Epen in Ugaritisch (einer Sprache, die früher in einem Gebiet gesprochen wurde, das heute in Nordsyrien liegt) zweifellos sehr populär. Zu der umfangreichen Literatur jener Zeit gehörten auch Werke wie die Mahnworte eines Propheten und Die Weissagung des Nefer-rehu in Ägyptisch sowie Hymnen an verschiedene Gottheiten in Sumerisch und prophetische Werke in Akkadisch.1

      3. Wodurch zeichnet sich die Bibel im Vergleich zu anderer religiöser Literatur aus, die gleichzeitig im Nahen Osten entstand?

      3 Alle diese Werke aus dem Nahen Osten hatten dasselbe Schicksal. Sie gerieten in Vergessenheit, und sogar die Sprachen, in denen sie geschrieben wurden, werden nicht mehr gesprochen. Erst in den letzten Jahren haben Archäologen und Philologen von ihrer Existenz erfahren und sie entziffert. Dagegen sind die ersten geschriebenen Bücher der hebräischen Bibel bis in unsere Zeit erhalten geblieben und werden immer noch viel gelesen. Manchmal wird von Gelehrten behauptet, die hebräischen Bücher der Bibel würden auf gewissen literarischen Werken des Altertums basieren. Die Tatsache jedoch, daß diese Literatur größtenteils in Vergessenheit geraten ist, während die hebräische Bibel die Zeit überdauert hat, zeigt, daß die Bibel völlig andersartig ist.

      Die Hüter des Wortes

      4. Welche großen Probleme der Israeliten hätten sich nachteilig auf den Fortbestand der Bibel auswirken können?

      4 Um Mißverständnissen vorzubeugen: Vom menschlichen Standpunkt betrachtet, war der Fortbestand der Bibel durchaus keine Selbstverständlichkeit. Die Gruppen, die an ihrer Entstehung beteiligt waren, hatten mit so großen Schwierigkeiten und so erbittertem Widerstand zu kämpfen, daß das Überleben dieses Buches bis in unsere Tage wirklich bemerkenswert ist. In den Jahren vor Christus waren die Juden, die die Hebräischen Schriften (das „Alte Testament“) aufzeichneten, Angehörige einer relativ kleinen Nation. Sie führte eine unsichere Existenz zwischen mächtigen Staaten, die sich gegenseitig die Vorherrschaft streitig machten. Israel mußte gegen eine ganze Reihe von Völkern um sein Überleben kämpfen, so zum Beispiel gegen die Philister, die Moabiter, die Ammoniter und die Edomiter. In einer Zeit, als die Hebräer in zwei Königreiche aufgeteilt waren, fegte zunächst das grausame assyrische Weltreich das nördliche Königreich gleichsam hinweg, und die Babylonier zerstörten schließlich das südliche Königreich und führten die Menschen ins Exil, aus dem 70 Jahre später nur ein Überrest in die Heimat zurückkehrte.

      5, 6. Welche Versuche wurden unternommen, die die Existenz der Hebräer als Volk bedrohten?

      5 Es gibt sogar Berichte über Versuche, das gesamte Volk der Israeliten auszurotten. In den Tagen des Moses befahl ein Pharao die Ermordung aller neugeborenen Knaben. Wäre dieser Befehl befolgt worden, hätte das hebräische Volk irgendwann zu bestehen aufgehört (2. Mose 1:15-22). Viel später, als die Juden unter persischer Herrschaft standen, verschworen sich ihre Feinde, um ein Gesetz verabschieden zu lassen, das ihre Vernichtung zum Ziel hatte (Esther 3:1-15). Das Scheitern dieses Plans wird noch heute mit dem jüdischen Purimfest gefeiert.

      6 Als die Juden dann von Syrien abhängig waren, versuchte König Antiochus IV. mit aller Macht, die Nation zu hellenisieren, indem er sie zwingen wollte, griechische Bräuche anzunehmen und griechische Götter anzubeten. Auch er hatte kein Gelingen. Statt ausgelöscht oder assimiliert zu werden, überlebten die Juden, wogegen die meisten der sie umgebenden Volksgruppen eine nach der anderen von der Weltbühne verschwanden. Und die Hebräischen Schriften der Bibel überlebten mit den Juden.

      7, 8. Inwiefern war der Fortbestand der Bibel durch die Christenverfolgung in Frage gestellt?

      7 Die Christen, die den zweiten Teil der Bibel (das „Neue Testament“) aufzeichneten, waren ebenfalls eine bedrängte Gruppe. Ihr Führer, Jesus, wurde wie ein gemeiner Verbrecher hingerichtet. In der ersten Zeit nach seinem Tod versuchten die jüdischen Führer in Palästina, sie zu unterdrücken. Als die Christen ihren Glauben in andere Länder trugen, stellten ihnen die Juden nach, um sie an ihrem missionarischen Werk zu hindern (Apostelgeschichte 5:27, 28; 7:58-60; 11:19-21; 13:45; 14:19; 18:5, 6).

