Eine Sprache, die man sieht
WIE haben wir unsere Muttersprache gelernt? Wahrscheinlich dadurch, daß wir als kleines Kind unsere Familienangehörigen und Freunde sprechen hörten. Die meisten Menschen erwerben sich die Sprache über das Gehör und drücken sie durch Sprechen aus. Bei der Formulierung von Konzepten und Vorstellungen können Hörende spontan zu sprechende Wörter und Sätze in ihrem Sinn abrufen, bevor sie sie dann aussprechen. Können jedoch im Sinn eines Menschen, der von Geburt an gehörlos ist, auf andere Weise Gedanken formuliert werden? Gibt es eine Sprache, die ohne einen einzigen Laut konkrete und abstrakte Gedanken vermitteln kann?
Zu sehen, aber nicht zu hören
Unsere Sprachfähigkeit und unsere sprachliche Flexibilität gehören zu den Wundern, durch die sich das menschliche Gehirn auszeichnet. Doch ohne das Gehör erfolgt das Erlernen einer Sprache gewöhnlich über die Augen, nicht über die Ohren. Glücklicherweise ist der Wunsch zu kommunizieren in uns Menschen tief verwurzelt, und das ermöglicht es uns, irgendein offensichtliches Hindernis zu überwinden. Dieses Kommunikationsbedürfnis hat Gehörlose dazu veranlaßt, weltweit viele Gebärdensprachen zu entwickeln. Dadurch, daß Gehörlose Kontakt zu anderen Gehörlosen hatten, in eine Gehörlosenfamilie hineingeboren wurden oder an speziellen Schulen oder in einer Gemeinschaft zusammengebracht wurden, hat sich eine anspruchsvolle Sprache entwickelt, die auf die Augen zugeschnitten ist — eine Gebärdensprache.a
Diese Sprache erhielt Carl aus den Vereinigten Staaten als Geschenk von seinen gehörlosen Eltern.b Obwohl er von Geburt an gehörlos war, konnte er schon im zarten Alter in Amerikanischer Gebärdensprache (ASL) Gegenstände bezeichnen, Zeichen zusammensetzen und abstrakte Gedanken formulieren. Die meisten gehörlosen Babys von gehörlosen Eltern, die die Gebärdensprache verwenden, machen ihre ersten Gebärden im Alter von 10 bis 12 Monaten. Wie in dem Buch A Journey Into the Deaf-World erklärt wird, „erkennen Linguisten jetzt an, daß die Fähigkeit, eine Sprache natürlich zu erwerben und sie an seine Kinder weiterzugeben, tief im Gehirn verwurzelt ist. Ob sich die Fähigkeit in einer Gebärdensprache oder in einer Lautsprache ausdrückt, ist ziemlich belanglos.“
Die in Rußland lebende Swjeta ist seit ihrer Geburt gehörlos wie schon ihre Eltern und Großeltern vor ihr. Zusammen mit ihrem ebenfalls gehörlosen Bruder lernte sie die Russische Gebärdensprache. Als sie im Alter von drei Jahren in die Vorschule für gehörlose Kinder kam, waren ihre natürlichen gebärdensprachlichen Fähigkeiten gut ausgebildet. Swjeta erklärt: „Die anderen gehörlosen Kinder beherrschten die Gebärdensprache nicht und lernten sie von mir.“ Viele gehörlose Kinder hatten hörende Eltern, die keine Gebärdensprache verwendeten. Deshalb lernten die jüngeren gehörlosen Kinder die Gebärdensprache oft von den älteren gehörlosen Kindern in der Schule, so daß sie leicht miteinander kommunizieren konnten.
Heute lernen immer mehr hörende Eltern, sich mit ihren gehörlosen Kindern in der Gebärdensprache zu verständigen. Die Folge ist, daß die Kinder schon vor der Schulzeit gut kommunizieren können. Das war beispielsweise bei Andrew der Fall. Er ist aus Kanada und hat hörende Eltern. Sie erlernten die Gebärdensprache und brachten sie ihm im frühen Alter bei; dadurch vermittelten sie ihm grundlegende Sprachkenntnisse, auf denen er in den Jahren danach aufbauen konnte. Inzwischen kann sich die ganze Familie über jedes beliebige Thema in der Gebärdensprache unterhalten.
