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  • Die Plage der Arbeitslosigkeit
    Erwachet! 1996 | 8. März
    • Die Plage der Arbeitslosigkeit

      VON UNSEREM KORRESPONDENTEN IN ITALIEN

      Sie stellt einen Notstand in etlichen Industrienationen dar, aber sie gibt auch in Entwicklungsländern Anlaß zur Sorge. Sie schlägt dort zu, wo sie einst nicht existierte. Hunderte von Millionen Menschen sind betroffen — darunter viele Mütter und Väter. Für zwei Drittel der Italiener ist sie die „Bedrohung Nummer eins“. Sie schafft neue soziale Mißstände. Teilweise ist sie die Wurzel der Drogenprobleme vieler junger Leute. Sie raubt Millionen den Schlaf und schwebt wie ein Damoklesschwert über weiteren Millionen von Menschen ...

      „ARBEITSLOSIGKEIT ist wahrscheinlich das am meisten gefürchtete Phänomen unserer Zeit“, behauptete die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). „Das Ausmaß und die Folgen dieses Phänomens sind bekannt“, schrieb die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, aber „der Umgang damit ist schwierig“. Es ist „ein Schreckgespenst“, sagte ein Experte, das „erneut in den Straßen des alten Kontinents umgeht“. In der Europäischen Union (EU) beläuft sich die Zahl der Arbeitslosen jetzt auf ungefähr 20 Millionen; im Oktober 1994 waren es allein in Italien offiziell 2 726 000. Nach Aussage des EU-Kommissars Padraig Flynn „besteht unsere vorrangigste soziale und wirtschaftliche Herausforderung darin, das Problem der Arbeitslosigkeit anzugehen“. Wer arbeitslos ist oder in Gefahr steht, seinen Arbeitsplatz zu verlieren, kennt die damit verbundenen Ängste.

      Arbeitslosigkeit ist jedoch nicht nur ein europäisches Problem. Sie grassiert in allen Ländern Amerikas. Afrika, Asien und Ozeanien sind ebenfalls nicht davon verschont. In den letzten Jahren haben osteuropäische Länder damit zu kämpfen gehabt. Die Arbeitslosigkeit schlägt zwar nicht überall auf die gleiche Weise zu, aber wie einige Wirtschaftswissenschaftler sagen, wird die Arbeitslosenquote in Europa und Nordamerika noch lange viel höher sein als in den vorhergehenden Jahrzehnten.a Und die Situation „spitzt sich durch die zunehmende Unterbeschäftigung und die allgemeine Qualitätsverschlechterung der verfügbaren Arbeitsplätze noch zu“, erklärte der Wirtschaftswissenschaftler Renato Brunetta.

      Ein unaufhaltsamer Prozeß

      Die Arbeitslosigkeit hat in einem Wirtschaftszweig nach dem anderen Einzug gehalten: zuerst in der Landwirtschaft, in der durch die zunehmende Mechanisierung Arbeitsplätze verlorengehen; dann in der Industrie, die seit den 70er Jahren von Energiekrisen geplagt wird; und jetzt auch auf dem für krisensicher gehaltenen Dienstleistungssektor — einschließlich Handel und Bildungswesen. Vor 20 Jahren hätte man bei einer Arbeitslosenquote von mehr als 2 oder 3 Prozent bereits Alarm geschlagen. Heute ist ein Industrieland schon froh, wenn es die Arbeitslosenquote unter 5 bis 6 Prozent halten kann, und in vielen Industrieländern ist die Quote bedeutend höher.