      8 In den Tagen Neros änderte sich auch die anfänglich tolerante Einstellung der römischen Obrigkeit. Tacitus brüstete sich, daß der verderbte Kaiser die „ausgesuchtesten Martern“ für die Christen bereithielt. Von jener Zeit an war es ein Kapitalverbrechen, ein Christ zu sein.2 Im Jahre 303 u. Z.a holte Kaiser Diokletian zu einem direkten Schlag gegen die Bibel aus. In dem Bemühen, das Christentum auszurotten, befahl er, alle Bibeln der Christen zu verbrennen.3

      9. Was wäre geschehen, wenn die Ausrottungsbemühungen gegen die Juden und die Christen erfolgreich gewesen wären?

      9 Diese Unterdrückungs- und Ausrottungsbemühungen waren eine echte Bedrohung für den Fortbestand der Bibel. Wenn es den Juden so ergangen wäre wie den Philistern und den Moabitern oder wenn die Bemühungen der jüdischen und der römischen Obrigkeit, das Christentum auszumerzen, erfolgreich gewesen wären, wer hätte dann die Bibel abgeschrieben und bewahrt? Glücklicherweise sind die Hüter der Bibel — zuerst die Juden und dann die Christen — nicht ausgelöscht worden, und die Bibel überlebte. Es gab jedoch eine weitere ernsthafte Bedrohung, zwar nicht für den Fortbestand der Bibel, aber zumindest für ihre genaue Überlieferung.

      Fehler durch das Abschreiben

      10. Wie wurde die Bibel ursprünglich bewahrt?

      10 Viele der bereits erwähnten Werke des Altertums, die nach und nach in Vergessenheit gerieten, waren in Stein eingeritzt oder auf dauerhaften Tontafeln festgehalten worden. Nicht so die Bibel. Sie wurde ursprünglich auf Papyrus oder Pergament geschrieben — wesentlich vergänglichere Materialien. Daher gingen die Handschriften, die von den Schreibern ursprünglich abgefaßt wurden, schon vor langer Zeit verloren. Aber wie blieb die Bibel bewahrt? Unzählige Kopien wurden mühsam mit der Hand geschrieben. Das war vor der Erfindung der Buchdruckerkunst das übliche Verfahren, Bücher anzufertigen.

      11. Was ist unvermeidlich, wenn Manuskripte von Hand abgeschrieben werden?

      11 Das Abschreiben von Hand birgt jedoch eine Gefahr. Sir Frederic Kenyon, der berühmte Archäologe und Direktor des Britischen Museums, schrieb: „Die menschliche Hand und das menschliche Gehirn wurden noch nicht gebildet, die in der Lage wären, ein langes Werk absolut fehlerfrei abzuschreiben. ... Es mußten sich zwangsläufig Fehler einschleichen.“4 Enthielt eine Handschrift Fehler, wurden diese übernommen, wenn jene Handschrift wiederum als Vorlage für spätere Kopien diente. Da über einen langen Zeitraum viele Abschriften gemacht wurden, schlich sich so mancher Fehler ein.

      12, 13. Wem oblag die Verantwortung, den Text der Hebräischen Schriften zu bewahren?

      12 Wie können wir angesichts dessen, daß die Bibel Tausende von Malen abgeschrieben wurde, wissen, daß sie dadurch nicht völlig verändert wurde? Nun, nehmen wir einmal die hebräische Bibel, das „Alte Testament“. Als die Juden in der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts v. u. Z. aus dem Babylonischen Exil zurückkehrten, wurde eine Gruppe hebräischer Gelehrter, die sogenannten Sopherim — „Schriftgelehrten“ —, Hüter des hebräischen Bibeltextes, und es lag in ihrer Verantwortung, diese Schriften für den Gebrauch bei der öffentlichen und privaten Anbetung zu kopieren. Sie hatten die besten Motive, und sie waren Fachleute; ihre Arbeit war daher von höchster Qualität.

      13 Das Erbe der Sopherim übernahmen die Massoreten, die vom siebten bis zum zehnten Jahrhundert u. Z. tätig waren. Ihr Name ist von einem hebräischen Wort abgeleitet, das „Überlieferung“ bedeutet, und im wesentlichen fiel auch diesen Abschreibern die Aufgabe zu, den überlieferten hebräischen Text zu bewahren. Die Massoreten gingen mit äußerster Gründlichkeit zu Werke. Ein Abschreiber mußte ein wirklich authentisches Exemplar als Vorlage verwenden und durfte nichts aus dem Gedächtnis niederschreiben. Er mußte sich jeden Buchstaben ansehen, bevor er ihn übertrug.5 Professor Norman K. Gottwald bemerkt dazu: „Etwas von der Sorgfalt, mit der sie ihren Aufgaben nachkamen, kommt in der rabbinischen Forderung zum Ausdruck, daß man alle neuen Handschriften überprüfen und fehlerhafte Exemplare sofort vernichten mußte.“6

      14. Welche Entdeckung ermöglichte es, die genaue Übertragung des Bibeltextes durch die Sopherim und die Massoreten zu bestätigen?

      14 Wie genau war die Übertragung des Textes durch die Sopherim und die Massoreten? Bis zum Jahr 1947 war es kaum möglich, diese Frage zu beantworten, da die ältesten vollständigen hebräischen Handschriften, die zur Verfügung standen, aus dem zehnten Jahrhundert u. Z. stammten. 1947 wurden jedoch in Höhlen in der Nähe des Toten Meeres Fragmente sehr alter Handschriften gefunden. Unter ihnen befanden sich Teile von Büchern der hebräischen Bibel. Einige sollen gemäß den Datierungen aus der Zeit vor Christus stammen. Gelehrte verglichen sie mit den vorhandenen hebräischen Handschriften, um die Genauigkeit der Überlieferung des Textes zu prüfen. Was ergab dieser Vergleich?