Gehörlose sind imstande, sowohl konkrete als auch abstrakte Gedanken zu formulieren, ohne dabei in einer Lautsprache denken zu müssen. So, wie jeder von uns in seiner eigenen Sprache Gedanken formuliert, denken viele Gehörlose in ihrer Gebärdensprache.
Verschiedenheit der Sprachen
Gehörlosengemeinschaften weltweit haben entweder ihre eigenen Gebärdensprachen entwickelt oder Elemente anderer Gebärdensprachen übernommen. Der Wortschatz der heutigen ASL stammt zum Teil aus der Französischen Gebärdensprache, die vor 180 Jahren in Gebrauch war. Das Vokabular wurde mit dem kombiniert, was sich damals bereits in den Vereinigten Staaten eingebürgert hatte — so entstand die heutige ASL. Gebärdensprachen haben sich über viele Jahre hinweg entwickelt und werden von jeder nachfolgenden Generation weiterentwickelt.
Normalerweise folgen Gebärdensprachen nicht den soziogeographischen Gegebenheiten der gesprochenen Sprachen. In Puerto Rico wird zum Beispiel ASL verwendet, obwohl dort Spanisch gesprochen wird. In England wird die von der ASL stark abweichende Britische Gebärdensprache gebraucht, obgleich man sowohl in England als auch in den Vereinigten Staaten Englisch spricht. Und die Mexikanische Gebärdensprache unterscheidet sich von den vielen anderen Gebärdensprachen Lateinamerikas.
Wer eine Gebärdensprache erlernt, ist von der differenzierten Komplexität und der Ausdrucksvielfalt beeindruckt. Die meisten Themen, Gedanken und Vorstellungen lassen sich mit einer Gebärdensprache ausdrücken. Glücklicherweise geht man immer mehr dazu über, Literatur für Gehörlose auf Videokassetten herauszubringen, wobei man sich einer natürlichen Gebärdensprache bedient, um Geschichten zu erzählen, Poesie auszudrücken, Geschichtsberichte zu liefern oder auch die biblische Wahrheit zu lehren. In vielen Ländern erlernen immer mehr Menschen eine Gebärdensprache.
Etwas lesen, was man nie zuvor gehört hat
Beim Lesen machen Hörende im allgemeinen von ihrem auditiven Gedächtnis Gebrauch, indem sie sich an die Sprachlaute erinnern. Vieles von dem, was sie lesen, verstehen sie, weil sie es zuvor gehört haben. In den meisten Sprachen sind die geschriebenen Wörter keine bildhafte Darstellung der Gedanken, für die sie stehen, und man erkennt auch keine Ähnlichkeit. Viele Hörende erlernen dieses willkürliche System oder den schriftlichen Code, indem sie ihn mit den Lauten der gesprochenen Sprache kombinieren; dadurch wird das Gelesene für sie verständlich. Versuchen wir jedoch, uns einmal vorzustellen, wir hätten in unserem ganzen Leben niemals einen Laut, ein Wort oder Sprache generell gehört! Es kann mühsam und frustrierend sein, einen willkürlichen schriftlichen Code für eine Sprache zu erlernen, die man nicht hören kann. Deshalb ist es verständlich, daß es für Gehörlose eine enorme Herausforderung darstellt, in einer solchen Sprache zu lesen, vor allem für diejenigen, die von Geburt an gehörlos sind oder früh ihr Gehör verloren haben.
Viele pädagogische Zentren für gehörlose Kinder rund um die Erde haben festgestellt, wie wertvoll es ist, bereits in einem frühen Stadium der Sprachentwicklung eines Kindes die Gebärdensprache zu benutzen. (Siehe Kästen auf Seite 20 und 22.) Ihren Erfahrungen gemäß hat ein gehörloses Kind, das eine natürliche Gebärdensprache erlernt und grundlegende Sprachkenntnisse entwickelt, eine bessere Grundlage für schulische und soziale Leistungen und für das spätere Erlernen einer geschriebenen Sprache.
