Wir beobachten die Welt
Zweifelhafte Ehre
Die Vereinigten Staaten waren 1990 der größte Waffenlieferant für die Entwicklungsländer und verdrängten damit zum erstenmal seit 1983 die Sowjetunion aus ihrer führenden Position. Gemäß einem Bericht vom Forschungsdienst des Kongresses sind die Vereinigten Staaten auch der größte Waffenexporteur für den Nahen Osten, wohin über die Hälfte aller in den vergangenen acht Jahren gekauften Waffen geliefert wurden. In der Zeit von 1983 bis 1990 kauften die Entwicklungsländer Waffen im Wert von 301,7 Milliarden Dollar. Letztes Jahr wurden allen Rüstungsexporteuren Waffen im Wert von 41,3 Milliarden Dollar abgekauft. Davon fiel auf die Vereinigten Staaten ein Rekord von 18,5 Milliarden Dollar — mehr als das Doppelte gegenüber 1989 —, während der sowjetische Waffenexport auf 12,1 Milliarden Dollar sank. Die Studie sagte eine stetige Nachfrage nach Waffen aus den USA vorher, nachdem sie im Golfkrieg erfolgreich eingesetzt worden waren. China und Frankreich sind die größten Rüstungsexporteure nach den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion.
Länder bitten um Stopp des Waffenhandels
„Lateinamerikanische und karibische Regierungen fordern die Vereinigten Staaten auf, den Waffenhandel zu stoppen, der im vergangenen Jahrzehnt so umfangreich geworden ist und jetzt so durchorganisiert ist, daß Gruppen von Waffenschmugglern die leistungsstärksten Waffen, die es auf dem Markt gibt, Käufern irgendwo in der Welt anbieten können“, schreibt die New York Times. Man hat die Waffen bei Putschversuchen eingesetzt, zur Verhinderung von Wahlen, zur Ermordung von Kandidaten und bei Entführungen. Die Gewinne durch illegale Waffenverkäufe werden angeblich nur von denen im Drogenhandel überboten. „Wir haben den Ruf, der Waffenlieferant Nr. 1 in unserer Hemisphäre zu sein, und diesen Ruf haben wir wahrscheinlich zu Recht“, sagt Stephen E. Higgins, Leiter des US-Amtes für Alkohol, Tabak und Schußwaffen. „Nach meiner Kenntnis haben die meisten Länder, mit denen wir geschäftlich in Verbindung stehen, wesentlich strengere Waffenkontrollen als die Vereinigten Staaten.“
Anreiz, das Rauchen aufzugeben
„Lungenkrebs, Herzinfarkt, Schlaganfall. Die Forschung hat gezeigt, daß für manche, die das Risiko lieben, die tödlichen Gefahren des Rauchens die Zigarette nur noch reizvoller machen“, heißt es in der Zeitschrift Science News. „Doch zwei neue Berichte über gewisse nichttödliche Folgen des Rauchens könnten selbst solchen Draufgängern einen starken Anreiz geben, mit dem Rauchen aufzuhören.“ Der erste hebt hervor, daß bei einem Drittel aller Frauen, die das unangenehme Leiden der Harninkontinenz haben, das Problem darauf zurückzuführen sein kann, daß sie Raucherinnen sind oder früher waren. Die zweite Studie hat ergeben, daß sowohl Raucher als auch Raucherinnen eher zu Falten neigen und daß die Faltenbildung entsprechend der Dauer der Nikotinabhängigkeit und der Zahl der gerauchten Zigaretten stärker ist. Bei starken Rauchern ist die Wahrscheinlichkeit übermäßiger Faltenbildung fast fünfmal so hoch wie bei Nichtrauchern. „Für viele Raucher, besonders jüngere, ist der Beweis, daß Rauchen Falten, Mundgeruch und gelbe Zähne verursacht, viel überzeugender als der Beweis, daß Rauchen tödlich ist“, sagt Thomas E. Kottke von der Mayo-Klinik in Rochester (Minnesota, USA).