      15. (a) Was ergab der Vergleich der Jesaja-Schriftrollen vom Toten Meer mit dem massoretischen Text? (b) Welche Schlußfolgerung sollte man daraus ziehen, daß einige Handschriften, die am Toten Meer gefunden wurden, gewisse Textvarianten aufweisen? (Siehe Fußnote.)

      15 Zu den ältesten entdeckten Werken gehörte das gesamte Bibelbuch Jesaja, und die Übereinstimmung dieses Textes mit dem massoretischen Bibeltext, der uns heute zur Verfügung steht, ist erstaunlich. Professor Millar Burrows schreibt: „Viele Unterschiede zwischen der [damals entdeckten] Jesaja-Rolle von St. Markus und dem masoretischen Text lassen sich als Abschreibefehler erklären. Von diesen abgesehen stimmt sie im ganzen in bemerkenswerter Weise mit dem Text der mittelalterlichen Handschriften überein. Diese Übereinstimmung einer so viel älteren Handschrift gibt ein beruhigendes Zeugnis dafür, daß der überlieferte Text im großen und ganzen genau ist.“7 Professor Burrows fügt noch hinzu: „Es ist zum Verwundern, daß der Text durch ein Jahrtausend so wenig Veränderungen erfahren hat.“b

      16, 17. (a) Warum können wir sicher sein, daß der Text der Christlichen Griechischen Schriften unversehrt geblieben ist? (b) Was bezeugte Sir Frederic Kenyon in bezug auf den Text der Griechischen Schriften?

      16 Die Abschreiber des Teils der Bibel, der von Christen in Griechisch geschrieben wurde (das sogenannte Neue Testament), waren im Vergleich zu den gut geschulten, professionellen Sopherim eher begabte Amateure. Sie verrichteten ihre Arbeit trotz Androhung von Bestrafung durch den Staat und nahmen sie sehr ernst. Und aus zwei Gründen können wir sicher sein, heute einen Text zu haben, der weitestgehend dem entspricht, den die Schreiber ursprünglich aufzeichneten. Zum einen verfügen wir über Handschriften, die wesentlich eher nach der Niederschrift entstanden sind, als das beim hebräischen Teil der Bibel der Fall ist. Dazu gehört beispielsweise ein Fragment des Johannesevangeliums, das aus der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts stammt; es entstand also, wahrscheinlich weniger als 50 Jahre nachdem Johannes sein Evangelium schrieb. Zum anderen liefert allein schon die Zahl von Handschriften, die die Zeit überdauert haben, einen bemerkenswerten Beweis für die Unverfälschtheit des Textes.

      17 Diesen Punkt bestätigt auch Sir Frederic Kenyon: „Es kann nicht nachdrücklich genug versichert werden, daß der Text der Bibel im wesentlichen gesichert ist. Das trifft insbesondere auf das Neue Testament zu. Die Anzahl der Handschriften vom Neuen Testament, von frühen Übersetzungen desselben und von Zitaten daraus bei den ältesten Kirchenschriftstellern ist so groß, daß praktisch sicher ist, daß die echte Lesart jeder zweifelhaften Passage in der einen oder anderen dieser antiken Quellen erhalten geblieben ist. Das kann von keinem anderen alten Buch der Welt gesagt werden.“10

      Die Völker und ihre Sprachen

      18, 19. Wieso wurde die Bibel schließlich auch in andere Sprachen übersetzt?

      18 Die Sprachen, in denen die Bibel ursprünglich geschrieben wurde, waren, auf lange Sicht gesehen, ebenfalls für ihren Fortbestand nicht förderlich. Die ersten 39 Bücher wurden überwiegend in Hebräisch, der Sprache der Israeliten, geschrieben. Hebräisch war jedoch nie weit verbreitet. Wäre die Bibel nur in dieser Sprache vorhanden gewesen, hätte sie lediglich auf die jüdische Nation und die wenigen Ausländer, die Hebräisch lesen konnten, Einfluß ausüben können. Im dritten Jahrhundert v. u. Z. begann man jedoch, für die Hebräer, die in Alexandria (Ägypten) lebten, den hebräischen Teil der Bibel ins Griechische zu übersetzen. Griechisch war damals die international gebräuchliche Sprache. Auf diese Weise wurde die hebräische Bibel für Nichtjuden leicht zugänglich.

      19 Zur Zeit der Entstehung des zweiten Teils der Bibel war die griechische Sprache immer noch sehr weit verbreitet, so daß die letzten 27 Bücher der Bibel in dieser Sprache aufgezeichnet wurden. Doch nicht jeder konnte Griechisch verstehen. Daher wurde schon bald sowohl der hebräische als auch der griechische Teil der Bibel in die Alltagssprachen der damaligen Zeit wie zum Beispiel Syrisch, Koptisch, Armenisch, Georgisch, Gotisch und Äthiopisch übersetzt. Die offizielle Sprache des Römischen Reiches war Latein, und es entstand eine solche Vielzahl von lateinischen Übersetzungen, daß eine autorisierte Übersetzung in Auftrag gegeben werden mußte. Diese wurde um das Jahr 405 u. Z. fertiggestellt und als Vulgata bekannt (was „verbreitet“ oder „gewöhnlich“ bedeutet).

      20, 21. Welche Hindernisse gab es für das Überleben der Bibel, und wieso konnten sie überwunden werden?

      20 Auf diese Weise wurde die Bibel trotz vieler Widerstände bis in die ersten Jahrhunderte u. Z. bewahrt. Diejenigen, die sie verfertigten, waren verachtete und verfolgte Minderheiten, die in einer feindlichen Welt ein hartes Leben führten. Die Bibel hätte durch das Abschreiben stark verändert werden können, aber das war nicht der Fall. Auch wurde die drohende Gefahr abgewendet, daß die Bibel nur für Menschen zugänglich war, die bestimmte Sprachen beherrschten.