Eine Kommission der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, die sich mit Gehörlosenbildung beschäftigt, erklärte: „Es ist nicht länger tragbar, daß die Gebärdensprache vernachlässigt wird beziehungsweise ihre Entwicklung durch Bildungsprogramme für Gehörlose nicht aktiv gefördert wird.“ Allerdings muß man dazu sagen, daß für die Entwicklung eines gehörlosen Kindes das volle Engagement beider Eltern von entscheidender Bedeutung ist, ungeachtet der Ausbildungsform, die die Eltern für ihr Kind wählen. (Siehe den Artikel „Für mein Kind habe ich eine neue Sprache gelernt“ im Erwachet! vom 8. November 1996.)
Die Welt der Gehörlosen verstehen
Nicht wenige Gehörlose bekennen, sich als Kind nichts sehnlicher gewünscht zu haben, als mit ihren Eltern kommunizieren zu können. Jack ist gehörlos. Als seine Mutter im Sterben lag, wollte er mit ihr reden. Sie versuchte, ihm mit letzter Kraft etwas zu sagen, war aber nicht imstande, es aufzuschreiben, und sie beherrschte auch nicht die Gebärdensprache. Dann fiel sie in ein Koma, und schließlich starb sie. Diese letzten frustrierenden Augenblicke ließen Jack nie los. Auf Grund seiner Erfahrung rät er Eltern von gehörlosen Kindern: „Wenn Sie mit Ihrem gehörlosen Kind flüssig kommunizieren wollen und auf sinnvolle Weise Ideen, Gefühle, Gedanken und Liebe austauschen wollen, dann benutzen Sie die Gebärdensprache. ... Für mich ist es zu spät. Und für Sie?“
Viele Jahre lang hat man gehörlose Menschen verkannt. Manche hatten die Ansicht, Gehörlose wüßten so gut wie nichts, weil sie nichts hörten. Eltern haben ihre gehörlosen Kinder aus lauter Überfürsorglichkeit oder Angst gegen die Außenwelt abgeschottet. In manchen Kulturkreisen sind Gehörlose fälschlicherweise als „stumm“ bezeichnet worden, obgleich Gehörlose in der Regel nicht sprachgeschädigt sind. Sie können nur nicht hören. Andere haben die Gebärdensprache für primitiv oder für minderwertiger als die gesprochene Sprache gehalten. Kein Wunder, daß sich etliche Gehörlose angesichts einer solchen Ignoranz unterdrückt und mißverstanden fühlten!
Joseph besuchte in den 30er Jahren als kleiner Junge eine spezielle Schule für Gehörlose in den Vereinigten Staaten, an der die Gebärdensprache nicht erlaubt war. Er und seine Klassenkameraden wurden oft bestraft, weil sie Gebärden benutzten — auch wenn der Grund war, daß sie die Sprache ihrer Lehrer nicht verstanden. Wie sehr sie sich danach sehnten, zu verstehen und verstanden zu werden! In Ländern, wo es für gehörlose Kinder nur begrenzte Bildungsmöglichkeiten gibt, haben einige von ihnen nur eine geringe Schulbildung genossen. Ein Erwachet!-Korrespondent in Westafrika sagte zum Beispiel: „Das Leben der meisten Gehörlosen in Afrika ist schwer und trostlos. Von allen Behinderten sind die Gehörlosen wahrscheinlich diejenigen, die am stärksten vernachlässigt und am wenigsten verstanden werden.“
Jeder von uns möchte verstanden werden. Leider sehen manche Menschen in einem Gehörlosen oft nur jemanden, der ein „Defizit“ hat. Die wirklichen Fähigkeiten eines Gehörlosen werden möglicherweise durch das, was als Unvermögen empfunden wird, in den Schatten gestellt. Viele Gehörlose fühlen sich hingegen einer durchweg „vollwertigen“ Gemeinschaft zugehörig. Sie können flüssig miteinander kommunizieren, Selbstachtung entwickeln und auf intellektueller, sozialer und religiöser Ebene Erfolg haben. Leider hat die schlechte Behandlung, die vielen Gehörlosen widerfahren ist, einige dazu bewogen, Hörenden zu mißtrauen. Doch wenn Hörende ein aufrichtiges Interesse daran zeigen, die Kultur der Gehörlosen sowie die natürliche Gebärdensprache zu verstehen, und die Gehörlosen als eine „vollwertige“ Gemeinschaft sehen, kommt dies allen Seiten zugute.