Wertvorstellungen in Europa
Die Londoner Wochenzeitung The European startete in sechs europäischen Ländern eine Umfrage, um herauszufinden, was den Menschen in ihrem Leben am wichtigsten ist. „Zwei Bereiche — Familie und Menschenrechte — stehen in allen sechs Ländern auf den ersten drei Plätzen“, berichtet die Zeitung. „Auch Freiheit und Gleichberechtigung stehen fast überall obenan.“ Europäer lieben zwar ihre Familie, doch sie „sind nicht so sehr aufs Heiraten aus“, und „je jünger, um so weniger geben sie auf die Ehe“. Die Befragten machten sich Gedanken über ihre Arbeit und hatten Angst vor Arbeitslosigkeit, aber gleichzeitig steht Geld recht weit unten auf der Liste. Ein „überraschendes Merkmal“, so die Zeitung, ist, daß unter dem, „was den Europäern lieb und teuer ist“, die Religion zuletzt kommt.
Töten oder nicht töten
Kardinal Giacomo Biffi behauptet, daß Töten christlich sein kann. Bei einer Audienz sagte er gemäß der Madrider Zeitung El País vor Italienern, die den Kriegsdienst aus Gewissensgründen verweigern: „Man kann als Christ töten und sich am Krieg beteiligen, solange das zur Rettung anderer Menschenleben dient.“ Obwohl er ein ausgesprochener Abtreibungsgegner ist, erklärte er, daß „Frieden und Gewaltlosigkeit keine absoluten Werte sind“, nicht einmal „christliche Werte“. Der Prälat sagte seiner erstaunten Zuhörerschaft, Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen sei in Wirklichkeit „bedeutungslos“, da Frieden „ein Konzept ist, das nicht in die Welt paßt, und es utopisch wäre, ihn auf unserer Erde zu erwarten“.
Nichtjuden immigrieren nach Israel
„Wir lassen zu viele Nichtjuden nach Israel“, klagt Israels Einwanderungsminister Rabbi Yitzhak Peretz. Nach seiner Schätzung sind 35 Prozent der 186 000 sowjetischen Einwanderer des letzten Jahres und viele der über 300 000, die in diesem Jahr erwartet werden, eigentlich Nichtjuden, durch die der jüdische Staat weniger jüdisch würde. Bei einem Besuch in Moskau war der Rabbi schockiert, eine Reihe von Antragstellern zu sehen, die Kreuze umhängen hatten. Innenminister Arie Deri zufolge nehmen viele Nichtjuden die Möglichkeit der Einwanderung nach Israel wahr (die Staatsbürgerschaft wird Angehörigen von Juden angeboten, und unter sowjetischen Immigranten gibt es einen hohen Prozentsatz von Mischehen), um den wirtschaftlichen Problemen in der UdSSR zu entfliehen und aus den 30 000 Dollar Nutzen zu ziehen, die Israel für die Wiederansiedlung jedes sowjetischen Einwanderers aufbringt. Er meint, sie würden wieder weggehen, wenn keine Beihilfe mehr gezahlt würde. „Selbst aufrichtige sowjetische Juden, die nach Israel kommen, sind nicht besonders fromm“, schreibt die Newsweek. „Die meisten — 72 Prozent laut einer Umfrage — betrachten sich selbst als freireligiös und geben das ohne Gewissensbisse zu.“
Sicht zur Erde behindert
Astronauten in der Raumfähre Atlantis meldeten im August einen dichten Schleier um die Erde, der die Sicht von der Raumfähre aus behindere. Man vermutet, er sei durch die Asche von den Vulkanausbrüchen auf den Philippinen und in Japan und durch den dicken Rauch von den brennenden Ölfeldern in Kuwait verursacht worden. Nach den Worten der Astronauten hat sich die Erdatmosphäre im Vergleich zu dem Eindruck bei vorherigen Flügen deutlich verändert. Als der Kommandant Oberst John E. Blaha vom Weltraum aus auf die brennenden Ölquellen schaute, sagte er: „Das ist wirklich ein trauriges Bild.“