      Gemäß der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) ist jemand arbeitslos, wenn er keine Arbeit hat, jedoch arbeitswillig ist und intensiv nach Arbeit sucht. Wie steht es aber mit jemandem, der keine feste Ganztagsbeschäftigung oder nur ein paar Stunden in der Woche Arbeit hat? Teilzeitarbeit wird von Land zu Land verschieden betrachtet. In einigen Ländern werden manche, die in Wirklichkeit arbeitslos sind, offiziell als erwerbstätig gezählt. Eine unzureichende Definition der Arbeits- und der Arbeitslosensituation macht es schwer, zu ermessen, wer wirklich arbeitslos ist, und darum geben Statistiken nur zum Teil die wirkliche Situation wieder. „Selbst die offizielle Zahl von 35 Millionen Arbeitslosen [in den OECD-Ländern] spiegelt nicht das volle Ausmaß des Problems der Arbeitslosigkeit wider“, hieß es in einer europäischen Studie.

      Der hohe Preis der Arbeitslosigkeit

      Zahlen geben allerdings nur über einen Teil des Gesamtbilds Aufschluß. „Die wirtschaftlichen und sozialen Kosten der Arbeitslosigkeit sind enorm hoch“, erklärte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften; sie sind nicht nur das Ergebnis „der direkten Ausgaben in Verbindung mit der Arbeitslosenunterstützung, sondern auch des Verlusts an Steuereinnahmen, die der Arbeitslose im Fall einer Erwerbstätigkeit zahlen würde“. Außerdem werden Unterstützungszahlungen zu einer immer größeren Belastung, sowohl für den Staat als auch für die Erwerbstätigen, da sie höhere Steuern zahlen müssen.

      Arbeitslosigkeit ist jedoch nicht nur eine Sache von Fakten und Zahlen. Die Folge sind menschliche Dramen, denn diese Plage trifft Menschen — Männer, Frauen und Jugendliche aus jeder Gesellschaftsschicht. In Kombination mit all den anderen Problemen in den heutigen „letzten Tagen“ kann Arbeitslosigkeit zu einer enormen Belastung werden (2. Timotheus 3:1-5; Offenbarung 6:5, 6). Vor allem für Personen, die längere Zeit ohne Arbeit waren, wird es schwer, eine Arbeit zu finden, obwohl sie die gleichen Voraussetzungen aufweisen mögen wie andere. Leider werden einige von ihnen nicht mehr eingestellt.b

      Wie Psychologen festgestellt haben, nehmen psychische Probleme, Labilität, Frustration, Apathie und der Verlust der Selbstachtung unter Arbeitslosen heute immer mehr zu. Für jemand, der Kinder hat, ist der Verlust des Arbeitsplatzes besonders tragisch; es kommt ihm vielleicht so vor, als ob eine Welt zusammenbricht. Das Gefühl der Geborgenheit und der Sicherheit ist verflogen. Einige Experten sprechen jetzt sogar von dem Phänomen der „Erwartungsangst“, und zwar in Verbindung mit der Angst vor der Möglichkeit, seine Arbeit zu verlieren. Diese Angst kann das Verhältnis zu Familienangehörigen stark beeinträchtigen und noch tragischere Folgen haben, wie die Selbstmordfälle unter Arbeitslosen in letzter Zeit erkennen lassen. Außerdem zählt die Schwierigkeit, in den Arbeitsmarkt hineinzukommen, bei jungen Leuten zu den möglichen Ursachen für Gewalt und soziale Entfremdung.

      Gefangene eines verdrehten Systems

      Erwachet! interviewte eine Reihe von Personen, die ihre Arbeit verloren hatten. Der fünfzigjährige Armando hatte das Gefühl, „30 Jahre harte Arbeit“ seien „umsonst gewesen“; er sagte, daß er nun „noch einmal von vorn anfangen“ könne und sich „wie ein Gefangener eines verdrehten Systems“ vorkomme. Für Francesco stürzte eine Welt ein. Stefano war „von dem bestehenden System tief enttäuscht“.

      Luciano war 30 Jahre als Manager im technischen Bereich eines bedeutenden italienischen Automobilkonzerns tätig, als ihm gekündigt wurde; er war rasend vor Wut, als er feststellen mußte, daß seine angestrengten Bemühungen, seine Gewissenhaftigkeit und seine Zuverlässigkeit während all der Jahre offensichtlich nichts wert waren.