      21 Warum wurde der Bibel das Überleben so schwer gemacht? In der Bibel heißt es: „Die ganze Welt liegt in der Macht dessen, der böse ist“ (1. Johannes 5:19). Angesichts dessen war mit einer feindlichen Einstellung der Welt gegenüber der Veröffentlichung der Wahrheit zu rechnen, und so war es auch. Aber wieso konnte die Bibel die Zeit überdauern, wenn doch so viel andere Literatur, deren Existenz nicht in dieser Weise bedroht war, in Vergessenheit geriet? Die Bibel gibt auch darauf die Antwort: „Das von Jehova Gesagte bleibt für immer“ (1. Petrus 1:25). Wenn die Bibel wirklich Gottes Wort ist, kann keine menschliche Macht sie vernichten. Und genau das hat sich bis in unser 20. Jahrhundert bewahrheitet.

      22. Zu welchen Veränderungen kam es Anfang des vierten Jahrhunderts u. Z.?

      22 Im vierten Jahrhundert u. Z. geschah jedoch etwas, was neue Angriffe gegen die Bibel heraufbeschworen und den Lauf der Geschichte Europas nachhaltig beeinflußt hat. Nur zehn Jahre nach Diokletians Versuch, alle Exemplare der Bibel zu vernichten, änderte sich die kaiserliche Politik, und das „Christentum“ wurde offiziell anerkannt. Zwölf Jahre später, 325 u. Z., hatte ein römischer Kaiser den Vorsitz bei dem „christlichen“ Konzil von Nizäa. Warum sollte sich eine scheinbar günstige Entwicklung als gefährlich für die Bibel erweisen? Die Antwort wird im nächsten Kapitel gegeben.

      [Fußnoten]

      a In diesem Buch werden an Stelle von „v. Chr.“ und „n. Chr.“ die genaueren Bezeichnungen „v. u. Z.“ (vor unserer Zeitrechnung) und „u. Z.“ (unserer Zeitrechnung) verwendet.

      b Nicht alle Handschriften, die am Toten Meer gefunden wurden, stimmten so genau mit dem überlieferten Bibeltext überein. Einige wiesen relativ viele Textvarianten auf. Diese Abweichungen bedeuten jedoch nicht, daß die wesentliche Aussage des Textes entstellt wurde. Gemäß Patrick W. Skehan von der Catholic University of America handelt es sich bei den meisten um eine „Überarbeitung [des biblischen Textes] auf der Grundlage seiner eigenen inneren Logik, so daß er zwar in der Form umfangreicher wird, aber vom Inhalt her der gleiche bleibt ... Die Grundhaltung ist eine hohe Achtung vor einem Text, der als heilig betrachtet wird, der Standpunkt, die Bibel durch die Bibel zu erklären, und zwar durch eine einfache Übertragung ihres Textes (wie wir es bezeichnen würden).“8

      Ein anderer Kommentator fügt hinzu: „Trotz aller Unsicherheiten bleibt als wesentliches Faktum bestehen, daß der Text, der uns heute zur Verfügung steht, im wesentlichen den genauen Wortlaut der Autoren wiedergibt, von denen einige vor fast dreitausend Jahren gelebt haben, und wir brauchen wegen irgendwelcher Veränderungen des Textes keine ernsthaften Zweifel an der Gültigkeit zu hegen, die die Botschaft des Alten Testaments für uns hat.“9

  • Der Überlebenskampf der Bibel
    Die Bibel — Gottes oder Menschenwort?
    • [Kasten auf Seite 19]

      Der gut belegte Text der Bibel

      Um zu erkennen, wie gut der Text der Bibel belegt ist, muß man ihn nur einmal mit anderer Literatur vergleichen, die uns aus dem Altertum überliefert ist, zum Beispiel mit den klassischen Schriften der Griechen und Römer. Tatsächlich wurde der größte Teil dieser Literatur nach den Hebräischen Schriften vollendet. Es gibt keine Berichte, daß man versucht hätte, die Griechen oder die Römer auszurotten, und ihre Literatur mußte nicht durch Verfolgung hindurch bewahrt werden. Doch hören wir uns an, was Professor F. F. Bruce dazu sagt:

      „Von Caesars Gallischem Krieg (verfaßt zwischen 58 und 50 v. Chr.) gibt es mehrere noch vorhandene Manuskripte, aber nur neun oder zehn sind gut, und das älteste wurde 900 Jahre nach Caesars Lebzeiten geschrieben!

      Von den 142 Büchern der Römischen Geschichte des Livius (55 v. Chr. bis 17 n. Chr.) blieben nur 35 Bücher erhalten; diese sind uns aus nicht mehr als 20 Manuskripten bekannt, die von einiger Bedeutung sind, von denen aber nur eins (welches Fragmente der Bücher III—VI enthält), aus dem 4. Jahrhundert stammt.

      Von den 14 Büchern der Geschichte des Tacitus (ungefähr um das Jahr 100) sind nur vier vollständige und eins zur Hälfte übrig geblieben; von den 16 Büchern seiner Annalen blieben zehn völlig und zwei teilweise erhalten. Der Text der heute noch vorhandenen Teile seiner zwei großen Geschichtswerke stützt sich auf nur zwei Manuskripte, von denen das eine aus dem 9., das andere aus dem 11. Jahrhundert stammt. ...