Neue Arten entdeckt
„Kathryn Fuller, Vorsitzende des World Wildlife Fund, entdeckte in ihrem eigenen Büro in Washington (D. C.) blaßgelbe Ameisen, die, wie sich herausstellte, der Wissenschaft unbekannt waren“, schreibt das Magazin National Geographic. Die Spur der Ameisen, die durch Krümel auf ihrem Schreibtisch angelockt wurden, ließ sich bis zu einer Topfpflanze zurückverfolgen. Einige Exemplare wurden dem Ameisenexperten Edward O. Wilson von der Harvarduniversität gezeigt, der feststellte, daß sie zur Gattung der Pheidolen gehören. Er hat vor, der neuen Art einen Namen zu Ehren Kathryn Fullers zu geben. „Wenn man in einem Washingtoner Büro eine neue Art entdecken kann“, meint sie, „dann muß die Zahl der noch nicht entdeckten Arten draußen in der Natur unwahrscheinlich hoch sein.“
Auch unter den Riesen wurde eine neue Entdeckung gemacht. Im Pazifik wurde vor der Küste Perus zum erstenmal seit 28 Jahren eine neue Walart entdeckt. Es ist der kleinste Vertreter aus der Familie der Schnabelwale. Ein ausgewachsenes Männchen mißt etwa vier Meter. Man sieht diese Wale so selten, daß es 15 Jahre dauerte, bis die Wissenschaftler auf genug Exemplare gestoßen waren, um zu bestätigen, daß es sich um eine bisher unbekannte Art handelte. Sie wurde Mesoplodon peruvianus genannt. Der Wal ernährt sich offenbar von Tintenfischen. „Wie eine Walart, auch wenn sie relativ klein ist, so lange unbemerkt bleiben konnte, ist ein Rätsel“, sagt die New York Times.
Aramäisch vom Aussterben bedroht
Aramäisch ist offensichtlich eine der Sprachen, die Jesus Christus vor 2 000 Jahren auf der Erde sprach. Nun ist, wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtet, die „Sprache des Herrn“ vom Aussterben bedroht. Sie wird zwar noch von den Bewohnern einiger entlegener Gebirgsdörfer Syriens gesprochen, doch wird sie allmählich als Folge der Schulpflicht und des Militärdienstes von Arabisch „überwuchert“. Seit Jahrhunderten gibt es keine schriftliche Form des Aramäischen mehr. Um dem abzuhelfen, bemüht sich Erzbischof François Abu Much von Damaskus, der aus einem der Dörfer stammt, die Sprache schriftlich zu fixieren, und richtet für die Dorfbewohner Aramäischkurse ein.
Gewinnbringender Müll
„Brasilien wirft jährlich 596 146 869 Dollar weg.“ Das ist nach Ansicht von João Tinoco Pereira Neto, Koordinator des Zentrums für die biologische Behandlung organischer Rückstände an der bundesstaatlichen Universität Viçosa (Minas Gerais), der Wert von 32,8 Millionen Tonnen anfallendem Müll. Er hat errechnet, daß 10,9 Millionen Tonnen Papier, Kunststoff, Glas und Metall sowie beträchtliche Mengen Kleider, Gummi, Leder und Holz wiederaufbereitet werden könnten. Und durch Recycling könnten „15 Millionen Tonnen organischer Dünger“ produziert werden, so daß die hohen Kosten für Kunstdünger reduziert würden. Professor Pereira sagte allerdings gemäß dem Jornal da Tarde: „Es ist frustrierend, einerseits zu wissen, daß Recycling verschiedene Vorteile bringen würde, und andererseits zu sehen, daß es nicht als wichtiger öffentlicher Dienst betrachtet wird.“