Wer eine Gebärdensprache erlernen möchte, darf nicht vergessen, daß die Sprache dafür steht, wie wir denken und Gedanken verarbeiten. Um eine Gebärdensprache wirklich gut zu lernen, muß man in dieser Sprache denken. Will man sich in dieser Sprache mühelos ausdrücken, wird es einem deshalb nicht viel nützen, einfach Gebärden aus einem Gebärdensprachwörterbuch zu lernen. Warum also nicht von den Menschen lernen, die die Gebärdensprache im täglichen Leben gebrauchen — von den Gehörlosen? Die Gebärdensprache als Zweitsprache zu erlernen, und zwar von Personen, für die sie die Muttersprache ist, hilft einem, auf andere, aber natürliche Weise zu denken und Gedanken zu verarbeiten.
Gehörlose in aller Welt erweitern ihre Möglichkeiten und ihren Gesichtskreis, indem sie eine ausdrucksstarke Gebärdensprache gebrauchen. Machen wir uns selbst ein Bild von ihrer Sprache.
[Fußnoten]
a In diesen Artikeln stehen die Begriffe „gehörlos“ und „Gehörlose“ sowie „hörend“ und „Hörende“ nicht nur für Menschen mit oder ohne eine Hörbehinderung, sondern auch für die verschiedenen Kulturen und unterschiedlichen Lebenserfahrungen beider Gemeinschaften.
b Man schätzt, daß es allein in den Vereinigten Staaten eine Million Gehörlose gibt, die über „eine einzigartige Sprache und Kultur“ verfügen. Ihre Taubheit ist gewöhnlich angeboren. Außerdem gibt es schätzungsweise 20 Millionen Menschen, die ein beeinträchtigtes Hörvermögen haben, aber hauptsächlich in ihrer gesprochenen Muttersprache kommunizieren (Harlan Lane, Robert Hoffmeister und Ben Bahan, A Journey Into the Deaf-World).
[Kasten auf Seite 20]
„New York soll Gehörlose in Gebärdensprache, dann in Englisch unterrichten“
Unter dieser Schlagzeile in der New York Times vom 5. März 1998 schrieb Felicia R. Lee: „Die einzige öffentliche Schule für Gehörlose in der Stadt wird ihr Konzept so ändern, daß alle Lehrer hauptsächlich in einer auf Symbolen und Gesten basierenden Gebärdensprache unterrichten werden — eine Veränderung, die einen Meilenstein in der Erziehung gehörloser Schüler darstellt.“ Wie sie erklärte, sagen viele Pädagogen, „Forschungen hätten ergeben, daß die Erstsprache der Gehörlosen visuell und nicht verbal ist und daß Schulen, die die Lieblingsmethode der Gehörlosen — die Amerikanische Gebärdensprache — verwenden, ihren Schülern eine bessere Ausbildung ermöglichen als andere Schulen.
Ihrer Meinung nach sollten gehörlose Schüler wie zweisprachige und nicht wie behinderte Schüler behandelt werden.“
Professor Harlan Lane von der Northeastern University (Boston) sagte: „Ich denke, ... [die New Yorker Schule] macht damit den Vorreiter einer Bewegung.“ Gegenüber Erwachet! erklärte er, das Endziel sei, Englisch als Zweitsprache, die gelesen wird, zu lehren.
[Kasten/Bilder auf Seite 21]
Eine echte Sprache!