      Die Geschichte des Thucydides (etwa 460—400 v. Chr.) ist uns aus acht Manuskripten und einigen Papyrusfragmenten bekannt. Das früheste Manuskript gehört in das 9. Jahrhundert n. Chr., und die Papyri entstammen dem urchristlichen Zeitalter.

      Dasselbe gilt für die Geschichte des Herodot (etwa 480—425 v. Chr.). Es würde jedoch kein Altphilologe auf den Gedanken kommen, die Echtheit des Herodot oder Thucydides anzuzweifeln, weil die frühesten brauchbaren Handschriften ihrer Werke mehr als 1 300 Jahre jünger sind als die Originale“ (Sind die neutestamentlichen Dokumente zuverlässig?, Seite 16, 17).

      Im Vergleich dazu stehen Tausende von Handschriften verschiedener Teile der Bibel zur Verfügung. Und es gibt Handschriften der Christlichen Griechischen Schriften, die weniger als hundert Jahre nach der ursprünglichen Niederschrift entstanden sind.

  • Ein falscher Freund der Bibel
    Die Bibel — Gottes oder Menschenwort?
    • Kapitel 3

      Ein falscher Freund der Bibel

      In diesem Kapitel kommen die wesentlichen Gründe zur Sprache, weshalb viele Menschen in nichtchristlichen Ländern die Bibel als Wort Gottes ablehnen. Wie aus der Geschichte hervorgeht, behauptet die Christenheit, an die Bibel zu glauben und sie bewahrt zu haben. Die religiösen Organisationen der Christenheit werden jedoch mit einigen der entsetzlichsten Grausamkeiten der Geschichte in Verbindung gebracht, angefangen von den Kreuzzügen und Pogromen des Mittelalters bis hin zum Holocaust der Neuzeit. Ist aber das Verhalten der Christenheit ein stichhaltiger Grund, die Bibel abzulehnen? In Wirklichkeit hat sich die Christenheit als ein falscher Freund der Bibel erwiesen. Mit ihrem Auftreten im vierten Jahrhundert u. Z. war der Überlebenskampf der Bibel keineswegs vorbei.

      1, 2 (und Einleitung). (a) Warum lehnen viele die Bibel als Gottes Wort ab? (b) Was wurde im ersten und zweiten Jahrhundert Gutes geleistet, doch welche gefährliche Entwicklung war im Gange?

      ENDE des ersten Jahrhunderts war die Niederschrift aller Bibelbücher abgeschlossen. Von da an stellten die Christen unermüdlich Abschriften der gesamten Bibel her und verbreiteten sie. Gleichzeitig bemühten sie sich, Übersetzungen in den damals gebräuchlichsten Sprachen anzufertigen. Während die Christenversammlung mit diesem bewundernswerten Werk beschäftigt war, zeichnete sich allerdings eine Entwicklung ab, die sich für das Überleben der Bibel als sehr bedrohlich erweisen sollte.

      2 In der Bibel selbst war diese Entwicklung vorhergesagt worden. Eines der Gleichnisse Jesu handelt von einem Menschen, der sein Feld mit gutem Weizensamen besäte. Doch „während die Menschen schliefen“, säte ein Feind Unkraut. Beide Samenarten sproßten, aber eine Zeitlang wurde der Weizen vom Unkraut überwuchert. Wie Jesus mit diesem Gleichnis zeigte, sollten zwar als Frucht seiner Arbeit wahre Christen hervorkommen, doch nach seinem Tod würden falsche Christen in die Versammlung eindringen. Schließlich wäre es schwierig, die echten von den falschen zu unterscheiden (Matthäus 13:24-30, 36-43).

      3. Wie würden gemäß den Worten des Apostels Petrus die mit Unkraut vergleichbaren „Christen“ den Glauben an die Bibel beeinflussen?

      3 Der Apostel Petrus sprach warnend und unverblümt davon, daß die mit Unkraut vergleichbaren „Christen“ Einfluß darauf hätten, wie man zum Christentum und zur Bibel eingestellt sei. Er sagte: „Es [wird] ... unter euch falsche Lehrer geben ... Ebendiese werden unauffällig verderbliche Sekten einführen und werden sogar den Besitzer verleugnen, der sie erkauft hat, wodurch sie schnelle Vernichtung über sich bringen. Ferner werden viele ihren Zügellosigkeiten folgen, und ihretwegen wird vom Weg der Wahrheit lästerlich geredet werden“ (2. Petrus 2:1, 2).

      4. Wie erfüllten sich die prophetischen Worte Jesu und die des Petrus schon im ersten Jahrhundert?

      4 Die prophetischen Worte Jesu und die des Petrus erfüllten sich bereits im ersten Jahrhundert. Ehrgeizige Männer drangen in die Christenversammlung ein und säten Uneinigkeit (2. Timotheus 2:16-18; 2. Petrus 2:21, 22; 3. Johannes 9, 10). In den folgenden zwei Jahrhunderten wurde die reine biblische Wahrheit durch Ansichten griechischer Philosophen verfälscht, und viele machten schließlich den Fehler, heidnische Lehren als biblische Wahrheit anzunehmen.