      Prognosen und Enttäuschungen

      Etliche Wirtschaftswissenschaftler hatten allerdings ein ganz anderes Szenario entworfen. Der Wirtschaftswissenschaftler John Maynard Keynes prognostizierte 1930 optimistisch, es werde innerhalb der nächsten 50 Jahre „Arbeit für alle“ geben, und jahrzehntelang hielt man Vollbeschäftigung für ein erreichbares Ziel. Im Jahr 1945 wurde in die Charta der Vereinten Nationen das schnelle Erreichen der Vollbeschäftigung als Ziel aufgenommen. Noch bis vor kurzem glaubte man, Fortschritt bedeute, daß jedermann Arbeit hat und weniger Stunden arbeiten muß. Aber es kam anders. Die schwere Rezession im vergangenen Jahrzehnt hat die „schlimmste globale Krise auf dem Arbeitsmarkt seit der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre“ heraufbeschworen, so erklärte die IAO. In Südafrika sind mindestens 3,6 Millionen Menschen arbeitslos, ungefähr 3 Millionen von ihnen sind Schwarze. Selbst Japan erlebt eine Krise — dort gab es letztes Jahr über 2 Millionen Arbeitslose.

      Warum breitet sich Arbeitslosigkeit wie eine Plage aus? Welche Lösungsvorschläge gibt es?

  • Arbeitslosigkeit — Warum?
    Erwachet! 1996 | 8. März
    • Arbeitslosigkeit — Warum?

      IN ETLICHEN Ländern sind viele gezwungen, sich ihren Lebensunterhalt durch harte körperliche Arbeit zu verdienen, was für sie lange Arbeitstage mit einem mörderischen Arbeitstempo bedeutet; unter Umständen verrichten sie sogar gefährliche Arbeiten für wenig Geld. In anderen Ländern waren bis vor kurzem viele Arbeitnehmer in großen Firmen oder in staatlichen Betrieben davon überzeugt, bis zu ihrer Rente oder Pension einen sicheren Arbeitsplatz zu haben. Doch heute scheint es keine Unternehmen oder Firmen mehr zu geben, die den Arbeitnehmern auf allen Ebenen attraktive Arbeit und Sicherheit bieten können. Woher kommt das?

      Ursachen des Problems

      Tausende junger Leute — ob mit oder ohne Hochschulabschluß — bemühen sich nach der Schulzeit vergeblich um einen Arbeitsplatz. In Italien ist zum Beispiel über ein Drittel der Arbeitslosen zwischen 15 und 24 Jahre alt. Da das Durchschnittsalter derer, die bereits eine Arbeit haben und ihren Arbeitsplatz behalten möchten, steigt, ist es für junge Leute noch schwieriger, auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen. Selbst unter Frauen — die auf dem Arbeitsmarkt mehr und mehr Fuß fassen — ist die Arbeitslosenquote hoch. So kämpft heute eine ausgesprochen große Gruppe neuer Arbeitswilliger um einen Platz auf dem Arbeitsmarkt.

      Seit Beginn des Maschinenzeitalters haben technische Innovationen den Bedarf an Arbeitskräften zurückgehen lassen. Angesichts der langen und aufreibenden Schichtarbeit hofften die Arbeiter, durch die Maschinen bestimmte Arbeitsgänge zu verkürzen oder sogar ganz einsparen zu können. Die Automatisierung hat die Produktion gesteigert und viele Gefahrenquellen ausgeschaltet, aber auch die Arbeitsplätze verringert. Wessen Arbeitsplatz wegrationalisiert wird, läuft Gefahr, arbeitslos zu bleiben, es sei denn, er eignet sich neue Fertigkeiten an.