Einige Hörende haben fälschlicherweise gedacht, die Gebärdensprache sei eine komplexe Form der Pantomime. Sie ist sogar als Bildersprache bezeichnet worden. Obwohl die Gebärdensprache das Gesicht, den Körper, die Hände und den Raum um den Gebärdenden wirkungsvoll einsetzt, haben die meisten Zeichen wenig oder gar keine Ähnlichkeit mit den Gedanken, die vermittelt werden. In der Amerikanischen Gebärdensprache (ASL) werden bei der Gebärde, die den Gedanken von „machen“ vermittelt, beide Hände zu Fäusten geballt, die übereinandergelegt werden und eine drehende Bewegung machen. Obgleich die Gebärde häufig gebraucht wird, ist ihre Bedeutung für jemand, der die Gebärdensprache nicht benutzt, nicht klar erkennbar. In der Russischen Gebärdensprache (RLS) wird der Begriff „brauchen“ mit beiden Händen dargestellt, wobei jeder Daumen den Ringfinger berührt und die Hände parallel eine kreisende Bewegung machen. (Siehe Fotos auf dieser Seite.) Bei vielen abstrakten Begriffen ist es nicht möglich, eine bildliche Übereinstimmung zu erkennen. Ausnahmen hierbei wären beschreibende Gebärden für konkrete Objekte oder Personen, wie die Gebärde für „Haus“ oder „Baby“. (Siehe Fotos auf dieser Seite.)
Ein weiteres Kriterium, das eine Sprache ausmacht, ist die Verwendung eines strukturierten Wortschatzes, der von einer Gemeinschaft akzeptiert wird. Gebärdensprachen weisen solche grammatikalischen Strukturen auf. Beispielsweise wird in einem Satz in ASL meist zuerst das Thema genannt, und dann folgt ein Kommentar dazu. Eine grundlegende Facette vieler Gebärdensprachen ist außerdem, etwas nach dem zeitlichen Ablauf zu gliedern.
Viele Gesichtsausdrücke haben auch eine grammatikalische Funktion, indem sie zum Beispiel eine Frage von einem Befehlssatz, einem Bedingungssatz oder einer einfachen Aussage abgrenzen. Auf Grund der visuellen Natur der Gebärdensprache konnten sich solche und viele andere einzigartige Facetten entwickeln.
[Bilder]
„machen“ in ASL
„brauchen“ in RLS
„Haus“ in ASL
„Baby“ in ASL
[Kasten auf Seite 22]
Echte Sprachen
„Entgegen der landläufigen Meinung bestehen Gebärdensprachen nicht aus Pantomimen oder Gesten und sind weder die Erfindung von Spracherziehern noch Verschlüsselungen der gesprochenen Sprache des jeweiligen Umfelds. Sie sind immer dort zu beobachten, wo sich Gemeinschaften von Gehörlosen zusammenfinden, und jede einzelne ist eine selbständige und vollwertige Sprache, die sich derselben grammatischen Hilfsmittel bedient, die weltweit auch den gesprochenen Sprachen eigen sind.“
An den Schulen in Nicaragua „bemühte man sich vordringlich, den Kindern Lippenlesen und gesprochene Sprache beizubringen, womit der Mißerfolg wie immer in solchen Fällen schon vorprogrammiert war. Doch das war halb so schlimm. Auf den Spielplätzen und in den Schulbussen machten sich die Kinder daran, ihre eigene Gebärdensprache zu entwickeln ... Binnen kurzer Zeit verfestigte sich das Zeichensystem zu einer Sprache, die unter dem Namen Lenguaje de Signos Nicaragüense (LSN) bekanntgeworden ist.“ Eine jüngere Generation gehörloser Kinder hat inzwischen eine flüssigere Sprache entwickelt, die man heute Idioma de Signos Nicaragüense nennt (Steven Pinker, Der Sprachinstinkt).
[Bilder auf Seite 23]
Eine Möglichkeit, in Gebärdensprache auszudrücken: „Nachdem er in den Laden gegangen war, ging er zur Arbeit“
1 Laden
2 er
3 gehen zu
4 beenden
5 gehen zu
6 Arbeit