      5. Welche Wende führte Konstantin Anfang des vierten Jahrhunderts herbei?

      5 Im vierten Jahrhundert übernahm der römische Kaiser Konstantin das „Christentum“ als offizielle Staatsreligion. Aber das „Christentum“, das er kannte, war etwas ganz anderes als die Religion, die Jesus gepredigt hatte. Inzwischen gedieh das von Jesus vorhergesagte „Unkraut“. Dennoch dürfen wir mit Sicherheit davon ausgehen, daß es immer einige gab, die das wahre Christentum vertraten und sich bemühten, nach der Bibel als dem inspirierten Wort Gottes zu handeln (Matthäus 28:19, 20).

      Widerstand gegen das Übersetzen der Bibel

      6. Wann entstand die Christenheit, und worin unter anderem unterschied sich ihre Religion vom Christentum der Bibel?

      6 Die Christenheit, wie wir sie heute kennen, entstand zur Zeit Konstantins. Das entartete Christentum, das damals Wurzel schlug, bildete jedoch keine rein religiöse Organisation mehr, sondern einen Teil des Staates, und seine Führer spielten eine wichtige Rolle in der Politik. Schließlich gebrauchte die abtrünnige Kirche ihre politische Macht auf eine Weise, die in völligem Widerspruch zum biblischen Christentum stand. Auch beschwor sie für die Bibel eine weitere äußerst bedrohliche Situation herauf. Wodurch?

      7, 8. Wann äußerte sich der Papst gegen das Übersetzen der Bibel, und warum?

      7 Mit dem Aussterben des Lateinischen als Volkssprache benötigte man neue Bibelübersetzungen. Aber damit war die katholische Kirche nicht einverstanden. Wratislaw, der später König von Böhmen wurde, bat 1079 Papst Gregor VII. um die Erlaubnis für die Übersetzung der Bibel in die Sprache seiner Untertanen. Doch die Antwort des Papstes war ein Nein. Er erklärte: „Dem, der häufig darüber nachdenkt, ist klar, daß es Gott, dem Allmächtigen, nicht ohne Grund gefallen hat, die Heilige Schrift mancherorts geheimzuhalten — damit sie nicht, wenn sie allen Menschen leicht zugänglich wäre, geringgeachtet und sogar zu einem Gegenstand der Verachtung würde oder damit sie nicht von mittelmäßig Gebildeten falsch verstanden werden und dem Irrtum Vorschub leisten könnte.“1

      8 Dem Papst lag daran, die Bibel in der nun toten lateinischen Sprache zu belassen. Ihr Inhalt sollte „geheim“ bleiben und nicht in die Sprachen des gewöhnlichen Volkes übersetzt werden.a Die Vulgata, eine lateinische Übersetzung, die Hieronymus im 5. Jahrhundert erstellt hatte, um die Heilige Schrift allen zugänglich zu machen, diente nun der Geheimhaltung.

      9, 10. (a) Wie zeigte sich weiterer Widerstand der katholischen Kirche gegen das Übersetzen der Bibel? (b) Welche Absicht verfolgte die Kirche mit ihrem Widerstand?

      9 Im Mittelalter verhärtete sich die Kirche immer mehr in ihrer ablehnenden Haltung zu Bibeln in der Landessprache. 1199 schrieb Papst Innozenz III. einen derart strengen Brief an den Erzbischof von Metz, daß dieser alle deutschen Bibeln, deren er habhaft werden konnte, verbrennen ließ.3 Gemäß einem Entscheid der Synode von Toulouse (1229) durften „Laien“ keine Bibelbücher in der Volkssprache besitzen.4 1233 entschied die Provinzialsynode von Tarragona (Spanien), daß alle Bücher „des Alten oder Neuen Testaments“ zum Verbrennen abzugeben waren.5 Im Jahre 1407 verbot eine von Erzbischof Thomas Arundel nach Oxford (England) einberufene Synode ausdrücklich die Übersetzung der Bibel ins Englische oder in irgendeine andere neuzeitliche Sprache.6 Ebenfalls in England verbot Bischof Stafford von Wells 1431 sowohl die Übersetzung der Bibel ins Englische als auch den Besitz solcher Übersetzungen.7

      10 Ziel dieser kirchlichen Würdenträger war es nicht, die Bibel zu vernichten, sondern sie sollte fossilieren, d. h. in einer Sprache bleiben, die nur wenige lesen konnten. Sie hofften, so dem entgegenzuwirken, was sie als Häresie bezeichneten, was aber in Wirklichkeit auf eine Anfechtung ihrer Autorität hinauslief. Wenn sie Erfolg gehabt hätten, wäre die Bibel lediglich zum Gegenstand intellektueller Neugier geworden und hätte wenig oder gar keinen Einfluß auf das Leben des gewöhnlichen Volkes gehabt.

      Die Verteidiger der Bibel

      11. Wozu führte es, daß Julián Hernández spanische Bibeln nach Spanien schmuggelte?

      11 Glücklicherweise weigerten sich viele aufrichtige Menschen, sich an diese Edikte zu halten. Doch eine solche Weigerung war äußerst gefährlich. Einzelne hatten wegen des „Verbrechens“, eine Bibel zu besitzen, schrecklich zu leiden. Als Beispiel diene der Fall eines Spaniers namens Julián Hernández. Wie es in dem Werk History of Christian Martyrdom von John Foxe heißt, unternahm es Julián (oder Juliano), „eine größere Anzahl Bibeln, in Fässern verborgen und wie Rheinwein geladen, von Deutschland in sein Land zu schaffen“. Er wurde verraten und von der katholischen Inquisition festgenommen. Diejenigen, für die die Bibeln bestimmt waren, „wurden alle unterschiedslos gefoltert und die meisten von ihnen zu verschiedenen Strafen verurteilt. Juliano wurde verbrannt, zwanzig andere wurden am Spieß geröstet, einige kamen in lebenslängliche Haft, andere wurden öffentlich ausgepeitscht, viele auf die Galeeren geschickt.“8