      Wir steuern auf ein Überangebot von Handelsprodukten zu. Manche sind der Ansicht, wir hätten jetzt schon die Wachstumsgrenze erreicht. Wenn sich die Zahl der Arbeitnehmer verringert, nimmt außerdem die Kaufkraft ab. Infolgedessen produziert der Markt mehr, als verbraucht werden kann. Große Fabriken, die eigens dafür gebaut wurden, der erwarteten Produktionssteigerung gerecht zu werden, sind dann wirtschaftlich nicht mehr lebensfähig und müssen geschlossen oder umfunktioniert werden. Entwicklungen in diese Richtung fordern ihre Opfer — Menschen verlieren ihre Arbeit. In einer Rezessionsphase geht der Bedarf an Arbeitskräften zurück, und die Arbeitsplätze, die während der Rezession verlorengehen, werden in Zeiten des Aufschwungs nur selten erneut geschaffen. Arbeitslosigkeit hat also ohne Frage mehr als nur eine Ursache.

      Eine Plage der Gesellschaft

      Da Arbeitslosigkeit jeden treffen kann, ist sie eine Plage der Gesellschaft. In manchen Ländern werden verschiedene Maßnahmen zum Schutz der noch Erwerbstätigen ergriffen, zum Beispiel eine verkürzte Arbeitswoche mit niedrigerer Bezahlung. Dadurch können allerdings die Arbeitsplatzchancen für andere zerstört werden.

      Sowohl Arbeitslose als auch Erwerbstätige beschweren sich immer häufiger über Probleme in Verbindung mit Arbeit. Die Arbeitslosen verlangen neue Arbeitsplätze, wohingegen die Erwerbstätigen versuchen, ihren Arbeitsplatz zu sichern — zwei nicht immer miteinander zu vereinbarende Ziele. „Wer eine Arbeit hat, muß oft Überstunden machen. Wer draußen ist, bleibt draußen. Die Gesellschaft steht in der Gefahr, sich in zwei Gruppen aufzuteilen, ... einerseits die Überbeschäftigten, andererseits die ausgebooteten Arbeitslosen, die fast völlig dem Wohlwollen der anderen ausgeliefert sind“, das konnte man in der italienischen Zeitschrift Panorama lesen. In Europa, so sagen Experten, haben von dem wirtschaftlichen Wachstum hauptsächlich diejenigen profitiert, die bereits eine Arbeit hatten, und nicht so sehr die Arbeitslosen.

      Außerdem ist Arbeitslosigkeit mit der Wirtschaftslage in der jeweiligen Region verknüpft, so daß es in manchen Ländern, beispielsweise in Deutschland, Italien und Spanien, von Gegend zu Gegend riesige Unterschiede in der Nachfrage nach Arbeitskräften gibt. Ist jemand bereit, sich neue Fertigkeiten anzueignen oder sogar in eine andere Gegend oder in ein anderes Land zu ziehen? Das kann oft entscheidend sein.

      Ist ein Ausweg in Sicht?

      Die meisten hoffen auf einen wirtschaftlichen Aufschwung. Manche sind jedoch skeptisch und meinen, ein solcher Aufschwung sei erst um das Jahr 2000 herum zu erwarten. Andere denken, die Wirtschaft erhole sich bereits, zeitige jedoch nur langsam Erfolge, wie das an dem Rückgang der Beschäftigtenzahl in Italien unlängst ersichtlich wurde. Konjunkturelle Erholung bedeutet nicht notwendigerweise weniger Arbeitslosigkeit. Bei mäßigem Wachstum setzen die Unternehmen lieber das bereits vorhandene Personal effektiver ein, als daß sie Neue einstellen — das heißt, es gibt einen „Aufschwung ohne Arbeitsplätze“. Zudem steigt die Zahl der Arbeitslosen häufig schneller als die Zahl der neugeschaffenen Arbeitsplätze.

      Heute ist die nationale Wirtschaft einer Globalisierung unterworfen. Etliche Wirtschaftswissenschaftler denken, die Schaffung großer, neuer, überstaatlicher Wirtschaftsräume wie des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA) oder der Asiatisch-pazifischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit (APEC) könne der Weltwirtschaft Aufschwung geben. Dadurch werden große Unternehmen jedoch dazu verleitet, sich dort niederzulassen, wo Arbeitskräfte billiger sind, mit dem Ergebnis, daß die industrialisierten Nationen Arbeitsplätze verlieren. Gleichzeitig sehen finanziell nicht gutgestellte Erwerbstätige ihr ohnehin mageres Einkommen noch schrumpfen. Es ist kein Zufall, daß in einer Reihe Länder viele Menschen gegen solche Handelsabkommen demonstriert haben, oftmals auch unter Anwendung von Gewalt.

      Experten schlagen viele verschiedene Konzepte im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit vor. Manche davon sind völlig gegensätzlich, je nachdem, ob sie von Wirtschaftswissenschaftlern, Politikern oder den Erwerbstätigen selbst vorgetragen werden. Einige schlagen vor, die Firmen durch eine Steuererleichterung dazu anzureizen, mehr Leute einzustellen. Andere raten zu einem massiven Eingreifen des Staates. Wieder andere empfehlen eine neue Verteilung der Arbeit und Arbeitszeitverkürzung. In einigen großen Firmen ist das bereits geschehen; doch obgleich die Arbeitswoche in unserem Jahrhundert in allen Industrieländern systematisch verkürzt worden ist, wurde die Arbeitslosigkeit dadurch nicht eingedämmt. „Langfristig“, behauptete der Wirtschaftswissenschaftler Renato Brunetta, „erweist sich jede Strategie als erfolglos; die Kosten übersteigen die Gewinne.“

      „Wir sollten uns nicht selbst täuschen“, hieß es in der Zeitschrift L’Espresso, „es ist ein schwieriges Problem.“ Zu schwierig, um gelöst zu werden? Gibt es einen Ausweg aus dem Problem der Arbeitslosigkeit?

      [Kasten auf Seite 8]

      Ein altes Problem

      Arbeitslosigkeit ist ein altes Problem. Seit Jahrhunderten hat es immer wieder Menschen gegeben, die unfreiwillig ohne Arbeit waren. Zehntausende von Arbeitern, die an riesigen Bauprojekten beteiligt waren, wurden mit Fertigstellung des Projekts arbeitslos — bis sie woanders eingesetzt wurden. In der Zwischenzeit hatten sie, gelinde gesagt, eine unsichere Existenz.

      Im Mittelalter gab es ebenfalls Arbeitslose, „auch wenn das Problem der Arbeitslosigkeit im heutigen Sinn noch nicht bestand“ (La disoccupazione nella storia [Arbeitslosigkeit im Lauf der Geschichte]). Damals hielt man allerdings jeden, der nicht arbeitete, für einen Taugenichts oder Landstreicher. Noch im 19. Jahrhundert brachten viele britische Experten „Arbeitslose hauptsächlich mit den ‚Rowdys‘ und Vagabunden in Verbindung, die draußen schliefen oder sich nachts auf der Straße herumtrieben“, erklärte Professor John Burnett (Idle Hands).

      Die „Entdeckung der Arbeitslosigkeit“ fand gegen Ende des 19. beziehungsweise Anfang des 20. Jahrhunderts statt. Besondere Regierungsausschüsse wurden eingesetzt, um das Problem zu untersuchen und zu lösen, so zum Beispiel im Jahr 1895 die Sonderkommission des britischen Unterhauses zum Thema „Not und Elend wegen Arbeitsmangel“. Arbeitslosigkeit war eine Plage der Gesellschaft geworden.