      12. Wieso wissen wir, daß die religiösen Würdenträger des Mittelalters nicht das biblische Christentum vertraten?

      12 Welch ein entsetzlicher Machtmißbrauch! Es kann nicht der geringste Zweifel darüber bestehen, daß die verantwortlichen religiösen Würdenträger nicht das biblische Christentum vertraten. Die Bibel selbst offenbart, wem sie angehörten, wenn sie sagt: „Hieran sind die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels erkennbar: Jeder, der nicht Gerechtigkeit übt, stammt nicht von Gott noch der, der seinen Bruder nicht liebt. Denn das ist die Botschaft, die ihr von Anfang an gehört habt, daß wir einander lieben sollten, nicht wie Kain, der aus dem stammte, der böse ist, und seinen Bruder hinschlachtete“ (1. Johannes 3:10-12).

      13, 14. (a) Welches erstaunliche Geschehen im Mittelalter läßt den göttlichen Ursprung der Bibel erkennen? (b) Welcher Wandel trat in bezug auf die Bibel in Europa ein?

      13 Wie erstaunlich, daß Männer und Frauen bereitwillig das Risiko einer solch schrecklichen Behandlung eingingen, nur um eine Bibel zu besitzen! Und diese Fälle haben sich bis in unsere Zeit unzählige Male wiederholt. Die tiefe Gottergebenheit, die die Bibel den Menschen eingeflößt hat, dazu die Bereitwilligkeit, geduldig zu leiden und klaglos auf schreckliche Weise zu sterben, ohne sich gegen die Peiniger zu erheben, ist ein untrüglicher Beweis dafür, daß sie das Wort Gottes ist (1. Petrus 2:21).

      14 Nach der Auflehnung des Protestantismus gegen die Macht der römisch-katholischen Kirche im 16. Jahrhundert war diese schließlich gezwungen, selbst Bibelübersetzungen in den geläufigen europäischen Sprachen herauszugeben. Allerdings wurde die Bibel bereits damals mehr mit dem Protestantismus in Verbindung gebracht als mit dem Katholizismus. Der katholische Priester Edward J. Ciuba schrieb: „Man wird sich ehrlich einzugestehen haben, daß eine der tragischeren Folgen der protestantischen Reformation unter treuen Katholiken in der Vernachlässigung der Bibel bestand. Zwar geriet die Bibel nie völlig in Vergessenheit, doch war sie für die meisten Katholiken ein verschlossenes Buch.“9

      Die höhere Kritik

      15, 16. Warum ist der Protestantismus nicht schuldlos, was den Widerstand gegen die Bibel betrifft?

      15 Aber die protestantischen Kirchen sind nicht etwa schuldlos, was den Widerstand gegen die Bibel betrifft. Im Laufe der Zeit inszenierten gewisse protestantische Gelehrte einen andersartigen Angriff auf dieses Buch — einen intellektuellen. Im 18. und 19. Jahrhundert entstand unter Bibelwissenschaftlern eine Studienrichtung, die man als höhere Kritik oder historisch-literarische Kritik bezeichnete. Ihre Anhänger lehrten, ein Großteil der Bibel bestehe aus Legenden und Mythen. Einige behaupteten sogar, Jesus habe nie gelebt. Nach Auffassung dieser protestantischen Gelehrten ist die Bibel nicht als Wort Gottes zu bezeichnen, sondern als das Wort von Menschen und noch dazu als ein sehr wirres.

      16 Die extremeren dieser Vorstellungen werden zwar nicht mehr vertreten, doch auf Seminaren lehrt man immer noch die höhere Kritik, und es ist durchaus nichts Ungewöhnliches, einen protestantischen Geistlichen zu hören, der in aller Öffentlichkeit große Teile der Bibel ablehnt. Wie eine australische Zeitung berichtete, behauptete ein anglikanischer Geistlicher zum Beispiel, daß vieles in der Bibel „einfach falsch ist. Geschichtlich stimmt einiges nicht. Offensichtlich hat man einige Einzelheiten durcheinandergebracht.“ Diese Auffassung ist der höheren Kritik zuzuschreiben.

      „Lästerlich geredet“

      17, 18. Inwiefern hat das Verhalten der Christenheit Schmach auf die Bibel gebracht?

      17 Aber das größte Hindernis, wenn es darum geht, die Bibel als Gottes Wort anzunehmen, bildet wahrscheinlich das Verhalten der Christenheit. Die Christenheit nimmt für sich in Anspruch, nach der Bibel zu handeln. Durch ihr Verhalten hat sie jedoch große Schmach auf die Bibel und auch auf die Bezeichnung Christ gebracht. Wie der Apostel Petrus voraussagte, wird vom Weg der Wahrheit „lästerlich geredet“ (2. Petrus 2:2).

      18 Während die Kirche die Übersetzung der Bibel verbot, unterstützte der Papst beispielsweise massive militärische Anstrengungen gegen die Muslime im Nahen Osten. Man bezeichnete diese Unternehmungen zwar als „heilige“ Kreuzzüge, doch hatten sie absolut nichts Heiliges an sich. Der erste — der sogenannte „Volkskreuzzug“ — war tonangebend für das, was folgen sollte. Ein von Volkspredigern aufgehetztes, ungestümes Heer machte sich, bevor es Europa verließ, über die Juden her und metzelte sie in einer Stadt nach der anderen nieder. Warum? Der Historiker Hans Eberhard Mayer schreibt: „Das Argument, die Juden seien als Feinde Christi strafwürdig, war ... ein schlechter Vorwand, der die wirklichen Motive der Habgier nur unzureichend verhüllte.“10

      19—21. Inwiefern ist durch den Dreißigjährigen Krieg, durch die europäischen Missionsbestrebungen und durch den Kolonialismus Schmach auf die Bibel gehäuft worden?