      Dieses neue Bewußtsein verstärkte sich vor allem nach dem Ersten Weltkrieg. Während dieses Konflikts wurde die Arbeitslosigkeit so gut wie ausgemerzt, da wie irrsinnig Waffen produziert wurden. Doch Anfang der 20er Jahre durchlief die westliche Welt eine Reihe von Rezessionen, die schließlich in der Weltwirtschaftskrise gipfelten; diese begann im Jahr 1929 und erschütterte die Wirtschaft aller Industrieländer der Welt. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in vielen Ländern einen neuen wirtschaftlichen Aufschwung, und die Arbeitslosigkeit ging zurück. Aber „das heutige Problem der Arbeitslosigkeit nahm Mitte der 60er Jahre seinen Anfang“, erklärte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Durch die Ölkrise in den 70er Jahren sowie die explosionsartige Verbreitung der Computertechnik und die daraus folgende Entlassungswelle erhielt der Arbeitsmarkt einen weiteren Schlag. Die Arbeitslosigkeit steigt unentwegt an und dringt sogar in Büro- und Verwaltungsbereiche hinein, die früher als sicher galten.

  • Keine Arbeitslosigkeit mehr — Wie und wann?
    Erwachet! 1996 | 8. März
    • Keine Arbeitslosigkeit mehr — Wie und wann?

      DER Mensch kann genauso wie sein Schöpfer an Arbeit Freude finden; sie wird als „Gabe Gottes“ bezeichnet (Prediger 3:12, 13; Johannes 5:17). Eine interessante Arbeit verleiht uns Zufriedenheit und gibt uns das Gefühl, nützlich zu sein und gebraucht zu werden. Kaum einer möchte seine Arbeit verlieren, selbst wenn er sie noch so ungern tut. Eine bezahlte Arbeit gewährleistet nicht nur ein regelmäßiges Einkommen, sondern verleiht dem Leben auch eine gewisse Ordnung, einen Sinn und eine Identität. Es ist kein Zufall, daß „sich Arbeitslose [in der Regel] nichts sehnlicher wünschen als eine Arbeit“.

      Auf Arbeitssuche

      Wie wir bereits gesehen haben, ist die Situation auf dem Arbeitsmarkt sehr vielschichtig. Infolgedessen gibt es viele erfolgversprechende Methoden der Arbeitssuche. Jeder, dem es zusteht, kann — sofern vorhanden — staatliche Hilfen für Arbeitslose beantragen; außerdem kann man sich, falls das in dem Land möglich ist, beim Arbeitsamt melden und dessen Dienste in Anspruch nehmen. Andere finden Arbeit, indem sie sich einen eigenen Arbeitsplatz schaffen. Hierbei sollte man jedoch Vorsicht walten lassen. Wer sich nämlich selbständig macht, wird am Anfang oft mit erheblichen Kosten konfrontiert, die sich möglicherweise nicht so leicht abbezahlen lassen. Außerdem gilt es, Steuergesetze und andere Vorschriften zu kennen und einzuhalten — was in einigen Ländern nicht unbedingt eine leichte Aufgabe ist (Römer 13:1-7; Epheser 4:28).

      Um Arbeit zu finden, betrachten manche die Arbeitssuche als ihre „Arbeit“, der sie sich mit Methode und Ausdauer widmen. Andere haben an personalsuchende Firmen geschrieben oder in der Lokalzeitung ein Inserat aufgegeben — manche Zeitungen drucken solche Stellengesuche sogar kostenlos. Erwachet! hat zu diesem Thema oftmals nützlichen und praktischen Rat gegeben — sowohl für junge Leute als auch für Erwachsene.a (Siehe Kästen, Seite 11.)

      Man muß anpassungsfähig sein — bereit, jede Arbeit zu verrichten, auch Arbeiten, die man nicht besonders mag. Wie Fachleute sagen, drehen sich die ersten Fragen bei Einstellungsgesprächen gewöhnlich um die vorherige Arbeit, um die Berufserfahrung und um die Länge der Zeit, die man arbeitslos war. Ist jemand schon lange aus dem Arbeitsleben draußen, ist das für den Arbeitgeber, der ihn eventuell einstellen will, kein gutes Zeichen.