      19 Durch die protestantische Rebellion im 16. Jahrhundert wurde dem Katholizismus in vielen europäischen Ländern die Macht entrissen. Eine Folge davon war der Dreißigjährige Krieg (1618—1648), „einer der schrecklichsten Kriege der europäischen Geschichte“, wie ihn ein englisches Geschichtswerk nennt. Was war die eigentliche Ursache dieses Krieges? „Die Katholiken haßten die Protestanten und die Protestanten die Katholiken.“11

      20 Damals hatte die Christenheit begonnen, sich über Europa hinaus auszubreiten, indem sie die „christliche“ Kultur in andere Erdteile trug. Diese militärisch unterstützte Expansion stand im Zeichen von Grausamkeit und Habgier. Spanische Konquistadoren vernichteten in kürzester Zeit die Eingeborenenkulturen auf dem amerikanischen Kontinent. In einem Geschichtsbuch heißt es dazu: „Gewöhnlich vernichteten die spanischen Machthaber die Eingeborenenkultur, ohne die europäische Kultur einzuführen. Was sie in die Neue Welt zog, war in erster Linie das gierige Verlangen nach Gold.“12

      21 Auch protestantische Missionare aus Europa machten sich auf den Weg in andere Kontinente. Ihre Tätigkeit trug unter anderem wesentlich zur Förderung des Kolonialismus bei. Was man heute in weiten Kreisen von protestantischer Missionierung hält, zeigt folgende Feststellung: „In vielen Fällen diente die Mission als Rechtfertigung und Deckmantel für die Beherrschung des Volkes. Die Wechselbeziehung zwischen Mission, Technologie und Imperialismus ist hinlänglich bekannt.“13

      22. Wodurch hat die Christenheit im 20. Jahrhundert das Christentum in Verruf gebracht?

      22 Immer noch bestehen zwischen den Kirchen der Christenheit und dem Staat enge Bindungen. An beiden Weltkriegen waren in erster Linie „christliche“ Nationen beteiligt. Auf beiden Seiten ermutigten die Geistlichen die jungen Männer, zu kämpfen und den Feind zu töten — der oftmals der gleichen Religion angehörte wie sie. Treffend wird in einem Werk gesagt: „Es gereicht ... [den Kirchen] sicherlich nicht zur Ehre, daß das heutige Kriegssystem in Staaten, die sich der Sache des Christentums verschrieben haben, herangereift ist und die größten Verheerungen angerichtet hat.“14

      Das Wort Gottes bleibt bestehen

      23. Inwiefern läßt die Geschichte der Christenheit erkennen, daß die Bibel Gottes Wort ist?

      23 Bei diesem Rückblick auf die lange, traurige Geschichte der Christenheit gilt es, zwei Tatsachen herauszustellen. Erstens: Solche Ereignisse sind eine Erfüllung biblischer Prophezeiungen; es war vorhergesagt worden, daß viele angebliche Christen Schmach auf die Bibel und das Christentum bringen würden, und daß dies geschehen ist, bestätigt die Wahrhaftigkeit der Bibel. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß das Verhalten der Christenheit nichts mit dem Christentum der Bibel zu tun hat.

      24. Was zeichnet wahre Christen aus und verurteilt gleichzeitig die Christenheit als unchristlich?

      24 Jesus selbst erklärte, woran man echte Christen erkennen kann, als er sagte: „Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe unter euch habt“ (Johannes 13:35). Ferner sagte Jesus: „Sie sind kein Teil der Welt, so wie ich kein Teil der Welt bin“ (Johannes 17:16). In beiden Punkten verrät die Christenheit, daß sie nicht das Christentum der Bibel vertritt. Sie gibt zwar vor, ein Freund der Bibel zu sein, doch hat sie sich als ein falscher Freund erwiesen.

      25. Warum hat die Bibel alle Angriffe bis heute überlebt?

      25 Zweitens: Bedenkt man, wie sehr die gesamte Christenheit den Interessen der Bibel entgegengewirkt hat, so ist es in der Tat bemerkenswert, daß dieses Buch bis heute überlebt hat und immer noch einen guten Einfluß auf das Leben vieler Menschen ausübt. Die Bibel hat nicht nur die heftige Gegnerschaft überlebt, auf die ihre Übersetzer stießen, sondern auch die Anschläge modernistischer Gelehrter und das unchristliche Verhalten ihres falschen Freundes, der Christenheit. Wieso? Weil die Bibel mit keinem anderen Werk zu vergleichen ist. Sie ist unvergänglich. Die Bibel ist das Wort Gottes, und sie selbst sagt: „Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, doch das Wort unseres Gottes bleibt in Ewigkeit“ (Jesaja 40:8, Einheitsübersetzung).

      [Fußnote]

      a Es entstanden zwar einige wenige Übersetzungen in Landessprachen. Doch handelte es sich dabei meist um mühsam hergestellte, reich verzierte Handschriften, die eindeutig nicht für den allgemeinen Gebrauch bestimmt waren.2

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