      Wer die Schul- und Ausbildungszeit gut nutzt und sich entsprechende Fertigkeiten aneignet, hat bessere Chancen, nicht arbeitslos zu werden. „Arbeitslosigkeit“, sagte Alberto Majocchi, der Wirtschaftswissenschaften unterrichtet, „trifft vor allem ungelernte Arbeitskräfte.“

      Emotionelle Unterstützung wichtig

      Ein wichtiger Faktor ist eine positive Einstellung. Das kann darüber entscheiden, ob man eine Arbeit findet oder nicht. Arbeitslose sind für emotionelle Unterstützung ausgesprochen dankbar, denn sie bewahrt sie davor, sich abzusondern oder in Gleichgültigkeit zu verfallen. Sie läßt einen die Selbstachtung wiedergewinnen, die man einbüßen kann, wenn man sich mit anderen vergleicht, die ihre Arbeit nicht verloren haben.

      Wahrscheinlich ist es nicht leicht, mit weniger Geld zurechtzukommen. „Vor lauter Sorge hatte ich Mühe, die mir zur Verfügung stehende Zeit gut zu nutzen“, sagte Stefano. „Ich war in der Situation so angespannt“, meinte Francesco rückblickend, „daß ich anfing, an guten Freunden herumzumäkeln.“ An dieser Stelle muß die Familie zu Hilfe kommen. Da weniger Geld zur Verfügung steht, müssen alle Familienmitglieder ihren Lebensstandard herunterschrauben. Franco, der mit 43 Jahren von seiner Firma, für die er 23 Jahre gearbeitet hatte, entlassen wurde, sagte: „Nach meiner Entlassung war meine Frau von Anfang an positiv und ungeheuer ermutigend.“ Armando ist seiner Frau besonders dankbar für „ihr überlegtes Vorgehen beim Einkaufen“ (Sprüche 31:10-31; Matthäus 6:19-22; Johannes 6:12; 1. Timotheus 6:8-10).

      Biblische Grundsätze können jemandem helfen, eine positive Einstellung zu bewahren und wichtigere Werte nicht aus den Augen zu verlieren. Alle, die von Erwachet! befragt wurden und in dieser Artikelserie erwähnt werden, haben Trost und Zuversicht aus der Bibel geschöpft. Dadurch sind sie Gott nähergekommen (Psalm 34:10; 37:25; 55:22; Philipper 4:6, 7). Ein vertrautes Verhältnis zu Jehova Gott ist das Allerwichtigste, denn er verheißt: „Ich will dich keineswegs im Stich lassen noch dich irgendwie verlassen“ (Hebräer 13:5).

      Ob arbeitslos oder nicht, Gottes Wort ermutigt jeden dazu, Eigenschaften zu entwickeln, die ihm im täglichen Leben zugute kommen können. Es ist nicht von ungefähr, daß Zeugen Jehovas als Arbeitskraft mitunter sehr gefragt sind und daß man sie als ehrliche Arbeiter schätzt. Sie befolgen den biblischen Rat, nicht faul, sondern fleißig und zuverlässig zu sein (Sprüche 13:4; 22:29; 1. Thessalonicher 4:10-12; 2. Thessalonicher 3:10-12).

      Von dem Schreckgespenst der Arbeitslosigkeit erlöst

      Die Wurzel der Arbeitslosigkeit ist die Selbstsucht und Habgier des Menschen. Die Bibel sagt, daß „der Mensch über den Menschen zu seinem Schaden geherrscht hat“ (Prediger 8:9).

      Das Problem der Arbeitslosigkeit — und auch andere Probleme — wird durch die Beseitigung der Menschenherrschaft, für die nun die „letzten Tage“ angebrochen sind, gelöst werden (2. Timotheus 3:1-3). Wir benötigen eine Welt, die wirklich neu ist. Ja eine Welt, in der eine gerechte menschliche Gesellschaft unter einer gerechten und fairen Herrschaft leben und arbeiten kann, eine Welt, in der es keine Habgier mehr gibt (1. Korinther 6:9, 10; 2. Petrus 3:13). Deshalb lehrte Jesus Menschen darum beten, daß das Königreich Gottes kommt und Gottes Wille auf der Erde geschieht (Matthäus 6:10).

      Gottes Wort, das die Beseitigung der schlimmsten Probleme der Menschheit vorhersagt, schildert, was dieses Königreich bewirken wird: „Sie werden gewiß Häuser bauen und sie bewohnen; und sie werden bestimmt Weingärten pflanzen und deren Fruchtertrag essen. Sie werden nicht bauen und ein anderer es bewohnen; sie werden nicht pflanzen und ein anderer essen. ... das Werk ihrer eigenen Hände werden meine Auserwählten verbrauchen. Sie werden sich nicht umsonst abmühen, noch werden sie zur Bestürzung gebären“ (Jesaja 65:21-23). Das Schreckgespenst der Arbeitslosigkeit wird bald für immer verschwinden. Wer mehr darüber wissen möchte, wie Gott die Probleme lösen wird, ist eingeladen, sich mit Zeugen Jehovas am Ort in Verbindung zu setzen.

      [Fußnote]

      a Siehe Erwachet! vom 22. Oktober 1994, Seite 16—18; 8. August 1991, Seite 6—10; 22. April 1983, Seite 16—18 und 8. September 1982, Seite 3—8.

      [Kasten auf Seite 11]

      Arbeitsmöglichkeiten zu Hause

      • Babysitting, Kinderbetreuung

      • Verkauf von selbstgezogenem Gemüse oder selbstgezüchteten Blumen

      • Nähen, Ändern und Flicken von Kleidung

      • Teilfertigung für Industriebetriebe

      • Backen oder Zubereiten von Speisen

      • Steppen, Häkeln, Stricken, Töpfern, Makrameearbeiten oder andere Handarbeiten

      • Polsterarbeiten

      • Buchhaltung, Maschineschreiben, Computerarbeiten

      • Telefondienste

      • Friseurarbeiten

      • Aufnehmen von Untermietern

      • Werbesendungen in Umschläge stecken und adressieren

      • Betreuung und Pflege von Tieren

      • Reparatur von Schlössern und Schlüsseldienst (Werkstatt zu Hause)

      • Anzeigen für solche Arbeiten können unter Umständen kostenlos oder kostengünstig in einem Anzeigenblatt gedruckt oder an das Schwarze Brett in Einkaufszentren geheftet werden

      [Kasten auf Seite 11]

      Arbeitsmöglichkeiten und Arbeitsplätze außer Haus

      • Beaufsichtigen von Häusern (wenn die Eigentümer wegfahren und möchten, daß sich jemand während dieser Zeit um ihr Haus kümmert)

      • Reinigungsarbeiten in Läden, Büros, Häusern und Wohnungen nach deren Fertigstellung, nach einem Brand, nachdem Mieter ausgezogen sind; Hausarbeiten in Privathaushalten; Reinigung von Fenstern in Firmengebäuden und Privathäusern

      • Allround-Reparaturdienst (leicht verständliche Bücher über Reparaturarbeiten findet man in Büchereien)

      • Handwerkerarbeiten: Wetterschutz an Hauswänden anbringen, Einbauen von Schränken, Einsetzen von Türen, Anbauen von Vorbauten; Malerarbeiten; Ziehen von Zäunen; Dachdeckerarbeiten

      • Erntearbeit in der Landwirtschaft (zum Beispiel Obstpflücken)

      • Gestaltung und Pflege von Pflanzen in Büros, Banken, Einkaufszentren, Eingangshallen

      • Gebäudeverwaltung als Portier, Hausmeister, Hausverwalter (mitunter mietfreies Wohnen inbegriffen)

      • Versicherungen, Immobilien

      • Teppichlegen, Teppichreinigung

      • Austragen von Zeitungen, Werbesendungen, kommunalen Mitteilungen

      • Umzugshilfe, Lagerung von Möbeln

      • Landschaftsgestaltung, Baumbeschnitt, Rasenpflege, Fällen von Bäumen

      • Schulbusfahrer

      • Fotografieren (Porträts und bei größeren Anlässen)

      • Sammeln von Ködern für Fischer

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